Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 23.6.2010 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken – 12 O 331/09 – aufgehoben und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Zeitraum vom 1.12.2009 bis zum 31.7.2011 einen Betrag in Höhe von 5.618 EUR zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 13.7.2011.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte weiter verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 1.8.2011 aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zur Rentenversicherung, Versicherungsschein Nr. 1111111, eine monatliche BU-Rente in Höhe von 302,70 EUR zu zahlen, zahlbar monatlich im Voraus, längstens bis zum 30.11.2029.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 12.11.2009 von der Beitragszahlungspflicht für die Rentenversicherung nebst Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zur Versicherungsschein-Nummer 1111111-35 in Höhe von 71,31 EUR abzüglich der laufenden Verrechnung nicht garantierter Überschussanteile freizustellen, längstens bis zum 30.11.2029.
4. Es wird festgestellt, dass die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zum Versicherungsschein Nr. 1111111-35 unverändert fortbesteht, insbesondere nicht durch die Anfechtungserklärung der Beklagten vom 3.8.2009 weggefallen ist.
5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Berufung im Übrigen wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
VI. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird festgesetzt auf 24.110,62 EUR. Der Streitwert für die erste Instanz wird – in Abänderung des Beschlusses des Landgerichts vom 27.7.2010 – festgesetzt auf 18.231,60 EUR.
Gründe
I.
Gegenstand des Rechtsstreits sind Ansprüche auf Leistungen aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (Versicherungsschein Nr. 1111111-35 vom 10.12.2002, Bl. 18 d.A.) wegen ab dem 6.1.2009 behaupteter Berufsunfähigkeit des Klägers.
Der Kläger – bis zur Aufgabe seiner Berufstätigkeit als CNC-Dreher und Zerspanungsmechaniker tätig – unterhält mehrere Versicherungsverträge bei der Beklagten. Sämtliche Verträge hatte die Zeugin Sch., Versicherungsagentin der Beklagten, vermittelt. Seit dem Jahr 1994 mit Vertragsablauf zum Jahr 2014 bestand unter der Versicherungsnummer 2222222 Berufsunfähigkeitsschutz mit einer jährlichen Berufsunfähigkeitsrente von 2.454,20 EUR.
Im April 2002 stieß der Kläger seinen rechten Ellbogen an einer Maschine, woraufhin sich das Ellbogengelenk entzündete und er eine Woche krankgeschrieben wurde. Die Entzündung trat im August 2002 erneut auf, der Arm wurde ruhig gestellt, und der Kläger war bis zum 31.10.2002 arbeitsunfähig. Er nahm zu der Zeugin Sch. Kontakt auf mit dem Anliegen, seinen Berufsunfähigkeits-Versicherungsschutz zu erweitern. Am 18.11.2002 füllte die Zeugin das Antragsformular auf Abschluss der streitgegenständlichen Versicherung aus. Der Kläger unterzeichnete es. Die Frage nach ärztlichen Untersuchungen, Beobachtungen, Beratungen und Behandlungen in den letzten fünf Jahren wurde mit "ja" beantwortet, konkretisierend wurde eine Feigwarzenentfernung im August 1999 angegeben. Zu der Frage nach körperlichen oder geistigen Schäden, chronischen Leiden oder sonstigen Beschwerden in den letzten fünf Jahren war die Antwort "nein" angekreuzt (Bl. 13 d.A.).
Die Beklagte nahm den Antrag an. Der Versicherungsschein über eine "Aufgeschobene Rentenversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung" datiert vom 10.12.2002 (Bl. 18 d.A.). Der monatlich zu entrichtende Beitrag belief sich (nach Überschussverrechnung) auf 50 EUR. Für den Fall der vor dem 1.12.2029 eintretenden Berufsunfähigkeit war eine Befreiung von der Beitragszahlungspflicht bis zum 30.11.2029 vereinbart sowie die Zahlung einer monatlichen Rente von 302,70 EUR.
Dem Vertrag lagen die Besonderen Bedingungen der Beklagten für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zu Grunde (Bl. 24 d.A., im Folgenden: BB-BUZ). Diese enthalten folgende Regelungen:
"§ 2 Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen?
(1) Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen außer Stande ist, ihren zuletzt ausgeübten Beruf auszuüben.
(2) Ist die versicherte Person sechs Monate ununterbrochen infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, zu mindestens 50 % außer Stande gewesen, ihren zuletzt ausgeübten Beruf auszuüben, so gilt dieser Zustand von Beginn an als Berufsunfähigkeit.
[…]
§ 7 Was gilt für die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit?
(1) Nach Anerkennung oder Feststellung unserer Leistungspflicht sind wir berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ihren Grad oder die Pflegestufe nachzuprüfen. […]
(2) Zur Nachprüfung können wir auf unsere Kosten jederzeit sachdienliche Auskünfte und einmal jährlich umfassende Untersuchungen der versicherten Person durch von uns zu beauftragende Ärzte verlangen […]
[…]
(4) Ist die Berufsunfähigkeit weggefallen oder hat sich ihr Grad auf weniger als 50 % vermindert, werden wir unsere Leistungen einstellen […]. Die Einstellung teilen wir dem Anspruchsberechtigten unter Hinweis auf seine Rechte zusammen mit der Höhe des künftig zu zahlenden Beitrages mit […].
§ 2 Abs. 4 BB-BUZ definiert als zuletzt ausgeübten Beruf im Sinne des § 2 Abs. 1 und Abs. 2 BB-BUZ die berufliche Tätigkeit, die beim Eintritt der Berufsunfähigkeit von der versicherten Person ausgeübt wird.
Im Januar 2009 wurde der Kläger krankgeschrieben wegen Lumboischialgien bei Bandscheibenprotrusionen L4/L5 und L5/S1 (S. 9 ff. des fachorthopädischen Gutachtens Prof. Dr. S., Bl. 382 ff. d.A.). Es erfolgte eine Reha-Maßnahme in den Hochwaldkliniken W. vom 25.3.2009 bis zum 14.4.2009 (zum Gesundheitszustand des Klägers am Ende der Maßnahme siehe den Entlassungsbericht vom 20.4.2009, Bl. 123 ff. d.A.).
Am 11.5.2009 beantragte der Kläger Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung.
Die Beklagte trat in die Leistungsprüfung ein und ermittelte Vorerkrankungen, die in den Antragsunterlagen nicht angegeben worden waren, insbesondere rezidivierende Fisteln und Abszesse und Ellbogenbeschwerden. Mit Schreiben vom 3.9.2009 (Bl. 38 d.A.) erklärte sie die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung.
Nach der Anfechtung zahlte sie an den Kläger den Rückkaufswert des Vertrags nebst "BUZ-Gewinn" in Höhe von insgesamt 436 EUR aus (Schreiben vom 3.9.2009, Bl. 42 d.A.).
Am 5.11.2009 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben.
