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Die Antragsteller waren Aktionäre der Württembergische AG Versicherungs-Beteiligungsgesellschaft, die mit Verschmelzungsvertrag vom 15.07.1999 auf die Antragsgegnerin, die Wüstenrot-Beteiligungs-AG verschmolzen worden ist. Die Antragsteller sind der Ansicht, das Umtauschverhältnis sei im Verschmelzungsvertrag zu niedrig bemessen. Sie begehren deshalb im Spruchverfahren eine bare Zuzahlung.
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a) Die börsennotierte Württembergische AG Versicherungs-Beteiligungsgesellschaft (künftig: „WürttAG“) war Holdinggesellschaft eines Konzerns von Versicherungsunternehmen mit weiteren Beteiligungen an verschiedenen Kreditinstituten. Sie hatte zum Zeitpunkt der Erstellung des Verschmelzungsberichts vom 11.06.1999 (Anl. B 5, künftig: „VB“) sechs Großaktionäre mit Beteiligungen zwischen 32 % und 5 %; in Streubesitz befanden sich 13 % der Aktien.
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b) Die WürttAG gab in einer Ad-hoc-Mitteilung vom 03.11.1998 die Absicht einer Verschmelzung mit der Wüstenrot Beteiligungs-GmbH zu einem neuen Finanzdienstleistungskonzern bekannt, dessen Börseneinführung für das 4. Quartal 1999 geplant war (Anl. B 42).
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Mit Schreiben vom 13.11.1998 wurden die Gutachter der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften W. und S. von den Verschmelzungspartnern gemeinsam beauftragt, zur Ermittlung des Umtauschverhältnisses die Unternehmenswerte beider Unternehmen festzustellen und dazu ein gemeinsames Gutachten zu erstellen.
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c) Die Wüstenrot-Beteiligungs-AG (künftig: „WüBetAG“) war im März 1999 durch Formwechsel aus der Wüstenrot Beteiligungs-GmbH hervorgegangen, einer Zwischenholding mit verschiedenen Beteiligungsunternehmen der Bausparkassen- und Baufinanzierungsbranche. Ihre Alleingesellschafterin war die Wüstenrot Holding AG, deren Anteile wiederum zu 100 % von der Wüstenrot Stiftung Deutscher Eigenheimverein e.V. gehalten werden. Ebenfalls im März 1999 verkaufte die Wüstenrot Holding AG operative Beteiligungen an die WüBetAG und brachte weitere Beteiligungen ein gegen Gewährung von Gesellschafterrechten und Barausgleich. Dadurch sollte das operative Geschäft im neuen gemeinsamen Unternehmen konzentriert und ein Zusammenschluss von zwei gleichwertigen Unternehmen erreicht werden (Einzelheiten zu Zielsetzungen und Details der Übertragungen VB S. 44 und 46 f; vgl. auch S. 49).
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d) Das Bewertungsgutachten vom 08.06.1998 (Anl. B 14) stellte die Unternehmenswerte auf den vorgesehenen Tag der Hauptversammlung der WürttAG am 27.07.1999 fest; dabei wurden die zum „technischen Bewertungsstichtag“ 31.12.1998 ermittelten Werte auf den Tag der Hauptversammlung aufgezinst und auch die oben unter c) genannten Veränderungen der Beteiligungen bei der WüBetAG berücksichtigt. Das Gutachten ermittelte für beide Konzerne einen Wert von je 5.333 Mio. DM und auf dieser Grundlage unter Berücksichtigung der verschiedenen Aufteilung des Grundkapitals der beiden Unternehmen ein Umtauschverhältnis von 2:1, also eine Gewährung von 2 Aktien der Antragsgegnerin für je 1 Aktie der WürttAG.
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Dieses in den gemeinsamen Verschmelzungsbericht der Vorstände beider Unternehmen vom 11.06.1999 und den Entwurf des Verschmelzungsvertrags (VB S. 237 ff, dort § 2 Abs. 1 Satz 2) übernommene Umtauschverhältnis wurde von dem durch Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 28.01.1999 bestellten Verschmelzungsprüfer der K. am 10.06.1999 als angemessen bestätigt (Bericht des Verschmelzungsprüfers in VB S. 249 ff - Teil 3).
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e) Die Hauptversammlung der WürttAG vom 27.07.1999 stimmte bei einer Präsenz von 95,13 % des Grundkapitals mit einer Mehrheit von 98,54 % des vertretenen Grundkapitals dem Verschmelzungsvertrag zu.
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Auch die Hauptversammlung der WüBetAG stimmte dem Verschmelzungsvertrag sowie der im Hinblick auf die Verschmelzung erforderlichen Kapitalerhöhung um 225 Mio. DM auf 450 Mio. DM zu.
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f) Die Kapitalerhöhung wurde am 31.08.1999, die Verschmelzung am 01.09.1999 im Handelsregister eingetragen. Der Börsenhandel mit den Aktien der Antragsgegnerin wurde am 09.09.1999 aufgenommen.
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Der Börsenkurs der Aktien der WürttAG war seit ungefähr Mai 1997 bis zum Jahresende 1997 von (jeweils umgerechnet) ca. 60 EUR auf ca. 100 EUR gestiegen. Nach einem weiteren Anstieg am Jahresanfang 1998 bewegte er sich bis Ende September 1998 im Wesentlichen zwischen 130 und 140 EUR, um dann im Oktober 1998 zwischen ca. 121 EUR und 129 EUR zu schwanken. Am 02.11.1998 stieg der Kurs wieder auf 124,98 EUR, am 03.11.1998, dem Datum der Ad-hoc-Mitteilung (s.o. 1. b), erreichte er 138,05 EUR. Bis Anfang Januar 1999 stieg er weiter bis 147 EUR. Danach fiel der Kurs allmählich ab, bis er etwa Mitte April 1999 einen Wert von ca. 110 EUR erreichte und sich seitdem bis zur Hauptversammlung vom 27.07.1999 im Wesentlichen nur noch seitwärts bewegte (Einzelheiten in den Tabellen Anl. B 40 und B 43).
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Die Antragsteller begehren im Spruchverfahren eine bare Zuzahlung nach § 15 UmwG.
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Sie haben ihre Anträge damit begründet, dass das Umtauschverhältnis zu niedrig bemessen sei, weil die Unternehmen der Wüstenrot-Gruppe zu hoch und/oder diejenigen der Württembergischen-Gruppe zu niedrig bewertet seien. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 24.02.2000 den Rechtsanwalt zum „Vertreter der außenstehenden Aktionäre“ (künftig: „gemeinsamer Vertreter“) bestellt, der sich bereits für die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers zu 7 legitimiert hatte. Der gemeinsame Vertreter hat ausführlich zu einzelnen Aspekten der Bewertung einzelner Konzernunternehmen im Verschmelzungsbericht Stellung genommen und insbesondere die entsprechenden Angaben im Verschmelzungsbericht für erläuterungsbedürftig gehalten. Nach Eingang einer Erwiderung der Antragsgegnerin hat das Landgericht mit Beweisbeschluss vom 19.12.2000 (Bl. I 187) angeordnet, dass Beweis darüber zu erheben sei, ob das im Verschmelzungsvertrag vom 15.06.1999 vorgesehene Umtauschverhältnis unter Berücksichtigung der Unternehmenswerte angemessen sei und wie hoch andernfalls eine Zuzahlung sein müsse, um einen angemessenen Ausgleich der Unternehmenswerte darzustellen. Dem Sachverständigen wurde aufgegeben, einerseits die von den Verfahrensbeteiligten vorgebrachten Argumente und eventuell ihm auffallende Ungereimtheiten und andererseits die Verhältnismäßigkeit des Aufwands im Verhältnis zum zu erwartenden Ergebnis zu berücksichtigen. Zum Sachverständigen wurde die O. & Partner Revisions- und Beratungsgesellschaft mbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bestellt.
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Das Gutachten vom 01.08.2003 (Bl. 248) kam zum Ergebnis, dass sich der Unternehmenswert der WüBetAG auf 5.363 Mio. DM belaufe; die Bewertung der WürttAG blieb unverändert. Das anschließend wegen Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen eingegangene Ablehnungsgesuch mehrerer Antragsteller wurde vom Landgericht zurückgewiesen; die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 15.04.2004 (OLGR Stuttgart 2004, 383 = AG 2005, 304) zurückgewiesen.
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Das Landgericht hat am 17.11.2004 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der der Sachverständige O. und weitere Mitarbeiter des Büros O. Einzelheiten des Gutachtens erläutert haben (Protokoll Bl. III 423 ff). Auf Veranlassung des Gerichts hat der Sachverständige am 27.01.2005 teilweise Neuberechnungen auf der Grundlage von Umrechnungs- und Börsenkursen zum Stichtag mitgeteilt (i.E. Vermerk des Landgerichts vom 27.01.2005 mit Anl., Bl. III 439 ff).
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Das Landgericht hat mit Beschluss vom 09.02.2005 (AG 2005, 451 = DB 2005, 1160) eine bare Zuzahlung von 5,41 EUR pro Aktie der WürttAG festgesetzt. Es hat zum Stichtag 27.07.1999 für den Zeitraum von drei Monaten vor Beauftragung der Verschmelzungsgutachter am 13.11.1998 einen durchschnittlichen Börsenkurs von 257,21 DM pro Aktie der WürttAG angenommen, der höher als der anteilige Ertragswert sei und also Ausgangspunkt für die Bewertung sein müsse, weil ihn der Aktionär bei einem Verkauf der Aktie hätte erlösen können. Den Ertragswert der WürttAG hat es mit 5.293 Mio. DM, den anteiligen Ertragswert pro Aktie also mit 246,05 DM angenommen.
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Zu diesem Ertragswert hat es einen Ertragswert der WüBetAG von 5.354 Mio. DM sowie abgezinste Synergieeffekte von 87 Mio. DM addiert. Aus der Summe von 10.734 Mio. DM hat es nach Berücksichtigung von Verwässerungseffekten durch die Ausübung von Wandelrechten einen anteiligen Ertragswert der Aktie der Antragsgegnerin von 123,31 DM errechnet. Da die Aktionäre der WürttAG also für eine Aktie im (Börsen-)Wert von 257,21 DM nur zwei Aktien der Antragsgegnerin im Gesamtwert von 246,62 DM erhalten hätten, könnten Sie eine bare Zuzahlung von 10,59 DM, d.h. 5,41 EUR je Aktie der WürttAG verlangen.
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Gegen den Beschluss des Landgerichts hat zum einen die Antragsgegnerin sofortige Beschwerde eingelegt. Sie ist der Ansicht, dass der Börsenkurs des übertragenden Rechtsträgers keine Untergrenze für die Bestimmung des Umtauschverhältnisses darstelle, weil er bei Verschmelzungen konzernunabhängiger Unternehmen grundsätzlich nicht heranzuziehen sei, zumindest aber nicht, wenn nur ein Rechtsträger börsennotiert sei. Jedenfalls komme als Referenzzeitraum nur die Drei-Monats-Frist vor der Hauptversammlung in Betracht. Der hier festzustellende Durchschnittskurs liege bei ca. 110 EUR, also unter dem im Verschmelzungsbericht festgelegten anteiligen Ertragswert der WürttAG. Bei dem im Verschmelzungsvertrag festgesetzten Umtauschverhältnis auf der Grundlage zutreffend ermittelter Ertragswerte habe es zu verbleiben.
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Zum anderen haben die Antragsteller zu 5 und zu 6 Beschwerde eingelegt.
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Der Antragsteller zu 6 hat die Beschwerde damit begründet, dass auch die Antragsgegnerin nach Presseberichten ihre Beschwerde angekündigt habe.
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Der Antragsteller zu 5 ist der Ansicht, dass bei der Prognose der Kapitalanlageergebnisse oder Zinsüberschüsse der einzelnen bewerteten Unternehmen zu Unrecht auf eine aus Vergangenheitswerten abgeleitete Zinsprognose der Fa. F. abgestellt worden sei, die in Wahrheit eine Zinsspekulation sei. Er beantragt eine Neufeststellung der Unternehmenswerte auf der Basis derjenigen Zinssätze in Auftrag zu geben, die sich aus der Zinsstrukturkurve am Bewertungsstichtag ergeben. Allein dieses Vorgehen sei wissenschaftlich begründbar und mittlerweile auch auf der 86. Sitzung des Arbeitskreises Unternehmensbewertung des IDW vom 29.06.2005 empfohlen worden.
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Auch die Antragstellerin zu 8 hält in ihrer Stellungnahme eine Ableitung künftiger Zinsen aus der Zinsstrukturkurve des Stichtags für richtig, und zwar insbesondere zur Feststellung des richtigen Kapitalisierungszinssatzes. Sie ist außerdem der Ansicht, der Börsenkurs der WürttAG sei nach den vom Bundesgerichtshof im „Macrotron“-Urteil entwickelten Grundsätzen zum „kalten Delisting“ wegen des damit verbundenen Fungibilitätsverlusts heranzuziehen.
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Der Antragsteller zu 7 ist in seiner Beschwerdeerwiderung der Meinung, dass der Börsenkurs der WürttAG heranzuziehen sei, weil dabei die wertsteigernde Fungibilität der Anteile der WürttAG zum Ausdruck komme; der Börsenkurs sei dann aber auch bei den Aktien der verschmolzenen Gesellschaft zu berücksichtigen.
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Der gemeinsame Vertreter unterstützt in seiner „Beschwerdebegründung und -erwiderung“ vom 12.08.2005 (Bl. V 625-748) die Rechtsmittel der beschwerdeführenden Antragsteller und tritt der Beschwerde der Antragsgegnerin entgegen. Er vertritt dort (zusammengefasst und vereinfacht) die Ansicht, der außenstehende Aktionär, der die Fusion nicht verhindern könne, müsse so gestellt werden, als ob das Umtauschverhältnis als Ergebnis einer freien und fairen Verhandlung gefunden worden wäre. Ein faires Verhandlungsergebnis sei mit einem Verschmelzungsvertrag nicht gewährleistet, weil für die damit ausgehandelten Bedingungen auch Eigeninteressen der beteiligten Vorstandsmitglieder verantwortlich seien (principal-agent-Problem). Wegen der auch verfassungsrechtlich geschützten Gleichrangigkeit der wirtschaftlichen Belange aller Aktionäre dürfe zudem weder einer Aktionärsgruppe noch den an den Verhandlungen beteiligten Vorständen ein Informationsvorsprung oder eine Einschätzungsprärogative bei der Unternehmensbewertung zukommen. Erforderlich sei ein neutrales Bewertungsverfahren. Das Ertragswertverfahren in seiner üblichen Ausprägung werde dem kaum gerecht, weil die dafür nötigen Prognosen zwangsläufig unvollkommen seien und bei Zubilligung von Prognosespielräumen die Interessen sämtlicher Anteilseigner nicht mehr gleichgewichtig berücksichtigt seien. Werde die bisherige Praxis der Unternehmensbewertung dennoch beibehalten, so verlange das jedenfalls nach einer Sensitivitätsanalyse, die sämtliche vertretbaren Prognosepfade aufzeige und auf ihre Auswirkungen auf das Bewertungsergebnis hin untersuche. Bei danach verbleibenden Bandbreiten vertretbarer Ergebnisse sei es Aufgabe des Gerichts, den angemessenen Wert festzusetzen. Dies könne aufgrund des vorliegenden Gutachtens schon deshalb nicht geleistet werden, weil der Sachverständige zahlreiche Unterlagen und Informationen verarbeitet habe, die den übrigen Verfahrensbeteiligten und dem Gericht nicht zugänglich gemacht worden seien.
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Der gemeinsame Vertreter schlägt als Alternative zur Realisierung eines gerechten Verfahrens und zur Erzielung eines angemessenen Ergebnisses in überschaubarer Zeit eine Variation des Ertragswertsverfahrens in Anlehnung an die sog. Pauschalmethode vor; damit lasse sich kein besseres, aber ein gerechteres Ergebnis erzielen. Bei der Schätzung der Zukunftserfolge der zu bewertenden Unternehmen seien im Ausgangspunkt nur bereinigte Erträge des laufenden Geschäftsjahres und angemessene gewichtete Erträge der unmittelbar vorausgehenden Geschäftsjahre zu berücksichtigen und auch der ewigen Rente zugrunde zu legen. Zukünftige Veränderungen der Erfolgsbedingungen seien nach dem Vorbild des Rechts der Fusionskontrolle nur zu berücksichtigen, wenn sie alsbald und aufgrund konkreter Umstände mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreten. Unter dieser Voraussetzung seien auch echte Synergieeffekte festzustellen und mit zu berücksichtigen, weitere Korrekturen durch Börsenkurse seien möglich. Wer sich auf eine Veränderung von Erfolgsbedingungen berufe, habe die Feststellungslast zu tragen, wenn sich eine hohe Wahrscheinlichkeit ihres Eintritts nicht beweisen lasse.
