Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 17. Jan. 2003 - 17 WF 179/02

published on 17/01/2003 00:00
Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 17. Jan. 2003 - 17 WF 179/02
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Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart - Familiengericht - vom 20.08.2002 (21 F 1211/01) wird zurückgewiesen.

Gründe

 
Gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe findet gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde statt. Die Beschwerdefrist beträgt 1 Monat. Die von der Antragstellerin am 17.09.2002 eingelegte Beschwerde gegen den ihr am 30.08.2002 zugestellten Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart ist somit zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt. In der Sache hat die sofortige Beschwerde der Antragstellerin jedoch keinen Erfolg.
Der Senat teilt die Auffassung des Amtsgerichts, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung mutwillig erscheint (§ 114 ZPO). Mutwillig handelt derjenige, der davon abweicht, was eine verständige, ausreichend bemittelte Partei in einem gleichliegenden Fall tun würde (Baumbach/Lauterbach, 60. Aufl., § 114 ZPO, Rn. 107). Eine Partei, deren Ehe durch das international zuständige Heimatgericht (hier: T./Bosnien und Herzegowina) geschieden worden ist, würde aus eigener Tasche keine Kosten für ein im Staat ihres gewöhnlichen Aufenthalts (hier: Deutschland) durchzuführendes Scheidungsverfahren aufbringen, wenn der Anerkennung des ausländischen Scheidungsurteils im Inland ein nur auf Rüge zu beachtender Zustellungsmangel entgegensteht.
Die am 08.08.1987 in T. geschlossene Ehe der Parteien, die beide die Staatsangehörigkeit der Föderation von Bosnien und Herzegowina haben, wurde durch Urteil des Bezirksgerichts in T. vom 10.01.2002 geschieden. Die Anerkennung der ausländischen Entscheidung im Inland hängt nicht von einer Anerkennung der Landesjustizverwaltung ab (Art. 7 § 1 Abs. 1 Satz 3 Familienrechtsänderungsgesetz). Gleichwohl sind beide Parteien, wenn zwischen ihnen Streit darüber besteht, ob die im Ausland ausgesprochene Ehescheidung auch im Inland gültig ist, nach Art. 7 § 1 Abs. 3 Familienrechtsänderungsgesetz berechtigt, einen Antrag auf Anerkennung oder Nichtanerkennung der ausländischen Entscheidung zu stellen (Krzywon, Die Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen, Das Standesamt 1989, 93 f., 95, 96), mit dem Ziel, eine für die Gerichte bindende Entscheidung herbeizuführen (Art. 7 § 1 Abs. 8 Familienrechtsänderungsgesetz). Führen die im Ausland geschiedenen Parteien keine Entscheidung der Landesjustizverwaltung herbei, haben die Gerichte, soweit es hierauf ankommt, die Frage, ob die im Ausland ausgesprochene Ehescheidung auch im Inland wirksam ist, inzident zu prüfen (Zöller-Geimer, 22. Aufl., § 328 ZPO, Rn. 245).
Mangels einer vorrangigen zwischenstaatlichen Regelung bestimmen sich die Anerkennungsvoraussetzungen nach § 328 ZPO. Nach Abs. 1 Nr. 2 der Vorschrift ist die Anerkennung u.a. dann ausgeschlossen, wenn dem Antragsgegner, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat und sich hierauf beruft, das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht ordnungsgemäß oder nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte. Es steht fest, dass der vom Ehemann beim Bezirksgericht in T. in der Heimatsprache der Parteien eingereichte Scheidungsantrag der Ehefrau über das Gericht mit einem einfachen Brief per Post übersandt worden ist. Diese Vorgehensweise erfüllt nicht die Voraussetzungen, die für die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke nach dem Haager Zivilprozessübereinkommen vom 01.03.1954 (abgedruckt bei Baumbach/Lauterbach, 60. Aufl., im Anhang zu § 202, Rn. 7), dem die Föderation von Bosnien und Herzegowina beigetreten ist (vgl. Baumbach/Lauterbach, Einleitung V Rn. 3) einzuhalten sind. Da hiernach eine ordnungsgemäße Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstückes nicht vorliegt, ist eine Anerkennung der ausländischen Entscheidung ausgeschlossen, jedenfalls solange sich die Antragstellerin, die Antragsgegnerin des ausländischen Scheidungsverfahrens war, auf diesen Mangel beruft. Der Umstand, dass der Ehefrau der Scheidungsantrag des Ehemannes nicht in einer Übersetzung in die deutsche Sprache übermittelt worden ist, dürfte dagegen der Anerkennung des ausländischen Ehescheidungsurteils nicht entgegenstehen, wenn das verfahrenseinleitende Schriftstück in der Heimatsprache des Antragsgegners abgefasst ist.
Die Antragstellerin hat unstreitig das verfahrenseinleitende Schriftstück aus dem vor dem Gemeindegericht in T. durchgeführten Scheidungsverfahren rechtzeitig erhalten, ebenso wurde ihr das Scheidungsurteil übersandt. Aufgrund dieses Umstandes, und weil die Antragstellerin selbst geschieden werden möchte, ist ihre Berufung auf das formale Kriterium der mangelnden Zustellung nicht nachvollziehbar. Da die Anerkennung des ausländischen Ehescheidungsurteils ausschließlich vom Willen der Antragstellerin abhängt, ist es mutwillig, Prozesskostenhilfe für ein erneutes Ehescheidungsverfahren zu beanspruchen, welches nach Lage der Dinge dasselbe Ziel zum Inhalt hat: nämlich eine Ehescheidung nach dem gemeinsamen Heimatrecht der Parteien (Art. 17 Abs. 1 i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB). Inhaltliche Gründe, warum sich die Antragstellerin einer Anerkennung des ausländischen Scheidungsurteils widersetzt, werden nicht vorgebracht, auch nicht in der Beschwerdebegründung.
Das Amtsgericht hat der Antragstellerin daher zu Recht Prozesskostenhilfe für das vorliegende Scheidungsverfahren verweigert.
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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.

(1) Die Anerkennung des Urteils eines ausländischen Gerichts ist ausgeschlossen:1.wenn die Gerichte des Staates, dem das ausländische Gericht angehört, nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig sind;2.wenn dem Beklagten, der sich auf das Verfahren
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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.

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published on 10/12/2013 00:00

Tenor Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Krefeld vom 08.10.2013 wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 1G r ü n d e : 2I. 3Mit der sofortigen Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Zurü
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(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Die Anerkennung des Urteils eines ausländischen Gerichts ist ausgeschlossen:

1.
wenn die Gerichte des Staates, dem das ausländische Gericht angehört, nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig sind;
2.
wenn dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat und sich hierauf beruft, das verfahrenseinleitende Dokument nicht ordnungsmäßig oder nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte;
3.
wenn das Urteil mit einem hier erlassenen oder einem anzuerkennenden früheren ausländischen Urteil oder wenn das ihm zugrunde liegende Verfahren mit einem früher hier rechtshängig gewordenen Verfahren unvereinbar ist;
4.
wenn die Anerkennung des Urteils zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere wenn die Anerkennung mit den Grundrechten unvereinbar ist;
5.
wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist.

(2) Die Vorschrift der Nummer 5 steht der Anerkennung des Urteils nicht entgegen, wenn das Urteil einen nichtvermögensrechtlichen Anspruch betrifft und nach den deutschen Gesetzen ein Gerichtsstand im Inland nicht begründet war.