Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 14. Okt. 2008 - 4 K 16/08
Gericht
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldnerin wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Antragstellerin besucht die Jahrgangsstufe 9 der Regionalen Schule S... .
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Der am 20. Juni 2008 eingegangene Normenkontrollantrag richtet sich gegen die vom Antragsgegner im Mitteilungsblatt des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern vom 22. April 2008, S. 275, bekannt gemachte und in dem genannten Mitteilungsblatt vom 23. Mai 2008 berichtigte Verordnung zur Beurteilung und Bewertung des Arbeits- und des Sozialverhaltens an allgemein bildenden Schulen in Mecklenburg-Vorpommern vom 11. März 2008.
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Nach der am 01. August 2008 in Kraft getretenen Verordnung erhalten alle Schüler an allgemein bildenden Schulen mit Ausnahme an Förderschulen für Erziehungsschwierige und Förderschulen zur individuellen Lebensbewältigung ab Jahrgangsstufe 2 bis zum Ende der Jahrgangsstufe 10 auf allen Halbjahres-, Jahres-, Übergangs-, Abgangs- und Abschlusszeugnissen eine graduierte Bewertung des Arbeits- und des Sozialverhaltens (§ 2 Abs. 1 Satz 1 VO). Gemäß § 3 Abs. 2 VO sind bei der Bewertung des Arbeitsverhaltens bei jedem Schüler nachstehende Kriterien zu berücksichtigen: Anstrengungsbereitschaft, Mitarbeit und Fleiß, Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit und Sorgfalt, Selbstständigkeit, Belastbarkeit und Ausdauer. Bei der Bewertung des Sozialverhaltens sind gemäß § 3 Abs. 3 VO bei jedem Schüler folgende Kriterien zu berücksichtigen: Umgangsformen und Einhaltung von Regeln, Teamfähigkeit und Verantwortungsbereitschaft, Konfliktverhalten und Kritikfähigkeit, Hilfsbereitschaft. Die Bewertung des Arbeits- und des Sozialverhaltens erfolgt nach Maßgabe des § 4 VO mit den Bewertungsgraden "vorbildlich" (wenn das Verhalten des Schülers überdurchschnittlich ist und als besonders lobenswert hervorgehoben werden soll), "gut" (wenn das Verhalten des Schülers den Anforderungen in vollem Umfang entspricht), "zufriedenstellend" (wenn das Verhalten des Schülers im Wesentlichen den Anforderungen entspricht) und "entwicklungsbedürftig" (wenn das Verhalten des Schülers nicht zufriedenstellend ist). Gemäß § 5 Abs. 1 VO trifft die Schulkonferenz gemäß § 76 Abs. 5 SchulG M-V Festlegungen für die partnerschaftliche Zusammenarbeit von Lehrern, Schülern und Erziehungsberechtigten bei der Entwicklung der Sozial- und Selbstkompetenz eines jeden Schülers. Die Lehrerkonferenz berät und beschließt gemäß § 77 Abs. 3 Nr. 3 SchulG M-V die schulinternen Grundsätze für die einheitliche Anwendung der Regeln für die Beurteilung und Bewertung des Arbeits- und des Sozialverhaltens eines jeden Schülers sowie deren Dokumentation (§ 5 Abs. 2 VO). Die zuständige Klassenkonferenz berät und entscheidet gemäß §78 Abs. 5 SchulG M-V über die Beurteilung und Bewertung des Arbeits- und des Sozialverhaltens eines jeden Schülers (§5 Abs. 3 VO).
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In der vom Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur ausgefertigten Ersten Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Beurteilung und Bewertung des Arbeits- und des Sozialverhaltens an allgemein bildenden Schulen in Mecklenburg-Vorpommern vom 29. August 2008 heißt es in Artikel 1: "... Nr. 1 In Absatz 1 Satz 1 wird die Angabe "Halbjahres-," gestrichen. Nr. 2 Absatz 2 wird wie folgt neu gefasst: (2) Im ersten Schulhalbjahr führt der Klassenlehrer individuelle Beratungsgespräche mit dem Schüler und seinen Erziehungsberechtigten über das Arbeits- und das Sozialverhalten durch." Nach der Bekanntmachung der Ersten Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Beurteilung und Bewertung des Arbeits- und des Sozialverhaltens an allgemein bildenden Schulen in Mecklenburg-Vorpommern im maßgeblichen Mitteilungsblatt 2008, S. 874, lautet demgegenüber Artikel 1 Nr. 2: "(2) Am Ende des ersten Schulhalbjahres führt der Klassenlehrer individuelle Beratungsgespräche mit dem Schüler und seinen Erziehungsberechtigten über das Arbeits- und das Sozialverhalten durch." Eine Anhörung des Landeselternrates hatte vor Erlass dieser Änderungsverordnung nicht stattgefunden.
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Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass die streitgegenständliche Verordnung schon formell nicht rechtmäßig sei. Der Antragsgegner habe seine vom Gesetzgeber in § 69 Nr. 3a SchulG M-V eingeräumte Verordnungsermächtigung überschritten. Zum einen enthalte § 4 VO keine Bewertungsmaßstäbe. Zum anderen seien die dort festgelegten Bewertungsgrade entgegen dem klaren Wortlaut des § 69 Nr. 3a SchulG M-V nicht ausreichend definiert, zumal nicht genügend Anhaltspunkte für die Anwendung der einzelnen Bewertungsgrade vorhanden seien.
