Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 04. Juni 2014 - 5 U 45/14
Gericht
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 14. Februar 2014 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten der Berufung einschließlich der insoweit angefallenen Kosten der Nebenintervention.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v. H. des beizutreibenden Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte oder die Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten.
Der Streitwert der Berufung beträgt 49.645,23 €.
Gründe
I.
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Wegen des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug einschließlich der dort ergangenen Entscheidung wird auf das angefochtene Urteil (Leseabschrift Bl. 26 - 43 Bd. VII d. A.) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
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Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung, mit der sie ihre Klageanträge weiterverfolgen.
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Sie halten daran fest, dass die Beratung weder anleger- noch anlagegerecht gewesen sei. Sie meinen, die Angaben des Klägers im Rahmen seiner persönlichen Anhörung hätten es zur Überzeugung des Gerichts gereichen müssen, dass ihr Anlageziel "sicherheitsorientiert" orientiert gewesen sei und sie dem Berater ... mitgeteilt hätten, dass sie eine sichere Anlage wünschten, bei der der Erhalt des eingesetzten Kapitals sicher sei. Tatsächlich sei ein hochriskanter geschlossener Medienfonds wie der ... nicht einmal für einen Anleger, der eine ertragsorientierte Anlagestrategie verfolge, geeignet. Entgegen der Annahme des Landgerichts seien sie nicht umfassend über die Risiken und die Funktionsweise der streitgegenständlichen Anlage aufgeklärt worden. Sie halten daran fest, dass ihnen der Prospekt erst am 22. Dezember 2002 übergeben worden sei. Der Prospekt sei zudem nicht geeignet gewesen, über das Totalverlustrisiko und die eingeschränkte Fungibilität aufzuklären. Hierauf hätte die Beklagte hinweisen müssen. Darüber hinaus täusche er über die Sicherung des Eigenkapitals.
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Entgegen der Annahme des Landgerichts greife die Einrede der Verjährung nicht durch. Insbesondere reiche die schlechte wirtschaftliche Entwicklung des Fonds nicht aus, um eine Kenntnis oder eine grob fahrlässige Unkenntnis hinsichtlich der hier in Rede stehenden Pflichtverletzungen zu begründen. Das Ausbleiben der Ausschüttungen ab dem Jahr 2006 habe ihnen lediglich gezeigt, dass sie keine regelmäßigen Zahlungen erwarten könnten. Sie hatten aber weder den Gesprächsnotizen, noch den Beratungsprotokollen, noch dem Prospekt, noch den Versammlungsprotokollen und Geschäftsberichten, die sie daraufhin oberflächlich zur Kenntnis genommen hätten, entnehmen können, dass sich der Fonds bereits in wirtschaftlicher Schieflage befunden und ein Totalverlustrisiko bestanden habe. Zudem habe sie keine Verpflichtung getroffen, anlässlich des Rückganges der Ausschüttungen die ihnen übersandten Unterlagen und den Prospekt daraufhin zu überprüfen, ob noch weitere Beratungsfehler vorlägen.
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Die Kläger nehmen im Übrigen Bezug auf ihr erstinstanzliches Vorbringen.
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Die Kläger beantragen,
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das am 14. Februar 2014 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 47.173,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. Oktober 2010, Zug um Zug gegen Abtretung aller Rechte aus den mittelbaren Beteiligungen der Kläger an der ... GmbH & Co. ... KG, Anteils-Nr. ..., nominal 20.000,00 € und Anteils-Nr. ..., nominal 20.000,00 €, zu zahlen;
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die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 2.689,64 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
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festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Abtretung aller Rechte aus den mittelbaren Beteiligungen an der ... GmbH & Co. KG, Anteils-Nr. ..., in Höhe von nominal 20.000,00 € und Anteils-Nr. ..., nominal 20.000,00 € in Verzug befindet;
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festzustellen, dass die Beklagte zum Ersatz ihrer weiteren und zukünftigen Schäden verpflichtet ist, die durch die Beteiligungen an der ... GmbH & Co. ... KG, Anteils-Nr. ..., in Höhe von nominal 20.000,00 € sowie Anteils-Nr. ..., nominal 20.000,00 €, entstanden sind und noch entstehen werden.
