Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 28. März 2011 - I Ws 62/11

bei uns veröffentlicht am28.03.2011

Tenor

1. Der angefochtene Beschluss wird hinsichtlich der Dauer der erteilten Weisung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB aufgehoben. Insoweit wird die Sache zu neuer Prüfung und Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Rostock zurückverwiesen.

2. Die weiter gehende Beschwerde wird als unbegründet verworfen.

3. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Rechtsmittels und seine dadurch entstandenen notwendigen Auslagen.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des damaligen Bezirksgerichts Neubrandenburg vom 24.02.1992 - 1 Ks 18/91 - wegen Mordes und gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitstrafe von 14 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Wegen einer in der Untersuchungshaft begangenen Gefangenenmeuterei verhängte das Landgericht Neubrandenburg mit Urteil vom 28.07.1993 - II KLs 4/93 - gegen den Beschwerdeführer unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem vorgenannten Urteil und Auflösung der aus diesen gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe eine neue Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren. Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführer wegen seiner Beteiligung an einer im Oktober 1995 begangenen, mit mehrfacher Geiselnahme verbundenen Gefangenenmeuterei durch Urteil des Landgerichts Rostock vom 28.10.1996 - III KLs 27/95 - zu einer weiteren Freiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt. Beide Freiheitsstrafen waren am 27.01.2011 vollständig vollstreckt. Dementsprechend ist der Beschwerdeführer an diesem Tag aus der JVA Waldeck entlassen worden.

2

Zuvor hatte das Landgericht Neubrandenburg mit Beschluss vom 27.10.2010 - 6 NSV 01/09 - im Hinblick auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17.12.2009 und der bisherigen Rechtsprechung des 4. Strafsenates des Bundesgerichtshofes hierzu (u.a. Beschluss vom 12.05.2010 - 4 StR 577/09 -) "die Eröffnung des Verfahrens zur Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung" aus rechtlichen Gründen abgelehnt. Über die hiergegen gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft wird der Bundesgerichtshof erst nach einer für Mitte dieses Jahres zu erwartenden Entscheidung des dortigen Großen Senates für Strafsachen entscheiden, die sich wiederum an der bevorstehenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur nachträglichen Sicherungsverwahrung orientieren dürfte. Bemühungen der Staatsanwaltschaft, gegen den Beschwerdeführer vor seiner Haftentlassung einen Unterbringungsbefehl nach § 275a Abs. 6 StPO n.F. zu erwirken, sind ohne Erfolg geblieben.

3

Mit Beschluss vom 13.01.2011 hat die zuständige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Rostock entschieden, dass die nach § 68f Abs. 1 StGB kraft Gesetzes eintretende Führungsaufsicht nicht entfällt, und die Dauer der Führungsaufsicht auf 5 Jahre festgesetzt. Zugleich hat sie den Beschwerdeführer für die Dauer der Führungsaufsicht der Aufsicht und Leitung der für seinen Wohnsitz zuständigen Bewährungshilfe unterstellt und ihm umfangreiche Weisungen erteilt.

4

Im Hinblick auf die zum 01.01.2011 in Kraft getretene Neufassung des § 68b Abs. 1 StGB, der nunmehr unter Ziffer 12 als Weisung auch die elektronische Überwachung des Aufenthaltsortes vorsieht, hat die Staatsanwaltschaft Neubrandenburg unter dem 14.01.2011 eine entsprechende Ergänzung des vorgenannten Beschlusses beantragt. Auf diesen Antrag hat die Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 26.01.2011 den Beschwerdeführer angewiesen, "für die Dauer der seitens der forensischen Ambulanz für notwendig erachteten Behandlungs-/Gesprächstermine, längstens jedoch für die Dauer der Führungsaufsicht, die für eine elektronische Überwachung seines Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen".

5

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde vom 03.02.2011, der die Strafvollstreckungskammer nicht abgeholfen hat. Mit weiterem Anwaltsschriftsatz vom 10.03.2011 beantragte der Beschwerdeführer die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Entscheidung gemäß § 307 Abs. 2 StPO, was der Senat mit Beschluss vom 21.03.2011 abgelehnt hat.

II.

6

Das gemäß §§ 463 Abs. 2, 453 Abs. 2 StPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel ist in der Sache im Wesentlichen unbegründet.

1.

7

Gemäß § 453 Abs. 2 Satz 2 StPO kann die Beschwerde im vorliegenden Fall nur darauf gestützt werden, dass die getroffene Anordnung gesetzeswidrig sei.

8

Eine - im Rahmen des Beschwerdeverfahrens allein überprüfbare - Gesetzeswidrigkeit einer Weisung im Rahmen der Führungsaufsicht liegt nur vor, wenn eine solche im Gesetz nicht vorgesehen, unverhältnismäßig oder unzumutbar ist. Hingegen findet eine Überprüfung der Zweckmäßigkeit im Beschwerdeverfahren nicht statt (vgl. OLG Karlsruhe StV 2010, 643).

9

Ein derartiger Gesetzesverstoß ist nicht ersichtlich.

2.

10

Im Rahmen der Führungsaufsicht kann einem Verurteilten mittlerweile gemäß § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB i.d.F. des am 01.01.2011 in Kraft getretenen Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22.12.2010 (BGBl. I S. 2300) unabhängig von seiner Einwilligung aufgegeben werden, die für eine elektronische Überwachung seines Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel (nachfolgend als elektronische Fußfessel bezeichnet) ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und ihre Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.

11

Nach § 68b Abs. 1 Satz 3 Nr.1 - Nr. 4 StGB n.F. ist eine solche Weisung nur dann zulässig, wenn

12

- die Führungsaufsicht auf Grund der vollständigen Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens drei Jahren ... eingetreten ist (Nr. 1) -

13

- die Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe ... wegen einer oder mehrerer Straftaten der in § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB genannten Art verhängt... wurde (Nr. 2),

14

- die Gefahr besteht, dass die verurteilte Person weitere Straftaten dieser Art begehen wird (Nr. 3)

15

und

16

- die Weisung erforderlich erscheint, um die verurteilte Person durch die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463a Abs. 4 Satz 2 StPO, insbesondere durch die Überwachung der Erfüllung einer nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 StGB auferlegten Weisung, von der Begehung weiterer Straftaten der in § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB genannten Art abzuhalten (Nr. 4).

17

Überdies ist gemäß § 68b Abs. 3 StGB zu beachten, dass

18

- bei den Weisungen an die Lebensführung der verurteilten Person keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden dürfen.

3.

19

Sämtliche Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

a)

20

Die Führungsaufsicht ist - wie ausgeführt - kraft Gesetzes eingetreten, nachdem die beiden gegen den Beschwerdeführer verhängten Freiheitsstrafen bzw. Gesamtfreiheitsstrafen vollständig vollstreckt worden sind.

b)

21

Der Beschwerdeführer ist seinerzeit u.a. wegen Mordes und gefährlicher Körperverletzung sowie wegen Geiselnahme verurteilt worden, mithin wegen Verbrechen gegen das Leben und die persönliche Freiheit sowie wegen einer Straftat nach § 224 StGB. Dabei handelt es sich um Straftaten der in §§ 66 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 66 Abs. 1 Nr. 1 a StGB n.F. genannten Art. Die mit der Beschwerde vertretene Auffassung, der Gesetzgeber habe die Fußfessel vornehmlich für eine besondere Gruppe von Sexualstraftätern vorgesehen, findet weder im Gesetzestext noch in den Gesetzgebungsmaterialien eine Stütze; sie trifft nicht zu.

c)

22

Es besteht nach wie vor die Gefahr, dass der Beschwerdeführer weitere einschlägige Straftaten begehen wird. Diese ergibt sich aus den Umständen der von ihm in der Vergangenheit begangenen Straftaten und aus seinem späteren Verhalten im Strafvollzug.

aa)

23

Der Begriff der Gefahr in § 68b Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 StGB entspricht - wie in § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB - dem der Gefährlichkeit in § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB n.F.. Für die Gefährlichkeitsprognose kommt es auf das Ergebnis einer Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten unter Berücksichtigung der Erkenntnisse im Vollzug an. Eine bloß abstrakte, auf die statistische Rückfallwahrscheinlichkeit gestützte Gefahrprognose reicht nicht aus; andererseits ist auch keine nahe liegende, konkrete Gefahr erforderlich. Dass in der Vergangenheit ggf. Lockerungen zu Unrecht unterblieben sind, hat grds. keine Auswirkungen auf den Prognosemaßstab (vgl. dazu Fischer, StGB, 58. Auflage § 67d Rz. 15, § 66 Rz. 37 ff., jeweils m.w.N.).

bb)

24

An Vorstehendem gemessen erschließen sich hinreichende vom Verurteilten ausgehende Gefahren:

25

... (wird ausgeführt)

26

Dementsprechend ist der Beschwerdeführer vom Landeskriminalamt des Freistaates Thüringen, wo er nach seiner Haftentlassung zunächst Wohnsitz genommen hatte, in das dortige HEADS-Programm aufgenommen und wegen der angenommenen hohen deliktstypischen Rückfallwahrscheinlichkeit der höchsten Gefährlichkeitsstufe I zugeordnet worden. Damit dürfte der Beschwerdeführer zu denjenigen Verurteilten gehören, für die nach der bisherigen Rechtsprechung des 5. Strafsenates des Bundesgerichteshofes die nachträgliche Sicherungsverwahrung in Betracht kommen kann.

cc)

27

Unter Würdigung aller Umstände, die sich aus den begangenen Straftaten, dem späteren, ebenfalls von Gewalttätigkeiten geprägten Vollzugsverhalten und der seinerzeit diagnostizierten, bis heute unbehandelten Persönlichkeitsstruktur ergeben, besteht bei dem Beschwerdeführer jedenfalls in dem Maße die Wahrscheinlichkeit der Begehung weiterer schwerer Straftaten, wie sie § 68b Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 StGB n.F. - der einen gänzlich anderen Maßstab als der der Senatsentscheidung vom 20.01.2011 - I Ws 6/11 - zugrunde liegende § 275a Abs. 5 Satz 1 StPO a.F. (dringende Gründe für die Annahme der Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung) anlegt - voraussetzt.

28

Hiervon ist die Strafvollstreckungskammer in dem angefochtenen Beschluss zu Recht und mit zutreffender Begründung ausgegangen.

29

Etwas anderes folgt auch nicht etwa daraus, dass eine Unterbringung des Beschwerdeführers nach dem PsychKG M-V nicht angeordnet worden ist. Denn eine solche Maßnahme wäre nach § 11 Abs. 1 und Abs. 2 PsychKG M-V (u.a.) nur zulässig, wenn eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit vorliegen würde. Auch dies bedeutet wiederum einen erheblich strengeren Maßstab an eine Gefahrenprognose als bei der Prüfung von § 68b Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 StGB n.F..

dd)

30

Der Einholung eines aktuellen forensisch-psychiatrischen Gutachtens, das im Verfahren zur Anordnung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben, nach dem Willen des Gesetzgebers aber zulässig wäre (vgl. BT-Drucksache 17/3403 S. 37 rechte Spalte unten), bedurfte es nicht, da sich aus den vorliegenden Erkenntnissen eine hinreichende Beurteilungsgrundlage für die Gefährlichkeitsprognose ergibt.

d)

31

Die mit der Beschwerde angegriffene Weisung ist auch erforderlich im Sinne von § 68b Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 StGB n.F.

aa)

32

Dem Beschwerdeführer sind in mehrfacher Hinsicht seinen Wohn-, Aufenthalts- und Tätigkeitsort betreffende Weisungen erteilt worden. Er muss jede Änderung seines Wohnsitzes seinem Bewährungshelfer sowie der Führungsaufsichtsstelle mitteilen. Gleiches gilt im Falle der Arbeitsaufnahme für den Wechsel seines Arbeitsplatzes. Zudem darf er bestimmte Tätigkeiten nicht ausüben und zu bestimmten, im Beschluss vom 13.01.2011 namentlich genannten Personen keinen Kontakt aufnehmen. Deren Aufenthaltsorte werden in diesem Beschluss aus nahe liegenden Gründen zwar nicht mitgeteilt, sie sind jedoch der Polizei bekannt. Dementsprechend ist die elektronische Fußfessel dazu bestimmt und zugleich geeignet, die Erfüllung dieser Weisungen zu überwachen und den Beschwerdeführer von weiteren einschlägigen Straftaten abzuhalten.

bb)

33

Bei den vorbezeichneten Weisungen handelt es sich um Weisungen nach § 68b Abs. 1 Nr. 3 und 8 StGB, nicht aber um solche nach Abs. 1 Nr. 1 und 2. Dies steht der Anordnung der elektronischen Fußfessel indes nicht entgegen. Das Gesetz nennt die letztgenannten Weisungen nur beispielhaft, wie sich aus der Verwendung des Wortes "insbesondere" ergibt. Diese Formulierung ist im übrigen aufgrund kontroverser Diskussion hierüber (vgl. BT-Drucksache 17/4062 S. 12) im - wovon auszugehen ist - unmittelbaren Bewusstsein ihrer Tragweite Gesetzesbestandteil geworden.

34

Nach der Begründung des Gesetzentwurfs soll die elektronische Fußfessel neben der hiermit geschaffenen Kontrollmöglichkeit aufenthaltsbezogener Weisungen der Führungsaufsicht vor allem auch eine Unterstützung der für erforderlich gehaltenen Eigenkontrolle des Straftäters darstellen bzw. den Anreiz für den Betroffenen erhöhen, psychologisch vermittelte, nachhaltig wirkende Verhaltenskontrollen zu erlernen und zu verfestigen (vgl. BT-Drucksache 17/3403 S. 17 f., S. 35 ff.). Im Übrigen kann das Gericht nach dem Zweck des Gesetzes und dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers auch unabhängig von aufenthaltsbezogenen Vorgaben die Weisung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung erteilen, wenn es davon überzeugt ist, dass auch und allein die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463a Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 und 5 StPO n.F. den Betroffenen von der erneuten Begehung schwerer Straftaten im Sinne des § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB n.F. abhalten kann (so ausdrücklich die Gesetzesbegründung der Bundesregierung; vgl. BT-Drucksache 17/3403 S. 38 rechte Spalte). Die elektronische Aufenthaltsüberwachung verfolgt damit nicht nur das Ziel der Überwachung aufenthaltsbezogener Weisungen, sondern auch allgemein spezialpräventive Zwecke. Bereits das Bewusstsein, im Falle der erneuten Begehung einer schweren Straftat einem deutlich erhöhten Entdeckungsrisiko zu unterliegen, stärkt die Eigenkontrolle des Betroffenen. Zudem kann eine derartige Überwachung es den zuständigen Behörden erleichtern, im Fall einer akuten und erheblichen Gefährdungslage für Dritte rechtzeitig einzuschreiten (vgl. BT-Drucksache 17/3403 S. 17 rechte Spalte, m.w.N.).

cc)

35

Von alledem ist die Strafvollstreckungskammer mit überzeugender Begründung ausgegangen (BA S. 4 bis 6). Sowohl die genannten aufenthalts- und tätigkeitsbezogenen Weisungen aus dem Beschluss vom 13.01.2011 als auch die diese begleitende Weisung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung in dem nunmehr angefochtenen Beschluss halten sich im Rahmen des der Strafvollstreckungskammer insoweit eingeräumten Ermessens. Die Strafvollstreckungskammer hat darüber hinaus die elektronische Überwachung sinnfälligerweise auch und gerade an die erst anlaufende Behandlung des Verurteilten in der forensischen Ambulanz geknüpft, mithin an diejenige Weisung, die ggf. näheren Aufschluss über das Ausmaß des aktuellen Problem- und Gefährdungspotentials des Verurteilten verspricht.

36

Anhaltspunkte für eine Ermessensüberschreitung oder einen Ermessensfehlgebrauch sind nicht ersichtlich und werden mit der Beschwerde auch nicht mit Erfolg aufgezeigt.

e)

37

Entgegen der Auffassung der Beschwerde stellt die elektronische Aufenthaltsüberwachung auch keine unzumutbaren Anforderungen an die Lebensführung des Beschwerdeführers im Sinne von § 68b Abs. 3 StGB.

aa)

38

Ob die Grenze der Zumutbarkeit beachtet ist, ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls sowie der besonderen Verhältnisse der verurteilten Person und deren Interessen zu beurteilen. Die Weisungen müssen in einem Mindestmaß stützend wirken und dürfen die Resozialisierungspotentiale der verurteilten Person nicht aus reinen Überwachungsinteressen heraus überfordern oder gefährden. Wie bei § 56c Abs. 1 Satz 2 StGB darf die Weisung in keinen Lebensbereich eingreifen, der nach dem Willen des Gesetzgebers frei von staatlichem Zwang sein soll. Dem Verurteilten dürfen - unter besonderer Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - keine Weisungen gegeben werden, die seine ganze Lebensführung beeinträchtigen, wenn er lediglich von unbedeutenden Straftaten abgehalten werden soll oder er nur eine geringfügige Straftat begangen hat (vgl. zu vorstehendem Schönke/Schröder-Stree/Kinzig, StGB, 28. Auflage, § 68b Rz. 25, § 56c Rz. 7 ff., jeweils m.w.N.).

bb)

39

Gemessen an Vorstehendem stellt die beschwerdegegenständliche Weisung auch unter Berücksichtigung ihrer tatsächlichen Ausprägungen, wie sie sich aus den Schriftsätzen der Verteidigung und dem vom Senat angeforderten Bericht des Polizeipräsidenten in Rostock vom 21.03.2011 ergibt, keine Unzumutbarkeit für den Verurteilten dar.

40

Es mag sein, dass die elektronische Fußfessel den davon Betroffenen bei "intimeren Kontakten", beim Sport oder bei vergleichbaren Tätigkeiten behindert. Die Beschwerdebegründung verkennt indes, dass der Beschwerdeführer schwerste Straftaten begangen hat, seine diagnostizierte Psychopathie aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, bislang nicht behandelt worden ist und durch ihn - wie ausgeführt - nach wie vor erhebliche Straftaten drohen. Unter diesen Umständen ergibt die gebotene Abwägung seiner persönlichen Interessen mit den Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit, dass der Beschwerdeführer die mit der Fußfessel zwangsläufig verbundenen Beeinträchtigungen hinnehmen muss. Dies sollte ihm schon deshalb möglich sein, weil - wovon auch die Beschwerdebegründung ausgeht - Fußfesseln im normalen sozialen Umgang nicht ohne Weiteres erkennbar sind.

41

Die bislang bekannten Störungen im Betrieb der elektronischen Überwachung erachtet der Senat für hinnehmbar. Sie beeinträchtigen - was entscheidend ist - jedenfalls nicht die technische Umsetzung der mit der Weisung verfolgten Ziele.

cc)

42

Nur der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass dem Verurteilten ohne die elektronische Aufenthaltsüberwachung wohl eine neuerliche polizeirechtliche Überwachung, ähnlich wie anlässlich seines Aufenthaltes in Thüringen, bevorstehen würde (vgl. § 33 Abs. 1 Nr. 1 SOG M-V), was offenbar auch nach seiner eigenen Einschätzung eine insgesamt stärker belastende Maßnahme darstellt.

4.

43

Der Anordnung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung steht schließlich nicht entgegen, dass dies nicht bereits mit Beschluss vom 13.01.2011 geschehen ist. Nach § 68d StGB können derartige Entscheidungen auch nachträglich getroffen werden.

III.

