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| 1. Der Kläger ist der Bundesverband D... P... . Der Beklagte ist zusammen mit der Klinikverbund S... GmbH Gesellschafter der Kreiskliniken C... gGmbH, die Krankenhäuser in N... und C... betreibt. Die Krankenhäuser sind seit 1999 in den Krankenhausplan des Landes Baden-Württemberg aufgenommen. |
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| In seiner Sitzung vom 21. April 2008 betraute der Kreistag des Beklagten die Krankenhäuser C... und N... mit der Erbringung näher bezeichneter Versorgungsleistungen und Notfalldienste als Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse. Am 16.12.2013 verabschiedete der Kreistag der Beklagten einen weiteren Betrauungsakt, der den Betrauungsakt vom 21.04.2008 mit Wirkung zum 01.01.2014 ersetzte. |
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| 2010 bis 2012 ergaben die Jahresabschlüsse der Kreiskliniken C... zusammengenommen einen Fehlbetrag von über 4,5 Mio. EUR. Am 17.12.2012 beschloss der Kreistag des Beklagten, die Jahresfehlbeträge für 2012 sowie die für die Folgejahre erwarteten erheblichen Verluste bis zunächst 2016 jährlich auszugleichen, soweit dafür kein Eigenkapital zur Verfügung steht. |
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| Ab 2010 übernahm der Beklagte Ausfallbürgschaften zur Absicherung von Darlehen, die die Kreiskliniken C... zur Finanzierung von Investitionsmaßnahmen aufgenommen hatten oder aufzunehmen beabsichtigten. Avalzinsen für die Übernahme der Bürgschaften zahlten die Kreiskliniken C... nicht. |
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| Außerdem gewährte der Beklagte den Kreiskliniken C... 2011 und 2012 Investitionszuschüsse über knapp 140.000 EUR. |
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| Der Kläger sieht in dem Verlustausgleich durch den Beklagten, dessen Ausfallbürgschaften und Investitionszuschüssen staatliche Beihilfen zugunsten der Kreiskliniken C..., die mangels Notifizierung bei der Europäischen Kommission gegen das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV verstießen. |
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| Der Beklagte macht geltend, dass seine Zuwendungen keine staatlichen Beihilfen darstellen. Jedenfalls seien sie von der Pflicht zur Anmeldung bei der Europäischen Kommission befreit, weil sie dem Ausgleich von Kosten für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse dienten, mit denen der Beklagte die Kreiskliniken C... betraut habe. |
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| Wegen des weiteren Vortrags der Parteien im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen. |
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| 2. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil Art. 106 Abs. 2 AEUV staatliche Beihilfen für Krankenhäuser als mit dem gemeinsamen Markt vereinbar erklärt und deshalb von der Notifizierungspflicht freigestellt habe. |
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| 3. Der Senat hat in seinem Berufungsurteil vom 20.11.2014 die Berufung des Klägers zurückgewiesen. |
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| Der Kläger sei nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt. Die Leistungen des Beklagten stellten geschäftliche Handlungen i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar, auch wenn der Beklagte kraft hoheitlichen Auftrags den Betrieb der Krankenhäuser sicherzustellen habe. |
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| Die Zuwendungen verstießen nicht gegen die Marktverhaltensregelung des Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV, keine staatlichen Beihilfen ohne vorherige Anmeldung bei der Kommission zu gewähren. Dabei könne offen bleiben, ob es sich bei den streitgegenständlichen Leistungen um staatliche Beihilfen handele, die die Kreiskrankenhäuser im beihilferechtlichen Sinne begünstigten und geeignet seien, den Wettbewerb zu verfälschen sowie den zwischenstaatlichen Handel im Binnenmarkt zu beeinträchtigen. Dies hänge u.a. davon ab, ob ein marktwirtschaftlich handelnder Marktteilnehmer ebenso wie der Beklagte gehandelt hätte, was mittels Sachverständigengutachten geklärt werden müsste. |
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| Jedenfalls sei der Beklagte gem. Art. 106 Abs. 2 AEUV i.V.m. der Freistellungsentscheidung der Kommission (2005/842/EG) von der Notifizierungspflicht freigestellt sei. Die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhausleistungen sei eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse. Mit der Aufnahme der Kreiskliniken C... in den Krankenhausplan stehe unwiderlegbar fest, dass diese Krankenhäuser für eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhausleistungen notwendig seien und diese Leistungen nicht von anderen Trägern erbracht werden könnten. Die beiden Betrauungsakte genügten den Anforderungen der Freistellungsentscheidung 2005/842/EG, jedenfalls seien die Betrauungsakte nicht nichtig. |
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| 4. Die hiergegen eingelegte Revision des Klägers hatte teilweise Erfolg. Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und zurückverwiesen, soweit es die Klageanträge hinsichtlich des Verlustausgleichs bei den Kreiskliniken C... für die Jahre 2012 und 2013 sowie auf Ersatz von Abmahnkosten für unbegründet gehalten hat. Erfolglos blieb die Revision hinsichtlich des Ausgleichs der Jahresfehlbeträge 2014 bis 2016, der Übernahme von Bürgschaften und der Gewährung von Investitionszuschüssen. |
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| Für die Revision hat der BGH den vom Senat offen gelassenen Sachverhalt unterstellt, dass die Zuwendungen des Beklagten an die Kreiskliniken C... einen Vorteil im beihilferechtlichen Sinn darstellen, weil sie ihr eine Begünstigung verschaffen, die sie unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte. |