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Die Beklagte und die Streithelferin beantragen,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung.
II.
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Die Berufung ist zulässig (§§ 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 513 Abs. 1, 517, 519 f. ZPO), hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
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Die Kläger können nicht gemäß § 280 Abs. 1 BGB den Ersatz des durch die Zeichnung der Beteiligungen an der... GmbH & Co. ... KG (im Folgenden: IMF 3) entstandenen Schadens verlangen.
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Der Beklagten ist schon keine Pflichtverletzung im Zusammenhang mit der Beratung über die Beteiligungen vorzuwerfen (§ 280 Abs. 1 BGB).
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Zwischen den Parteien bestand ein Anlageberatungsvertrag. Ein solcher Beratungsvertrag kommt u. a. dadurch zustande, wenn im Zusammenhang mit einer Anlageentscheidung tatsachlich eine Beratung stattfindet. Tritt ein Anlageinteressent an einen Anlagevertreiber oder der Anlagevertreiber an einen Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden bzw. zu beraten, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgespräches angenommen (BGH BKR 2008, 199). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass sich die Kläger Ende 2002 mit dem Wunsch einer Anlage an den für die Beklagte tätigen Berater ... gewandt haben und dieser ihnen die Zeichnung einer Beteiligung am Medienfonds ... empfohlen hat. Eine Beratung fand auch vor Zeichnung der zweiten Beteiligung am 9. Dezember 2003 statt, wie das Beratungsprotokoll von diesem Tage (Anlage B 4) belegt.
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Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Beratung muss anleger- und objektgerecht sein. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden, andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarkts, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den besonderen Umständen des Anlageobjekts ergeben (BGH BKR 2008, 199). Die Beratung hat sich dementsprechend daran auszurichten, ob das beabsichtigte Anlagegeschäft der sicheren Geldanlage dienen soll oder spekulativen Charakter hat (BGH, Urteil vom 19. Juni 2008, III ZR 159/07, zitiert nach juris). Die empfohlene Anlage muss unter Berücksichtigung dieses Ziels auf die persönlichen Verhältnisse des Kunden zugeschnitten sein (BGH, Urteil vom 19. Juni 2008, III ZR 159/07, zitiert nach juris). Der Berater ist vor Abgabe ihrer Anlageempfehlung verpflichtet, die Erfahrungen und die Anlageziele, zu denen der Anlagezweck und die Risikobereitschaft gehören, zu erfragen (BGH WM 2011, 682). Der Anleger ist aber nicht auf das einmal geäußerte Anlageziel festgelegt. Dem Berater ist es nicht verwehrt, dem Anleger, der zunächst eine risikoarme Anlage wünscht, andere Anlagen vorzustellen, bei denen zwar ein Verlustrisiko besteht, sich jedoch nach seiner Einschätzung aller Voraussicht nach nicht verwirklichen wird. Dies muss er dem Anleger ausreichend deutlich machen.
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In Bezug auf das Objekt muss der Anlageberater rechtzeitig, richtig und sorgfältig, dabei für den Kunden verständlich und vollständig beraten. Er muss ihn über all diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung sind, informieren. Insbesondere muss er ihn über die Eigenschaften und Risiken unterrichten, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Grundsätzlich kann die Aufklärung auch mittels oder anhand eines Prospektes erfolgen. Die Erklärungen des Beraters dürfen dann aber zutreffende Hinweise im Prospekt nicht entwerten (BGH, WM 2010, 1493). Denn nur aufgrund von Informationen, die ein zutreffendes aktuelles Bild der empfohlenen Anlage bieten, kann der Interessent eine sachgerechte Anlageentscheidung treffen (BGH BKR 2010, 118). Während die Aufklärung des Kunden über die für die Anlageentscheidung wesentlichen Umstände richtig und vollständig zu sein hat, muss die Bewertung und Empfehlung eines Anlageobjekts unter der Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten ex ante betrachtet lediglich vertretbar sein. Das Risiko, dass sich eine auf Grund anleger- und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (BGH WM 2011, 682).