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Auch § 5 Abs. 2 VO verstoße gegen § 69 Nr. 3a SchulG M-V, der festlege, dass einheitliche Bewertungsmaßstäbe für die Beurteilung des Arbeits- und Sozialverhaltens sicherzustellen seien. Dem sei der Antragsgegner deshalb nicht nachgekommen, weil er es in § 5 VO den einzelnen Schulen überlassen habe, über die einheitliche Anwendung der Grundsätze für die Beurteilung und die Bewertung des Arbeits- und Sozialverhaltens zu beraten und zu beschließen. Somit würden an allen Schulen des Landes Mecklenburg-Vorpommern die maßgeblichen Beurteilungen nach anderen oder doch zumindest abweichenden Regeln erstellt. Dies führe dazu, dass die Beurteilungsgrade, obwohl sie gleich lauten, einen anderen Inhalt hätten. Schließlich sei nicht erkennbar, aus welchen Gründen gemäß § 5 Abs. 2 VO die Lehrerkonferenz nach § 77 Abs. 3 SchulG M-V und nicht die Schulkonferenz nach § 76 Abs. 5 SchulG M-V die schulinternen Grundsätze beschließen solle.
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Die 1. Änderungsverordnung vom 29. August 2008 sei bereits schon deshalb formell rechtswidrig, weil sie ohne Anhörung des Landeselternrats erlassen worden sei.
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Darüber hinaus sei die angegriffene Verordnung auch materiell nicht rechtmäßig.
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Die Verordnung verletze sie - die Antragstellerin - in ihrem Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 GG. Die Bewertungsgrade an sich und die Voraussetzungen für die Einordnung des Verhaltens der Schüler in diese seien weder einheitlich noch ausreichend ausgestaltet. Sie - die Antragstellerin - müsse aber überhaupt die Möglichkeit haben, unter den gleichen äußeren Bedingungen wie andere Schüler ihre Leistungen (ihr Verhalten) zu erbringen. Dazu gehöre insbesondere auch, dass die dann erbrachte Leistung bzw. das gezeigte Verhalten nach einheitlichen Maßstäben beurteilt werde. Es sei zudem zu beachten, dass das Arbeits- und Sozialverhalten von Schülern der Jahrgangsstufen 11 und 12 nicht bewertet werden (§ 2 Abs. 1 VO). Es sei eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung, wenn Schüler, die nach der 10. Klasse die Schule verließen, auf ihrem Abschlusszeugnis eine Bewertung des Arbeits- und Sozialverhaltens erhielten, hingegen Schüler, die das Gymnasium nach 12 Jahren verließen, keine Bewertung ihres Arbeits- und Sozialverhaltens in ihrem Abschlusszeugnis bekämen. Schließlich sei sie - die Antragstellerin - in ihrem Grundrecht aus Art. 3 GG deshalb betroffen, weil es in einigen Bundesländern keine Beurteilung des Arbeits- und Sozialverhaltens von Schülern gebe. Dies führe dazu, dass die Zeugnisse für Schüler aus verschiedenen Bundesländern nicht vergleichbar seien, wofür es auch keine sachlichen Gründe gebe.
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Die Verordnung verletze sie auch in ihrem Recht auf Freiheit der Wahl ihrer Ausbildung, ihres Berufes und der Berufsausübung aus Art. 12 GG. Das Grundrecht aus Art. 12 GG konkretisiere das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit im Bereich der individuellen Leistung und Existenzerhaltung. Dies umfasse auch die Möglichkeit für den Einzelnen, in Wettbewerb mit anderen zu treten, um seinen Beruf ausüben zu können. Diese Möglichkeit sei durch die Beurteilung des Arbeits- und Sozialverhaltens beeinträchtigt. Die nicht einheitlichen Beurteilungen würden schon in Mecklenburg-Vorpommern zu nicht vergleichbaren Zeugnissen führen, was sie - die Antragstellerin - im Wettbewerb benachteilige. Im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland würden die Beurteilungen des Arbeits- und des Sozialverhaltens sie erst recht benachteiligen, da sie in Wettbewerb mit solchen Schulabgängern treten müsse, deren Abschlusszeugnisse überhaupt keine Bewertung des Arbeits- und Sozialverhaltens aufwiesen.
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Die Verordnung verletze sie ebenfalls in ihrem Recht auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit aus Art. 2 GG. Der Schutzbereich des Art. 2 GG beinhalte die Freiheit der Entfaltung des Kindes in der Schule und jede Art der Aus- und Weiterbildung mit Ausnahme der Berufsausbildung. Der Schutzbereich werde durch die Beurteilung des Arbeits- und Sozialverhaltens beeinträchtigt. Diese Beeinträchtigung sei auch durch keine sachlichen Gründe gerechtfertigt. Schließlich verletze die Verordnung ihr Recht auf Menschenwürde aus Art. 1 GG. Der Schutzbereich beinhalte den Wert- und Achtungsanspruch, der dem Menschen wegen seines Menschseins zukomme. Die Menschenwürde sei schon betroffen, wenn die prinzipielle Gleichheit eines Menschen mit allen anderen Menschen in Zweifel gezogen werde. Dies sei hier aufgrund der schweren Beeinträchtigung durch die streitgegenständliche Verordnung zu bejahen.
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Die Antragstellerin beantragt,
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die Verordnung zur Beurteilung und Bewertung des Arbeits- und des Sozialverhaltens an allgemein bildenden Schulen in Mecklenburg-Vorpommern vom 11. März 2008 (Mitteilungsblatt des Bildungsministeriums Mecklenburg- Vorpommern vom 22. April 2008, Seite 275) für unwirksam zu erklären.
