Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 09. Apr. 2015 - 2 U 52/14
Gericht
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 30.05.2014 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Halle wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
III. Das landgerichtliche Urteil und das Senatsurteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A.
- 1
Die Klägerin ist Leistungsverpflichtete für die Sicherstellung der Ansprüche auf Kinderbetreuung nach § 11 Abs. 2 i. V. m. § 3 Abs. 3 des Gesetzes zur Förderung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege des Landes Sachsen-Anhalt (Kinderförderungsgesetz - KiFöG). Der beklagte Landkreis ist örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe gemäß § 1 Abs. 1 Kinder- und Jugendhilfegesetz des Landes Sachsen-Anhalt (KJHG-LSA).
- 2
Nach § 11 Abs. 1 S. 4 KiFöG in der vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung (im Folgenden: KiFöG) ist Grundlage der Festlegungen für die Zuweisungen finanzieller Mittel für die Kinderbetreuung der Hortkinder betreffend das Jahr 2008 die Anzahl der im Jahr 2006 zu betreuenden Hortkinder.
- 3
Im Jahre 2006 lag die Ev. Martin-Luther-Grundschule O. (im Folgenden: Grundschule O. ) in dem Gebiet der Verwaltungsgemeinschaft S. . Nunmehr befindet sie sich in dem der Klägerin zugehörigen Gebiet. Im Jahr 2006 wurden nach der Feststellung der Rechtsvorgängerin der Klägerin (im Folgenden: Klägerin) in der Grundschule O. insgesamt 720 Hortkinder betreut.
- 4
Mit Schreiben vom 20.08.2007 übersandte die Klägerin als Trägergemeinde dem Beklagten die Zahlen der Erhebung der in den Kindertageseinrichtungen betreuten Kinder (Anlage K 1). In dem Schreiben heißt es dazu u. a.:
- 5
„Anzahl der Hortplätze der evangelischen Martin-Luther-Grundschule O. H. straße 17a, O.
Hortplätze 2007 (Kinderzahlen lt. VNW 2006): 720 Kinder“.
- 6
Hinsichtlich der anderen Einrichtungen erfolgte die Mitteilung in tabellarischen Spalten unter Bezugnahme auf die monatlichen Belegzahlen 2006.
- 7
Die in den Erhebungen der Gemeinden mitgeteilten Zahlen übersandte der beklagte Landkreis zusammengefasst dem Landesverwaltungsamt. In der Mitteilung heißt es betreffend die Grundschule O. für das Jahr 2006: „0 – Hortkinder“.
- 8
Mit Landesverordnung vom 13.02.2008 wurden die zu verteilenden Zuweisungsmittel festgeschrieben (GVBl. LSA Nr. 3/2008).
- 9
Unter dem 07.02.2008 (Eingang 20.02.2008) und 31.03.2008 (Eingang 04.04.2008) teilte der Beklagte der Klägerin die Anweisung von Abschlägen für die voraussichtlichen Landes- und Landkreiszuweisungen mit (Anlage K 4). Ab dem 07.04.2008 führten die Parteien Gespräche über die Höhe der Zuweisungen.
- 10
Mit Bescheid vom 25.08.2008 lehnte das Landesverwaltungsamt die Bereitstellung weiterer Mittel bestandskräftig ab (Anlage K 3).
- 11
Mit Schreiben vom 21.08.2009 forderte die Klägerin den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 04.09.2009 zur Zahlung weiterer 108.576,00 Euro für 720 Hortkinder der Grundschule O. auf (Anlage K 6, Bl. 31 – 38, I). Unter dem 09.12.2009 lehnte der Beklagte weitere Zuweisungen ab (Anlage K 6, Bl. 41, I).
- 12
Daraufhin machte die Klägerin die Landkreis- und die Landeszuwendung für 720 Hortkinder der Grundschule O. gegen den Beklagten im Verwaltungsrechtsweg geltend. Mit Urteil vom 10.11.2011 wies das Verwaltungsgericht Halle die Klage ab (7 A 79/10). Die hiergegen eingelegte Berufung wies das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt mit seit dem 02.08.2013 rechtskräftigen Urteil vom 18.06.2013 zurück (4 L 28/13). Eine Entscheidung über Amtshaftungsansprüche wurde hiermit ausdrücklich nicht getroffen.