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| Der Senat habe auch zu Recht angenommen, dass es für die Frage, ob ein Verstoß gegen das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV vorliege, darauf ankomme, ob die als Beihilfen beanstandeten Maßnahmen nach Art. 106 Abs. 2 und 3 AEUV von der Notifizierungspflicht befreit seien. Die Voraussetzungen hierfür lägen zwar grundsätzlich vor. Es handele sich um Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse. Die formalen Anforderungen, die an die Übertragung solcher Dienstleistungen zu stellen seien, seien erfüllt. Die Freistellung von der Notifizierungspflicht setze aber ferner voraus, dass der Betrauungsakt bestimmte inhaltliche Anforderungen erfülle. Diese seien nur bei dem Betrauungsakt vom 16.12.2013 erfüllt, nicht jedoch bei dem Betrauungsakt vom 21.04.2008, der für den Ausgleich der Jahresfehlbeträge 2012 und 2013 maßgeblich sei, weil bei Letzterem die Parameter für die Berechnung der Ausgleichsleistungen fehlten (Art. 4 S. 3 lit. d) der Kommissionsentscheidung vom 28.11.2005, 2005/842/EG). |
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| Soweit der Kläger den Ausgleich von Jahresfehlbeträgen für die Jahre 2012 und 2013 beanstande und den Ersatz von Abmahnkosten begehre, könne aufgrund der bislang getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden, ob es sich um anmeldepflichtige staatliche Beihilfen handele. Bei der Beurteilung dieser Frage werde das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob eine rein lokale Fördermaßnahme ohne Auswirkungen auf den Handel innerhalb der Union vorliege. |
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| Eine staatliche Unterstützung könne auch dann Auswirkungen auf den Handel innerhalb der Union haben, wenn das begünstigte Unternehmen nicht unmittelbar am grenzüberschreitenden Handel teilnehme. Der örtliche oder regionale Charakter der durch das begünstigte Unternehmen erbrachten Dienstleistung oder die geringe Größe seines Tätigkeitsgebiets schließe nicht von vornherein die Möglichkeit aus, dass es in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Unternehmen durch die Maßnahme erschwert werde, ihre Dienste auf dem Markt dieses Staats zu erbringen. Die Möglichkeit, dass der Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt werde, dürfe allerdings nicht nur hypothetischer Natur sein und nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeiten liegen. |
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| Das Berufungsgericht werde anhand der von den Krankenhäusern C... und N... erbrachten Gesundheitsleistungen und behandelten Patienten, der Ansiedelung und des Leistungsangebots anderer in der Umgebung gelegener Krankenhäuser sowie unter Einbeziehung der geographischen Lage und der Verkehrsverbindungen der Kreiskrankenhäuser zu prüfen haben, ob die Zuwendungen des Beklagten an die Kreiskliniken C... allein lokale Auswirkungen haben, die nicht geeignet seien, den Handel mit anderen Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen. |
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| Sollte es sich bei dem Verlustausgleich um eine staatliche Beihilfe des Beklagten handeln, stünde der Annahme eines Verstoßes gegen das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV nicht entgegen, dass der Ausgleich der Verluste für die Jahre 2012 und 2013 tatsächlich ausschließlich auf die Erbringung der im Betrauungsakt vom 21.04.2008 angeführten Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse zurückzuführen sei. |
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| 5. Nach dem Revisionsurteil des BGH hat der Kläger zu den im Revisionsurteil aufgeworfenen Fragestellungen wie folgt ergänzend vorgetragen: |
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| a) Zum Ausschluss einer beihilferechtlichen Begünstigung wäre erforderlich, dass der Beklagte auf das von ihm durch den Ausgleich der Jahresfehlbeträge eingesetzte Kapital eine marktübliche, d.h. insbesondere risikoangemessene Rendite erwirtschafte. Dies sei nicht ansatzweise absehbar. |
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| Für einen Ausschluss der Begünstigung nach dem Private-Investor-Grundsatz sei zudem erforderlich, dass die öffentliche Hand ihre Investitionsentscheidung auf der Grundlage einer ex ante-Prognose über die zu erwartende Kapitalrendite treffe, die auf zuvor erarbeiteten Wirtschaftlichkeitsberechnungen beruhe. Die Gutachten und Untersuchungen, auf die sich der Beklagte zur betriebswirtschaftlichen Begründung seiner Subventionierung beziehe, stammten alle aus dem Jahr 2013 und seien erst nach den maßgeblichen Kreistagsbeschlüssen eingeholt worden. |
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| b) Die Verlustabdeckungen des Beklagten zugunsten seiner Kliniken seien geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und den Wettbewerb in der Union zu verfälschen. Die Hinweise des BGH stünden dem nicht entgegen. Sie gäben zwar die aktuelle Entscheidungspraxis der Kommission wieder, ließen jedoch die vorrangig zu beachtenden und deutlich restriktiveren gesetzlichen Vorgaben und die diesbezüglichen Entscheidungen von EuGH und EuG außer Betracht. |
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| aa) Aus dem Unionsrecht gehe eindeutig hervor, dass Beihilfen i.H.v. mehreren Millionen Euro pro Jahr den Handel beeinträchtigten. Dies ergebe sich aus dem Freistellungsbeschluss 2012/21/EU und der sog. „De-minimis-Verordnung 1407/2013/EU“ der Kommission vom 18.12.2013, wonach nur Beihilfen von weniger als 500.000 EUR in drei Steuerjahren keine handelsbeeinträchtigende bzw. wettbewerbsverfälschende Wirkung hätten. Allen Beihilfen, die diesen Schwellenwert übersteigen, käme demgegenüber eine entsprechende Wirkung zu. |
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| bb) Die Hinweise des BGH stünden in Widerspruch zur Leitentscheidung des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren „Altmark Trans“ (Urteil vom 24.07.2003, Rs. C-280/00), die der EuGH zwischenzeitlich mehrfach bestätigt habe. Nach dieser Entscheidung hänge es nicht vom örtlichen oder regionalen Charakter der erbrachten Dienste oder von der Größe des betreffenden Tätigkeitsgebiets ab, ob die Beihilfe geeignet, sei, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. |
