Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 09. Juli 2015 - 4 U 43/14
Gericht
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels – das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 6. Juni 2014, Az.: 11 O 1516/13, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte aufgrund des zwischenzeitlich beendeten Rechtsschutzversicherungsvertrages mit der Versicherungsscheinnummer ... verpflichtet ist, der Klägerin für das vor dem Sozialgericht Magdeburg unter dem Aktenzeichen S 12 R 364/12 gegen die Deutsche Rentenversicherung Bund geführte Klageverfahren Versicherungsschutz zu gewähren.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 21.018,-- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12. September 2013 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Beklagte zu 4/5 und die Klägerin zu 1/5.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Schuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
und b e s c h l o s s e n :
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf die Gebührenstufe bis 45.000,-- € festgesetzt, wobei ein Betrag in Höhe von 9.000,-- € auf den Feststellungsantrag entfällt (§§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 39 Abs. 1, 43 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG in Verb. mit den §§ 2, 3 und 6 Satz 1 ZPO).
Gründe
I.
- 1
Die im Bereich der Veranstaltungslogistik gewerblich tätige Klägerin begehrt von der Beklagten Rechtsschutz für ein ihrerseits seit Juni 2012 vor dem Sozialgericht Magdeburg gegen die Deutsche Rentenversicherung Bund geführtes Klageverfahren.
- 2
Die Klägerin unterhielt bei der Beklagten von Oktober 2001 bis Ende September 2006 eine Versicherung über Kompakt-Rechtsschutz für Unternehmen und freie Berufe, der nach § 2 Satz 2 lit. f in Verb. mit § 28 Abs. 3 der vereinbartenARB 2000 (Bl. 22 bis 29 Bd. I d. A.) u. a. auch Sozialgerichts-Rechtsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen vor deutschen Sozialgerichten mit umfasste.
- 3
Für den Anspruch auf Rechtsschutz galt bedingungsgemäß folgende Regelung:
- 4
§ 4 Voraussetzung für den Anspruch auf Rechtsschutz
- 5
Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist, gilt:
(1)
- 6
Anspruch auf Rechtsschutz besteht nach Eintritt eines Rechtsschutzfalles
- 7
a) im Schadenersatz-Rechtsschutz gemäß § 2a) von dem Schadenereignis an, das dem Anspruch zugrunde liegt;
- 8
b) im Beratungs-Rechtsschutz im Familien- und Erbrecht gemäß § 2k) von dem Ereignis an, das die Änderung der Rechtslage des Versicherungsnehmers oder einer mitversicherten Person zur Folge hat;
- 9
c) in allen anderen Fällen von dem Zeitpunkt an, in dem der Versicherungsnehmer oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen hat oder begangen haben soll.
- 10
d) Die Voraussetzungen nach a) bis c) müssen nach Beginn des Versicherungsschutzes gemäß § 7 und vor dessen Beendigung eingetreten sein. Für die Leistungsarten nach § 2b) bis g) besteht Versicherungsschutz jedoch erst nach Ablauf von drei Monaten nach Versicherungsbeginn (Wartezeit), soweit es sich nicht um die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aufgrund eines Kauf- oder Leasingvertrages über ein fabrikneues Kraftfahrzeug oder um dieGeltendmachung von Schadenersatzansprüchen wegen der Verletzung dinglicher Rechte an Grundstücken, Gebäuden oder Gebäudeteilen handelt.
(2)
- 11
Erstreckt sich der Rechtsschutzfall über einen Zeitraum, ist dessen Beginn maßgeblich. Sind für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen mehrere Rechtsschutzfälle ursächlich, ist der erste entscheidend, wobei jedoch jeder Rechtsschutzfall außer Betracht bleibt, der länger als ein Jahr vor Beginn des Versicherungsschutzes für den betroffenen Gegenstand der Versicherung eingetreten oder, soweit sich der Rechtsschutzfall über einen Zeitraum erstreckt, beendet ist.