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Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trägt derjenige, der eine Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung behauptet, hierfür die Beweislast. Die mit dem Nachweis einer negativen Tatsache verbundenen Schwierigkeiten werden dadurch ausgeglichen, dass die andere Partei die behauptete Fehlberatung substanziiert bestreiten und darlegen muss, wie im Einzelnen beraten bzw. aufgeklärt worden sein soll. Dem Anspruchsteller obliegt dann der Nachweis, dass diese Gegendarstellung nicht zutrifft (BGH, Urt. v. 24. Januar 2006, XI ZR 320/04, Rn. 15).
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Danach lässt sich hier nicht feststellen, dass der Berater der Beklagten ... gegen die Pflicht zur anlegergerechten Beratung verstoßen hat. Die Beklagte hat schlüssig dargetan, dass die Kläger dem Berater ... gegenüber erklärt haben, sie verfügten über ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 8.000,00 € und wollten einen Teilbetrag liquide vorhandenen Vermögens möglichst renditeträchtig und steuersparend anlegen. Hierauf habe der Berater ... ihnen mitgeteilt, dass die Möglichkeit bestehe z. B. mit der Investition in den Medienfonds ... eine Verlustzuweisung von 100 v. H. der Nominalbeteiligung im Beitrittsjahr zu erlangen. Gleichzeitig habe er sie darauf hingewiesen, dass eine solche unternehmerische Beteiligung stets mit einem Totalverlustrisiko einhergehe, das nur durch die erzielten Steuervorteile abgeschwächt sei. Der Gesichtspunkt "Altersvorsorge" sei zu keinem Zeitpunkt gesprächsgegenständlich gewesen. Dieser Vortrag steht im Einklang mit dem Inhalt der von den Klägern unterzeichneten Gesprächsnotizen und Beratungsprotokollen. Nach dem Inhalt der Beratungsprotokolle gaben die Kläger jeweils an, über Erfahrungen mit Kapitalanlagen und über Beteiligungen an Investmentfonds und Lebensversicherungen zu verfügen. Ausweislich der Gesprächsnotizen erzielten sie ein monatliches Nettoeinkommen von insgesamt 8.000 € und hatten zur Vermögensanlage 50.000 € zur Verfügung. Von den in den Gesprächsnotizen ausgewiesenen Risikorastern "sicherheitsorientiert", "ausgewogen", "wachstumsorientiert" und "dynamisch" erklärten sie am 22. Dezember 2002 das Raster "ausgewogen” und am 9. Dezember 2003 das Raster "wachstumsorientiert" als für sich zutreffend. Die Kläger haben zwar demgegenüber behauptet, dass sie dem Berater B. bei dem Erstgespräch am 9. Dezember 2002 erklärt hätten, dass sie eine zum Kapitalaufbau zur Altersvorsorge geeignete Anlage wünschten, bei der sie Steuern sparen könnten, aber der Kapitalerhalt gesichert sei. Dies vermochten sie indes nicht zu beweisen.
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Das Landgericht vermochte einen solchen Sachverhalt nicht festzustellen. Es ist stattdessen im Ergebnis der Beweisaufnahme davon ausgegangen, dass die empfohlenen Beteiligungen zu der Risikobereitschaft und dem Anlageziel der Kläger passte. An die dazu getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts ist der Senat gebunden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die strengen Voraussetzungen des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, dass nämlich konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellungen bestehen, sind nicht erfüllt. Die Kläger wenden sich mit ihrer Berufung gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts, die aber keine Fehler erkennen lässt. Der von den Klägern hierzu benannte Zeuge ... konnte nicht geladen und nicht gehört werden. Dass sich das Landgericht nicht allein auf Grund der Angaben des Klägers im Rahmen seiner persönlichen Anhörung und seinem persönlichen Eindruck von ihm davon zu überzeugen vermochte, dass die Kläger den Wunsch nach einer Anlage, bei der keine Risiken für das eingesetzte Kapital bestehen, geäußert haben, ist jedenfalls gut vertretbar. Diese Angaben stehen im Widerspruch zu den in den Gesprächsnotizen angekreuzten Risikorastern, die die Empfehlung der Beimischung einer spekulativen Anlage wie hier zuließen. Wie der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg in dem von den Klägern in Bezug genommenen Urteil vom 9. Februar 2010 zutreffend ausgeführt hat, passt die Beteiligung an einem Filmfonds zwar nicht zu einem lediglich ertragsorientierten, sondern nur zu einem zumindest "risikobewussten" Anleger (Gesch.Nr.: 6 U 147/09). Dort waren für die Anlagestrategie vier Optionen vorgesehen, nämlich "auf Sicherheit der Anlage bedacht", "ertragsorientiert", "risikobewusst" und "spekulativ", wobei die zweite Möglichkeit "ertragsorientiert" angekreuzt worden ist. Hier liegt der Fall anders. Die Kläger waren nicht nur ertragsorientiert, sie wollten auch möglichst viel Steuern sparen. Nach dem hier verwendeten und ausgefüllten Risikoraster lässt sich gerade nicht ausschließen, dass sie mit Blick auf die hohe Steuerersparnis bereit waren, die Risiken einzugehen.