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Der Antragsgegner beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Der Normenkontrollantrag sei bereits unzulässig. Die Antragstellerin habe nicht nachvollziehbar geltend gemacht, dass die angegriffene Verordnung sie in ihren Rechten verletze oder in absehbarer Zeit verletzen werde. Die gerichtliche Überprüfbarkeit schulischer Leistungsbewertungen hänge davon ab, ob sie wesentliche Bedeutung für die Zulassung zu einer Berufsausbildung oder einem Hochschulstudium haben. Dies sei jedoch nur bei Abschluss- oder Abgangszeugnissen denkbar, ebenso wohl bei Zeugnissen, die für die Wahl eines anschließenden schulischen Bildungsgangs maßgeblich seien. Die in den übrigen Zeugnissen enthaltenen Leistungsbewertungen würden sich jedoch nicht auf ein Fortschreiten des Schülers auf seinem Bildungsweg auswirken, so dass ihnen von vornherein keine Grundrechtsrelevanz beizumessen sei. Die Antragstellerin könne frühestens bei Vergabe des Abschlusszeugnisses der Regionalen Schule am Ende des Schuljahres 2009/2010 in ihren Grundrechten betroffen sein.
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Die Abweichung des Wortlauts der vom Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur ausgefertigten Ersten Änderungsverordnung von dem Wortlaut der bekannt gemachten Änderungsverordnung sei - nach den Angaben der Vertreter des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung - wohl einem Redaktionsversehen geschuldet.
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Im Übrigen sei der Antrag unbegründet. Bei den in § 4 VO genannten Bewertungsgraden sowie den entsprechenden Definitionen handele es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, die verfassungsrechtlich zulässig seien. Ihre einheitliche Anwendung werde dadurch gewährleistet, dass § 3 VO die Bewertungsbereiche sowie die hierbei zu berücksichtigenden Kriterien abschließend regele. Die Kriterien Anstrengungsbereitschaft, Mitarbeit und Fleiß, Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit und Sorgfalt, Selbstständigkeit, Belastung und Ausdauer für das Arbeitsverhalten sowie Umgangsformen und Einhaltung von Regeln, Teamfähigkeit und Verantwortungsbereitschaft, Konfliktverhalten, Kritikfähigkeit und Hilfsbereitschaft für das Sozialverhalten seien klar bezeichnet und würden ggfs. eine Überprüfung der Bewertung, die aus der Erfüllung dieser Kriterien abzuleiten sei, erlauben.
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Der von der Antragstellerin beanstandete § 5 Abs. 2 VO diene der einheitlichen Anwendung der vorgegebenen Maßstäbe und Beurteilungskriterien an einer Schule. Die Regelung des § 77 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SchulG M-V über die Grundsätze für eine einheitliche Leistungsbewertung werde somit auf die Bewertung des Arbeits- und Sozialverhaltens übertragen. Nur in der Lehrerkonferenz könnten Erkenntnisse über Leistung und Verhalten von Schülern, die aus eigener Anschauung gewonnen worden seien, gesammelt und verglichen werden. Weder die Schulkonferenz noch überschulische Gremien könnten dies leisten.
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Die Antragstellerin werde durch die Verordnung auch nicht in ihrem Recht aus Art. 3 GG verletzt. Das Unterbleiben der Beurteilung und Bewertung des Arbeits- und des Sozialverhaltens in den Jahrgangsstufen 11 und 12 sei darauf zurückzuführen, dass der Verordnungsgeber davon ausgehe, dass bei älteren Schülern der Sekundarstufe II diszipliniertes Verhalten und Lernen aus eigenem Antrieb schon zur Selbstverständlichkeit geworden sein müsste. Im Übrigen erhalte auch ein Berufsschüler nach Abschluss des Schulbesuchs ein Zeugnis ohne Beurteilung des Arbeits- und Sozialverhaltens. Das Grundrecht der Antragstellerin aus Art. 3 GG werde auch nicht dadurch beeinträchtigt, dass es in einigen Bundesländern keine Beurteilung des Arbeits- und Sozialverhaltens gebe bzw. in einigen Bundesländern hierfür andere Kriterien und andere Bewertungen zugrunde gelegt würden. Der in diesem Zusammenhang erhobene Einwand der Antragstellerin richte sich nicht gegen die angegriffene Verordnung, sondern bereits gegen die gesetzliche Vorgabe der Beurteilung des Arbeits- und Sozialverhaltens in § 62 Abs. 1 SchulG M-V.
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Der Schutzbereich des Art. 12 GG erfasse nur die berufsbezogenen Ausbildungsstätten. Dazu würden alle Einrichtungen zählen, die der Ausbildung für bestimmte Berufe der Berufsgruppen dienen und dabei über das Angebot allgemeiner Bildung hinausgehen. Die nicht berufsbezogene Bildung werde durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützt. Der dortige Schutzbereich sei jedoch nicht verletzt. Gleiches gelte für den Schutzbereich des Art. 1 GG.
