Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 14. Dez. 2017 - 1 LZ 557/17

published on 14/12/2017 00:00
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 14. Dez. 2017 - 1 LZ 557/17
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Tenor

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 15. Juni 2017 – 3 A 244/13 – wird abgelehnt.

Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 2.657,60 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Durch Bescheid vom 15. Februar 2013 zog der Beklagte die Kläger für ihr im Satzungsgebiet des Beklagten belegenes Grundstück (Flurstück .../2, Flur ..., Gemarkung G...) einem Schmutzwasserbeitrag in Höhe von 2.657,60 € heran. Das Grundstück ist seit 1972 an die öffentlichen Entwässerungsanlagen angeschlossen. Den Widerspruch der Kläger wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 4. März 2013 zurück. Die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 15. Juni 2017 abgewiesen. Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung.

2

Die Kläger machen geltend, die Berufung sei gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die Rügen der Kläger gegen die Beitragssatzung 2017 zurückgewiesen. Die Beitragserhebung verstoße zudem gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit, Belastungsklarheit und Belastungsvorhersehbarkeit. Bei den Regelungen in § 12 Abs. 2 KAG M-V 2016 und § 22 Abs. 3 KAG M-V 2016 handele es sich um einen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot.

3

Die Maßstabsregelung des § 5 Beitragssatzung 2017 sei unwirksam. Insbesondere sei § 5 Ab. 3 Buchstabe g) unvollständig und verstoße gegen den Grundsatz der konkreten Vollständigkeit. Die Regelungen des § 5 Abs. 3 Buchstaben e) bzw. f) seien widersprüchlich.

4

Das Grundstück der Kläger sei bereits im Jahr 1972 an die zentrale öffentliche Schmutzwasserbeseitigungsanlage angeschlossen worden. Der Vorteil dieses Anschlusses habe sich bis zur Beitragserhebung im Jahre 2013 verflüchtigt. Im vorliegenden Fall komme der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 zum Tragen, wonach das Rechtstaatsprinzip und die hierin enthaltenen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes einer Beitragserhebung nunmehr entgegenständen. Dies ergebe sich auch aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15. April 2015 und aus den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts zum Aktenzeichen 9 C 15.14 u. a. Daraus folge, dass § 9 Abs. 3 KAG M-V dem Grundsatz der Rechtssicherheit nicht entspreche. Die nunmehr in das KAG M-V 2016 eingeführte neue Regelung des § 12 Abs. 2 KAG M-V stelle keinen angemessenen Interessenausgleich im Sinne der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung dar. Die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Interessenabwägung habe offensichtlich nicht stattgefunden. Die neue Verjährungsregelung des KAG M-V 2016 sei wegen Verstoßes gegen das Rechtsstaatsgebot verfassungswidrig.

5

Die Regelung des § 22 Abs. 3 KAG M-V 2016 stelle einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot dar. Diese Regelung enthalte eine echte Rückwirkung. Mit Ablauf des 31. Dezember 2008 sei die Erhebung von Anschlussbeiträgen in den Fällen der Altanschließer nicht mehr möglich.

II.

6

Der gem. § 124a Abs. 4 VwGO fristgerecht gestellte und ebenso fristgerecht begründete Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.

7

Die hier anzuwendenden Regelungen der §§ 9, 12 und 22 KAG M-V (zu 1 und 2) sind verfassungsgemäß. Die Rügen gegen die Maßstabsregelung des § 5 der Schmutzwasserbeseitigungssatzung zur Abwasserbeseitigungssatzung des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung Grimmen vom 8. März 2017 – SBS 2017 – greifen nicht durch (zu 3) und Fehler bei der Heranziehung im Einzelfall sind im Zulassungsverfahren nicht dargelegt worden.

8

1. Die Frage, ob eine sachliche Beitragspflicht frühestens mit Inkrafttreten der ersten wirksamen Satzung entstehen kann (§ 9 Abs. 3 KAG M-V), ist zu bejahen. Dies ist zwischenzeitlich höchstrichterlich geklärt.