(3)
- 12
Es besteht kein Rechtsschutz, wenn
- 13
a) eine Willenserklärung oder Rechtshandlung, die vor Beginn des Versicherungsschutzes vorgenommen wurde, den Verstoß nach Absatz 1c) ausgelöst hat;
- 14
b) der Anspruch auf Rechtsschutz erstmals später als drei Jahre nach Beendigung des Versicherungsschutzes für den betroffenen Gegenstand der Versicherung geltend gemacht wird.
- 15
(4) …
- 16
Erstmals mit Schreiben ihrer Anwälte vom 6. Juni 2012 (Bl. 65 Bd. I d. A.) wandte sich die Klägerin an die Beklagte und bat um Deckungszusage für eine von ihr vor dem Sozialgericht Magdeburg mit Schriftsatz vom 4. Juni 2012 (Bl. 54 bis 64 Bd. I d. A.) erhobene Klage gegen einen Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 23. Dezember 2011, der für sie wegen nicht abgeführter Sozialversicherungsbeiträge im Zeitraum Januar 2006 bis Ende des Jahres 2009 nebst Säumniszuschlägen eine Zahlungsverpflichtung in Höhe von insgesamt 2.692.553,25 € vorsah. Ihren hiergegen gerichteten Widerspruch hatte die Deutsche Rentenversicherung Bund zuvor mit Bescheid vom 26. April 2012 (Bl. 48 bis 53 Bd. I d. A.) zurückgewiesen.
- 17
Dem Nachforderungsbescheid vom 23. Dezember 2011 waren bereits eine von der Deutschen Rentenversicherung Bund für die Zeit ab Januar 2010 angeordnete Beitragsüberwachung, eine gemeinsame Schlussbesprechung mit der Klägerin am 26. Februar 2010 sowie ein Bescheid vom 26. April 2010 mit Hinweis auf anfallende Beitragsnachforderungen und auch ein an die Klägerin gerichtetes Anhörungsschreiben vom 26. Juli 2011 vorausgegangen.
- 18
Mit Schreiben vom 7. Juni 2012 (Bl. 66 Bd. I d. A.) lehnte die Beklagte das Rechtsschutzbegehren der Klägerin unter Verweis auf die Ausschlussfrist des § 4 Abs. 3 lit. b ARB 2000 ab, da ihr der Versicherungsfall erst über drei Jahre nach Ende des Versicherungsvertrages gemeldet worden sei.
- 19
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten und vertritt diese weiterhin, dass ihr die Beklagte Rechtsschutz für das vor dem Sozialgericht Magdeburg anhängige Klageverfahren schulde. Für den Eintritt des Rechtsschutzfalles sei nach § 4 Abs. 1 lit. c ARB 2000 auf den ersten ihr vorgeworfenen Verstoß, Sozialversicherungsbeiträge im Januar 2006 nicht abgeführt zu haben, abzustellen, welcher Verstoß unzweifelhaft noch in die versicherte Zeit falle.
- 20
Die Ausschlussfrist nach § 4 Abs. 3 lit. b ARB 2000 habe sie zwar bei formaler Betrachtung nicht eingehalten, gleichwohl könne sich die Beklagte nach den Grundsätzen von Treu und Glauben hierauf nicht berufen, da ihr kein Verschulden an der Fristversäumung anzulasten sei. Erst mit Zugang des ablehnenden Widerspruchbescheids vom 26. April 2012 zuzüglich einer angemessenen Prüfungs- und Überlegungsfrist habe sich nämlich für sie erstmals die Notwendigkeit eines Deckungsschutzes für ein sozialgerichtliches Verfahren ergeben.
- 21
Die Klägerin begehrt zum einen, die Einstandspflicht der Beklagten aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag der Parteien festzustellen, und macht zudem bereits entstandene Rechtsverfolgungskosten in Höhe von insgesamt 30.197,80 € geltend, wovon 21.018,-- € auf unstreitig von ihr eingezahlte Gerichtsgebühren entfallen und weitere 9.179,80 € für Rechtsanwaltskosten in Höhe einer 1,3 Verfahrensgebühr gemäß Nummer 3100 VV RVG verlangt werden.