1.

44

Zu Recht weist die Beschwerde darauf hin, dass die Strafvollstreckungskammer die Bestimmung der Dauer der elektronischen Überwachung letztlich der forensischen Ambulanz überlassen hat, soweit sie zunächst nur für die Dauer der von dieser für notwendig erachteten Behandlungs- und Gesprächstermine vorgesehen ist. Das ist rechtlich bedenklich. Ebenso wie die nähere Ausgestaltung einer Bewährungsweisung allein dem Gericht vorbehalten ist und deshalb nicht dem Bewährungshelfer überlassen werden darf (vgl. Schönke/Schröder-Stree/Kinzig a.a.O. § 56d Rz. 4 m.w.N.), kann auch die Dauer einer Weisung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB n.F. nicht der forensischen Ambulanz überlassen werden. Dies widerspräche nicht nur dem Richtervorbehalt, sondern auch dem Grundsatz, dass das verbotene oder verlangte Verhalten und damit auch die Dauer der Weisung genau zu bestimmen ist (§ 68b Abs. 1 Satz 2 StGB). Insoweit unterlag der angefochtene Beschluss der (Teil)Aufhebung.

2.

45

Die Sache war entgegen der im Antrag der Generalstaatsanwaltschaft zum Ausdruck kommenden Rechtsauffassung, die den Senat zur Festlegung der Dauer der Weisung für befugt erachtet, insoweit an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen. Dem Senat als Beschwerdegericht ist es in Abweichung vom Grundsatz des § 309 Abs. 2 StPO wegen des eingeschränkten Prüfungsmaßstabs verwehrt, sein eigenes Ermessen an die Stelle des nach § 462a Abs. 1, 463 Abs. 7 StPO zur Entscheidung berufenen Gerichts zu setzen (vgl. KK-Fischer, StPO, 6. Auflage § 453 Rn. 12 m.w.N; OLG München NStZ 2011, 94; Senatsbeschluss vom 14.03.2011 - I Ws 66/11 - ). Anhaltspunkte für eine "Ermessensreduzierung auf Null" sind nicht ersichtlich.

IV.

46

Zwar ist durch den angefochtenen Beschluss der vorausgegangene Beschluss vom 13.01.2011 lediglich um die Anordnung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung ergänzt worden, so dass sich der dort enthaltene Hinweis auf die Strafbarkeit der Verstöße gegen Weisungen der Führungsaufsicht auch auf diese ergänzend angeordnete Weisung bezieht. Im Hinblick auf die besondere Bedeutung, die einem Verstoß gegen eine Weisung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB n.F. zukommt (u.a. § 66 Abs. 1 Nr. 1 c StGB n.F.), weist der Senat den Beschwerdeführer ausdrücklich und klarstellend auf die Strafbarkeit eines Verstoßes gegen diese Weisung nach § 145a StGB und die zugleich drohende Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 1 Nr. 1 c StGB n.F. hin.

V.

47

Eine von der Verteidigung - mehrfach - angeregte mündliche Anhörung des Verurteilten war nicht angezeigt. Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht im schriftlichen Verfahren nach Aktenlage, § 309 Abs. 1 StPO. Eine mündliche Verhandlung ist, abgesehen von den Fällen der §§ 118 Abs. 2, 124 Abs. 2 Satz 3 StPO nicht zulässig (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Auflage § 309 Rz. 1 m.w.N.). Anlass dazu, aus besonderen Gründen ausnahmsweise mündliche Erklärungen des Beschwerdeführers entgegenzunehmen, bestand für den Senat nicht.

VI.

48

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO. Der nur geringe und zudem wohl nur zeitlich begrenzte Teilerfolg des Rechtsmittels lässt es nicht unbillig erscheinen, den Verurteilten mit den gesamten Kosten und seinen notwendigen Auslagen zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

VII.

49

Dieser Beschluss ist nicht weiter anfechtbar, § 310 Abs. 2 StPO.

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2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 28. März 2011 - I Ws 62/11.

Oberlandesgericht München Beschluss, 24. Juni 2015 - 1 Ws 405/15-407/15

bei uns veröffentlicht am 24.06.2015

Tenor 1. Die (einfache) Beschwerde des Verurteilten vom 06.05.2015 gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Landshut vom 24.04.2015 in der Fassung vom 17.06.2015 wird als unbegründet verworfen. 2. Der Verurtei

Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 02. Sept. 2015 - 4 Ws 77/15

bei uns veröffentlicht am 02.09.2015

Tenor Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen die Entscheidung über die Führungsaufsicht im Beschluss des Landgerichts Tübingen vom 31. März 2015 wird als unbegründet

Referenzen

(1) Das Gericht kann die verurteilte Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anweisen,

1.
den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis der Aufsichtsstelle zu verlassen,
2.
sich nicht an bestimmten Orten aufzuhalten, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können,
3.
zu der verletzten Person oder bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen,
4.
bestimmte Tätigkeiten nicht auszuüben, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
5.
bestimmte Gegenstände, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen,
6.
Kraftfahrzeuge oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen oder von anderen Fahrzeugen nicht zu halten oder zu führen, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
7.
sich zu bestimmten Zeiten bei der Aufsichtsstelle, einer bestimmten Dienststelle oder der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer zu melden,
8.
jeden Wechsel der Wohnung oder des Arbeitsplatzes unverzüglich der Aufsichtsstelle zu melden,
9.
sich im Fall der Erwerbslosigkeit bei der zuständigen Agentur für Arbeit oder einer anderen zur Arbeitsvermittlung zugelassenen Stelle zu melden,
10.
keine alkoholischen Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen Gründe für die Annahme bestehen, dass der Konsum solcher Mittel zur Begehung weiterer Straftaten beitragen wird, und sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind,
11.
sich zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Abständen bei einer Ärztin oder einem Arzt, einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz vorzustellen oder
12.
die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.
Das Gericht hat in seiner Weisung das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen. Eine Weisung nach Satz 1 Nummer 12 ist, unbeschadet des Satzes 5, nur zulässig, wenn
1.
die Führungsaufsicht auf Grund der vollständigen Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens drei Jahren oder auf Grund einer erledigten Maßregel eingetreten ist,
2.
die Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe oder die Unterbringung wegen einer oder mehrerer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art verhängt oder angeordnet wurde,
3.
die Gefahr besteht, dass die verurteilte Person weitere Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art begehen wird, und
4.
die Weisung erforderlich erscheint, um die verurteilte Person durch die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463a Absatz 4 Satz 2 der Strafprozessordnung, insbesondere durch die Überwachung der Erfüllung einer nach Satz 1 Nummer 1 oder 2 auferlegten Weisung, von der Begehung weiterer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art abzuhalten.
Die Voraussetzungen von Satz 3 Nummer 1 in Verbindung mit Nummer 2 liegen unabhängig davon vor, ob die dort genannte Führungsaufsicht nach § 68e Absatz 1 Satz 1 beendet ist. Abweichend von Satz 3 Nummer 1 genügt eine Freiheits- oder Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, wenn diese wegen einer oder mehrerer Straftaten verhängt worden ist, die unter den Ersten oder Siebenten Abschnitt des Besonderen Teils fallen; zu den in Satz 3 Nummer 2 bis 4 genannten Straftaten gehört auch eine Straftat nach § 129a Absatz 5 Satz 2, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1.

(2) Das Gericht kann der verurteilten Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit weitere Weisungen erteilen, insbesondere solche, die sich auf Ausbildung, Arbeit, Freizeit, die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Erfüllung von Unterhaltspflichten beziehen. Das Gericht kann die verurteilte Person insbesondere anweisen, sich psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen (Therapieweisung). Die Betreuung und Behandlung kann durch eine forensische Ambulanz erfolgen. § 56c Abs. 3 gilt entsprechend, auch für die Weisung, sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die mit körperlichen Eingriffen verbunden sind.

(3) Bei den Weisungen dürfen an die Lebensführung der verurteilten Person keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.

(4) Wenn mit Eintritt der Führungsaufsicht eine bereits bestehende Führungsaufsicht nach § 68e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 endet, muss das Gericht auch die Weisungen in seine Entscheidung einbeziehen, die im Rahmen der früheren Führungsaufsicht erteilt worden sind.

(5) Soweit die Betreuung der verurteilten Person in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 11 oder ihre Behandlung in den Fällen des Absatzes 2 nicht durch eine forensische Ambulanz erfolgt, gilt § 68a Abs. 8 entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 577/09
vom
12. Mai 2010
in der Strafsache
gegen
wegen nachträglicher Anordnung der Sicherungsverwahrung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 12. Mai 2010 gemäß §§ 349
Abs. 4, 126 Abs. 3 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Betroffenen wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 17. Juli 2009 aufgehoben.
2. Der Antrag auf nachträgliche Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung wird zurückgewiesen.
3. Die Entscheidung über die Entschädigung des Betroffenen wegen der erlittenen Strafverfolgungsmaßnahmen bleibt dem Landgericht vorbehalten.
4. Der Unterbringungsbefehl des Landgerichts Saarbrücken vom 15. Juni 2007 wird aufgehoben. Der Betroffene ist in dieser Sache sofort auf freien Fuß zu setzen.
5. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Rechtsmittelkosten und die notwendigen Auslagen des Betroffenen fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe:


1
Das Landgericht Saarbrücken hat mit Urteil vom 17. Juli 2009 gegen den Betroffenen (erneut) die nachträgliche Unterbringung in der Sicherungsverwah- rung gemäß § 66 b Abs. 3 StGB angeordnet. Mit seiner Revision gegen dieses Urteil rügt er die Verletzung formellen und materiellen Rechts; das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in vollem Umfang Erfolg.

I.


2
Der wiederholt, unter anderem wegen Mordes und gefährlicher Körperverletzung vorbestrafte Betroffene war durch Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 28. September 1989 wegen vorsätzlichen Vollrausches zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Zugleich hatte das Landgericht seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB angeordnet. Der Verurteilte hatte nach Ansicht der damals erkennenden Strafkammer in einem Rausch jedenfalls die Tatbestände der Körperverletzung und des versuchten Totschlags durch Unterlassen verwirklicht. Die Anordnung der Maßregel hatte das Landgericht damit begründet, dass der Verurteilte auf Grund einer Persönlichkeitsstörung zur Begehung schwerster , sexuell motivierter Straftaten neige.
3
Durch Urteil des Landgerichts Trier vom 28. Februar 1991 wurde in einem Sicherungsverfahren erneut die Unterbringung des Verurteilten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet (§ 63 StGB). Gegenstand dieses Verfahrens war eine gefährliche Körperverletzung, die der Verurteilte am 23. Februar 1990 während einer Flucht aus dem Maßregelvollzug begangen hatte.
4
Der Verurteilte befand sich anschließend nahezu ununterbrochen im Maßregelvollzug. Mit Beschluss vom 28. November 2005 erklärte die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Saarbrücken gemäß § 67 d Abs. 6 Satz 1 StGB beide Unterbringungsanordnungen für erledigt, da ein Zustand im Sinne des § 20 StGB nicht (mehr) gegeben sei; gleichwohl sei der Verurteilte weiterhin als gefährlich für die Allgemeinheit einzustufen. Seit dem 23. Dezember 2005 befand sich der Verurteilte sodann in Strafhaft. Er verbüßte bis zum 22. Juni 2007 die Restfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten aus dem Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 28. September 1989. Seitdem ist er einstweilen untergebracht (§ 275 a Abs. 5 StPO).
5
Mit Urteil vom 4. April 2007 hatte das Landgericht Saarbrücken auf Antrag der Staatsanwaltschaft vom 14. November 2006 im Hinblick auf die Verurteilung durch das Landgericht Saarbrücken vom 28. September 1989 gegen den Betroffenen gemäß § 66 b Abs. 3 StGB nachträglich die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Dieses Urteil hatte der Senat durch Beschluss vom 10. Februar 2009 aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer zurückverwiesen. Aufhebungsgrund war, dass der Große Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofs mit Beschluss vom 7. Oktober 2008 - GSSt 1/08 - (BGHSt 52, 379) entschieden hatte, dass § 66 b Abs. 3 StGB nicht auf Fälle anwendbar ist, in denen der Betroffene nach Erklärung der Erledigung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 67 d Abs. 6 StGB) noch Freiheitsstrafe zu verbüßen hat, auf die zugleich mit der Unterbringung erkannt worden ist.
6
Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Landgericht erneut die nachträgliche Unterbringung des Betroffenen in der Sicherungsverwahrung angeordnet und nunmehr die Anordnung der Unterbringung auf das Urteil des Landgerichts Trier vom 28. Februar 1991 gestützt, in der gegen den Betroffenen - weil schuldlos handelnd - nur auf die Unterbringung nach § 63 StGB erkannt worden war.

II.


7
Die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung hat keinen Bestand. Zwar hat das Landgericht die Voraussetzungen des § 66 b Abs. 3 StGB rechtsfehlerfrei bejaht, jedoch ist diese Bestimmung gemäß § 2 Abs. 6 StGB i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Satz 2 MRK nicht auf Taten anwendbar, die vor ihrem Inkrafttreten begangen worden sind.
8
1. a) Nach dem Urteil der Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Fünfte Sektion) in der Rechtsache M. gegen Bundesrepublik Deutschland (Individualbeschwerde Nr. 19359/04) vom 17. Dezember 2009 (EuGRZ 2010, 25; auszugsweise auch abgedruckt in NStZ 2010, 263; vgl. hierzu auch Kinzig NStZ 2010, 233) ist die Sicherungsverwahrung - ungeachtet ihrer Bezeichnung im deutschen Recht als „Maßregel der Besserung und Sicherung“ - im Sinne der MRK als Strafe zu qualifizieren, für die das Rückwirkungsverbot des Art. 7 Abs. 1 MRK gilt (Rdnrn. 124 - 133). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat dies unter anderem damit begründet, dass die Sicherungsverwahrung wie eine Freiheitsstrafe mit Freiheitsentziehung verbunden sei und es in der Bundesrepublik Deutschland keine wesentlichen Unterschiede zwischen dem Vollzug einer Freiheitsstrafe und dem der Sicherungsverwahrung gebe (Rdnrn. 127 bis 130). Er hat daher in jenem Fall die Bundesrepublik Deutschland zur Zahlung von Schadensersatz an den dortigen Beschwerdeführer verurteilt, da die Anwendung des § 67 d StGB in der Fassung vom 26. Januar 1998 (BGBl. I 160), in welchem die Höchstfrist der Sicherungsverwahrung für Erstverwahrte von zehn Jahren in § 67 d Abs. 1 Satz 1 StGB a.F. abgeschafft worden war, auf Altfälle gegen Art. 7 Abs. 1 Satz 2 MRK verstoße (Rdnrn. 135 ff.). Diese Entscheidung ist endgültig, nachdem der Antrag der Bundesregierung auf Verweisung der Rechtsache an die Große Kammer am 10. Mai 2010 abgelehnt worden ist (Artt. 43 Abs. 2, 44 Abs. 2 Buchst. c MRK).
9
b) Nach Maßgabe dieses Urteils verstößt im vorliegenden Fall die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung gegen Art. 7 Abs. 1 Satz 2 MRK, da das Tatzeitrecht für die Anlasstat nicht die Anordnung von Sicherungsverwahrung androhte.
10
Der Betroffene hat die Tat, die der Verurteilung durch das Landgericht Trier vom 28. Februar 1991 zugrunde liegt, am 23. Februar 1990 begangen. Nach der rechtlichen Würdigung des Landgerichts handelte er bei ihrer Begehung nicht ausschließbar im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB). Danach kam bereits aus diesem Grund eine Anordnung der Sicherungsverwahrung nicht in Betracht. Denn § 66 Abs. 1 StGB, sowohl in der zum Tatzeitpunkt gültigen Fassung vom 10. März 1987 (BGBl. I 945) als auch in allen späteren Fassungen, setzte und setzt als Anlasstat die Begehung einer vorsätzlichen, d.h. schuldhaft begangenen, Tat voraus, für die zudem auf eine Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren erkannt worden sein muss.
11
Im Übrigen wären aber auch bei schuldhafter Tatbegehung die formellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht erfüllt gewesen, weil der Betroffene vor der (neuen) Tat nicht im Sinne dieser Bestimmung bereits zweimal wegen vorsätzlicher Straftaten jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist. Zwar war er - neben der Verurteilung durch das Landgericht Saarbrücken vom 28. September 1989 - weiterhin durch Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 9. Mai 1980 wegen einer am 30. Juli 1979 begangenen gefährlichen Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden. Diese Tat wäre indes nach § 66 Abs. 3 Satz 3 und 4 StGB a.F. (= § 66 Abs. 4 Satz 3 und 4 StGB in der jetzt geltenden Fassung ) nicht berücksichtigungsfähig gewesen, da der Betroffene nach Verbüßung der damals erkannten Freiheitsstrafe für einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren nicht wieder straffällig geworden war.
12
Erstmals § 66 b Abs. 3 StGB, auf den das Landgericht die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung des Betroffenen gestützt hat, ermöglichte hier die Unterbringung des Betroffenen in der Sicherungsverwahrung. Diese Bestimmung ist jedoch erst nach Begehung der Anlasstat durch Gesetz vom 23. Juli 2004 (BGBl. I 1838) eingeführt worden und am 29. Juli 2004 in Kraft getreten. Ihrer Anwendung auf Altfälle steht nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17. Dezember 2009 daher Art. 7 Abs. 1 Satz 2 MRK entgegen.
13
c) Dass gegen den Betroffenen - anders als in dem vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entschiedenen Fall - bereits mit der Anlassverurteilung auf eine von vorneherein zeitlich nicht befristete Maßregel (vgl. § 67 d Abs. 1 Satz 1 StGB in der auch zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung) erkannt worden war, führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung (anders OLG Saarbrücken , Beschluss vom 7. April 2010 - 1 Ws 73/10). Insoweit ist zu berücksichtigen , dass schon vor Einführung des § 67 d Abs. 6 Satz 1 StGB nach der Rechtsprechung der Vollstreckungsgerichte die Erledigung der Maßregel bei Wegfall einer ihrer Voraussetzungen auch dann zu beschließen war, wenn die Gefährlichkeit des Untergebrachten fortbestand (vgl. OLG Hamm NStZ 1982, 300; OLG Karlsruhe MDR 1983, 151; OLG Frankfurt NStZ 1993, 252 sowie hierzu auch BVerfG NStZ 1995, 174, 175). Diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber in § 67 d Abs. 6 StGB lediglich festschreiben wollen (vgl. BT-Drucks. 15/2887 S. 13 f.). Nach dem zum Zeitpunkt der Tat maßgeblichen Recht hätte somit die angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus für erledigt erklärt werden und der Betroffene in Freiheit entlassen werden müssen, ohne dass an ihre Stelle die Sicherungsverwahrung treten konnte.
14
d) Die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sind - ungeachtet ihrer auf den Einzelfall beschränkten Bindungswirkung (vgl. Art. 46 Abs. 1 MRK sowie hierzu Gollwitzer in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. MRK Verfahren Rdnr. 76) - bei der Auslegung innerdeutschen Rechts zu berücksichtigen. Die Vorschrift des § 2 Abs. 6 StGB ist daher mit Blick auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17. Dezember 2009 dahin auszulegen, dass § 66 b Abs. 3 StGB nicht rückwirkend auf vor seinem Inkrafttreten begangene Taten angewendet werden darf.
15
Zwar handelt es sich bei der Sicherungsverwahrung nach innerdeutschem Recht um eine Maßregel der Besserung und Sicherung, für die nach § 2 Abs. 6 StGB grundsätzlich das Recht zum Zeitpunkt der Entscheidung gilt. § 2 Abs. 6 StGB schreibt die Maßgeblichkeit des zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Rechts jedoch nur vor, „wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist“. Eine derartige andere Bestimmung stellt hier Art. 7 Abs. 1 Satz 2 MRK in seiner Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschrechte dar.
16
Bei der MRK handelt es sich um einen völkerrechtlichen Vertrag, der durch den Bundesgesetzgeber in das deutsche Recht transformiert worden ist. Innerhalb der deutschen Rechtsordnung steht die MRK im Range einfachen Bundesrechts. Deutsche Gerichte haben daher die Konvention wie anderes Gesetzesrecht des Bundes im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden (BVerfGE 111, 307, 316 ff.; BVerfG EuGRZ 2010, 145, 147; Gollwitzer aaO Einführung Rdnrn. 39, 43 jeweils m.w.N.). Dabei sind auch die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu berücksichtigen, weil sich in ihnen der aktuelle Entwicklungsstand der Konvention widerspiegelt. Das nationale Recht ist wegen des Grundsatzes der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes unabhängig vom Zeitpunkt seines Inkrafttretens nach Möglichkeit im Einklang mit den Bestimmungen der MRK auszulegen (BVerfGE 111, 307, 324; Gollwitzer aaO).
17
Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist bei konventionsgemäßer Auslegung des § 2 Abs. 6 StGB die Regelung des Art. 7 Abs. 1 Satz 2 MRK als (einfach -) gesetzliche Ausnahmeregelung zu bewerten, die für die Anordnung der Sicherungsverwahrung die Maßgeblichkeit des Tatzeitrechts vorsieht. Nach dem zur Tatzeit geltenden Recht war jedoch - wie bereits ausgeführt - die Anordnung der Sicherungsverwahrung gegen den Betroffenen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt möglich.
18
2. Der hier vorgenommenen Auslegung des § 2 Abs. 6 StGB steht nicht die Bindungswirkung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Februar 2004 (BVerfGE 109, 133) zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des Wegfalls der Höchstdauer der erstmaligen Sicherungsverwahrung entgegen. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht in jener Entscheidung ausgesprochen, dass die Sicherungsverwahrung keine Strafe darstellt und eine nachträgliche Änderung ihrer Höchstdauer nicht gegen das absolute Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG verstößt (BVerfGE 109, 133, 167 ff.). Bei der Frage, ob entsprechend dem Gesetzesvorbehalt in § 2 Abs. 6 StGB eine Maßregel der Besserung und Sicherung von der Maßgeblichkeit des Rechts des Zeitpunkts der Entscheidung auszunehmen ist, handelt es sich indes um eine solche einfachen Rechts. Dem Gesetzgeber steht es im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens frei, für einzelne Maßregeln der Besserung und Sicherung in Abweichung von dem Grundsatz des § 2 Abs. 6 StGB die Geltung des Tatzeitrechts anzuordnen; er hat hiervon in der Vergangenheit wiederholt Gebrauch gemacht (vgl. die Nachweise bei Fischer StGB 57. Aufl. § 2 Rdnr. 15 und speziell Art. 93 des 1. StrRG). Ebenso kann dies Folge der gebotenen Berücksichtigung einer ebenfalls im Range einfachen Bundesrechts stehenden Bestimmung der MRK sein. Der Rechtssatz des Bundesverfassungsgerichts, dass nach deutschem Verfassungsrecht die Sicherungsverwahrung nicht dem Rückwirkungsverbot unterfällt, wird dadurch nicht in Frage gestellt. Einfaches Recht hat zwar die Vorgaben des Grundgesetzes zu wahren, es kann aber im Einzelfall über die dort festgelegten Mindestanforderungen hinausgehen.
19
3. Rechtsprechung anderer Senate des Bundesgerichtshofs steht der getroffenen Entscheidung nicht entgegen. Die Frage, ob § 2 Abs. 6 StGB i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Satz 2 MRK einer Anwendung des § 66 b Abs. 3 StGB auf Altfälle entgegensteht, ist - soweit ersichtlich - vom Bundesgerichtshof noch nicht entschieden worden. Der 1. Strafsenat hat in seinem Beschluss vom 14. Januar 2010 - 1 StR 595/09 [zu § 66 b Abs. 2 StGB] mögliche Auswirkungen des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17. Dezember 2009 auf den zu entscheidenden Fall offen gelassen und dies mit der fehlenden Endgültigkeit der Entscheidung begründet. Soweit der 1. Strafsenat in seinem Urteil vom 9. März 2010 - 1 StR 554/09 die Auffassung vertreten hat, dass die Ausführungen in der - damals ebenfalls noch nicht endgültigen - Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 7 Abs. 1 Satz 2 MRK der nachträglichen Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 JGG auf einen Altfall nicht entgegenstehen, hat er dies mit hier nicht einschlägigen Besonderheiten des Jugendstrafrechts begründet. Im Übrigen ist, nachdem das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte am 10. Mai 2010 gemäß Art. 43 Abs. 2, Art. 44 Abs. 2 Buchst. c MRK endgültig gewor- den ist, eine neue Rechtslage gegeben, die eine etwaige Bindung an frühere entgegenstehende Rechtsprechung entfallen lassen würde (vgl. hierzu Hannich in KK 6. Aufl. § 132 GVG Rdnr. 8).
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4. Die Maßregelanordnung war daher aufzuheben; gleichzeitig war in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO der Antrag der Staatsanwaltschaft zurückzuweisen und der Betroffene sofort auf freien Fuß zu setzen.
21
Die Entscheidung über die Entschädigung des Betroffenen wegen der seit Ende der Strafhaft erlittenen Strafverfolgungsmaßnahmen bleibt wegen der größeren Sachnähe dem Landgericht vorbehalten.
RiBGH Athing ist im Ernemann Solin-Stojanović Ruhestand und daher an der Unterschrift gehindert Ernemann Cierniak Franke