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Die Antragstellerin zu 3 hat mit Schriftsatz vom 29.08.2005 Anschlussbeschwerde eingelegt und sich zur Begründung auf die Ausführungen des gemeinsamen Vertreters bezogen.
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Die sofortigen Beschwerden der Antragsteller zu 5 und zu 6 sowie der Antragsgegnerin sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§ 17 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 12 SpruchG, §§ 21 f FGG).
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Zulässig ist auch die mit Schriftsatz vom 29.08.2005 eingelegte Anschlussbeschwerde der Antragstellerin zu 3. Weil das Spruchverfahren ein so genanntes echtes Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist, ist eine Anschlussbeschwerde in Bezug auf die Beschwerde der Antragsgegnerin entsprechend § 567 Abs. 3 ZPO auch nach Ablauf der Beschwerdefrist möglich (BayObLG AG 1996, 127; OLG Hamburg NZG 2002, 189; KK-SpruchG/Wilske, § 12 Rn. 25 m.w.N.; vgl. auch BGHZ 71, 314; BGHZ 95, 118).
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Die Beschwerden der Antragsteller sind unbegründet, begründet ist dagegen die Beschwerde der Antragsgegnerin. Das Landgericht hat zu Unrecht eine Zuzahlung von 5,41 EUR festgesetzt. Das im Verschmelzungsvertrag festgesetzte Umtauschverhältnis ist auf der Grundlage der anteiligen Unternehmenswerte, die nach Ertragswerten berechnet sind, angemessen. Eine Korrektur durch einen höheren Börsenkurs der Anteile der WürttAG zum Jahresende 1998 ist nicht veranlasst. Ebenso wenig begründet ein angeblicher Fungibilitätsverlust der Anteile eine Zuzahlung.
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Eine angemessene bare
Zuzahlung
ist nach § 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwG im Spruchverfahren festzusetzen, wenn das Umtauschverhältnis der Anteile zu niedrig bemessen ist. Das ist der Fall, wenn das im Verschmelzungsvertrag nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UmwG zu vereinbarende Umtauschverhältnis nicht angemessen ist (vgl. Lutter/Bork, UmwG, 3. Aufl., § 15 Rn. 3). Das Umtauschverhältnis ist dann angemessen, wenn es unter Berücksichtigung der Interessen aller Anteilseigner sowohl des übertragenden als auch des aufnehmenden Rechtsträgers so bemessen ist, dass sich über die Beteiligungsquote aller Anteilseigner am vereinigten Unternehmen die bisherige Investition nach der Verschmelzung im Wesentlichen fortsetzt.
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Das
Umtauschverhältnis
der Anteile, das der Verschmelzungsvertrag nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UmwG regeln muss und dessen Angemessenheit zunächst vom Verschmelzungsprüfer (§ 12 Abs. 2 UmwG) und gegebenenfalls auch im Spruchverfahren (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UmwG) zu überprüfen ist, ist nicht etwa die Relation der Verkehrswerte der einzelnen Anteile vor und nach der Verschmelzung, sondern die Relation der auf das einzelne Mitgliedschaftsrecht entfallenden anteiligen Unternehmenswerte. Die den Anteilseignern des übertragenden Rechtsträgers zu gewährenden Anteile am übernehmenden Rechtsträger sind nach der Konzeption des UmwG für die Verschmelzung entgegen manch missverständlicher Formulierung keine „Abfindung“ (so OLG Düsseldorf NZG 2004, 429) oder „Entschädigung“ (so z.B. Meier-Reimer ZHR 164(2000), 563, 564) für den Verlust ihrer bisherigen Anteile und auch keine Gegenleistung für die Aufgabe der Anteile am untergegangenen übertragenden Rechtsträger (so beispielsweise Bermel/Hannappel in Goutier/Knopf/Tulloch, Kommentar zum Umwandlungsrecht, § 5 Rn. 13; anders zu Recht Lutter-Drygala a.a.O. § 5 Rn. 19 und 22). Die Anteile sind vielmehr die Gegenleistung dafür, dass der übertragende Rechtsträger sein Vermögen als Ganzes im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den übernehmenden Rechtsträger überträgt (§§ 2, 5 Abs. 1 Nr. 2 UmwG). Diese Gegenleistung des übernehmenden Rechtsträgers erhält nicht wie bei einem gewöhnlichen Austauschvertrag sein Vertragspartner, der übertragende Rechtsträger, der mit Wirksamwerden der Verschmelzung untergeht (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG), sondern sie wird kraft Gesetzes dessen Anteilseignern gewährt („verschmelzungstypisches Dreiecksverhältnis“: Hügel, Verschmelzung und Einbringung, 1993, S. 28). Sie werden dadurch Anteilseigner des übernehmenden Rechtsträgers (§ 20 Abs. 1 Nr. 3 UmwG). Damit ist zugleich sichergestellt, dass trotz des Erlöschens der übertragenden Gesellschaft die Investition dieser Anteilseigner nicht mit der Folge einer Entschädigungspflicht untergeht, sondern sich am übernehmenden Rechtsträger in gewandelter Form fortsetzt (vgl. Lutter/Drygala, a.a.O., § 2 Rn. 22 und § 5 Rn. 24). Mit der wirksamen Verschmelzung vereinigen sich einerseits die Kreise der Anteilseigner aller beteiligten Rechtsträger und andererseits die Vermögensmassen der bisherigen Rechtsträger. Die Funktion des Umtauschverhältnisses ist es, für alle Mitgliedschaften die Beteiligungsquote (§§ 1 Abs. 2, 8 AktG) an dem aus der Verschmelzung hervorgegangenen Rechtsträger festzustellen. Zwar wird bei der Verschmelzung durch Aufnahme nur für die Mitgliedschaften des übertragenden Rechtsträgers ein Umtauschverhältnis festgesetzt. Weil davon die Relation aller Anteile zum gesamten Grundkapital der verschmolzenen Gesellschaft und damit die Beteiligungsquote sämtlicher Mitgliedschaften abhängt, sind die Anteilseigner des übernehmenden Rechtsträgers bzw. ihre Mitgliedschaften in gleicher Weise von der Festsetzung des Umtauschverhältnisses betroffen (vgl. Martens AG 2000, 301, 307 bei Fn. 36 m.w.N.). Mit der aus §§ 12, 15 UmwG folgenden Anforderung, dass dieses Umtauschverhältnis angemessen sein muss, wird sichergestellt, dass sich der Gehalt aller bisherigen Mitgliedschaften in den Mitgliedschaften an der verschmolzenen Gesellschaft im Wesentlichen und unter Berücksichtigung der Belange aller Anteilseigner fortsetzt (dazu noch b). Das betrifft nicht nur die Beteiligung am vereinigten und gegebenenfalls durch Synergien (dazu unten II.4.) vermehrten Gesellschaftsvermögen nach Maßgabe der sich aus dem Umtauschverhältnis ergebenden Beteiligungsquote, sondern auch weitere von ihr abhängige Mitgliedschaftsrechte (Stimmrecht, Minderheitenrechte u.a.). Bewertungsgegenstand ist deshalb bei der Verschmelzung im Grundsatz nicht der verkehrsfähige Anteil, sondern das jeweilige Unternehmen (vgl. Welf Müller, FS Röhricht 2005, S. 1029 f; Hügel a.a.O. S. 196).
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Somit ist also das Umtauschverhältnis abgeleitet aus der Gegenleistung, die die Gesamtheit der Anteilseigner des übertragenden Rechtsträgers für die Übertragung seines Vermögens erhält; weil diese Gegenleistung in Anteilen am übernehmenden Rechtsträger besteht, wird damit zugleich die Gesamtbeteiligungsquote dieser hinzu kommenden Anteilseigner an der verschmolzenen Gesellschaft festgelegt; das auf den einzelnen Anteil bezogene Umtauschverhältnis drückt dann auf dieser Grundlage weiter aus, welche Beteiligungsquote am neuen bzw. übernehmenden Rechtsträger derjenigen am untergegangenen übertragenden Rechtsträger entspricht.
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Nach der in Literatur und Rechtsprechung gängigen Formulierung ist das Umtauschverhältnis dann
angemessen
, wenn der Wert der Anteile am untergegangenen übertragenden Rechtsträger dem Wert der neuen Anteile am übernehmenden Rechtsträger entspricht (vgl. nur BayObLGZ 2002, 400, 403; Lutter/Bork, a.a.O. § 15 Rn. 3; Lutter/Drygala, a.a.O. § 5 Rn. 18; Semler/Stengel/Gehling, UmwG, § 15 Rn. 20; Bungert BB 2000, 1845, 1846; Maier-Reimer ZHR 164 (2000), 563, 564; vgl. auch Lutter in FS Mestmäcker 1996, 949; Nonnenmacher AG 1982, 153, 157). Als Wert der Anteile ist dabei aber nicht der Verkehrswert des Anteils als eigenständiges Wirtschaftsgut (vgl. dazu BVerfGE 100, 289, 302 ff), sondern der auf das Mitgliedschaftsrecht nach der jeweiligen Beteiligungsquote (§§ 1 Abs. 2, 8 Abs. 2 oder 3 AktG) entfallende Anteil am Wert des Unternehmens als Ganzes zu verstehen (s.o. unter a)). Das Umtauschverhältnis ist also dann angemessen, wenn alle Anteilseigner der aus der Verschmelzung hervorgegangenen Gesellschaft im Wesentlichen im Verhältnis ihrer bisherigen Beteiligung am tatsächlichen Unternehmenswert teilhaben, also jeder Gesellschafter an der Summe der Einbringungswerte seinen bisherigen relativen Anteil behält (Widmann-Mayer, UmwG, § 5 Rn. 114; vgl. auch Lutter/Drygala a.a.O. § 5 Rn. 19).
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Geschützt sind dadurch also nicht nur Vermögensinteressen „außenstehender Aktionäre“ des übertragenden Rechtsträgers, sondern diejenigen aller Aktionäre. Bei der Verschmelzung bislang voneinander unabhängiger Gesellschaften gibt es keine „außenstehenden Aktionäre“. Die Verwendung dieses Begriffs erweckt den Eindruck einer Frontenstellung, die es in dieser Konstellation tatsächlich nicht gibt. Der Begriff der „außenstehenden Aktionäre“ passt für die Verschmelzung wie auch für andere Umwandlungsfälle nach dem UmwG nicht. In das Umwandlungsrecht ist er über die Verfahrensregelung nach § 308 UmwG a.F. zur Bestellung eines gemeinsamen Vertreters durch die seinerzeit unbedachte Übernahme des Begriffs „außenstehend“ aus dem Konzernrecht gelangt, wo er diejenigen Aktionäre bezeichnet, die nicht zum herrschenden Unternehmen gehören (vgl. Lutter/Krieger, UmwG, 2.Aufl., § 308 Rn. 3 und Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, 3. Aufl., § 308 Rn. 15: „Redaktionsversehen“). Der Sache nach war damit schon nach § 308 UmwG a.F. gemeint, dass der gemeinsame Vertreter, wie er übrigens auch nach dieser Regelung korrekt bezeichnet war, alle antragsberechtigten Anteilseigner vertritt, die selber keinen Antrag gestellt haben (Lutter/Krieger und Schmitt/Hörtnagl/Stratz a.a.O.); das ist mit der Neuregelung in § 6 Abs. 1 Satz 1 SpruchG redaktionell klargestellt worden. Antragsberechtigt waren und sind bei der Verschmelzung durch Aufnahme sämtliche Anteilseigner des übertragenden Rechtsträgers (§ 15 Abs. 1 Satz 1 UmwG i.V.m. §§ 306 ff UmwG a.F. bzw. nunmehr § 3 Abs. 1 Nr. 4 SpruchG i.V.m. § 1 Nr. 4 SpruchG). Ein gemeinsamer Vertreter vertritt im Verschmelzungsfall also keine außenstehenden Aktionäre, sondern alle nicht antragstellenden Aktionäre des übertragenden Rechtsträgers, unabhängig von der Größe der von ihnen gehaltenen Beteiligung. Dass der gemeinsame Vertreter im Beschluss des Landgerichts vom 24.02.2000 und auch weiter im Verfahren als „Vertreter der außenstehenden Aktionäre“ bezeichnet worden ist, ändert daran auch im vorliegenden Fall nichts.
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Diese verfahrensrechtliche Gleichstellung ist aber nur Ausdruck und Folge des Umstands, dass die Interessen von Klein- und Großaktionären des untergegangenen Rechtsträgers gleichgerichtet sind. Im Falle eines unangemessenen Umtauschverhältnisses sind sie gleichermaßen von dem daraus folgenden Wertverlust betroffen. Deshalb sind ihre Interessen auch einheitlich darauf gerichtet, ein möglichst günstiges Umtauschverhältnis zu erzielen, d.h. mit einer Quote am verbundenen Rechtsträger beteiligt zu sein, die relativ zur Beteiligung der Anteilseigner des übernehmenden Rechtsträgers möglichst hoch liegt und deren absoluter Wert einer Beteiligung am verbundenen Vermögen mit dem bisherigen Wert der Beteiligung am Vermögen des übertragenden Rechtsträger wenigstens entspricht. Dasselbe gilt umgekehrt im Grundsatz für die gesamten Anteilseigner des übernehmenden Rechtsträgers, die mit dem Ziel einer möglichst hohen eigenen Beteiligungsquote am vereinigten Unternehmen an einem möglichst geringen Umtauschwert der Anteile der neu hinzutretenden Anteilseigner des übertragenden Rechtsträgers interessiert sind. So resultiert aus der jeweiligen Interessenhomogenität innerhalb des jeweiligen Kreises aller Anteilsinhaber eines Rechtsträgers ein Interessengegensatz zwischen diesen Kreisen. Das Umtauschverhältnis ist deshalb dann angemessen, wenn es den Interessen sämtlicher Anteilsinhaber gerecht wird (vgl. auch Lutter/Drygala, a.a.O. § 5 Rn. 27).
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Auch aus Art. 14 Abs. 1 GG folgt nichts anderes. Den grundrechtlichen Schutz des Aktieneigentums können alle Anteilseigner der von der Verschmelzung betroffenen Unternehmen für sich in Anspruch nehmen (vgl. BayObLGZ 2002, 400, 407 f m.w.N.). Klein- und Großaktionäre sowohl des übertragenden wie des übernehmenden Rechtsträgers haben Anspruch darauf, am neuen Unternehmen in angemessener Relation beteiligt zu sein (die in AG 2003, 624 veröffentliche Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, richtiges Az. 1 BvR 234/01, ist auf den Schutz der Rechte von Minderheitsaktionären fokussiert, weil es dort um eine Konzernverschmelzung ging).
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Die Festsetzung einer angemessenen Zuzahlung im
Spruchverfahren
(nunmehr § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwG) setzt somit die
Feststellung
voraus, dass das im Verschmelzungsvertrag vereinbarte Umtauschverhältnis im dargestellten Sinne
unangemessen
ist.
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Die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses als solches kann nicht Gegenstand einer Beweisaufnahme durch eine sachverständige Begutachtung sein. Vielmehr hat die dafür maßgeblichen rechtlichen Faktoren (dazu oben) das Gericht zu bestimmen und auf ihrer Grundlage die maßgeblichen Unternehmenswerte festzustellen (BayObLG AG 2002, 390). Das bedeutet weder, dass das Gericht in jedem Fall eine völlige und eigenständige Neubewertung durchführen muss (so aber im Grundsatz Lutter/Drygala, UmwG, 4. Aufl,. § 10 Rn. 20 f unter der Voraussetzung konkreter Angriffe der Antragsteller), noch muss dazu zwingend ein Sachverständiger hinzugezogen (ebenso z.B. BayObLGZ 2002, 400, 404) oder eine Beweisaufnahme ohne Weiteres auf sämtliche tatsächlichen Detailfragen der Unternehmensbewertung erstreckt werden (besonders weitgehend jetzt BayObLG AG 2006, 41). Solche Forderungen sind in dieser Allgemeinheit schon nach dem SpruchG, das im Beschwerdeverfahren anwendbar ist (§ 17 Abs. 2 Satz 2 SpruchG), nicht haltbar. Auch für die Rechtslage vor Inkrafttreten des SpruchG ist diese Ansicht nicht richtig.
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Das Gesetz verlangt weder materiell (§ 15 UmwG) noch verfahrensrechtlich nach einer Neubewertung der an der Verschmelzung beteiligten Unternehmen in jeder Hinsicht, sondern die Beantwortung der Rechtsfrage, ob das Umtauschverhältnis angemessen oder zu niedrig, also unangemessen ist. Bei der Feststellung und Bewertung der erforderlichen Tatsachen, aus denen sich das Umtauschverhältnis, also die Relation der Unternehmenswerte (s.o.), ergibt, hat sich das Gericht der ihm nach der Verfahrensordnung zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten zu bedienen, soweit das nach den Umständen des zu entscheidenden Falles geboten ist. Der Amtsermittlungsgrundsatz (§ 17 Abs. 1 SpruchG i.V.m. § 12 FGG) gilt im Spruchverfahren nur noch eingeschränkt (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4, § 8 Abs. 3, § 9, § 10 SpruchG; dazu grundsätzlich Lutter/Grunewald a.a.O. § 17 SpruchG Rn. 1).