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| cc) Die Entscheidungspraxis der Kommission lasse sich mit dem Ziel, die vorhandenen personellen Ressourcen möglichst effizient für große Beihilfeverfahren einzusetzen, erklären. Der Kommission fehle es aber an der Kompetenz, einzelne Tatbestandsmerkmale des Art. 107 Abs. 1 AEUV auszulegen (EuGH, Urteil vom 21.07.2005, Rs. C-71/04, Rn. 37). |
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| dd) Die Zahlungen der Beklagten an die Kreiskliniken hätten zwar ggf. - wenn man der vom BGH in Bezug genommenen Entscheidungspraxis der Kommission folgen möge - infolge eines lokalen Tätigkeitsgebiets der Kliniken des Beklagten den gemeinschaftsweiten Wettbewerb um die Patienten nicht verfälscht. Die Kommission differenziere jedoch ebenso wie der EuGH zwischen der Beeinträchtigung des Marktes für den Endverbraucher/Patienten und dem Markt für Krankenhausstandorte. Zumindest der Markt für Krankenhausstandorte sei ein gemeinschaftsweiter Markt. Dieser werde durch die Zahlungen des Beklagten verfälscht, weil die Kreiskliniken ohne die Zahlungen aus dem Markt austreten müssten und ein Krankenhausstandort frei würde. |
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| Außerdem befänden sich die Mitgliedsunternehmen des Klägers mit den Kliniken des Beklagten im Wettbewerb um qualifiziertes Personal. Auch dieser Wettbewerb werde durch die Subventionen verfälscht. |
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| ee) Sofern das Berufungsgericht beabsichtige, in Abweichung von der Rechtsprechung des EuGH und des EuG der Auslegung durch die Kommission zu folgen, sei eine Vorlage zur Vorabentscheidung an den EuGH betreffend die zutreffende Auslegung des Art. 107 Abs. 1 AEUV angezeigt. |
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| Der Beklagte hat mittlerweile die handelsrechtlichen Verluste der Kreisklinik C... GmbH aus den Jahren 2012 und 2013 i.H.v. 4.417.243,92 EUR bzw. 4.454.177,52 EUR ausgeglichen. Der Kläger hat daraufhin seinen ursprünglich als Unterlassungsantrag gestellten Klagantrag Ziff. 1a auf eine Leistungsklage (nachfolgend Ziff. 2a) umgestellt. |
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| Der Kläger/Berufungskläger beantragt zuletzt: |
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| 1. Das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 23.12.2013, Aktenzeichen 5 O 72/13, wird aufgehoben. |
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| 2. den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, die den Kreiskliniken C... gGmbH zum Ausgleich der handelsrechtlichen Verluste geleisteten Zahlungen in Höhe von insgesamt EUR 4.417.243,92 im Jahr 2012 und in Höhe von EUR 4.454.177,52 im Jahr 2013 in Höhe eines Teilbetrages von EUR 100.000 zurückzufordern mit der Maßgabe, dass sich der Teilbetrag von 100.000,00 EUR mit je 50.000,00 EUR auf die Jahre 2012 und 2013 aufteilt. |
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| 3. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.381,91 Euro nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen. |
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| Der Beklagte/Berufungsbeklagte beantragt, |
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| die Berufung zurückzuweisen. |
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| Der Beklagte hat zu den im Revisionsurteil aufgeworfenen Fragestellungen wie folgt ergänzend vorgetragen: |
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| a) Zur Frage der Begünstigung werde auf den bisherigen Vortrag verwiesen. |
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| b) Die von dem Kläger beanstandeten Maßnahmen des Beklagten zugunsten der Kreiskliniken C... in den Jahren 2012 und 2013 seien nicht geeignet gewesen, den zwischenstaatlichen Handel zu beeinträchtigen, so dass schon tatbestandlich keine Beihilfe vorliege: |
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| aa) Die Kreiskliniken erbrächten in medizinischer Hinsicht ganz überwiegend „Standard-Leistungen“ im Bereich der Grund- und Regelversorgung, um die medizinische Versorgung in den Versorgungsgebieten für die Einwohner im jeweiligen Einzugsgebiet der beiden Krankenhäuser bereitzustellen. Sie seien keine hochspezialisierten Krankenhäuser mit überregionaler oder gar internationaler Bekanntheit. |
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| bb) 67 bis 70% der versorgten Patienten stammten aus dem Gebiet des Landkreises C..., knapp 10% aus dem Landkreis B... und ca. 12 bis 15% aus dem Landkreis F... (Einzugsgebietsstatistik 2009 - 2013, Anlage B2, nach Bl. 1333). |
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| Lediglich 0,7 bis 0,8% der versorgten Patienten stammten aus anderen Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland. Dabei handele es sich nahezu vollständig um Patienten, die das Gebiet des Landkreises C... als Urlauber, als Kurgäste oder im Rahmen eines Tagesausflugs besuchten und dabei eine ärztliche Behandlung im Krankenhaus benötigten. Nach den Erfahrungswerten der Kreiskliniken handele es sich dabei nicht um „geplante Gesundheitsleistungen“ bzw. „elektive Patienten“, sondern ausschließlich um Notfallpatienten. |
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| Bei den Patienten, die in der Einzugsgebietsstatistik mit einer Größenordnung von ca. 0,3 bis 0,5% als Patienten „Ausland/ohne Zuordnung“ geführt würden, handele es sich um solche, bei denen die Postleitzahlen nicht zugeordnet worden seien bzw. nicht hätten zugeordnet werden können oder bei denen der Datensatz aus anderen Gründen fehlerhaft sei. Insoweit sei es zwar denkbar, dass diese Gruppe auch Patienten enthalte, die aus dem Ausland stammten. Selbst wenn dies aber zuträfe, seien diese Patienten jedenfalls keine „elektiven Patienten“, d.h. Patienten, die weite Anfahrtswege und längere Wartezeiten auf sich nähmen, um gerade in den Krankenhäusern C... und N... behandelt zu werden, sondern ebenfalls Notfallpatienten, d.h. Patienten, die aufgrund von Autounfällen oder im Urlaub bzw. anlässlich von Kuraufenthalten im Gebiet des Landkreises C... eine Notfallbehandlung benötigten. |