(1) Ist im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten (§ 66a des Strafgesetzbuches), übersendet die Vollstreckungsbehörde die Akten rechtzeitig an die Staatsanwaltschaft des zuständigen Gerichts. Diese übergibt die Akten so rechtzeitig dem Vorsitzenden des Gerichts, dass eine Entscheidung bis zu dem in Absatz 5 genannten Zeitpunkt ergehen kann. Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 67d Absatz 6 Satz 1 des Strafgesetzbuches für erledigt erklärt worden, übersendet die Vollstreckungsbehörde die Akten unverzüglich an die Staatsanwaltschaft des Gerichts, das für eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung (§ 66b des Strafgesetzbuches) zuständig ist. Beabsichtigt diese, eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zu beantragen, teilt sie dies der betroffenen Person mit. Die Staatsanwaltschaft soll den Antrag auf nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung unverzüglich stellen und ihn zusammen mit den Akten dem Vorsitzenden des Gerichts übergeben.

(2) Für die Vorbereitung und die Durchführung der Hauptverhandlung gelten die §§ 213 bis 275 entsprechend, soweit nachfolgend nichts anderes geregelt ist.

(3) Nachdem die Hauptverhandlung nach Maßgabe des § 243 Abs. 1 begonnen hat, hält ein Berichterstatter in Abwesenheit der Zeugen einen Vortrag über die Ergebnisse des bisherigen Verfahrens. Der Vorsitzende verliest das frühere Urteil, soweit es für die Entscheidung über die vorbehaltene oder die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung von Bedeutung ist. Sodann erfolgt die Vernehmung des Verurteilten und die Beweisaufnahme.

(4) Das Gericht holt vor der Entscheidung das Gutachten eines Sachverständigen ein. Ist über die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden, müssen die Gutachten von zwei Sachverständigen eingeholt werden. Die Gutachter dürfen im Rahmen des Strafvollzugs oder des Vollzugs der Unterbringung nicht mit der Behandlung des Verurteilten befasst gewesen sein.

(5) Das Gericht soll über die vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung spätestens sechs Monate vor der vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden.

(6) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass die nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet wird, so kann das Gericht bis zur Rechtskraft des Urteils einen Unterbringungsbefehl erlassen. Für den Erlass des Unterbringungsbefehls ist das für die Entscheidung nach § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches zuständige Gericht so lange zuständig, bis der Antrag auf Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung bei dem für diese Entscheidung zuständigen Gericht eingeht. In den Fällen des § 66a des Strafgesetzbuches kann das Gericht bis zur Rechtskraft des Urteils einen Unterbringungsbefehl erlassen, wenn es im ersten Rechtszug bis zu dem in § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches bestimmten Zeitpunkt die vorbehaltene Sicherungsverwahrung angeordnet hat. Die §§ 114 bis 115a, 117 bis 119a und 126a Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Ist eine Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen vorsätzlicher Straftaten oder eine Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens einem Jahr wegen Straftaten der in § 181b genannten Art vollständig vollstreckt worden, tritt mit der Entlassung der verurteilten Person aus dem Strafvollzug Führungsaufsicht ein. Dies gilt nicht, wenn im Anschluss an die Strafverbüßung eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung vollzogen wird.

(2) Ist zu erwarten, dass die verurteilte Person auch ohne die Führungsaufsicht keine Straftaten mehr begehen wird, ordnet das Gericht an, dass die Maßregel entfällt.

(1) Das Gericht kann die verurteilte Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anweisen,

1.
den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis der Aufsichtsstelle zu verlassen,
2.
sich nicht an bestimmten Orten aufzuhalten, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können,
3.
zu der verletzten Person oder bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen,
4.
bestimmte Tätigkeiten nicht auszuüben, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
5.
bestimmte Gegenstände, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen,
6.
Kraftfahrzeuge oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen oder von anderen Fahrzeugen nicht zu halten oder zu führen, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
7.
sich zu bestimmten Zeiten bei der Aufsichtsstelle, einer bestimmten Dienststelle oder der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer zu melden,
8.
jeden Wechsel der Wohnung oder des Arbeitsplatzes unverzüglich der Aufsichtsstelle zu melden,
9.
sich im Fall der Erwerbslosigkeit bei der zuständigen Agentur für Arbeit oder einer anderen zur Arbeitsvermittlung zugelassenen Stelle zu melden,
10.
keine alkoholischen Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen Gründe für die Annahme bestehen, dass der Konsum solcher Mittel zur Begehung weiterer Straftaten beitragen wird, und sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind,
11.
sich zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Abständen bei einer Ärztin oder einem Arzt, einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz vorzustellen oder
12.
die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.
Das Gericht hat in seiner Weisung das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen. Eine Weisung nach Satz 1 Nummer 12 ist, unbeschadet des Satzes 5, nur zulässig, wenn
1.
die Führungsaufsicht auf Grund der vollständigen Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens drei Jahren oder auf Grund einer erledigten Maßregel eingetreten ist,
2.
die Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe oder die Unterbringung wegen einer oder mehrerer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art verhängt oder angeordnet wurde,
3.
die Gefahr besteht, dass die verurteilte Person weitere Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art begehen wird, und
4.
die Weisung erforderlich erscheint, um die verurteilte Person durch die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463a Absatz 4 Satz 2 der Strafprozessordnung, insbesondere durch die Überwachung der Erfüllung einer nach Satz 1 Nummer 1 oder 2 auferlegten Weisung, von der Begehung weiterer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art abzuhalten.
Die Voraussetzungen von Satz 3 Nummer 1 in Verbindung mit Nummer 2 liegen unabhängig davon vor, ob die dort genannte Führungsaufsicht nach § 68e Absatz 1 Satz 1 beendet ist. Abweichend von Satz 3 Nummer 1 genügt eine Freiheits- oder Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, wenn diese wegen einer oder mehrerer Straftaten verhängt worden ist, die unter den Ersten oder Siebenten Abschnitt des Besonderen Teils fallen; zu den in Satz 3 Nummer 2 bis 4 genannten Straftaten gehört auch eine Straftat nach § 129a Absatz 5 Satz 2, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1.

(2) Das Gericht kann der verurteilten Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit weitere Weisungen erteilen, insbesondere solche, die sich auf Ausbildung, Arbeit, Freizeit, die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Erfüllung von Unterhaltspflichten beziehen. Das Gericht kann die verurteilte Person insbesondere anweisen, sich psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen (Therapieweisung). Die Betreuung und Behandlung kann durch eine forensische Ambulanz erfolgen. § 56c Abs. 3 gilt entsprechend, auch für die Weisung, sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die mit körperlichen Eingriffen verbunden sind.

(3) Bei den Weisungen dürfen an die Lebensführung der verurteilten Person keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.

(4) Wenn mit Eintritt der Führungsaufsicht eine bereits bestehende Führungsaufsicht nach § 68e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 endet, muss das Gericht auch die Weisungen in seine Entscheidung einbeziehen, die im Rahmen der früheren Führungsaufsicht erteilt worden sind.

(5) Soweit die Betreuung der verurteilten Person in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 11 oder ihre Behandlung in den Fällen des Absatzes 2 nicht durch eine forensische Ambulanz erfolgt, gilt § 68a Abs. 8 entsprechend.

(1) Durch Einlegung der Beschwerde wird der Vollzug der angefochtenen Entscheidung nicht gehemmt.

(2) Jedoch kann das Gericht, der Vorsitzende oder der Richter, dessen Entscheidung angefochten wird, sowie auch das Beschwerdegericht anordnen, daß die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung auszusetzen ist.

(1) Die Vorschriften über die Strafvollstreckung gelten für die Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung sinngemäß, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) § 453 gilt auch für die nach den §§ 68a bis 68d des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen.

(3) § 454 Abs. 1, 3 und 4 gilt auch für die nach § 67c Abs. 1, § 67d Abs. 2 und 3, § 67e Abs. 3, den §§ 68e, 68f Abs. 2 und § 72 Abs. 3 des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 68e des Strafgesetzbuches bedarf es einer mündlichen Anhörung des Verurteilten nicht. § 454 Abs. 2 findet in den Fällen des § 67d Absatz 2 und 3 und des § 72 Absatz 3 des Strafgesetzbuches unabhängig von den dort genannten Straftaten sowie bei Prüfung der Voraussetzungen des § 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches auch unabhängig davon, ob das Gericht eine Aussetzung erwägt, entsprechende Anwendung, soweit das Gericht über die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden hat; im Übrigen findet § 454 Abs. 2 bei den dort genannten Straftaten Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung nach § 67d Abs. 3 des Strafgesetzbuches sowie der nachfolgenden Entscheidungen nach § 67d Abs. 2 des Strafgesetzbuches hat das Gericht das Gutachten eines Sachverständigen namentlich zu der Frage einzuholen, ob von dem Verurteilten weiterhin erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind. Ist die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, rechtzeitig vor einer Entscheidung nach § 67c Absatz 1 des Strafgesetzbuches einen Verteidiger.

(4) Im Rahmen der Überprüfung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 des Strafgesetzbuches) nach § 67e des Strafgesetzbuches ist eine gutachterliche Stellungnahme der Maßregelvollzugseinrichtung einzuholen, in der der Verurteilte untergebracht ist. Das Gericht soll nach jeweils drei Jahren, ab einer Dauer der Unterbringung von sechs Jahren nach jeweils zwei Jahren vollzogener Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus das Gutachten eines Sachverständigen einholen. Der Sachverständige darf weder im Rahmen des Vollzugs der Unterbringung mit der Behandlung der untergebrachten Person befasst gewesen sein noch in dem psychiatrischen Krankenhaus arbeiten, in dem sich die untergebrachte Person befindet, noch soll er das letzte Gutachten bei einer vorangegangenen Überprüfung erstellt haben. Der Sachverständige, der für das erste Gutachten im Rahmen einer Überprüfung der Unterbringung herangezogen wird, soll auch nicht das Gutachten in dem Verfahren erstellt haben, in dem die Unterbringung oder deren späterer Vollzug angeordnet worden ist. Mit der Begutachtung sollen nur ärztliche oder psychologische Sachverständige beauftragt werden, die über forensisch-psychiatrische Sachkunde und Erfahrung verfügen. Dem Sachverständigen ist Einsicht in die Patientendaten des Krankenhauses über die untergebrachte Person zu gewähren. § 454 Abs. 2 gilt entsprechend. Der untergebrachten Person, die keinen Verteidiger hat, bestellt das Gericht für die Überprüfung der Unterbringung, bei der nach Satz 2 das Gutachten eines Sachverständigen eingeholt werden soll, einen Verteidiger.

(5) § 455 Abs. 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet ist. Ist die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden und verfällt der Verurteilte in Geisteskrankheit, so kann die Vollstreckung der Maßregel aufgeschoben werden. § 456 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung angeordnet ist.

(6) § 462 gilt auch für die nach § 67 Absatz 3, 5 Satz 2 und Absatz 6, den §§ 67a und 67c Abs. 2, § 67d Abs. 5 und 6, den §§ 67g, 67h und 69a Abs. 7 sowie den §§ 70a und 70b des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches ist der Verurteilte mündlich zu hören. Das Gericht erklärt die Anordnung von Maßnahmen nach § 67h Abs. 1 Satz 1 und 2 des Strafgesetzbuchs für sofort vollziehbar, wenn erhebliche rechtswidrige Taten des Verurteilten drohen.

(7) Für die Anwendung des § 462a Abs. 1 steht die Führungsaufsicht in den Fällen des § 67c Abs. 1, des § 67d Abs. 2 bis 6 und des § 68f des Strafgesetzbuches der Aussetzung eines Strafrestes gleich.

(8) Wird die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollstreckt, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, für die Verfahren über die auf dem Gebiet der Vollstreckung zu treffenden gerichtlichen Entscheidungen einen Verteidiger. Die Bestellung hat rechtzeitig vor der ersten gerichtlichen Entscheidung zu erfolgen und gilt auch für jedes weitere Verfahren, solange die Bestellung nicht aufgehoben wird.

(1) Die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf eine Strafaussetzung zur Bewährung oder eine Verwarnung mit Strafvorbehalt beziehen (§§ 56a bis 56g, 58, 59a, 59b des Strafgesetzbuches), trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte sind zu hören. § 246a Absatz 2 und § 454 Absatz 2 Satz 4 gelten entsprechend. Hat das Gericht über einen Widerruf der Strafaussetzung wegen Verstoßes gegen Auflagen oder Weisungen zu entscheiden, so soll es dem Verurteilten Gelegenheit zur mündlichen Anhörung geben. Ist ein Bewährungshelfer bestellt, so unterrichtet ihn das Gericht, wenn eine Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung oder den Straferlaß in Betracht kommt; über Erkenntnisse, die dem Gericht aus anderen Strafverfahren bekannt geworden sind, soll es ihn unterrichten, wenn der Zweck der Bewährungsaufsicht dies angezeigt erscheinen läßt.

(2) Gegen die Entscheidungen nach Absatz 1 ist Beschwerde zulässig. Sie kann nur darauf gestützt werden, daß eine getroffene Anordnung gesetzwidrig ist oder daß die Bewährungszeit nachträglich verlängert worden ist. Der Widerruf der Aussetzung, der Erlaß der Strafe, der Widerruf des Erlasses, die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe und die Feststellung, daß es bei der Verwarnung sein Bewenden hat (§§ 56f, 56g, 59b des Strafgesetzbuches), können mit sofortiger Beschwerde angefochten werden.