Unter dem 12.11.2009 wurde ein rentenversicherungsrechtliches Gutachten (Dr. H.) zu seinem Gesundheitszustand erstellt. Darin sind als Diagnosen festgehalten: "Morbus Perthes der linken Hüfte mit hochgradiger Einschränkung, Coxarthrose links mit deutlicher Funktionseinschränkung, degenerative Wirbelsäulenveränderungen mit Bandscheibenprotrusionen und Funktionseinschränkung. Das Leistungsvermögen wurde auf höchstens drei Stunden täglich bemessen (Bl. 116 d.A.). Die Deutsche Rentenversicherung Saarland anerkannte mit Schreiben vom 7.12.2009 ab dem 13.1.2009 eine volle Erwerbsminderung, zunächst befristet bis zum 30.11.2009.
Am 29.1.2010 wurde die linke Hüfte endoprothetisch ersetzt.
Die Deutsche Rentenversicherung bewilligte mit Bescheiden vom 4.8.2010 und vom 1.4.2011 die seit dem 13.1.2009 gewährte Rente letztlich als Dauerrente.
Der Kläger hat in Abrede gestellt, die Beklagte bei Vertragsschluss arglistig getäuscht zu haben. Er hat behauptet, er habe vor der Antragsaufnahme mit der Zeugin Sch. Kontakt aufgenommen. Er habe ihr von Problemen mit dem Arm nach einem Unfall berichtet und erklärt, er überlege, ob er seinen Versicherungsschutz erweitern solle. Die Zeugin habe ihm geraten, er solle zunächst abwarten, bis die Erkrankung ausgeheilt sei, und dann nochmals anrufen. Nach Abschluss der Heilbehandlung habe er sich erneut bei der Zeugin gemeldet, um über zusätzlichen Versicherungsschutz beraten zu werden.
Der Kläger hat behauptet, die Zeugin habe bei der Antragsaufnahme im November 2002 lediglich allgemein nach schwerwiegenden Erkrankungen in der Vergangenheit gefragt. Unter anderem habe er den Arbeitsunfall im April 2002 erwähnt und die sich anschließenden gesundheitlichen Probleme. Die Zeugin habe sich nur erkundigt, ob die Verletzung ausgeheilt sei, was er zutreffend bejaht habe. Sie habe daraufhin gesagt, man brauche das nicht anzugeben. Nachdem man über die sonstigen Vorerkrankungen (Meniskusoperation 1997, Entfernung von Fisteln und Abszessen in den Jahren 1999-2001) gesprochen habe, habe die Zeugin gemeint, man müsse nur die Feigwarzenentfernung im August 1999 (Abszess) eintragen; die anderen Erkrankungen seien unerheblich. Der Kläger hat weiter behauptet, auch betriebsärztliche Untersuchungen mitgeteilt zu haben, in welchen eine mögliche leichte Hörminderung zu Tage getreten sei.
Dass der leichte Arbeitsunfall und die ausgeheilte Verletzung für die Beklagte von Bedeutung sein könnten, habe er nicht erkannt. Eine Fissur des Sprunggelenks infolge des "Verknacksen" des Fußes beim Aussteigen aus einem Auto im Jahr 1999 habe er bei Antragstellung schlicht vergessen.
Der Kläger hat behauptet, er könne wegen des Anfang 2009 erlittenen doppelten Bandscheibenvorfalls und einer Hüftgelenkserkrankung seine berufliche Tätigkeit als CNC-Dreher und Zerspanungsmechaniker nicht mehr ausüben. Das ergebe sich aus dem ärztliche Gutachten für die Deutsche Rentenversicherung vom 12.11.2009 und dem Entlassungsbericht des Gesundheits-Zentrums Saarschleife vom 20.4.2009.
In erster Instanz hat er Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ab dem 6.1.2009 geltend gemacht und die Feststellung beantragt, dass der Vertrag nicht durch die Arglistanfechtung weggefallen sei.
Die Beklagte hat das anders gesehen.
Sie hat behauptet, die Zeugin Sch. habe sämtliche Gesundheitsfragen nacheinander vorgelesen und die Antworten des Klägers korrekt in das Antragsformular übernommen. Im Verschweigen der von ihr bei der Leistungsprüfung festgestellten Vorerkrankungen hat sie eine arglistige Täuschung gesehen.
Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers und eine hierdurch hervorgerufene Berufsunfähigkeit hat die Beklagte pauschal bestritten (Bl. 143 d.A.).
Das Landgericht Saarbrücken hat mit dem am 23.6.2010 verkündeten Urteil (Bl. 180 d.A.) nach Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugin Sch. die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe den Vertrag wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten.
Der Senat nimmt gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des Urteils Bezug.
Der Kläger hat Berufung eingelegt.
Er behauptet, er sei davon ausgegangen, dass die Zeugin Sch. seine Mitteilung über die Armbeschwerden im Vorfeld der Antragsaufnahme in den Unterlagen vermerkt habe. Er habe die Zeugin einige Tage vor dem Antragstermin ein zweites Mal angerufen und gesagt, sein "Krankenschein" sei "vorbei" und sein Arm ausgeheilt, und man könne nun einen Termin vereinbaren. Auch im Antragsgespräch selbst habe er die Ellbogenverletzung erneut angesprochen, die Zeugin habe sie aber – ebenso wie die erörterten Hauterkrankungen und die Minderung des Hörvermögens – nicht schriftlich festgehalten. Er erklärt das mit den Besonderheiten des Gesprächs, das im Hinblick auf die der Zeugin peinliche Erörterung der Fisteln und Abszesse unstrukturiert verlaufen sei. Die Armverletzung sei gewissermaßen untergegangen. Er habe ihr seinerseits keine große Bedeutung beigemessen, weil sie nach seiner Einschätzung eine alsbald vergehende Bagatellerkrankung gewesen sei.
Zu den Voraussetzungen einer Berufsunfähigkeit stützt der Kläger sich nach wie vor auf die zwei Bandscheibenvorfälle Anfang 2009 und darauf, dass beide Hüften "kaputt" seien. Außerdem verweist er auf die Feststellungen eines medizinischen Gutachtens der Deutschen Rentenversicherung vom 29.7.2010 (Bl. 237 d.A. i.V.m. Bl. 239 d.A., Diagnosen Bl. 242 d.A.) und eines sozialmedizinischen Gutachtens vom 6.4.2011. Die dort aufgeführten Krankheiten und Einschränkungen hätten bereits am 6.1.2009 vorgelegen. Schon damals habe er ständig starke Rückenschmerzen gehabt, verstärkt beim Bücken und beim Heben. Längere Strecken könne er nicht gehen, weil dann die Beine schmerzten; auch könne er nicht längere Zeit schmerzfrei stehen oder liegen oder vornüber gebeugt arbeiten. Aufgrund seiner Arbeitsplatzexposition müsse er aber in vorgeneigter Haltung Gewinderollen einspannen und dabei mit Brust- und Halswirbelsäule gegenhalten; beim Hochheben der Rollen sei die Lendenwirbelsäule stärker belastet. Die eine Berufsausübung ebenfalls ausschließenden Hüftgelenksbeschwerden seien nicht erst zum Zeitpunkt der Begutachtung durch die Deutsche Rentenversicherung Saarland vom November 2009 eingetreten, sondern bereits im Januar.