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| cc) Die Kreiskliniken seien weder auf die Behandlung ausländischer Patienten ausgerichtet noch werde eine dahingehende Akquise betrieben. |
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| Aus dem mehrsprachigen Angebot der Webseite des Klinikverbunds S... (neben Deutsch auch in Englisch, Türkisch und Russisch) lasse sich ein grenzüberschreitender Wettbewerb um Patienten nicht ableiten. Die Mehrsprachigkeit sei durch die Internationalität der Region S... bedingt. Mit der Web-Präsenz in englischer Sprache würden insbesondere Patienten angesprochen, die zwar ggf. aus dem Ausland stammten, aber in der Region S... als Arbeitskräfte für die dort ansässigen Weltunternehmen (z.B. Daimler, Bosch, Porsche, IBM) tätig seien. Das Angebot auf Türkisch und Russisch beruhe auf dem Umstand, dass eine Vielzahl der Patienten einen türkischen oder russischen Hintergrund hätten und gerade im sensiblen medizinischen Bereich in erheblichem Umfang Sprachbarrieren bestünden. |
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| Das mehrsprachige Angebot der Website sei auch bereits deshalb irrelevant, weil diese Website gerade nicht in französischer Sprache vorgehalten werde. Wenn eine gezielte Ausrichtung auf ausländische Patienten überhaupt in Betracht käme, müsste angesichts der nahen französischen Grenze mindestens auch eine Website in französischer Sprache vorgehalten werden. |
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| dd) Die geografische Lage der Krankenhäuser ca. 60 km von der französischen Grenze entfernt sei nicht entscheidend, da - wie bereits ausgeführt - kein wesentlicher Anteil der Patienten aus dem benachbarten europäischen Ausland stamme. |
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| ee) Die Kreiskliniken hätten in den vergangenen Jahren und insbesondere 2012 und 2013 die Zahl der Krankenhausbetten nicht erweitert, sondern ihr Bettenangebot sogar verkleinert (Übersicht über die Planbetten 2006-2015, Anlage B3, nach Bl. 1333). |
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| ff) Die große Zahl von Wettbewerbern im Einzugsgebiet der Krankenhäuser der Beklagten zeige, dass die Ausgleichsleistungen des Beklagten die Möglichkeiten von Wettbewerbern, im regionalen Markt tätig zu werden, weder erschwert noch verhindert hätten. Der Kläger selbst habe bereits ausgeführt, dass sich im Umkreis von 25 - 30 km insgesamt 17 Krankenhäuser in kommunaler, privater und frei-gemeinnütziger Trägerschaft befänden, die Versorgungsleistungen anböten. Im Übrigen stehe es anderen Krankenhausträgern, die sich zur Erbringung der Krankenhausleistungen für besser geeignet als die Kreiskrankenhäuser C... und N... halten, frei, durch eine Klage auf ihre Aufnahme in den Krankenhausplan hinzuwirken. |
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| gg) Die Verkehrsverhältnisse und die Topographie im Landkreis C... sprächen gegen eine Anziehung ausländischer Patienten. Beide Krankenhäuser seien weder über die Bundesstraßen und Autobahnen noch über öffentliche Verkehrsmittel gut erreichbar. So sei beispielsweise für eine Anreise aus Frankreich mit erheblichen Anreisezeiten sowohl per Pkw als auch per Zug zu rechnen. |
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| Ein Patient aus dem Ausland, der sich ein deutsches Krankenhaus für eine „elektive“ Behandlung aussuchen würde, würde in aller Regel ein Krankenhaus wählen, das per Pkw, Flugzeug oder Zug sehr gut angebunden oder erreichbar sei. Dies seien in erster Linie Krankenhäuser in größeren Städten. Krankenhäuser wie die Kreiskliniken C... würde ein solcher Patient nur dann in seine Auswahlentscheidung einbeziehen und berücksichtigen, wenn das Krankenhaus für bestimmte Handlungsformen als hochspezialisiert gelte und deshalb auch von internationaler Bekanntheit sei. Dies sei bei den beiden Häusern der Kreiskliniken C... aber nicht der Fall. |
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| c) Die vom BGH beanstandete Formulierung im Betrauungsakt vom 21.04.2008 beruhe auf einem „Redaktionsversehen“ eines Mitarbeiters des Beklagten, der abweichend von den Vorgaben des „Muster-Betrauungsakts“ und in Anlehnung an die Formulierung in dem Betrauungsakt eines anderen Landkreises die beanstandete Formulierung irrtümlich in den Betrauungsakt aufgenommen habe. Eine inhaltliche Abweichung sei damit nicht bezweckt. Der Beklagte habe in der Folgezeit die Vorgaben des „Muster-Betrauungsakts“ auch vollumfänglich umgesetzt. Nach Auffassung des Beklagten sei die tatsächlich richtige Handhabung und nicht die - versehentliche - fehlerhafte Formulierung im Betrauungsakt maßgeblich. |
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| Zu entscheiden ist allein noch über den Klagantrag Ziff. 1a (Berufungsantrag Ziff. 2a) und den Klageantrag Ziff. 3 (Abmahnkosten, jetzt Berufungsantrag Ziff. 4). Hinsichtlich der übrigen Klaganträge ist das klagabweisende Urteil des Landgerichts Tübingen nach der Entscheidung des BGH rechtskräftig. |
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| Der Berufungsantrags Ziff. 2a in seiner zuletzt gestellten Form ist zulässig. |
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| Der Kläger hatte ursprünglich beantragt, den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, die handelsrechtlichen Verluste (Jahresfehlbeträge) 2012 und 2013 auszugleichen. Der entsprechende Unterlassungsanspruch wäre - wenn er bestünde - durch die zwischenzeitlich erfolgten Leistungen des Beklagten an die Kreiskliniken unmöglich geworden. Die Umstellung der Klage vom Unterlassungsanspruch auf einen Leistungsanspruch (Verurteilung zur Rückforderung) ist daher sachdienlich und ungeachtet der rügelosen Einlassung des Beklagten bereits nach § 263 2. Alt. ZPO zulässig. |
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| Der Kläger verlangt mit dem geänderten Klageantrag nicht die Rückforderung der gesamten geflossenen Summe, sondern lediglich von 100.000 EUR. Ob hierin neben der Klageänderung auch eine teilweise Klagerücknahme liegt, weil der Kläger mit dem ursprünglichen Unterlassungsantrag jeglichen Ausgleich verboten haben wollte, kann dahinstehen, denn der Beklagte hat einer teilweisen Klagrücknahme gem. § 269 Abs. 2 S. 1 ZPO jedenfalls zugestimmt. |