9

Soweit die Kläger im Zulassungsantrag vortragen, es bestünden ernstliche Zweifel an dem angefochtenen Urteil im Hinblick auf die aktuellen (Verjährungs-)regelung in § 12 Abs. 2 KAG M-V, geht dieser Einwand bereits im Grundsatz fehl. Insoweit wird übersehen, dass das Oberverwaltungsgericht Greifswald in seinen Urteilen vom 6. September 2016 – 1 L 212/13 –, juris Rn. 68 ff. und – 1 L 217/13 –; beide rechtskräftig durch BVerwG, Beschlüsse vom 18. Mai 2017 – 9 B 71.16 –, juris, und – 9 B 72.16 –, sich mit dieser Norm befasst hat. Das Bundesverwaltungsgericht, a. a. O., hat die Auslegung des Senates gebilligt.

10

In Mecklenburg-Vorpommern bestehen somit aktuell - zum einen - die Regelungen über die Verjährung von abgabenrechtlichen Ansprüchen (§ 12 Abs. 2 Nr. 2 KAG M-V i. V. m. § 47 AO). Beitragsansprüche nach § 9 KAG M-V entstehen frühestens mit der ersten wirksamen Satzung. Diese ist erst 2017 erlassen worden, sodass die vierjährige Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Zum anderen besteht daneben eine Höchstfrist für eine Abgabenerhebung, die lediglich an das Bestehen einer tatsächlichen Vorteilslage anknüpft, nicht aber das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht voraussetzt. Auch diese Erhebungssperrfrist des § 12 Abs. 2 Nr. 1 KAG M-V ist noch nicht abgelaufen, da die diesbezügliche Frist frühestens ab 31. Dezember 2000 hat zu laufen beginnen und der 20-Jahreszeitraum noch nicht verstrichen ist. Im vorliegenden Fall ist das Verwaltungsgericht daher zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass weder die Festsetzungsfrist abgelaufen und damit keine Festsetzungsverjährung eingetreten ist, noch hat sich die Vorteilslage „verflüchtigt“, noch ist den Klägern Vertrauensschutz zuzubilligen, künftig von einer Abgabenfestsetzung bzw. Abgabenerhebung verschont zu bleiben.

11

Schließlich vermag auch die von der Klägerseite in der Zulassungsschrift benannte Altanschließerproblematik die Zulassung der Berufung nicht zu rechtfertigen. Diese ist in der Rechtsprechung des Senates und des Bundesverwaltungsgerichts geklärt.

12

Zur weiteren Erläuterung verweist der Senat auf die wesentlichen Inhalte seiner Rechtsprechung und die aktuelle Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts: Das OVG Greifswald, Urt. vom 6. September 2016 – 1 L 212/13 –, vorgehend VG Greifswald, Urt. vom 22. August 2013 – 3 A 291/10 –, ähnlich OVG Greifswald, Urt. vom 6. September 2016 – 1 L 217/13 –, vorgehend VG Greifswald, Urt. vom 22. August 2013 – 3 A 1130/11 – hat in seinen ersten Urteilen zum KAG M-V 2016 insoweit ausgeführt:

13

„Erst das Inkrafttreten der ersten wirksamen Anschlussbeitragssatzung kann die sachliche Beitragspflicht auslösen. Einer Rückwirkung dieser Satzung bedarf es in Mecklenburg-Vorpommern nicht (st. Rechtsprechung des OVG Greifswald seit Beschluss vom 8. April 1999 – 1 M 41/99 –).“

14

Die ersten wirksamen Beitragssatzungen des Beklagten datieren vom 8. März 2017 (siehe unter 3), denn die Vorgängersatzungen haben sich als unwirksam erwiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die beiden Normenkontrollurteile des Senates vom 5. Dezember 2016 – 1 K 8 /13 – (Schmutzwasser) und – 1 K 9/13 – (Niederschlagswasser) verwiesen. Des Weiteren hat der Senat in seinen oben genannten Urteilen vom 6. September 2016 ausgeführt:

15

„Das vom BVerfG im Beschluss vom 5. März 2013 – 1 BvR 2457/08 –, BVerfGE 133, 143 = NVwZ 2013 S. 1004, entwickelte Rechtsinstitut der „Verflüchtigung“ greift im vorliegenden Fall nicht durch. Denn das BVerwG (Urt. vom 15. April 2015 – 9 C 15.14 u. a. –, vorgehend OVG Greifswald, Urt. vom 1. April 2014 – 1 L 139/13 u. a. – hat dem Landesgesetzgeber in Mecklenburg-Vorpommern die Möglichkeit offen gelassen, eine weitergehende und längere Festsetzungsverjährungsfrist als den 31. Dezember 2008 zu bestimmen. Eine solche Fristbestimmung hat der Landesgesetzgeber jetzt durch Gesetz vom 14. Juli 2016 getroffen. Der Senat hat keine Zweifel daran, dass diese gesetzliche Neuregelung (§ 12 Abs. 2 KAG M-V Fassung 2016) den von BVerfG und BVerwG gemachten Vorgaben entspricht. Eine zeitlich unbefristete Heranziehung zu (Anschluss-)Beiträgen ist nicht mehr möglich.

16

Der Grundsatz des Vertrauensschutzes, wie er in dem stattgebenden Kammerbeschluss des BVerfG, 2. Kammer, Beschl. vom 12. November 2015 – 1 BvR 2961/14, 1 BvR 3051/14 –, LKV 2016 S. 25 ff., für Berlin-Brandenburg konkretisiert worden ist, ist im vorliegenden Verfahren - wegen der abweichenden Sach- und Rechtslage - nicht einschlägig, sodass er keine Bindungswirkung nach § 31 BVerfGG entfaltet. Seit Inkrafttreten des KAG vom 11. April 1991 hat das OVG Greifswald stets die Rechtsauffassung vertreten, dass (nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG 1991, heute § 9 Abs. 3 Satz 1 KAG M-V) ohne eine wirksame Satzung keine sachliche Beitragspflicht entstehen kann und mithin auch der Lauf der regelmäßigen Verjährung nicht in Gang gesetzt wird (vgl. zur ähnlichen Rechtslage in Sachsen-Anhalt, OVG Magdeburg, Beschl. vom 17. Februar 2016 – 4 L 119/15 –, Rn. 58 und 59 und OVG Weimar, Urt. vom 12. Januar 2016 – 4 KO 850/09 –, Juris Rn. 48, zur Rechtslage in Thüringen).

17

Die im Beschluss des BVerfG vom 5. März 2013 – 1 BvR 2457/08 – gesetzte Frist, bis zum 31. März 2014 eine gesetzliche Neuregelung vorzunehmen, ist ausschließlich für den bayerischen Landesgesetzgeber maßgeblich gewesen.“

18

An diesen Erwägungen ist uneingeschränkt festzuhalten, zumal das Bundesverwaltungsgericht, Beschl. vom 8. März 2017 - 9 B 19.16 -, vorgehend OVG Magdeburg, Beschl. vom 17. Februar 2016 - 4 L 119/15 –, sich in einer auf Mecklenburg-Vorpommern übertragbaren Weise zu den Fragen der Vereinbarkeit von Anschlussbeiträgen mit dem Gebot der Belastungsklarheit und –vorhersehbarkeit und zur Ausschlussfrist geäußert hat:

19

„Das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit schützt den Bürger davor, für lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge zeitlich unbegrenzt zu Beiträgen herangezogen zu werden. Der Gesetzgeber hat einen weiten Gestaltungsspielraum bei seiner Aufgabe, die berechtigten Interessen der Allgemeinheit am Vorteilsausgleich und der einzelnen Vorteilsempfänger an Rechtssicherheit zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen (im Anschluss an BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 – BVerfGE 133, 143) (Rn. 7).“

20

Insbesondere in Rn. 26 und 29 führt das Bundesverwaltungsgericht aus:

21

„Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss es sich um eine beitragsrelevante Vorteilslage handeln. Damit stimmt insbesondere auch eine Rechtsprechung überein, nach der die Vorteilslage nicht an eine tatsächliche Anschlussnahme anknüpft, sondern erst in dem Zeitpunkt entsteht, in dem den Beitragspflichtigen erstmals der rechtlich gesicherte Vorteil geboten worden ist, ihr Schmutzwasser mittels einer öffentlichen Einrichtung entsorgen zu können (BVerwG, Urteil vom 15. April 2015 - 9 C 19.14 -, Buchholz 11 Art. 20 Nr. 218 Rn. 16).