- 13
Mit ihrer Klage macht die Klägerin Amtshaftungsansprüche einschließlich der im vorgenannten verwaltungsgerichtlichen Verfahren entstandenen Kosten sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten geltend. Sie begehrt Ersatz entgangener Landes- und Landkreiszuweisungen für das Jahr 2008 in Höhe von insgesamt 108.576,00 Euro, hierin enthalten entgangene Landeszuweisungen in Höhe von 70.963,20 Euro und entgangene Landkreiszuweisungen in Höhe von 37.612,80 Euro (Bl. 4/5, I), mindestens aber 70.927,20 Euro bzw. 37.591,20 Euro (Bl. 114/ 115, I). Sie hat vorgetragen, dass im Jahr 2006 in der streitgegenständlichen Einrichtung 720 Hortkinder versorgt worden seien. Der Beklagte habe seine Amtspflichten gegenüber der Klägerin fahrlässig verletzt, indem er die Erhebung hinsichtlich der Hortkinder der Grundschule O. nicht richtig interpretiert und die unrichtige Zahl „0“ an das Landesverwaltungsamt weitergeleitet habe. Aufgrund dieser Pflichtverletzung sei letztlich die Zuweisung des tatsächlich in dieser Höhe bestehenden Anspruchs nicht mehr durchsetzbar gewesen und der Klägerin das Geld hierfür entgangen. Ferner sei sie gehalten gewesen, zunächst den verwaltungsgerichtlichen Weg zu beschreiten.
- 14
Die Klägerin hat beantragt,
- 15
1. den beklagten Landkreis zu verurteilen, an die Klägerin 37.612,80 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf einen Betrag in Höhe von 9.403,20 Euro seit dem 01.02.2008 und auf einen Betrag in Höhe von 28.209,60 Euro ab dem 30.04.2008 zu zahlen;
- 16
2. den beklagten Landkreis zu verurteilen, an die Klägerin 70.963,20 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf einen Betrag in Höhe von 17.740,80 Euro seit dem 01.01.2008 und auf einen Betrag in Höhe von 53.222,40 Euro seit dem 31.03.2008 zu zahlen;
- 17
3. den beklagten Landkreis zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Kosten in Höhe von 2.118,44 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
- 18
4. den beklagten Landkreis zu verurteilen, an die Klägerin Kosten für das verwaltungsgerichtliche Verfahren in Höhe von 8.671,32 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
- 19
Der Beklagte hat beantragt,
- 20
die Klage abzuweisen.
- 21
Der Beklagte hat vorgetragen, dass bereits infolge der unrichtigen Mitteilung der Klägerin, welche er nicht habe hinterfragen müssen, eine von ihm begangene Amtspflichtverletzung ausscheide. Jedenfalls begründe die unrichtige Übermittlung durch die Klägerin deren überwiegendes Mitverschulden, welches einen Anspruch gegen ihn schon dem Grunde nach ausschließe, diesen zumindest erheblich mindere. Ferner sei die Klägerin nicht als Dritte im Sinne der Amtshaftungsvorschriften anzusehen. Zudem habe sie lediglich für das Jahr 2007 die Anzahl von 720 Hortkindern angegeben, nicht aber für das Jahr 2006. Darüber hinaus bestehe der Schaden nicht in der geltend gemachten Höhe. Insbesondere sei nicht davon auszugehen, dass die insgesamt auf alle Einrichtungen zu verteilenden Zuweisungen im Falle einer korrekten Übermittlung - von 720 Hortkindern - höher gewesen seien.
- 22
Mit am 30.05.2014 verkündeten Urteil hat das Landgericht Halle die Klage abgewiesen. Wegen der Gründe wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen (Bl. 166 – 168, I).
- 23
Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.
- 24
Auf das Berufungsvorbringen der Parteien wird Bezug genommen.
- 25
Die Akte 4 L 28/13 - OVG Sachsen-Anhalt – hat vorgelegen und ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 25.03.2015 gewesen.
B.
- 26
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
- 27
Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Schadensersatzanspruch wegen einer Amtspflichtverletzung gemäß Art. 34 GG i. V. m. § 839 BGB.
- 28
I. Allerdings ist eine schuldhafte Amtspflichtverletzung des Beklagten gegeben.
- 29
1. Es kann dahin stehen, ob der Beklagte grundsätzlich verpflichtet war, die ihm mitgeteilten Zahlen einer eingehenden Prüfung zu unterziehen. Jedenfalls bestand eine Pflicht, die Unterlagen auf offensichtliche Unrichtigkeiten zu überprüfen. Bei einer derartigen Prüfung hätte sich dem Beklagten jedoch aufdrängen müssen, dass die Mitteilung der 720 Hortkinder durch die Klägerin nicht, wie von ihr ausdrücklich angegeben, das Jahr 2007 betreffen sollte.
