Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 23. Okt. 2014 - 7 U 256/13

published on 23/10/2014 00:00
Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 23. Okt. 2014 - 7 U 256/13
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Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart - 18 O 321/13 - vom 27.11.2013 wird

z u r ü c k g e w i e s e n .

2. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert für beide Instanzen: bis 20.10.2014: 15.298,45 EUR

danach: 8.798,45 EUR

Gründe

 
I.
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts Stuttgart, mit dem ihre Klage auf Rückzahlung von geleisteten Versicherungsbeiträgen nebst entgangener Zinsen, Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten und einer Stufenklage auf Auskunft sowie etwaiger Rückzahlung eines weitergehenden Rückkaufswerts abgewiesen wurde.
Die Klägerin schloss bei der Beklagten eine Rentenversicherung für den Erlebensfall bis 01.10.2029 ab (Anlage K 1, Bl. 23 ff.: Versicherungsschein vom 04.10.2002). Sie kündigte den Versicherungsvertrag zum 01.12.2012, woraufhin die Beklagte mit Schreiben vom 10.12.2012 (Anlage K 2, Bl. 41) abrechnete und einen Rückkaufswert (einschließlich Überschussbeteiligung) in Höhe von 27.036,92 EUR, unter Anrechnung eines Policendarlehens u. a., auskehrte.
Mit Schreiben vom 23.05.2013 (Anlage K 4, Bl. 46 ff.) erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten den Widerspruch gem. § 5 a VVG a.F.
Die Klägerin hat im Zeitraum zwischen dem 01.07.2002 und 01.11.2012 Prämien in der Gesamthöhe von 24.593,80 EUR an die Beklagte geleistet.
Die Klägerin hat im ersten Rechtszug behauptet, die Widerspruchsbelehrung sei nicht ordnungsgemäß erfolgt, weil die Gestaltung nicht den Anforderungen für eine drucktechnische Hervorhebung genüge. Die Widerspruchsbelehrung kläre zudem über den Widerspruchsadressaten nicht ausreichend auf. Das Policenmodell gem. § 5 a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a.F. sei insgesamt europarechtswidrig.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge teilweise weiter. Die Klägerin macht mit der Berufung geltend, dass § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. europarechtswidrig sei und die Belehrung hinsichtlich des Widerspruchsrechts zu § 5 a VVG a.F. drucktechnisch nicht ausreichend hervorgehoben worden sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die klägerische Partei einen Betrag in Höhe von 7.798,45 EUR zu bezahlen, zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
10 
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die klägerische Partei außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 797,30 EUR zu bezahlen, zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
11 
3. Die Beklagte wird verurteilt, die klägerische Partei von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 928,20 EUR freizustellen, die die Rechtsanwaltskanzlei, St. Straße 19, … B. gegenüber der klägerischen Partei hat, die aufgrund der außergerichtlichen Rechtsanwaltstätigkeit in Bezug auf die streitgegenständlichen Forderungen entstanden sind.
12 
Hilfsweise wird beantragt:
13 
4. Die Beklagte wird verurteilt der klägerischen Partei Auskunft über den zum Zeitpunkt der Kündigung bestehenden Rückkaufswert ohne Abzug von Stornokosten und Verrechnung von Abschlusskosten zum Vertrag mit der Versicherungsnummer ...343 zu erteilen, hilfsweise, dem Kläger zum Vertrag mit der Versicherungsnummer ...343 Auskunft zu erteilen über die Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals.
14 
5. Die Beklagte wird verurteilt, an die klägerische Partei einen weitergehenden Rückkaufswert in einer Nacherteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe (Mindestrückkaufswert) zzgl. Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
15 
Höchst hilfsweise wird beantragt:
16 
6. Hilfsweise zum Klageantrag Ziffer 1 wird die Beklagte dazu verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 7.593,78 EUR zu bezahlen zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
17 
Die Beklagte beantragt:
18 
Die Berufung wird zurückgewiesen.
19 
Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil. Auf die Frage einer etwaigen Europarechtswidrigkeit von § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. komme es nicht an, weil der Vertragsschluss im Rahmen des sog. „Policenmodells“ gem. § 5 a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a.F. zu Stande gekommen sei. Ein Bereicherungsanspruch gem. § 812 BGB bestehe nicht. Die Klägerin sei in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht ausreichend belehrt worden. Der von der Beklagten verwendete Policenbegleitbrief vom 04.10.2002 (Anlage K 1, Bl. 29) sei, wie alle Policenbegleitbriefe 2002, ohne jede Ausnahme so gestaltet gewesen (Kursivdruck), dass von einer ausreichenden drucktechnischen Hervorhebung auszugehen sei. Andere individuelle Gestaltungen von Policenbegleitbriefen habe es bei der Beklagten 2002 deshalb nicht gegeben, weil Abweichungen für die Sachbearbeiter schon technisch nicht möglich gewesen seien. Die Belehrung sei wie in dem vorgelegten Muster (Anlage B 1, Bl. 55) gestaltet gewesen. Sie habe sich auf einem nur einseitigen Schreiben befunden, wie es sich aus den vorgelegten Anlagen ergebe (Anlage K 1 und B 1, Bl. 29, 55).
20 
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin B-F (Protokoll vom 20.10.2014).
II.
21 
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
22 
Das Landgericht hat die Klage auf Rückzahlung von weiteren 14.298,45 EUR nebst Nebenforderungen aus der gekündigten Kapitallebensversicherung und die hilfsweise geltend gemachte Stufenklage (Auskunft und Zahlung) zu Recht abgewiesen. Insbesondere war die Belehrung der Beklagten zum Widerspruch hinsichtlich § 5 a Abs. 1 VVG a.F. („Policenmodell“) drucktechnisch ausreichend hervorgehoben.
23 
Der Senat geht in Übereinstimmung mit der Klägerin davon aus, dass der Vertrag nach dem sog. „Policenmodell“ zustande gekommen ist. Anwendbar ist § 5 a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a.F. und die Ausführungen zu § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. sind nicht maßgeblich.
24 
1. Die Klägerin hat keinen mit der Teilberufung geltend gemachten Anspruch gegen die Beklagte auf Herausgabe der Beiträge in Höhe von weiteren 7.798,45 EUR nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB sowie auf Nutzungsersatz nach § 818 Abs. 1 Alt. 1 BGB, weil sie dem Versicherungsvertrag wirksam gem. § 5 a Abs. 1 VVG a.F. widersprochen und aus diesem Grund die Beiträge ohne rechtlichen Grund gezahlt hätte.
25 
a) Die Klägerin hat kein Widerspruchsrecht gem. § 5 a Abs. 1 VVG a.F. für den Versicherungsvertrag aus dem Jahr 2002, weil ihr unstreitig (LGU S. 3) alle erforderlichen Unterlagen samt Widerspruchsbelehrung mit dem Versicherungsschein vollständig übersandt worden sind, § 314 S. 1 ZPO.
26 
Der Fristbeginn ist weder unzutreffend bezeichnet, weil der Fristlauf ab Zugang des Schreibens ausreichend ist, noch kann die Klägerin Rechte herleiten, weil die Belehrung drucktechnisch nicht ausreichend gewesen sei. Die Belehrung in dem Versicherungsübersendungsschreiben vom 04.10.2002 (Anlage K 1, Bl. 29 und Anlage B 1, Bl. 55) war ausreichend. Die in Kursivdruck gehaltene Widerspruchsbelehrung war in der optischen Gestaltung ausreichend (Anlage K 1, Bl. 29 mit Original-Muster in der Anlage B 1, Bl. 55).
27 
Entgegen der Auffassung der Berufung ist es eine Frage der Umstände des Einzelfalles, ob eine Belehrung gem. § 5 a VVG a.F. optisch drucktechnisch ausreichend gestaltet war. Zwar kann auch eine inmitten eines 8-seitigen Konvoluts aus Versicherungsschein, Allgemeinen Versicherungsbedingungen, Besonderen Versicherungsbedingungen, Verbraucherinformationen und sonstigen diversen Hinweisen „versteckte“ Belehrung lediglich mit der Gestaltung in Form eines - in umfangreichen Versicherungsunterlagen auch an vielen anderen Stellen häufig verwendeten - Kursivdrucks nicht ausreichend drucktechnisch hervorgehoben sein (BGH, Urteil vom 09.01.2013 - IV ZR 197/11; BGH VersR 2004, 497 unter 3 d zu § 5 a Abs. 2 S. 1 VVG a.F.; BGH, Urteil vom 08.05.1967 - II ZR 17/65; BGHZ 48, 7, 9; OLG Karlsruhe, VersR 2010, 1448 ff.). Dieser Fall, in dem eine hervorgehobene Belehrung beim Durchblättern bei