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Abschließend sei zu berücksichtigen, dass Beurteilungen außerhalb von Abschluss- und Abgangszeugnissen keine Rechtswirkungen entfaltete. Zeugnisse würden dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung unterliegen. Niemand sei gezwungen, sein Zeugnis anderen als seinen Erziehungsberechtigten zugänglich zu machen. Mit der Beurteilung des Arbeits- und Sozialverhaltens seien keinerlei Konsequenzen für die Schüler verbunden. Es handele sich lediglich um eine schriftliche Mitteilung, die ggfs. als Anstoß zur Verbesserung des Unterrichts- und Leistungsverhaltens dienen könne. Grundrechtliche Relevanz entfalte sie daher nicht.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Antragstellerin wendet sich mit dem Normenkontrollantrag gegen die Verordnung zur Beurteilung und Bewertung des Arbeits- und des Sozialverhaltens an allgemein bildenden Schulen in Mecklenburg-Vorpommern vom 11. März 2008 in der Fassung der Berichtigung vom 24. April 2008. Nicht Streitgegenstand ist die Erste Verordnung zur Änderung dieser Verordnung vom 29. August 2008 (im Folgenden: Erste Änderungsverordnung); dem trägt letztlich auch die Antragsformulierung Rechnung. Die vom Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur (im Folgenden: Bildungsminister) ausgefertigte Erste Änderungsverordnung ist bisher nicht wirksam verkündet. Gemäß Art. 58 Abs.2 Verf M-V i.V.m. § 137 SchulG M-V werden Rechtsverordnungen des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur aufgrund des Schulgesetzes im Mitteilungsblatt der obersten Schulaufsichtsbehörde verkündet. Oberste Schulaufsichtsbehörde ist gemäß § 96 Abs. 1 Ziffer 1 SchulG M-V das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Die im Mitteilungsblatt des genannten Ministeriums 2008, S. 874 abgedruckte Erste Änderungsverordnung entspricht in deren Art. 1 Ziffer 2 nicht dem vom Bildungsminister ausgefertigten Art. 1 Ziffer 2 der Ersten Änderungsverordnung. Während es in der Ausfertigung unter Art. 1 Ziffer 2 heißt: "(2) Im ersten Schulhalbjahr führt der Klassenlehrer individuelle Beratungsgespräche... durch", heißt es im Mitteilungsblatt 2008, S. 874 unter Art. 1 Ziffer 2: "(2) Am Ende des ersten Schulhalbjahres führt der Klassenlehrer individuelle Beratungsgespräche... durch." Somit fehlt es an einer Verkündung der vom Bildungsminister ausgefertigten Ersten Änderungsverordnung.
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Der Normenkontrollantrag gegen die streitgegenständliche Rechtsverordnung ist zulässig (I.), aber unbegründet (II.).
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I. Der Antrag ist nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 13 AGGerStrG statthaft und innerhalb der in §47 Abs. 2 Satz 1 VwGO normierten Einjahresfrist fristgerecht erhoben worden.
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Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann insbesondere jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, einen Normenkontrollantrag stellen. Danach ist es ausreichend, aber auch erforderlich, dass die Antragstellerin hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass sie durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in ihren subjektiven Rechten verletzt wird. Die Antragsbefugnis fehlt danach, wenn offensichtlich und nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte der Antragstellerin verletzt sein können (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.11.2007 - 7 BN 4.07 - zit. nach juris; Urt. v. 17.12.1998 - 1 CN 1.98 -, BVerwGE 108, 182, 184; Urt. v. 24.09.1998 - 4 CN 2.98 -, BVerwGE 107, 215, 217; OVG M-V, Urt. v. 19.03.2008 - 4 K 20/05 - m.w.N.).
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Unter Zugrundelegung des vorstehenden Maßstabes ist die Antragstellerin mit Blick auf die Bewertung ihres Arbeits- und des Sozialverhaltens auf der Grundlage der angegriffenen Verordnung und der daraus resultierenden Möglichkeit einer Verletzung ihrer Rechte aus Art. 12 Abs. 1 GG bzw. Art. 2 Abs. 1 GG sowie Art. 6 GG und Art. 3 GG antragsbefugt. Zwar erfolgt gemäß § 2 Abs. 1 VO eine Bewertung des Arbeits- und Sozialverhaltens der Antragstellerin erstmals auf dem nächsten Halbjahreszeugnis. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist hierdurch aber den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO hinreichend Rechnung getragen, wonach jedenfalls geltend gemacht werden muss, durch die Rechtsvorschrift in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Dies ist durch die erstmalige Bewertung des Arbeits- und Sozialverhaltens auf dem nächsten Halbjahreszeugnis der Fall. Es ist der Antragstellerin auch nicht zuzumuten, kurz vor der Erstellung des Halbjahreszeugnisses mit der Bewertung ihres Arbeits- und Sozialverhaltens im kommenden Jahr (erneut) einen entsprechenden Normenkontrollantrag zu stellen.
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Darüber hinausgehende Zulässigkeitsbedenken bestehen nicht.
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II. Der Normenkontrollantrag ist aber unbegründet.
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1. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Verordnung in formeller Hinsicht bestehen nicht.
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Soweit die Antragstellerin die Auffassung vertritt, der Antragsgegner habe seine vom Gesetzgeber in § 69 Nr. 3a SchulG M-V eingeräumte Verordnungsermächtigung überschritten, ist dies keine Frage der formellen Rechtmäßigkeit der beanstandeten Verordnung, sondern ist im Rahmen der materiellen Rechtmäßigkeit zu prüfen.
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Die von der Antragstellerin aufgeworfene Frage nach den Rechtsfolgen der fehlenden Anhörung des Landeselternrats vor Erlass der Ersten Änderungsverordnung bedarf aus den unter I. dargestellten Gründen keiner abschließenden Beantwortung, weil diese nicht Streitgegenstand ist. Es spricht jedoch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts vieles dafür, dass der hier beanstandete Verstoß gegen die Anhörungspflicht nach den §§ 92 Abs. 6, 91 Abs. 5 Satz 2 SchulG M-V nicht derart schwerwiegend sein dürfte, dass er - bei unterstellter ordnungsgemäßer Verkündung - die Nichtigkeit der Ersten Änderungsverordnung zur Folge hätte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.11.1959 - 1 BvR 94/57 -, BVerfGE 10, 22ff.; BVerwG, Beschl. v. 25.10.1979 - BVerwG 2 N 1.78 -, BVerwGE 59, 48ff., 50).
