Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 26. Oktober 2010 – 16 O 43/10 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Beschwerdewert: bis 2.500 EUR.
Gründe
I.
In dem Verfahren 16 O 43/10 des Landgerichts Saarbrücken nahm der Kläger nach einem vorgeschalteten Mahnverfahren die Beklagte, seine Tochter, auf Darlehensrückzahlung in Anspruch. Die Anspruchsbegründung vom 19. März 2010 ist der Beklagten am 24. März 2010 zugestellt worden war. Mit am 24. März 2010 eingegangenem Schriftsatz vom 23. März 2010 nahm der Kläger die Klage zurück. Der Schriftsatz vom 23. März 2010 ist der Beklagten am 26. März 2010 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 25. März 2010, eingegangen am 30. März 2010, erwiderte die Beklagte auf die Anspruchsbegründung und beantragte Klageabweisung. Gemäß Beschluss des Landgerichts vom 27. April 2010 wurden dem Kläger antragsgemäß die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 269 Abs. 3 ZPO auferlegt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde, der das Landgericht nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 12. Juli 2010, Bl. 76 ff d.A.), blieb ohne Erfolg (Beschluss des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 21. Juli 2010, 4 W 182/10-34).
Mit Schriftsatz vom 3. Mai 2010 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Festsetzung der entstandenen Kosten in Höhe von 2.118,44 EUR, nämlich 1,3 Verfahrensgebühr aus einem Streitwert von 102.258,38 EUR zuzüglich Pauschale in Höhe von 20 EUR und Mehrwertsteuer. Dem ist der Kläger unter Hinweis darauf entgegen getreten, dass mit Blick auf die Klagerücknahme für eine Festsetzung von 1,3 Verfahrensgebühren kein Raum sei, eine Anrechnung der außergerichtlichen Gebühren zu erfolgen habe und letztlich die Beklagte wegen Verletzung der ihrem Prozessbevollmächtigten aus § 49 b Abs. 5 BRAO obliegenden Pflichten zur Erstattung von Gebühren nicht verpflichtet sei, weshalb auch ein Kostenerstattungsanspruch nicht gegeben sei.
Das Landgericht – Rechtspflegerin – hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 26. Oktober 2010, auf den Bezug genommen wird (Bl. 104 ff d.A.), die von dem Kläger an die Beklagte zu erstattenden Kosten auf 2.118,44 EUR nebst Zinsen festgesetzt und dies damit begründet, dass wegen des Verfassens der Einlassung der Beklagten vor Kenntnis von der Klagerücknahme die Verfahrensgebühr des Prozessbevollmächtigten der Beklagten entstanden und damit erstattungsfähig sei.
Gegen den ihm am 1. November 2010 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss hat der Kläger mit am 15. November 2010 eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt und darauf verwiesen, dass ein Anspruch auf Bezahlung der Verfahrensgebühr mangels Belehrung gemäß § 49 b Abs. 5 BRAO nicht entstanden sei, folglich die Beklagte auch nicht mit einer Kostenverpflichtung gegenüber ihrem Anwalt beschwert sei, so dass ihr ein Kostenerstattungsanspruch nicht zustehe.
