Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 24. Juni 2010 - 2 L 88/10
Gericht
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Schwerin - 6. Kammer - vom 12. März 2010 wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Gründe
- 1
Die Klägerin begehrt die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 12. März 2010 abgewiesen. Die Klage sei unbegründet. Die Klägerin habe weder einen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht noch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung des Beklagten. Die Befreiungsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 Abs. 2 RGebStV seien nicht einschlägig. Auch sei nicht ersichtlich, dass eine besondere Härte im Sinne des § 6 Abs. 3 RGebStV vorliege.
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Der fristgerecht eingelegte Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
- 3
Das Vorbringen der Klägerin, die ohne ausdrückliche Bezeichnung eines Zulassungsgrundes i.S.d. § 124 Abs. 2 VwGO das Rechtsmittel eingelegt hat, wertet der Senat als Antrag auf Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Gerichtsbescheides, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
- 4
Ein auf den Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützter Zulassungsantrag muss sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und im einzelnen darlegen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernstlichen Zweifeln bezüglich ihrer Richtigkeit begegnen. Die Begründung des Zulassungsantrags muss an die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts anknüpfen und aufzeigen, weshalb sich diese aus der Sicht des Zulassungsantragstellers nicht als tragfähig erweisen bzw. aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen die angefochtene Entscheidung unrichtig sein soll und geändert werden muss. Dies erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Zulassungsantragsteller muss sich insofern an der Begründungsstruktur des angefochtenen Urteils orientieren. Geht er auf eine Erwägung nicht ein, kann das Oberverwaltungsgericht diese nicht von sich aus in Zweifel ziehen. Diese Anforderungen an die Begründung eines Zulassungsantrags sind für den Zulassungsantragsteller auch zumutbar. Mit Blick auf den Vertretungszwang ist sichergestellt, dass Zulassungsantragsteller rechtskundig vertreten sind (vgl. Beschl. des Senats v. 21.04.2010 - 2 L 79/09 -, m.w.N.).
- 5
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung können schon dann vorliegen, wenn sich die Erfolgsaussichten eines Berufungsverfahrens nicht abschließend übersehen lassen, die Begründung des Zulassungsantrags aber die Einsicht vermittelt, der beabsichtigten Berufung seien durchaus hinreichende Erfolgsaussichten zuzusprechen. Die Zulassung ist dagegen zu versagen, wenn sich die vom Zulassungsantragsteller geäußerten Zweifel ohne Weiteres ausräumen lassen (vgl. Beschl. des Senats v. 21.04.2010 - 2 L 79/09 -, m.w.N.).
- 6
Daran gemessen liegen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht vor.
- 7
Das Zulassungsvorbringen setzt sich schon nicht hinreichend mit der Begründungsstruktur der erstinstanzlichen Entscheidung auseinander. Im Übrigen wird übersehen, dass die Aufzählung der Befreiungstatbestände in § 6 Abs. 1 RGebStV abschließend zu verstehen ist (vgl. Beschl. des Senats v. 29.01.2010 - 2 O 42/09 -, unter Bezugnahme auf BVerwG, Beschl. v. 18.06.2008 - 6 B 1.08 -, zit. nach juris Rn. 5).
- 8
Mit der Begründung des Zulassungsantrags wird nicht geltend gemacht, aus welchen Gründen im Falle der Klägerin ein besonderer Härtefall im Sinne des § 6 Abs. 3 RGebStV vorliegen soll. Damit genügt das Beschwerdevorbringen dem Darlegungserfordernis (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) nicht. Die Annahme der Klägerin, über § 6 Abs. 3 RGebStV sollten "Ausnahmefälle und besondere Härtefälle" erfasst werden, geht fehl. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber die Befreiungstatbestände des § 6 Abs. 1 RGebStV hat beschränken wollen und ein Rückgriff auf die Härtefallklausel des § 6 Abs. 3 RGebStV besondere Anforderungen verlangt (vgl. Beschl. des Senats v. 29.01.2010 - 2 O 42/09 -; BVerwG, Beschl. v. 18.06.2008, a.a.O.; OVG Bautzen, Beschl. v. 09.06.2009 - 1 D 30/09 -, zit. nach juris Rn. 6; VGH Mannheim, Beschl. v. 16.03.2009 - 2 S 1400/08 -, zit. nach juris). Derartige sind hier weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
- 9
Auch das weitere Vorbringen der Klägerin, im Falle des Bezuges einer Ausbildungsvergütung könnten die gleichen finanziellen Rahmenbedingungen vorliegen, wie im Falle des Bezuges von Sozialleistungen verkennt die gesetzliche Regelungssystematik. Die pauschalen Einwände der Klägerin im Hinblick auf grundrechtlich verbürgte Rechte verhelfen der Beschwerde nicht zum Erfolg. Sie genügen schon dem Darlegungserfordernis nicht. Im Übrigen bestehen auch seitens des Senats keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die gesetzliche Regelungssystematik des § 6 RGebStV (vgl. Beschl. des Senats v. 29.01.2010 - 2 O 42/09 - unter Bezugnahme auf OVG Bautzen, B. v. 09.06.2009 - 1 D 30/09 -, a.a.O. Rn. 5; VGH Mannheim, Beschl. v. 16.03.2009 - 2 S 1400/08 -, a.a.O. Rn. 28 ff.). Die Härtefallklausel des § 6 Abs. 3 RGebStV stellt eine gesetzliche Ausprägung des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar und lässt weder einen Verstoß gegen das Sozialstaatsgebot noch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) erkennen. Dem Sozialstaatsgebot (Art. 20 Abs. 1 GG) werden die Befreiungstatbestände des § 6 RGebStV bereits dadurch gerecht, dass sie "bescheidsgebunden" einkommensschwachen Personen die Möglichkeit einer Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht einräumen. Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verlangt nicht, den Empfängern von Sozialhilfe solche Personen gleichzustellen, denen Sozialhilfe zustünde, falls sie sie beantragen würden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.06.2008 - 6 B 1.08 -, zit. nach juris Rn. 7).
- 10
Im Hinblick auf die gefestigte Rechtsprechung zu § 6 Abs. 3 RGebStV, insbesondere die des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschl. v. 18.06.2008 - 6 B 1.08 -, a.a.O.) ist die Berufung - wäre denn dieser Zulassungsgrund mit dem insoweit unspezifischen Zulassungsvorbringen hinreichend dargelegt worden - auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
- 11
Der Antrag auf Zulassung der Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 124 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Eine Streitwertfestsetzung ist entbehrlich, weil das Verfahren gemäß § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei ist.
- 12
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrages wird der angefochtene Gerichtsbescheid rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.