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Im Spruchverfahren als echtem Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit musste schon vor Inkrafttreten des SpruchG Bewertungsparametern und -ergebnissen nicht nachgegangen werden, die nicht in Zweifel gezogen wurden; unstreitige Tatsachen waren keiner weiteren Klärung bedürftig (Bilda NZG 2000, 296, 298; Klöcker/Frowein, SpruchG § 17 Rn. 21; Lutter/Krieger, UmwG, 2. Aufl., § 307 Rn. 10 m.w.N.; vgl. auch Schmidt in: Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 12 FGG, Rn. 229). Das ist in § 8 Abs. 3 SpruchG i.V.m § 138 Abs. 3 ZPO, die in diesem Beschwerdeverfahren zugrunde zu legen sind (§ 17 Abs. 2 Satz 2 SpruchG), nunmehr ausdrücklich geregelt. Somit sind Tatsachen und im Verschmelzungsbericht von den beteiligten Unternehmen getroffene Wertentscheidungen ohne weitere Beweisaufnahme zugrunde zu legen, wenn sie nicht konkret angegriffen werden oder wenn sie sonst unstreitig werden, etwa, wenn auf den Einwand einer fehlenden Erläuterung eine schlüssige und nicht weiter bestrittene Erklärung gegeben wird.
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Soweit zu umstrittenen Bewertungsfaktoren Tatsachenfeststellungen erforderlich sind, entscheidet das Gericht über Notwendigkeit, Art und Umfang einer Beweisaufnahme nach pflichtgemäßem Ermessen. Das gilt nicht nur allgemein im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Schmidt in: Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O. § 12 FGG, Rn. 195), sondern insbesondere auch für die Tatsachenfeststellung zur Unternehmensbewertung in Spruchverfahren; hier ist außerdem § 287 Abs. 2 ZPO auch im Hinblick darauf anwendbar, dass jede Bewertung naturgemäß eine mit Unsicherheiten behaftete Schätzung und keine punktgenaue Messung sein kann und dass deshalb Aufwand, Kosten und Dauer des Verfahrens in einem angemessenen Verhältnis zum Erkenntnisgewinn liegen müssen (ausführlich OLG Stuttgart OLGReport 2004, 6, 9 und 10 f m.w.N.; vgl. auch BGHZ 147, 108, 116; BayObLG AG 2006, 41, 42; i.Erg. auch OLG Düsseldorf NZG 2004, 429: „im Rahmen der freien Beweiswürdigung“). Kommt danach eine Beweisaufnahme zur Feststellung von Tatsachen in Betracht, die aufgrund einer konkreten Einwendung eines Antragstellers entscheidungserheblich und streitig oder sonst klärungsbedürftig sind, und führt die Beweiswürdigung zu geänderten Bewertungsfaktoren, so kann sich daraus je nach Fallgestaltung die Notwendigkeit einer teilweisen oder völligen Neubewertung der betroffenen Unternehmen ergeben, um die Frage nach der Unangemessenheit des Umtauschverhältnisses zu beantworten und gegebenenfalls die angemessene Zuzahlung festzusetzen.
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Das Gericht kann im Spruchverfahren nach pflichtgemäßem Ermessen und insbesondere nach Maßgabe des § 287 Abs. 2 ZPO (s.o.) auch auf sonstige Erkenntnismöglichkeiten, zurückgreifen, so insbesondere auf den Verschmelzungsvertrag und -bericht oder den Verschmelzungsprüfungsbericht (vgl. OLG Düsseldorf NZG 2004, 429, 430) sowie auf die sonstigen Umstände des Verschmelzungsverfahrens, das zu dem im Verschmelzungsvertrag festgelegten Umtauschverhältnis führt. Dabei können die Erforderlichkeit und der Umfang der Tatsachenermittlung und Beweisaufnahme im Spruchverfahren, also das Prüfungsprogramm für das Gericht, nicht losgelöst vom Prüfungsgegenstand festgelegt werden, weil die Frage, ob das zu prüfende Ergebnis angemessen ist, auch davon abhängt, wie es zustande gekommen ist.
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Prüfungsgegenstand ist hier das Umtauschverhältnis bei der Verschmelzung von Unternehmen, die zuvor voneinander unabhängig waren. Bei dieser Konstellation führt das vom UmwG vorgesehen Verfahren einer Vertragsverhandlung durch die jeweiligen Vertretungsorgane, deren Ergebnis nicht nur einer zusätzlichen Prüfung durch den gerichtlich bestellten Verschmelzungsprüfer unterliegt, sondern auch von den jeweiligen Anteilseigner der zu verschmelzenden Gesellschaftern mit qualifizierter Mehrheit gebilligt werden muss, zu einer erhöhten Gewähr für ein „richtiges“ und damit angemessenes Ergebnis.
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aa) Das Umtauschverhältnis ist im Verschmelzungsvertrag festzusetzen, §§ 4, 5 Abs. 1 Nr. 3 UmwG. Es ist danach Gegenstand und vor allem Ergebnis der Verhandlungen über die Verschmelzung, die die jeweiligen Vorstände im Rahmen ihrer Geschäftsführungs- und Vertretungskompetenz führen. Dem Gesetz liegt also für die Verschmelzung ein Vertrags- oder Verhandlungsmodell zugrunde (vgl. schon Wiedemann ZGR 1978, 477, 490 zum früheren Verschmelzungsrecht; ferner Hügel a.a.O. S. 160 ff ; Gude, Strukturänderungen und Unternehmensbewertung zum Börsenkurs, 2004, S. 349 ff; Paschos ZIP 2003, 1017, 1023; Wilsing/Kruse DStR 2001, 991, 992; Mertens AG 1990, 20, 25 f; Günther AG 1968, 98, 101; vgl. auch J. Vetter ZHR 168 (2004), 8, 26 f; aus betriebswirtschaftlicher Sicht z.B. Böcking FS Moxter 1994, S. 1407, 1427 f; Nonnenmacher AG 1982, 153). Die verhandlungsführenden Vorstände haben bei der Einigung auf die Verschmelzung pflichtgemäß auch ein angemessenes Umtauschverhältnis zu vereinbaren (Wiedemann a.a.O.; Mertens AG 1990, 20, 25 f; Decher FS Wiedemann 2002, S. 789, 804). Eine unangemessene Wertrelation darf also nicht vereinbart werden. Dagegen steht aber schon die echte Verhandlungssituation, in der sich die Vertreter bislang voneinander unabhängiger Verschmelzungspartner befinden. Sie ist naturgemäß geprägt einerseits durch die Interessenhomogenität auf Seiten der gesamten Anteilseigners eines jeden der beteiligten Rechtsträger und andererseits durch den Interessengegensatz zwischen diesen Rechtsträgern bzw. ihren Anteilseignern (s.o.).
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Schon das muss im Grundsatz zu einem angemessenen „Preis“ für die Fusion führen (vgl. Immenga BB 1970, 629; Piltz ZGR 2001, 185, 207; Gude a.a.O. S. 349 ff; Martens FS Röhricht 2005, S. 987, 990 und 1002 f). Denn jeder der an der Verhandlung beteiligten Organmitglieder muss versuchen, die Interessen des von ihm vertretenen Unternehmens und seiner Anteilseigner bestmöglich durchzusetzen (Piltz ZGR 2001, 185, 207; Mertens AG 1990, 20. 25 f ; Decher FS Wiedemann 2002, S. 789, 804 f; Paschos ZIP 2003, 1018, 1023: „arm’s-length-bargain“; Wiedemann ZGR 1978, 477, 490; Günther AG 1968, 98, 99 ff; Decher a.a.O. S. 804). Das Verhandlungsergebnis insgesamt, also der Verschmelzungsvertrag einschließlich dort festgelegtem Umtauschverhältnis, muss in der Hauptversammlung die Billigung der qualifizierten Mehrheit finden (§§ 13, 65 UmwG).
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Dagegen spricht nicht grundsätzlich die Überlegung des gemeinsamen Vertreters, dass die an derartigen Vertragsverhandlungen beteiligten Organmitglieder nach ökonomischen Modellen stets zur Wahrung ihrer eigenen Interessen, also insbesondere zur Bewahrung ihrer Vorstandsposition, handelten (ähnliche Bedenken auch bei Immenga BB 1970, 629, 635). Solche Bedenken sind schon nicht konkret vorgebracht. Ihnen lässt sich ebenso abstrakt entgegenhalten, dass es gerade dann auch im Eigeninteresse eines Vorstands liegen muss, auf ein Umtauschverhältnis hinzuwirken, das vor allem die Interessen der Anteilseigner des eigenen Unternehmens wahrt und auch zum vernünftigen Ausgleich mit denjenigen der Gegenseite bringt, und es nicht sehenden Auges auf ein Spruchverfahren ankommen zu lassen, das schon wegen seiner Dauer und Ungewissheit und erst recht im Fall einer festgesetzten Zuzahlung, die bei der Verschmelzung nicht nur wenige Minderheitsaktionäre sondern alle Anteilseigner des übertragenden Rechtsträgers begünstigt, zu einer Belastung für das Unternehmen werden kann (zu den Risiken ausführlich Philipp AG 1998, 264 ff; vgl. auch J. Vetter ZHR 168 (2004), 8, 26; Seetzen WM 1999, 565, 566). Weil solche Störungen auf die verantwortlichen Organmitglieder zurückfallen, müssen diese darauf bedacht sein, ein Umtauschverhältnis zu vereinbaren, das für beide Seiten Bestand hat (vgl. auch Mertens AG 1990, 20, 26) und die Billigung der Anteilseigner in der Hauptversammlung mit der erforderlichen Mehrheit finden kann (s.u.). Jedenfalls dann, wenn dafür die Zustimmung mehrerer Großaktionäre erforderlich ist, ist das Risiko, dass die Entscheidung der Verhandlungsführer durch ihre persönlichen Interessen bestimmt wird, reduziert (Gude a.a.O. S. 354).
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Aus denselben Gründen lässt sich auch nicht die allgemeine Erwägung dagegen halten, nach der Lebenserfahrung führe die Verhandlungsdynamik dazu, dass der schnelle Erfolg gewollt sei und deshalb Interessen Einzelner oder der Aktionäre insgesamt disponibel seien. Dagegen stehen zudem Beispiele, in denen spektakulär angekündigte Fusionen wegen divergierender Vorstellungen der Verhandlungspartner gescheitert sind (vgl. nur Piltz ZGR 2001, 185, 207 m.w.N.).
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Kein Gegenargument ist, dass die Verwaltung der WürttAG im Hinblick auf eine drohende Übernahme im Verschmelzungspartner WüBetAG einen „weißen Ritter“ gesucht und gefunden habe. Gerade dann mussten die Vorstände der WürttAG darauf bedacht sein, den Großaktionären ein angemessenes Umtauschverhältnis zu präsentieren, das gegenüber außenstehenden Kaufangeboten hinreichend attraktiv war.
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Nicht zu folgen ist schließlich der Annahme, der unterschiedliche Rechtsschutz für die jeweiligen Anteilseigner führe zu einer „Schieflage“ beim Aushandeln des Umtauschverhältnisses, weil die Verhandlungsführer des übertragenden Rechtsträgers geneigt sein könnten, auf überhöhte Vorstellungen des übernehmenden Rechtsträgers in der Gewissheit einzugehen, dass die Anteilseigner des übertragenden Rechtsträgers in einem Spruchverfahren nachbessern können. Das übersieht, dass die gegebenenfalls festzusetzende Zuzahlung allen Anteilseignern des übertragenden Rechtsträgers zusteht und diese Belastung für das verbundene Unternehmen (s.o.) weder von der Unternehmensleitung noch von den Großaktionären ernstlich nur deshalb in Kauf genommen werden kann, um die Fusion als solche nicht zu gefährden.
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Bei pflichtgemäßem Handeln der Verhandlungsführenden wird also ihre Entscheidung für die Fusion und den ausgehandelten Verschmelzungsvertrag nicht nur von verschiedenen unternehmerischen Erwägungen getragen, sondern vor allem auch von dem Ziel der Festlegung auf ein angemessenes Umtauschverhältnis, das die Vermögens- und Mitgliedschaftsinteressen der Anteilseigner des vertretenen Unternehmens wahrt.
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Dieser Pflicht zur Förderung und Wahrung der Interessen ihrer jeweiligen Gesellschafter kommen die Verhandlungspartner auch nach, wenn sie sich entweder darauf verständigen, ein neutrales Gutachten eines außenstehenden Sachverständigen zu akzeptieren (vgl. Mertens AG 1990, 20, 26), oder wenn sie, bei einer Fusion bislang unabhängiger Unternehmen besonders nahe liegend und auch üblich, zwei ihrerseits voneinander unabhängige Beratungsunternehmen in der Weise in den Verhandlungsmechanismus einbeziehen, dass sie diese getrennt mit der Erstellung eines gemeinschaftlichen Gutachtens beauftragen; die damit gleichwertige Vertretung der jeweiligen Interessen führt auch zu einer Einigung auf ein beidseits angemessenes Ergebnis (vgl. Philipp AG 1998, 264, 272: müssen sich „zusammenraufen“; vgl. auch Nonnenmacher AG 1982, 153). Auch in einer solchen gemeinsamen, durch die gegenläufigen Interessen geprägten Beherrschung des Bewertungsverfahrens liegt schon ein Regulativ (Günther AG 1968, 98,102).
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Vergleichbar wurde auch hier verfahren. Mit der Erstellung des gemeinsamen Bewertungsgutachtens wurden die beiden Wirtschaftsprüfungsunternehmen beauftragt, die in der Vergangenheit für die Abschlussprüfungen der WürttAG oder WüBetAG zuständig waren.
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bb) Das so gewonnene und im Bericht dokumentierte Verhandlungsergebnis unterliegt zudem der Prüfung durch den gerichtlich bestellten Verschmelzungsprüfer (§§ 9 ff UmwG). Sie ist wie der Verschmelzungsbericht ebenfalls ein Instrument des präventiven Aktionärsschutzes (vgl. nur Kallmeyer/Müller a.a.O. § 9 Rn. 2) und erstreckt sich auf eine Prüfung der Plausibilität der Annahmen und Festsetzungen im Verschmelzungsbericht, insbesondere auch zur Frage des Umtauschverhältnisses (OLG Düsseldorf NZG 2004, 429, 430; BGH ZIP 1989, 980, 982).
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cc) Schließlich ist zu bedenken, dass der so zustande gekommene und geprüfte Verschmelzungsvertrag erst wirksam wird, wenn er von den Anteilseignern gebilligt, ihm also im Falle der Aktiengesellschaft von den Hauptversammlungen mit jeweils qualifizierter Kapitalmehrheit von 3/4 des vertretenen Grundkapitals zugestimmt wird, §§ 13 Abs. 1, 65 Abs. 1 Satz 1 UmwG. Diese Mehrheit wird nur erreicht, wenn wenigstens Großaktionäre in ausreichendem Umfang zustimmen. Deren wirtschaftliche Interessen decken sich grundsätzlich bei der Verschmelzung unabhängiger Partner mit denjenigen der Kleinaktionäre (s.o.). Deshalb kann ohne Vorliegen außergewöhnlicher Umstände davon ausgegangen werden, dass bereits diese Interessenhomogenität weitgehend für ein angemessenes Ergebnis sorgt (s.o.).
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Ein zusätzliches Indiz dafür, dass die Anteilseigner selbst diese Bewertung schon getroffen haben, ist es, wenn eine Mehrheit zustimmt, die noch deutlich über dem gesetzlichen Mehrheitserfordernis liegt, und wenn diese Mehrheit nicht von einem Großaktionär bestimmt ist (vgl. Hüffer in: Hüffer/Schmidt-Aßmann/Weber, Anteilseigentum, Unternehmenswert und Börsenkurs, S. 141; vgl. auch Stumpf NJW 2003, 9, 12, Fn. 42; zur Legitimation durch die Hauptversammlung Martens FS Röhricht 2005, S. 987, 996).
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In der Hauptversammlung der WürttAG vom 27.07.1999 haben bei einer Präsenz von 95,13 % des Grundkapitals 98,54 % des vertretenen Grundkapitals dem Verschmelzungsvertrag zugestimmt (Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 04.12.2000, S. 3 = Bl. I 156). Damit standen nicht nur die Großaktionäre, die schon in die vorbereitenden Überlegungen und Verhandlungen über die Verschmelzung eingebunden waren (vgl. VB S. 44, 46), sondern weitere Anteilseigner hinter dem zur Abstimmung gebrachten Vertragsentwurf.
