|
|
| Mit seiner Klage verlangt der Kläger von der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung und des Schadensersatzes wegen Verschuldens bei Vertragsabschluss die Rückzahlung vermeintlich rechtsgrundlos gezahlter Versicherungsprämien im Gesamtbetrag von 16.658,44 EUR zu einer fondsgebundenen Lebensversicherung zuzüglich Verzinsung für die Zeit vom 1.5.2003 bis 1.12.2011 i. H. v. 5.446,16 EUR. Einen von der Beklagten als „Rückkaufswert“ ausgekehrten Betrag in Höhe von 13.302,22 EUR lässt sich der Kläger anrechnen. Hierdurch errechnet sich per Saldo in der Hauptsache ein klageweise geltend gemachter Forderungsbetrag von 8.802,38 EUR. Hieraus verlangt der Kläger weiter laufende Zinsen in Höhe von 7 % p. a. seit 1.12.2011. Daneben verlangt er Erstattung vorgerichtlich aufgewandter Rechtsanwaltskosten in Höhe von 691,69 EUR nebst Rechtshängigkeitszinsen in gesetzlicher Höhe. |
|
| Der Kläger hatte die Lebensversicherung aufgrund Antrags vom 25.4.2003 mit Wirkung zum 1.5.2003 bei der Beklagten abgeschlossen. Bereits zum 28.12.2009 kündigte er die Versicherung, woraufhin die Beklagte den Rückkaufswert an den Kläger ausbezahlte. |
|
| Mit Anwaltsschreiben vom 29.11.2011 (Anl. K 7 nach Bl. 21 d. A.) ließ der Kläger dem Vertragsabschluss unter Bezugnahme auf § 5 a VVG in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung (im Folgenden: „VVG a. F.“) widersprechen. Zugleich ließ er seine auf den Abschluss des Versicherungsvertrags gerichtete Willenserklärung gem. § 8 VVG a. F. widerrufen und gem. § 119 BGB anfechten. |
|
| Der Kläger behauptet, bei Vertragsabschluss hätten ihm nicht alle Verbraucherinformationen vorgelegen. Überdies sei die erforderliche Widerspruchsbelehrung unvollständig und in drucktechnischer Hinsicht nicht hinreichend hervorgehoben gewesen. Hierdurch sei die Widerspruchsfrist gem. § 5 a VVG a. F. nicht in Gang gesetzt worden. Der Vertragsabschluss sei auch nicht gemäß der Regelung in § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a. F. nach Ablauf eines Jahres nach Zahlung der Erstprämie wirksam geworden. Diese Vorschrift widerspreche europäischem Gemeinschaftsrecht, wie im Übrigen das gesamte § 5 a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a. F. zu Grunde liegende Vertragsschlussmodell („Policenmodell“). Ihm habe deshalb noch Ende November 2011 ein Widerspruchsrecht zugestanden, das er wirksam ausgeübt habe. Folge des ausgeübten Widerspruchsrechts sei der Wegfall des Rechtsgrundes für das Behaltendürfen der gezahlten Versicherungsprämien und der daraus gezogenen Nutzungen. Diese seien mit einer nachhaltig erzielten Verzinsung von 7 % p. a. anzunehmen. |
|
| Wegen des Parteivorbringens im ersten Rechtszug im Einzelnen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen. |
|
| Das Landgericht wies die Klage nach Beweiserhebung durch Vernehmung der Zeugin … ab, maßgeblich mit der Begründung, der Versicherungsvertrag sei wirksam zu Stande gekommen. Der Kläger habe das ihm zustehende Widerspruchsrecht nicht fristgemäß ausgeübt. Ein Widerrufs- oder Anfechtungsrecht habe ihm nicht zugestanden. Wegen der getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts und seiner rechtlichen Erwägungen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen. |
|
| Unter Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen verfolgt die Kläger mit ihrer Berufung ihr erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter. |
|
| Sie greift das Urteil wie folgt an: |
|