(1) Das Gericht kann die verurteilte Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anweisen,

1.
den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis der Aufsichtsstelle zu verlassen,
2.
sich nicht an bestimmten Orten aufzuhalten, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können,
3.
zu der verletzten Person oder bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen,
4.
bestimmte Tätigkeiten nicht auszuüben, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
5.
bestimmte Gegenstände, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen,
6.
Kraftfahrzeuge oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen oder von anderen Fahrzeugen nicht zu halten oder zu führen, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
7.
sich zu bestimmten Zeiten bei der Aufsichtsstelle, einer bestimmten Dienststelle oder der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer zu melden,
8.
jeden Wechsel der Wohnung oder des Arbeitsplatzes unverzüglich der Aufsichtsstelle zu melden,
9.
sich im Fall der Erwerbslosigkeit bei der zuständigen Agentur für Arbeit oder einer anderen zur Arbeitsvermittlung zugelassenen Stelle zu melden,
10.
keine alkoholischen Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen Gründe für die Annahme bestehen, dass der Konsum solcher Mittel zur Begehung weiterer Straftaten beitragen wird, und sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind,
11.
sich zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Abständen bei einer Ärztin oder einem Arzt, einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz vorzustellen oder
12.
die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.
Das Gericht hat in seiner Weisung das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen. Eine Weisung nach Satz 1 Nummer 12 ist, unbeschadet des Satzes 5, nur zulässig, wenn
1.
die Führungsaufsicht auf Grund der vollständigen Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens drei Jahren oder auf Grund einer erledigten Maßregel eingetreten ist,
2.
die Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe oder die Unterbringung wegen einer oder mehrerer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art verhängt oder angeordnet wurde,
3.
die Gefahr besteht, dass die verurteilte Person weitere Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art begehen wird, und
4.
die Weisung erforderlich erscheint, um die verurteilte Person durch die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463a Absatz 4 Satz 2 der Strafprozessordnung, insbesondere durch die Überwachung der Erfüllung einer nach Satz 1 Nummer 1 oder 2 auferlegten Weisung, von der Begehung weiterer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art abzuhalten.
Die Voraussetzungen von Satz 3 Nummer 1 in Verbindung mit Nummer 2 liegen unabhängig davon vor, ob die dort genannte Führungsaufsicht nach § 68e Absatz 1 Satz 1 beendet ist. Abweichend von Satz 3 Nummer 1 genügt eine Freiheits- oder Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, wenn diese wegen einer oder mehrerer Straftaten verhängt worden ist, die unter den Ersten oder Siebenten Abschnitt des Besonderen Teils fallen; zu den in Satz 3 Nummer 2 bis 4 genannten Straftaten gehört auch eine Straftat nach § 129a Absatz 5 Satz 2, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1.

(2) Das Gericht kann der verurteilten Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit weitere Weisungen erteilen, insbesondere solche, die sich auf Ausbildung, Arbeit, Freizeit, die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Erfüllung von Unterhaltspflichten beziehen. Das Gericht kann die verurteilte Person insbesondere anweisen, sich psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen (Therapieweisung). Die Betreuung und Behandlung kann durch eine forensische Ambulanz erfolgen. § 56c Abs. 3 gilt entsprechend, auch für die Weisung, sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die mit körperlichen Eingriffen verbunden sind.

(3) Bei den Weisungen dürfen an die Lebensführung der verurteilten Person keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.

(4) Wenn mit Eintritt der Führungsaufsicht eine bereits bestehende Führungsaufsicht nach § 68e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 endet, muss das Gericht auch die Weisungen in seine Entscheidung einbeziehen, die im Rahmen der früheren Führungsaufsicht erteilt worden sind.

(5) Soweit die Betreuung der verurteilten Person in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 11 oder ihre Behandlung in den Fällen des Absatzes 2 nicht durch eine forensische Ambulanz erfolgt, gilt § 68a Abs. 8 entsprechend.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Die Aufsichtsstellen (§ 68a des Strafgesetzbuches) können zur Überwachung des Verhaltens des Verurteilten und der Erfüllung von Weisungen von allen öffentlichen Behörden Auskunft verlangen und Ermittlungen jeder Art, mit Ausschluß eidlicher Vernehmungen, entweder selbst vornehmen oder durch andere Behörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit vornehmen lassen. Ist der Aufenthalt des Verurteilten nicht bekannt, kann der Leiter der Führungsaufsichtsstelle seine Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung (§ 131a Abs. 1) anordnen.

(2) Die Aufsichtsstelle kann für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anordnen, daß der Verurteilte zur Beobachtung anläßlich von polizeilichen Kontrollen, die die Feststellung der Personalien zulassen, ausgeschrieben wird. § 163e Abs. 2 gilt entsprechend. Die Anordnung trifft der Leiter der Führungsaufsichtsstelle. Die Erforderlichkeit der Fortdauer der Maßnahme ist mindestens jährlich zu überprüfen.

(3) Auf Antrag der Aufsichtsstelle kann das Gericht einen Vorführungsbefehl erlassen, wenn der Verurteilte einer Weisung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 oder Nr. 11 des Strafgesetzbuchs ohne genügende Entschuldigung nicht nachgekommen ist und er in der Ladung darauf hingewiesen wurde, dass in diesem Fall seine Vorführung zulässig ist. Soweit das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig ist, entscheidet der Vorsitzende.

(4) Die Aufsichtsstelle erhebt und speichert bei einer Weisung nach § 68b Absatz 1 Satz 1 Nummer 12 des Strafgesetzbuches mit Hilfe der von der verurteilten Person mitgeführten technischen Mittel automatisiert Daten über deren Aufenthaltsort sowie über etwaige Beeinträchtigungen der Datenerhebung; soweit es technisch möglich ist, ist sicherzustellen, dass innerhalb der Wohnung der verurteilten Person keine über den Umstand ihrer Anwesenheit hinausgehenden Aufenthaltsdaten erhoben werden. Die Daten dürfen ohne Einwilligung der betroffenen Person nur verwendet werden, soweit dies erforderlich ist für die folgenden Zwecke:

1.
zur Feststellung des Verstoßes gegen eine Weisung nach § 68b Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 12 des Strafgesetzbuches,
2.
zur Ergreifung von Maßnahmen der Führungsaufsicht, die sich an einen Verstoß gegen eine Weisung nach § 68b Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 12 des Strafgesetzbuches anschließen können,
3.
zur Ahndung eines Verstoßes gegen eine Weisung nach § 68b Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 12 des Strafgesetzbuches,
4.
zur Abwehr einer erheblichen gegenwärtigen Gefahr für das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung Dritter oder
5.
zur Verfolgung einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art oder einer Straftat nach § 129a Absatz 5 Satz 2, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1 des Strafgesetzbuches.
Zur Einhaltung der Zweckbindung nach Satz 2 hat die Verarbeitung der Daten zur Feststellung von Verstößen nach Satz 2 Nummer 1 in Verbindung mit § 68b Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 2 des Strafgesetzbuches automatisiert zu erfolgen und sind die Daten gegen unbefugte Kenntnisnahme besonders zu sichern. Die Aufsichtsstelle kann die Erhebung und Verarbeitung der Daten durch die Behörden und Beamten des Polizeidienstes vornehmen lassen; diese sind verpflichtet, dem Ersuchen der Aufsichtsstelle zu genügen. Die in Satz 1 genannten Daten sind spätestens zwei Monate nach ihrer Erhebung zu löschen, soweit sie nicht für die in Satz 2 genannten Zwecke verwendet werden. Bei jedem Abruf der Daten sind zumindest der Zeitpunkt, die abgerufenen Daten und der Bearbeiter zu protokollieren; § 488 Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Werden innerhalb der Wohnung der verurteilten Person über den Umstand ihrer Anwesenheit hinausgehende Aufenthaltsdaten erhoben, dürfen diese nicht verwertet werden und sind unverzüglich nach Kenntnisnahme zu löschen. Die Tatsache ihrer Kenntnisnahme und Löschung ist zu dokumentieren.

(5) Örtlich zuständig ist die Aufsichtsstelle, in deren Bezirk der Verurteilte seinen Wohnsitz hat. Hat der Verurteilte keinen Wohnsitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes, so ist die Aufsichtsstelle örtlich zuständig, in deren Bezirk er seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat und, wenn ein solcher nicht bekannt ist, seinen letzten Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort hatte.

(1) Das Gericht kann die verurteilte Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anweisen,

1.
den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis der Aufsichtsstelle zu verlassen,
2.
sich nicht an bestimmten Orten aufzuhalten, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können,
3.
zu der verletzten Person oder bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen,
4.
bestimmte Tätigkeiten nicht auszuüben, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
5.
bestimmte Gegenstände, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen,
6.
Kraftfahrzeuge oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen oder von anderen Fahrzeugen nicht zu halten oder zu führen, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
7.
sich zu bestimmten Zeiten bei der Aufsichtsstelle, einer bestimmten Dienststelle oder der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer zu melden,
8.
jeden Wechsel der Wohnung oder des Arbeitsplatzes unverzüglich der Aufsichtsstelle zu melden,
9.
sich im Fall der Erwerbslosigkeit bei der zuständigen Agentur für Arbeit oder einer anderen zur Arbeitsvermittlung zugelassenen Stelle zu melden,
10.
keine alkoholischen Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen Gründe für die Annahme bestehen, dass der Konsum solcher Mittel zur Begehung weiterer Straftaten beitragen wird, und sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind,
11.
sich zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Abständen bei einer Ärztin oder einem Arzt, einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz vorzustellen oder
12.
die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.
Das Gericht hat in seiner Weisung das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen. Eine Weisung nach Satz 1 Nummer 12 ist, unbeschadet des Satzes 5, nur zulässig, wenn
1.
die Führungsaufsicht auf Grund der vollständigen Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens drei Jahren oder auf Grund einer erledigten Maßregel eingetreten ist,
2.
die Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe oder die Unterbringung wegen einer oder mehrerer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art verhängt oder angeordnet wurde,
3.
die Gefahr besteht, dass die verurteilte Person weitere Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art begehen wird, und
4.
die Weisung erforderlich erscheint, um die verurteilte Person durch die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463a Absatz 4 Satz 2 der Strafprozessordnung, insbesondere durch die Überwachung der Erfüllung einer nach Satz 1 Nummer 1 oder 2 auferlegten Weisung, von der Begehung weiterer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art abzuhalten.
Die Voraussetzungen von Satz 3 Nummer 1 in Verbindung mit Nummer 2 liegen unabhängig davon vor, ob die dort genannte Führungsaufsicht nach § 68e Absatz 1 Satz 1 beendet ist. Abweichend von Satz 3 Nummer 1 genügt eine Freiheits- oder Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, wenn diese wegen einer oder mehrerer Straftaten verhängt worden ist, die unter den Ersten oder Siebenten Abschnitt des Besonderen Teils fallen; zu den in Satz 3 Nummer 2 bis 4 genannten Straftaten gehört auch eine Straftat nach § 129a Absatz 5 Satz 2, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1.

(2) Das Gericht kann der verurteilten Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit weitere Weisungen erteilen, insbesondere solche, die sich auf Ausbildung, Arbeit, Freizeit, die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Erfüllung von Unterhaltspflichten beziehen. Das Gericht kann die verurteilte Person insbesondere anweisen, sich psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen (Therapieweisung). Die Betreuung und Behandlung kann durch eine forensische Ambulanz erfolgen. § 56c Abs. 3 gilt entsprechend, auch für die Weisung, sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die mit körperlichen Eingriffen verbunden sind.

(3) Bei den Weisungen dürfen an die Lebensführung der verurteilten Person keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.

(4) Wenn mit Eintritt der Führungsaufsicht eine bereits bestehende Führungsaufsicht nach § 68e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 endet, muss das Gericht auch die Weisungen in seine Entscheidung einbeziehen, die im Rahmen der früheren Führungsaufsicht erteilt worden sind.

(5) Soweit die Betreuung der verurteilten Person in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 11 oder ihre Behandlung in den Fällen des Absatzes 2 nicht durch eine forensische Ambulanz erfolgt, gilt § 68a Abs. 8 entsprechend.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Das Gericht kann die verurteilte Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anweisen,

1.
den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis der Aufsichtsstelle zu verlassen,
2.
sich nicht an bestimmten Orten aufzuhalten, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können,
3.
zu der verletzten Person oder bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen,
4.
bestimmte Tätigkeiten nicht auszuüben, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
5.
bestimmte Gegenstände, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen,
6.
Kraftfahrzeuge oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen oder von anderen Fahrzeugen nicht zu halten oder zu führen, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
7.
sich zu bestimmten Zeiten bei der Aufsichtsstelle, einer bestimmten Dienststelle oder der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer zu melden,
8.
jeden Wechsel der Wohnung oder des Arbeitsplatzes unverzüglich der Aufsichtsstelle zu melden,
9.
sich im Fall der Erwerbslosigkeit bei der zuständigen Agentur für Arbeit oder einer anderen zur Arbeitsvermittlung zugelassenen Stelle zu melden,
10.
keine alkoholischen Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen Gründe für die Annahme bestehen, dass der Konsum solcher Mittel zur Begehung weiterer Straftaten beitragen wird, und sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind,
11.
sich zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Abständen bei einer Ärztin oder einem Arzt, einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz vorzustellen oder
12.
die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.
Das Gericht hat in seiner Weisung das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen. Eine Weisung nach Satz 1 Nummer 12 ist, unbeschadet des Satzes 5, nur zulässig, wenn
1.
die Führungsaufsicht auf Grund der vollständigen Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens drei Jahren oder auf Grund einer erledigten Maßregel eingetreten ist,
2.
die Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe oder die Unterbringung wegen einer oder mehrerer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art verhängt oder angeordnet wurde,
3.
die Gefahr besteht, dass die verurteilte Person weitere Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art begehen wird, und
4.
die Weisung erforderlich erscheint, um die verurteilte Person durch die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463a Absatz 4 Satz 2 der Strafprozessordnung, insbesondere durch die Überwachung der Erfüllung einer nach Satz 1 Nummer 1 oder 2 auferlegten Weisung, von der Begehung weiterer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art abzuhalten.
Die Voraussetzungen von Satz 3 Nummer 1 in Verbindung mit Nummer 2 liegen unabhängig davon vor, ob die dort genannte Führungsaufsicht nach § 68e Absatz 1 Satz 1 beendet ist. Abweichend von Satz 3 Nummer 1 genügt eine Freiheits- oder Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, wenn diese wegen einer oder mehrerer Straftaten verhängt worden ist, die unter den Ersten oder Siebenten Abschnitt des Besonderen Teils fallen; zu den in Satz 3 Nummer 2 bis 4 genannten Straftaten gehört auch eine Straftat nach § 129a Absatz 5 Satz 2, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1.

(2) Das Gericht kann der verurteilten Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit weitere Weisungen erteilen, insbesondere solche, die sich auf Ausbildung, Arbeit, Freizeit, die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Erfüllung von Unterhaltspflichten beziehen. Das Gericht kann die verurteilte Person insbesondere anweisen, sich psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen (Therapieweisung). Die Betreuung und Behandlung kann durch eine forensische Ambulanz erfolgen. § 56c Abs. 3 gilt entsprechend, auch für die Weisung, sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die mit körperlichen Eingriffen verbunden sind.

(3) Bei den Weisungen dürfen an die Lebensführung der verurteilten Person keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.

(4) Wenn mit Eintritt der Führungsaufsicht eine bereits bestehende Führungsaufsicht nach § 68e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 endet, muss das Gericht auch die Weisungen in seine Entscheidung einbeziehen, die im Rahmen der früheren Führungsaufsicht erteilt worden sind.

(5) Soweit die Betreuung der verurteilten Person in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 11 oder ihre Behandlung in den Fällen des Absatzes 2 nicht durch eine forensische Ambulanz erfolgt, gilt § 68a Abs. 8 entsprechend.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Das Gericht kann die verurteilte Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anweisen,

1.
den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis der Aufsichtsstelle zu verlassen,
2.
sich nicht an bestimmten Orten aufzuhalten, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können,
3.
zu der verletzten Person oder bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen,
4.
bestimmte Tätigkeiten nicht auszuüben, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
5.
bestimmte Gegenstände, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen,
6.
Kraftfahrzeuge oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen oder von anderen Fahrzeugen nicht zu halten oder zu führen, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
7.
sich zu bestimmten Zeiten bei der Aufsichtsstelle, einer bestimmten Dienststelle oder der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer zu melden,
8.
jeden Wechsel der Wohnung oder des Arbeitsplatzes unverzüglich der Aufsichtsstelle zu melden,
9.
sich im Fall der Erwerbslosigkeit bei der zuständigen Agentur für Arbeit oder einer anderen zur Arbeitsvermittlung zugelassenen Stelle zu melden,
10.
keine alkoholischen Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen Gründe für die Annahme bestehen, dass der Konsum solcher Mittel zur Begehung weiterer Straftaten beitragen wird, und sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind,
11.
sich zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Abständen bei einer Ärztin oder einem Arzt, einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz vorzustellen oder
12.
die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.
Das Gericht hat in seiner Weisung das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen. Eine Weisung nach Satz 1 Nummer 12 ist, unbeschadet des Satzes 5, nur zulässig, wenn
1.
die Führungsaufsicht auf Grund der vollständigen Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens drei Jahren oder auf Grund einer erledigten Maßregel eingetreten ist,
2.
die Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe oder die Unterbringung wegen einer oder mehrerer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art verhängt oder angeordnet wurde,
3.
die Gefahr besteht, dass die verurteilte Person weitere Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art begehen wird, und
4.
die Weisung erforderlich erscheint, um die verurteilte Person durch die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463a Absatz 4 Satz 2 der Strafprozessordnung, insbesondere durch die Überwachung der Erfüllung einer nach Satz 1 Nummer 1 oder 2 auferlegten Weisung, von der Begehung weiterer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art abzuhalten.
Die Voraussetzungen von Satz 3 Nummer 1 in Verbindung mit Nummer 2 liegen unabhängig davon vor, ob die dort genannte Führungsaufsicht nach § 68e Absatz 1 Satz 1 beendet ist. Abweichend von Satz 3 Nummer 1 genügt eine Freiheits- oder Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, wenn diese wegen einer oder mehrerer Straftaten verhängt worden ist, die unter den Ersten oder Siebenten Abschnitt des Besonderen Teils fallen; zu den in Satz 3 Nummer 2 bis 4 genannten Straftaten gehört auch eine Straftat nach § 129a Absatz 5 Satz 2, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1.

(2) Das Gericht kann der verurteilten Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit weitere Weisungen erteilen, insbesondere solche, die sich auf Ausbildung, Arbeit, Freizeit, die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Erfüllung von Unterhaltspflichten beziehen. Das Gericht kann die verurteilte Person insbesondere anweisen, sich psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen (Therapieweisung). Die Betreuung und Behandlung kann durch eine forensische Ambulanz erfolgen. § 56c Abs. 3 gilt entsprechend, auch für die Weisung, sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die mit körperlichen Eingriffen verbunden sind.

(3) Bei den Weisungen dürfen an die Lebensführung der verurteilten Person keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.

(4) Wenn mit Eintritt der Führungsaufsicht eine bereits bestehende Führungsaufsicht nach § 68e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 endet, muss das Gericht auch die Weisungen in seine Entscheidung einbeziehen, die im Rahmen der früheren Führungsaufsicht erteilt worden sind.