22

Hintergrund der Fragestellung ist, dass § 6 Abs. 6 KAG-LSA a. F., nach dem die Beitragspflicht mit der Beendigung der beitragspflichtigen Maßnahmen entstand, vom Oberverwaltungsgericht wie § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG-LSA ausgelegt wurde, sodass die Beitragspflicht frühestens mit dem Inkrafttreten der ersten wirksamen Satzung entstehen konnte und Beiträge entgegen dem verfassungsrechtlichen Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit zeitlich unbegrenzt erhoben werden konnten. Dies hat nach Auffassung des Berufungsgerichts zur Folge, dass der neu eingefügte § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG LSA keine unzulässige Rückwirkung entfaltete, da sich die Rechtslage durch das Änderungsgesetz nicht geändert hat. Vielmehr war die neue Regelung nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts lediglich deklaratorischer Natur (BA S. 16; ebenso nun LVerfG Dessau, Urt. vom 24. Januar 2017 - LVG 1/16 -, UA Rn. 61).“

23

Eine endgültige Klärung der von der Zulassungsschrift angesprochenen Fragen folgt aus den beiden Beschlüssen des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Mai 2017 - 9 B 72.16 – und - 9 B 71.16 -, vorgehend OVG Greifswald, Urt. vom 6. September 2016 - 1 L 217/13 – und - 1 L 212/13 –. Darin führt das Bundesverwaltungsgericht für das Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern unter anderem aus:

24

„Weder das Bundesverfassungsgericht noch das Bundesverwaltungsgericht haben den Rechtssatz aufgestellt, es sei unzulässig, die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht vom Vorliegen einer wirksamen Satzungsgrundlage abhängig zu machen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem von der Beschwerde zitierten Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - (BVerfGE 133, 143 Rn. 45) nicht die Anknüpfung des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht an eine wirksame Satzung für unzulässig erachtet, sondern es mit dem Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit für unvereinbar erklärt, wenn der Gesetzgeber ganz von einer Regelung absieht, die der Abgabenerhebung eine bestimmte zeitliche Grenze setzt. Auch der Senat hat in seinem Urteil vom 15. April 2015 - 9 C 19.14 - lediglich das Fehlen einer zeitlichen Höchstgrenze für eine Beitragserhebung in § 12 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V a. F. beanstandet (Rn. 3).

25

Das Berufungsgericht ist auch nicht konkludent von dem vorgenannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts abgewichen. Danach wirkte sich die Verfassungswidrigkeit von § 9 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KAG M-V aufgrund der in § 12 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 KAG M-V a. F. geregelten Übergangsfrist (erst) nach deren Ablauf am 31. Dezember 2008 aus. Ausführungen zu den ab diesem Zeitpunkt eintretenden rechtlichen Folgen enthält das vorgenannte Urteil nicht. Diese ergeben sich vielmehr aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - (BVerfGE 133, 143 Rn. 49, 51). Die Verfassungswidrigkeit einer Vorschrift, die eine zeitlich unbegrenzte Abgabenerhebung ermöglichte, führte danach nicht zu deren Nichtigkeit, sondern nur zur Unwirksamkeit mit der weiteren Folge, dass sie nicht mehr angewandt werden dürfte und laufende Gerichts- und Verwaltungsverfahren bis zu einer gesetzlichen Neuregelung auszusetzen waren. Das Berufungsgericht hat eine solche Neuregelung in § 12 Abs. 2 KAG M-V in der Fassung des Ersten Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 2016 (GVBl. M-V S. 584) gesehen und deren Verfassungsmäßigkeit bestätigt. Seine Schlussfolgerung, dass einer Beitragserhebung damit nicht mehr das Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit entgegensteht, widerspricht folglich auch insoweit nicht dem vorstehenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts Rn. 4).

26

Das Oberverwaltungsgericht hat auch nicht im Zusammenhang mit seinen Ausführungen zum Vertrauensschutz (UA S. 23 ff.) einen von dem Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 12. November 2015 – 1 BvR 2961/14 u. a. – (NVwZ 2016 S. 300) abweichenden Rechtssatz aufgestellt. Es hat vielmehr die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts deswegen nicht für einschlägig erachtet, weil der dort zugrunde liegende Sachverhalt mit dem vorliegenden nicht vergleichbar sei. In dem aus Brandenburg stammenden Fall sei nach alter Rechtslage die Beitragsforderung im Zeitpunkt der Gesetzesänderung erloschen gewesen. Dass in einem solchen Fall eine gesetzliche Vorschrift, die rückwirkend eine abgelaufene Festsetzungsverjährung „aus den Angeln hebe“, eine echte Rückwirkung darstelle, sei nicht zweifelhaft. Der Unterschied liege aber darin, dass sich die Rechtslage in Mecklenburg-Vorpommern elementar von der in Brandenburg unterscheide. Im Gegensatz zu Mecklenburg-Vorpommern sei es nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg stets auf die erste Satzung angekommen, gleichgültig, ob diese wirksam gewesen sei Rn. 5).“