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Das Landgericht vermochte sich auch nicht davon zu überzeugen, dass die Beklagte ihre Pflicht zur anlagegerechten Beratung verletzt hat. Auch an die dem zugrunde liegenden Feststellungen des Landgerichts ist der Senat gebunden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die Beklagte hat schlüssig dargetan, dass der Berater ... bereits bei dem ersten Gespräch im Dezember 2002 den Klägern anhand des Prospekts den Medienfonds erklärt und auf sämtliche Risiken hingewiesen habe. Bereits bei diesem Erstgespräch sowie am 19. November 2003 habe erden Klägern den Immissionsprospekt des ... jeweils in aktueller Auflage verbunden mit der Empfehlung, diesen noch mal sorgfältig zur Kenntnis zu nehmen, überlassen. Im Rahmen der Folgegespräche sei er mit ihnen den Prospekt und die Gesprächsnotiz vor deren Unterzeichnung Punkt für Punkt durchgegangen und habe sie auf die auf den Seiten 10 ff. sowie 92 ff. des Prospektes enthaltenen Risikohinweise einschließlich der Eigenschaft der Beteiligung als unternehmerische Beteiligung und des damit einhergehenden Verlustrisikos bis hin zu dem im Worst Case möglichen Totalverlust sowie die ebenfalls sowohl in der Gesprächsnotiz als auch in dem Beratungsprotokoll ausdrücklich erwähnte eingeschränkte Veräußerbarkeit der Beteiligung hingewiesen. Damit im Einklang stehen die von den Klägern unterzeichneten Gesprächsnotizen und Beratungsprotokolle, in denen sie dies bestätigten. Dass sich das Landgericht vor diesem Hintergrund nicht allein aufgrund der Angaben des Klägers im Rahmen seiner persönlichen Anhörung und seinem persönlichen Eindruck von ihm davon zu überzeugen vermochte, dass die Kläger den ersten Prospekt erst am 22. Dezember 2002 erhalten haben, über Risiken auch nicht mündlich aufgeklärt wurden und der Berater ... ihnen die Beteiligung am ... als sicher wegen der Steuerersparnis und Garantiezahlungen empfohlen hat, bei der nur Risiken im Falle globaler kriegerischer Konflikte bestünden, ist ebenfalls gut vertretbar.
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Beratungsfehler ergeben sich auch nicht aus der Verwendung des Prospektes als Grundlage der Beratung. Von der rechtzeitigen Übergabe des Prospektes zum Zwecke der Aufklärung und von der mündlichen Beratung anhand des Prospektes ist nach den nicht widerlegten Angaben der Beklagten auszugehen (BGH, Urteil vom 11. Mai 2006, III ZR 205/05). Verwendet der Anlageberater nach eigener Darstellung einen Prospekt bei der Beratung, der einen Fehler enthält, steht fest, dass er falsch beraten hat. Er muss daher darlegen und beweisen, dass er den Fehler im Beratungsgespräch richtig gestellt hat (BGH, Beschl. v. 17. September 2009 - XI ZR 264/08, BKR 2009, 471 u. v. 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506).