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| Nachdem der Kläger mit seiner Antragstellung im Termin vom 02.03.2017 klargestellt hat, wie sich die Summe von 100.000 EUR auf die Jahre 2012 und 2013 aufteilt, ist die Klage auch hinreichend bestimmt. |
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| Die insoweit noch anhängige Berufung des Klägers ist gemessen an den vom BGH aufgestellten Grundsätzen nicht begründet. Ein Anspruch nach §§ 8 Abs. 2 Nr. 2, 3a UWG i.V.m. Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV auf Unterlassung der Beihilfe bzw. nach erfolgter Beihilfe auf Rückforderung derselben steht dem Kläger nicht zu. |
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| 1. Der Senat ist in seinem Berufungsurteil vom 06.11.2014 davon ausgegangen, dass der Kläger gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt ist, dass der Ausgleich der handelsrechtlichen Verluste eine geschäftliche Handlung i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG darstellt und dass Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV eine Marktverhaltensregelung i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG a.F. (jetzt § 3a UWG) ist. Insoweit wird auf die Ausführungen im Berufungsurteil vom 06.11.2014 Bezug genommen, nachdem der BGH die Ausführungen des Senats bestätigt hat und die Parteien hiergegen nichts mehr erinnern. |
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| 2. Das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV gilt allein für staatliche Beihilfen im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV (Revisionsurteil, Rn. 28 mwN). Nach Art. 107 Abs. 1 AEUV sind - vorbehaltlich anderer Bestimmungen - aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen der Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen. |
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| a) Der Senat hat in seinem Berufungsurteil vom 06.11.2014 die Tatbestandsmerkmale „bestimmter Unternehmen“, „aus staatlichen Mitteln gewährt“ und die Selektivität der Maßnahme im Gegensatz zu allgemeinen wirtschafts- und sozialpolitischen Maßnahmen bejaht. Das BGH-Urteil äußert sich hierzu nicht. Anlass, diese Punkte nunmehr anders zu beurteilen als im Berufungsurteil vom 20.11.2014 bestehen nicht. |
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| b) Offen gelassen hat der Senat in seinem Berufungsurteil die Frage, ob eine Begünstigung der Kreiskliniken im beihilferechtlichen Sinne vorliegt. Dies hängt zum Einen davon ab, ob die Zuwendungen als Ausgleich für Leistungen anzusehen sind, die von den Kreiskliniken zur Erfüllung ihrer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen erbracht werden, so dass sie in Wirklichkeit keinen finanziellen Vorteil erhalten (vgl. EuGH, Urteil vom 24.07.2003, C-280/00, - Altmark Trans). Eine Begünstigung könnte außerdem ausscheiden, wenn ein marktwirtschaftlich handelnder Marktteilnehmer ebenso gehandelt hätte (sog. Private Investor Test). Der BGH hat für die Revisionsinstanz zugunsten des Klägers unterstellt, dass die in Rede stehenden Zuwendungen staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV sind (Rn. 30). Die Frage kann aus den nachfolgend unter lit. c) aufgeführten Gründen weiterhin offen bleiben. |
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| c) Im Berufungsverfahren war nach der teilweisen Aufhebung und Zurückverweisung durch den BGH nunmehr die Frage zu klären, ob die Maßnahmen den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Unter Berücksichtigung der Hinweise des BGH ist diese Frage zu verneinen. |
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| aa) Der BGH hat in seinen Hinweisen für das wiedereröffnete Berufungsverfahren dem Senat aufgegeben zu prüfen, ob eine rein lokale Fördermaßnahme ohne Auswirkungen auf den Handel innerhalb der Union vorliege. Zwar schließe der örtliche oder regionale Charakter einer durch das begünstigte Unternehmen erbrachten Dienstleistung oder die geringe Größe seines Tätigkeitsgebiets nicht von vornherein die Möglichkeit aus, dass es in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Unternehmen durch die Maßnahme erschwert werde, ihre Dienste auf dem Markt dieses Staats zu erbringen. Diese Möglichkeit dürfe allerdings nicht nur hypothetischer Natur sein und nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegen. Die Prüfung habe anhand der von den Krankenhäusern C... und N... erbrachten Gesundheitsleistungen und behandelten Patienten, der Ansiedelung und des Leistungsangebots anderer in der Umgebung gelegener Krankenhäuser sowie unter Einbeziehung der geographischen Lage und der Verkehrsverbindungen der Kreiskrankenhäuser zu erfolgen. |
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| (i) Diese Hinweise entsprechen der vom BGH zitierten Entscheidungspraxis der Europäischen Kommission in den Entscheidungen SA.38035 und SA. 37904 jeweils vom 29.04.2015. |
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| Die Entscheidung SA.38035 betraf die L...-Klinik in Bad N..., eine Rehabilitations-Fachklinik für Orthopädie. Der öffentlich-rechtliche Träger der Klinik hatte dieser von 2007 bis 2013 jährlich zwischen 900.000 EUR und 1.600.000 EUR zugewendet, um deren Verluste auszugleichen. Die Europäische Kommission ging davon aus, dass die Maßnahme den Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht beeinträchtige, weil von den 2013 behandelten Patienten kein einziger aus einem anderen Mitgliedstaat stamme und die Klinik nur Standardleistungen der Gesundheitsfürsorge, die lokal verfügbar seien, anbiete. Die staatliche Finanzierung habe auch keine Hindernisse für die Niederlassung von Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten geschaffen, was sich darin zeige, dass es im Umkreis von 100 Kilometern mehr als 20 Rehabilitationskliniken für den Bereich Orthopädie gebe. Dies lege nahe, dass die der Klinik gewährten öffentlichen Zuwendungen einen Markteintritt oder ein Bestehen am Markt von Unternehmen mit vergleichbarem Angebot nicht erschwerten. |