27

2. Schließlich vermag auch der Hinweis der Kläger auf § 22 Abs. 3 KAG M-V 2016 dem Senat keine ernstlichen Zweifel an der angefochten Entscheidung zu vermitteln. Der Senat hat sich bereits mit oben genannten Urteilen vom 6. September 2016 mit dieser Regelung befasst und ausgeführt: Es hätte dieser salvatorischen Klausel nicht bedurft. Jedes Gesetz, soweit es nichts anderes regele, beanspruche mit Inkrafttreten seine Gültigkeit. Nach den bisherigen Regelungen des KAG M-V sei lediglich keine zeitliche Obergrenze für eine Verjährung eines Anschlussbeitrages geregelt gewesen. Daraus habe aber nicht geschlossen werden können, dass ein Anschlussbeitrag verjährt sei. Der Senat hat die Rechtslage vor Inkrafttreten des KAG M-V 2016 dahingehend bewertet, dass die Anwendung des im Übrigen verfassungsgemäßen KAG M-V ab einem gewissen vom Gesetzgeber festzulegenden Stichtag verfassungswidrig wäre. Die gesetzliche Neuregelung 2016 beinhaltet jetzt in § 12 Abs. 2 Nr. 1 KAG M-V die erforderliche gesetzgeberische Entscheidung, die die widerstreitenden Interessen abwägt. Einer weitergehenden deklaratorischen Klausel hätte es nicht bedurft. Als deklaratorische Klausel ist die Regelung des § 22 Abs. 3 KAG M-V aber unschädlich (Senatsurteile vom 6. September 2016; vgl. auch Aussprung in Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, § 7 Erl. 8.1.6).

28

3. Die von Klägerseite vorgetragenen Einwendungen gegen die Maßstabsregelung des § 5 SBS 2017 greifen nicht durch.

29

Die Kläger machen zum einen geltend, die Maßstabsregelung sei unvollständig, als Grundstücke nicht erfasst würden, auf denen zwar kein Vollgeschoss verwirklicht werden könne, die aber gleichwohl baulich oder gewerblich nutzbar seien. Die vom Verwaltungsgericht vertretene Ansicht, wonach entsprechende Bebauungssituation bei Kleingartengrundstücken, Campingplätzen, Sportplätzen oder Garagen auftreten könnten und diese von § 5 Abs. 3 Buchstabe g) SBS 2017 erfasst seien, könne nicht gefolgt werden. So beziehe sich diese Regelung ausschließlich nur auf Garagen und Stellplätze. Die gewerbliche Nutzung setze jedoch nicht zwingend eine Bebauung voraus. Für diese gewerbliche Nutzung liege eine Maßstabsregelung nicht vor.

30

Mit diesem Vortrag sind beim Senat keine ernstlichen Zweifel an der Wirksamkeit der Satzung, konkret des Beitragsmaßstabes, geweckt worden. Bereits zur Vorgängersatzung hat der Senat im Normenkontrollurteil vom 5. Dezember 2016 – 1 K 8/13 -, juris Rn. 48, ausgeführt: Zwar gelte auch im Beitragsrecht der Grundsatz der konkreten Vollständigkeit. Nach diesem Grundsatz müsse eine Beitragssatzung für alle Beitragsfälle im Beitragsgebiet einen wirksamen Maßstab vorsehen (grundlegend OVG Greifswald, Urteil vom 15. März 1995 – 4 K 22/94 –). Allerdings liege ein Verstoß gegen diesen Grundsatz dann nicht vor, wenn im Satzungsgebiet keine Anwendungsfälle für die fehlenden Maßstabsregelungen bestünden.