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Der Senat verkennt nicht, dass ein Aktionär mit seiner Stimmabgabe für einen Verschmelzungsvertrag und mit einem fehlenden Widerspruch nicht zwingend das dort festgesetzte Umtauschverhältnis billigen muss; der Gesetzgeber hat die frühere Regelung, dass einen Antrag auf bare Zuzahlung nur stellen kann, wer in der Hauptversammlung widersprochen hat, bewusst nicht übernommen, damit Aktionäre, die die Verschmelzung an sich wollen, der Beschlussfassung nicht alleine wegen des nach ihrer Ansicht unzureichenden Umtauschverhältnisses widersprechen. Dennoch kann davon ausgegangen werden, dass jedenfalls für Großaktionäre das gesamte Vorhaben aus denselben Gründen wie für die verhandelnden Organmitglieder nur dann zustimmungsfähig ist, wenn das festgesetzte Umtauschverhältnis Bestand hat und nicht spätere Zuzahlungen den Erfolg der Fusion gefährden (s.o.).
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dd) Diese Umstände ergeben nicht nur eine erhöhte Richtigkeits- (besser: Angemessenheits-)gewähr, sondern sprechen auch dafür, dass das Gericht nicht ohne Weiteres sein Angemessenheitsurteil an die Stelle der vertragsautonom ermittelten Festsetzung und Bewertung der beteiligten Organe und Aktionäre setzen kann. Es ist deshalb nicht gerechtfertigt, dass das Gericht im Spruchverfahren ohne Rücksicht auf die geprüften unternehmerischen Entscheidungen der verhandelnden Organmitglieder und auf die Abstimmungsergebnisse eine eigene neue Bewertung vornimmt, die in Bezug auf das Umtauschverhältnis den Vertragsschluss ersetzt und die Art und Weise seines Zustandekommens als Kriterium für die Bewertung der Angemessenheit vernachlässigt.
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Eine erhebliche Zuzahlung verändert die ausgehandelten Ausgangsbedingungen für eine Seite wesentlich, die Konsequenzen sind bei der frei ausgehandelten Fusion für die davon betroffene Seite erheblich einschneidender als in einer Konzernsituation, in der zwar formal auch sämtliche Anteilseigner des übertragenden Rechtsträgers zuzahlungsberechtigt sind, im wirtschaftlichen Ergebnis ein Ausgleich aber nur den Minderheitsaktionären zugute kommt.
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Deshalb kann die Aufgabe der gerichtlichen Prüfung des Umtauschverhältnisses im Spruchverfahren, das der Gesetzgeber auch für die Verschmelzung wirtschaftlich und rechtlich unverbundener Unternehmer vorgesehen hat, in einem solchen Fall nicht, wie vom gemeinsamen Vertreter gefordert, eine eigenständige Bewertung durch das Gericht zur Simulation einer Verhandlung zwischen außenstehenden Aktionären und übernehmender Gesellschaft sein, sondern eine Nachprüfung des Ergebnisses der tatsächlich geführten Verhandlung unter den Verschmelzungspartnern.
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Mehr ist auch verfassungsrechtlich nicht geboten. Decken sich die Interessen von Kleinaktionären, die an den Verhandlungen über Strukturänderungen nicht direkt beteiligt sein können, mit denen der Großaktionäre, so wird bereits durch diese Interessenhomogenität ein hinreichender Schutz der eigentumsrechtlichen Position aller Anteilseigner bewirkt (vgl. BVerfG NJW 2001, 279, 280 „Moto-Meter“).
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Daraus folgt, dass das Umtauschverhältnis nur einer
Prüfung
unterliegt, die insoweit
eingeschränkt
ist, als sie Wertungen und Entscheidungen, auf denen die Festlegung des Umtauschverhältnisses beruht, weitgehend akzeptiert. Soweit allerdings die Literatur aus solchen Erwägungen ableitet, das Umtauschverhältnis sei auf seine bloße Plausibilität innerhalb eines Bewertungsspielraums zu prüfen (Decher FS Wiedemann 2002, S. 789, 805; Hügel a.a.O. S. 210; ähnlich Gude a.a.O. S. 351 f und S. 431), greift dies einerseits zu kurz und andererseits zu weit und es lässt auch außer Betracht, auf welche Größe ein Bewertungsspielraum bezogen sein soll. Richtigerweise kann nicht geprüft werden, ob das Umtauschverhältnis als Ergebnis seiner Berechnung und Verhandlung plausibel ist. Vielmehr unterliegen die einzelnen Faktoren der Berechnung je nach ihrem Charakter und ihrer Bedeutung für die Wertfestsetzung einer unterschiedlichen Prüfung.
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aa) Das Gericht hat die maßgeblichen
rechtlichen Faktoren
für die Bewertung eigenständig zu bestimmen (s.o.; vgl. auch BayObLG AG 2002, 390), so beispielsweise die generelle Frage nach einer Berücksichtigungsfähigkeit von Synergieeffekten, die Relevanz des Börsenkurses aus einfach- und verfassungsrechtlicher Sicht oder die Frage nach dem geltenden Steuerrecht.
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bb) Richtig und nicht nur plausibel müssen auch die
tatsächlichen Grundlagen
der Unternehmensbewertung sein. Daten der Vergangenheit und Gegenwart wie beispielsweise Umsätze oder Jahresergebnisse, Zinssätze und -strukturen oder Börsenkurse müssen zutreffen; sie dürfen einer unternehmerischen Entscheidung nicht abweichend von den tatsächlichen Werten und Daten zugrunde gelegt werden.
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cc) Anders verhält es sich mit den in die Zukunft gerichteten
Planungen
der Unternehmen und den darauf aufbauenden
Prognosen
über die künftige Entwicklung der Unternehmen und ihrer Erträge. Sie sind in erster Linie ein Ergebnis der jeweiligen unternehmerischen Entscheidung der für die Geschäftsführung verantwortlichen Personen. Diese Entscheidungen haben auf zutreffenden Informationen und daran orientierten, realistischen Annahmen aufzubauen; sie dürfen zudem nicht in sich widersprüchlich sein. Kann die Geschäftsführung auf dieser Grundlage vernünftigerweise annehmen, ihre Planung sei realistisch, darf diese Planung nicht durch andere - ebenfalls nur vertretbare - Annahmen des Gerichts ersetzt werden.
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dd) Soweit die Prognosen die Anwendung
betriebswirtschaftlicher Verfahren
erfordern, ist im Ausgangspunkt festzuhalten, dass grundsätzlich ein bestimmtes Verfahren nicht rechtlich geboten ist. Soweit in Bewertungstheorie und -praxis zum Zeitpunkt der Bewertung und Verhandlung unterschiedliche Verfahren oder Verfahrensvarianten vertreten werden, kann der Unternehmensführer entscheiden, welche für den konkreten Zweck geeignete Methode er wählen will. Verschmelzungsprüfer und Gericht haben sodann lediglich die grundsätzliche Geeignetheit und Vertretbarkeit der gewählten Methode zu prüfen. Das gilt auch für die Festlegung auf eine Methode der Unternehmensbewertung.
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Nach diesen Kriterien erweist sich das im Verschmelzungsvertrag vereinbarte Umtauschverhältnis nicht als unangemessen.
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Es ist nicht unangemessen, dass sich die Unternehmen auf die Berechnung nach der Ertragswertmethode festgelegt haben. Diese ist allgemein als Grundlage für die Berechnung der hier maßgeblichen Unternehmenswerte akzeptiert (ausführlich OLG Stuttgart OLGR 2004, 6, 8; BayObLGZ 2002, 400, 403 f, je m.w.N.) und ihre Anwendung ist auch verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfGE 100, 289, 307).
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Die Entscheidung der Vertragspartner, die Unternehmenswerte im Wesentlichen nicht nach kapitalisierten Börsenkursen zu ermitteln, ist zu akzeptieren. Sie ist schon deshalb nicht unangemessen, weil der aufnehmende Rechtsträger nicht börsennotiert war. Es kann aus diesem Grund offen bleiben, ob diese Methode bei allseitiger Börsennotierung geeignet wäre, ein Umtauschverhältnis zu ermitteln, bei dem sich nicht nur der Wert der jeweiligen früheren Beteiligung am unverbundenen Unternehmen im Wert der Beteiligung am verbundenen Unternehmen fortsetzt, sondern die jeweiligen neuen Beteiligungsquoten auch im Hinblick auf das davon bestimmte Maß der sonstigen Mitgliedschaftsrechte wie z.B. das Stimmrecht u.a. angemessen sind. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob im Sinne der „DAT/Altana“-Rechtsprechung anstelle des anteiligen Ertragswerts ein etwaiger höherer Börsenkurs als Anteilswert der am Kapitalmarkt selbständig handelbaren Aktie angesetzt werden müsste; dazu unten 5. a).
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Ebenso wenig besteht Anlass, die akzeptable Entscheidung der Verhandlungspartner für die Ertragswertmethode durch den Vorschlag des gemeinsamen Vertreters zu ersetzen, in Anlehnung an die sog. Pauschalmethode (Seetzen WM 1994, 45, 46 ff) für die abzuzinsenden Zukunftserträge im Wesentlichen von den Vergangenheitsergebnissen auszugehen und nur die relativ sicher vorhersagbaren Veränderungen in der Zukunft zu berücksichtigen. Die Methode führt, wie der gemeinsame Vertreter selbst ausführt, nicht zu einem besseren, sondern zu einem aus seiner Sicht gerechteren Ergebnis, weil sich so ein Informationsdefizit außenstehender Minderheitsaktionäre nicht auswirke. Ob das richtig ist, bedarf keiner Entscheidung. Dieser Gesichtspunkt trägt jedenfalls bei der Verschmelzung unabhängiger Unternehmen mit einer weitgehenden Interessenkongruenz der jeweiligen Anteileigner der Verschmelzungspartner nicht oder jedenfalls nicht in einem Maß, das es erlaubt, die Bewertung nach einer anderen Methode als der bei den Verhandlungen festgelegten und von der Hauptversammlung gebilligten vorzunehmen.
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2. Ertragsüberschüsse und Beteiligungen
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aa) WürttAG (Rückversicherung und Holding)
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(1)
Zur Ertragswertberechnung der WürttAG hatte der gemeinsame Vertreter beanstandet, dass die
Ergebnisannahmen
zum von der Holding auch betriebenen Rückversicherungsgeschäft im Verschmelzungsbericht teilweise nicht ausreichend erläutert seien.
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Zu der
Beitragsentwicklung,
insbesondere zum Rückgang der verdienten Beiträge in 2002 und 2003, hat die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 04.12.2000, S. 14 f (= Bl. 167 f) den Hinweis gegeben, dass das Rückversicherungsgeschäft starken Schwankungen unterliegt, die in die Ergebnisannahmen für die Planungsphase auf der Grundlage der Erfahrungen der Vergangenheit und des vorhandenen Vertragsbestands eingeflossen sind. Mit diesem Argument hat auch der Sachverständige die schwankenden Wachstumsraten für plausibel gehalten. Damit sind die Schwankungen in der Beitragsentwicklung hinreichend erklärt.
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Keine Bedenken hat der Senat gegen die Annahmen zur
Bruttoschadensquote.
Sie liegen für die Prognosejahre 1999 bis 2003 im Durchschnitt (68,5 %) nur geringfügig über dem tatsächlichen Ergebnis der Jahre 1994 bis 1998 und sind schon deshalb vertretbar. Außerdem trägt das versicherungstechnische Ergebnis nur in einem so geringen Ausmaß zum Gesamtergebnis der Gesellschaft bei, dass der Ertragswert der gesamten Gruppe und insbesondere das Umtauschverhältnis auch dann nicht nennenswert beeinflusst würden, wenn eine konstante Quote auf der Basis des Jahres 1999 (68,2 %) angesetzt und sich damit eine Ergebnisverbesserung von jährlich aufgerundet ca. 5,8 Mio. DM, insbesondere für die Phase der ewigen Rente, ergeben würde. Das entspricht nach Steuern einer Verbesserung von knapp 2,6 Mio. DM und beeinflusst das Umtauschverhältnis nach den Berechnungen des Senats allenfalls in der zweiten Nachkommastelle. Die Angemessenheit des vertraglich festgelegten Umtauschverhältnisses ist dadurch nicht berührt.
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(2)
Der in erster Instanz erhobene Einwand zur Entwicklung der
Kostenquote
in den Planungsjahren 1999 bis 2001 ist nicht berechtigt. Die Fortschreibung der wegen der Aufwendungen für die Jahr-2000- und Euro-Umstellung erhöhten Quote aus den Jahren 1997 und 1999 war nach der Erläuterung der Antragsgegnerin veranlasst, weil die Umstellungsmaßnahmen in diesen Jahren noch andauerten. Das ist ohne Weiteres nachvollziehbar. Dass diese Aufwendungen im nachhaltigen Ergebnis nicht enthalten sind (Gutachten O. Tz. 102), ist schon dadurch belegt, dass die geplante Kostenquote ab 2001 wieder rückläufig war und im Jahr 2003 nur noch 28,5 % betragen hat. Sie lag deshalb noch leicht über dem Schnitt der Jahre vor 1999, weil der Anstieg 1997 zum Teil auch auf einer gestiegenen Provisionsbelastung aus dem Rückversicherungsgeschäft beruht. Das ist bereits in der mündlichen Verhandlung beim Landgericht geklärt worden, wie das Landgericht im angefochtenen Beschluss zutreffend ausführt, und auch nicht mehr weiter beanstandet worden.
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(3)
Es ist nicht zu beanstanden, dass der Bewertung des Unternehmens der WürttAG wie auch den Bewertungen der übrigen Unternehmen beider Verschmelzungspartner bei der Ermittlung des
Kapitalanlageergebnisses
die Zinsprognosen der Fa. F. zugrunde gelegt wurden. Nach den Erläuterungen der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung und ergänzend im Schriftsatz vom 30.09.2005 (S. 2 ff = Bl. V 781 ff) basieren diese Prognosen der Geld- und Kapitalmarktzinsen auf einem ökonometrischen Modell, das unter Berücksichtigung internationaler Rahmenbedingungen und einer Analyse des europäischen Geldmarktes zu einem sogenannten „Fair Value“ für den langfristigen Kapitalmarktzins gelangt, also einem theoretischen, aus den ökonomischen Annahmen abgeleiteten Kapitalmarktzins (Einzelheiten a.a.O. Bl. 782 f, entnommen der Modellbeschreibung in der Broschüre der Fa. F. zum sog. „F. Zinssimulator“, Anl. B 56). Das Prognosemodell unterliegt ständiger Prüfung durch einen größeren Arbeitskreis aus Vertretern von Banken und Versicherungen. Wie die Antragsgegnerin weiter belegt hat, haben diese Prognosen in der Vergangenheit, auch im fraglichen Zeitraum 1998 und 1999, im Vergleich mit Prognosen anderer Anbieter oder Banken in der Vorhersagegenauigkeit mit am besten abgeschnitten. Die mit dem F. Zinssimulator erstellten Prognosen werden beispielsweise auch regelmäßig vom Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands bei seinen veröffentlichten Zinsprognosen mit herangezogen und als „theoretisch fundiert, empirisch gesichert und ökonometrisch getestet“ bezeichnet (vgl. zuletzt: VÖB-Zinsprognose-Spektrum Januar 2006,
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http://www.voeb.de/content_frame/downloads/kapitalmarkt_01_2006.pdf, dort S. 18 |
). Ob diese Bewertung, die der Modellbeschreibung aus dem Prospekt von F. entnommen ist (vgl. Anl. B 56, S. 6), richtig ist und ob das Modell einer wissenschaftlichen Überprüfung tatsächlich standhalten könnte, hat der Senat nicht zu entscheiden. |
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Es kommt vielmehr darauf an, dass sich die Vertreter der Verschmelzungspartner zum Zweck der Festlegung des nach allen Seiten angemessenen Umtauschverhältnisses bei der Entscheidung für diese Prognosemethode darauf verlassen konnten, dass sie in der Finanz- und Versicherungswirtschaft gebräuchlich und anerkannt ist. Unter dieser Voraussetzung lag die Entscheidung auch deshalb nahe, weil die F.-Prognosen bereits in den Jahren zuvor für die Planungen der Unternehmen der Wüstenrot-Gruppe herangezogen worden waren. Dass dieselbe Prognose im Rahmen der Ertragswertschätzungen gleichermaßen auch den Bewertungen der Württembergischen-Gruppe zugrunde gelegt wurde, dabei aber auf den für die Wüstenrot-Gruppe abgeleiteten Satz von 6 % ein Zuschlag von 0,5 % vorgenommen wurde, um den gegenüber der Bausparkasse gesetzlich weniger eingeschränkten Anlagemöglichkeiten der Versicherungsunternehmen Rechnung zu tragen, hat dort zur einer höheren Rendite als bei der Wüstenrot-Gruppe geführt. Damit wurde dem Erfordernis der Methodengleichheit zur Erzielung eines angemessenen Umtauschverhältnisses unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Anlagestruktur Rechnung getragen.