Wegen der Einzelheiten seiner – von der Beklagten in zweiter Instanz nicht mehr bestrittenen – Arbeitsplatzbeschreibung nimmt der Kläger Bezug auf die Arbeitsplatzexposition der Berufsgenossenschaft Metall X vom 5.11.2010 (Bl. 267 d.A. in Verbindung mit Bl. 269, 271, 272 d.A.) und auf das ergänzende Schreiben der Berufsgenossenschaft Holz und Metall vom 14.1.2011 (Bl. 282 d.A.). Insbesondere mit Blick auf die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. S., wonach bestimmte Hebevorgänge nur gelegentlich durchgeführt worden sollten, macht er darauf aufmerksam, dass er in einer Schicht 6.000 kg bewege und für das Heben der Werkstücke in die Hocke gehen müsse – 300 mal in einer Schicht –, was ihm schmerzbedingt nicht möglich sei. Regelmäßig trage er Lasten von (wohl bis zu) 30 kg über Entfernungen von 30 Metern.
Der Kläger macht nunmehr auch vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten geltend und trägt hierzu vor, die Beklagte sei mit Schreiben vom 16.6.2011 aufgefordert worden, die aufgelaufenen Rückstände in Höhe von 9.055,60 EUR bis zum 24.6.2011 zu zahlen. Außerdem beziffert er für 20 Monate ab Dezember 2009 weitere Rentenzahlungsansprüche.
Der Kläger beantragt zuletzt,
1. die Beklagte zu verurteilen (Bl. 349, 229 d.A.)
a) an ihn für den Zeitraum vom 6.1.2009 bis 31.10.2009 einen Betrag in Höhe von 3.280,22 EUR zu zahlen abzüglich bereits gezahlter 436 EUR (Rückkaufswert) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Zustellung der Klage vom 2.11.2009 sowie weitere 6.054 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 6.036,40 EUR ab Rechtshängigkeit der Klageerweiterung (13.7.2011);
b) an ihn außergerichtliche Anwaltsvergütung in Höhe von 775,64 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen;
2. festzustellen, dass die Beklagte weiter verpflichtet ist, dem Kläger ab 31.7.2011 für die Dauer der Berufsunfähigkeit aus der BU-Zusatzversicherung zur Rentenversicherung, Versicherungsschein Nr. 1111111, eine monatliche BU-Rente in Höhe von 302,70 EUR, zahlbar monatlich im Voraus, längstens 30.11.2029, zu zahlen;
3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn von der Beitragszahlungspflicht für die Rentenversicherung nebst BU-Zusatzversicherung zur Versicherungsschein-Nummer 1111111-35 für die Dauer der Berufsunfähigkeit ab dem 6.1.2009 in Höhe der monatlichen Versicherungsbeiträge in Höhe von 71,31 EUR abzüglich der laufenden Verrechnung nicht garantierter Überschussanteile freizustellen, längstens bis zum Vertragsende am 30.11.2029;
4. festzustellen, dass die BU-Zusatzversicherung zum Versicherungsschein Nr. 1111111-35 unverändert fortbesteht, insbesondere nicht durch die Anfechtungserklärung der Beklagten vom 3.8.2009 weggefallen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie behauptet, dass der Kläger sich der Ernsthaftigkeit der langwierigen Armerkrankung bewusst gewesen sei, zumal er gerade jene Erkrankung zum Anlass genommen habe, seinen Berufsunfähigkeitsschutz aufzustocken.
Zu der von ihr weiterhin bestrittenen Berufsunfähigkeit verweist sie auf das vom Kläger vorgelegte ärztliche Gutachten Dr. H. vom 29.7.2010 und die dort festgehaltene – nach dem Vorbringen des Klägers allein auf die im Jahr 2008 von der Berufsgenossenschaft anerkannte Berufskrankheit der Lärmschwerhörigkeit bezogene – Minderung der Erwerbsfähigkeit von nur 15 %. Die Beklagte sieht auf der Grundlage des fachorthopädischen Gutachtens des vom Senat beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. S. eine dauerhafte Berufsunfähigkeit nicht prognostiziert.
Hinsichtlich des Sachverhalts und des Parteivortrags im Einzelnen wird Bezug genommen auf die Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 12.5.2010 (Bl. 155 d.A.) und des Senats vom 11.5.2011 (Bl. 299 d.A.) und vom 10.10.2012 (Bl. 521 d.A.), das fachorthopädische Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. S. vom 18.11.2011 (Bl. 374 d.A.) – ergänzt unter dem vom 27.2.2012 (Bl. 416 d.A.) und mündlich erläutert im Termin vom 10.10.2012 – sowie auf das Urteil des Landgerichts vom 23.6.2010 (Bl. 180 d.A.).
II.
Die Berufung ist im Wesentlichen begründet.
Die Beklagte konnte ihre Vertragserklärung nicht wegen arglistiger Täuschung anfechten (§ 22 VVG, §§ 123 Abs. 1, 142 BGB), so dass die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung des Klägers fortbesteht. Der Kläger ist bedingungsgemäß berufsunfähig und hat deshalb Anspruch auf die vertraglich vereinbarten Leistungen.
1.
Nach dem vom Landgericht zugrunde gelegten Sachverhalt hat der Kläger die Beklagte nicht arglistig getäuscht. Die gegenläufige Würdigung der festgestellten Indizien im angefochtenen Urteil ist fehlerhaft.
a.
Der Versicherer kann den Versicherungsvertrag gemäß § 22 VVG, § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung anfechten, wenn der Versicherungsnehmer bei Vertragsabschluss bewusst unrichtige Angaben gemacht hat, um den Versicherer zum Abschluss des Vertrags mit dem gewünschten Inhalt zu bewegen, und wenn der Versicherer den Vertrag nicht oder nicht mit diesem Inhalt abgeschlossen hätte, wenn er richtig informiert worden wäre (Senat, Urt. v. 1.2.2006 – 5 U 207/05 – VersR 2006, 1482).
b.
Hier hatte die Zeugin Sch. unstreitig unrichtige und unvollständige Angaben an die Beklagte weitergegeben. Die Gesundheitsfragen des im November 2002 ausgefüllten Antragsformulars bezogen sich auf einen Fünfjahreszeitraum. In diesen Zeitraum fielen die Fissur des rechten Außenknöchels im Jahr 1999, die rezidivierenden Fisteln und Abszesse in den Jahren 1997-2001, die Ellbogenbeschwerden (Epicondylitis) im Jahr 2002 sowie eine zunehmende Hörminderung seit Anfang 2002. All das wurde in der Antragserklärung nicht eingetragen.
Gleichwohl konnte die Beklagte ihre Vertragserklärung nicht anfechten.
(1)
Die Täuschung eines Versicherers ist nicht ohne weiteres durch unzutreffende oder unvollständige Angaben im Antragsformular belegt.