| Das Landgericht habe verkannt, dass der Vertragsschlussmechanismus, wie ihn § 5 a VVG a. F. nach dem sog. Policenmodell vorgesehen habe, gegen EU-Recht verstoße. Dies gelte erst Recht für die Regelung in § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a. F. für die einjährige Ausschlussfrist, nach deren Ablauf ein Widerspruchsrecht erlöschen solle. Dem Kläger habe deshalb ein immerwährendes Widerspruchsrecht zugestanden, durch dessen Ausübung der Vertragsschluss nicht wirksam geworden sei. Die Beklagte schulde deshalb Rückabwicklung der erbrachten Prämienzahlungen und deren Verzinsung. |
|
| Im Übrigen sei die Widerspruchsfrist gem. § 5 a VVG a. F. bereits deshalb nicht angelaufen, weil die Belehrung über dieses Recht fehlerhaft und unwirksam sei. Sie sei weder im Versicherungsschein noch den Allgemeinen Versicherungsbedingungen, sondern im Begleitschreiben zum Versicherungsschein erteilt, dort jedoch weder drucktechnisch noch gestalterisch ausreichend hervorgehoben worden. Im Übrigen sei dem Kläger die Verbraucherinformation gem. § 10 a VAG nicht überlassen worden. Hierauf hätte das Landgericht seine Beweiserhebung ausdehnen müssen. |
|
| Zur Frage der Vereinbarkeit des § 5 a VVG a. F. mit europäischem Gemeinschaftsrecht habe sich das Landgericht keine eigene Meinung gebildet, sondern lediglich die Rechtsprechung des OLG Stuttgart unkritisch übernommen. Dies stelle eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör dar. |
|
| Am Verstoß des deutschen Policenmodells gegen europarechtliche Vorschriften könne es keinen Zweifel geben, wie die Ausführungen der Europäischen Kommission in einem Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2006 und die Stellungnahme der Generalanwältin im aktuell laufenden, vom Bundesgerichtshof veranlassten Vorabentscheidungsverfahren des EuGH zeige. |
|
| Innerhalb der Hilfsanträge sei die Problematik der unberechtigt einbehaltenen Stornoabzüge thematisiert. |
|
|
|
| 1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 6.5.2013, Az.: 16 O 417/12, zugestellt am 28.5.2013, verurteilt, an den Kläger 8.802,38 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 1.12.2011 zu bezahlen; |
|
| 2. Weiterhin wird die Beklagte unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils verurteilt, an den Kläger den nicht anrechenbaren Teil der vorgerichtlichen Anwaltsgebühren in Höhe von 691,69 EUR zuzüglich Zinsen über dem jeweils Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen. |
|
|
|
| die Berufung des Klägers zurückzuweisen. |
|
| Unter Bezugnahme auf ihr gesamtes Vorbringen im ersten Rechtszug verteidigt die Beklagte das landgerichtliche Urteil. |
|
| Ergänzend führt die Beklagte aus, dass selbst im Falle der Unvereinbarkeit von § 5 a VVG a. F. mit europäischem Gemeinschaftsrecht eine richtlinienkonforme Auslegung dieser Vorschrift angesichts ihres klaren Wortlautes nicht möglich sei. |
|
| Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat richtig entschieden. |
|
| 1. Die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts sind für den Senat bindend und daher gem. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO der vorliegenden Entscheidung zu Grunde zu legen. |
|