einer Vielzahl von gleichen Hervorhebungen optisch untergeht, ist mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass im Vertrag aus dem Jahr 2002 die Belehrung sofort im für einen Versicherungsnehmer zentralen Dokument, der Übersendung des Versicherungsscheins mit Policenübersendungsschreiben (Anlage K 1, Bl. 29), abgedruckt war. Das Versicherungspolicenübersendungsschreiben aus dem Jahr 2002 umfasst, neben der Versicherungspolice selbst, lediglich 1 Seite, und der einzige im Fließtext komplett durchgehende Kursivdruck wird für die Widerspruchsbelehrung verwendet. Die Widerspruchsbelehrung ist leicht sichtbar und im unteren Drittel des einseitigen Versicherungsübersendungsschreibens, das mit der Versicherungspolice jeweils versandt und verbunden war, gut aufzufinden.
28 
Die drucktechnisch gut sichtbare Belehrung im Vertrag aus dem Jahr 2002 ist mit den Entscheidungen in der Rechtsprechung nicht vergleichbar, in denen Belehrungen inmitten von 8- oder 20-seitigem Kleingedruckten (Versicherungsbedingungen, Verbraucherinformationen, sonstigen Hinweisen u.Ä.) zwar mit in den Unterlagen häufig verwendetem Sonderdruck hervorgehoben, indes durch die Platzierung oder die sonstige Gestaltung unauffällig angeordnet und versteckt wurden. Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles kann in der hier im Rechtsstreit vorgelegten Belehrung nur von einer drucktechnischen Widerspruchsbelehrung gesprochen werden, die im Vergleich zu sonstigen Widerspruchsbelehrungen ausreichend ins Auge springt. Die Widerspruchsbelehrung war somit drucktechnisch ausreichend gestaltet und auch der Fristbeginn und die aufgeworfene Frage zum Adressaten waren für einen Versicherungsnehmer ausreichend ersichtlich (vgl. auch OLG Stuttgart, Urteil vom 17.12.2012 - 7 U 194/12; LG Stuttgart, Urteil vom 15.06.2012 - 22 O 597/11).
29 
Der Senat ist nach durchgeführter Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugin B-F davon überzeugt, dass das von der Beklagten vorgelegte Policenbegleitschreiben vom 04.10.2002 (Anlage K 1 und B 1) drucktechnisch wie das Muster zum Schriftsatz vom 30.10.2013 (Anlage B 1, Bl. 55) gestaltet war, § 286 ZPO.
30 
Die Zeugin B-F hat bei ihrer Vernehmung überzeugend, widerspruchsfrei und stringent angegeben, dass der von der Beklagten verwendete Policenbegleitbrief im maßgeblichen Zeitraum im Jahr 2002 und auch später entsprechend dem Kursivdruck, wie aus der Anlage B 1 (Bl. 55) ersichtlich, einheitlich bei der Beklagten verwendet worden ist. Dies ergibt sich daraus, dass solche Schreiben EDV-technisch mit Programmen automatisch erstellt wurden. Eine andere grafische Gestaltung ist aufgrund der technischen Voreinstellungen, von welchen hinsichtlich der grafischen und drucktechnischen Hervorhebung bezüglich der Widerspruchsbelehrung durch die jeweiligen Sachbearbeiter nicht abgewichen werden konnte, nicht möglich. Die jeweiligen Sachbearbeiter konnten heute wie auch früher, insbesondere auch im Jahr 2002, keinerlei Einfluss auf die drucktechnische Hervorhebung („Layout“) nehmen. Diese verfügten weder damals noch heute über notwendige Administrativrechte für das EDV-System, um die fest vorgegebenen Textbausteine zur Widerspruchsbelehrung inhaltlich oder auch grafisch abzuändern. Andere individuelle Gestaltungen für den maßgeblichen Zeitraum habe es nicht gegeben. Die Sachbearbeiter bei der Beklagten konnten hinsichtlich des vorgegebenen Prozesses für die Widerspruchsbelehrung bei der Erstellung eines Policenübersendungsschreibens nicht eingreifen. Zudem habe es bereits im Jahr 2002 eine Qualitätssicherung bei der Beklagten gegeben, die etwa Schreiben von der automatischen Druckstraße aussortiert habe, falls der Druckvorgang aus irgendwelchen Gründen nicht ordnungsgemäß abgelaufen war. Dies habe indes lediglich Fälle betroffen, in denen das Papier auf der Druckstraße eingerissen gewesen war und der Sachbearbeiter in Einzelfällen entscheiden musste, ob ein solches Schreiben in dieser schlechten äußerlichen Form an den Versicherungskunden versendet werden konnte.
31 