31

An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Es wäre daher Sache des Zulassungsantrages gewesen darzulegen, in welcher Sachverhaltskonstellation eine Maßstabslücke auftrete und dass es einen solchen Fall tatsächlich im Verbandsgebiet gibt. Wird davon ausgegangen, dass der Klägerseite ein nur gewerblich nutzbares Grundstück vorschwebt, das aber nicht bebaut ist, hätte die Klägerseite zusätzlich darlegen müssen, dass auf diesem Grundstück eine abwasserrelevante Nutzung ausgeübt wird bzw. ausgeübt werden kann. Wird zum Beispiel ein Lagerplatz in den Blick genommen, wird wohl nur im Bereich von Sanitäreinrichtungen Abwasser anfallen, das der öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungsanlage zuzuführen ist. In einem solchen Fall wird dort aber ein Sanitärgebäude errichtet oder ein Container dauerhaft aufgestellt sein, d. h., es wird eine bauliche Anlage existieren. Zum anderen enthält § 5 Abs. 3 Buchstabe f) SBS 2017 eine Maßstabsregelung für Grundstücke, für die eine „sonstige Nutzung“ oder eine „nur untergeordnete Bebauung“ festgesetzt ist bzw. die im unbeplanten Innenbereich tatsächlich so genutzt werden. Durch diese Regelungen wird ein gewerblich nutzbares Grundstück zwanglos erfasst.

32

Aus den vorstehend gemachten Ausführungen folgt ferner, dass auch der Einwand der Klägerseite, der Beitragsmaßstab in § 5 SBS 2017 erfasse nicht alle Arten von Bebauungsplänen und insbesondere fehle eine Maßstabsregelung für den Fall, dass ein Bebauungsplan lediglich die Größe der Grundfläche festsetze, nicht durchgreift. Zum einen hat das Verwaltungsgericht insoweit darauf verwiesen, dass ein solcher Bebauungsplan nicht vorhanden sei. Dem ist die Klägerseite nicht entgegengetreten. Wenn die Kläger - zum anderen - meinen, der Verteilungsmaßstab müsse für alle im Entsorgungsgebiet denkbaren Anwendungsfälle eine Regelung treffen, so entspricht dies nicht der oben genannten Rechtsprechung des Senates im Urteil vom 5. Dezember 2016. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der konkreten Vollständigkeit liegt gerade dann nicht vor, wenn es im Satzungsgebiet keinen Anwendungsfall für eine nicht getroffene Maßstabsregelung gibt. Eine solche Maßstabsregelung „fehlt“ mithin nicht im Rechtssinne. Wäre sie getroffen worden, so wäre sie überflüssig.

33

Die in § 5 Abs. 3 Buchstabe e) und f) SBS 2017 verwendete Formulierung, „die Zahl von einem Vollgeschoss, mindestens aber die Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse“ ist nicht in sich widersprüchlich, sondern der Auslegung zugänglich. In beiden Fällen soll bei den dort genannten Nutzungen im Grundsatz eine Beitragsermittlung mit einem Vollgeschoss erfolgen. Für den Fall, dass aber rein tatsächlich eine höhere Zahl der Vollgeschosse auf dem Grundstück verwirklicht ist, ist auch dieser Vorteil durch den Ansatz einer höheren Vollgeschosszahl abzugelten. Einen Widerspruch zu der Vollgeschossdefinition, die in § 5 Abs. 1 SBS 2017 enthalten ist, sieht der Senat nicht.

34

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 GKG i. V. m. § 52 Abs. 3 GKG.

35

Hinweis:

36

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B
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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erlöschen insbesondere durch Zahlung (§§ 224, 224a, 225), Aufrechnung (§ 226), Erlass (§§ 163, 227), Verjährung (§§ 169 bis 171, §§ 228 bis 232), ferner durch Eintritt der Bedingung bei auflösend bedingten Ansprüchen.

(1) Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts binden die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden.

(2) In den Fällen des § 13 Nr. 6, 6a, 11, 12 und 14 hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Gesetzeskraft. Das gilt auch in den Fällen des § 13 Nr. 8a, wenn das Bundesverfassungsgericht ein Gesetz als mit dem Grundgesetz vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt. Soweit ein Gesetz als mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt wird, ist die Entscheidungsformel durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen. Entsprechendes gilt für die Entscheidungsformel in den Fällen des § 13 Nr. 12 und 14.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.