War ein Versicherungsagent eingeschaltet, so galt die sog. Auge-und-Ohr-Rechtsprechung schon vor Inkrafttreten des die frühere Rechtsprechung festschreibenden § 70 VVG, der für die Bewertung der Vorgänge bei Vertragsschluss im Jahr 2002 vorliegend wohl nicht zum Tragen kommt (vgl. zur Geltung alten Rechts, wenn zwar ein Versicherungsfall nach neuem Recht zu beurteilen ist, es aber um die Anwendbarkeit von bei Vertragsschluss zu befolgenden Vorschriften geht [Tatbestandsregeln der §§ 16 ff. VVG a.F.], Marlow, Anm. zu LG Dortmund, VersR 2010, 515). Nach jener Rechtsprechung steht der empfangsbevollmächtigte Versicherungsagent bei Entgegennahme eines Antrags auf Abschluss eines Versicherungsvertrages dem Antragsteller bildlich gesprochen als das Auge und Ohr des Versicherers gegenüber. Was ihm gesagt und vorgelegt wird, ist dem Versicherer gesagt und vorgelegt, auch wenn der Agent es nicht ins Antragsformular aufnimmt. Der Versicherer kann daher allein mit dem Inhalt des von seinem Agenten ausgefüllten Antragsformulars nicht beweisen, dass der Versicherungsnehmer hinsichtlich seiner Vorerkrankungen falsche Angaben gemacht habe, sofern dieser substanziiert behauptet, den Agenten mündlich zutreffend unterrichtet zu haben. Die Beweislast liegt beim Versicherer, der die Unterrichtung bestreitet (zur Auge-und-Ohr-Rechtsprechung – für die Verletzung vorvertraglicher Anzeigeobliegenheiten – BGH, Urt. v. 24.11.2010 – IV ZR 252/08 – VersR 2011, 338; BGH, Urt. v. 27.2.2008 – IV ZR 270/066 – VersR 2008, 765).
(a)
Vor diesem Hintergrund scheidet eine arglistige Täuschung wegen der nicht im Formular erwähnten Hauterkrankungen und der Hörminderung aus.
Das Landgericht hat aufgrund der Beweisaufnahme keine Überzeugung gewonnen, dass der Kläger diese Krankheiten gegenüber der Zeugin Sch. beim Antragsgespräch verborgen habe (Seite 10 des Urteils, Bl. 189 d.A.). Der Senat sieht keine Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit der hierauf bezogenen Feststellungen begründen würden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die Zeugin hat in ihrer erstinstanzlichen Vernehmung dargelegt, wie der Kläger von Fisteln und Abszessen berichtet habe. Ihr sei dies peinlich gewesen, weil der Intimbereich betroffen gewesen sei. Sie habe dann versäumt, Eintragungen ins Antragsformular zu machen, weil man angenommen habe, deswegen träte gewiss keine Berufsunfähigkeit ein (Seite 7 der Sitzungsniederschrift vom 12.5.2010, Bl. 161 d.A.). Demnach wurde die Versicherungsagentin als Auge und Ohr des Versicherers informiert, die Beklagte mithin nicht getäuscht. Entsprechendes gilt für die Hörminderung. Das Landgericht hat festgestellt, die Zeugin habe eingeräumt, hiervon – möglicherweise bereits bei der Antragstellung – gewusst zu haben (Seite 11 des Urteils, Bl. 190 d.A.). Sie konnte nicht erklären, warum keine Eintragung in das Antragsformular erfolgt sei (Seite 8 der Sitzungsniederschrift vom 12.5.2010, Bl. 162 d.A.). Die Voraussetzungen einer Täuschung sind damit jedenfalls nicht bewiesen.
(b)
Die Grundsätze der Auge-und-Ohr-Rechtsprechung kommen indessen nicht zum Tragen mit Blick auf die weder im Formular eingetragene noch – was der Kläger selbst zugesteht – gegenüber der Zeugin erwähnte Fissur des rechten Außenknöchels im Jahr 1999. Das Landgericht hat dazu festgestellt, das Verschweigen sei unstreitig, indessen keine näheren Feststellungen zur Arglist getroffen.
Deren subjektive Voraussetzungen sind nicht bewiesen.
Der subjektive Tatbestand des § 123 Abs. 1 BGB verlangt, dass der Anfechtungsgegner mit seiner Täuschung die Willensentschließung seines Verhandlungspartners beeinflussen wollte. Beim Abschluss von Versicherungsverträgen lässt allein die falsche Beantwortung von Gesundheitsfragen nicht zwingend auf das Bewusstsein und den Willen schließen, den Versicherer zum Abschluss des Versicherungsvertrages mit dem beantragten Inhalt zu bewegen (BGH, Urt. v. 24.11.2010 – IV ZR 252/08 – VersR 2011, 338). Arglist als innere Tatsache kann regelmäßig nur auf der Grundlage hinreichender Indizien angenommen werden. Sie können sich unter anderem aus der Art und dem Umfang der unrichtigen Angaben ergeben, aus den besonderen Umständen bei der Antragstellung und aus der Art der gestellten Fragen. Für ein arglistiges Verhalten des Versicherungsnehmers spricht, wenn er schwere, chronische oder immer wieder auftretende Erkrankungen oder gesundheitliche Beeinträchtigungen verschweigt oder solche, die zu erheblichen Einschränkungen seines Alltags geführt haben oder die ihm offensichtlich erheblich für das versicherte Risiko erscheinen mussten (Senat, Urt. v. 9.11.2005 – 5 U 50/05 – VersR 2006, 681). Zwar muss der Versicherer den Beweis der Arglist führen. Gleichwohl kann von dem Versicherungsnehmer erwartet werden, dass er wenigstens plausibel macht, auf Grund welcher Umstände es zu den falschen Angaben gekommen ist (Senat, Urt. v. 1.2.2006 – 5 U 207/05 – VersR 2006, 1482).
Letzteres ist dem Kläger gelungen. Der Senat kann, einen Arglistvorwurf auf das Verschweigen der Knöchelfissur nicht stützen. Der Kläger hat in seiner erstinstanzlichen informatorischen Anhörung dargelegt, er müsse sie wohl vergessen haben. Er sei vor der Arbeit gestürzt, und am Arbeitsplatz sei dann der Fuß angeschwollen. Dass eine Arthrose diagnostiziert worden sei, sei ihm nicht bekannt (S. 4 der Sitzungsniederschrift vom 12.5.2010, Bl. 158 d.A.). Schriftsätzlich hatte er vorgetragen, er habe sich beim Aussteigen aus dem Pkw den Fuß verknackst, und ihm sei dieses Ereignis bei Antragstellung schlicht nicht präsent gewesen sei. Es scheint nicht unplausibel, dass ein Versicherungsnehmer, der eine derartige vorübergehende "Allerweltsverletzung" ohne pathologische Vorgeschichte und ohne – ihm zur Kenntnis gelangte – dabei getroffene sonstige, verletzungsunabhängige Diagnosen bei Antragstellung nicht erwähnt, dies ohne Täuschungsvorsatz tut.
(c)
Die Arglistanfechtung kann entgegen der Ansicht des Landgerichts auch nicht auf die im Antragsformular nicht angegebenen Ellbogenbeschwerden gestützt werden.