- 22
Die Klägerin hat beantragt,
- 23
1. festzustellen, dass ihr die Beklagte verpflichtet ist, aufgrund des ehemals bei der Beklagten unterhaltenen Rechtsschutzversicherungsvertrages mit der Versicherungsscheinnummer ... Versicherungsschutz für das vor dem Sozialgericht Magdeburg geführte Klageverfahren gegen die Deutsche Rentenversicherung Bund, Aktenzeichen: S 12 R 364/12, zu gewähren,
- 24
und
- 25
2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 30.197,80 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
- 26
Die Beklagte hat beantragt,
- 27
die Klage abzuweisen.
- 28
Die Beklagte hat eine Einstandspflicht negiert, da ein maßgeblicher Rechtsschutzfall erst mit Erlass des Bescheids vom 23. Dezember 2011 und damit in nicht mehr versicherter Zeit eingetreten sei. Unbeschadet dessen könne sie sich aber auch auf die Ausschlussfrist des § 4 Abs. 3 lit. b ARB 2000 berufen, da ihr der Versicherungsfall nicht unverzüglich bei Kenntnis von einer drohenden Beitragsnachforderung im Jahr 2010 gemeldet worden sei und deshalb der Klägerin ein Verschulden an der Nichteinhaltung der Ausschlussfrist zur Last falle.
- 29
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 6. Juni 2014 (Bl. 114 bis 119 Bd. I d. A.) abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne dahinstehen, ob ein Rechtsschutzfall in die versicherte Zeit falle oder nicht, da die Beklagte jedenfalls aufgrund der Ausschlussfrist des § 4 Abs. 3 lit. b ARB 2000 leistungsfrei geworden sei. Die dreijährige Ausschlussfrist, die nach Beendigung des Versicherungsvertrages im Oktober 2006 zu laufen begonnen habe, sei bereits abgelaufen gewesen, als sich die Anwälte der Klägerin erstmals mit Schreiben vom 6. Juni 2012 mit der Bitte um Deckungsschutz an die Beklagte gewandt hätten. Es sei zwar zutreffend, dass sich der Rechtsschutzversicherer nur dann erfolgreich auf die Ausschlussfrist berufen könne, wenn den Versicherungsnehmer ein Verschulden an der Fristversäumung treffe. Eben ein solches Verschulden sei der Klägerin jedoch hier zur Last zu legen, da sie der Beklagten den Versicherungsfall bereits nach Anhörung durch die Deutsche Rentenversicherung Bund am 26. Juli 2011, spätestens jedoch nach Erlass des Bescheides vom 23. Dezember 2011 hätte melden müssen, was es der Beklagten dann auch ermöglicht hätte, sich auf eine vertragliche Nachhaftung einstellen zu können.
- 30
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Sie beanstandet vor allem, das Landgericht habe ihr fehlerhaft ein Verschulden an der Nichteinhaltung der Ausschlussfrist angelastet. Da nach dem zugrunde liegenden Klauselwerk ohnehin nur sozialgerichtlicher Rechtsschutz vertragsgegenständlich sei, habe sie den Ausgang des Widerspruchsverfahrens abwarten dürfen, um erst anschließend nach Zurückweisung ihres Widerspruchs bei der Beklagten um Rechtsschutz einzukommen.
- 31
Wegen der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten beruft sie sich auf zwei unstreitig von ihr beglichene anwaltliche Kostenvorschussnoten vom 14. März 2013 (Bl. 217, 218 Bd. I d. A.) und 6. Februar 2014 (Bl. 229, 230 Bd. I d. A.) über jeweils 5.950,-- €.
- 32
Die Klägerin beantragt,
- 33
unter Abänderung des angefochtenen Urteils, wie in erster Instanz begehrt, zu entscheiden,
- 34
h i l f s w e i s e,
- 35
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Magdeburg zurückzuverweisen.
- 36
Die Beklagte beantragt,
- 37
die Berufung zurückzuweisen.
- 38
Sie verteidigt unter Vertiefung ihrer bisherigen Rechtsausführungen die angefochtene Entscheidung und bemängelt mit Blick auf die verlangten Rechtsanwaltskosten, dass sich aus den beiden Gebührennoten vom 14. März 2013 und 6. Februar 2014 nicht ergebe, ob sich diese auf das Widerspruchsverfahren, für das sie in jedem Fall nicht einstandspflichtig sei, oder auf ein gerichtliches Tätigwerden der Anwälte bezögen.