Das Landgericht – Rechtspflegerin – hat dem Rechtsmittel gemäß Beschluss vom 17. Januar 2011 nicht abgeholfen und die Sache dem Saarländischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Die Parteien hatten Gelegenheit, zum Nichtabhilfebeschluss Stellung zu nehmen.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss, mit dem die von dem Kläger an die Beklagte zu erstattenden Kosten festgesetzt worden sind, bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat eine erstattungspflichtige Verfahrensgebühr VV 3100 zu § 2 Abs. 2 RVG verdient. Dieser hatte nach Zustellung des Schriftsatzes vom 19. März 2010 (Anspruchsbegründung) mit Schriftsatz vom 25. März 2010, bei Gericht eingegangen am 30. März 2010, einen Sachantrag gestellt und sich zur Sache eingelassen. Zu diesem Zeitpunkt war ihm der Schriftsatz des Klägers vom 23. März 2010, mit dieser seine Klage zurückgenommen hatte, noch nicht zugegangen. Die Zustellung erfolgte ausweislich des bei den Akten befindlichen Empfangsbekenntnisses vielmehr erst am 26. März 2010 (Bl. 26 d.A.). Da der Prozessbevollmächtigte der Beklagten auf die gegnerische Klage erwidert hat, ohne zu wissen oder wissen zu müssen, dass der Gegner die Klage bereits zurückgenommen hatte, ist die Gebühr VV 3100 entstanden, weil der Auftrag an den Anwalt der beklagten Partei noch nicht durch den Eingang der Klagerücknahme bei Gericht endete (vgl. statt aller: Hartmann, Kostengesetze, 40. Aufl., VV 3101, Rz. 33, 34, m.z.w.N.; OLG Düsseldorf, Beschl.v. 17. Januar 2008, VI-W (Kart) 10/07, m.w.N.).
Folglich sind auf Grund der Klagerücknahme und der hieraus resultierenden Kostengrundentscheidung des Landgerichts die von dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit Schriftsatz vom 3. Mai 2010 geltend gemachten Kosten – 1,3 Verfahrensgebühr zuzüglich Pauschale und Mehrwertsteuer – erstattungsfähig.
2. Der Kläger vermag sich auch nicht mit Erfolg darauf zu stützen, dass die Beklagte wegen der Verletzung der ihrem Prozessbevollmächtigten aus § 49 b Abs. 5 BRAO obliegenden Pflichten ein Gebührenerstattungsanspruch nicht zustehe. Das Kostenfestsetzungsverfahren, das mit dem Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses abschließt, ist eine Fortsetzung der zwischen den Prozessparteien ergangenen Kostengrundentscheidung. Es behandelt daher allein die Frage, welcher Betrag nach der Kostengrundentscheidung zu erstatten ist. Schon das spricht dagegen, materiell-rechtliche Fragen innerhalb des Kostenfestsetzungsverfahrens zu klären, das auf eine formale Prüfung der Kostentatbestände und die Beurteilung einfacher Fragen des Kostenrechts zugeschnitten und deshalb dem Rechtspfleger übertragen ist. Die Entscheidung zwischen den Parteien streitiger Tatsachen und komplizierter Rechtsfragen ist in diesem Verfahren nicht vorgesehen und mangels der dafür notwendigen verfahrensrechtlichen Instrumente auch nicht sinnvoll möglich. Materiell-rechtliche Einwände gegen den Kostenerstattungsanspruch sind deshalb grundsätzlich nicht zu berücksichtigen; vielmehr sind diese vorrangig mit der Vollstreckungsgegenklage geltend zu machen (BGH, Beschl.v. 22. November 2006, IV ZB 18/06, NJW-RR 2007, 422, m.w.N.).