Ungeachtet des Umstands, inwieweit sie im Antragsgespräch als solchem thematisiert sein mögen oder nicht, stehen doch jedenfalls die Geschehnisse vor der Antragsaufnahme der Annahme eines Täuschungsvorsatzes entgegen. Hier tragen die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts – deren Richtigkeit und Vollständigkeit auch insoweit nicht infrage steht – im Ergebnis die Annahme der Arglist nicht.
Das Landgericht hatte keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin Sch. Es hat ihr offenbar geglaubt, dass im Vorfeld der Antragsaufnahme ein Gespräch über eine abzuschließende Versicherung geführt worden sei, dass man dabei auch über die Armbeschwerden geredet habe und dass sie dem Kläger geraten habe, erst seine Verletzung ausheilen zu lassen, da eine Antragstellung bei einer akuten Erkrankung keinen Sinn mache (Seite 10, 12 des Urteils, Bl. 189, 191 d.A., Seite 7/8 der Sitzungsniederschrift vom 12.5.2010, Bl. 161/162 d.A.). Das entspricht der Schilderung des Klägers.
Anders als mit Blick auf die Hauterkrankungen und die Hörminderung scheitert die Arglist in diesem Zusammenhang wohl nicht schon an den Grundsätzen der Auge-und-Ohr-Rechtsprechung. Die Aussage der Zeugin Sch. hat das Vorbringen des Klägers dahin, dass die Ellbogenerkrankung auch Gegenstand des Antragsgesprächs gewesen sei, nicht bestätigt. Die zeitlich vorangegangenen Mitteilungen im Rahmen der telefonischen Anfrage genügen für eine der Beklagten nachteilige Wissenszurechnung nicht. Der Versicherungsagent ist nur innerhalb des zeitlichen und sachlichen Rahmens der Antragsaufnahme Auge und Ohr des Versicherers (zu den teilweise streitigen Fragen der genauen Grenzziehung siehe – für § 70 VVG n. F. – Dörner in: Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl. 2010 § 70 Rdn. 6-8). Stellt etwa ein Versicherungsinteressent einen neuen Antrag, nachdem eine frühere Antragsaufnahme bereits abgeschlossen war, können die anlässlich des früheren Antrags dem Vermittler gegebenen erfragten Informationen dem Versicherer nicht zugerechnet werden (Senat, Urt. v. 29.11.2006 – 5 U 105/06 – VersR 2007, 826). Übertragen auf den vorliegenden Fall, bedeutet das, dass die Zeugin Sch. dem Kläger frühestens ab der Entgegennahme des Versicherungsantrags sowie den bei dieser Gelegenheit abgegebenen mündlichen Erklärungen als Auge und Ohr des Versicherers gegenüber stand. Was ihr in einem ersten Gespräch mit der Anfrage des Klägers nach (weiterem) Versicherungsschutz gesagt, ihr aber bei der Antragstellung nicht nachgewiesenermaßen erneut mitgeteilt wurde, ist mithin kein automatisch der Beklagten zuzuschreibendes, eine Täuschung ausschließendes Wissen.
Wohl aber hindert das Telefonat vor dem eigentlichen Antragsgespräch die Annahme, der Kläger habe intendiert oder auch nur billigend in Kauf genommen, die Beklagte durch das Verschweigen der Armerkrankung zum Vertragsschluss zu bewegen. Wann genau das Telefonat zwischen dem Kläger und der Zeugin Sch. stattgefunden hat, steht nicht fest. Es muss irgendwann zwischen dem ersten Auftreten der Epicondylitis Ende April 2002 und dem Ende der dadurch bedingten Arbeitsunfähigkeit im Oktober 2002 gewesen sein. Der Kläger wandte sich in diesem nicht besonders weit zurückliegenden Zeitraum an die Zeugin mit dem expliziten Anliegen, aus Anlass der Armerkrankung neuen/verlängerten/erweiterten Versicherungsschutz zu erhalten. Ihm wurde gesagt, man solle erst einmal abwarten, bis die Sache ausgeheilt sei. Damit wurde der Anschein erweckt, die Antragstellung sei nach der Heilung eben kein Problem mehr. Wenn in einer solchen Situation ein Versicherungsnehmer mit derselben Versicherungsagentin absprachegemäß nach Abklingen der Beschwerden erneut in Kontakt tritt, im Antragsformular indessen, aus welchen Gründen auch immer, diejenige Erkrankung unerwähnt blieb, die – vom Versicherungsnehmer zuvor offen gelegt – überhaupt erst den Anlass für den neuen Vertrag gab und deren Ausheilen nach dem Rat der Agentin abgewartet werden sollte, so kann hieraus nicht auf Arglist geschlossen werden. Warum der Kläger unredlich hätte darauf bauen sollen, die Zeugin werde den Hintergrund der Kontaktaufnahme vergessen haben, sieht der Senat nicht. Hinzu kommt der vom Kläger zu Recht hervorgehobene "unstrukturierte" Gesprächsverlauf. Die Zeugin hat bestätigt, die Informationen zu den Hauterkrankungen seien ihr peinlich gewesen. Damit liegt durchaus nicht fern, dass die Behandlung der Gesundheitsfragen infolge der sich entwickelnden unangenehmen Atmosphäre nicht weiter vertieft wurde. Schließlich hat die Zeugin selbst den Kläger in zweierlei Hinsicht gewissermaßen auf die falsche Fährte gebracht. Sie hat vor der Antragsaufnahme nahe gelegt, er solle bis zum Ausheilen der Armerkrankung zuwarten, ferner hat sie im Antragsgespräch die Fisteln und Abszesse als nicht gefahrerheblich bezeichnet und von einer Eintragung ins Formular abgesehen. Beides implizierte, man könne bei den Mitteilungen eine wertende Vorauswahl treffen. Unterläuft ein Agent aber das korrekte und umfassende Beantworten der Formularfragen dadurch, dass er dem Antragsteller durch einschränkende Bemerkungen verdeckt, was dem Versicherer zu offenbaren ist, kann das Agentenverhalten nicht zu Lasten des Versicherungsnehmers gehen (BGH, Urt. v. 10.10.2001 – IV ZR 6/01 – VersR 2001, 1541).
Vor diesem gesamten Hintergrund kann dem Kläger nicht vorgehalten werden, er habe in unredlicher Weise gegenüber der empfangsbevollmächtigten Agentin Umstände verschwiegen, um einen ihm günstigen Vertrag zu erhalten.