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Darüber hinaus hat die Antragstellerin keine Rügen in formeller Hinsicht gegen die Rechtmäßigkeit der Verordnung erhoben. Eine diesbezüglich "ungefragte Fehlersuche" bzw. weitere Amtsermittlung "ins Blaue" ist nicht angezeigt (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.04.2002 - 9 CN 1.01 -, BVerwGE 116, 188 - zitiert nach juris). Im Übrigen bestehen ungeachtet dessen nach summarischer Prüfung unter formellen Gesichtspunkten gegen die Rechtmäßigkeit der Verordnung keine Bedenken.
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2. Die streitgegenständliche Verordnung ist auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden.
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a. Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Verordnung ist § 69 Nr. 3a SchulG M-V. Nach der genannten Vorschrift wird die oberste Schulaufsichtsbehörde ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu regeln, in welcher Weise eine differenzierte schriftliche Beurteilung des Arbeits- und Sozialverhaltens erfolgt, und dabei einheitliche Beurteilungsmaßstäbe sicherzustellen.
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Die Ermächtigung trägt dem verfassungsrechtlich gebotenen Gesetzesvorbehalt Rechnung und ist inhaltlich hinreichend bestimmt. Der Umfang des Gesetzesvorbehalts hängt von der Intensität ab, mit welcher die Grundrechte der Regelungsadressaten betroffen werden, was nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Schulrechtsverhältnis einer besonderen Prüfung von Fall zu Fall bedarf (BVerfG, Beschl. v. 20.10.1981 - 1 BvR 640/80 -, BVerfGE 58, 257). Danach bedürfen sehr einschneidende Maßnahmen im Schulrechtsverhältnis, die wie z.B. die zwangsweise Schulentlassung das Grundrecht des Schülers auf freie Berufswahl und freie Wahl der Ausbildungsstätte gemäß Art. 12 Abs. 1 GG berühren, der gesetzlichen Regelung. Hingegen dürfen erheblich weniger einschneidende Maßnahmen wie die Nichtversetzung eines Schülers der Regelung im Verordnungswege überlassen bleiben. Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist eine gesetzliche Regelung für die Leistungsbewertung in einem versetzungsrelevanten Fach nicht erforderlich (BVerwG, Beschl. v. 06.03.1998 - 6 B 9.98 -, NVwZ 1998, 859). Die Grundsätze lassen sich auf die Beurteilung von Arbeits- und Sozialverhalten von Schülern übertragen (vgl. OVG Saarland, Urt. v. 19.08.2008 - 3 N 1/01 -, zitiert nach juris): Wenn schon der Leistungsbenotung und damit zugleich dem dazu ausgestellten Leistungszeugnis keine so erhebliche Grundrechtsrelevanz beigemessen wird, dass hierfür eine gesetzliche Regelung geboten wäre, so trifft dies erst recht auf das Verhaltenszeugnis zu, das keine Zugangsvoraussetzung für den beruflichen Werdegang des Schülers ist und bei Bewerbungen von deutlich geringerem Gewicht als das Leistungszeugnis ist (OVG Saarland, a.a.O.).
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An diesen Maßstäben gemessen ist die angegriffene Verordnung von der Ermächtigungsgrundlage des § 69 Nr. 3a SchulG M-V gedeckt und wahrt deren inhaltliche Vorgaben. Dies gilt sowohl für die von der Antragstellerin in diesem Zusammenhang beanstandeten §§ 4 (Bewertungsgrade) und 5 VO (Durchführung an der Schule) als auch für § 3 VO (Bewertungsbereiche und Bewertungskriterien).
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Die in § 4 VO für die Bewertung des Arbeits- und des Sozialverhaltens vorgeschriebenen Bewertungsgrade
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- "vorbildlich", wenn das Verhalten des Schülers überdurchschnittlich ist und als besonders lobenswert hervorgehoben werden soll,
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- "gut", wenn das Verhalten des Schülers den Anforderungen in vollem Umfang entspricht,
- 42
- "zufriedenstellend", wenn das Verhalten des Schülers im Wesentlichen den Anforderungen entspricht,
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- "entwicklungsbedürftig", wenn das Verhalten des Schülers nicht zufriedenstellend ist,
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sind nicht zu beanstanden. Der Schulgesetzgeber hat in § 62 Abs. 1 Satz 2 SchulG M-V festgelegt, dass die Beurteilung des Arbeits- und Sozialverhaltens durch schriftliche, differenzierte Aussagen erfolgt. Er hat es sodann dem Verordnungsgeber in § 69 Nr. 3a SchulG M-V überlassen, in welcher Weise die in § 62 Abs. 1 Satz 2 SchulG M-V festgelegte differenzierte schriftliche Beurteilung des Arbeits- und Sozialverhaltens erfolgt. Dass die Bewertung des Arbeits- und Sozialverhaltens nicht nach dem Noten- und Punktesystem des § 69 Nr. 3b, 62 Abs. 4 und 5 SchulG M-V vorgesehen ist, steht im Einklang mit dem dem Verordnungsgeber eingeräumten Ermessen, diese pädagogische Frage zu entscheiden (OVG Saarland, a.a.O.). Entgegen der Auffassung der Antragstellerin hat der Verordnungsgeber in § 4 VO die einzelnen Bewertungsgrade konkretisiert, indem er diese einzeln definiert hat. Die dort aufgeführten Definitionen enthalten auch hinreichende Anhaltspunkte für die Vergabe der einzelnen Bewertungsgrade. Diese Vorgehensweise ist vergleichbar mit der Leistungsbewertung durch Noten in § 62 Abs. 4 SchulG M-V.