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| Die Entscheidung SA.37904 betraf ein vom Klinikum M... betriebenes medizinisches Versorgungszentrum/Ärztehaus in D... . Mehrere Ärzte und ein Berufsverband hatten sich dagegen gewandt, dass die Gemeinde D... das Gebäude für das Ärztehaus unter dem Marktpreis vermietet habe. Auch in diesem Fall ging die Europäische Kommission nicht davon aus, dass die Maßnahme, wenn überhaupt, mehr als nur marginale Auswirkungen auf den Wettbewerb haben könnte, weil wiederum nur Standardarztleistungen für die örtliche Bevölkerung angeboten würden. Diese hätten nur lokalen Charakter, was beispielsweise die Tatsache zeige, dass auch das Ärztehaus in B... rund 20 km von D... entfernt Orthopädie-Leistungen anbiete. Standardgesundheitsleistungen und Standardarztleistungen, die in der Regel für ein relativ kleines geografisches Gebiet erbracht würden, beeinträchtigten den Handel zwischen den Mitgliedstaaten nicht, da der Wettbewerb zwischen solchen Dienstleistungen nur auf lokaler Ebene erfolge. Irrelevant sei insoweit, dass D... nahe an der französischen Grenze liege. |
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| In beiden Fällen führte die Europäische Kommission zudem aus, dass Standardgesundheitsleistungen und Standardarztleistungen spezifische Merkmale hätten, die sie von anderen gesundheitlichen und medizinischen Dienstleistungen unterscheiden würden. Beispielsweise hänge die Auswahl des Dienstleisters weitgehend von der gesprochenen Sprache und den Merkmalen des einzelstaatlichen Gesundheits- oder Erstattungssystems ab, so dass die Behandlung innerhalb desselben Mitgliedstaats für Patienten verwaltungstechnisch einfacher sein dürfte. Diese Merkmale machten den grenzüberschreitenden Wettbewerb für Standardgesundheitsleistungen und Standardarztleistungen, die vor Ort leicht zugänglich seien, ausgesprochen unwahrscheinlich. |
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| (ii) Entgegen der Ansicht des Klägers lassen die Hinweise des BGH keine vorrangig zu beachtenden, restriktiveren gesetzlichen Vorgaben außer Acht. |
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| Der Einwand des Klägers ist zulässig, weil die Hinweise des BGH für das weitere Verfahren keine Bindungswirkung haben (vgl. Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 36. Aufl. 2015, § 563 Rn. 7). |
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| Der Kläger bezieht sich zur Begründung auf die sog. „De-minimis-Verordnung“ 1407/2013/EU der Kommission vom 18.12.2013 i.V.m. Art. 2 der Verordnung 360/2012/EU vom 25.04.2012, wonach Maßnahmen unterhalb eines Gesamtbetrags von 500.000 EUR in drei Jahren nicht dem Anmeldeverfahren nach Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV unterliegen (vgl. hierzu von Wallenberg/Schütte in Grabitz/Hilf/Nettesheim, AEUV, 60. Ergänzungslieferung Stand Oktober 2016, Art. 107 Rn. 80 ff). |
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| Der Einwand ist unbegründet. Die „De-minimis-Verordnung“ dient nur dazu, das Verfahren zu vereinfachen, indem bei Bagatellbeihilfen unterhalb des genannten Schwellenwerts keine weitere Prüfung durch die Europäische Kommission erfolgen soll. Die Verordnung definiert aber den Beihilfebegriff nicht. Aus ihr lässt sich daher nicht der Schluss ziehen, dass bei einer Überschreitung des Schwellenwerts in jedem Fall Auswirkungen auf den zwischenstaatlichen Handel bzw. Wettbewerbsverfälschungen zu bejahen wären. Wäre dies so, bedürfte es dieser Tatbestandsmerkmale nicht mehr und der europäische Gesetzgeber hätte sich allein auf die Festlegung eines Schwellenwerts beschränken können. |
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| Gleiches gilt für den vom Kläger ebenfalls ins Feld geführten Freistellungsbeschluss 2012/21/EU der Kommission vom 20.12.2011. Aus dem Umstand, dass in Art. 2 Abs. 1 lit. b) dieses Beschlusses Ausgleichszahlungen an Krankenhäuser, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind, von der Notifizierungspflicht des Art. 108 Abs. 3 AEUV befreit sind, lässt sich zwar schließen, dass eine mögliche Beihilfe zugunsten eines Krankenhauses einer beihilferechtlichen Rechtfertigung bedarf. Dieses Auslegungsergebnis rechtfertigt aber nicht den Schluss, dass jegliche Zahlung an ein Krankenhaus eine Beihilfe im Sinne des Art. 107 AEUV ist. |
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| bb) Die Rechtsausführungen des BGH und die Entscheidungspraxis der Europäischen Kommission stehen entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des EuGH. |
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| Der EuGH geht - insbesondere in seiner vom Kläger zitierten Leit-Entscheidung „Altmark Trans“ (Urteil vom 24.07.2003, C-280/00, Rn. 77 ff) - davon aus, dass es auch bei finanziellen Maßnahmen für bestimmte, mit lokalen oder regionalen öffentlichen Dienstleistungen betraue Unternehmen keineswegs ausgeschlossen sei, dass sich diese auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten auswirken können. Durch die Gewährung eines Vorteils könne nämlich der Tätigkeitsbereich des begünstigten Unternehmens beibehalten oder ausgeweitet werden, so dass sich die Chancen der in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Unternehmen, ihre Leistungen auf dem Markt dieses Staates zu erbringen, verringere. Eine Schwelle oder einen Prozentsatz, bis zu der oder dem man davon ausgehen könnte, dass der Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigt werde, gebe es nicht. Weder der verhältnismäßig geringe Umfang einer Beihilfe noch die verhältnismäßig geringe Größe des begünstigten Unternehmens schließe von vornherein die Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten aus. |