Soweit man in Betracht ziehen könnte, eine Arglistanfechtung deshalb zuzulassen, weil der Kläger und die Zeugin zum Nachteil der Beklagten zusammengewirkt hätten, liegen die Voraussetzungen einer Kollusion nicht vor. Für die Fälle der Wissenszurechnung über die Auge-und-Ohr-Rechtsprechung ist anerkannt, dass der künftige Versicherungsnehmer dann nicht schutzwürdig ist, wenn er mit dem Versicherungsagenten arglistig zum Nachteil des Versicherers agiert. Voraussetzung ist, dass der Versicherungsnehmer auf die Auskunft des Agenten, eine erhebliche Vorerkrankung sei nicht anzeigepflichtig, nicht vertraut, sondern im Bewusstsein der Anzeigeobliegenheit erkennt und billigt, dass der Versicherer durch das Vorgehen des Agenten über seinen Gesundheitszustand getäuscht und in seiner Vertragsentscheidung beeinflusst wird, und er deshalb – im Einvernehmen mit dem Versicherungsagenten – die betreffende Erkrankung im Antragsformular unerwähnt lassen will (BGH, Urt. v. 27.2.2008 – IV ZR 270/066 – VersR 2008, 765). Unterhalb der Schwelle der Kollusion ist der Versicherer im Verhältnis zum Vertragspartner auch dann geschützt, wenn sein Vertreter seine Vollmacht missbraucht und sich dies dem Vertragspartner aufgrund massiver Verdachtsmomente aufdrängen muss. Die Anforderungen sind hoch, weil der künftige Versicherungsnehmer grundsätzlich davon ausgehen darf, dass der Agent zu dem, was er tut, dem Versicherer gegenüber auch befugt ist.
Dies berücksichtigend, sieht der Senat hier weder Anhaltspunkte für ein kollusives Zusammenwirken noch für ein sich dem Kläger aufdrängendes Fehlverhalten der Zeugin Sch. (vgl. auch BGH, Urt. v. 30.1.2002 – IV ZR 23/01 – VersR 2002, 425).
2.
Die Beklagte hat an den Kläger die gemäß § 1 Abs. 1a und b BB-BUZ vereinbarten Leistungen – Befreiung von der Beitragszahlungspflicht sowie Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von monatlich 302,70 EUR – zu erbringen.
Der Beginn der Berufsunfähigkeit und mithin der Eintritt der Leistungspflicht ist auf den 12.11.2009 zu datieren. Der damalige, im Rahmen der Begutachtung durch die Deutsche Rentenversicherung erhobene Befund gestattete dem Sachverständigen Prof. Dr. S. die Feststellung der Voraussetzungen einer mindestens 50-prozentigen Berufsunfähigkeit. Einen früheren Eintritt hat der Kläger indessen nicht bewiesen.
a.
Die von der Beklagten verwendeten Bedingungen verlangen für den Eintritt der Berufsunfähigkeit nicht – das verkennt die Beklagte –, dass eine Berufsausübung voraussichtlich auf Dauer ausgeschlossen ist. Vielmehr liegt gemäß § 2 Abs. 1 BB-BUZ Berufsunfähigkeit dann vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, sechs Monate ununterbrochen außer Stande ist, ihren zuletzt ausgeübten Beruf auszuüben. Bestand ein solcher Zustand ununterbrochenen sechs Monate lang, so wird gemäß § 2 Abs. 2 BB-BUZ eine Berufsunfähigkeit ab Beginn dieses Zustands fingiert.
b.
Den ihm insoweit obliegenden Nachweis hat der Versicherungsnehmer erbracht.
Vom 12.11.2009 bis Ende Juni 2010 war der Kläger wegen der Hüftgelenkerkrankung sechs Monate ununterbrochen außer Stande seine Tätigkeit auszuüben.
Nach der den Senat überzeugenden Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. S. konnte der Kläger ab dem 12.11.2009 bis mindestens zum 30.6.2010 krankheitsbedingt nicht als Dreher arbeiten. Der Sachverständige hat in seinen Gutachten vom 18.11.2011 und vom 27.2.2012 auf der Grundlage der ab dem 12.11.2009 gegebenen Befunde und unter Berücksichtigung der Hüftoperation im Januar 2010 erläutert, dass der Kläger seit dem 12.11.2009 bis jedenfalls Mitte 2010 nicht in der Lage gewesen ist, die körperlichen Anforderungen seines Berufs zu erfüllen, und zwar zunächst – präoperativ – insbesondere wegen ausgeprägter Bewegungseinschränkungen und Bewegungsschmerzen der Hüftgelenke, danach mit Blick auf den Zustand nach Implantation der Hüftendoprothese (S. 19 des Gutachtens vom 18.11.2011, Bl. 392 d.A.; S. 21 des Gutachtens vom 27.2.2012, Bl. 436 d.A.). Er hat auf der Grundlage der am 12.11.2009 durch den ärztlichen Dienst der Deutschen Rentenversicherung erhobenen Befunde festgestellt, zu jenem Zeitpunkt hätten hochgradige Bewegungseinschränkungen und -schmerzen beider Hüftgelenke schon nach nur kurzfristiger Belastung bestanden mit Zeichen einer radikulären, von der Lendenwirbelsäule ausgehenden Störung (Bl. 392 d.A.). Das habe eine zumindest fünfzigprozentige Berufsunfähigkeit begründet (Bl. 387/388, 392 d.A.). Sie habe nach dem endoprothetischen Ersatz der linken Hüfte (durchgeführt am 29.1.2010) zumindest bis Mitte 2010 fortbestanden (Bl. 392/393 d.A., Bl. 436 d.A.). Der Sachverständige hat das in seiner Anhörung vor dem Senat am 10.10.2012 plausibel konkretisiert und erläutert. Wegen der im November 2009 stark schmerzhaft wirkenden Veränderung des Hüftgelenks sei der Kläger damals zu arbeiten nicht imstande gewesen. Werde bei einem Patienten – wie hier im Januar 2010 – eine Hüftendoprothese eingesetzt, trete in mit körperlicher Anstrengung verbundenen Berufen nach medizinischer Erfahrung eine Berufsfähigkeit erst nach sechs Monaten wieder ein. Nach etwa drei bis vier Monaten sei die Prothese fest eingebunden, danach müsse Muskulatur aufgebaut werden. Im Fall des Klägers nehme er eine Arbeitsfähigkeit (frühestens) wieder ab dem Juli 2010 an, wobei selbst zu diesem Zeitpunkt eine Berufsfähigkeit scheitere, wenn die Tätigkeit des Klägers dadurch geprägt sei, dass er Lasten von 30 kg über längere Strecken bewegen müsse (S. 3, 4 der Sitzungsniederschrift vom 10.10.2012, Bl. 523, 524 d.A.).
c.
Die weitere Entwicklung des Gesundheitszustands und die – zwischen den Parteien streitige – Frage, ob eine Berufsunfähigkeit nach dem Ende der Rehabilitation im Jahr 2010 bzw. zum aktuellen Zeitpunkt fortbesteht, sind für den hiesigen Rechtsstreit nicht erheblich.