II.
- 39
Die gemäß § 511 Abs. 1 und 2 Nr. 1 ZPO statthafte und auch sonst formell zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gemäß den §§ 517, 519, 520 ZPO eingelegte und begründete Berufung der Klägerin hat mit Ausnahme der geltend gemachten Zahlung von Rechtsanwaltskosten auch in der Sache Erfolg.
- 40
Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Deckungsschutz für das vor dem Sozialgericht Magdeburg geführte Verfahren, da ein maßgeblicher Rechtsschutzfall in den versicherten Zeitraum fällt (1) und sich die Beklagte aufgrund einer nach Treu und Glauben gebotenen Auslegung der in § 4 Abs. 3 lit. b ARB 2000 geregelten Ausschlussfrist nicht auf ein Fristversäumnis der Klägerin berufen kann (2). Das Zahlungsbegehren (3) der Klägerin ist allerdings nur wegen der aufgewandten Gerichtskosten einschließlich der verlangten Prozesszinsen begründet (a), wohingegen ein Anspruch auf Zahlung von Rechtsanwaltskosten ausscheidet (b).
1.
- 41
Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Deckungsschutz für das von ihr vor dem Sozialgericht Magdeburg angestrengte Verfahren aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Rechtsschutzversicherungsvertrag, und zwar entsprechend den §§ 1, 2 lit. f, 4 Abs. 1 lit. c der vertraglich zugrunde liegenden ARB 2000 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 2 VVG alter Fassung, da – wie weiter unten noch auszuführen sein wird – der gegenständliche Versicherungsfall bereits vor dem 31. Dezember 2008 eingetreten ist und deshalb entsprechend Artikel 1 Abs. 1 und Abs. 2 EGVVG das VVG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung Anwendung zu finden hat.
- 42
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der für ihre Leistungspflicht maßgebliche Rechtsschutzfall bereits im Januar 2006 und damit in noch versicherter Zeit entstanden.
- 43
Da das Begehren der Klägerin weder Schadensersatz-Rechtsschutz nach § 4 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 2 lit. a ARB 2000 noch Beratungs-Rechtsschutz im Familien- und Erbrecht nach § 4 Abs. 1 lit. b ARB 2000 betrifft, ist für die Entstehung des Rechtsschutzfalls nach § 4 Abs. 1 lit. c der Zeitpunkt entscheidend, in dem der Versicherungsnehmer oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen hat oder begangen haben soll.
- 44
Dieser Begriff des Rechtsverstoßes in der Rechtsschutzversicherung wird allgemein weit verstanden und umfasst ein Verhalten, das objektiv nicht mit Rechtsvorschriften oder Rechtspflichten in Einklang steht und bereits den Keim des späteren Rechtskonflikts in sich trägt (BGH, Urteil vom 17. Januar 2007, Az.: IV ZR 124/06, zitiert nach juris, Rdnr. 10 mit weiteren Nachweisen), wobei es weder auf den Zeitpunkt ankommt, zu dem die Beteiligten Kenntnis von dem Verstoß erlangen, noch darauf, wann aufgrund des Verstoßes Ansprüche geltend gemacht oder abgewehrt werden.
- 45
Danach liegt der maßgebliche Rechtsverstoß bereits in dem Nichtabführen der Sozialversicherungsbeiträge der Klägerin für die Beschäftigten und ist nicht, wie die Beklagte meint, erst in dem Erlass des Bescheids der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 23. Dezember 2011, mit dem der Klägerin die Nachforderungen auferlegt worden sind, zu sehen.
- 46
Denn der Erlass dieses Bescheids, für sich genommen, ist nicht geeignet, den nunmehr vor dem Sozialgericht ausgetragenen Rechtskonflikt in tatsächlicher Hinsicht zu kennzeichnen. Dies vermag nur das dem Bescheid zugrunde liegende der Klägerin angelastete Verhalten, ab Januar 2006 bis Ende des Jahres 2009 die ihr als Arbeitgeber für ihre Beschäftigten obliegenden Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt zu haben, zu leisten. Allein dieses Nichtabführen der Sozialversicherungsbeiträge gibt dem Rechtsverstoß hier sein charakteristisches Gepräge und umschreibt auch in der sozialgerichtlichen Auseinandersetzung als entscheidendes Momentum den dortigen Verfahrensgegenstand.