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| Aus diesen Ausführungen des EuGH lässt sich nicht der Umkehrschluss ziehen, dass auch bei lokalen oder regionalen öffentlichen Dienstleistungen in jedem Fall eine Auswirkung auf den zwischenstaatlichen Handel gegeben wäre. Vielmehr ist auch nach dem EuGH jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob eine Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels möglich ist. Gerade dieser Prüfung dienen die von der Europäischen Kommission in ihren Entscheidungen entwickelten Kriterien, auf die sich der BGH in seinen Hinweisen für das weitere Verfahren stützt. |
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| Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den weiteren vom Kläger zitierten Urteilen des EuGH. Das Urteil des EuGH vom 03.03.2005 (Rs. C-1727/03 - Heiser) enthält gegenüber der „Altmark Trans“-Entscheidung keine neuen Gesichtspunkte. Soweit der EuGH in dem Urteil vom 21.07.2005, Rs. C-71/04 (Administracion del Estado), u.a. ausführt, dass insbesondere dann eine verhältnismäßig geringe Beihilfe den Handel beeinträchtigen könne, wenn in dem Sektor, in dem die begünstigten Unternehmen tätig sind, ein lebhafter Wettbewerb herrsche (Rn. 42), wird gerade aus dieser Begründung deutlich, dass der EuGH die Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels nicht stets und unter allen Umständen bejaht, sondern - ebenso wie die Europäische Kommission und der BGH - auf die Umstände des Einzelfalls abstellt. |
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| cc) Unter Zugrundelegung der vom BGH genannten Kriterien und dem Vortrag des Klägers hierzu haben die Zuwendungen des Beklagten keine zwischenstaatlichen Auswirkungen. |
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| (i) Das Angebots- und Leistungsspektrum der Krankenhäuser in C... und N... liegt mit den Fachgebieten Innere Medizin, Schwerpunkt Gastroenterologie und Kardiologie/Herz-Kreislauferkrankungen, Neurologie, Chirurgie mit Schwerpunkt Allgemein- und Viszeralchirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie, Anästhesie und Intensivmedizin, Urologie, Radiologie und Nuklearmedizin sowie als Belegabteilungen Frauenheilkunde und Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde im üblichen Rahmen für Krankenhäuser in Mittelzentren wie N... und C... . Das Angebot hält sich im Bereich der Grund- und Regelversorgung überwiegend im Rahmen von Standardleistungen. Es ist nicht ersichtlich, dass dieses Angebot irgendwelche grenzüberschreitende Nachfrage erzeugen könnte. Es handelt sich bei beiden Krankenhäuser nicht um hochspezialisierte Krankenhäuser mit überregionaler oder gar internationaler Bekanntheit. |
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| (ii) Das Einzugsgebiet der beiden Krankenhäuser belegt die lediglich lokale Anziehungskraft der angebotenen Leistungen. Aus der vorgelegten Einzugsgebietsstatistik für die Jahre 2009 bis 2013 (Anlage B2) wird ersichtlich, dass der Prozentsatz der Patienten aus anderen Bundesländern lediglich 0,7 bzw. 0,8% betrug. Der Prozentsatz der Patienten aus dem Ausland bzw. ohne Zuordnung schwankte zwischen 0,2% (= 42 von 20.274 Patienten) bis 0,5% (= 95 von 20.244 Patienten). Zu letzteren hat der Beklagte zudem vorgetragen, dass es sich hierbei nicht zwangsläufig um Patienten aus dem Ausland handelt, sondern dass unter dieser Rubrik auch diejenigen Patienten aufgeführt werden, deren Postleitzahl nicht zugeordnet werden konnte bzw. deren Datensatz aus anderen Gründen fehlerhaft ist. |
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| Hinzu kommt, dass zwischen der Behandlung von Notfallpatienten und der vorab geplanten Behandlung (= „elektive Patienten“) zu unterscheiden ist, denn bei Notfällen kann ein Patient nicht oder nur sehr eingeschränkt beeinflussen, in welches Krankenhaus er zur Behandlung eingeliefert wird. Nach dem nicht mehr bestrittenen Vortrag des Beklagten handelte es sich bei den Patienten aus dem Ausland um Notfallpatienten, d.h. um Patienten, die aufgrund von Autounfällen oder im Urlaub bzw. anlässlich von Kuraufenthalten im Gebiet des Landkreises C... eine Notfallbehandlung in den Häusern der Kreiskliniken C... benötigt hatten. Damit ist deutlich, dass die Kreiskliniken keinerlei Anziehungskraft auf ausländische Patienten ausüben. |
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| Dem entspricht, dass sich die Krankenhäuser des Beklagten auch nicht gezielt auf ausländische Patienten ausrichten. Dass der Internetauftritt in verschiedenen Sprachen gehalten ist, steht dem nicht entgegen. Es ist glaubhaft, dass er nur auf fremdsprachige, im Inland lebende Patienten abzielt, da er zwar in Englisch, Russisch und Türkisch gehalten ist, nicht aber in Französisch, was angesichts der relativ nahen französischen Grenze nahe gelegen hätte, wenn das Ziel gewesen wäre, auch Patienten aus dem Ausland zu akquirieren. Es ist auch nicht vorgetragen, dass das behandelnde oder pflegerische Personal über besondere Fremdsprachenkenntnisse verfügen würde. Gerade die gesprochene Sprache ist aber bei der Wahl eines Krankenhauses ein ganz wesentlicher Gesichtspunkt, denn Patienten sind in besonderem Maße darauf angewiesen, ihre Beschwerden und Bedürfnisse unmissverständlich artikulieren zu können. |
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| (iii) C... und N... liegen verkehrstechnisch ungünstig und sind weder mit Pkw noch mit Zug besonders gut erreichbar. Die vom Beklagten vorgetragenen Anreisezeiten sind erheblich. Allein von Offenburg - wohin der französische Patient erst einmal kommen müsste - benötigt der Zug 1 h 40 Minuten nach C... und 2 h 05 Minuten nach N..., jeweils mit zweimaligem Umsteigen (Anlagen B8 und B9). Die Fahrt mit dem Pkw führt quer durch den S... und dauert mindestens anderthalb Stunden, die günstigste Variante nach C... dauert lt. Routenplaner von R... aus betrachtet 1 h 32 min. für 102 km (Anlage B6). |
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| (iv) Gegen eine grenzüberschreitende Anziehungskraft kann zudem der Umstand herangezogen werden, dass die Bettenzahl der beiden Kreiskliniken bis 2012 verringert worden ist. Diese Verringerung der Tätigkeit spricht zum einen gegen die Annahme, die finanziellen Zuwendungen könnten dazu führen, dass die Kliniken des Beklagten ihr Tätigkeitsfeld ausweiten. Zum anderen zeigt dies erneut, dass die Anziehungskraft der beiden Kliniken ohnehin relativ gering ist, was eine grenzüberschreitende Auswirkung noch unwahrscheinlicher macht. |