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Unter diesen Umständen hatten die Unternehmensleitungen bei pflichtgemäßem Handeln keinen Anlass, im Jahr 1999 zusätzlich der Frage nachzugehen, ob für eine Zinsprognose auch andere Modelle aus der wissenschaftlichen betriebswirtschaftlichen Diskussion in Frage kommen. Das gilt auch für eine Ableitung aus der Zinsstrukturkurve, zumal eine ausgeprägte Debatte um deren Heranziehung vor allem zur marktnahen und doch laufzeitäquivalenten Bestimmung des risikolosen Basiszinssatzes in der Wissenschaft erst ab 2003 infolge der Beiträge von Ballwieser und Wenger in der Festschrift Drukarczyk (S. 19 ff, sowie S. 475 ff) in Gang gekommen ist (vgl. Knoll/Deininger ZBB 2004, 371; Obermeier,
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http://www.opus-bayern.de/uni-regensburg/volltexte/2005/599/pdf/RDB_408_Basiszinssatz.pdf, |
Stand 28.11.2005, S. 2; zum „technischen Problem“ der Datenverfügbarkeit in der Zeit davor auch Gebhardt/Daske WPg 2005, 649, 651 m.w.N.; ferner Maul FS Drukarczyk 2003, S. 255, 257). Tatsächlich ist die Frage nach der richtigen Zinsprognose auch in diesem seit 1999 anhängigen Spruchverfahren in den ersten Jahren allenfalls mit der allgemeinen Beanstandung einer zu hohen Zinsannahme (ASt. 5 Bl. II 193) aufgeworfen worden; erst in der zweiten Jahreshälfte 2003 wurde konkret vorgebracht, die Zinsstruktur zum Stichtag sei heranzuziehen (Schriftsatz Antragsteller zu 5 vom 31.10.2003, S. 4 = Bl. II 288). |
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(4)
Das
sonstige Ergebnis,
ein negativer Wert, ist für die Planungsjahre ab 2000 um 10 Mio. DM jährlich schlechter angesetzt als im Vorjahr (die Tendenz zuvor war allerdings auch immer steigend). Der Posten ist im Verschmelzungsbericht zwar nicht erklärt, nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen dazu im Gutachten (Tz. 103) ist er aber sachlich begründet. Außerdem berührt auch dieser Punkt das Umtauschverhältnis nicht in erheblicher Weise (vgl. oben (1) a.E.).
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(5)
Die
Beteiligung
an der
Leonberger Bausparkasse
gehörte zum Stichtag noch nicht zum Vermögen der WürttAG, aufgrund der Vereinbarung über den Erwerb der Beteiligung zum 31.12.1999 wurde aber der Kaufpreis als Zinsträger bereits bei der Kapitalanlagestruktur mit berücksichtigt (Beschluss des Landgerichts, S. 8). Eine gesonderte Berücksichtigung als nicht betriebsnotwendiges Vermögen kam aufgrund der strategischen Bedeutung der Beteiligung nicht in Betracht (so auch der gemeinsame Vertreter im Schriftsatz vom 12.08.2005, S. 79 = Bl. V 703). Eine gesonderte Ertragswertermittlung, wie sie nunmehr der gemeinsame Vertreter verlangt, war zum Zeitpunkt der Bewertung und auch des Stichtags aufgrund der fehlenden und nicht zugänglichen Datenbasis unstreitig nicht möglich. Deshalb ist es nicht zu beanstanden, dass die am Vertragsschluss beteiligten Verwaltungsmitglieder ersatzweise auf den Kaufpreis als Zinsträger im Rahmen der Ertragswertberechnung der Holding zurückgegriffen haben. Damit beruht der zwischen den Partnern vereinbarte Verschmelzungsvertrag insoweit auf einer tragfähigen Entscheidungsgrundlage, die nicht deshalb nachträglich verändert werden kann, weil in der Zwischenzeit die Daten aufgrund der erhöhten Beteiligung zugänglich geworden sind.
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(6) Auch für die
Beteiligung
an der
BW-Bank AG
in Höhe von 12,5 % gilt, dass eine Ertragswertberechnung bei pflichtgemäßem Vorgehen der Verschmelzungspartner schon wegen der fehlenden Datenbasis nicht in Frage kam. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Beteiligung der Holding als zwar gewichtig, aber verzichtbar angesehen und deshalb beim nicht betriebsnotwendigen Vermögen berücksichtigt wurde (Erläuterung von Herrn M. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, Protokoll S. 4 = Bl. V 762).
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(1)
Die im Verschmelzungsbericht angenommene
Beitragsentwicklung
, die der gemeinsame Vertreter für begründungsbedürftig gehalten hat, ist von der Antragsgegnerin unter Hinweis auf die Ausführungen im Verschmelzungsbericht, S. 136 f, und weiter dann vom Sachverständigen in Tz. 106 f auf der Grundlage der ihm vorliegenden Detailrechnungen nach Versicherungssparten erläutert worden. Die Sparte Kraftfahrtversicherung war deshalb als repräsentative Sparte Gegenstand besonderer Betrachtung, weil sie mit über 40 % den Hauptanteil an sämtlichen Sparten hat. Die im Verschmelzungsbericht vermisste Begründung ist damit gegeben. Sie ist nach Ansicht des Senats auch überzeugend.
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(2) Die angenommene
Bruttoschadensquote
liegt mit Werten zwischen 68,15 % und 68,62 % im Prognosezeitraum noch unter der realen Quote des letzten Ergebnisjahres (69,04 %). Angesichts der geringfügigen Unterschiede sowohl zwischen den Prognosejahren als auch im Vergleich zu den der Vergangenheitsanalyse entnommenen Werten genügen dem Senat die dafür im Verschmelzungsbericht gegebenen Begründungen, zumal sie auch der Sachverständige geprüft und für nachvollziehbar gehalten hat. Die Antragsgegnerin hat zudem darauf hingewiesen, dass die Entwicklung der Quote insbesondere im KfZ-Bereich auch von der Beitragsentwicklung abhängt. Die Annahmen im Verschmelzungsbericht enthalten auch keine Widersprüche zu den Angaben für die KfZ-Sparte, für die nicht eine Verbesserung der Schadensquote, sondern keine wesentliche Verschlechterung erwartet wurde.
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(3)
Auch für die Württembergische Versicherung AG gilt, dass der Einwand zur
Kostenquote
, Aufwendungen für die Jahr-2000- und Euro-Umstellung dürften in den Jahren ab 2000 nicht mehr angesetzt werden, nicht überzeugend ist. Derartige Kosten sind, wie von der Antragsgegnerin vorgetragen und einleuchtend, bis 2001 angefallen. Nach den Berechnungen des Sachverständigen ergibt sich ohne die Berücksichtigung dieser Aufwendungen für die Jahre 1999 bis 2003 ein Durchschnittswert von 28,2 %. Er entspricht annähernd der Quote im Jahr 2003 (28,17 %), die ersichtlich auch dem nachhaltigen Ergebnis ab 2004 (121 Mio. DM) zugrunde gelegt wurde, welches aus dem Ergebnis 2003 abgeleitet ist (122 Mio. DM). Die gegenüber dem Zeitraum 1994 bis 1998 erhöhten Kosten in den Planungsjahren sind im Verschmelzungsbericht auch mit Steigerungen bei Personalkosten und Sozialabgaben von 3 % in 1999 und 2,5 % ab 2000 erläutert; die Gesamtkostensteigerungen liegen darunter. Nach der einleuchtenden Erläuterung des Sachverständigen können solche Steigerungen bei geringem Beitragswachstum nicht in vollem Umfang kompensiert werden (Gutachten Tz. 109). Deshalb können die geplanten Aufwendungen auch nicht einfach nur um einen fiktiven Betrag für die Euro- und Jahr-2000-Umstellung gekürzt werden.
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cc) Württ. Lebensversicherungs AG
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(1)
Die Ermittlung der Überschüsse unter Verwendung eines 30-jährigen
Prognosezeitraums
ist entgegen den Einwänden des gemeinsamen Vertreters nicht zu korrigieren. Der Sache nach werden damit die Teile der der ewigen Rente zugrunde liegenden pauschalen Ergebnisannahme isoliert, die auf die planbare langfristige Bestandsentwicklung entfallen, und nach einer möglichen Planung angesetzt; für die übrigen nicht planbaren Teile wie insbesondere das Neugeschäft und die Kapitalanlagen bleibt es bei den pauschalen Annahmen. Dieses Vorgehen wird auch in der betriebswirtschaftlichen Literatur beschrieben (vgl. die Angaben im Gutachten Tz. 50). Deshalb ist es nicht zu beanstanden, dass die Verschmelzungspartner dem Bewertungsgutachten mit diesem methodischen Ansatz gefolgt sind.
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(2)
Die
Beteiligungen
an der
BW-Bank AG
sowie der
Leonberger Bausparkasse
wurden hier zutreffend nur als Zinsträger bei der Ermittlung der Kapitalanlageergebnisse angesetzt, weil die Überschüsse des Lebensversicherungsunternehmens überwiegend den Versicherten im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Überschussbeteiligung (Direktgutschrift oder Zuführung zur Rückstellung für Beitragsrückerstattung, §§ 81 c VAG, 341 e Abs. 2 Nr. HGB; vgl. auch Verschmelzungsbericht S. 94 unten: 95,5 %) zugute kommen müssen (vgl. auch Angaben Herr M. in der mündlichen Verhandlung, Protokoll S. 4 = Bl. V 762). Ein gesonderter Ansatz mit einem Substanz- oder Verkehrswert der Beteiligungen kam deshalb nicht in Betracht. Aus den bereits genannten Gründen waren gesonderte Ertragswertberechnungen dieser Beteiligungen zum Stichtag unstreitig nicht möglich und auch nicht nachträglich veranlasst. Entsprechendes gilt für die Beteiligung an der
LEG Baden-Württemberg mbH
, die mit dem im April 1998 gezahlten Kaufpreis von unstreitig 282 Mio. DM als Zinsträger angemessen angesetzt wurde.
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Die Antragstellerin zu 3 hat mit der Beanstandung in ihrer Antragsbegründung, nach den Ausführungen auf S. 150 f des Verschmelzungsberichts seien Beteiligungen nur mit dem Ausschüttungsvermögen und ohne
stille Reserven
berücksichtigt worden, zunächst die Erläuterung zur Berücksichtigung stiller Beteiligungen auf S. 94 des Verschmelzungsberichts übersehen. Die Antragsgegnerin hat im Schriftsatz vom 18.10.2001 S. 18 f weiter erläutert, dass stille Reserven der Beteiligungen (den Buchwert übersteigender Marktwert) in den geplanten Erträgen der Jahre bis einschließlich 2003 enthalten sind, soweit eine Realisierung geplant war, und im übrigen ab 2004 als zusätzlicher Zinsträger berücksichtigt worden sind. Dazu sind keine weiteren Beanstandungen mehr erhoben worden.
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(3) Die Beteiligung an der
Württembergische und Badische Versicherungs-AG
ist bei der Berechnung des Unternehmenswerts der
WürttLV
AG deshalb zu Recht unberücksichtigt geblieben, weil die unmittelbaren
und mittelbaren
Beteiligungen des Konzerns an diesem Unternehmen mit zusammen 73,24 % der gesonderten Ertragswertberechnung nach S. 139 ff des Verschmelzungsberichts unterzogen worden sind.
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(4)
Das
Beitragswachstum
im Planungszeitraum ist mit durchschnittlich 3,71 % im Jahr nicht zu niedrig angesetzt. Die Annahme des gemeinsamen Vertreters, stattdessen seien 5 bis 6 % jährlich anzusetzen, ist nicht begründet. Das Durchschnittswachstum entspricht im Wesentlichen dem der Vorjahre (3,73 %). Es liegt damit über dem durchschnittlichen Wachstum der Beiträge bei der Wüstenrot Lebensversicherung AG (Verschmelzungsbericht S. 119), das sich auf 2,86 % jährlich beläuft und auch vom gemeinsamen Vertreter ausdrücklich trotz des nach seiner Ansicht höheren Wachstums des Marktes nicht beanstandet worden ist, weil das Wachstum dort in den Vorjahren ähnlich niedrig war, sich also schon zuvor unter dem Branchendurchschnitt entwickelt hat. Für die Beitragsentwicklung der Württ LV AG kann nichts anderes gelten (vgl. auch die Angaben des Sachverständigen O., Protokoll des Landgerichts vom 17.11.2004, S. 10 oben = Bl. III 432).
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(5) Kapitalanlageergebnis
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Die vom gemeinsamen Vertreter erbetene Begründung dafür, dass die Wachstumsrate der Nettoergebnisse der Kapitalanlagen im Planungszeitraum (durchschnittlich 1,5 %) erheblich niedriger liege als in den Vorjahren (durchschnittlich 8,5 %), hat die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 04.12.2000 (S. 21 = Bl. I 174) ausreichend gegeben: Der starke Anstieg in den Jahren 1994 bis 1998 war auf einen Wechsel zu einem aktiveren Anlagemanagement zurückzuführen, dessen Sondereffekte auf die Ergebnisentwicklung naturgemäß nicht unbegrenzt lange weitergeführt werden können, auch unter dem Gesichtspunkt, dass eine Risikostreuung gewahrt bleiben muss und stille Reserven nicht unbegrenzt realisiert werden können. Diese Begründung leuchtet dem Senat ein.
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(6)
Dass nach den Angaben im Verschmelzungsbericht (VB S. 151 f) sich einerseits die Relation von Beiträgen und
versicherungstechnischen Aufwendungen
leicht verschlechtert, während andererseits mit Rationalisierungsmaßnahmen im Vertrieb und sinkenden Abschlusskosten gerechnet wird, hat die Antragstellerin damit einleuchtend erläutert, dass bei dem Aufwand, der sich aus dem hohen Bestand von fällig werdenden Altverträgen ergibt, ein Wachstum nur durch entsprechendes Neugeschäft zu erzielen ist (Schriftsatz vom 04.12.2000, S. 22, Bl. I 175). Wegen des eher geringen Beitragswachstums (siehe oben 4) ist eine volle Kompensation nicht möglich (vgl. auch Gutachten O. Tz. 120). Das haben die Antragsteller nicht mehr bestritten.
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(7
) Der
Börsenwert
der börsennotierten Württ Lebensversicherung belief sich Ende 1998 auf 731 Mio. DM (Geschäftsbericht 1998, Anl. B 11 c, S. 36). Auch das zeigt, dass der darüber liegende Ertragswert zum 31.12.1998 von 916 Mio. DM (VB S. 153) jedenfalls nicht zu niedrig angesetzt worden ist.
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dd) Württembergische und Badische Versicherungs-AG
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Hier sind die Ansätze ohne spezifischen Einwand geblieben.
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ee) Erasmus Groep (Sachversicherungen)
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Auch hier gibt es keine Einwände der Antragsteller oder des gemeinsamen Vertreters.
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ff)
Levensverzekering Maatschappij Erasmus
N.V. („Erasmus Leben“)
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Dem zu diesem Unternehmen konkret erhobene Einwand des gemeinsamen Vertreters, die Relation der versicherungstechnischen Erträge und Aufwendungen zu verdienten Beiträgen habe sich in der Planungsphase gegenüber den Vorjahren merklich verschlechtert, folgt der Senat nicht. Denn im Verschmelzungsbericht ist auch ausgeführt, dass die Gründungsphase des Unternehmens erst 1995 verlassen wurde. Deshalb sind erst die Jahre ab 1996 repräsentativ, worauf der Sachverständige O. zu Recht hingewiesen hat (Tz. 122). Die durchschnittliche Relation der Jahre 1996 bis 1998 einerseits und der Jahre 1999 bis 2003 weist keine signifikanten Unterschiede auf (143,46 % bzw. 145,6 %), so dass sich aus diesen Zahlen keine Anhaltspunkte für eine auffällige Entwicklung ergeben, die Anlass für weitergehende Überprüfungen geben könnte.
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Der laut Verschmelzungsbericht ermittelte Unternehmenswert ist auch in Bezug auf diese Gesellschaft von den Antragstellern nicht beanstandet worden.
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(1)
Auf die Vermutung des gemeinsamen Vertreters, der gleich bleibende
Personalaufwand
bei der WüBetAG sei bei steigenden Personalkosten nur durch Rationalisierungserfolge zu erzielen, die angesichts gestiegener Holding-Aufgaben nicht erklärbar seien, hat die Antragsgegnerin schlüssig erwidert, dass die Personalkosten nicht nur die Aufwendungen für die aktiven Mitarbeiter enthalten, bei denen dieselben Annahmen wie bei den anderen bewerteten Unternehmen getroffen wurden, sondern dass auch erhebliche Altersversorgungsbezüge für die vor der Umstrukturierung bei der WüBetAG beschäftigten Mitarbeiter des Bausparkassenbetriebs berücksichtigt sind. Deshalb entbehrt die Vermutung ungerechtfertigter Rationalisierungsannahmen der Grundlage.