- 47
Ungeachtet dessen verkennt die Beklagte bei ihrer Argumentation aber auch Funktion und Zweck der Regelung in § 4 Abs. 1 lit. c ARB 2000. Denn danach soll Anknüpfungspunkt des Rechtsschutzfalles stets die erste Rechtsverletzung sein, damit – was nach dem Verständnis der Beklagten ansonsten drohte – der Abschluss solcher Versicherungsverträge verhindert wird, in denen der künftige Versicherungsnehmer schon mit der späteren konkreten rechtlichen Auseinandersetzung rechnet (OLG Hamm, Urteil vom 12. April 2013, Az.: 2 U 165/12, zitiert nach juris, Rdnr. 41).
- 48
Ebenso wenig verfängt der Verweis der Beklagten auf ein neueres Urteil des BGH vom 25. Februar 2015 (Az.: IV ZR 214/14, zitiert nach juris), da das dort zugrunde liegende Ausgangsverfahren, in dem sich ein Rechtsschutz begehrender Versicherungsnehmer mit einem gegenläufigen, zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzanspruch des Versicherers konfrontiert sah, nicht mit der hier streitgegenständlichen Sachverhaltskonstellation vergleichbar ist.
- 49
Der Einstandspflicht der Beklagten steht weiterhin nicht entgegen, dass, anders als die zeitlich nachfolgenden Fälle, nur die von Januar bis einschließlich September 2006 nicht abgeführten Sozialversicherungsbeiträge in den noch versicherten Zeitraum fallen.
- 50
Denn ganz gleich, ob man hier – vor allem mit Blick auf die Vorstellung der Klägerin, für die ihrer Auffassung nach als selbständige Subunternehmer (vgl. Bl. 58 Bd. I d. A.) tätig gewordenen Personen nicht beitragspflichtig gewesen zu sein – von einem Dauerverstoß im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 1ARB 2000 oder aber von mehreren rechtlich selbständigen, allerdings dann in dieselbe rechtliche Auseinandersetzung vor dem Sozialgericht Magdeburg einmündenden Rechtsschutzfällen nach § 4 Abs. 2 Satz 2ARB 2000 ausginge, käme es für eine Einstandspflicht der Beklagten stets auf den zeitlich ersten, noch in die versicherte Zeit fallenden Verstoß des Nichtabführens von Sozialversicherungsbeiträgen im Januar 2006 an.
- 51
Demgegenüber findet die eine Einstandspflicht in zeitlicher Hinsicht eingrenzende Regelung in § 4 Abs. 2 Satz 2 zweiter HalbsatzARB 2000 deshalb keine Anwendung, weil hier der zeitlich erste, im Januar 2006 eingetretene bzw., bei Annahme eines Dauerverstoßes, zu dieser Zeit begonnene Rechtsschutzfall nicht in die Zeit vor Versicherungsbeginn, sondern bereits in den versicherten Zeitraum fällt.
2.
- 52
Entgegen der Auffassung des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung ist es der Beklagten nicht eröffnet, sich wegen ihrer bedingungsgemäß geschuldeten Einstandspflicht auf die Ausschlussfrist des § 4 Abs. 3 lit. b ARB 2000 zu berufen.
- 53
Keinen Bedenken begegnet indessen der rechtliche Ausgangspunkt des Landgerichts, wonach die Regelung in § 4 Abs. 3 lit. b ARB 2000 eine Ausschlussklausel darstellt, die im Interesse des Versicherers dessen Einstandspflicht für ihm unbekannte und erst längere Zeit nach Beendigung des vertraglichen Versicherungsschutzes an ihn herangetragene Rechtsschutzfälle zeitlich begrenzen soll. Zutreffend sind ebenso die weiteren Ausführungen des Landgerichts dazu, dass eine derartige Ausschlussklausel nach der auch vom Senat geteilten, indessen bisher nur zu der Vorgängerregelung des § 4 Abs. 4ARB 75 ergangenen Rechtsprechung des BGH (vgl. Urteil vom 15. April 1992, Az.: IV ZR 198/91, zitiert nach juris), um den Versicherungsschutz nicht unangemessen zulasten des Versicherungsnehmers auszuhöhlen, einer einschränkenden Auslegung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben bedarf, die es dem Versicherer im Ergebnis nur dann gestattet, sich hierauf zu berufen, wenn der Versicherungsnehmer die Fristversäumung schuldhaft zu vertreten hat.