(5) Soweit die Betreuung der verurteilten Person in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 11 oder ihre Behandlung in den Fällen des Absatzes 2 nicht durch eine forensische Ambulanz erfolgt, gilt § 68a Abs. 8 entsprechend.

(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird.

(2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so setzt das Gericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Gleiches gilt, wenn das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung feststellt, dass die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht spätestens bis zum Ablauf einer vom Gericht bestimmten Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c Absatz 1 Nummer 1 angeboten worden ist; eine solche Frist hat das Gericht, wenn keine ausreichende Betreuung angeboten wird, unter Angabe der anzubietenden Maßnahmen bei der Prüfung der Aussetzung der Vollstreckung festzusetzen. Mit der Aussetzung nach Satz 1 oder 2 tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, daß der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(4) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte entlassen. Die Maßregel ist damit erledigt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(5) Das Gericht erklärt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt, wenn die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 nicht mehr vorliegen. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(6) Stellt das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus fest, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt es sie für erledigt. Dauert die Unterbringung sechs Jahre, ist ihre Fortdauer in der Regel nicht mehr verhältnismäßig, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder in die Gefahr einer schweren körperlichen oder seelischen Schädigung gebracht werden. Sind zehn Jahre der Unterbringung vollzogen, gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein. Das Gericht ordnet den Nichteintritt der Führungsaufsicht an, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Das Gericht kann die verurteilte Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anweisen,

1.
den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis der Aufsichtsstelle zu verlassen,
2.
sich nicht an bestimmten Orten aufzuhalten, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können,
3.
zu der verletzten Person oder bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen,
4.
bestimmte Tätigkeiten nicht auszuüben, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
5.
bestimmte Gegenstände, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen,
6.
Kraftfahrzeuge oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen oder von anderen Fahrzeugen nicht zu halten oder zu führen, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
7.
sich zu bestimmten Zeiten bei der Aufsichtsstelle, einer bestimmten Dienststelle oder der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer zu melden,
8.
jeden Wechsel der Wohnung oder des Arbeitsplatzes unverzüglich der Aufsichtsstelle zu melden,
9.
sich im Fall der Erwerbslosigkeit bei der zuständigen Agentur für Arbeit oder einer anderen zur Arbeitsvermittlung zugelassenen Stelle zu melden,
10.
keine alkoholischen Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen Gründe für die Annahme bestehen, dass der Konsum solcher Mittel zur Begehung weiterer Straftaten beitragen wird, und sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind,
11.
sich zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Abständen bei einer Ärztin oder einem Arzt, einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz vorzustellen oder
12.
die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.
Das Gericht hat in seiner Weisung das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen. Eine Weisung nach Satz 1 Nummer 12 ist, unbeschadet des Satzes 5, nur zulässig, wenn
1.
die Führungsaufsicht auf Grund der vollständigen Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens drei Jahren oder auf Grund einer erledigten Maßregel eingetreten ist,
2.
die Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe oder die Unterbringung wegen einer oder mehrerer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art verhängt oder angeordnet wurde,
3.
die Gefahr besteht, dass die verurteilte Person weitere Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art begehen wird, und
4.
die Weisung erforderlich erscheint, um die verurteilte Person durch die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463a Absatz 4 Satz 2 der Strafprozessordnung, insbesondere durch die Überwachung der Erfüllung einer nach Satz 1 Nummer 1 oder 2 auferlegten Weisung, von der Begehung weiterer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art abzuhalten.
Die Voraussetzungen von Satz 3 Nummer 1 in Verbindung mit Nummer 2 liegen unabhängig davon vor, ob die dort genannte Führungsaufsicht nach § 68e Absatz 1 Satz 1 beendet ist. Abweichend von Satz 3 Nummer 1 genügt eine Freiheits- oder Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, wenn diese wegen einer oder mehrerer Straftaten verhängt worden ist, die unter den Ersten oder Siebenten Abschnitt des Besonderen Teils fallen; zu den in Satz 3 Nummer 2 bis 4 genannten Straftaten gehört auch eine Straftat nach § 129a Absatz 5 Satz 2, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1.

(2) Das Gericht kann der verurteilten Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit weitere Weisungen erteilen, insbesondere solche, die sich auf Ausbildung, Arbeit, Freizeit, die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Erfüllung von Unterhaltspflichten beziehen. Das Gericht kann die verurteilte Person insbesondere anweisen, sich psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen (Therapieweisung). Die Betreuung und Behandlung kann durch eine forensische Ambulanz erfolgen. § 56c Abs. 3 gilt entsprechend, auch für die Weisung, sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die mit körperlichen Eingriffen verbunden sind.

(3) Bei den Weisungen dürfen an die Lebensführung der verurteilten Person keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.

(4) Wenn mit Eintritt der Führungsaufsicht eine bereits bestehende Führungsaufsicht nach § 68e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 endet, muss das Gericht auch die Weisungen in seine Entscheidung einbeziehen, die im Rahmen der früheren Führungsaufsicht erteilt worden sind.

(5) Soweit die Betreuung der verurteilten Person in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 11 oder ihre Behandlung in den Fällen des Absatzes 2 nicht durch eine forensische Ambulanz erfolgt, gilt § 68a Abs. 8 entsprechend.

Tenor

1. Die Beschwerde wird als unbegründet verworfen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der dadurch entstandenen notwendigen Auslagen des Verurteilten fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

I.

1

Die Staatsanwaltschaft Neubrandenburg hat unter dem 01.07.2010 beim Landgericht Neubrandenburg die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung gegen den Verurteilten beantragt. Mit Beschluss vom 27.10.2010 lehnte das Landgericht "die Eröffnung des Verfahrens zur Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung ... aus rechtlichen Gründen" ab und führte dazu aus, diese Form der Maßregel verstoße nach den dazu ergangenen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 17.12.2009 - 19 259/04 - und des 4. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 12.05.2010 - 4 StR 577/09 - gegen das Rückwirkungsverbot des Art. 7 Abs. 1 der (europäischen) Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK). Gegen diesen Beschluss hat die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel der Revision eingelegt, über die vom Bundesgerichtshof noch nicht entschieden worden ist.

2

Angesichts der am 27.01.2011 anstehenden Haftentlassung des Verurteilten hat die Staatsanwaltschaft unter dem 08.12.2010 beim Landgericht den Erlass eines Unterbringungsbefehls nach § 275a Abs. 5 Satz 1 StPO a.F. gegen den Verurteilten beantragt. Das hat das Landgericht mit Beschluss vom 17.12.2010 unter Bezugnahme auf die Gründe seiner Entscheidung vom 27.10.2010 abgelehnt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Staatsanwaltschaft vom 23.12.2010, der das Landgericht am 29.12.2010 nicht abgeholfen hat. Die Generalstaatsanwaltschaft ist dem Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft beigetreten.

3

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

II.

4

1. Die Voraussetzungen, unter denen gegen den Verurteilten in vorliegender Sache Unterbringungsbefehl erlassen werden könnte, ergeben sich sowohl materiell- wie auch verfahrensrechtlich aus dem bis zum 31.12.2010 geltenden Recht. Zwar regelt § 2 Abs. 6 StGB, dass über Maßregeln der Besserung und Sicherung, wenn gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, (materiell-rechtlich) nach dem Gesetz zu entscheiden ist, das zur Zeit der Entscheidung gilt. Um eine danach mögliche Ausnahmebestimmung handelt es sich indes bei dem durch Art. 4 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22.12.2010 (BGBl. I S. 2300) mit Wirkung vom 01.01.2011 in Kraft getretenen Art. 316e Abs. 1 EGStGB. Diese Übergangsvorschrift bestimmt, dass die mit dem selben Gesetz eingeführten (neuen) Vorschriften über die Sicherungsverwahrung nur anzuwenden sind, wenn die Tat oder mindestens eine der Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden soll (Anlasstat), nach dem 31. Dezember 2010 begangen worden ist. In allen anderen Fällen (Alttaten) ist - auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht - das bisherige Recht anzuwenden, soweit in den Absätzen 2 und 3 nichts anderes bestimmt ist (vgl. dazu näher BT-Drucks. 17/3403, S. 49).

5

Vorliegend sind sämtliche Taten, die Anlass zur nachträglichen Anordnung der Sicherungsverwahrung geben könnten, von dem Verurteilten vor dem 31.12.2010 begangen worden (vgl. unter 4 a). Die Absätze 2 und 3 des Art. 316e EGStGB sind hier nicht einschlägig. Die Voraussetzungen, unter denen gegen den Verurteilten nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet werden könnte, ergeben sich demzufolge materiell-rechtlich aus § 66b StGB in der Fassung des Gesetzes zur Reform der Führungsaufsicht vom 13.04.2007 (BGBl. I. S. 513) und diejenigen für den Erlass eines Unterbringungsbefehls aus § 275a Abs. 5 Satz 1 StPO in der Fassung des Gesetzes vom 23.07.2004 (BGBl. I S. 1838).

6

2. Nach § 275a Abs. 5 Satz 1 StPO a.F. hat der Erlass eines Unterbringungsbefehls zur Voraussetzung, dass dringende Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass die nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet werden wird. Dringende Gründe sind dabei nach allgemeinen Grundsätzen (vgl. §§ 111a, 112 Abs. 1, § 126a Abs. 1, § 132a Abs. 1 StPO) dann anzunehmen, wenn nach dem bisherigen Ermittlungsstand eine hohe Wahrscheinlichkeit für die endgültige Verhängung der Maßregel besteht. Auch dann steht der Erlass eines solchen Unterbringungsbefehls jedoch immer noch im Ermessen des Gerichts ("kann"), wobei das (Freiheits-) Interesse des Verurteilten an seiner planmäßigen Entlassung aus der Strafhaft nach vollständiger Verbüßung der Strafe einerseits gegen das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit und deren Bedürfnis nach vom Staat zu gewährendem Schutz vor erheblichen, weiterhin von dem Verurteilten ausgehenden Gefahren andererseits gegeneinander abzuwägen sind.

7

3. Vorliegend fehlt es jedenfalls derzeit an dringenden Gründen für die Annahme, dass gegen den Verurteilten im weiteren Verfahren die nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet werden wird. Zweifelhaft ist dabei nicht nur, ob die Voraussetzungen des § 66b StGB a.F. vorliegen (vgl. dazu unter 4), sondern auch, ob die Vorschriften über die nachträgliche Sicherungsverwahrung überhaupt auf den Verurteilten zur Anwendung gelangen können, oder ob dem, wie vom Landgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des 4. Strafsenats des Bundesgerichtshofs und des EGMR angenommen, das Rückwirkungsverbot des Art. 7 Abs. 1 EMRK entgegen steht (vgl. dazu unter 5).

8

4. Zu den Voraussetzungen des § 66b StGB a.F.:

9

Nach § 66b Abs. 1 StGB a.F. kann Sicherungsverwahrung nachträglich angeordnet werden, wenn nach einer Verurteilung wegen eines Verbrechens gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung oder eines Verbrechens nach den §§ 250, 251 StGB, auch in Verbindung mit den §§ 252, 255 StGB oder wegen eines der in § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB a.F. genannten Vergehen vor Ende des Vollzugs dieser Freiheitsstrafe Tatsachen erkennbar werden, die auf eine erhebliche Gefährlichkeit des Verurteilten für die Allgemeinheit hinweisen und wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, und wenn im Zeitpunkt der Entscheidung über die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung die übrigen Voraussetzungen des § 66 StGB a.F. erfüllt sind, im Wesentlichen also, dass der nachträglich zu Verwahrende im Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei (§ 66 Abs. 1 oder Abs. 3 Satz 1 StGB a.F.) oder drei Jahren (§ 66 Abs. 2 oder Abs. 3 Satz 2 StGB a.F.) einsitzt, er bestimmte Vorstrafen und einen Vorvollzug aufweist (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StGB a.F.), oder er wegen dreier Straftaten mit einer bestimmten Mindeststrafhöhe (§ 66 Abs. 2 StGB a.F.) (vor)verurteilt wurde.

10

a) Der Verurteilte ist wie folgt vorbestraft:

11

(1) Am 01.01.1979 - S 85/79 - verurteilte ihn das Kreisgericht Waren wegen Raubes, Diebstahls und Hehlerei zu einer Einheitsstrafe (§ 64 StGB/DDR) von zwei Jahren und zwei Monaten, die der Verurteilte nach Widerruf einer ihm gewährten Reststrafaussetzung zur Bewährung bis zum 29.07.1981 vollständig verbüßt hat. Dabei ist nicht sicher feststellbar, welcher (hypothetische) Anteil an der Einheitsstrafe jeweils auf die abgeurteilten Einzeltaten entfiel (vgl. zur Bedeutung dieser Frage für die Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 Nr. 1 StGB a.F. BGH, Beschluss vom 03.09.2008 - 5 StR 281/08).

12

(2) Am 28.01.1983 verhängte das Kreisgericht Waren gegen ihn wegen vorsätzlicher Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten (2 S 6/83), die er bis zum 07.06.1983 verbüßte.

13

(3) Am 14.11.1983 folgte eine Verurteilung durch das Kreisgericht Neustrelitz (S 235/83) wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, die bis zum 06.11.1984 vollstreckt wurde.

14

(4) Mit Urteil des Kreisgerichts Bützow vom 18.09.1984 - S 78/84 - wurde er wegen schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, die er bis zum 06.11.1985 verbüßte.

15

(5) Das Kreisgericht Waren verhängte gegen ihn mit Urteil vom 28.05.1987 - S 81/87 - wegen Diebstahls und eines weiteren, nicht eintragungsfähigen Delikts eine Einheitsstrafe (§ 64 StGB/DDR) von einem Jahr und zehn Monaten, die er bis zum 26.08.1989 verbüßte. Auch in diesem Fall lässt sich nicht feststellen, welcher (hypothetische) Anteil an der Einheitsstrafe auf den Diebstahl und welcher auf das nicht eintragungsfähige Delikt entfiel.

16

(6) Mit Urteil des Kreisgerichts Waren vom 30.06.1988 - S 85/88 - wurde er wegen schweren Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Wegen einer Amnestie wurde der Verurteilte am 05.01.1990 vorzeitig aus der Strafhaft in dieser Sache entlassen. Den dem Senat vorliegenden Vorgängen lässt sich nicht entnehmen, wann diese Tat begangen wurde.

17

(7) Am 23.04.1990 folgte eine Verurteilung durch das AG Viechtach (Cs 3 Js 1319/90) wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 55 Tagessätzen zu je 20,00 DM.

18

(8) Dem schloss sich am 24.02.1992 eine Verurteilung durch das Bezirksgericht Neubrandenburg wegen gefährlicher Körperverletzung und Mordes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 14 Jahren und sechs Monaten an (I Ks 18/91). Dem lagen Einsatzstrafen von einem Jahr für die gefährliche Körperverletzung und von 14 Jahren für den Mord zugrunde.

19

(9) Am 28.07.1993 - II KLs 4/93 - folgte eine Verurteilung durch das LG Neubrandenburg wegen Gefangenenmeuterei unter Einbeziehung der aufgelösten Gesamtstrafe aus dem Urteil des Bezirksgerichts Neubrandenburg vom 24.02.1992 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren. Auch in diesem Fall lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen, welche Einsatzstrafe das Gericht für die abgeurteilte Gefangenenmeuterei verhängt hat. Dort heißt es lediglich: "Während sich die erhebliche Vorbestraftheit des Angeklagten W., vielfach wegen Gewalttaten, die rücksichtslose Art der Tatausführung und seiner Auslöserfunktion strafverschärfend auswirken mussten, waren außer den ungünstigen Verhältnissen, unter denen der Angeklagte W. herangewachsen ist, keine strafmildernden Aspekte ersichtlich. Durch die vom Angeklagten W. ausgelösten Ereignisse in der Justizvollzugseinrichtung Neustrelitz war für eine Reihe von Häftlingen die Flucht aus der Justizvollzugseinrichtung möglich."

20

Für den Mitangeklagten G. erkannte die Kammer in jenem Verfahren auf eine Einzelstrafe von 10 Monaten wegen Gefangenenmeuterei. Dabei berücksichtigte die Kammer, dass dieser im Vergleich zu den anderen Mittätern in geringerem Umfang Gewalt angewandt habe, nicht im selben Umfang wie sie bei den Vorbereitungen zur Flucht aktiv geworden sei und auch selbst die Justizvollzugsanstalt nicht verlassen habe.

21

(10) Das Landgericht Rostock verhängte gegen den Verurteilten am 28.10.1996 - III KLs 27/95 - wegen Geiselnahme in Tateinheit mit Gefangenenmeuterei eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren. Diese Strafe ist bereits vollständig verbüßt. Sie kann nicht mehr zum Anlass für die Verhängung nachträglicher Sicherungsverwahrung genommen werden (§ 66b Abs. 1 Satz 1 StGB a.F.: "... vor Ende des Vollzugs dieser Freiheitsstrafe ....").

22

b) Das Landgericht Erfurt hat mit Beschluss vom 18.04.2004 - StVK 436/03 - die Vollstreckung der Restfreiheitsstrafen aus den Urteilen des Landgerichts Neubrandenburg vom 28.07.1993 und des Landgerichts Rostock vom 28.10.1996 - III KLs 27/95 - nach Verbüßung von zwei Dritteln nicht zur Bewährung ausgesetzt. Das Strafende ist auf den 11.02.2011 notiert. Wegen anrechenbarer Tage wird die Entlassung vorzeitig am 27.01.2011 erfolgen.

23

c) Die in § 66b Abs. 1 Satz 1 StGB a.F. geforderten formellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 StGB a.F. sind aus den von der Generalstaatsanwaltschaft dargelegten Gründen nicht erweislich.

24

Es steht nicht fest, dass der Verurteilte vor der Verurteilung wegen der Anlasstat (= Verurteilung wegen Mordes und gefährlicher Körperverletzung durch das Bezirksgericht Neubrandenburg vom 24.02.1992) schon zweimal wegen vorsätzlicher Straftaten jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist. Die Urteile des Kreisgerichts Waren vom 01.01.1979 und vom 28.05.1987, die hierfür im Betracht kommen könnten, sind wegen der darin verhängten Einheitsstrafen aus den bereits genannten Gründen unergiebig. Auch ist nicht feststellbar, wann der Verurteilte den mit Urteil des Kreisgerichts Waren vom 30.06.1988 bestraften Diebstahl begangen hat. Das aber ist für die Beantwortung der Frage notwendig, ob mindestens zwei gesonderte Vorverurteilungen vorliegen, die in der Reihenfolge "Tat-Urteil-Tat-Urteil" ergangen sind.

25

d) Entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft sind auch die in Verbindung mit § 66b Abs. 1 StGB a.F. alternativ zu prüfenden Voraussetzungen der subsidiär anzuwendenden Vorschrift (vgl. dazu Fischer, StGB, 58. Aufl., § 66 Rn. 11) des § 66 Abs. 2 StGB a.F. nicht mit der für eine so einschneidende Maßnahme wie den Erlass eines Unterbringungsbefehls erforderlichen Sicherheit gegeben.