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Soweit der Senat in früheren Entscheidungen die Auffassung vertreten hat, dass eine etwaige Beratung durch Übergabe des Prospekts zum Selbststudium sowie die auf der Grundlage des Prospekts erfolgte mündliche Beratung nicht ausreichend seien, weil es in dem Emmissionsprospekt schon an einem hinreichenden Hinweis auf das bei einem Filmfonds bestehende erhöhte Totalverlustrisiko fehle (so im Urteil vom 1. Februar 2011, Gesch.Nr.: 5 U 187/11 zum IMF 1 und 2), hält er hieran nicht mehr fest.
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Der Senat schließt sich insoweit nunmehr der Auffassung des Oberlandesgerichts München (Urteil vom 18. April 2012, Gesch.Nr.: 20 U 4535/11), des Oberlandesgerichts Stuttgart (Urteil vom 5. September 2012, Gesch.Nr.: 3 U 225/11) und des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Urteil vom 23. November 2012, Gesch.Nr.: 17 U 52/11, zitiert nach juris) an, wonach der Emissionsprospekt ausreichend auf das bestehende Totalverlustrisiko hinweist, ohne diese Hinweise an anderer Stelle wieder zu entwerten. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Prospekthaftungsgrundsätzen hat der Prospekt über ein Beteiligungsangebot, der für einen Beitrittsinteressenten im Allgemeinen die einzige Unterrichtungsmöglichkeit darstellt, den Anleger über alle Umstände, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig zu unterrichten. Dazu gehört eine Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln können. Ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist daher nicht allein anhand der wiedergegebenen Einzeltatsachen, sondern auch nach dem Gesamtbild zu beurteilen, das er von den Verhältnissen das Unternehmens vermittelt. Dabei dürfen die Prospektverantwortlichen allerdings eine Sorgfältige und eingehende Lektüre des Prospekts bei den Anlegern voraussetzen (vgl. BGH, Urteil vom 14.06.2007, WM 2007, 1507). Hinsichtlich des Totalverlustrisikos heißt es auf S. 8 des Prospekts: Die ... ermöglicht die unternehmerische Beteiligung an diesem hochinteressanten Wachstumsmarkt. Den außergewöhnlich hohen Chancen ... stehen dabei entsprechend hohe Risiken gegenüber." Auf S. 9 heißt es: "Im schlechtesten Falle, wenn verschiedene Risiken zusammenfallen (worst case) kann sogar der Totalverlust der investierten Mittel eintreten." Dieser Hinweis wird unter dem Kapitel "Chancen und Risiken" auf S. 82 des Emissionsprospekts noch einmal wiederholt. Diese, bei sorgfältigem Studium des Prospekts nicht zu übersehenden und in den Bestimmungen der Treuhand- und Mittelverwendungskontrollverträge (§ 12 und § 6) nochmals wiederholten Hinweise werden durch die nur anpreisenden und allgemein gehaltenen, einführenden Hinweise auf den expandierenden Filmmarkt und die "in nicht gekanntem Ausmaß steigenden Verwertungsmöglichkeiten" noch durch die Darstellung der Sicherungsmechanismen, aus der bei sorgfältigem Studium keineswegs hervorgeht, dass das Kommanditkapital in irgendeiner Weise durch "Abnahmegarantien" abgesichert ist, entwertet. So heißt es schon auf S. 31 des Prospekts, dass die Fondsgesellschaft zwecks Erhöhung der Gewinnchancen "in ausgewählten einzelnen Territorien" keine Abnahmegarantiezahlungen mit dem Vertrieb beauftragten Intermedia vereinbaren werde. Weiter heißt es auf S. 81, das Beteiligungskapital der Investoren sei "Risikokapital"; soweit es im folgenden heißt, "darüberhinausgehende Abnahmegarantien" sicherten as Eigenkapital ab, wird wenig später klargestellt, dass das Eigenkapital durch Abnahmegarantiezahlungen erwirtschaftet werden müsse, die über den Fremdkapitalanteil dieser Filme hinausgehen, und die Fondsgesellschaft von Film zu Film über das günstigste Maß der vorzunehmenden Vorablizensierung mittels Minimum-Vertriebsgarantieverträgen entscheiden werde (S. 84). Zudem wird auf das Risiko mangelnder Publikumsakzeptanz ausdrücklich hingewiesen (S. 84); die auf S. 84 ebenfalls genannten Versicherungen betreffen lediglich Produktions-, nicht aber Vermarktungsrisiken. Auch die Modellrechnungen (low-, mid- und hlgh-case-Szenarien) auf S. 52 ff. des Prospekts täuschen nicht über das Totalverlustrisiko hinweg; es wird vielmehr ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Szenarien nicht die jeweils maximale Schwankungsbreite darstellen (S. 52). Schließlich gilt das auch für die Formulierung auf S. 9, dass sich der "worst case" beim Zusammentreffen verschiedener Risiken ergeben könne. Selbst wenn ein Totalverlustrisiko schon dann eintreten kann, wenn sich nur eines der zuvor genannten Risiken verwirklicht, enthielte die Formulierung keine Fehlinformation; ungeachtet der Wahrscheinlichkeit eines Totalverlusts wird der Anleger jedenfalls darauf hingewiesen, dass er im schlimmsten Falle sein Kapital verlieren kann.