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| dd) Der Kläger wendet weiterhin ein, dass die Zahlungen des Beklagten an die Kreiskliniken C... gGmbH auch deshalb eine wettbewerbsverfälschende und handelsbeeinträchtigende Wirkung im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV hätten, weil der Markt für Krankenhausstandorte ein gemeinschaftsweiter Markt sei und in nahezu allen großen Mitgliedstaaten private und öffentliche Krankenhausbetreiber im Wettbewerb zueinander um Krankenhausstandorte stünden. Durch die Zahlungen werde dieser gemeinschaftsweite Markt verfälscht, weil die Kreiskliniken ohne die Zahlungen aus dem Markt austreten müssten und ein Krankenhausstandort frei würde. |
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| Dieser Einwand wird vom BGH, der darauf in seinen Hinweisen für das weitere Verfahren nicht eingeht, offenbar nicht geteilt. Der Einwand verkennt, dass der Beklagte nach § 3 Abs. 1 LKHG BW im Fall einer Versorgungslücke zum Betrieb der durch Bescheid gem. § 7 Abs. 1 LKHG BW in den Krankenhausplan aufgenommenen Kreiskrankenhäuser C... und N... verpflichtet ist (Revisionsurteil Rn. 43). Wenn die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen Krankenhäusern nicht durch andere Träger sichergestellt wird, sind die Landkreise und Stadtkreise gemäß § 3 Abs. 1 LKHG BW verpflichtet, die nach dem Krankenhausplan notwendigen Krankenhäuser und Krankenhauseinrichtungen zu betreiben. Dabei können die zur Verhinderung einer Versorgungslücke erforderlichen Kapazitäten nicht erst bei deren Eintritt geschaffen werden, sondern müssen permanent vorgehalten werden (Revisionsurteil, Rn. 44). |
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| Damit ist schon der gedankliche Ansatz des Klägers, dass ein Krankenhausstandort frei werden könnte, falsch. Der Standort kann nicht frei werden, weil der Beklagte ein - ggf. defizitär zu betreibendes - Krankenhaus vorhalten muss, solange die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung nicht anderweitig sichergestellt ist. Der BGH hat zu Recht darauf hingewiesen, dass andere Krankenhausträger, die sich zur Erbringung der Krankenhausleistungen für besser geeignet halten als die Kreiskrankenhäuser C... und N..., auf ihre Aufnahme in den Krankenhausplan mit dem den Kreiskrankenhäusern C... und N... zugeteilten Bettenkontingenten hinwirken können (Revisionsurteil Rn. 66). Die Möglichkeit von Mitbewerbern, in der Region C.../N... mit den Krankenhäusern des Beklagten zu konkurrieren, ist daher vorhanden. Sie ist nur insoweit eingeschränkt, als eine Insolvenz der im Krankenhausplan aufgenommenen Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft aufgrund der Notwendigkeit, eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhausleistungen sicherzustellen, ausgeschlossen ist. |
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| Auch die Ansiedelung und das Leistungsangebot anderer in der Umgebung gelegenen Krankenhäuser zeigt, dass die finanziellen Zuwendungen des Beklagten das Bestehen von Unternehmen mit vergleichbarem Angebot am Markt nicht erschweren. Der Beklagte hat sich insoweit den Vortrag des Klägers zu eigen gemacht, wonach sich im Umkreis von 25 bis 30 km um die Krankenhäuser der Kreiskliniken C... gGmbH insgesamt 17 Krankenhäuser in kommunaler, privater und frei-gemeinnütziger Trägerschaft befinden, die Versorgungsleistungen anbieten. Dabei handelt es sich zum weit überwiegenden Teil um Krankenhäuser mit Standardleistungen, u.a. Chirurgie, Innere Medizin und Frauenheilkunde. Die Kommission hat in der Entscheidung SA.38035 zur L...-Klinik in Bad N... 20 Kliniken in einem Umkreis von sogar 100 km berücksichtigt. Dann kann bei einer Anzahl von 17 Kliniken im Umkreis von lediglich 30 km von einer wettbewerbsbeschränkenden Auswirkung nicht mehr die Rede sein. |
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| ff) Der Einwand des Klägers, dass sich die Mitgliedsunternehmen des Klägers und die Kliniken des Beklagten im Wettbewerb um qualifiziertes Personal befänden, der durch mögliche Subventionen verfälscht werde, ist von der Klagebefugnis des Klägers nicht gedeckt. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG erfasst nur den Vertrieb von Waren oder Dienstleistungen, nach dem klaren Wortsinn aber nicht Einkauf und Beschaffung (Goldmann in Harte-Bavendamm/ Henning-Bodewig, UWG, 4. Aufl. 2016, § 8 Rn. 320). Soweit sich die Kliniken des Beklagten und die Mitglieder des Klägers um ärztliches und pflegerisches Personal bemühen, ist der Nachfragemarkt betroffen. Dieser unterfällt nicht der Regelung des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Für eine Analogie (so Köhler/Feddersen in Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl. 2017, § 8 Rn. 3.37; Ohly in Ohly/Sosnitza,UWG, 7. Auflage 2016, § 8 Rn. 100) fehlt es an einer planwidrigen Gesetzeslücke, zumal ein Bedürfnis für eine Klagebefugnis von Verbänden neben derjenigen der unmittelbar verletzten Mitbewerber nicht bestehen dürfte (Goldmann, aaO.). |
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| gg) Eine Vorlage an den EuGH zur Vorabentscheidung über die Auslegung des Art. 107 Abs. 1 AEUV gem. Art. 267 AEUV ist nicht veranlasst. Es bestehen keine vernünftigen Zweifel an der Auslegung des Merkmals der Handelsbeeinträchtigung zwischen den Mitgliedstaaten. Eine Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV besteht ohnehin nicht, weil es sich vorliegend nicht um eine letztinstanzliche Entscheidung handelt. |
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| Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht. Der Senat folgt in seiner Entscheidung lediglich den Hinweisen im Revisionsurteil des BGH. Diese Hinweise stehen im Einklang mit den europarechtlichen Vorgaben. Eine Vorlage an den EuGH ist daher gleichfalls nicht veranlasst (vgl. oben 2.c)gg)). |
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