Soweit es unter dem Gesichtspunkt einer (prozessualen) Gleichbehandlung und aus verfahrensökonomischen Gründen angezeigt sein kann, den Kostenerstattungsschuldner nicht auf die einen ungleich größeren Aufwand erfordernde Vollstreckungsgegenklage zu verweisen, wenn es um materiell-rechtliche Einwände geht, die keine Tatsachenaufklärung erfordern und sich mit den im Kostenfestsetzungsverfahren zur Verfügung stehenden Mitteln ohne weiteres klären lassen, etwa wenn die tatsächlichen Voraussetzungen feststehen, weil sie unstreitig sind oder vom Rechtspfleger im Festsetzungsverfahren ohne Schwierigkeiten aus den Akten ermittelt werden können (vgl. BGH, aaO; Zöller/Herget, ZPO 28. Aufl. § 104 Rz. 21 "Materiell-rechtliche Einwendungen"; Musielak/Wolst, ZPO, 5. Aufl., § 104 Rz. 8 ff.; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl. § 104 Rz. 14 ff; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO 28. Aufl., § 104 Rz. 12 ff), ergibt sich keine andere Beurteilung. Ein solcher Ausnahmefall, der es gerechtfertigt erscheinen lässt, dass materiell- rechtliche Einwendungen im Kostenfestsetzungsverfahren erhoben und beschieden werden können, liegt aktenersichtlich nicht vor. Die von dem Kläger erhobene Einwendung, dass die Beklagte im Innenverhältnis ihrem Prozessbevollmächtigten keine Gebühren schuldet, ist streitig. Sie kann an Hand der Aktenlage durch den Rechtspfleger auch keiner abschließenden Entscheidung zugeführt werden. Zwar hat der Rechtspfleger zu prüfen, ob die im Kostenfestsetzungsverfahren zur Erstattung angemeldeten Rechtsanwaltskosten entstanden sind. Dies bedeutet jedoch nicht, dass auch sämtliche damit verbundenen materiell-rechtlichen Fragen seiner Entscheidung unterfallen. Vielmehr hat seine Prüfung unter rein prozessualen und gebührenrechtlichen Gesichtspunkten zu erfolgen. Sie beschränkt sich im Wesentlichen darauf, ob die zur Erstattung angemeldeten Kosten nach dem konkreten Verfahrensablauf und den einschlägigen Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes entstanden sind. Diese prozessuale Prüfungsbefugnis ist notwendige Folge daraus, dass mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss die betragsmäßige Umsetzung der Kostengrundentscheidung erreicht werden soll. Sie ist von der materiell-rechtlichen Beurteilung zu unterscheiden, ob die erstattungsberechtigte Partei ihrem Prozessbevollmächtigten die geltend gemachten Gebühren im Innenverhältnis nach den dort bestehenden vertraglichen Beziehungen tatsächlich schuldet (BGH, aaO, m.w.N.). Letztere gehört nicht in das Kostenfestsetzungsverfahren (siehe auch OVG für das Land Mecklenburg- Vorpommern, Beschl.v. 10. April 2008, 1 O 5/08, m.w.N.).
Es liegen letztlich auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Rechtspflegerin - aus Gründen der Verfahrensökonomie - die ihr an sich verschlossene Prüfung der Wirksamkeit des Entstehens eines Vergütungsanspruches aus dem Anwaltsvertrag selbst zuverlässig und für den prozessualen Kostenerstattungsanspruch abschließend vornehmen durfte. Dafür, dass die Einwendung offensichtlich begründet ist, spricht nichts. Bei dem erhobenen Einwand, dass Vergütungsansprüche des Anwaltes wegen Verletzung der sich aus § 49 b Abs. 5 BRAO ergebenden Pflichten nicht entstanden seien, handelt es sich um keine einfache Frage, hinsichtlich deren Beurteilung kein Zweifel bestünde und die daher zur Klärung im Kostenfestsetzungsverfahren geeignet wäre.Da die Einwände auch nicht im Kostenfestsetzungsverfahren selbst wurzeln, waren sie insgesamt der Prüfung der Rechtspflegerin der es an der Befugnis zur materiell-rechtlichen Entscheidung insoweit fehlt, entzogen.
3. Für die Anrechnung einer (außergerichtlich entstandenen) Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr gemäß § 15 a RVG ist unter den obwaltenden Umständen kein Raum. Sie kommt mangels Vorliegens der in § 15 a Abs. 2 RVG genannten Voraussetzungen - eine Geschäftsgebühr ist nicht streitgegenständlich - im Verhältnis zum Kläger nicht in Betracht (vgl. zuletzt BGH, Beschl.v. 28. Oktober 2010, VII ZB 15/10, MDR 2011, 136, m.w.N.; OLG Oldenburg, AGS 2011, 42).
Nach alledem war die sofortige Beschwerde mit der auf § 97 Abs. 1 ZPO beruhenden Kostenentscheidung zurückzuweisen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordern (§ 574 Abs. 3 Satz 1 i.V. mit Abs. 2 ZPO).