26

Zwar wurden vom Bezirksgericht Neubrandenburg gegen den Verurteilten mit Entscheidung vom 24.02.1992 Einsatzstrafen von einem Jahr wegen gefährlicher Körperverletzung und von 14 Jahren wegen Mordes verhängt. Die Höhe der als dritte Einzelstrafe in Betracht kommenden Sanktion wegen Gefangenenmeuterei ist dem Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 28.07.1993 - II KLs 4/93 - jedoch nicht mit ausreichender Sicherheit zu entnehmen. Die bereits oben wiedergegebenen Strafzumessungsgründe weisen lediglich für den in jenem Verfahren Mitangeklagten G. eine Freiheitsstrafe von 10 Monaten aus. Bei dem Angeklagten W. fehlt es hingegen an der ausdrücklichen Festsetzung einer solchen. Soweit die Generalstaatsanwaltschaft aus den zu dem Verurteilten W. angestellten Strafzumessungserwägungen und einem Vergleich mit demjenigen zum Mitangeklagten G. schlussfolgert, gegen W. müsse dann eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verhängt worden sein, handelt es sich um eine bloße Vermutung, die sich auch durch die in jenem Verfahren ausgeurteilte Höhe der nachträglichen Gesamtstrafe nicht weiter erhärten lässt, weil diese hier durch die Obergrenze des § 54 Abs. 2 Satz 2, § 55 Abs. 1 StGB limitiert war.

27

e) Bestehen danach bereits begründete Zweifel am Vorliegen der formalen Eingangsvoraussetzungen für die Anordnung nachträglicher Sicherungsverwahrung, kommt vorliegend noch hinzu, dass auch die in § 66b Abs. 1 Satz 1 StGB a.F. weiter vorausgesetzte hohe Wahrscheinlichkeit, der Verurteilte werde künftig wieder erhebliche Straftaten begehen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, derzeit nicht mit dem in § 275a Abs. 5 Satz 1 StPO a.F. verlangten "dringenden" Grad an Prognosesicherheit erweislich ist.

28

aa) Die nachträgliche Anordnung von Sicherungsverwahrung kommt nach dem gegenwärtigen Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung allenfalls noch bei äußerst gefährlichen Verurteilten in Betracht, bei denen sich die Gefahrenprognose aus konkreten Umständen in der Person oder ihrem Verhalten ableiten lässt. Nur dann erscheint denkbar, dass der Eingriff in das Freiheitsrecht des Verurteilten unter Berücksichtigung seines auf höchster Stufe schutzwürdigen Vertrauens in die Unabänderlichkeit der in der Anlassverurteilung verhängten Rechtsfolge einerseits und der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit andererseits im Rahmen einer zu seinen Lasten getroffenen Abwägungsentscheidung gerechtfertigt ist (BGH, 5. Strafsenat, Beschlüsse vom 21.07.2010 - 5 StR 60/10 - und vom 09.11.2010 - 5 StR 394, 440, 474/10: hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualverbrechen, die aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Untergebrachten abzuleiten ist). Ein derart schwerwiegendes, sich in konkreten Anhaltspunkten manifestierendes aktuelles Gefährdungspotential ist bei dem Verurteilten entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft nicht erkennbar.

29

bb) Der Verurteilte ist - soweit ersichtlich - zuletzt in dem Verfahren wegen Mordes u.a. durch den Sachverständigen Dr. Dr. G. forensisch-psychiatrisch begutachtet worden. Der Gutachter hat in seiner schriftlichen Expertise vom 30.07.1991, die nunmehr bald 20 Jahre alt ist (!), unter anderem eine therapeutische Einflussnahme mittels Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus für unbedingt erforderlich erachtet, da von dem Angeklagten infolge einer schweren anderen seelischen Abartigkeit erhebliche Straftaten zu erwarten seien, so dass er für die Allgemeinheit als gefährlich einzustufen sei. Dieser Einschätzung des Gutachters ist das Bezirksgericht Neubrandenburg seinerzeit ohne Darlegung von Gründen jedoch nicht gefolgt und hat nur auf eine zeitige Gesamtfreiheitsstrafe erkannt. Die Anordnung von Sicherungsverwahrung kam seinerzeit nicht in Betracht, weil die entsprechenden Vorschriften auf - wie hier - im Beitrittsgebiet begangene Taten nicht anwendbar waren (Art. 1a Abs. 1 EGStGB a.F., eingeführt durch Kapitel III, Sachgebiet C, Abschnitt II Nr. 1a der Anlage I zum Einigungsvertrag [BGBl. II 1990 S. 954]).

30

Auch anlässlich der Verurteilung durch das LG Rostock vom 28.10.1996 ist trotz Wiederholung der im vorerwähnten Gutachten des Dr. Dr. G. getroffenen Einschätzung, jedoch ohne neuerliche Anhörung eines Sachverständigen gerade zu diesen abermals als so gravierend herausgestellten Persönlichkeitsstörungen kein Anlass gesehen worden, auch nur in eine Prüfung einzutreten, ob eine Unterbringung des Angeklagten Wagner nach § 63 StGB erforderlich sein könnte. Auch die seit dem 01.08.1995 im Beitrittsgebiet rechtlich mögliche Anordnung (originärer) Sicherungsverwahrung nach § 66 StGB a.F. ist damals nicht geprüft worden.

31

cc) In den folgenden Jahren des Strafvollzugs wurde dem Verurteilten zwar - ohne neuerliche fachärztliche Begutachtung (!) - noch mehrfach eine tiefgreifende schwere Persönlichkeitsstörung mit schizoid-autistisch-psychopathischem Charakter, einhergehend mit erhöhter Aggressionsbereitschaft, Rücksichtslosigkeit, Egoismus, Fanatismus bis hin zur Grausamkeit sowie die Bereitschaft zum hemmungslosen Ausleben der eigenen Macht konzediert (Stellungnahmen des Leiters der JVA Bützow vom 09.06.1997, des psychologischen Dienstes der JVA Bützow vom 29.08.1997, des psychologischen Dienstes der JVA Waldeck vom 23.01.1998, der JVA Bruchsaal vom 03.07.2001, der JVA Tonna vom 11.04.2003, Sicherheitsverfügungen der JVA Tonna vom 08.09.2005 und 19.03.2007, Schreiben des Leiters der JVA Tonna vom 09.10.2007, Disziplinarverfügung vom 16.01.2007, Sicherheitsverfügung der JVA Tonna vom 05.11.2007). Wegen der weiteren Einzelheiten des seinerzeitigen Vollzugsverhaltens wird auf den Inhalt des Beschlusses des Landgerichts Neubrandenburg vom 27.10.2010 - 6 NSV 01/10 - Beschlussumdruck Seite 5 bis 10 verwiesen.

32

Seit seiner Verlegung am 29.01.2008 in die JVA Straubing, mithin seit nunmehr fast drei Jahren, legt der Verurteilte indes ein hausordnungsgemäßes und vollzugskonformes Verhalten an den Tag. Er konnte deshalb mit Verfügung vom 03.03.2010 von der Sicherheitsliste genommen werden. Schon in der fachlichen Einschätzung der JVA Straubing vom 22.03.2010 wird die positive Entwicklung des Gefangenen hervorgehoben und die Frage, ob aus Gründen fortdauernder Gefährlichkeit die Anordnung nachträglicher Sicherheitsverwahrung geboten sei, ausdrücklich offen gelassen. Auch seitdem der Verurteilte am 10.03.2010 in die JVA Waldeck zurückverlegt worden ist, sind bis zum Zeitpunkt der Senatsentscheidung keine neuen Verfehlungen mehr bekannt geworden. Ihm im Zuge von Vollzugslockerungen eingeräumte Freiräume hat er offensichtlich nicht missbraucht. Drogentests sind stets negativ verlaufen. Anhaltspunkte, aus denen sich eine im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aktuelle Gefahrenprognose ergeben könnte, sind derzeit nicht erkennbar. Dies erhält umso mehr Gewicht, als der Verurteilte sein normkonformes Verhalten auch unter unterschiedlichen Rahmenbedingungen in zwei Haftanstalten (Straubing und Waldeck) über einen nicht unerheblichen Zeitraum durchgehalten hat. Dahinter treten die unzweifelhaft auf ein erhebliches Gefahrenpotential in seiner Person hinweisenden Vortaten des Verurteilten und sein insofern ebenfalls deutlich negativ einzuschätzendes Verhalten im Vollzug bis Anfang 2008 zurück.

33

dd) Eine negative Gefahrenprognose lässt sich angesichts dieser Entwicklung ohne eine neue Begutachtung des Verurteilten nicht mit dem von § 275a Abs. 5 Satz 1 StPO a.F. verlangten Grad an Wahrscheinlichkeit treffen. Dass der Senat auf kein aktuelles Gutachten zurückgreifen kann, darf nicht zu Lasten des Verurteilten gehen.

34

Die seit rechtzeitiger Antragstellung durch die Staatsanwaltschaft Neubrandenburg am 01.07.2010 verstrichene Zeit ist bislang nicht genutzt worden, um die nach § 275a Abs. 4 Satz 1 StPO a.F. vorgeschrieben Expertisen zweier externer Sachverständiger, die hierzu näheren Aufschluss geben könnten, auch nur in Auftrag zu geben. Zwar war die Nichtbeauftragung von Sachverständigen aus Sicht des Landgerichts konsequent, weil es allein schon wegen des von ihm bejahten Rückwirkungsverbots die Möglichkeit der Anordnung nachträglicher Sicherungsverwahrung aus Rechtsgründen verneint hat. Für seine Entscheidung kam es deshalb auf das Ergebnis einer Begutachtung nicht an. Das ändert indes nichts daran, dass bereits bei Erlass eines Unterbringungsbefehls nach § 275a Abs. 5 Satz 1 StPO a.F. "dringende Gründe" auch für die Gefährlichkeitsprognose vorliegen müssen, weshalb nach Möglichkeit schon im Zeitpunkt seiner Beantragung die Begutachtungen durchgeführt sein sollten, die deshalb auch von der Staatsanwaltschaft hätten in Auftrag gegeben werden können (Senatsbeschluss vom 18.01.2005 - I Ws 560/04 = StV 2005, 279, 280: "können"; OLG München, Beschluss vom 30.12.2004 - 2 Ws 1319/04-, NStZ 2005, 573: "müssen aber nicht"). Der Unterbringungsbefehl, der keine verfahrenssichernde, sondern rein präventive Funktion hat, darf nicht etwa deshalb erlassen werden, um erst während der Zeit seines Vollzugs mit der Prüfung der Gefährdungsprognose i.S.d. § 66b StGB a.F. zu beginnen, sondern er setzt diese im Zeitpunkt seines Erlasses bereits wenigstens im Grade "dringender Gründe" voraus. Wie sich aus dem in § 275a Abs. 1 StPO a.F. skizzierten Zeitplan ergibt, soll das Verfahren über die nachträgliche Sicherungsverwahrung nach Möglichkeit noch vor Ende der Strafvollstreckung durchgeführt oder zumindest schon so weit vorangetrieben worden sein, dass vom erkennenden Gericht relativ sicher beurteilt werden kann, ob es bereits vor dessen rechtskräftigem Abschluss vorläufiger Präventivmaßnahmen in Form eines Unterbringungsbefehls bedarf.

35

Dass das vorliegend bislang nicht (ausreichend) geschehen ist, hat der Verurteilte nicht zu vertreten. Der darin liegende objektive Verstoß gegen das bei jeder freiheitsentziehenden Maßnahme von Verfassungs wegen zu beachtende Beschleunigungsgebot (vgl. BVerfG, zuletzt Beschluss vom 13.09.2010 - 2 BvR 449/10 -) ist im Rahmen der Ermessensprüfung unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit ebenfalls zu berücksichtigen.

36

Letzteres gilt hier um so mehr, als die vom Landgericht am 27.10.2010 fehlerhaft im Beschlusswege statt nach dem in § 275a Abs. 2 StPO a.F. vorgeschriebenen Verfahren durch Urteil getroffene Entscheidung, den Antrag der Staatsanwaltschaft auf nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung abzulehnen, zu einer weiteren Verfahrensverzögerung führen wird. Zwar ist nach gegenwärtigem Sachstand davon auszugehen, dass der Bundesgerichtshof die verfahrensfehlerhaft zustande gekommene Entscheidung bereits aus formellen Gründen aufheben wird und sodann vor dem Landgericht Neubrandenburg über die Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung mündlich zu verhandeln und zu befinden sein wird. Bis dahin ist das Landgericht, das in dieser Zeit keine Verfahrensherrschaft hat, jedoch gehindert, die fehlenden Gutachten in Auftrag zu geben. Auch der Senat kann die Gutachten im Rahmen des vorliegenden Beschwerdeverfahrens nicht mehr zeitnah einholen.

37

5. Zur Anwendbarkeit der Vorschriften über die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung auf "Altfälle":

38

a) Die Frage, ob die nachträgliche Unterbringung in der Sicherungsverwahrung selbst in solchen Fällen zulässig ist, in denen zum Zeitpunkt der Anlassverurteilung(en) § 66 StGB a.F. für im Beitrittgebiet begangene Taten nicht galt, wenn der Täter - wie es vorliegend der Fall ist - dort seine Lebensgrundlage hatte (vgl. dazu Anlage 1 des Einigungsvertrages a.a.O.; Einführung im Beitrittgebiet erst durch das Gesetz zur Rechtsvereinheitlichung der Sicherungsverwahrung vom 16.06.1995 mit Wirkung zum 01.08.1995) und obwohl die Möglichkeit nachträglicher Sicherungsverwahrung sogar erst mit dem am 29.07.2004 in Kraft getretenen Gesetz zur Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung neu eingefügten § 66b StGB geschaffen worden ist, oder ob dies gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot (Art. 103 Abs. 2 GG), das Verbot der Doppelbestrafung (Art. 103 Abs. 3 GG) sowie gegen das rechtsstaatliche und grundrechtliche Gebot des Vertrauensschutzes (Art. 2 Abs. 2, Art. 20 Abs. 3 GG) oder gegen die entsprechenden Garantien der EMRK verstößt, ist höchst umstritten (vgl. Kinzig NStZ 2010, 233, 239; ders. NJW 2001, 1455 ff.; Müller StV 2010, 207, 211; Laue JR 2010, 198, 203 f.; Greger, NStZ 2010, 676; Renzikowski JR 2004, 271 ff. <273 ff.>; Streng StV 2006, 92 <96 ff.>).

39

aa) Das Bundesverfassungsgericht hat einen Verstoß gegen das Grundgesetz und die Grundrechte zuletzt mit Nichtannahmebeschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 05.08.2009 - 2 BvR 2098/08, 2 BvR 2633/08 - unter Bezugnahme auf seine bisherige Rechtsprechung zu dieser Frage verneint und dazu im Wesentlichen ausgeführt, der Anwendungsbereich des Art. 103 Abs. 2 GG sei auf staatliche Maßnahmen beschränkt, die eine missbilligende hoheitliche Reaktion auf ein rechtswidriges, schuldhaftes Verhalten darstellen und wegen dieses Verhaltens ein Übel verhängen, das dem Schuldausgleich dient (BVerfG, Urteil vom 05.02.2004 - 2 BvR 2029/01, Rdz. 123 ff. <134 ff.> der online-Fassung in juris). Bei der Sicherungsverwahrung handele es sich um keine "Strafe" in diesem Sinne, sondern um eine Maßregel der Besserung und Sicherung. Als verfassungsrechtlich zulässige Fälle tatbestandlicher Rückanknüpfung gelten deshalb auch Fälle, in denen die Anordnung der Sicherungsverwahrung ursprünglich aus rechtlichen Gründen nicht möglich war und nunmehr § 66b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB a.F. auf das Erfordernis neuer Tatsachen für die Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung verzichtet (BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 22.10.2008 - 2 BvR 749/08 Rdz. 27 der online-Fassung in juris). Ob das Bundesverfassungsgericht diese Rechtsprechung fortführen oder sie - insbesondere im Lichte der nachfolgend aufgeführten Entscheidungen des EGMR und des Bundesgerichtshofs sowie unter Berücksichtigung der mit Jahresbeginn in Kraft getretenen Neuregelungen des Rechts der Sicherungsverwahrung - modifizieren wird, ist derzeit nicht absehbar. Eine mündliche Verhandlung zu dieser Problematik wird zwar am 08.02.2011 in den verbundenen Verfahren "Sicherungsverwahrung I" = 2 BvR 2365/09 und 2 BvR 740/10 sowie "Sicherungsverwahrung II" = 2 BvR 233/08, 2 BvR 571/10 und 2 BvR 1152/10 stattfinden. Mit einer Entscheidung ist indes wohl erst Mitte des Jahres 2011 zu rechnen.

40

bb) Demgegenüber hat der EGMR am 17.12.2009 geurteilt, dass in einem der so genannten Altfälle die Verlängerung der erstmaligen Sicherungsverwahrung über die ursprünglich geltende Höchstfrist von zehn Jahren hinaus eine zusätzliche, über die ursprüngliche Verurteilung hinausgehende "Strafe" darstelle, für die das Rückwirkungsverbot des Art. 7 Abs. 1 Satz 1 EMRK gelte. Weiterhin hat der EGMR in dieser Entscheidung auch einen Verstoß gegen Art. 5 EMRK bejaht (Urteil des EGMR in der Rechtssache M. gegen die Bundesrepublik Deutschland [Individualbeschwerde Nr. 19359/04] = EuGRZ 2010, 25 ff. = NStZ 2010, 263 ff.). Die Entscheidung ist seit dem 10.05.2010 endgültig (Art. 44 Abs. 2 EMRK) und damit rechtskräftig (EuGRZ 2010, 261).

41

Mit noch nicht endgültigem Urteil vom 13.01.2011 (Individualbeschwerde Nr. 6587/04 im Fall H. gegen Deutschland) hat der EGMR nunmehr auch für den Fall der nachträglichen Anordnung der Sicherungsverwahrung einstimmig eine Verletzung von Art. 5 Abs. 1 EMRK (Recht auf Freiheit und Sicherheit) festgestellt. Angesichts der zu diesem Problemkreis nunmehr als gefestigt anzusehenden Rechtsprechung des EGMR (vgl. dazu die weiteren Urteile vom 13.01.2011 in den Individualbeschwerdeverfahren K., M. und Sch. gegen Deutschland, Beschwerde-Nrn. 17792/07, 20008/07, 27360/04 und 42225/07, in denen ebenfalls Verstöße gegen Art. 5 Abs. 1 und 7 Abs. 1 EMRK festgestellt wurden) ist nicht damit zu rechnen, dass ein etwaiger Antrag der Bundesrepublik Deutschland nach Art. 43 Abs. 1 EMRK, die damit schon bei der Individualbeschwerde Nr. 19359/04 gescheitert ist, Aussicht auf Erfolg hätte. Alle genannten Entscheidungen dürften deshalb ebenfalls rechtskräftig werden.

42

Die Bundesrepublik Deutschland hat sich mit der Ratifizierung der EMRK am 05.12.1952, die mit Wirkung vom 03.09.1953 in Kraft getreten ist (vgl. Bekanntmachung vom 15.12.1953, BGBl. 1954 II S. 14), seit dem 05.10.2001 vorbehaltslos (vgl. BGBl. 2003 II S. 1580) und völkerrechtlich bindend zur Beachtung der darin enthaltenen Rechte und Freiheiten ebenso verpflichtet, wie zur Beachtung der endgültigen Urteile des EGMR (Art. 46 Abs. 1 EMRK). Das betrifft alle staatlichen Gewalten. Mit dem Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge vom 23.05.1969 (WÜV), das für die Bundesrepublik am 20.08.1987 in Kraft getreten ist (vgl. Bekanntmachung vom 26.11.1987, BGBl. II S. 757) hat sich Deutschland ebenfalls verpflichtet, völkerrechtliche Übereinkommen, zu denen auch die EMRK zählt, einzuhalten (Art. 26 WÜV). Gegenüber Bestimmungen in völkerrechtlichen Verträgen kommt, soweit bei der Ratifizierung keine Vorbehalte angebracht wurden, was bei der EMRK nicht (mehr) der Fall ist, eine Berufung auf (entgegenstehendes) innerstaatliches Recht, um sich damit einer eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtung zu entziehen, nicht in Betracht (Art. 27 WÜV).