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(2
) Bewertungsfehler sind auch nicht in Bezug auf den Ansatz der
Beteiligungen
festzustellen. Die WüBetAG in ihrer zum Bewertungsstichtag bestehenden Struktur ist erst in der ersten Hälfte des Jahres 1999 durch die Übernahme von bis daher von der Wüstenrot Holding AG gehaltenen Beteiligungen entstanden. Für die wesentlichen Beteiligungen wurden die Unternehmenswerte gesondert ermittelt (dazu unten). Die Beteiligungen an der D. und der R. wurden wie sonstige Beteiligungen geringeren Umfangs zutreffend beim übrigen Nettovermögen hinzugerechnet (dazu gleich unter (3)). Aus den übrigen Beteiligungen sind die nach den Einzelplanungen der jeweiligen Unternehmen erwarteten Erträge in die prognostizierten Ergebnisse der WüBetAG eingeflossen. Die Prognose dieser Beteiligungserträge ist nicht im Verschmelzungsbericht, aber auf entsprechende Beanstandung hin im Verfahren durch die Antragsgegnerin begründet worden. Danach ist insbesondere der auffällige Anstieg ab 2002 von 15 auf 22 Mio. DM im Wesentlichen auf die Ergebnisübernahmen von der Hausbau Wüstenrot GmbH nach Aufzehrung von Verlustvorträgen durch laufende Gewinne zurückzuführen. Weitere Einwendungen dagegen sind nicht mehr erhoben worden, so dass die Werte des Verschmelzungsberichts zugrunde gelegt werden können, zumal sie der Sachverständige zusätzlich überprüft und bestätigt hat.
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(3)
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beteiligung an der
D.
mit dem Kaufpreis vom März 1999 in Höhe von 164 Mio. DM und die Beteiligung an der
R.
mit dem durchschnittlichen Börsenwert ihrer Anteile an der BW-Bank AG im Jahr 1998 (64 Mio. DM) unter Berücksichtigung der zum Stichtag durchgeführten Aufzinsung des Gesamtwerts des Unternehmens methodisch richtig bewertet sind (vgl. VB S. 106) oder ob stattdessen, wie vom Landgericht auf der Grundlage entsprechender Nachberechnungen des Sachverständigen angenommen, die jeweiligen Börsenkurse zum Stichtag anzusetzen sind. Denn die Ergebnisse unterscheiden sich nahezu nicht. Für die D.-Beteiligung hat sich dadurch ein um ca. 5 Mio. DM höherer Wert ergeben, für die Beteiligung an der R. dagegen ein um ca. 8 Mio. DM niedrigerer Wert. Der rechnerisch verbleibende Mehrwert von 3 Mio. DM kann in Relation zu den Gesamtunternehmenswerten vernachlässigt werden. Das Umtauschverhältnis wird dadurch nicht unangemessen.
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bb) Wüstenrot Bausparkasse AG
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(1)
Die ursprüngliche Vermutung vor allem des gemeinsamen Vertreters, aus den in den Planungsjahren abnehmenden
Provisionsüberschüssen
müsse auf ein sinkendes
Neugeschäftswachstum
geschlossen werden, dem Aussagen des Verschmelzungsberichts zum Ausbau des Marktanteils widersprechen würden, hat sich als nicht begründet erwiesen. Schon aus dem Verschmelzungsbericht geht hervor, dass die abnehmenden Provisionsüberschüsse auf steigenden Provisionsaufwendungen beruhen, die zudem mit Aufwandsverlagerungen aus der Position der
anderen Verwaltungsaufwendungen
zu tun haben (VB S. 109, vorl. Abs. ). Außerdem hat die Antragsgegnerin weiter einleuchtend erläutert (Schriftsatz vom 04.12.2000, S. 12 = Bl. I 165), dass steigendes Neugeschäft nicht zu einer Verbesserung, sondern zu einer Belastung des Provisionsergebnisses führt, und zudem die geänderte Tarifstruktur zu weiter sinkenden Abschlussgebühren und andererseits erhöhten Zinsspannen führt.
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Aus den Annahmen zur Entwicklung der Provisionsergebnisse lässt sich also nicht schließen, dass die Annahmen zur
Neugeschäftsentwicklung
unvertretbar sind.
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(2) Die Annahmen bei der Planung der Neugeschäftsentwicklung sind bereits im Verschmelzungsbericht vor allem mit der begonnenen Vertriebskooperation mit der P.bank erklärt worden, die verloren gegangene Marktanteile wieder gewinnen soll (VB S. 108). Aus den weiteren Erläuterungen der Antragsgegnerin (a.a.O. S. 11 = Bl. I 164) und vor allem der „Neugeschäftsentwicklung Mittelfristrechnung“ Anl. B 28 ergibt sich deutlich, dass der Rückgang in den Jahren 1996 bis 1998 zum einen auf die Beendigung der seitherigen Vertriebskooperation mit der Allianz und zum anderen auf einen Rückgang durch die verselbständigte Vertriebsorganisation der Wüstenrot Finanzservice Heimbau (in Anl. B 28: WFH) zurückging. Dieser Rückgang des Neugeschäfts erfolgte auch nicht gegen den Markttrend bei den privaten Bausparkassen, wie der Sachverständige in Tz. 89 des Gutachtens zutreffend bestätigt hat (vgl. zur Entwicklung 1996 bis 1998 auch Statistische Jahrbücher 1997 ff, jeweils unter 14.8.1 „Entwicklung des Bausparkassengeschäfts“). Die Planung für die Jahre 1999 bis 2003 zielt ersichtlich nur darauf ab, durch die neue Vertriebskooperation mit der P.bank sowie durch die Reorganisation des eigenen Vertriebs einschließlich der WFH (ausführlich Anl. B 28) im Jahr 2003 wieder einen Stand des Neugeschäfts zu erreichen, der sogar noch leicht unter dem des Jahres 1996 liegt. Dabei wurden Zahlen aus der Unternehmensplanung zugrunde gelegt, die von den Bewertungsgutachtern noch nach unten korrigiert worden waren (vgl. Anl. B 29; Angaben Herr M. in der mündlichen Verhandlung vom 14.09.2005, Protokoll S. 4 = Bl. V 762). Es ist dann auch einleuchtend, dass bei einerseits annähernd gleich bleibend niedrigen Guthabenverzinsungen im Bauspargeschäft und andererseits dem vertretbar prognostizierten Zinsniveau (s.o.) steigende Zinsmargen geplant und prognostiziert werden konnten (vgl. auch die Ausführungen der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 04.12.2000, S. 11 = Bl. I 164). Auf dieser Grundlage war es vertretbar, die von den Verschmelzungsgutachtern korrigierte Planung zugrunde zu legen.
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(1)
Die Entwicklung der einzelnen
Ergebniskomponenten
in der Prognosephase weist keine besonderen Auffälligkeiten gegenüber den Vorjahren auf, die nicht bereits im Verschmelzungsbericht überzeugend begründet sind (etwa beim Nettoergebnis aus Finanzgeschäften oder beim Dienstleistungsergebnis); sie sind dementsprechend auch nicht konkret beanstandet worden. Auch die Ableitung der Risikovorsorge, die die Nettokreditausfälle im Darlehensgeschäft betrifft, ist im Verschmelzungsbericht nachvollziehbar dargestellt (VB S. 95, 114), gestiegenen Risiken wegen der schwierigeren Verwertung durch die Entwicklung des Immobilienmarktes ist Rechnung getragen. Der Einwand der Antragstellerin zu 3, beim Ergebnis nach Risikovorsorge sei eine absehbare Verschlechterung der Baukonjunktur nicht berücksichtigt, ist nicht nachvollziehbar, weil sich dies nicht auf die Nettokreditausfälle (vgl. VG S. 114) auswirkt. Dem Risiko höherer Ausfälle in der Zukunft ist ebenso wie der Erwartung rückläufiger Zinsüberschüsse durch die nicht unerhebliche Reduzierung des nachhaltigen Ergebnisses ab 2004 Rechnung getragen.
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(2)
Dass die
anderen Verwaltungsaufwendungen
bis 2003 nicht entsprechend der Inflationsrate real gestiegen sind, hat Herr M. für die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung beim Landgericht dahingehend erläutert (Bl. III 428), dass gestiegenen Belastungen in entsprechendem Umfang weiter belastete Kosten gegenüberstehen (jeweils 9 Mio. DM von 1999 bis 2003).
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dd) Wüstenrot Hypothekenbank
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Die von den Antragstellern hier in Frage gestellten Ertragssteigerungen ab 1998 bis 2003 finden ihre einfache Erklärung darin, dass der Geschäftsbeginn dieses Unternehmens erst im Jahr 1995 lag und die Aufbauphase bis 2003 andauerte, ab 2004 hingegen mit verringerten Margen aus dem Kommunalkreditgeschäft zu rechnen war (Erläuterungen der Antragsgegnerin zu VB S. 117, Schriftsatz 04.12.2000, S. 13 = Bl. I 166; Mittelfristrechnung Anl. B 32, Weiterentwicklung Anl. B 33; Gutachten O. Tz. 94). Die damit begründeten Wachstumsannahmen für die Planjahre und die Zurückhaltung bei den Annahmen für die ewige Rente sind gut vertretbar (vgl. auch Schriftsatz des gemeinsamen Vertreters vom 12.08.2005, S. 72 = Bl. V 696).
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ee) Wüstenrot Lebensversicherung AG
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Der grundsätzlich zur Bewertung der Lebensversicherungsunternehmen vorgebrachte Einwand, ein Prognosezeitraum bis 2027 sei nicht vertretbar, ist nicht berechtigt (s.o.). Im übrigen sind konkrete Beanstandungen gegen die Bewertung, auch nach Vorlage der Unterlagen B 34 bis B 36 durch die Antragsgegnerin, nicht vorgebracht worden. Der Senat sieht auch keinen Anlass, deren weitere Überprüfung zu veranlassen, nachdem sich etwaige Bewertungsfehler wegen der weitgehenden Überschussbeteiligung der Versicherten und wegen des Umstands, dass der nach dem Verschmelzungsbericht ermittelte Unternehmenswert nicht einmal 4 % des Gesamtunternehmenswerts der WüBetAG ausmacht, auf diesen nicht nennenswert auswirken.
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Zur Ermittlung der Ertragsüberschüsse der tschechischen Bausparkassentochter sind keine konkreten Beanstandungen vorgebracht worden. Zur Frage, ob der Kapitalisierungszins richtig ermittelt worden ist, wird auf die nachfolgenden Ausführungen unter 3. a) cc) verwiesen.
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aa) Das Umtauschverhältnis ist nicht deshalb im Ergebnis unangemessen, weil im Bewertungsgutachten ein
Basiszins von 6 %
angesetzt wurde. Nach den Angaben im Verschmelzungsbericht (S. 98) ergibt sich diese Rendite als gerundeter Wert nach finanzmathematischer Ableitung aus der Stichtagsrendite von 3,9 % für 10-jährige öffentliche Anleihen und der Durchschnittsrendite 1968-1998 von 7,5 %; bei dem gerundeten Wert handelt es sich übrigens um die „Vorgabe“ des Arbeitskreises Unternehmensbewertung des IDW für den fraglichen Zeitraum (vgl. Gutachten O., Anl. 2 S. 2). Ob diese Art der Ermittlung eines Mischzinses eine angemessene Berücksichtigung der zu erwartenden Verzinsung am Stichtag samt Anschlussverzinsung nach Laufzeitende der genannten Anleihen ergibt oder ob es stattdessen sachgerechter wäre, auf die Stichtagsrendite längerlaufender Anleihen zurückzugreifen oder den Basiszins in anderer Weise aus der Zinsstruktur abzuleiten (vgl. dazu die Literaturangaben oben 2. a) aa) (3); außerdem Maul FS Drukarczyk 2003, S. 277; Ballwieser, Unternehmensbewertung, 2004, S. 82 ff; zur Heranziehung von „Langläufern“ in der Rechtsprechung: OLG Düsseldorf NZG 2003, 588; LG Bremen AG 2003, 214; LG München AG 2002, 563, 565), kann dahinstehen. Denn auch in Bezug auf die Festlegung des Basiszinses und des Kapitalisierungszinses allgemein gilt im Fall der Verschmelzung unabhängiger Gesellschaften, dass die auf hinreichender Informationsgrundlage getroffene Entscheidung bei der Ermittlung des Umtauschverhältnisses nicht korrigiert werden muss. Der Empfehlung der beratenden Wirtschaftsprüfer, die dem entsprach, was in der Praxis der Unternehmensbewertung zu dem Zeitpunkt und auch später üblich, in der Rechtsprechung und teils auch der Literatur akzeptiert war und noch ist (vgl. etwa Großfeld, Unternehmensbewertung und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 117 ff m.w.N.), konnten die Unternehmensleitungen bei der Vereinbarung des Umtauschverhältnisses unbedenklich folgen.
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bb) Für die Entscheidung zum Basiszins war in der hier gegebenen Verschmelzungskonstellation auch schon deshalb ein weiterer Spielraum eröffnet, weil der Basiszins wie auch der Kapitalisierungszinssatz insgesamt für die Bestimmung einer Verschmelzungswertrelation ohnehin von untergeordneter Bedeutung sind. Im Regelfall wirkt sich eine einheitliche Veränderung des Kapitalisierungszinses sogar auf beiden Seiten gleichmäßig aus, so dass das Umtauschverhältnis dadurch nicht nennenswert beeinflusst wird (vgl. auch Wenger FS Drukarczyk 2003, 475, 491). In diesem Fall sind geringfügige Verschiebungen der Relation durch andere Basiszinssätze dagegen zwar unter anderem deshalb nicht ausgeschlossen, weil unterschiedliche Risikozuschläge für die zu bewertenden Unternehmen (dazu unten b) und die verschiedenen Bewertungsphasen angesetzt werden und weil die ewige Rente in unterschiedlicher Relation zum Gesamtergebnis beiträgt, auch wegen der in unterschiedlichem Maß bei den Einzelbewertungen berücksichtigten nicht betriebsnotwendigen Unternehmen. Verschiedene Probeberechnungen, die der Senat etwa mit Basiszinssätzen von 4,8 % oder 3,9 % durchgeführt hat, zeigen, dass sich bei zunehmender Herabsetzung des Basiszinssatzes bei im Übrigen unveränderten Parametern der Ertragswertberechnungen das Umtauschverhältnis leicht zuungunsten der ehemaligen Aktionäre der WürttAG verändert.
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cc) Aus ähnlichen Gründen sieht der Senat auch keinen Anlass, den für das tschechische Bausparunternehmen angesetzten Basiszins von 12 % aufwändig auf der Grundlage einer Übersetzung tschechischer amtlicher Statistiken zu überprüfen. Der auf dieser Basis ermittelte Unternehmenswert, der nur entsprechend der Beteiligungsquote der WüBetAG von 52,46 % in deren Gesamtwert einfließt, hat daran nur einen Anteil von ca. 0,8 %. Das Umtauschverhältnis verändert sich deshalb praktisch nicht, wenn dieser Basiszins um die Hälfte vermindert oder um das Doppelte erhöht wird (es ergeben sich jeweils unerhebliche Veränderungen in der dritten Nachkommastelle, so dass es gerundet bei 2:1 bleibt). Es ist bei der Sachlage nicht zu beanstanden, dass bei dieser Bewertung auf Daten von Bloomberg und interne Berechnungen der Bausparkasse anstatt auf amtliche Statistiken zurückgegriffen wurde.
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b) Risikozuschläge und Geldentwertungsabschläge
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Aus denselben Gründen wie unter a) bb) ausgeführt, führen auch die von einzelnen Antragstellern oder dem gemeinsamen Vertreter verlangten verschiedenen Änderungen bei diesen Zu- und Abschlägen, die im Grundsatz niedrigere Kapitalisierungszinsen und damit höhere Unternehmenswerte zur Folge hätten, nach den Vergleichsberechnungen des Senats jeweils zu einem relativ höheren Gesamtunternehmenswert der WüBetAG und damit nicht zu einem günstigeren Umtauschverhältnis bzw. einer baren Zuzahlung für die ehemaligen Aktionäre der WürttAG. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die einzelnen Einwendungen richtig sind.
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Ebenso kann offen bleiben, ob die Änderungen, die der Sachverständige für einige Unternehmen der WüBetAG für richtig gehalten hat, berechtigt sind. Denn auch sie haben zu einem höheren Unternehmenswert des übernehmenden Rechtsträgers geführt und begründen damit nicht, dass das Umtauschverhältnis zulasten der Anteilseigner der WürttAG unangemessen ist.