Steht fest, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt Berufsunfähigkeit eingetreten war, kann der Versicherer spätere Änderungen des Gesundheitszustands nur auf dem vertraglich vorgesehenen Weg des Nachprüfungsverfahrens (§ 7 BB-BUZ) geltend machen (vgl. Senat, Urt. v. 6.6.2012 – 5 U 163/08). Dessen unerlässlicher Bestandteil ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass dem Versicherten eine bestimmte, inhaltlichen Anforderungen genügende Mitteilung über die Beendigung einer zuvor bestehenden Leistungspflicht gemacht wurde (vgl. BGH, Urt. v. 3.11.1999 – IV ZR 155/98 – VersR 2000, 171; Urt. v. 12.6.1996 – IV ZR 106/95 – VersR 1996, 958; Urt. v. 17.2.1993 – IV ZR 206/91 – VersR 1993, 562). Auf eine solche Änderungsmitteilung kann selbst dann nicht verzichtet werden, wenn die Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit während des Rechtsstreits entfallen (Senat, Urt. v. 6.6.2012 – 5 U 163/08). Allerdings soll dem Versicherer in einem Rechtsstreit, in dem der Versicherungsnehmer den Nachweis bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit geführt hat, zunächst der Beweis offen stehen, dass und ab welchem Zeitpunkt die Voraussetzungen für eine Herabsetzung oder Einstellung der Leistungen nach § 7 BB-BUZ eingetreten seien; im Urteil soll dann über Beginn und Ende der Leistungspflicht zu entscheiden sein (BGH, Beschl. v. 20.1.2010 – IV ZR 111/07 – RuS 2010, 251). Auch unter dieser Prämisse ist aber eine formale Einstellungsmitteilung des Versicherers – die nicht zwingend außergerichtlich erfolgen muss – unverzichtbar (Senat, Urt. v. 6.6.2012 – 5 U 163/08, auch dazu, dass der Versicherungsnehmer insoweit nur dann nicht schutzbedürftig ist, wenn feststeht, dass die Berufsunfähigkeit bereits geendet hat, bevor der Versicherer mit Ansprüchen des Versicherungsnehmers konfrontiert wurde; so auch die Vorentscheidung zu BGH, Beschl. v. 20.1.2010 - IVZR 111/07 - nämlich OLG Köln, Urt. v. 18.4.2007 - 5 U 180/06 ). Inhaltlich verlangt sie eine Vergleichsbetrachtung des Gesundheitszustands, wie er einem Anerkenntnis hätte zugrunde liegen müssen, mit dem Gesundheitszustand zu einem späteren Zeitpunkt. An einer diesen Anforderungen gerecht werdenden Mitteilung der Beklagten fehlt es. Sie lässt sich auch keinem ihrer Schriftsätze entnehmen. Abgesehen davon, dass sie Leistungen von Beginn an in erster Linie unter dem Gesichtspunkt der Arglistanfechtung abgelehnt hatte, hat sie eine Berufsunfähigkeit zu keinem Zeitpunkt als gegeben erachtet und sich – folgerichtig – zu einem späteren Wegfall einer Berufsunfähigkeit wegen veränderter Gesundheitsverhältnisse des Klägers nicht erklärt.
Das Nachprüfungsverfahren wäre hier, selbst wenn der Kläger seine Leistungsfähigkeit zwischenzeitlich wieder zurückerlangt haben sollte (die Erklärungen des Sachverständigen in seiner Anhörung vom 10.10.2012 zur dauerhaft fortbestehenden Unfähigkeit, gewisse Lasten zu tragen, lassen das allerdings zweifelhaft erscheinen), nicht etwa deshalb entbehrlich, weil § 1 Abs. 4a BB-BUZ ein "Erlöschen" der Leistungsansprüche anordnet, wenn der "Grad der Berufsunfähigkeit unter 50 % sinkt". Sollte das als Automatismus zu verstehen sein, wäre die Klausel jedenfalls gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB wegen unangemessener Benachteiligung des Versicherungsnehmers unwirksam. Der berufsunfähige Versicherte muss sich auf die Leistung des Versicherers verlassen können. Hat der Versicherer nach Prüfung seiner Leistungspflicht anerkannt, dass Vereinbarte zu schulden, oder muss er sich so behandeln lassen, als habe er sich dahin erklärt, so dürfen die Grundlagen, die er seinem Leistungsverhalten einmal zu Grunde gelegt hat oder hätte zu Grunde legen müssen, grundsätzlich nicht nachträglich infrage gestellt werden. Er kann sich auf einen Wegfall der einmal gegebenen Berufsunfähigkeit oder eine erhebliche Minderung ihres Grades nur unter den Voraussetzungen und in den Formen der Nachprüfung mit den damit verbundenen beweisrechtlichen Nachteilen berufen (siehe Rixecker in: Beckmann/Matusche-Beckmann 2. Aufl. 2009, § 46 Rdn. 155). Diese Grundsätze würde durch eine wortlautgetreue Anwendung des § 1 Abs. 4a BB-BUZ – automatisches Erlöschen der Ansprüche – in unzulässiger Weise unterminiert. Wird die Klausel hingegen dahin ausgelegt, dass sie – insoweit überflüssig – die Grundsätze für das Nachprüfungsverfahren des § 7 BB-BUZ aufgreift, dann bleibt es bei dem oben zum Erfordernis der förmlichen Einstellungsmitteilung Ausgeführten.
d.
Die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche bestehen allerdings nicht schon ab dem 6.1.2009. Erst der am 12.11.2009 im Rahmen der Begutachtung für die Deutsche Rentenversicherung erhobene Befund rechtfertigte nämlich den Schluss auf die Voraussetzungen einer mindestens 50-prozentigen (bedingungsgemäß für sechs Monate zu prognostizierenden) Berufsunfähigkeit. Einen früheren Eintritt hat der Kläger nicht bewiesen.
Der Senat stützt sich auch insoweit auf die überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. S. Der Sachverständige hat die verfügbaren Vorbefunde ab dem vom Kläger geltend gemachten Berufsunfähigkeitszeitpunkt (6.1.2009) ausgewertet. Die für die Zeit vor dem 12.11.2009 vorliegenden Gesundheitsdaten sprachen aus seiner Sicht nicht dafür, dass der Kläger schon damals seiner beruflichen Tätigkeit nicht mehr hätte nachgehen können. Zum Zeitpunkt des Entlassungsberichts der Fachklinik für Orthopädie der Hochwaldkliniken in W. vom 20.4.2009 habe es auffallende Behinderungen aus orthopädischer Sicht im Bereich der oberen Extremitäten nicht gegeben, und im Bereich der unteren Extremitäten sei eine nur endgradige schmerzbedingte Bewegungseinschränkung aufgefallen; die Wirbelsäule sei in ihrer Beweglichkeit nicht wesentlich eingeschränkt gewesen. Man habe das Rehabilitationsergebnis als gut eingeschätzt, insbesondere mit Blick auf eine verbesserte Mobilität und körperliche Belastbarkeit. Aufgrund jener Befunde könne ausgeschlossen werden, dass beim Kläger eine mindestens 50-prozentige Berufsunfähigkeit in seinem zuletzt ausgeübten Beruf vorgelegen habe.
Der Nachweis, dass sich daran etwas geändert habe, ist dem Kläger dann, wie ausgeführt, erst zum 12.11.2009 gelungen.
3.
Der Höhe nach sind die Klageanträge, wie aus dem Tenor ersichtlich, überwiegend begründet.