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Ebenso klärt der Prospekt hinreichend über das Währungs- und Wechselkursrisiko (s. S. 54, 92) sowie die Risiken der steuerlichen Würdigung (Bl. 71), der eingeschränkten Fungibilität (Bl. 91), des Blindpool-Konzeptes, der Wiederauflebung der Kommanditistenhaftung gem. § 174 Abs. 4 HGB (Bl. 75).
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Die Kläger können ihren Anspruch auch nicht darauf zu stützen, die Beklagte habe ihre Pflicht zur Plausibilitätsprüfung und zur Auswertung der einschlägigen Fachpresse sowie zu ihrer Unterrichtung über einschlägige Hinweise in der einschlägigen Fachpresse auf negative Entwicklungen im Filmmarkt verletzt.
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Bei einem Beratungsvertrag ist der Anlageberater allerdings zu mehr als zu einer Plausibilitätsprüfung verpflichtet. Der Anlageberater muss eine Anlage, die er empfehlen will, mit üblichem kritischem Sachverstand prüfen oder den Anlageinteressenten auf ein diesbezügliches Unterlassen hinweisen. Ein Berater, der sich in Bezug auf eine bestimmte Anlageentscheidung als kompetent geriert, hat sich dabei aktuelle Informationen über das Objekt, das er empfehlen will, zu verschaffen. Dazu gehört die Auswertung vorhandener Veröffentlichungen in der Wirtschaftspresse (BGH WM 2012, 24; BGH WM 2010, 1932). Bei einer privaten Anleihe muss über zeitnahe und gehäufte negative Berichte in der Börsenzeitung, der Financial Times Deutschland, dem Handelsblatt und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung unterrichtet werden (BGH WM 2009, 2360), jedenfalls soweit sie Tatsachen enthalten, die Bedenken gegen die betroffene Anlage zu begründen vermögen.
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Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Emissionsprospekt dem Anleger für seine Beitrittsentscheidung ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt vermitteln, d.h. er muss über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken zutreffend, verständlich und vollständig aufgeklärt werden (ständige Rechtsprechung des BGH seit BGHZ 79, 337, 344; vgl. beispielhaft Beschl. v. 13.12.2011 - II ZB 6/09, WM 2012, 115, Rn. 6; Urt. v. 22.03.2010 - II ZR 20/08, Rn. 13 m.w.N.; Urt. v. 14.06.2007 - III ZR 125/06, WM 2007, 1503, Rn. 9). Lücken und Fehler eines Emissionsprospekts erlangen mittelbar auch für die Beratungs- und Aufklärungspflichten eines Anlageberaters Bedeutung, wenn sie bei obliegenheitsgemäßer Prüfung der Schlüssigkeit und Plausibilität des Anlagekonzepts erkennbar gewesen sind (OLG Hamm, Urteil vom 17. Dezember 2013 - I-34 U 110/11, 34 U 110/11 -, juris).
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Wie bereits dargelegt stellt der Prospekt die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken zutreffend, verständlich und vollständig dar.