| 1.1 Die Berufung greift die Feststellung des Landgerichts, dass dem Kläger mit dem Versicherungsschein auch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen übermittelt worden seien, ausdrücklich nicht an (vgl. Berufungsbegründung S. 2 letzter Absatz). Der Kläger rügt vielmehr die Unvollständigkeit der getroffenen tatsächlichen Feststellungen, weil das Landgericht die Beweisaufnahme nicht auf die Frage ausgedehnt habe, ob dem Kläger auch die Verbraucherinformation gem. § 10 a VAG zugegangen sei. Im ersten Rechtszug hat der Kläger jedoch lediglich bestritten, dass ihm die Versicherungsbedingungen nicht zugegangen seien (vgl. S. 5, Absatz 3 der Klageschrift); die Verbraucherinformation war hingegen nie ein Streitpunkt. Zutreffend hat das Landgericht im Tatbestand des angefochtenen Urteils deshalb auch nur die Allgemeinen Versicherungsbedingungen als Streitpunkt dargestellt, nicht jedoch die Verbraucherinformation erwähnt. Folgerichtig hat es die Beweisaufnahme auch nur auf die im Streit stehende Frage gerichtet, ob dem Kläger die Allgemeinen Versicherungsbedingungen zugegangen seien. Anlass, die Übermittlung der Verbraucherinformation im Rahmen der Beweisaufnahme zu klären, bestand demzufolge nicht. Auch hat weder der Kläger noch sein Prozessbevollmächtigter die Gelegenheit genutzt, im Rahmen der erstinstanzlichen Beweisaufnahme diesen Punkt - erstmals – zu thematisieren und durch Fragen an die Zeugin … zu klären. Von einer Unvollständigkeit der tatsächlichen Feststellungen oder gar einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann daher keine Rede sein. |
|
| 1.2 Im Übrigen ergeben sich auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Verbraucherinformation dem Kläger tatsächlich nicht zugegangen ist. Sie ist im Anschreiben der Beklagten vom 5.5.2003 (Anlage K 1 nach Bl. 21 d. A.), mit dem diese den Versicherungsschein übersandte, ausdrücklich neben den Allgemeinen Versicherungsbedingungen als beigefügte Anlage genannt. Das von der Zeugin … beschriebene automatisierte Postabfertigungs- und Versandsystem bietet auch hinreichende Gewähr dafür, dass alle im Anschreiben genannten Unterlagen tatsächlich beigefügt waren. |
|
| 1.3 Soweit der Kläger in der Berufung erstmals den Zugang der Verbraucherinformation bestreitet, ist dies bereits nach §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO unbeachtlich, da dieser Angriff bereits in erster Instanz möglich gewesen wäre und offensichtlich nur aus Nachlässigkeit nicht erfolgt ist. |
|
| 2. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen hat das Landgericht das Recht richtig angewandt. Der Kläger kann nämlich aus seiner am 29.11.2011 abgegebenen Widerspruchs-, Widerrufs- und Anfechtungserklärung keine Ansprüche herleiten, auf die sich sein Berufungsantrag Ziffer 1 stützen könnte. |
|
| 2.1 Bei dem abgeschlossenen Versicherungsvertrag handelt es sich um einen Altvertrag gem. Art. 1 Abs. 1 EGVVG, auf den das Versicherungsvertragsgesetz in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung anzuwenden ist. Gemäß § 5 a Abs. 1 Satz 1 VVG in der am 29.07.1994 in Kraft getretenen Gesetzesfassung galt für den Fall, dass der Versicherer dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergeben oder eine Verbraucherinformation nach § 10 a VAG a. F. nicht überlassen hatte, der Vertrag nach dem sogenannten Policenmodell auf der Grundlage des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformation als geschlossen, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb von 14 Tagen nach Überlassung der Unterlagen in Textform widersprach (die 30-Tage-Frist gem. § 5 a Abs. 2 S. 2 VVG in der zuletzt geltenden Fassung galt für den vorliegenden Fall noch nicht, weil diese besondere Widerspruchsfrist für Lebensversicherungsverträge erst durch Art. 6 des Gesetzes vom 2.12.2004 normiert wurde; im Folgenden ist deshalb stets die Gesetzesfassung vor dem 2.12.2004 in Bezug genommen). |
|
| 2.2 Die Widerspruchsfrist ist auch gem. § 5 a Abs. 2 S. 1 VVG a. F. in Gang gesetzt worden. |
|