- 54
Diese Grundsätze haben nach Auffassung des Senats, insoweit auch in Übereinstimmung mit der Ansicht des Landgerichts und der beiden Parteien, nicht nur für die Ausschlussklausel des § 4 Abs. 4ARB 75, sondern in gleicher Weise auch für die nachfolgenden Fassungen der ARB, wie hier für die Regelung in § 4 Abs. 3 lit. b ARB 2000, zu gelten.
- 55
Anders als die Beklagte und das Landgericht jedoch meinen, lässt sich ein danach erforderliches Verschulden wegen eines Versäumens der Ausschlussfrist allerdings nicht damit begründen, vorliegend habe es die Klägerin schuldhaft verabsäumt, der Beklagten den Rechtsschutzfall rechtzeitig zu melden. Hierbei bleibt nämlich vollkommen unberücksichtigt, dass die ARB 75 in § 4 Abs. 4 eine Einstandspflicht für Versicherungsfälle, die nicht fristgemäßgemeldet werden, beschränkt haben, demgegenüber aber § 4 Abs. 3 lit. b ARB 2000 einen anderen Wortlaut aufweist und lediglich eine Begrenzung des Versicherungsschutzes für nicht fristgemäß geltend gemachte Rechtsschutzfälle vorsieht.
- 56
Eine derartige vom Landgericht nicht weiter problematisierte und ohne Begründung angenommene Gleichstellung der Meldung eines Versicherungsfalls und der Geltendmachung eines Anspruchs auf Rechtsschutz verbietet sich bereits nach dem deutlich abweichenden Wortverständnis der beiden Begriffe und findet zudem auch in der bisherigen Rechtsprechung des BGH keinerlei Stütze. Denn mit seiner bisherigen, allein zu § 4 Abs. 4ARB 75 ergangenen Rechtsprechung hat der BGH gerade am Wortlaut der damaligen Klausel angeknüpft und klargestellt, dass das Melden noch keine Geltendmachung eines Anspruches bedeute, sondern es dafür vielmehr ausreiche, wenn der Versicherungsnehmer einen konkreten Sachverhalt mitteilt und dazu angibt, welche rechtlichen Interessen er insoweit wahrzunehmen beabsichtigt (Urteil vom 15. April 1992, Az: IV ZR 198/91, zitiert nach juris). Einer derart weitgehenden, nicht mehr vom Wortsinn getragenen Gleichstellung von Meldung und Geltendmachung stände im Übrigen nicht nur der im Versicherungsrecht vorherrschende Grundsatz, dass eine Ausschlussklausel – um deren rechtliche Reichweite es hier letztlich geht – aus Sicht des Versicherungsnehmers im Zweifel eng auszulegen ist, entgegen, sondern zudem auch gesetzessystematische Gründe.
- 57
Denn die ARB 2000 sehen anders als ihre Vorgängerfassungen keine allgemeine Melde- oder Informationspflichten des Versicherungsnehmers wegen eines sich möglicherweise anbahnenden Rechtsschutzfalles gegenüber dem Versicherer mehr vor (vgl. Armbrüster, in: Prölss/Martin VVG, 28. Auflage 2010, ARB 2008 § 17 Rdnr. 5). Vielmehr ist der Begriff des Geltendmachens in § 4 Abs. 3 lit. b ARB 2000 gleichbedeutend mit dem Begriff des Geltendmachens in § 17 Abs. 3ARB 2000. Danach kommt eine Geltendmachung des Rechtsschutzanspruches erst dann in Betracht, wenn eine vollständige und wahrheitsgemäße Unterrichtung über sämtliche Umstände des Rechtsschutzfalles unter Angabe von Beweismitteln möglich ist, die es dem Versicherer erlaubt, eine abschließende Prüfung und Entscheidung über das Rechtsschutzbegehren vorzunehmen. Folglich ist eine Geltendmachung des hier in Frage stehenden Anspruchs auf Sozialgerichts-Rechtsschutz erst frühestens dann denkbar, wenn ein Widerspruch in dem vorangegangenen Verwaltungsverfahren zurückgewiesen worden ist, da ansonsten weder die Möglichkeit, geschweige denn die Notwendigkeit einer Geltendmachung des zuvor noch gar nicht objektiv feststehenden Rechtsschutzbedürfnisses für ein sozialgerichtliches Verfahren gegeben sein kann.