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Die Veröffentlichung im Handelsblatt vom 2. Juli 2001 und in der FAZ vom 14. August 2003 (Anlagen K 8 und 11) enthielten keine negativen Tatsachenmitteilungen, die einer Empfehlung der Beteiligung am ... entgegengestanden hätten. Diese beschäftigten sich lediglich mit den Chancen und Risiken einer solchen Beteiligung und wiesen insgesamt keine negative Tendenz auf. Die Zeitschrift Finanztest und der Prospektcheck aus kapital-markt intern gehören schon nicht zur Pflichtlektüre und waren deshalb nicht in die Beratung einzubeziehen.
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Entgegen der Annahme der Kläger wird in dem Prospekt keine Teilabsicherung des Eigenkapitals vorgetäuscht. Aus der Gesamtschau ergibt sich, dass es lediglich für das Fremdkapital eine gewisse Absicherung durch Abnahmegarantien gibt, der Rest jedoch ungesichertes Eigenkapital ist.
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Dass der Filmmarkt im Rahmen des Prospektes falsch dargestellt wurde, ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist nicht ausreichend dargetan, dass die Aussage des Emmissionsprospektes, dass in der Regel Vorabgarantiezahlungen vereinbar werden, irreführend, falsch oder nicht vertretbar gewesen ist. Aus dem Geschäftsbericht des ... für die Geschäftsjahre 2000/2001 ergibt sich lediglich, dass sich die Höhe der Minimumgarantiezahlungen in einzelnen Territorien erheblich verringert hat. Dies steht der obigen Aussage aber nicht entgegen.
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Konkrete Anhaltspunkte, dass die auf die bisherige Entwicklung der Filmfonds gestützte Prognose einer Rendite nach Steuern von 8,3 v.H. zum damaligen Zeitpunkt nicht vertretbar war, bestehen nicht.
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Letztlich lässt sich nicht feststellen, dass die Beklagte eine Aufklärungspflicht hinsichtlich einer 15 v.H. des von den Anlegern einzubringenden Kapitals überschreitenden Innenprovision verletzt hat. Nach ständiger Rechtsprechung muss auch der freie Anlageberater im Rahmen der objektgerechten Beratung unaufgefordert über Vertriebsprovisionen Aufklärung geben, wenn diese eine Größenordnung von 15 v.H. des von den Anlegern einzubringenden Kapitals überschreiten, und etwaige irreführende oder unrichtige Angaben zu Vertriebsprovisionen zu unterlassen beziehungsweise rechtzeitig richtigstellen (BGH BKR 2012, 165). Dass dies hier der Fall ist, haben die Kläger nicht ausreichend dargetan und belegt. Die Kläger behaupten zwar zuletzt, der Beklagten seien Provisionen in Höhe von 15,25 v.H. des Anlagekapitals zugeflossen. Abgesehen davon, dass die von ihnen vorgelegten Unterlagen ihren Sachvortrag nicht belegen, übersehen sie dabei, dass jedenfalls 5 v.H. der angeblichen Provisionen aus der - offen ausgewiesenen -"Abwicklungsgebühr" stammen würden, es sich also insoweit nicht um "Zahlungen aus dem einzubringenden Kapital", sondern allenfalls um - hier nicht aufklärungspflichtige - Rückvergütung handeln würde, die deshalb auf die Werthaltigkeit der Anlage keinen Einfluss gehabt hätten. Aus dem Anlagevermögen wäre hiernach eine Vertriebsprovision von (nur) 11,25 v.H. gezahlt worden, die als solche die 15 v.H. -Grenze nicht überschritten hätte und mithin nicht aufklärungspflichtig gewesen wäre (OLG Düsseldorf, Urteil vom 23. November 2012 - I-17 U 52/11 -, juris).
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Auf die Frage der Verjährung etwaiger Ansprüche kommt es mithin nicht an.
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Die Nebenforderung teilt das Schicksal der Hauptforderung.
- 39
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 3, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO, 39 Abs. 1, 43 Abs. 1, 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG.
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Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.
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Annotations
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
Eine Herabsetzung der Einlage eines Kommanditisten ist, solange sie nicht in das Handelsregister des Gerichts, in dessen Bezirke die Gesellschaft ihren Sitz hat, eingetragen ist, den Gläubigern gegenüber unwirksam; Gläubiger, deren Forderungen zur Zeit der Eintragung begründet waren, brauchen die Herabsetzung nicht gegen sich gelten zu lassen.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)