| 2.2.1 Die Widerspruchsbelehrung leidet nicht an formellen Unzulänglichkeiten. Gesetzlich gefordert ist gem. § 5 a Abs. 2 S. 1 VVG a. F. lediglich eine „drucktechnisch deutliche Form“ der Widerspruchsbelehrung. Die von der Beklagten gewählte Form eines eigenständigen, durch Kursivdruck hervorgehobenen Absatzes am Ende des einseitigen Anschreibens vom 5.5.2003 (entsprechend dem als Anlage B 2 = Bl. 73 d. A. vorgelegten Muster), mit dem die Beklagte den Versicherungsschein und die erforderlichen Unterlagen dem Kläger übermittelt hat, genügt diesen gesetzlichen Anforderungen. Der Kursivdruck reicht aus, um den Blick des Lesers gezielt auf diese Textpassage zu lenken. Auch ist durch die Aufnahme der Belehrung in das Anschreiben sichergestellt, dass sie nicht im Konvolut von Versicherungsschein, Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformation „untergeht“. |
|
| Diese Umstände unterscheiden den vorliegenden Fall von dem, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28.1.2004 im Verfahren IV ZR 58/03 zu Grunde lag. Dort war die Widerspruchsbelehrung nämlich inmitten eines 8-seitigen Konvoluts eingegliedert, wo sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer leicht und nachvollziehbar übersehen konnte. |
|
| 2.2.2 Die Widerspruchsbelehrung ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. |
|
| 2.2.2.1 Gem. § 5 a Abs. 2 S. 1 VVG a. F. ist die Angabe, an welche Anschrift der Widerspruch zu richten sei, nicht erforderlich. Die Entscheidung BGH NJW 2012, 1065 f (Urteil vom 25.1.2012, VIII ZR 95/11) ist nicht einschlägig. Diese bezieht sich auf ein Widerrufsrecht gem. § 312 d BGB i. V. m. § 355 BGB. Die dort genannten inhaltlichen Vorgaben für den Belehrungsinhalt betreffen jedoch nur Widerrufsrechte, die gem. § 355 BGB eingeräumt werden (vgl. § 355 Abs. 1 BGB). Beim Widerspruchsrecht gem. § 5 a Abs. 1 VVG a. F. handelt es sich nicht um ein Widerrufsrecht i. S. v. § 355 BGB, so dass dessen Grundsätze weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden sind. |
|
| Im Übrigen hat der Bundesgerichtshof im Verfahren IV ZR 58/03 den Umstand, dass auch in jenem Fall der Widerspruchsadressat nicht benannt und keine „ladungsfähige“ Anschrift mitgeteilt war, unbeanstandet gelassen. |
|
| 2.2.2.2 Auch die Rüge des Klägers, die Belehrung bezeichne die Rechtsfolge des Widerspruchs nicht, geht fehl. Solche Anforderungen normiert § 5 a Abs. 2 S. 1 VVG a. F. zum einen nicht, zum anderen entbehrt der Vorwurf bei Lichte betrachtet jeder Grundlage. Nach dem Vertragsschlussmodell des § 5 a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a. F. kommt der Vertrag nämlich nicht bereits mit der Abgabe der beiderseitigen Willenserklärungen zustande. Vielmehr entsteht hierdurch zunächst ein Schwebezustand, der entweder durch den fristgerechten Widerspruch oder durch den fruchtlosen Ablauf der Widerspruchsfrist beendet wird. Die Widerspruchsbelehrung klärt ausdrücklich über den letztgenannten Fall auf und bezeichnet die dann eintretende Rechtsfolge, nämlich die Rechtswirksamkeit des Vertrags. Für jeden durchschnittlichen Versicherungsnehmer liegt der Umkehrschluss offensichtlich auf der Hand, dass nämlich die fristgerechte Erklärung des Widerspruchs die Rechtswirksamkeit des Vertrags hindert. Mehr braucht die Belehrung nicht zu leisten. |
|
| 2.3 Aus alledem ergibt sich, dass der Versicherungsvertrag als Folge der fruchtlos abgelaufenen Widerspruchsfrist im letzten Drittel des Monats Mai 2003 nach Maßgabe des § 5 a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a. F. wirksam zu Stande gekommen ist; der Vertragsschluss vollzog sich hingegen nicht nach der Regelung des § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a. F. |