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Die Berücksichtigung einer Ertragsteuerbelastung der Anteilseigner mit einem typisierten Steuersatz von 35 % ist schon deshalb nicht zu beanstanden, weil sie gleichmäßig bei allen zu bewertenden Unternehmen beider Verschmelzungspartner vorgenommen wurde und bereits deshalb nicht zu einem unangemessenen Umtauschverhältnis führt. Es kann deshalb offen bleiben, ob grundsätzliche Bedenken gegen die Berücksichtigung von Ertragsteuern, wie sie etwa von der Antragstellerin zu 1 vorgebracht wurden, bei anderen Bewertungsanlässen berechtigt sind.
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Unbedenklich ist insbesondere auch, dass damit die Steuerrechtslage zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses und des Stichtags zugrunde gelegt wurde. Die Verschmelzungspartner hatten in der ersten Jahreshälfte 1999 keinen Anlass, den Wechsel zum Halbeinkünfteverfahren durch das Steuersenkungsgesetz vom 23.10.2000, das im Entwurf der damaligen Bundesregierung bzw. Regierungsfraktionen Mitte Februar 2000 vorgestellt wurde (BT-Drucksache 14/2683), vorherzusehen oder gar vorwegzunehmen. Es gibt auch keinen Grund, abweichend vom Stichtagsprinzip die Rechtslage zugrunde zu legen, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung gilt. Das folgt insbesondere nicht aus der Rechtsprechung zur Berücksichtigung der jeweiligen Steuerbelastung bei der Festsetzung des festen Ausgleichs nach § 304 Abs. 2 Satz 1 AktG, der ratierlich in der Zukunft zu zahlen ist und deshalb eine Berücksichtigung der jeweils bei der Auszahlung geltenden Körperschaftssteuerbelastung fordert (BGHZ 156, 57; OLG Zweibrücken WM 1995, 980). Das ist auf die jeweils stichtagsbezogene Ermittlung eines angemessenen Umtauschverhältnisses und Festsetzung einer daraus abgeleiteten einmalig zu zahlenden baren Zuzahlung, die angemessene Verhältnisse zum Stichtag herstellen soll, nicht übertragbar (vgl. auch Baldamus AG 2005, 77; gegen eine rückwirkende Methodenänderung wegen geänderter Steuerrechtslage Dörschell/Franken DB 2005, 2257; vgl. ferner IDW S 1 Tz. 23 letzter Satz). Der Senat weicht damit nicht von der genannten Rechtsprechung ab, die andere Sachverhalte betrifft, so dass keine Vorlage nach § 28 Abs. 2 FGG möglich ist.
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Es ist im Ergebnis auch nicht zu beanstanden, dass die Ertragswerte der Unternehmen bei der Verschmelzung nach dem stand-alone-Prinzip ermittelt werden, also unter der fiktiven Annahme des selbständigen Fortbestands der beteiligten Rechtsträger. Das wird allerdings nicht etwa von der Überlegung getragen, dass die Anteilseigner nicht an den Verbundeffekten beteiligt werden dürften. Für die Bewertung eines Umtauschverhältnisses als angemessen dürfte es vielmehr im Grundsatz auch darauf ankommen, dass alle Anteilseigner des verbundenen Unternehmens an den Verbundvorteilen angemessen partizipieren. Für die Aufteilung gibt es allerdings keine feste Regel. Als angemessene Methode zur Verteilung der Synergieeffekte auf die Verschmelzungspartner bzw. deren Anteilseigner kommt neben detaillierten betriebswirtschaftlichen Modellen insbesondere eine ertragswertanteilige oder eine hälftige Aufteilung in Betracht (vgl. etwa Fleischer ZGR 1997, 368, 381 f m.w.N.; Reuter DB 2001, 2483, 2488; Seetzen WM 1999, 565, 572; Ossadnik DB 1997, 885, 886; ders. DB 1985, 1953, 1956 f.; Böcking FS Moxter 1984, S. 1407, 1426 ff; Nonnenmacher AG 1982, 153, 157). Eine implizite Aufteilung der Synergieeffekte in der Relation der Ertragswerte der Verschmelzungspartner ergibt sich bei der Verschmelzung schon dann, wenn die Verbundvorteile bei der Ermittlung der Unternehmenswerte nach der Ertragswertmethode rechnerisch außer Betracht gelassen und auf der Grundlage das Umtauschverhältnis festgesetzt wird (Seetzen a.a.O.; Nonnenmacher a.a.O.). Bei dieser Relation bleibt wie auch bei der hälftigen Aufteilung zwar unberücksichtigt, aus welchem der beteiligten Unternehmen welches Synergiepotential kommt. Das ist aber nicht unangemessen, weil die Potentiale eines Rechtsträgers wegen der Verschmelzung, also wegen der Bereitschaft der Anteilseigner des anderen Rechtsträgers zur Verbindung, realisiert werden, so dass die Verteilung nicht nach dem „Verursacherprinzip“ vorgenommen kann (Nonnenmacher a.a.O.); vielmehr ist es wegen des beiderseitigen Beitrags gerechtfertigt, wenn auch beide Seiten daran teilhaben (vgl. z.B. Böcking a.a.O. S. 1427). Die Frage, ob es im Einzelfall unangemessen sein kann, wenn die Anteilseigner desjenigen Unternehmens weniger an diesen Effekten partizipieren, dessen Ertragswert zwar niedriger liegt, aber die höheren Synergiepotentiale mitbringt, stellt sich hier nicht, weil die Ertragswerte gleich hoch sind. Eine ertragswertanteilige Aufteilung entspricht hier der hälftigen Aufteilung.
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5. Ergebnis - Ertrags- und Börsenwerte
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Nach alldem ist dem im Verschmelzungsvertrag bestimmten Umtauschverhältnis zu Recht ein
Ertragswert der WürttAG
von 5.333 Mio. DM zugrunde gelegt worden. Ob die Korrekturen im angefochtenen Beschluss zwingend sind, die auf dem Ansatz von Stichtagskursen bei mit anteiligen Börsenwerten angesetzten Beteiligungen und auf der Umrechnung des in GBP ermittelten Werts der Folgate Insurance Co. Ltd. mit dem Stichtagswechselkurs beruhen, kann dahingestellt bleiben, denn dadurch ergibt sich insgesamt kein höherer, sondern ein niedrigerer Gesamtunternehmenswert, also kein besseres Umtauschverhältnis zugunsten der Antragsteller.
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Dieser Ertragswert ist auch unter Berücksichtigung des Börsenkurses der Aktien der WürttAG im Zeitraum vor dem Stichtag der Hauptversammlung vom 27.07.1999 angemessen. Er bedarf insbesondere keiner Korrektur im Hinblick auf einen höheren Börsenkurs im letzten Halb- oder Vierteljahr des Jahres 1998.
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aa) Der Senat teilt schon im Ausgangspunkt die Ansicht des BayObLG, dass im Falle einer Verschmelzung, jedenfalls wenn sie unter unabhängigen Partnern vereinbart wird, der Börsenkurs der Aktien eines Verschmelzungspartners nicht zwingend die Untergrenze für den Wert eines Anteils an diesem Rechtsträger als Grundlage des Bestimmung des angemessenen Umtauschverhältnisses darstellen muss (BayObLGZ 2002, 400, 406 ff). Es geht hier nicht wie etwa bei Unternehmensverträgen oder beim Ausschluss von Minderheitsaktionären um eine erzwungene Deinvestition gegen eine Abfindung, die dem betroffenen Anteilseigner das gewähren muss, was er bei freiwilliger Deinvestition am Markt oder in freier Verhandlung als Preis für seine einzelnen, selbständig handelbaren Anteile erzielt hätte (vgl. zur Berücksichtigung des Verkehrswerts des Anteils BVerfGE 100, 289, 307 ff). Das Umtauschverhältnis ist vielmehr maßgebend für die Gegenleistung, die der Gesamtheit der Aktionäre für die Übertragung des Vermögens des übertragenden Rechtsträgers, also des Unternehmens, zu gewähren ist, und damit für die Bestimmung der Quote, mit der sich die Investition sämtlicher Anteilseigner am vereinigten Unternehmen fortsetzt (s.o.). Dabei soll die Beteiligung der Anteilseigner aller Verschmelzungspartner, wie sich nicht erst aus Art. 14 GG, sondern schon aus der gesetzlichen Anforderung eines angemessenen Umtauschverhältnisses ergibt (s.o.), auch wertmäßig, d.h. in Bezug auf die Beteiligung am Unternehmenswert, im Wesentlichen erhalten bleiben. Wegen der Interessenkongruenz unter den jeweiligen Anteilseignern eines jeden Rechtsträgers (s.o.) bedarf es dabei weder aus einfach- noch aus verfassungsrechtlicher Sicht eines weitergehenden Schutzes von Minderheitsaktionären, wie er gegen Maßnahmen eines herrschenden, von gegengerichteten Interessen geleiteten Mehrheitsaktionärs durch Ansatz eines Mindestwerts in Form des Börsenkurses der Aktien bzw. des Börsenwerts des Unternehmens erforderlich ist (vgl. i.e. BayObLG a.a.O.; ebenso z.B. Lutter/Drygala a.a.O. § 5 Rn. 24 ff; Wilsing/Kruse DStR 2001, 991, 995; Hüttemann ZGR 2001, 455, 465; Paschos ZIP 2003, 1017, 1022 ff; Decher FS Wiedemann 2002, S. 789, 804; Bungert BB 2003, 699, 703; vgl. auch BVerfG NJW 2001, 279, 280, „Moto Meter“; a.A. Weiler/Meyer NZG 2003, 669; Weiler NZG 2000, 669; Reuter DB 2001, 2483, 2489 f; Puszkajler BB 2003, 1692).
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bb) Auf einen Börsenwert des Unternehmens der WürttAG kann zur Bestimmung des angemessenen Umtauschverhältnisses auch schon deshalb nicht entscheidend abgestellt werden, weil die WüBetAG als übernehmender Rechtsträger nicht börsennotiert war, die Ermittlung eines angemessenen Umtauschverhältnisses aber eine Bewertung der Unternehmen nach gleichen Methoden erfordert (siehe z.B. BayObLGZ 2002, 400, 403; OLG Düsseldorf NZG 2003, 588, 597; Lutter/Drygala a.a.O. § 5 Rn. 26; Piltz ZGR 2001, 185, 203 f und 209; Hüttemann ZGR 2001, 454, 464; Wilsing/Kruse DStR 2001, 991, 994; Bungert/Eckert BB 2000, 1845, 1846 f; Welf Müller FS Röhricht 2005, S. 1015, 1030; vgl. auch BGHZ 147, 108, 121 f; a.A. z.B. Paschos ZIP 2003, 1017, 1021 f; Puszkajler BB 2003, 1692, 1694; Weiler/Meyer NZG 2003, 669, 671; für Konzernverschmelzungen auch Martens FS Röhricht 2005, S. 987, 989 f).
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cc) Außerdem liegt ein stichtagsbezogen ermittelter Börsenwert der WürttAG nicht über dem o.g. Ertragswert von 5.333 Mio. DM. Aus ihm errechnet sich pro Aktie ein anteiliger Unternehmenswert von 247,90 DM je Aktie bzw. nach Berücksichtigung von Verwässerungseffekten durch die Ausübung von Wandelrechten von 242,37 DM je Aktie (VB S. 157). Das entspricht 126,75 EUR bzw. 123,92 EUR. Diese Werte werden durch stichtagsbezogene Börsenkurse nicht erreicht, unabhängig davon, wie sie ermittelt werden. Das belegt allerdings zugleich, dass der im Verschmelzungsvertrag zugrunde gelegte Ertragswert der WürttAG nicht unangemessen niedrig festgelegt worden ist.
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(1) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zur Berechnung der Abfindung und des Ausgleichs bei Unternehmensverträgen auf den durchschnittlichen Kurs aus dem Zeitraum von drei Monaten vor dem Hauptversammlungstermin als Bewertungsstichtag abzustellen (BGHZ 147, 108, 118). Der Kurs der Aktie der WürttAG war bis Anfang März 1999 auf 115 EUR gestiegen, schwankte dann bis Anfang April 1999 nur noch selten zwischen 117 EUR und 110 EUR, um sich schließlich bis zur Hauptversammlung am 27.07.1999 im Wesentlichen nur noch seitwärts zu bewegen (ca. 110 EUR mit seltenen Ausschlägen auf 105 EUR oder 112 EUR; vgl. i.e. Anl. B 40, B 43). Daraus ergibt sich also auch für den Zeitraum von drei Monaten vor der Hauptversammlung ein Durchschnittskurs von ca. 110 EUR bzw. ca. 215 DM (vgl. auch Anl. B 41: 109,92 EUR; Gutachten Tz. 187: 110,43 EUR). Das entspricht dem exakten Stichtagswert von 110 EUR (Gutachten a.a.O.) und liegt unter dem auf diesen Tag ermittelten anteiligen Ertragswert.
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(2) Dasselbe gilt für den vom Sachverständigen alternativ berechneten Durchschnittswert aus dem Zeitraum von sechs Monaten vor der Hauptversammlung (Tz. 187: 114,86 EUR).
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(3) Auch der Börsenkurs am Stichtag lag mit 215,14 DM (110,00 EUR) unter dem anteiligen Ertragswert.
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(4) Es kann offen bleiben, ob statt des bislang vom Bundesgerichtshof herangezogenen Drei-Monats-Zeitraums vor dem Stichtag (Hauptversammlung) etwa in Anlehnung an die Regelungen des Kapitalmarkt- bzw. Übernahmerechts ein Referenzzeitraum von drei Monaten vor Bekanntgabe der Maßnahme anzusetzen wäre oder ob sonst andere Zeiträume oder Endzeitpunkte richtig wären, wie seither in der Literatur vielfach diskutiert wird.
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Es kann auch dahingestellt bleiben, ob ein solches Verschieben der Referenzperiode im vorliegenden Fall geboten wäre, um einen Einfluss dieser Bekanntgabe auf die Kursentwicklung zu eliminieren, obwohl das Umtauschverhältnis selbst am 03.11.1998 noch nicht feststand und auch nicht mitgeteilt wurde, sondern nur vage behauptet wurde, durch die Fusion entstehe eine „gleichwertige Kombination einer Versicherungsgruppe und einer Spezialkreditinstitutsgruppe“ (Ad-hoc-Mitteilung Anl. B 42 S. 1). Auch wenn bereits diese Ankündigung Auswirkungen zu Kursreaktionen geführt hat (ausführlich zu Kapitalmarktreaktionen Weber in: Hüffer/Schmidt-Aßmann/Weber a.a.O. S. 149 ff) erscheint für die Verschmelzung fraglich, ob die Kursentwicklung bis zur Hauptversammlung oder dem sonst gewählten Stichtag ausgeblendet werden darf: Die Antragstellerin hat unwidersprochen vorgebracht, dass in der Zeit vor der Ad-hoc-Mitteilung Kurssteigerungen wesentlich auf Übernahmespekulationen zurückzuführen waren. Wie die vorgelegten Kursübersichten (Anl. B 40, B 43) zeigen, stieg der Kurs am Tag vor der Ad-hoc-Mitteilung von ca. 125 EUR weiter auf ca. 138 EUR an, kletterte dann bis Jahresende 1998 bis auf ca. 146 EUR, um dann wieder bis Mitte März herabzusinken auf ca. 115 EUR und sich anschließend auf ca. 110 EUR einzupendeln (s.o.). Soweit dieser Kursrückgang nicht ohnehin auf die allgemeine oder branchentypische Kursentwicklung zurückzuführen ist (siehe unten), könnte darin auch eine realistische, von spekulativen Komponenten bereinigte Bewertung durch den Kapitalmarkt liegen, die für die Frage der angemessenen Gegenleistung für die Übertragung des Unternehmens bei der bevorstehenden Fusion nicht ausgeblendet werden darf. Ein Aktionär, der sich bei einem ihm günstigen Kurs nicht zum Verkauf entschließt, ist nicht vor einer Kursveränderung durch Marktreaktionen auf die künftige Unternehmensentwicklung geschützt (vgl. BGHZ 147, 108, 120 f für den umgekehrten Fall) und er kann auch nicht verlangen, dass der Vorstand die Phantasien des Kapitalmarkts realisiert, d.h. etwaigen Übernahmebemühungen nachgibt, nur um den Aktionären einen höheren Kursgewinn zu realisieren. Das bedarf indessen keiner abschließenden Entscheidung.
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Ebenso kann auch offen bleiben, ob eine Mittelung von Kursen über einen Zeitraum von wenigen Tagen hinaus überhaupt geeignet ist, einen auch nur einigermaßen realistischen Wert des Unternehmens zum Ende der fraglichen Periode zu ermitteln (dagegen mit überzeugender Begründung Weber ZGR 2004, 280, 290 ff).