Nach § 5 a Abs. 1 VVG a.F. („Policenmodell“) wurde folglich der schwebend unwirksame Vertrag mit Ablauf der Widerspruchsfrist endgültig rückwirkend wirksam. Die Klägerin hat die Widerspruchsbelehrung zu dem Lebensversicherungsvertrag, die inhaltlich ausreichend war, erhalten und versucht über eine behauptete unzureichende textliche Hervorhebung, die sich nach durchgeführter Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats nicht ergeben hat, ein „ewiges Widerspruchsrecht“ zu erlangen. Der Senat ist insbesondere nach dem persönlichen Eindruck der Zeugin der Überzeugung, dass die drucktechnische Hervorhebung für den Versicherungsvertrag der Klägerin aus dem Jahr 2002 so gestaltet war wie in dem vorgelegten Muster (Anlage B 1, Bl. 55). Die Reproduktion des klägerischen Policenübersendungsschreibens (Anlage K 1, Bl. 29) zu dem Versicherungsschein ist im nachträglichen (Reproduktions-) Ausdruck lediglich ohne drucktechnische Hervorhebung, was auf die EDV-technische und nicht originalgetreue Archivierung von Textdokumenten bei der Beklagten zurückzuführen ist.
32 
b) Kein Verstoß des sog. „Policenmodells“ gem. § 5 a Abs. 1 VVG a.F. gegen Europarecht
33 
Die Regelung des § 5 a Abs. 1 VVG a.F. ist unter Berücksichtigung des europäischen Rechts nicht zu beanstanden.
34 
Die Berufung verkennt - soweit sie Ausführungen zu § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. macht - grundlegend, dass es sich hier um keinen Fall des Anwendungsbereichs des § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. handelt, bei dem der BGH Anlass für eine Vorlage an den EuGH gesehen hat (BGH, Beschluss vom 28.03.2012 - IV ZR 76/11), sondern um einen Fall des § 5 a Abs. 1 S. 1 VVG a.F. („Policenmodell“).
35 
Ein Verstoß gegen EU-Richtlinien wurde bislang von den „Konstrukteuren“ eines „ewigen Widerspruchsrechts“ auch nur für die Fallgruppe des § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. behauptet.
36 
Auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 16.07.2014 - IV ZR 73/13) zur Vereinbarkeit des sog. Policenmodells mit Europarecht wird vollumfänglich Bezug genommen.
37 
c) Im Übrigen scheiterte die Rechtsausübung hinsichtlich eines etwaigen Anspruchs der Klägerin wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens aus Treu und Glauben, § 242 BGB.
38 
aa) Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung liegt rechtsmissbräuchliches Verhalten als Fallgruppe treuwidrigen Verhaltens gem. § 242 BGB vor, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. Eine Rechtsausübung kann unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (BGH, Urteil vom 16.07.2014 - IV ZR 73/13 Rn. 32 ff.; BGH, Urteil vom 16.07.2014 - IV ZR 88/13; BGH, Urteil vom 12.11.2008 - XII ZR 134/04, Rn. 41 - jeweils m.w.N.).
39 
bb) So liegt der Fall hier. Die Klägerin verhielt sich treuwidrig, indem sie nach ordnungsgemäßer Belehrung über die Möglichkeit, den Vertrag ohne Nachteile nicht zustande kommen zu lassen, diesen jahrelang durchführte und erst dann von der Beklagten, die auf den Bestand des Vertrags vertrauen durfte, unter Berufung auf die behauptete Unwirksamkeit des Vertrages unter anderem Rückzahlung aller Prämien verlangte.
40 
2. Die Klägerin hat auch keinen im Wege des Hilfsanspruchs und mit der Stufenklage gem. § 254 ZPO geltend gemachten Anspruch auf Auskunft und Zahlung weiterer Auszahlungsbeträge.
41 
Die Beklagte hat unstreitig bereits mehr als die Hälfte des Rückkaufswertes des auf Grundlage der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals aus dem Versicherungsvertrag bezahlt.
42 
Die Klägerin hat insgesamt Prämien in Höhe von 24.593,80 EUR während der gesamten Versicherungszeit an die Beklagte geleistet. Die Beklagte hat der Klägerin einen Rückkaufswert, einschließlich Überschussbeteiligung, in Höhe von 27.036,92 EUR gewährt. Stornokosten wurden entgegen der Auffassung der Klägerin nicht einbehalten. Ein weitergehender Auskunfts-, Rechnungslegungs- und Zahlungsanspruch, den die Klägerin hilfsweise weiterverfolgt (Hilfsanträge), besteht aus Rechtsgründen nicht.
43 