|
| 2.4 Der nach längst abgelaufener Widerspruchsfrist am 29.11.2011 erklärte Widerspruch des Klägers konnte demnach keine Rechtswirkungen entfalten. Den Prämienzahlungen des Klägers mangelt es somit nicht am erforderlichen Rechtsgrund. |
|
| 2.5. Der Senat hält das in § 5 a Abs. 1 VVG normierte Policenmodell für europarechtskonform. |
|
| 2.5.1 § 5 a VVG setzt weder Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 92/96 EWG des Rates vom 10. November 1992 noch Art. 36 Abs. 1 der ablösenden Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 fehlerhaft um. Die genannten Richtlinien-Bestimmungen haben folgenden Wortlaut: "Vor Abschluss des Versicherungsvertrages sind dem Versicherungsnehmer mindestens die in Anhang II Buchstabe A aufgeführten Angaben mitzuteilen" bzw. "Vor Abschluss des Versicherungsvertrages sind dem Versicherungsnehmer mindestens die in Anhang III Buchstabe A aufgeführten Angaben mitzuteilen". Hiergegen verstößt § 5 a Abs. 1 VVG a. F. nicht. |
|
| Gem. § 5 a Abs. 1 S. 1 VVG a. F. ist der Vertrag bis zum Ablauf einer 14-tägigen Widerspruchsfrist nach vollständiger Überlassung des Versicherungsscheins und der näher bezeichneten Unterlagen sowie der Belehrung über das Widerspruchsrecht schwebend unwirksam. Damit ist gewährleistet, dass die vertragliche Bindung des Versicherungsnehmers erst eintritt, nachdem ihm die erforderliche Verbraucherinformation vorgelegen hat. Die Zielsetzung der genannten Richtlinien-Bestimmungen ist damit erreicht. |
|
| 2.5.2 Im Übrigen machen die genannten Richtlinien keine Vorgaben für das Versicherungsvertragsrecht, sondern bezwecken ausdrücklich die Harmonisierung der Versicherungsaufsicht. |
|
| 2.5.2.1 So lauten die Erwägungsgründe in Nrn. 5 und 19 zu Artikel 31 und Anhang II. A. der Richtlinie 92/96/EWG: |
|
| „(5) Der gewählte Ansatz besteht in einer wesentlichen, notwendigen und ausreichenden Harmonisierung, um zu einer gegenseitigen Anerkennung der Zulassungen und der Aufsichtssysteme zu gelangen, die die Erteilung einer einheitlichen, innerhalb der ganzen Gemeinschaft gültigen Zulassung sowie die Anwendung des Grundsatzes der Aufsicht durch den Herkunftsmitgliedstaat erlaubt. |
|
| (19) Die Harmonisierung des für den Versicherungsvertrag geltenden Rechts ist keine Vorbedingung für die Verwirklichung des Binnenmarkts im Versicherungssektor. Die den Mitgliedstaaten belassene Möglichkeit, die Anwendung ihres eigenen Rechts für Versicherungsverträge vorzuschreiben, bei denen die Versicherungsunternehmen Verpflichtungen in ihrem Hoheitsgebiet eingehen, stellt deshalb eine hinreichende Sicherung für die Versicherungsnehmer dar.“ |
|
| Die Erwägungsgründe Nrn. 2 und 44 zu Artikel 36 Abs. 1 der Richtlinie 2002/83/EG bestimmen: |
|
| „(2) Zur Erleichterung der Aufnahme und der Ausübung der Tätigkeiten der Lebensversicherung sind gewisse Unterschiede zwischen dem Aufsichtsrecht der verschiedenen Mitgliedstaaten zu beseitigen, wobei ein angemessener Schutz der Versicherten und der Begünstigten in allen Mitgliedstaaten gewahrt bleiben muss. Zu diesem Zweck sind insbesondere die Vorschriften über die an Lebensversicherungsunternehmen gestellten finanziellen Anforderungen zu koordinieren. |
|