43

Das Rückwirkungsverbot in der Ausformung des Gebots der lex previa, wie es außer in § 2 Abs. 1 StGB auch in Art. 103 Abs. 2 GG festgeschrieben ist, verbietet sowohl die strafbegründende wie auch eine strafschärfende Anwendung nachträglich ergangenen Rechts. Es handelt sich dabei um eine der auch international anerkannten grundlegenden Garantiefunktionen des Strafrechts. Seine Implementierung (auch) in die EMRK führt dazu, dass diese, wenn auch nicht in allen Teilen, so jedoch zumindest mit dem hier relevanten Art. 7 Abs. 1 EMRK per se zu denjenigen "grundlegenden Regeln mit anerkannter universeller Geltung" gehört, die auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 118, 124, 134) den einfachen (innerstaatlichen) Gesetzen nach Art. 25 Satz 2 GG vorgehen und deren Verletzung einen Verstoß gegen die verfassungsgemäße Ordnung darstellen würde. Für die bindende Auslegung von Art. 7 Abs. 1 EMRK und die Prüfung der Vereinbarkeit der deutschen Bestimmungen über die nachträgliche Sicherungsverwahrung und deren praktischer Ausformung mit dieser Norm ist allein der EGMR berufen.

44

cc) Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshof hat bereits nach der Entscheidung des EGMR vom 17.12.2009 die Auffassung vertreten, diese sei ungeachtet ihrer auf den Einzelfall beschränkten Bindungswirkung bei der Auslegung deutschen Rechts zu beachten, was zur Folge habe, dass § 2 Abs. 6 StGB "konventionsfreundlich" dahin auszulegen sei, dass § 66b Abs. 3 StGB nicht rückwirkend auf vor seinem Inkrafttreten begangene Taten angewendet werden dürfe (Beschluss vom 12.05.2010 - 4 StR 577/09 = NStZ 2010, 567). Dieser Rechtsauffassung haben sich zwischenzeitlich die Oberlandesgerichte Frankfurt (Beschlüsse vom 24.06.2010 - 3 Ws 485/10 - und vom 01.07.2010 - 3 Ws 418/10 und 3 Ws 539/10); Hamm (Beschluss vom 06.07.2010 - 4 Ws 157/10), Karlsruhe (Beschlüsse vom 15.07.2010, - 2 Ws 458/09 - und vom 04.08.2010 - 2 Ws 227/10) und Schleswig (Beschluss vom 15.07 2010 - 1 OJs 3/10) angeschlossen (ebenso Grabenwarter JZ 2010, 857; Gaede HRRS 2010, 329, 332 ff.).

45

dd) Demgegenüber verneint der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Übertragbarkeit der vom EGMR gegen die Anordnung der Rückwirkung angeführten Argumente auf die § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB a.F. zugrundeliegenden Fallkonstellationen (Beschluss vom 21.07.2010 - 5 StR 60/10 = NStZ 2010, 565). Der vom 4. Strafsenat vorgenommenen Auslegung von § 2 Abs. 6 StGB stünden zwingende Gründe deutschen Rechts entgegen (Anfragebeschluss vom 09.11.2010 - 5 StR 394/10, 5 StR 440/10, 5 StR 474/10 = StRR 2010, 443 [Leitsatz]). Dieser Auffassung folgen bislang die Oberlandesgerichte Stuttgart (Beschluss vom 01.06.2010 - 1 Ws 57/10), Celle (Beschluss vom 25.05.2010 - 2 Ws 169/10), Koblenz (Beschluss vom 30.03.2010 - 1 Ws 116/10) und Nürnberg (Beschluss vom 04.08.2010 - 1 Ws 404/10).

46

Ob der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs bei seiner Rechtsauffassung bleibt oder ob er sich der zuletzt in seinem Anfragebeschluss vom 09.11.2010 geäußerten Ansicht des 5. Strafsenats anschließt, ist derzeit ebenso ungewiss, wie die Antwort auf die Frage, wie der Große Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofes im Falle seiner Anrufung entscheiden wird.

47

b) Für die hier zu treffende Entscheidung des Senats im Rahmen des § 275a Abs. 5 Satz 1 StPO a.F. kann dahinstehen, welcher dieser unterschiedlichen Rechtsauffassungen der Vorzug zu geben ist.

48

Im Falle einer erneuten Revision eines Beteiligten in vorliegender Sache nach abschließender Entscheidung des Landgerichts wäre nach der aktuellen Geschäftsverteilung des Bundesgerichtshofes abermals der 4. Strafsenat zuständig; die Sonderzuständigkeit des 5. Strafsenats in Fragen der Sicherungsverwahrung ist auf Vorlegungssachen der Oberlandesgerichte nach § 121 Abs. 2 Nr. 3 GVG beschränkt. Sollte der 4. Strafsenat bis dahin an seiner derzeitigen Rechtsauffassung festhalten, müsste er eine die nachträgliche Sicherungsverwahrung des Verurteilten anordnende Entscheidung aufheben bzw. eine gegen die Ablehnung einer solchen Entscheidung gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft als unbegründet verwerfen.

49

Sollte es gleichwohl zu einer rechtskräftigen Anordnung nachträglicher Sicherungsverwahrung gegen den Verurteilten kommen, hätte dieser ungeachtet der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedenfalls vor dem EGMR mit der Rüge einer Verletzung von Art. 5 und 7 Abs. 1 EMRK mit hoher Sicherheit Erfolg, was wiederum zur Konsequenz hätte, dass damit nach § 359 Nr. 6 StPO ein gesetzlicher Grund für eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu seinen Gunsten gegeben wäre. Die durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22.12.2010 vorgenommenen Modifikationen im Recht der Sicherungsverwahrung dürften insoweit zu keiner Änderung der Sichtweise des EGMR führen, weil durch den neuen Art. 316e Abs. 1 Satz 2 EGStGB für Fälle wie den vorliegenden die Anwendung alten und damit nach gefestigter Auffassung des EGMR mit Art. 5 und 7 Abs. 1 EMRK unvereinbaren Rechts in Missachtung seiner Rechtsprechung nochmals perpetuiert wurde. Das dürfte jedenfalls aus Sicht des EGMR einen weiteren und diesmal besonders gravierenden Konventionsverstoß darstellen.

50

6. Unter Berücksichtigung all dessen, sprechen zur Überzeugung des Senats derzeit deutlich mehr Gründe rechtlicher und tatsächlicher Art gegen die Annahme, dass es in diesem Verfahren zur nachträglichen Anordnung von Sicherungsverwahrung gegen den Verurteilten kommen wird als dafür. Dem von der Staatsanwaltschaft im Wege der Beschwerde weiter verfolgten Antrag, gegen den Verurteilten Unterbringungsbefehl zu erlassen, war deshalb nicht zu entsprechen.

51

7. Möglichen von dem Verurteilten nach seiner Entlassung aus der Strafhaft ausgehenden Gefahren für die Sicherheit der Allgemeinheit wird im Rahmen der von Gesetzes wegen eintretenden Führungsaufsicht durch begleitende Erteilung geeigneter Weisungen (§ 68b StGB), Maßnahmen der Entlassenenhilfe (vgl. § 74 Satz 2, § 126 StVollzG) und des Opferschutzes (vgl. etwa § 406d Abs. 2 StPO) oder auch präventive Maßnahmen auf polizeirechtlicher Grundlage zu begegnen sein (vgl. BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 23.08.2006 - 2 BvR 226/06 - sowie die Sondervoten zum Urteil des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 834/02, 2 BvR 1588/02 = BVerfGE 109, 244, <248>; BGH, 5 StR 585/05 vom 22. Februar 2006 = NJW 2006, S. 1442 <1445 f.>).

52

8. Sollte sich erweisen, dass der Verurteilte infolge einer psychischen Erkrankung i.S.d. § 1 Abs. 2 PsychKG M-V (weiterhin) gefährlich ist, käme ggf. eine Unterbringung nach §§ 9 ff. PsychKG M-V in Betracht. Eine Prüfungs- und Entscheidungszuständigkeit des Senats besteht insoweit nicht. Vielmehr wäre eine solche Anordnung gemäß § 14 PsychKG auf Antrag der Ordnungsbehörde durch das zuständige Amtsgericht zu treffen. Eine solche Unterbringung nach den Grundsätzen ordnungsbehördlicher Gefahrenabwehr wäre mit der Rechtsprechung des EGMR vereinbar, wonach die Unterbringung psychisch kranker Personen ohne neue Anlasstat nicht dem Regime des (repressiven) Strafrechts unterfällt, sondern Aufgabe der (präventiven) Gefahrenabwehr ist (EGMR, Urteil vom 13.01.2011, aaO. Rn. 92 f.).

53

9. Abschließend sei bemerkt, dass der Verurteilte auch nicht nach dem Gesetz zur Therapierung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter (Therapieunterbringungsgesetz, ThUG) v. 22.12.2010 (BGBl I 2300) untergebracht werden kann, weil er nicht in den in § 1 Abs. 1 und 2 ThUG festgelegten Anwendungsbereich des Gesetzes fällt.

III.

54

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 StPO.

(1) Ist im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten (§ 66a des Strafgesetzbuches), übersendet die Vollstreckungsbehörde die Akten rechtzeitig an die Staatsanwaltschaft des zuständigen Gerichts. Diese übergibt die Akten so rechtzeitig dem Vorsitzenden des Gerichts, dass eine Entscheidung bis zu dem in Absatz 5 genannten Zeitpunkt ergehen kann. Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 67d Absatz 6 Satz 1 des Strafgesetzbuches für erledigt erklärt worden, übersendet die Vollstreckungsbehörde die Akten unverzüglich an die Staatsanwaltschaft des Gerichts, das für eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung (§ 66b des Strafgesetzbuches) zuständig ist. Beabsichtigt diese, eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zu beantragen, teilt sie dies der betroffenen Person mit. Die Staatsanwaltschaft soll den Antrag auf nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung unverzüglich stellen und ihn zusammen mit den Akten dem Vorsitzenden des Gerichts übergeben.

(2) Für die Vorbereitung und die Durchführung der Hauptverhandlung gelten die §§ 213 bis 275 entsprechend, soweit nachfolgend nichts anderes geregelt ist.

(3) Nachdem die Hauptverhandlung nach Maßgabe des § 243 Abs. 1 begonnen hat, hält ein Berichterstatter in Abwesenheit der Zeugen einen Vortrag über die Ergebnisse des bisherigen Verfahrens. Der Vorsitzende verliest das frühere Urteil, soweit es für die Entscheidung über die vorbehaltene oder die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung von Bedeutung ist. Sodann erfolgt die Vernehmung des Verurteilten und die Beweisaufnahme.

(4) Das Gericht holt vor der Entscheidung das Gutachten eines Sachverständigen ein. Ist über die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden, müssen die Gutachten von zwei Sachverständigen eingeholt werden. Die Gutachter dürfen im Rahmen des Strafvollzugs oder des Vollzugs der Unterbringung nicht mit der Behandlung des Verurteilten befasst gewesen sein.

(5) Das Gericht soll über die vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung spätestens sechs Monate vor der vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden.

(6) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass die nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet wird, so kann das Gericht bis zur Rechtskraft des Urteils einen Unterbringungsbefehl erlassen. Für den Erlass des Unterbringungsbefehls ist das für die Entscheidung nach § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches zuständige Gericht so lange zuständig, bis der Antrag auf Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung bei dem für diese Entscheidung zuständigen Gericht eingeht. In den Fällen des § 66a des Strafgesetzbuches kann das Gericht bis zur Rechtskraft des Urteils einen Unterbringungsbefehl erlassen, wenn es im ersten Rechtszug bis zu dem in § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches bestimmten Zeitpunkt die vorbehaltene Sicherungsverwahrung angeordnet hat. Die §§ 114 bis 115a, 117 bis 119a und 126a Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Das Gericht kann die verurteilte Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anweisen,

1.
den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis der Aufsichtsstelle zu verlassen,
2.
sich nicht an bestimmten Orten aufzuhalten, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können,
3.
zu der verletzten Person oder bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen,
4.
bestimmte Tätigkeiten nicht auszuüben, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
5.
bestimmte Gegenstände, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen,
6.
Kraftfahrzeuge oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen oder von anderen Fahrzeugen nicht zu halten oder zu führen, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
7.
sich zu bestimmten Zeiten bei der Aufsichtsstelle, einer bestimmten Dienststelle oder der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer zu melden,
8.
jeden Wechsel der Wohnung oder des Arbeitsplatzes unverzüglich der Aufsichtsstelle zu melden,
9.
sich im Fall der Erwerbslosigkeit bei der zuständigen Agentur für Arbeit oder einer anderen zur Arbeitsvermittlung zugelassenen Stelle zu melden,
10.
keine alkoholischen Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen Gründe für die Annahme bestehen, dass der Konsum solcher Mittel zur Begehung weiterer Straftaten beitragen wird, und sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind,
11.
sich zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Abständen bei einer Ärztin oder einem Arzt, einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz vorzustellen oder
12.
die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.
Das Gericht hat in seiner Weisung das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen. Eine Weisung nach Satz 1 Nummer 12 ist, unbeschadet des Satzes 5, nur zulässig, wenn
1.
die Führungsaufsicht auf Grund der vollständigen Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens drei Jahren oder auf Grund einer erledigten Maßregel eingetreten ist,
2.
die Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe oder die Unterbringung wegen einer oder mehrerer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art verhängt oder angeordnet wurde,
3.
die Gefahr besteht, dass die verurteilte Person weitere Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art begehen wird, und
4.
die Weisung erforderlich erscheint, um die verurteilte Person durch die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463a Absatz 4 Satz 2 der Strafprozessordnung, insbesondere durch die Überwachung der Erfüllung einer nach Satz 1 Nummer 1 oder 2 auferlegten Weisung, von der Begehung weiterer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art abzuhalten.
Die Voraussetzungen von Satz 3 Nummer 1 in Verbindung mit Nummer 2 liegen unabhängig davon vor, ob die dort genannte Führungsaufsicht nach § 68e Absatz 1 Satz 1 beendet ist. Abweichend von Satz 3 Nummer 1 genügt eine Freiheits- oder Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, wenn diese wegen einer oder mehrerer Straftaten verhängt worden ist, die unter den Ersten oder Siebenten Abschnitt des Besonderen Teils fallen; zu den in Satz 3 Nummer 2 bis 4 genannten Straftaten gehört auch eine Straftat nach § 129a Absatz 5 Satz 2, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1.

(2) Das Gericht kann der verurteilten Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit weitere Weisungen erteilen, insbesondere solche, die sich auf Ausbildung, Arbeit, Freizeit, die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Erfüllung von Unterhaltspflichten beziehen. Das Gericht kann die verurteilte Person insbesondere anweisen, sich psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen (Therapieweisung). Die Betreuung und Behandlung kann durch eine forensische Ambulanz erfolgen. § 56c Abs. 3 gilt entsprechend, auch für die Weisung, sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die mit körperlichen Eingriffen verbunden sind.

(3) Bei den Weisungen dürfen an die Lebensführung der verurteilten Person keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.

(4) Wenn mit Eintritt der Führungsaufsicht eine bereits bestehende Führungsaufsicht nach § 68e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 endet, muss das Gericht auch die Weisungen in seine Entscheidung einbeziehen, die im Rahmen der früheren Führungsaufsicht erteilt worden sind.

(5) Soweit die Betreuung der verurteilten Person in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 11 oder ihre Behandlung in den Fällen des Absatzes 2 nicht durch eine forensische Ambulanz erfolgt, gilt § 68a Abs. 8 entsprechend.

(1) Die Aufsichtsstellen (§ 68a des Strafgesetzbuches) können zur Überwachung des Verhaltens des Verurteilten und der Erfüllung von Weisungen von allen öffentlichen Behörden Auskunft verlangen und Ermittlungen jeder Art, mit Ausschluß eidlicher Vernehmungen, entweder selbst vornehmen oder durch andere Behörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit vornehmen lassen. Ist der Aufenthalt des Verurteilten nicht bekannt, kann der Leiter der Führungsaufsichtsstelle seine Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung (§ 131a Abs. 1) anordnen.

(2) Die Aufsichtsstelle kann für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anordnen, daß der Verurteilte zur Beobachtung anläßlich von polizeilichen Kontrollen, die die Feststellung der Personalien zulassen, ausgeschrieben wird. § 163e Abs. 2 gilt entsprechend. Die Anordnung trifft der Leiter der Führungsaufsichtsstelle. Die Erforderlichkeit der Fortdauer der Maßnahme ist mindestens jährlich zu überprüfen.

(3) Auf Antrag der Aufsichtsstelle kann das Gericht einen Vorführungsbefehl erlassen, wenn der Verurteilte einer Weisung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 oder Nr. 11 des Strafgesetzbuchs ohne genügende Entschuldigung nicht nachgekommen ist und er in der Ladung darauf hingewiesen wurde, dass in diesem Fall seine Vorführung zulässig ist. Soweit das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig ist, entscheidet der Vorsitzende.

(4) Die Aufsichtsstelle erhebt und speichert bei einer Weisung nach § 68b Absatz 1 Satz 1 Nummer 12 des Strafgesetzbuches mit Hilfe der von der verurteilten Person mitgeführten technischen Mittel automatisiert Daten über deren Aufenthaltsort sowie über etwaige Beeinträchtigungen der Datenerhebung; soweit es technisch möglich ist, ist sicherzustellen, dass innerhalb der Wohnung der verurteilten Person keine über den Umstand ihrer Anwesenheit hinausgehenden Aufenthaltsdaten erhoben werden. Die Daten dürfen ohne Einwilligung der betroffenen Person nur verwendet werden, soweit dies erforderlich ist für die folgenden Zwecke:

1.
zur Feststellung des Verstoßes gegen eine Weisung nach § 68b Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 12 des Strafgesetzbuches,
2.
zur Ergreifung von Maßnahmen der Führungsaufsicht, die sich an einen Verstoß gegen eine Weisung nach § 68b Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 12 des Strafgesetzbuches anschließen können,
3.
zur Ahndung eines Verstoßes gegen eine Weisung nach § 68b Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 12 des Strafgesetzbuches,
4.
zur Abwehr einer erheblichen gegenwärtigen Gefahr für das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung Dritter oder
5.
zur Verfolgung einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art oder einer Straftat nach § 129a Absatz 5 Satz 2, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1 des Strafgesetzbuches.
Zur Einhaltung der Zweckbindung nach Satz 2 hat die Verarbeitung der Daten zur Feststellung von Verstößen nach Satz 2 Nummer 1 in Verbindung mit § 68b Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 2 des Strafgesetzbuches automatisiert zu erfolgen und sind die Daten gegen unbefugte Kenntnisnahme besonders zu sichern. Die Aufsichtsstelle kann die Erhebung und Verarbeitung der Daten durch die Behörden und Beamten des Polizeidienstes vornehmen lassen; diese sind verpflichtet, dem Ersuchen der Aufsichtsstelle zu genügen. Die in Satz 1 genannten Daten sind spätestens zwei Monate nach ihrer Erhebung zu löschen, soweit sie nicht für die in Satz 2 genannten Zwecke verwendet werden. Bei jedem Abruf der Daten sind zumindest der Zeitpunkt, die abgerufenen Daten und der Bearbeiter zu protokollieren; § 488 Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Werden innerhalb der Wohnung der verurteilten Person über den Umstand ihrer Anwesenheit hinausgehende Aufenthaltsdaten erhoben, dürfen diese nicht verwertet werden und sind unverzüglich nach Kenntnisnahme zu löschen. Die Tatsache ihrer Kenntnisnahme und Löschung ist zu dokumentieren.