- 58
Im Ergebnis kann der Klägerin, der hier nach Erlass des Widerspruchsbescheids vom 26. April 2012 wegen einer eventuell anschließend zu erhebenden Klage noch eine angemessene, der einmonatigen Klagefrist entsprechende Prüfungszeit zuzüglich einer weiteren Frist von zumindest zehn Tagen für die Abfassung eines auf Rechtsschutz gerichteten Schreibens an die Beklagte zuzubilligen war, kein Verschulden an der Versäumung der in § 4 Abs. 3 lit. b ARB 2000 vorgesehenen Ausschlussfrist zur Last gelegt werden, weshalb es der Beklagten im Ergebnis nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verwehrt ist, sich auf eine sonst, bei rein formaler Betrachtung des Wortlauts der Klausel, vorliegende Fristversäumung zu berufen.
3.
- 59
Damit ist nicht nur der geltend gemachte Feststellungsantrag begründet, sondern die Klägerin hat zudem auch Anspruch auf Zahlung ihrer für die sozialgerichtliche Klage vorgestreckten Gerichtskosten in Höhe von 21.018,-- €.
a)
- 60
In der Rechtsschutzversicherung hat der Versicherungsnehmer, wie sich aus § 1 und aus § 5 Abs. 1ARB 2000 ergibt, lediglich einen Anspruch auf Tragung der für die Interessenwahrnehmung erforderlichen Kosten durch den Versicherer, was für ihn im Ergebnis regelmäßig nur einen Befreiungsanspruch bedeutet, jedoch einen direkten Zahlungsanspruch ausschließt. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der Versicherungsnehmer bereits selbst den Kostengläubiger befriedigt hat. Für diesen Fall wandelt sich nämlich sein ursprünglicher Befreiungsanspruch in einen direkt gegen den Versicherer gerichteten Zahlungsanspruch um (Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG, 28. Auflage, 2010, ARB 2008, § 5, Rdnr. 2 mit weiteren Nachweisen). So verhält es sich hier wegen der von der Klägerin unstreitig bereits für die sozialgerichtliche Klage eingezahlten Gerichtskosten in Höhe von 21.018,-- € (Bl. 67 Bd. I d. A.), die nach § 5 Abs. 1 lit. c ARB 2000 von der Beklagten zu tragen sind.
- 61
Auch die insoweit ab Rechtshängigkeit der Forderung mit Zustellung der Klageschrift am 12. September 2013 (Bl. 69 Rs. Bd. I d. A.) nach § 291 Satz 1 und 2 in Verb. mit § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB und den §§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO in gesetzlicher Höhe angefallenen Prozesszinsen unterliegen keinen Bedenken und sind der Klägerin deshalb ebenfalls zuzusprechen.
b)
- 62
Etwas anderes gilt hingegen für die verlangten Rechtsanwaltskosten, deren Erstattung die Klägerin nicht verlangen kann.