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Die Bewertungskriterien sind im Einzelnen in § 3 Abs. 2 und 3 VO aufgeführt. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 VO ist bei der Bewertung des Arbeitsverhaltens auf gesundheitliche Beeinträchtigungen des Schülers angemessen Rücksicht zu nehmen. Als Kriterien für die Bewertung des Arbeitsverhaltens sind Anstrengungsbereitschaft, Mitarbeit und Fleiß, Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit und Sorgfalt, Selbstständigkeit, Belastbarkeit und Ausdauer zu berücksichtigen, für die Bewertung des Sozialverhaltens bei jedem Schüler Umgangsformen und Einhaltung von Regeln, Teamfähigkeit und Verantwortungsbereitschaft, Konfliktverhalten und Kritikfähigkeit sowie Hilfsbereitschaft (§ 3 Abs. 3 VO). Sowohl die in § 3 Abs. 2 VO als auch die in § 3 Abs. 3 VO genannten Kriterien sind ersichtlich geeignet, das Arbeits- und Sozialverhalten der Schüler zu bewerten, was von der Antragstellerin auch im Grundsatz nicht bestritten wird.
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Die streitgegenständliche Verordnung hält sich auch an die Vorgabe der Verordnungsermächtigung in § 69 Nr. 3a SchulG M-V, wonach in der Verordnung zur Beurteilung des Arbeits- und Sozialverhaltens einheitliche Beurteilungsmaßstäbe sicherzustellen sind. Diesem Erfordernis ist durch die Festlegungen in § 3 Abs. 2 und 3 VO entsprochen, indem einheitliche Kriterien sowohl für die Bewertung des Arbeitsverhaltens als auch für die Bewertung des Sozialverhaltens festgelegt sind. Die Anwendung dieser Bewertungskriterien ist gerichtlich überprüfbar, auch wenn der zuständigen Klassenkonferenz (§ 5 Abs. 3 VO) bei ihrer Entscheidung über die Beurteilung und Bewertung des Arbeits- und des Sozialverhaltens eines jeden Schülers ein gewisser Bewertungsspielraum zusteht, der sich einer umfassenden Kontrolle durch die Gerichte entzieht (vgl. Niehues/Rux, Schul- und Prüfungsrecht, Band 1 Schulrecht, Rz. 78).
- 47
Der Sicherstellung einheitlicher Beurteilungsmaßstäbe in § 69 Nr. 3a SchulG M-V steht nicht entgegen, dass nach § 5 Abs. 2 VO nicht die Schulkonferenz, sondern die Lehrerkonferenz die schulinternen Grundsätze für die einheitliche Anwendung der Regeln für die Beurteilung und Bewertung des Arbeits- und des Sozialverhaltens eines jeden Schülers sowie deren Dokumentation berät und beschließt. Diese Regelung entspricht § 77 Abs. 3 SchulG M-V, auf den § 5 Abs. 2 VO auch verweist. Ob tatsächlich der konkret in Bezug genommene § 77 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SchulG M-V einschlägig ist, ist zweifelhaft. Gemäß § 77 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SchulG M-V berät und beschließt die Lehrerkonferenz über Grundsätze für eine einheitliche Leistungsbewertung. Die Bewertung des Arbeits- und Sozialverhaltens dürfte jedoch keine Leistungsbewertung, sondern eine Verhaltensbewertung sein. Hierauf kommt es aber nicht entscheidungserheblich an, zumal die Aufzählung in § 77 Abs. 3 Satz 2 SchulG M-V keine abschließende ist. Die Lehrerkonferenz berät und beschließt gemäß § 77 Abs. 3 SchulG M-V über Angelegenheiten, die ausschließlich oder überwiegend die Lehrer betreffen. Danach sind der Lehrerkonferenz insbesondere die Entscheidungen vorbehalten, die Unterricht und Erziehung in der Schule unmittelbar betreffen und insoweit auch von der Kompetenz der Lehrkräfte und ihrer Bereitschaft, diese einzusetzen, abhängen (Bley, Das Schulrecht in Mecklenburg-Vorpommern, § 77 SchulG M-V Erläuterung 3). So liegt der Fall hinsichtlich der Festlegung der schulinternen Grundsätze für die einheitliche Anwendung der Regeln für die Beurteilung und Bewertung des Arbeits- und des Sozialverhaltens eines jeden Schülers sowie deren Dokumentation (§ 5 Abs. 2 VO).
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b. Die angegriffene Verordnung verletzt die Antragstellerin auch nicht in ihren Grundrechten.
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aa. Die Frage, ob durch die Beurteilung des Arbeits- und Sozialverhaltens der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG berührt ist, ist zu verneinen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 20. Oktober 1981 (1 BvR 640/80, zit. nach juris) ausgeführt, dass die freie Wahl der Ausbildungsstätte durch die bloße Nichtversetzung des Schülers in die nächste Klasse/Jahrgangsstufe nicht berührt werde. Auch könne man nicht schlechthin annehmen, dass die Lebens- und Berufschancen durch die Nichtversetzung eines Schülers maßgeblich beeinträchtigt würden. Nicht selten liege eine Nichtversetzung als pädagogische Maßnahme auch im wohlverstandenen Interesse des - aus welchen Gründen auch immer - überforderten Schülers und könne durchaus auch seine weitere Entwicklung und Bildung positiv beeinflussen. Hingegen neigt das Bundesverwaltungsgericht offensichtlich zu der Auffassung, dass Versetzungsentscheidungen den Schüler in der Wahrnehmung seiner grundgesetzlichen Freiheit der Berufswahl und der Wahl der Ausbildungsstätte behindern können (BVerwG, Urt. vom 15.07.1978 - VII C 11.76 -, zit. nach juris; OVG Münster, Urt. v. 25.07.1975 - V A 421/75 -, NJW 1976, 725, 726). Allerdings stellt die Beurteilung des Arbeits- und Sozialverhaltens eine weit weniger einschneidende Maßnahme als die Nichtversetzungsentscheidung dar (s. oben II. 2. a.). Sie ist nicht versetzungsrelevant, keine Zugangsvoraussetzung für den beruflichen Werdegang des Schülers und ist bei Bewerbungen von geringerem Gewicht als das Leistungszeugnis. Damit berührt die Beurteilung des Arbeits- und Sozialverhaltens auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG.