| (44) Die in den Mitgliedstaaten geltenden Vorschriften des Vertragsrechts für die in dieser Richtlinie genannten Tätigkeiten sind unterschiedlich. Die Harmonisierung des für den Versicherungsvertrag geltenden Rechts ist keine Vorbedingung für die Verwirklichung des Binnenmarkts im Versicherungssektor. Die den Mitgliedstaaten belassene Möglichkeit, die Anwendung ihres eigenen Rechts für Versicherungsverträge vorzuschreiben, bei denen die Versicherungsunternehmen Verpflichtungen in ihrem Hoheitsgebiet eingehen, stellt deshalb eine hinreichende Sicherung für die Versicherungsnehmer dar. Die Freiheit der Wahl eines anderen Vertragsrechts als das des Staates der Verpflichtung kann in bestimmten Fällen nach Regeln gewährt werden, in denen die spezifischen Umstände berücksichtigt werden.“ |
|
| 2.5.2.2 Eine andere Zielrichtung ist auch nicht dem Erwägungsgrund Nr. 52 der Richtlinie 2002/83/EG zu entnehmen, den die Kommission der Europäischen Gemeinschaften betreffend eines Beschwerdeverfahrens in dem Aufforderungsschreiben an die Bundesrepublik Deutschland vom 04.04.2006, AZ. 2005/5046K(2006)1309, als Grund für einen möglichen Verstoß des Policenmodells gegen Artikel 36 Abs. 1 der Richtlinie 2002/83/EG heranzog (vgl. auch die schriftliche Stellungnahme der Kommission vom 12.10.2006, AZ.: 2005/5046K(2006)4688): |
|
| „(52) Im Rahmen eines Versicherungsbinnenmarkts wird dem Verbraucher eine größere und weiter gefächerte Auswahl von Verträgen zur Verfügung stehen. Um diese Vielfalt und den verstärkten Wettbewerb voll zu nutzen, muss er im Besitz der notwendigen Informationen sein, um den seinen Bedürfnissen am ehesten entsprechenden Vertrag auszuwählen. Da die Dauer der Verpflichtungen sehr lang sein kann, ist diese Information für den Verbraucher noch wichtiger. Folglich sind die Mindestvorschriften zu koordinieren, damit er klare und genaue Angaben über die wesentlichen Merkmale der ihm angebotenen Produkte und über die Stellen erhält, an die etwaige Beschwerden der Versicherungsnehmer, Versicherten oder Begünstigten des Vertrages zu richten sind.“ |
|
| Diese Erklärung ist vielmehr im Zusammenhang mit dem Inhalt des Erwägungsgrundes Nr. 2 zu deuten, so dass sich die Mindestvorschriften ausschließlich auf das unterschiedliche Aufsichtsrecht der verschiedenen Mitgliedstaaten beziehen. |
|
| 2.5.2.3 Den Vorgaben für die Regelung der Versicherungsaufsicht hat der Gesetzgeber durch die Umsetzung in § 10 a VAG a. F. Genüge getan. |
|
| 2.5.2.4 Damit trifft § 5 a VVG a. F. von vornherein keine Regelungen für die Geltungsbereiche, auf die die genannten Richtlinien abzielen und es besteht kein Bedürfnis, das Normverständnis des § 5 a VVG an dasjenige der in Rede stehenden Richtlinien-Bestimmungen anzupassen. |
|
| 2.5.3 Auch ein Verstoß gegen Artt. 31 Abs. 1, 43 Abs. 2 der Richtlinie 92/49/EWG des Rates vom 18.06.1992 (Dritte Schadenversicherungsrichtlinie) liegt nicht vor. |
|
| 2.5.3.1 Die genannten Regelungen haben folgenden Wortlaut: |
|
|
|
| (1) Vor Abschluss eines Versicherungsvertrags sind dem Versicherungsnehmer folgende Informationen zur Verfügung zu stellen: |
|
| - auf den Vertrag anwendbares Recht für den Fall, dass die Parteien keine Wahlfreiheit haben, oder, wenn die Parteien das anwendbare Recht frei wählen können, das von dem Versicherungsunternehmen vorgeschlagene Recht; - Bestimmungen zur Bearbeitung von den Vertrag betreffenden Beschwerden der Versicherungsnehmer, gegebenenfalls einschließlich des Hinweises auf eine Beschwerdestelle; dies gilt unbeschadet der Möglichkeit für den Versicherungsnehmer, den Rechtsweg zu beschreiten. |
|
|
|
| ... (2) Wird eine Versicherung im Rahmen der Niederlassungsfreiheit oder der Dienstleistungsfreiheit angeboten, so ist dem Versicherungsnehmer, bevor irgendeine Verpflichtung eingegangen wird, der Mitgliedstaat des Sitzes und gegebenenfalls der Zweigniederlassung, mit dem bzw. der der Vertrag geschlossen wird, mitzuteilen.“ |
|