- 63
Dies folgt zwar nicht bereits daraus, dass die Klägerin ihre unstreitig in Höhe von insgesamt 11.900,-- € erbrachten Zahlungen auf Vorschussnoten ihres Rechtsanwalts geleistet hat, da auch Kostenvorschüsse gemäß § 9 RVG zurgesetzlichen Vergütung eines Rechtsanwalts im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. a ARB 2000 zählen und damit vom Leistungsumfang einer Rechtsschutzversicherung mit erfasst sind. Einem Zahlungsanspruch steht vielmehr entgegen, dass nach dem Vortrag der Klägerin trotz der hierzu vom Senat in den Beschlüssen vom 11. Dezember 2014 (Bl. 188 Bd. I d. A.) und vom 11. Juni 2015 (Bl. 237 Bd. I d. A.) erteilten Hinweise letztlich offen geblieben ist, ob sich die Vorschüsse, wie für eine bedingungsgemäße Einstandspflicht der Beklagten nach § 2 lit. f in Verb. mit § 5 Abs. 1 lit. a ARB 2000 vonnöten, auf das sozialgerichtliche Verfahren beziehen oder nicht stattdessen bereits für das vorangegangene Tätigwerden der Rechtsanwälte im Verwaltungsverfahren (vgl. Bl. 95 Bd. I d. A.) angefallen sind. Die beiden Kostennoten vom 14. März 2013 und 6. Februar 2014 selbst bringen hierzu keine Klärung, da darin lediglich pauschal von der bisher geleisteten umfangreichen Tätigkeit, welche sich folglich sowohl auf das vorangegangene Verwaltungs- wie auch das anschließende Gerichtsverfahren beziehen kann, die Rede ist.
III.
- 64
Die Kostenentscheidung folgt, entsprechend dem jeweiligen Unterliegen und Obsiegen der Parteien, aus den §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO.
- 65
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf den §§ 708 Nr. 10 Satz 1, 711 Satz 1 und 2 ZPO.
IV.
- 66
Der Senat hat die Revision gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 in Verb. mit Abs. 2 Nr. 1 ZPO zugelassen, weil der Rechtssache in Bezug auf die Notwendigkeit und den Umfang einer einschränkenden Auslegung der Ausschlussklausel des § 4 Abs. 3 lit. b. ARB 2000 grundsätzliche Bedeutung zukommt.
- 67
Im Gegensatz zu der nach Auffassung des Senats im Wortlaut und damit auch in der Sache entscheidend abweichenden Ausschlussklausel des § 4 Abs. 4ARB 75 liegt zur hier streitbefangenen Auslegung des § 4 Abs. 3 lit. b ARB 2000 und den sich daraus für einen versicherungsvertraglichen Anspruch auf Rechtsschutz ergebenden Grenzen bisher keine höchstrichterliche Entscheidung vor. Deren bedarf es umso mehr, als sich die Rechtsfrage weiterhin für eine größere, nicht weiter bestimmbare Anzahl von Rechtsschutzfällen auch in Zukunft, auf nicht absehbare Zeit, deshalb stellen wird, weil sich die Nachfolgeklausel in § 4 Abs. 3 lit. b ARB 2008 von der auch gleich lokalisierten Regelung in den ARB 2000 nicht unterscheidet, sondern wortwörtlich identisch geblieben ist.
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Annotations
(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.
(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.
(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.Kommt es nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder des Gerichtsverfassungsgesetzes auf den Wert des Streitgegenstandes, des Beschwerdegegenstandes, der Beschwer oder der Verurteilung an, so gelten die nachfolgenden Vorschriften.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
Der Wert wird bestimmt: durch den Wert einer Sache, wenn es auf deren Besitz, und durch den Betrag einer Forderung, wenn es auf deren Sicherstellung oder ein Pfandrecht ankommt. Hat der Gegenstand des Pfandrechts einen geringeren Wert, so ist dieser maßgebend.
(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.
(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder - 2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.
(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.
(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
Der Versicherer verpflichtet sich mit dem Versicherungsvertrag, ein bestimmtes Risiko des Versicherungsnehmers oder eines Dritten durch eine Leistung abzusichern, die er bei Eintritt des vereinbarten Versicherungsfalles zu erbringen hat. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, an den Versicherer die vereinbarte Zahlung (Prämie) zu leisten.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).
(2) Die Klageschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts; - 2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.
(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen; - 2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht; - 3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.
(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.
Der Rechtsanwalt kann von seinem Auftraggeber für die entstandenen und die voraussichtlich entstehenden Gebühren und Auslagen einen angemessenen Vorschuss fordern.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.