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Denn nach den Berechnungen des gemeinsamen Vertreters beträgt ein (gewichteter) Durchschnittskurs aus dem Drei-Monats-Zeitraum vor dem 03.11.1998 252,54 DM (129,12 EUR). Schon dieser Wert liegt nur ca. 3 % über dem anteiligen Ertragswert von 246,05 DM, so dass fraglich ist, ob alleine damit die Unangemessenheit eines ausschließlich nach der Ertragswertrelation bestimmten Umtauschverhältnisses belegt wäre.
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Unabhängig davon kann bei der hier zu beurteilenden Verschmelzung für eine stichtagsbezogene Ermittlung der Wertrelation zweier Unternehmen der Börsenkurs des einen Unternehmens aus dem Zeitraum vor Bekanntgabe der Verschmelzungsabsicht, die fast neun Monate vor dem Stichtag liegt, zu dem auf diesen Stichtag ermittelten Ertragswert des anderen Unternehmens nicht ohne Weiteres in Beziehung gesetzt werden (vgl. auch BayObLGZ 2002, 400, 409). Auch wenn die früher liegende Referenzperiode gewählt werden müsste, um eine Kursbeeinflussung durch die Bekanntgabe der Verschmelzungsabsicht zu eliminieren, würde die auf dieser Grundlage geschätzte Börsenkapitalisierung der WürttAG erst mit dem Ertragswert der WüBetAG vergleichbar, wenn die allgemeine Börsenentwicklung, abgesehen von diesen Sondereinflüssen, mit berücksichtigt werden würde. Dafür bietet sich beispielsweise eine Hochrechnung des Ausgangskurses anhand des einschlägigen Branchen-Index an (vgl. Weber a.a.O. S. 287). Eine solche grobe Hochrechnung des Durchschnittskurses von 252,42 EUR anhand der Werte des C-DAX Versicherungen, die sich für den 03.11.1998 und den 27.07.1999 in etwa aus der in Anl. B 44 vorgelegten Kurve ergeben, führt zu einem Wert von ca. 210 DM oder 107 EUR am 27.07.1999. Das liegt wieder unter dem anteiligen Ertragswert der WürttAG.
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(5) Nicht in Betracht kommt jedenfalls ein Durchschnittskurs von 257,21 DM oder 131,51 EUR aus dem Drei-Monats-Zeitraum vor Beauftragung der Bewertungsgutachter, wie im angefochtenen Beschluss angenommen worden ist, der damit der nicht näher begründeten Auffassung des Sachverständigen folgt, das sei „repräsentativ“. Es ist von keiner Seite behauptet, dass der Kapitalmarkt über diesen internen Vorgang informiert gewesen sein soll, so dass nicht nachvollziehbar ist, wieso ausgerechnet der Durchschnittskurs aus dem Zeitraum davor für die Ermittlung eines Börsenwerts relevant sein soll. Abgesehen davon wäre auch ein solcher Durchschnittswert auf den Stichtag umzurechnen (s.o. (2) a.E.), so dass auch dabei der anteilige Ertragswert nicht überschritten wird.
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dd) Unter den Umständen kann dahingestellt bleiben, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Börsenkurs geeignet ist, den Wert des Unternehmens als Ganzes, der für das Umtauschverhältnis maßgeblich ist, zu bestimmen (dazu etwa Wilm NZG 2000, 234, 237; Hüttemann ZGR 2001, 454, 467 ff; kritisch zur Börsenkapitalisierung BGHZ 158, 122, 127). Es kommt insbesondere nicht darauf an, ob, wie von der Antragsgegnerin behauptet, im maßgeblichen Zeitraum eine Marktenge geherrscht hat und nach welchen Kriterien das festzustellen wäre.
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Ebenso kommt es nicht darauf an, ob die Eignung von Börsenkursen zur Bestimmung einer angemessenen Wertrelation bei der Verschmelzung deshalb in Zweifel zu ziehen ist, weil sich aus der Addition oder Relation von Börsenkursen der zuvor unabhängigen Unternehmen kein Börsenkurs des verschmolzenen Unternehmens errechnen lässt (vgl. Decher FS Wiedemann 2002, S. 789, 804), der dessen Anteilseignern den Wert ihrer vormaligen Anteile sichert (vgl. auch Maier-Reimer/Kolb FS Welf Müller 2001, S. 93, 108 unter 2 a) zur Abfindung in Aktien nach § 305 Abs. 2 AktG).
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Schließlich ist auch unerheblich, dass sich ein angemessenes Umtauschverhältnis jedenfalls nicht, wie im angefochtenen Beschluss angenommen, durch eine Relation zwischen einerseits einem Börsenwert des übertragenden Unternehmens und andererseits der Summe der Ertragswerte des übertragenden und des übernehmenden Rechtsträgers ergeben kann.
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Ebenso angemessen ist nach den Ausführungen oben unter 1. - 4. der für die WüBetAG im Verschmelzungsbericht ermittelte Unternehmenswert von 5.333 Mio. DM.
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Damit ist das Umtauschverhältnis von 2:1 angemessen. Die Festsetzung einer Zuzahlung ist deshalb nicht möglich.
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Eine bare Zuzahlung unter dem Gesichtspunkt eines „kalten Delistings“, wie sie insbesondere die Antragstellerin zu 8 im Beschwerdeverfahren vertritt, kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Verschmelzung die Fungibilität der Anteile der ehemaligen Aktionäre der WürttAG nicht beeinträchtigt hat. Sie ist außerdem nicht Verfahrensgegenstand.
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Es liegt bereits kein Fall des sog. „kalten Delisting“ vor. Hat die Verschmelzung einer börsennotierten Gesellschaft auf eine Gesellschaft, deren Anteile nicht an der Börse notiert sind, zur Folge, dass für die Aktien des verschmolzenen Unternehmens dauerhaft kein Börsenhandel mehr stattfindet, so kann dies im Ergebnis einem Delisting gleich kommen. Für die Annahme eines solchen Fungibilitätsverlusts genügt es aber nicht, dass die Börsenzulassung der Aktien des übertragenden Rechtsträgers mit dessen Erlöschen durch Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister ipso jure wegfällt (Erledigung nach § 43 Abs. 2 VwVfG; dazu Marsch-Barner/Schäfer/Eckhold, Handbuch börsennotierte AG, § 63 Rn. 20 m.w.N.). Es spielt auch keine Rolle, wenn die Aktien des übernehmenden Rechtsträgers vor der Verschmelzung nicht börsennotiert sind. Entscheidend ist vielmehr, dass nach vollzogener Verschmelzung kein Börsenhandel mehr mit den Anteilen stattfindet, die die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft als Gegenleistung für die Vermögensübertragung mit der Eintragung der Verschmelzung zur Fortsetzung ihrer Investition erhalten. Nur in diesem Fall eines sog. „Going Private Merger“ ist die Fungibilität der Anteile beeinträchtigt. Werden dagegen diese neuen Aktien unverzüglich nach Eintragung der Verschmelzung an der Börse notiert, bleibt die Fungibilität der sich in diesen Anteilen fortsetzenden Mitgliedschaften erhalten. Ein Ausgleich für einen Fungibilitätsverlust kommt dann von vorneherein nicht in Betracht.
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So liegt es hier. Die WürttAG ist nicht auf die WüBetAG mit dem Ziel verschmolzen worden, deren Aktien künftig dem Börsenhandel vorzuenthalten; vielmehr war beabsichtigt, die Aktien an der Börse zu notieren und den Streubesitz auszuweiten (vgl. VB S. 44, 50, 56, 85 f). Die WüBetAG war vor der Verschmelzung zwangsläufig nicht börsennotiert, weil sie nur eine Aktionärin hatte und deshalb ihre Anteile nicht an der Börse gehandelt werden konnten. Aber bereits ihr Formwechsel aus der GmbH im Frühjahr 1999 erfolgte mit dem erklärten Ziel einer Börsennotierung nach der Verschmelzung (VB S. 48). Mit Eintragung der Kapitalerhöhung und der Verschmelzung waren die den Aktionären der untergegangenen WürttAG zustehenden neuen Aktien der WüBetAG entstanden und die rechtlichen Voraussetzungen für eine Börsennotierung gegeben. Dementsprechend ist schon in § 5 Abs. 3 des Verschmelzungsvertrags bestimmt, dass die WüBetAG die Zulassung ihrer Aktien zum amtlichen Handel an den Wertpapierbörsen Frankfurt am Main und Stuttgart beantragen wird (VB S. 242; vgl. auch VB S. 56 und S. 85 f). Im Verschmelzungsbericht ist dazu ausgeführt, der Antrag werde so rechtzeitig gestellt, dass der Börsenhandel zeitnah nach dem Wirksamwerden der Verschmelzung aufgenommen werden könne (VB S. 86 unter F. III.). Außerdem sei vorgesehen, für die Zeitspanne von einigen Werktagen zwischen der Einstellung der Notierung der Aktien der WürttAG infolge Eintragung der Verschmelzung und der Aufnahme der Notierung der Aktien der WüBetAG sicherzustellen, dass eine Notierung der Umtauschansprüche, die nunmehr in den Aktienurkunden verbrieft seien, stattfinde, um den Interessen der Aktionäre an einer lückenlosen börsenmäßigen Handelbarkeit Rechnung zu tragen (VB S. 85 f unter F. II). So wurde tatsächlich auch verfahren: Die Kapitalerhöhung der WüBetAG wurde am 31.08.1999, die Verschmelzung am 01.09.1999 im Handelsregister eingetragen, der Börsenhandel mit den Aktien der WürttAG wurde am 02.09.1999 eingestellt, stattdessen wurden die Aktien als Umtauschansprüche notiert und am 09.09.1999 wurde schließlich der Börsenhandel mit den Aktien der Antragsgegnerin aufgenommen (vgl. die „Erste Aufforderung zum Aktienumtausch“ in der Stuttgarter Zeitung Nr. 206 vom 07.09.1999, S. 31, angeheftet am hinteren Aktendeckel in Bd. 1). Das unterscheidet sich nicht vom Ablauf einer Verschmelzung auf eine börsennotierte Aktiengesellschaft, bei der ebenfalls die in der Regel durch Kapitalerhöhung geschaffenen neuen Aktien erst mit der Eintragung von Kapitalerhöhung und Verschmelzung entstehen (Lutter/Grunewald a.a.O. § 69 Rn. 19; Kallmeyer/Marsch-Barner a.a.O. § 69 Rn. 21 m.w.N.) und deshalb auch erst nach diesen Eintragungen zum Börsenhandel zugelassen werden können. Wie in diesen Fällen ist auch bei der Verschmelzung auf die Antragsgegnerin die Fungibilität der Anteile der ehemaligen Aktionäre der WürttAG nicht beeinträchtigt worden, so dass sich die Frage eines Ausgleichs nicht stellt.
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Abgesehen davon würde eine Übertragung der vom Bundesgerichtshof entwickelten „Macrotron“-Grundsätze (BGHZ 153, 47, 56 ff) auch nicht die Festsetzung einer baren Zuzahlung in diesem Spruchverfahren rechtfertigen. Der Bundesgerichtshof hat dort ausgeführt, ein Ausgleich für eine Beeinträchtigung der Verkehrsfähigkeit sei nicht möglich, weil es keine Berechnungsmethode für einen isolierten Wert der Börsennotierung gebe (vgl. auch Welf Müller, FS Röhricht 2005, S. 1015, 1023; zum Meinungsstand Marsch-Barner/Schäfer/Eckhold a.a.O. § 63 Rn. 29), weshalb die Aktiengesellschaft oder der Großaktionär ein Pflichtangebot über den Kauf der Aktien der Minderheitsaktionäre in Höhe des vollen Wertes abgeben müsse. Es kann dahingestellt bleiben, ob und von wem ein solches Pflichtangebot entsprechend diesen Grundsätzen oder analog § 29 UmwG auch im Falle eines „kalten Delisting“ durch Verschmelzung auf eine dauerhaft nicht börsennotierte Gesellschaft abgegeben werden müsste und ob etwa analog § 34 UmwG in einem Spruchverfahren eine Barabfindung selbst dann verlangt werden könnte, wenn es kein Kaufangebot und auch keinen Widerspruch in der Hauptversammlung gibt (vgl. zu diesen Fragen beispielsweise Lutter/Grunewald, a.a.O. § 29 Rn. 9, 15, 31 f; KK-SpruchG/Wasmann § 1 Rn. 36, je m.w.N.; siehe nunmehr auch Art 1 Nr. 6 b des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, Referentenentwurf vom 13.02.2006,
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http://www.bmj.de/media/archive/1149.pdf |
). Denn es fehlt nicht nur an den Voraussetzungen des „kalten Delisting“ durch ein „Going Private Merger“ (oben a). Ein Antrag auf Bestimmung einer solchen Barabfindung, der zudem fristgerecht gestellt sein müsste (vgl. OLG Düsseldorf NZG 2005, 317), ist auch nicht Gegenstand dieses Spruchverfahrens. |
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Weil der Senat damit nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Pflichtangebot beim Delisting abweicht, ist eine Vorlage nach § 28 Abs. 2 FGG unter diesem Gesichtspunkt entgegen der Ansicht der Antragstellerin zu 8 nicht veranlasst.
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Eine bare Zuzahlung kommt auch nicht deshalb in Betracht, weil der Börsenkurs der Aktien der Antragsgegnerin in der Zeit nach Wirksamwerden der Verschmelzung verfallen ist, wie durch die Antragsteller verschiedentlich verlangt worden ist (Antragsteller zu 5 im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 31.10.2003, S. 5 = Bl. II 289; vgl. auch Schriftsatz des gemeinsamen Vertreters vom 12.08.2005, S. 123 = Bl. V 747; ähnlich Beschwerdeerwiderung des Antragstellers zu 7 vom 30.08.2005, Bl. V 754 f). Die Funktion des Umtauschverhältnisses ist es nicht, Kursveränderungen nach der Verschmelzung auszugleichen, sondern die angemessene Gegenleistung für die Vermögensübertragung und damit zugleich die Beteiligungsquote sämtlicher Anteilseigner des verschmolzenen Unternehmens festzulegen (s.o.). Deshalb kann auch keine bare Zuzahlung nach § 15 UmwG wegen etwaiger Kursverluste nach der Verschmelzung gewährt werden. Im Übrigen kann nach geltendem Recht ein Ausgleich für Reaktionen des Börsenkurses auf durchgeführte Strukturmaßnahmen, die der Vorstand vorgeschlagen und die Hauptversammlung mit der erforderlichen Mehrheit beschlossen hat, auch nicht Gegenstand eines Spruchverfahrens sein. Worauf die Kursentwicklung tatsächlich zurückzuführen ist, bedarf deshalb keiner Klärung.
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Der Geschäftswert ist nach § 15 Abs. 1 Satz 2 und Satz 4 SpruchG auf 200.000 EUR festzusetzen. Der Geschäftswert ist für das Beschwerdeverfahren gesondert festzusetzen (vgl. § 131 Abs. 2 KostO). Auf das Beschwerdeverfahren ist nach § 17 Abs. 2 Satz 2 SpruchG das SpruchG anzuwenden, weil die Beschwerde nach dem 01. September 2003 eingelegt worden ist. Maßgebend ist nicht der Unterschiedsbetrag zum Ergebnis der ersten Instanz. Der Geschäftswert hängt auch für das Verfahren zweiter Instanz nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SpruchG vom Ergebnis des Spruchverfahrens ab, also von der festgesetzten Kompensation (KK-SpruchG/Roßkopf, § 15 Rn. 19; wohl auch Büchel NZG 2003, 793, 803; a.A. Widmann/Mayer/Vollrath, UmwR, § 15 SpruchG Rn. 38). Da es nach diesem Beschluss nicht zu einer baren Zuzahlung kommt, ist der gesetzliche Mindestwert von 200.000,-- EUR nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SpruchG festzusetzen. Er ist in allen Fällen anzusetzen, in denen es nicht zu einer Erhöhung der Kompensation oder hier der Anordnung einer Zuzahlung kommt (vgl. OLG Stuttgart NZG 2004, 97 und 625).
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Schuldnerin der Gerichtskosten ist nach § 15 Abs. 2 Satz 1 SpruchG, der auch im Beschwerdeverfahren gilt (vgl. BayObLGZ 2004, 200), nur die Antragsgegnerin, was in der Kostenentscheidung klargestellt ist. Gründe für eine abweichende Billigkeitsentscheidung nach Satz 2 dieser Regelung liegen nicht vor.
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Bezüglich der außergerichtlichen Kosten erster Instanz hat es bei der Entscheidung des Landgerichts auf der Grundlage des hier noch anwendbaren § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG zu verbleiben, dass die Antragsgegnerin diese Kosten zu erstatten hat. Für das Beschwerdeverfahren gilt der aus § 15 Abs. 4 SpruchG folgende Grundsatz, dass außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden. Im Hinblick auf den Ausgang des Beschwerdeverfahrens ist eine abweichende Entscheidung zugunsten der Antragsteller nicht veranlasst.
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