Die im Schriftsatz vom 9.10.2012 bei der Bezeichnung der Daten unterlaufenen offensichtlichen Unstimmigkeiten korrigiert der Senat mit Blick auf das erkennbar Gewollte. Der im zuletzt gestellten Zahlungsantrag zu 1.a bezifferte Teilbetrag von 3.280,22 EUR für den Zeitraum 6.1.2009 bis 31.10.2009 ist entsprechend den obigen Ausführungen zum Eintritt der Berufsunfähigkeit von der Beklagten nicht geschuldet. Begründet ist insoweit (nur) der auf 6.054 EUR bezifferte Zahlungsantrag für 20 Monate vom 1.12.2009 bis zum – offenbar gemeinten – 31.7.2011 (genannt ist in der Begründung des Schriftsatzes vom 9.10.2012 offensichtlich irrtümlich der 30.6.2011; das steht aber weder im Einklang mit der Berechnung des Gesamtbetrags für 20 Monate nach dem 30.11.2009 noch mit dem Umstand, dass der Feststellungsantrag zu 2 den Zeitraum ab dem 1.8.2011 erfassen soll). Der Zahlungsbetrag ist – entsprechend dem angepassten Klageantrag gemäß Schriftsatz vom 9.10.2012 – um die vorgerichtlich von der Beklagten gezahlten 436 EUR zu vermindern, so dass 5.618 EUR verbleiben.
4.
Abzuweisen ist der Antrag auf die Erstattung der – in zweiter Instanz zum Gegenstand der Klage gemachten – vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (Schriftsatz vom 5.7.2011, Bl. 349 d.A., Schriftsatz vom 9.10.2012, Bl. 518 d.A.). Sie könnten allenfalls unter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadensersatzes geschuldet sein (§§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286, 249 Abs. 1 BGB), wenn sie zu den zweckentsprechenden Kosten der Rechtsverfolgung zählten. Das ist nicht der Fall. Der Kläger stützt den Anspruch darauf, dass er die Beklagte mit Schreiben vom 16.6.2011 aufgefordert habe, aufgelaufene weitere Rückstände zu zahlen. Jene Zahlungspflicht ist im Zeitpunkt der Zahlungsaufforderung aber – wenn auch im Rahmen eines Feststellungsantrags – bereits Gegenstand des Rechtsstreits gewesen. Eine gesonderte Geltendmachung war nicht notwendig, die dadurch möglicherweise entstandenen zusätzlichen Aufwendungen für anwaltliche Gebühren deshalb zur Wahrung der Rechte des Klägers weder erforderlich noch zweckmäßig (vgl. zu den Voraussetzungen des Ersatzes von verzugsbedingten Rechtsverfolgungskosten Ernst in: MünchKommBGB, 6. Aufl. 2012, § 286 Rdn. 154).
5.
Der Kläger hat für den – in Höhe von 5.618 EUR erfolgreichen – Zahlungsantrag über 6.054 EUR Zinsen erst geltend gemacht ab Rechtshängigkeit der Klageerweiterung (13.7.2011, Bl. 351 d.A.). Der Zinsanspruch ist ihm auf die geschuldeten 5.618 EUR deshalb (erst) ab diesem Zeitpunkt gemäß § 291 BGB zuzusprechen (§ 322 ZPO).
6.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, weil der Kläger nur für den vor dem 12.11.2009 liegenden Zeitraum von rund zehn Monaten keine Leistungen beanspruchen kann. Dieses Teilunterliegen ist geringfügig im Sinne des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, obwohl es die gemeinhin für relevant angesehene Grenze von 10 % bei rein rechnerischer Betrachtung anhand des Streitwerts übersteigt (zur Streitwertberechnung siehe unten). Das beruht aber allein darauf, dass der Streitwert hier unter Heranziehung des § 9 ZPO zu ermitteln ist (Beschränkung auf den dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezugs bei wiederkehrenden Leistungen) und dass er deshalb keine eindeutige Lösung für die am Prozesserfolg zu bemessende Kostenverteilung vorzugeben geeignet ist (vgl. OLG München, FamRZ 1997, 762). Mit Blick auf die zu erwartende Gesamtdauer der Leistungspflicht der Beklagten ist die Versagung von Leistungen für die zehn Monate vor der Klagerhebung geringfügig und rechtfertigt eine vollständige Kostenbelastung der Beklagten.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.
Der Streitwert wird auf 24.110,62 EUR festgesetzt.
Der bezifferte Klageantrag zu 1a – der Klageantrag zu 1b bleibt wegen § 43 Abs. 1 GKG außer Betracht – ist auf 8.898,22 EUR (3.280,22 EUR - 436 EUR + 6.054 EUR) zu veranschlagen (dazu dass während eines Rechtsstreits fällig werdende, wiederkehrende Forderungen den Streitwert trotz § 9 ZPO dann erhöhen, wenn sie – wie hier der Zahlungsantrag über 6.054 EUR – selbstständig mittels Leistungsantrags geltend gemacht werden, Heinrich in: Musielak, ZPO, 9. Aufl. 2012, § 9 Rdn. 5). Der Feststellungsantrag zur weiteren Rentenzahlungspflicht entspricht dem 3,5-fachen Jahresbetrag der geltend gemachten Rente (3,5 x 3.632 EUR = 12.712 EUR; § 9 ZPO) abzüglich eines 20%igen Feststellungsabschlags, beträgt also 10.170 EUR (vgl. Senat, Beschl. v. 24.11.2005 – 5 W 328/05; dazu dass der übliche Feststellungsabschlag unabhängig davon zu machen ist, ob der Schuldner sich einem Feststellungsausspruch voraussichtlich beugt, siehe BGH, Urt. v. 29.10.1998 – III ZR 137/98 – NJW-RR 1999, 362). Der auf Freistellung der Prämienzahlungspflicht gerichtete Feststellungsantrag hat einen Wert von 1.680 EUR (3,5 x 12 x 50 EUR x 80%) zuzüglich der bei Klageerhebung bereits fällig gewesenen Freistellungsansprüche für 10 Monate in Höhe von 400 EUR (10 x 50 EUR x 80%). Der neben den Leistungspflichten streitgegenständliche Feststellungsantrag zum Fortbestand der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ist auf 20 % der 3,5-fachen Jahresbeträge von Rentenleistung und Versicherungsprämie zu beziffern (BGH, Beschl. v. 6.10.2011 – IV ZR 183/10 – VersR 2012, 76), das sind hier 2.962,40 EUR.
Der Senat korrigiert auch die Streitwertfestsetzung des Landgerichts gemäß Beschluss vom 27.7.2010 (§ 63 Abs. 3 GKG). Der Zahlungsanspruch erster Instanz betrug 3.019,20 EUR, der Feststellungsantrag zu 2 hatte einen Wert von 10.170 EUR, der Feststellungsantrag zu 3 von 2.080 EUR (1.680 EUR + 400 EUR, siehe vorstehend). Auch in erster Instanz war der 2.962,40 EUR zu bemessende Feststellungsantrag zum Bestand der Versicherung streitgegenständlich. Das ergibt einen Gesamtstreitwert von 18.231,60 EUR.