(5) Örtlich zuständig ist die Aufsichtsstelle, in deren Bezirk der Verurteilte seinen Wohnsitz hat. Hat der Verurteilte keinen Wohnsitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes, so ist die Aufsichtsstelle örtlich zuständig, in deren Bezirk er seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat und, wenn ein solcher nicht bekannt ist, seinen letzten Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort hatte.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Das Gericht kann die verurteilte Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anweisen,

1.
den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis der Aufsichtsstelle zu verlassen,
2.
sich nicht an bestimmten Orten aufzuhalten, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können,
3.
zu der verletzten Person oder bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen,
4.
bestimmte Tätigkeiten nicht auszuüben, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
5.
bestimmte Gegenstände, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen,
6.
Kraftfahrzeuge oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen oder von anderen Fahrzeugen nicht zu halten oder zu führen, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
7.
sich zu bestimmten Zeiten bei der Aufsichtsstelle, einer bestimmten Dienststelle oder der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer zu melden,
8.
jeden Wechsel der Wohnung oder des Arbeitsplatzes unverzüglich der Aufsichtsstelle zu melden,
9.
sich im Fall der Erwerbslosigkeit bei der zuständigen Agentur für Arbeit oder einer anderen zur Arbeitsvermittlung zugelassenen Stelle zu melden,
10.
keine alkoholischen Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen Gründe für die Annahme bestehen, dass der Konsum solcher Mittel zur Begehung weiterer Straftaten beitragen wird, und sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind,
11.
sich zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Abständen bei einer Ärztin oder einem Arzt, einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz vorzustellen oder
12.
die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.
Das Gericht hat in seiner Weisung das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen. Eine Weisung nach Satz 1 Nummer 12 ist, unbeschadet des Satzes 5, nur zulässig, wenn
1.
die Führungsaufsicht auf Grund der vollständigen Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens drei Jahren oder auf Grund einer erledigten Maßregel eingetreten ist,
2.
die Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe oder die Unterbringung wegen einer oder mehrerer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art verhängt oder angeordnet wurde,
3.
die Gefahr besteht, dass die verurteilte Person weitere Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art begehen wird, und
4.
die Weisung erforderlich erscheint, um die verurteilte Person durch die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463a Absatz 4 Satz 2 der Strafprozessordnung, insbesondere durch die Überwachung der Erfüllung einer nach Satz 1 Nummer 1 oder 2 auferlegten Weisung, von der Begehung weiterer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art abzuhalten.
Die Voraussetzungen von Satz 3 Nummer 1 in Verbindung mit Nummer 2 liegen unabhängig davon vor, ob die dort genannte Führungsaufsicht nach § 68e Absatz 1 Satz 1 beendet ist. Abweichend von Satz 3 Nummer 1 genügt eine Freiheits- oder Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, wenn diese wegen einer oder mehrerer Straftaten verhängt worden ist, die unter den Ersten oder Siebenten Abschnitt des Besonderen Teils fallen; zu den in Satz 3 Nummer 2 bis 4 genannten Straftaten gehört auch eine Straftat nach § 129a Absatz 5 Satz 2, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1.

(2) Das Gericht kann der verurteilten Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit weitere Weisungen erteilen, insbesondere solche, die sich auf Ausbildung, Arbeit, Freizeit, die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Erfüllung von Unterhaltspflichten beziehen. Das Gericht kann die verurteilte Person insbesondere anweisen, sich psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen (Therapieweisung). Die Betreuung und Behandlung kann durch eine forensische Ambulanz erfolgen. § 56c Abs. 3 gilt entsprechend, auch für die Weisung, sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die mit körperlichen Eingriffen verbunden sind.

(3) Bei den Weisungen dürfen an die Lebensführung der verurteilten Person keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.

(4) Wenn mit Eintritt der Führungsaufsicht eine bereits bestehende Führungsaufsicht nach § 68e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 endet, muss das Gericht auch die Weisungen in seine Entscheidung einbeziehen, die im Rahmen der früheren Führungsaufsicht erteilt worden sind.

(5) Soweit die Betreuung der verurteilten Person in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 11 oder ihre Behandlung in den Fällen des Absatzes 2 nicht durch eine forensische Ambulanz erfolgt, gilt § 68a Abs. 8 entsprechend.

(1) Das Gericht erteilt dem Verurteilten für die Dauer der Bewährungszeit Weisungen, wenn er dieser Hilfe bedarf, um keine Straftaten mehr zu begehen. Dabei dürfen an die Lebensführung des Verurteilten keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.

(2) Das Gericht kann den Verurteilten namentlich anweisen,

1.
Anordnungen zu befolgen, die sich auf Aufenthalt, Ausbildung, Arbeit oder Freizeit oder auf die Ordnung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse beziehen,
2.
sich zu bestimmten Zeiten bei Gericht oder einer anderen Stelle zu melden,
3.
zu der verletzten Person oder bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe, die ihm Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen,
4.
bestimmte Gegenstände, die ihm Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen oder
5.
Unterhaltspflichten nachzukommen.

(3) Die Weisung,

1.
sich einer Heilbehandlung, die mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist, oder einer Entziehungskur zu unterziehen oder
2.
in einem geeigneten Heim oder einer geeigneten Anstalt Aufenthalt zu nehmen,
darf nur mit Einwilligung des Verurteilten erteilt werden.

(4) Macht der Verurteilte entsprechende Zusagen für seine künftige Lebensführung, so sieht das Gericht in der Regel von Weisungen vorläufig ab, wenn die Einhaltung der Zusagen zu erwarten ist.

(1) Das Gericht kann Entscheidungen nach § 68a Abs. 1 und 5, den §§ 68b und 68c Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 und 3 auch nachträglich treffen, ändern oder aufheben.

(2) Bei einer Weisung gemäß § 68b Absatz 1 Satz 1 Nummer 12 prüft das Gericht spätestens vor Ablauf von zwei Jahren, ob sie aufzuheben ist. § 67e Absatz 3 und 4 gilt entsprechend.

(1) Das Gericht kann die verurteilte Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anweisen,

1.
den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis der Aufsichtsstelle zu verlassen,
2.
sich nicht an bestimmten Orten aufzuhalten, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können,
3.
zu der verletzten Person oder bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen,
4.
bestimmte Tätigkeiten nicht auszuüben, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
5.
bestimmte Gegenstände, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen,
6.
Kraftfahrzeuge oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen oder von anderen Fahrzeugen nicht zu halten oder zu führen, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
7.
sich zu bestimmten Zeiten bei der Aufsichtsstelle, einer bestimmten Dienststelle oder der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer zu melden,
8.
jeden Wechsel der Wohnung oder des Arbeitsplatzes unverzüglich der Aufsichtsstelle zu melden,
9.
sich im Fall der Erwerbslosigkeit bei der zuständigen Agentur für Arbeit oder einer anderen zur Arbeitsvermittlung zugelassenen Stelle zu melden,
10.
keine alkoholischen Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen Gründe für die Annahme bestehen, dass der Konsum solcher Mittel zur Begehung weiterer Straftaten beitragen wird, und sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind,
11.
sich zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Abständen bei einer Ärztin oder einem Arzt, einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz vorzustellen oder
12.
die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.
Das Gericht hat in seiner Weisung das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen. Eine Weisung nach Satz 1 Nummer 12 ist, unbeschadet des Satzes 5, nur zulässig, wenn
1.
die Führungsaufsicht auf Grund der vollständigen Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens drei Jahren oder auf Grund einer erledigten Maßregel eingetreten ist,
2.
die Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe oder die Unterbringung wegen einer oder mehrerer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art verhängt oder angeordnet wurde,
3.
die Gefahr besteht, dass die verurteilte Person weitere Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art begehen wird, und
4.
die Weisung erforderlich erscheint, um die verurteilte Person durch die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463a Absatz 4 Satz 2 der Strafprozessordnung, insbesondere durch die Überwachung der Erfüllung einer nach Satz 1 Nummer 1 oder 2 auferlegten Weisung, von der Begehung weiterer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art abzuhalten.
Die Voraussetzungen von Satz 3 Nummer 1 in Verbindung mit Nummer 2 liegen unabhängig davon vor, ob die dort genannte Führungsaufsicht nach § 68e Absatz 1 Satz 1 beendet ist. Abweichend von Satz 3 Nummer 1 genügt eine Freiheits- oder Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, wenn diese wegen einer oder mehrerer Straftaten verhängt worden ist, die unter den Ersten oder Siebenten Abschnitt des Besonderen Teils fallen; zu den in Satz 3 Nummer 2 bis 4 genannten Straftaten gehört auch eine Straftat nach § 129a Absatz 5 Satz 2, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1.

(2) Das Gericht kann der verurteilten Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit weitere Weisungen erteilen, insbesondere solche, die sich auf Ausbildung, Arbeit, Freizeit, die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Erfüllung von Unterhaltspflichten beziehen. Das Gericht kann die verurteilte Person insbesondere anweisen, sich psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen (Therapieweisung). Die Betreuung und Behandlung kann durch eine forensische Ambulanz erfolgen. § 56c Abs. 3 gilt entsprechend, auch für die Weisung, sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die mit körperlichen Eingriffen verbunden sind.

(3) Bei den Weisungen dürfen an die Lebensführung der verurteilten Person keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.

(4) Wenn mit Eintritt der Führungsaufsicht eine bereits bestehende Führungsaufsicht nach § 68e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 endet, muss das Gericht auch die Weisungen in seine Entscheidung einbeziehen, die im Rahmen der früheren Führungsaufsicht erteilt worden sind.

(5) Soweit die Betreuung der verurteilten Person in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 11 oder ihre Behandlung in den Fällen des Absatzes 2 nicht durch eine forensische Ambulanz erfolgt, gilt § 68a Abs. 8 entsprechend.

(1) Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht ohne mündliche Verhandlung, in geeigneten Fällen nach Anhörung der Staatsanwaltschaft.

(2) Wird die Beschwerde für begründet erachtet, so erläßt das Beschwerdegericht zugleich die in der Sache erforderliche Entscheidung.

(1) Wird gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt, so ist für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, in die der Verurteilte zu dem Zeitpunkt, in dem das Gericht mit der Sache befaßt wird, aufgenommen ist. Diese Strafvollstreckungskammer bleibt auch zuständig für Entscheidungen, die zu treffen sind, nachdem die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe unterbrochen oder die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafvollstreckungskammer kann einzelne Entscheidungen nach § 462 in Verbindung mit § 458 Abs. 1 an das Gericht des ersten Rechtszuges abgeben; die Abgabe ist bindend.

(2) In anderen als den in Absatz 1 bezeichneten Fällen ist das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig. Das Gericht kann die nach § 453 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an das Amtsgericht abgeben, in dessen Bezirk der Verurteilte seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat; die Abgabe ist bindend. Abweichend von Absatz 1 ist in den dort bezeichneten Fällen das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig, wenn es die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten hat und eine Entscheidung darüber gemäß § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches noch möglich ist.

(3) In den Fällen des § 460 entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Waren die verschiedenen Urteile von verschiedenen Gerichten erlassen, so steht die Entscheidung dem Gericht zu, das auf die schwerste Strafart oder bei Strafen gleicher Art auf die höchste Strafe erkannt hat, und falls hiernach mehrere Gerichte zuständig sein würden, dem Gericht, dessen Urteil zuletzt ergangen ist. War das hiernach maßgebende Urteil von einem Gericht eines höheren Rechtszuges erlassen, so setzt das Gericht des ersten Rechtszuges die Gesamtstrafe fest; war eines der Urteile von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen, so setzt das Oberlandesgericht die Gesamtstrafe fest. Wäre ein Amtsgericht zur Bildung der Gesamtstrafe zuständig und reicht seine Strafgewalt nicht aus, so entscheidet die Strafkammer des ihm übergeordneten Landgerichts.

(4) Haben verschiedene Gerichte den Verurteilten in anderen als den in § 460 bezeichneten Fällen rechtskräftig zu Strafe verurteilt oder unter Strafvorbehalt verwarnt, so ist nur eines von ihnen für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen zuständig. Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. In den Fällen des Absatzes 1 entscheidet die Strafvollstreckungskammer; Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(5) An Stelle der Strafvollstreckungskammer entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges, wenn das Urteil von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen ist. Das Oberlandesgericht kann die nach den Absätzen 1 und 3 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an die Strafvollstreckungskammer abgeben. Die Abgabe ist bindend; sie kann jedoch vom Oberlandesgericht widerrufen werden.

(6) Gericht des ersten Rechtszuges ist in den Fällen des § 354 Abs. 2 und des § 355 das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen worden ist, und in den Fällen, in denen im Wiederaufnahmeverfahren eine Entscheidung nach § 373 ergangen ist, das Gericht, das diese Entscheidung getroffen hat.

(1) Das Gericht kann die verurteilte Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anweisen,

1.
den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis der Aufsichtsstelle zu verlassen,
2.
sich nicht an bestimmten Orten aufzuhalten, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können,
3.
zu der verletzten Person oder bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen,
4.
bestimmte Tätigkeiten nicht auszuüben, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
5.
bestimmte Gegenstände, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen,
6.
Kraftfahrzeuge oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen oder von anderen Fahrzeugen nicht zu halten oder zu führen, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
7.
sich zu bestimmten Zeiten bei der Aufsichtsstelle, einer bestimmten Dienststelle oder der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer zu melden,
8.
jeden Wechsel der Wohnung oder des Arbeitsplatzes unverzüglich der Aufsichtsstelle zu melden,
9.
sich im Fall der Erwerbslosigkeit bei der zuständigen Agentur für Arbeit oder einer anderen zur Arbeitsvermittlung zugelassenen Stelle zu melden,
10.
keine alkoholischen Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen Gründe für die Annahme bestehen, dass der Konsum solcher Mittel zur Begehung weiterer Straftaten beitragen wird, und sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind,
11.
sich zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Abständen bei einer Ärztin oder einem Arzt, einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz vorzustellen oder
12.
die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.
Das Gericht hat in seiner Weisung das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen. Eine Weisung nach Satz 1 Nummer 12 ist, unbeschadet des Satzes 5, nur zulässig, wenn
1.
die Führungsaufsicht auf Grund der vollständigen Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens drei Jahren oder auf Grund einer erledigten Maßregel eingetreten ist,
2.
die Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe oder die Unterbringung wegen einer oder mehrerer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art verhängt oder angeordnet wurde,
3.
die Gefahr besteht, dass die verurteilte Person weitere Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art begehen wird, und
4.
die Weisung erforderlich erscheint, um die verurteilte Person durch die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463a Absatz 4 Satz 2 der Strafprozessordnung, insbesondere durch die Überwachung der Erfüllung einer nach Satz 1 Nummer 1 oder 2 auferlegten Weisung, von der Begehung weiterer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art abzuhalten.
Die Voraussetzungen von Satz 3 Nummer 1 in Verbindung mit Nummer 2 liegen unabhängig davon vor, ob die dort genannte Führungsaufsicht nach § 68e Absatz 1 Satz 1 beendet ist. Abweichend von Satz 3 Nummer 1 genügt eine Freiheits- oder Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, wenn diese wegen einer oder mehrerer Straftaten verhängt worden ist, die unter den Ersten oder Siebenten Abschnitt des Besonderen Teils fallen; zu den in Satz 3 Nummer 2 bis 4 genannten Straftaten gehört auch eine Straftat nach § 129a Absatz 5 Satz 2, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1.

(2) Das Gericht kann der verurteilten Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit weitere Weisungen erteilen, insbesondere solche, die sich auf Ausbildung, Arbeit, Freizeit, die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Erfüllung von Unterhaltspflichten beziehen. Das Gericht kann die verurteilte Person insbesondere anweisen, sich psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen (Therapieweisung). Die Betreuung und Behandlung kann durch eine forensische Ambulanz erfolgen. § 56c Abs. 3 gilt entsprechend, auch für die Weisung, sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die mit körperlichen Eingriffen verbunden sind.

(3) Bei den Weisungen dürfen an die Lebensführung der verurteilten Person keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.

(4) Wenn mit Eintritt der Führungsaufsicht eine bereits bestehende Führungsaufsicht nach § 68e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 endet, muss das Gericht auch die Weisungen in seine Entscheidung einbeziehen, die im Rahmen der früheren Führungsaufsicht erteilt worden sind.

(5) Soweit die Betreuung der verurteilten Person in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 11 oder ihre Behandlung in den Fällen des Absatzes 2 nicht durch eine forensische Ambulanz erfolgt, gilt § 68a Abs. 8 entsprechend.

Wer während der Führungsaufsicht gegen eine bestimmte Weisung der in § 68b Abs. 1 bezeichneten Art verstößt und dadurch den Zweck der Maßregel gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Die Tat wird nur auf Antrag der Aufsichtsstelle (§ 68a) verfolgt.

(1) Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht ohne mündliche Verhandlung, in geeigneten Fällen nach Anhörung der Staatsanwaltschaft.

(2) Wird die Beschwerde für begründet erachtet, so erläßt das Beschwerdegericht zugleich die in der Sache erforderliche Entscheidung.

(1) Bei der Haftprüfung wird auf Antrag des Beschuldigten oder nach dem Ermessen des Gerichts von Amts wegen nach mündlicher Verhandlung entschieden.

(2) Ist gegen den Haftbefehl Beschwerde eingelegt, so kann auch im Beschwerdeverfahren auf Antrag des Beschuldigten oder von Amts wegen nach mündlicher Verhandlung entschieden werden.

(3) Ist die Untersuchungshaft nach mündlicher Verhandlung aufrechterhalten worden, so hat der Beschuldigte einen Anspruch auf eine weitere mündliche Verhandlung nur, wenn die Untersuchungshaft mindestens drei Monate und seit der letzten mündlichen Verhandlung mindestens zwei Monate gedauert hat.

(4) Ein Anspruch auf mündliche Verhandlung besteht nicht, solange die Hauptverhandlung andauert oder wenn ein Urteil ergangen ist, das auf eine Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt.

(5) Die mündliche Verhandlung ist unverzüglich durchzuführen; sie darf ohne Zustimmung des Beschuldigten nicht über zwei Wochen nach dem Eingang des Antrags anberaumt werden.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Beschlüsse, die von dem Landgericht oder von dem nach § 120 Abs. 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständigen Oberlandesgericht auf die Beschwerde hin erlassen worden sind, können durch weitere Beschwerde angefochten werden, wenn sie

1.
eine Verhaftung,
2.
eine einstweilige Unterbringung oder
3.
einen Vermögensarrest nach § 111e über einen Betrag von mehr als 20 000 Euro
betreffen.

(2) Im übrigen findet eine weitere Anfechtung der auf eine Beschwerde ergangenen Entscheidungen nicht statt.