- 50
bb. Die Regelung über die Bewertung des Arbeits- und Sozialverhaltens der Schüler nach Maßgabe der §§ 4 und 3 VO verletzt die Antragstellerin nicht in ihrem Recht aus Art. 2 Abs. 1 GG auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit.
- 51
Die Bewertung von Leistung und Verhalten in Schulzeugnissen berührt zwangsläufig das Persönlichkeitsrecht der Schüler (OVG Saarland, a.a.O.). Sie findet ihre grundsätzliche Rechtfertigung in dem auf Art. 7 Abs. 1 GG gestützten Unterrichts- und Erziehungsauftrag der Schule, der in § 2 SchulG M-V konkretisiert ist. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SchulG M-V wird der Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schulen bestimmt durch die Wertentscheidungen, die im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und in der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern niedergelegt sind. Nach Art. 15 Abs. 1 und 4 Verf M-V ist das Ziel der schulischen Erziehung die Entwicklung zur freien Persönlichkeit, die aus Ehrfurcht vor dem Leben und im Geiste der Toleranz bereit ist, Verantwortung für die Gemeinschaft mit anderen Menschen und Völkern sowie gegenüber künftigen Generationen zu tragen. Sowohl aus Art. 7 Abs. 1 GG als auch aus Art. 15 Abs. 4 Verf M-V folgt, dass der staatliche Erziehungsauftrag in der Schule nicht auf die Wissensvermittlung beschränkt ist, sondern auch - neben dem Elternhaus - die Gesamterziehung des jungen Menschen und damit auch seine Erziehung zum Sozialverhalten zum Gegenstand hat (BVerwG, Beschl. v. 29.05.1981 - 7 B 170.80 - zitiert nach juris; Sauthoff in: Litten/Wallerath, Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Art. 15 Rz. 29). Die Schule soll zur Persönlichkeitsentwicklung des Kindes und zu seiner Eingliederung in die Gesellschaft beitragen. Allerdings muss die Schule bei der Erziehung zum Sozialverhalten für die unterschiedlichen Wertvorstellung auf diesem Gebiet offen sein und insbesondere jeden Versuch einer Indoktrinierung zu einem bestimmten Sozialverhalten unterlassen (BVerwG, a.a.O.).
- 52
Die an das Verhalten des Schülers gestellten Anforderungen ergeben sich insbesondere aus § 53 Abs. 2 SchulG M-V, wonach die Schüler verpflichtet sind, regelmäßig am Unterricht und an den pflichtmäßigen Schulveranstaltungen teilzunehmen, die erforderlichen Arbeiten anzufertigen und die Hausaufgaben zu erledigen. Sie haben die Weisungen der Lehrer zu befolgen, die dazu bestimmt sind, den Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule zu erreichen und die Ordnung in der Schule aufrechtzuerhalten. Mit diesen dem Schüler obliegenden Pflichten sowie den sich aus Art. 7 Abs. 1 GG und Art. 15 Abs. 4 Verf M-V ergebenden Beschränkungen steht das nach der Verordnung zu benotende Arbeits- und Sozialverhalten im Einklang. Unabhängig von dem Umstand, dass die Antragstellerin nicht eines der in § 3 Abs. 2 VO (Arbeitsverhalten) und in § 3 Abs. 3 VO (Sozialverhalten) aufgeführten Kriterien gerügt hat, entsprechen alle Merkmale allgemein anerkannten Normen und sind Elemente, die der Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrages in dem aufgezeigten verfassungsrechtlichen Rahmen dienen.
- 53
cc. Die angegriffene Verordnung verstößt auch nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG. Dies gilt sowohl hinsichtlich des Vortrags der Antragstellerin, eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung sei darin zu sehen, dass aufgrund des § 2 Abs. 1 VO Schüler an allgemein bildenden Schulen ab Jahrgangsstufe 10 keine Bewertung ihres Arbeits- und des Sozialverhaltens erhielten, als auch hinsichtlich ihrer Rechtsauffassung, sie werde aufgrund der Bewertung ihres Arbeits- und Sozialverhaltens gegenüber anderen Schulabgängern ungerechtfertigt benachteiligt.