Spätestens nach Zahlung des Rückkaufswertes einschließlich Überschussbeteiligung in Höhe von 27.036,92 EUR im Jahr 2012 hat die Berufung auch bezüglich des Hilfsantrags keine Aussicht auf Erfolg. Der Klägerin steht der mit der Stufenklage verfolgte Auskunftsanspruch sowie der Anspruch auf Zahlung eines weiteren Rückkaufswertes aus folgenden Gründen nicht zu:
44 
a) Eine Stufenklage ist insgesamt abzuweisen, wenn sich bereits aus der Auskunftsstufe ergibt, dass ein Zahlungsanspruch, den die Auskunft vorbereiten sollte, nicht begründet ist (BGH, NJW 2012, 1042, Rn. 20).
45 
b) Die Klägerin trägt keine Umstände vor, die dafür sprechen, dass der Rückkaufswert von der Beklagten falsch berechnet wurde. Die Beklagte hat nach der Kündigung als Rückkaufswert mit Überschussbeteiligung auf den Versicherungsvertrag mehr als die Hälfte des ungezillmerten Deckungskapitals bezahlt, nämlich einen Rückkaufswert einschließlich Überschussbeteiligung in Höhe von 27.036,92 EUR. Die bezahlten Prämien in der gesamten Versicherungszeit haben insgesamt nur 24.593,80 EUR betragen. Die Mindestansprüche der Klägerin sind insgesamt mehr als erfüllt. Ein weitergehender Anspruch besteht deshalb nicht.
46 
3. Mangels Hauptanspruchs hat die Klägerin auch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten und Zinsen gem. §§ 280 Abs. 1 und 2, 286, 288 BGB. Die Berufung macht solche Ansprüche mit der Berufungsbegründung inhaltlich auch nicht mehr geltend.
III.
47 
1. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 S. 1 ZPO.
48 
2. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.
49 
3. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO liegen nicht vor. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern die Entscheidung des Revisionsgerichts.
50 
Die Ausführungen der Berufung in der Berufungsbegründung haben sich durch die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 16.07.2014 - IV ZR 73/13; BGH, Urteil vom 16.07.2014 - IV ZR 88/13) überholt, weil der Bundesgerichtshof zur Vereinbarkeit des sog. „Policenmodells“ mit Europarecht mittlerweile durch Urteile vom 16.07.2014 mehrmals, eingehend und abschließend entschieden hat. An der kurzzeitig vertretenen Rechtsauffassung, die Revision zur Überprüfung zu europarechtlichen Fragestellungen zum sog. Policenmodell zuzulassen (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 31.10.2013 - 7 U 129/13), hält der Senat nicht fest, weil diese Rechtsfrage durch die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 16.07.2014 entschieden wurde (BGH, Urteil vom 16.07.2014 - IV ZR 73/13; BGH, Urteil vom 16.07.2014 - IV ZR 88/13).
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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat
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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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published on 09/01/2013 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 197/11 Verkündet am: 9. Januar 2013 Heinekamp Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja VVG § 28
published on 28/03/2012 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZR 76/11 vom 28. März 2012 in dem Rechtsstreit Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Richter Wendt, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmö
published on 12/11/2008 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 134/04 Verkündet am: 12. November 2008 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
published on 16/07/2014 00:00

Tenor Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 18. Januar 2013 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
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published on 16/03/2016 00:00

Tenor 1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 25.03.2015, Az. 12 C 5534/14, wird zurückgewiesen. 2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. 3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. D
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Annotations

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, so kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, bis die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder die eidesstattliche Versicherung abgegeben ist.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.