| 2.5.3.2 Diese Richtlinie betrifft nach Artikel 2 Abs. 1 Richtlinie 92/49/EWG i. V. m. Artikel 1 der Richtlinie 73/239 EWB die Aufnahme und Ausübung der selbständigen Tätigkeit der Direktversicherung durch Versicherungsunternehmen, die in einem Mitgliedstaat niedergelassen sind oder sich dort niederzulassen wünschen, aber ausdrücklich nicht die Lebensversicherung. Im Übrigen ist auch § 10 a VAG a. F. dieser Vorgabe nachgekommen. |
|
| 2.5.4 Die Richtlinie 93/13/EWG vom 05.04.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen sieht unter anderem vor, dass der Verbraucher die Möglichkeit haben muss, von allen Vertragsklauseln Kenntnis zu nehmen. Durch die Möglichkeit des Widerspruchs bewirkt das Policenmodell entsprechend der Zielsetzung der Richtlinie einen wirksamen und ausreichenden Schutz vor Überrumpelung des Verbrauchers mit unangemessenen Klauseln. |
|
| 2.5.5 Die europarechtliche Unbedenklichkeit des Policenmodells kann auch nicht durch die Stellungnahme der Europäischen Kommission im Vertragsverletzungsverfahren 2005/5046 in Zweifel gezogen werden. Ersichtlich hat die Kommission den Vertragsschlussmechanismus nach den Regelungen des § 5 a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a. F. verkannt. Erst aufgrund der Stellungnahme des deutschen Ministeriums der Justiz vom 4.4.2006 [K ( 2006), 1309, S. 4 f] hat die Kommission die Rechtslage des nationalen deutschen Rechts richtig erfasst. Sie hat die zunächst erhobenen Bedenken anschließend fallen gelassen und stattdessen bemängelt, dass das nationale deutsche Recht dem Verbraucher eine „Widerspruchslast“ aufbürde. Dass diese Erwägung keine Substanz hat, liegt auf der Hand. Zahlreiche gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften sehen die Verwirklichung des Verbraucherschutzes durch Gewährung von Widerrufsrechten vor, so dass der Verbraucher die „Widerrufslast“ tragen muss. Obwohl das Widerspruchsrecht gem. § 5 a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a. F. dogmatisch anders einzuordnen ist als ein Widerrufsrecht, ergibt sich hieraus kein Unterschied in der Belastung des Verbrauchers, ein ihm eingeräumtes Erklärungs-/Gestaltungsrecht ausüben zu müssen, um in den Genuss des rechtspolitisch verfolgten Schutzes zu gelangen. |
|
| Es hat daher eine gewisse Konsequenz, dass die Kommission das Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland nicht fortgeführt hat, obwohl in den nachfolgenden 1 1/2 Jahren bis zum Inkrafttreten des neuen VVG noch zahllose weitere Versicherungsverträge nach dem angeblich beanstandungswürdigen Policenmodell abgeschlossen wurden. |
|
| 2.5.6 Auch die Erwägungen der Generalanwältin vom 11.7.2013 im Vorabentscheidungsverfahren RS-209/12 des Europäischen Gerichtshofs über die Vorlage des Bundesgerichtshofs im Verfahren IV ZR 76/11 begründen keine Zweifel an der europarechtlichen Konformität des Policenmodells. |
|
| Die Generalanwältin hat im Kern beanstandet, dass die nationale deutsche Regelung in § 5 a VVG a. F. den Verbraucherschutz zeitlich vor dem Vertragsabschluss zu gewährleisten versuche, während das Gemeinschaftsrecht einen wirksamen Verbraucherschutz durch die Einräumung eines dem Vertragsabschluss zeitlich nachfolgenden Widerrufsrecht verlange. Ihre Ausführungen zu Rn. 63 ihrer Stellungnahme ist eine rein formale Argumentation. Sie begründet nicht, weshalb ein dem Vertragsabschluss nachgelagerter Schutzmechanismus den Verbraucher besser schützen soll, als ein zeitlich vorverlagerter Mechanismus, der bereits das wirksame Zustandekommen eines Vertrages zu verhindern vermag. Wie oben