- 54
Der Antragsgegner hat dafür, dass die Bewertungen des Arbeits- und Sozialverhaltens nur für Schüler der Jahrgangsstufen 2 bis 10 an den in § 2 Abs. 1 VO genannten allgemein bildenden Schulen vorgesehen sind, nachvollziehbar vorgetragen, dass er als Verordnungsgeber davon ausgehe, dass bei den älteren Schülern der Sekundarstufe II diszipliniertes Verhalten und Lernen aus eigenem Antrieb schon zur Selbstverständlichkeit geworden sein müsste und bei diesen Schülern die Zielsetzung, über die Beurteilung des Arbeits- und Sozialverhaltens eine Unterrichts- und Leistungsverbesserung der Schüler zu erreichen, gegenstandslos geworden sei. Entsprechendes lässt sich auf die in § 1 Abs. 1 VO niedergelegten Ziele der Verordnung übertragen. Nach dessen Satz 1 dient die schulische Bildung und Erziehung dem Erwerb der Kompetenzen, die für eine erfolgreiche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, die Gestaltung eines sinnerfüllten Lebens und das Meistern der Anforderungen im Beruf notwendig sind. Dazu gehören nach § 1 Abs. 1 Satz 2 VO in besonderer Weise die Sozial- und Selbstkompetenzen, die sich im Arbeits- und im Sozialverhalten widerspiegeln. Der Verordnungsgeber geht ersichtlich davon aus, dass die Sozial- und Selbstkompetenzen für eine erfolgreiche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, die Gestaltung eines sinnerfüllten Lebens und das Meistern der Anforderungen im Beruf jedenfalls mit Abschluss der Jahrgangsstufe 10 erworben sein müssten. Das ist vor dem Hintergrund des möglichen Abschlusses der Berufsreife nach Jahrgangsstufe 9 und der Mittleren Reife nach Jahrgangsstufe 10 (§ 16 Abs. 1 Satz 2 SchulG M-V ) nicht zu beanstanden.
- 55
Soweit die Antragstellerin beanstandet, sie werde gegenüber anderen Schulabgängern in Mecklenburg-Vorpommern benachteiligt, weil die ihrer Ansicht nach nicht einheitlichen Bewertungsmaßstäbe für die Beurteilung des Arbeits- und Sozialverhaltens zu nicht vergleichbaren Zeugnissen führen würden, kann dem nicht gefolgt werden. Wie bereits unter II.2.a. ausgeführt, hat der Verordnungsgeber in § 3 VO einheitliche Bewertungsbereiche und Bewertungskriterien festgelegt, die - mit (sachlich gerechtfertigter) Ausnahme an Förderschulen für Erziehungsschwierige und Förderschulen zur individuellen Lebensbewältigung - an allen allgemein bildenden Schulen zu beachten sind. Hieran ändert auch der Hinweis der Antragstellerin auf § 5 VO nichts, da die dort aufgeführten Zuständigkeiten den Regelungen der §§ 76 - 78 SchulG M-V entsprechen und hierdurch keine Abänderung der in § 3 VO festgelegten Bewertungskriterien erfolgt.
- 56
Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG darin, dass die Antragstellerin ggfs. mit Schulabgängern aus anderen Bundesländern, in denen eine Bewertung des Arbeits- und Sozialverhaltens nicht erfolgt, um einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz in Wettbewerb treten muss. Es ist keineswegs selbstverständlich, dass jede Bewertung des Arbeits- und Sozialverhaltens zu einer Schlechterstellung gegenüber solchen Schulabgängern führt, deren Arbeits- und Sozialverhalten nicht ausdrücklich bewertet worden ist. Eine Schlechterstellung dürfte jedenfalls in solchen Fällen nicht eintreten, in denen das Arbeits- und Sozialverhalten mit "vorbildlich" bewertet ist. Im Übrigen ist die sachliche Rechtfertigung für die Entscheidung darüber, ob das Arbeits- und Sozialverhalten der Schüler bewertet werden soll, in das pädagogische Ermessen der jeweiligen Landesgesetz- bzw. Verordnungsgeber gestellt. Wie bereits die Stellungnahmen im Rahmen der Verbandsanhörung zu der hier streitgegenständlichen Verordnung zeigen, gab und gibt es ganz offensichtlich keinen Konsens darüber, ob die Bewertung von Arbeits- und Sozialverhalten der Schüler aus pädagogischer Sicht sinnvoll ist. Diese Frage hat das Gericht aber auch nicht zu entscheiden. Maßgeblich ist allein, dass die Entscheidung des Antragsgegners als dem für Mecklenburg-Vorpommern zuständigen Verordnungsgeber, die Bewertung des Arbeits- und Sozialverhaltens der Schüler einzuführen, keine Anhaltspunkte für eine willkürliche Maßnahme aufweist.
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dd. Die Bewertung des Arbeits- und Sozialverhalten der Antragstellerin verstößt nicht gegen Art. 1 Abs. 1 GG. Nach Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG ist die Würde des Menschen unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt (Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG). Mit der Menschenwürde ist der soziale Wert- und Achtungsanspruch gemeint, der dem Menschen wegen seines Menschseins zukommt. Dass durch die Bewertung des Arbeits- und Sozialverhaltens die prinzipielle Gleichheit eines Menschen (Schülers) mit allen anderen Menschen (Schülern) in Zweifel gezogen wird, ist weder von der Antragstellerin dargetan noch sonst ersichtlich.
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ee. Schließlich verstößt die streitgegenständliche Verordnung auch nicht gegen das Recht auf freien Zugang zu allen öffentlichen Bildungseinrichtungen (Art. 8 Satz 1 Verf M-V). Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Bewertung des Arbeits- und Sozialverhaltens den Zugang zu öffentlichen Bildungseinrichtungen beeinträchtigt.
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Nach alledem musste dem Normenkontrollantrag der Erfolg versagt bleiben.
- 60
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beurteilt sich nach § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Revisionszulassungsgründe gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor
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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit
- 1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs - 2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.
(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.
(2a) (weggefallen)
(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.
(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.
(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.
(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit
- 1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs - 2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.
(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.
(2a) (weggefallen)
(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.
(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.
(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.
(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.
(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.
(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.
(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.
(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.
(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.
Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden. Für die Entschädigung gilt Artikel 14 Abs. 3 Satz 3 und 4 entsprechend.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.