Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 07. Dez. 2010 - 7 W 75/10

published on 07/12/2010 00:00
Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 07. Dez. 2010 - 7 W 75/10
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

Auf die Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Stuttgart - 16 O 224/10 - vom 21.06.2010 wird dieser abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Streitwert wird festgesetzt auf 32.104,32 EUR. Der Vergleichsmehrwert wird festgesetzt auf 14.656,32 EUR.

Gründe

 
I.
Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten begehrt mit seiner im eigenen Namen eingelegten Beschwerde vom 16.08.2010 (Bl. 52 f d. A.) die Abänderung des Beschlusses des Landgerichts vom 21.06.2010 (Bl. 38 d. A.) dahin, dass neben dem Streitwert von 32.104,32 EUR ein Vergleichsmehrwert in Höhe von 14.656,32 EUR festgesetzt wird.
Der Streitwertbeschluss berücksichtige lediglich den ursprünglichen, mit dem Vergleich in Ziffer 1 abgegoltenen Klageantrag Ziffer 1. Nicht berücksichtigt sei Ziffer 2 des Vergleichs, in dem die Aufhebung der Berufsunfähigkeitsversicherung vereinbart worden sei (Bl. 38 d. A.). Diese Aufhebung habe einen Eigenwert von 50 % des Gesamtstreitwertes.
Auf die Beschwerdebegründung wird Bezug genommen.
II.
Die gemäß §§ 32 RVG, 68 Abs. 1, 66 GKG zulässige Beschwerde ist begründet.
Der Streitwert für die Gebühren bestimmt sich über § 48 Abs. 1 GKG nach den Vorschriften der §§ 3 ff ZPO.
Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin ausschließlich Leistungen für Vergangenheit und Zukunft aus der -bestehenden- Berufsunfähigkeitsversicherung geltend gemacht (Bl. 1 ff d. A.). Der Streitwert war deshalb wie geschehen festzusetzen.
Für die Frage, ob ein Vergleichsmehrwert festzusetzen ist, kommt es darauf an, ob eine Regelung im Vergleich getroffen wird, die wirtschaftlich und rechtlich betrachtet, über den nach dem Klageantrag bestimmten Streitgegenstand hinausgeht.
Die Parteien haben in Ziffer 2 des Vergleichs eine Vereinbarung über den Fortbestand des Versicherungsverhältnisses getroffen, nämlich dahingehend, dass der Vertrag aufgehoben und erledigt ist.
Es mag sein, dass die Parteien die Regelung unter Ziffer 2 des Vergleichs getroffen haben, damit die Klägerin eine höhere Leistung gemäß Ziffer 1 des Vergleichs erhält (Bl. 70 d. A.).
10 
Hieraus folgt aber gerade, dass damit eine Regelung, nämlich über den zukünftigen Fortbestand des Versicherungsvertrages, getroffen wurde, die in ihrer Reichweite über das ursprüngliche Klageziel und die Verteidigung hiergegen hinausgeht.
11 
Es ist im Vergleich nicht nur eine Vereinbarung über die Zahlungsansprüche (Ziffer 1), sondern auch eine Vereinbarung für die Zukunft getroffen worden, dass ungeachtet der künftigen Entwicklung weitere Zahlungsansprüche und andere wechselseitige Ansprüche überhaupt ausscheiden (Ziffer 2). Der Regelung kommt damit eine eigene wirtschaftliche Bedeutung zu.
12 
Dies war im Wege der Festsetzung eines Vergleichsmehrwertes zu berücksichtigen.
13 
Der Wert der Beendigung des Vertrages in dem Vergleich entspricht dem Gegenstandswert, der für einen Antrag auf Feststellung des Fortbestehens der Berufsunfähigkeitsversicherung neben dem Leistungsantrag festzusetzen wäre. Es ist für diesen an den Streitwert des konkreten Begehrens von Leistungen aus der Versicherung anzuknüpfen und ein Abschlag in Höhe von 50 % vorzunehmen. Denn das Interesse an der Feststellung des Fortbestandes bzw. an dessen Aufhebung ist, da daneben konkrete Leistungsansprüche geltend gemacht und geregelt werden, nur von künftigen Interessen bestimmt (OLG Bamberg VersR 2009, 701).
14 
Der Mehrwert des Vergleich ist mit 14.656,32 EUR zu bemessen, d. h. 50 % des 3,5 fachen Wertes der begehrten Jahresrente zuzüglich der monatlichen Prämie gemäß § 5 ZPO (666,42 EUR begehrte Monatsrente + 31,50 EUR Monatsbeitrag x 12 Monate x 3,5 Jahre x 50%).
III.
15 
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
16 
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet und das Verfahren für die Streitwertbeschwerde ist (gerichts-) gebührenfrei, §§ 32 RVG, 68 Abs. 3 GKG.
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt i

(1) Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gerichtlich festgesetzt, ist die Festsetzung auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend. (2) Der Rechtsanwalt kann aus eigenem Recht die Festsetzung des Werts beantragen und Rechtsmitte
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt i

(1) Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gerichtlich festgesetzt, ist die Festsetzung auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend. (2) Der Rechtsanwalt kann aus eigenem Recht die Festsetzung des Werts beantragen und Rechtsmitte
1 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 13/08/2014 00:00

Tenor Die Beschwerde der Beklagten gegen den Streitwertbeschluss des Landgerichts Regensburg vom 21.05.2014 wird zurückgewiesen. Gründe Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Wertfe
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gerichtlich festgesetzt, ist die Festsetzung auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend.

(2) Der Rechtsanwalt kann aus eigenem Recht die Festsetzung des Werts beantragen und Rechtsmittel gegen die Festsetzung einlegen. Rechtsbehelfe, die gegeben sind, wenn die Wertfestsetzung unterblieben ist, kann er aus eigenem Recht einlegen.

(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.

(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.

(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.

Mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche werden zusammengerechnet; dies gilt nicht für den Gegenstand der Klage und der Widerklage.

(1) Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gerichtlich festgesetzt, ist die Festsetzung auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend.

(2) Der Rechtsanwalt kann aus eigenem Recht die Festsetzung des Werts beantragen und Rechtsmittel gegen die Festsetzung einlegen. Rechtsbehelfe, die gegeben sind, wenn die Wertfestsetzung unterblieben ist, kann er aus eigenem Recht einlegen.