dargestellt, sollte kein nationaler Gesetzgeber durch das Gemeinschaftsrecht gehindert werden, den Vertragsschlussmechanismus national eigenständig zu regeln. Bedenken gegen das Policenmodell können somit mit einer lediglich formalen Begründung aus dem Gemeinschaftsrecht nicht abgeleitet werden. Das Gemeinschaftsrecht erfordert neben dem Verbraucherschutz, wie er wirksam durch die Einräumung eines Widerspruchsrechts gestaltet wird, keinen weiteren Schutzmechanismus und keine Einräumung eines dem Vertragsschluss nachgelagerten Widerrufsrechts. |
|
| 2.5.7 Der Senat hält daher an seiner bisherigen, in zahllosen Parallelfällen dargelegten und veröffentlichten Auffassung fest, dass es an der Vereinbarkeit des Policenmodells mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht keinen Zweifel geben kann. Er sieht sich hierin in der bisher in Erscheinung getretenen Haltung des Bundesgerichtshofs bestätigt. Dessen Vorlageentscheidung vom 28.3.2012 im Verfahren IV ZR 76/11 an den Europäischen Gerichtshof bezieht sich ausdrücklich nur auf die Frage, ob § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a. F. mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar sei oder nicht. Die Vereinbarkeit der Regelungen in § 5 a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a. F. mit EU-Recht hingegen zieht der Bundesgerichtshof nicht in Zweifel. Der Senat nimmt jedoch zur Kenntnis, dass ein solcher Zweifel nunmehr von der Generalanwältin ernstlich geltend gemacht wird. Im Hinblick auf Art. 267 AEUV ist die Zulassung der Revision bei einem ansonsten nicht dem Revisionsverfahren zugänglichen Verfahrensstreitwert die Konsequenz. |
|
| 2.6 Ob europarechtliche Bedenken bezüglich der zeitlichen Befristung des Widerrufsrechts nach § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a. F. bestehen, kann für die Entscheidung des vorliegenden Falles dahinstehen, da nach Übersendung aller erforderlichen Unterlagen nach dem sog. Policenmodell die Wirksamkeit des Vertrags sich nicht auf diese Vorschrift stützt. |
|
| 2.7 Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rückgewähr der gezahlten Prämien im Rahmen eines Rückgewährschuldverhältnisses, weil er auch den „Widerruf nach § 8 VVG“ a. F. erklärte. Mit Rücksicht auf die Regelungen in § 8 Abs. 4, 5 VVG a. F. kann dabei nur das Rücktrittsrecht nach Absatz 5 jener Vorschrift gemeint sein. Ein solches Rücktrittsrecht besteht jedoch mit Rücksicht auf das Widerspruchsrecht nach § 5 a VVG a. F. nicht, wie § 8 Abs. 6 VVG a. F. ausdrücklich klarstellt. Im Übrigen wäre selbst ein gemäß § 8 Abs. 5 S. 1 VVG bestehendes Rücktrittsrecht zu spät ausgeübt worden, denn ein solches Rücktrittsrecht erlischt auch im Falle unterlassener Belehrung mit Ablauf eines Monats nach Zahlung der Erstprämie. |
|
| 2.8 Dem Kläger stehen weiter keine Ansprüche aus dem Grund zu, dass er seine auf den Abschluss des Versicherungsvertrags gerichtete Willenserklärung angefochten hat. Gründe, die ihn zur Anfechtung berechtigen könnten, hat er weder dargelegt, noch sind solche sonst ersichtlich. Seine Anfechtungserklärung geht deshalb ins Leere. |
|
| 3. Die Ausführungen des Klägers zu angeblichen Hilfsanträgen gehen ins Leere. Der Kläger hat solche Hilfsanträge weder im ersten noch im zweiten Rechtszug gestellt oder auch nur angekündigt. Ausführungen hierzu beruhen offensichtlich auf einem Kopierversehen beim Heranziehen von Schriftsätzen für andere, ähnlich gelagerte Fälle. |
|
|
|
| 5. Die Revision wird zugelassen, um die Überprüfung der Rechtsauffassung des Senats zu den europarechtlichen Fragestellungen zu ermöglichen. |
|