- 30
a) Denn dem Beklagten musste bekannt sein, dass für die Zuwendungen in einem Jahr nach § 11 Abs. 1 S. 4 KiFöG die Zahl der im vorletzten Jahr betreuten Kinder maßgeblich ist, mithin für Zuwendungen im Jahr 2008 die Zahl der im Jahr 2006 betreuten Kinder.
- 31
b) Das galt umso mehr, als die Mitteilung mit Schreiben vom 20.08.2007 erfolgt ist, mithin zu einem Zeitpunkt, als das Kalenderjahr 2007 noch nicht abgelaufen war und daher die Zahlen für das Jahr 2007 noch gar nicht feststehen konnten.
- 32
c) Hinzu kommt, dass bei der klägerischen Angabe ein deutlicher Hinweis auf den Verwendungsnachweis für das Jahr 2006 enthalten war („Kinderzahlen lt. VNW 2006“.).
- 33
d) Darüber hinaus ist auch im klägerischen Begleitschreiben vom 20.08.2007 (Anlage K 1, Bl. 15) darauf hingewiesen worden, dass „die Erhebung der im Jahr 2006 in den Kindereinrichtungen…betreuten Kinder“ übersandt werde.
- 34
e) Angesichts dieser Umstände musste sich dem Beklagten geradezu aufdrängen, dass es sich bei der Nennung des Jahres 2007 um einen offensichtlichen Schreibfehler handelte. Eine unberichtigte Mitteilung an das Landesverwaltungsamt ist daher als fahrlässig zu erachten, woran sich nichts dadurch ändert, dass die originär zuständige und sachkundige Sachbearbeiterin des Beklagten an einer Bearbeitung des Vorgangs gehindert war.
- 35
2. Auch wenn die grundsätzliche Verpflichtung des Beklagten lediglich in der bloßen Weiterleitung der ihm von der Klägerin mitgeteilten Daten an das Landesverwaltungsamt lag (vgl. das Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 18.06.2013 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 10.11.2011), bestand aufgrund der vorbenannten offensichtlichen Unrichtigkeit ausnahmsweise eine Verpflichtung, vor der Übermittlung der Daten an das Landesverwaltungsamt eine Rücksprache mit der Klägerin zu führen, in deren Rahmen das Versehen mit Sicherheit ohne Weiteres hätte aufgeklärt werden können. In diesem Zusammenhang ist nicht zuletzt die besondere finanzielle Bedeutung der Mitteilung zu beachten, die den Beklagten zu besonderer Sorgfalt hätte veranlassen müssen.
- 36
II. Ein Amtshaftungsanspruch der Klägerin scheidet jedoch aus, weil sie nicht Dritte i. S. d. § 839 BGB ist. Zutreffend hat das Landgericht entschieden, dass es an der nach § 839 Abs. 1 S. 1 BGB vorausgesetzten Drittbezogenheit der Amtspflicht des Beklagten fehlt. Denn die Amtspflicht bestand vorliegend nicht gegenüber der Klägerin als einem Dritten.
- 37
1. a) Ob der durch eine Amtspflichtverletzung Geschädigte Dritter ist, bestimmt sich danach, ob die Amtspflicht - wenn auch nicht notwendig allein, so doch auch - den Zweck hat, gerade sein Interesse wahrzunehmen. Nur wenn sich aus den die Amtspflicht begründenden und sie umreißenden Bestimmungen sowie aus der besonderen Natur des Amtsgeschäfts ergibt, dass der Geschädigte zu dem Personenkreis zählt, dessen Belange nach dem Sinn und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt und gefördert werden sollen, besteht ihm gegenüber bei schuldhafter Pflichtverletzung eine Schadensersatzpflicht. Hingegen ist anderen Personen gegenüber, selbst wenn die Amtspflichtverletzung sich für sie mehr oder weniger nachteilig ausgewirkt hat, eine Ersatzpflicht nicht begründet. Es muss mithin eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten Dritten bestehen (BGH, Urteil vom 16.01.1997, III ZR 117/95, BGHZ 134, 268, WM 1997, 375).
- 38
b) Dritter i. S. d. § 839 Abs. 1 S. 1 BGB kann auch eine juristische Person des öffentlichen Rechts sein. Im Allgemeinen werden die unter den verschiedenen Körperschaften des öffentlichen Rechts bestehenden Pflichten jedoch lediglich solche sein, die eine ordentliche Verwaltung gewährleisten sollen; eine solche Körperschaft ist nur dann Dritter, wenn der für die haftpflichtige Behörde tätig gewordene Beamte ihr bei Erledigung seiner Dienstgeschäfte in einer Weise gegenübertritt, wie sie für das Verhältnis zwischen ihm und seinem Dienstherrn einerseits und dem Staatsbürger andererseits charakteristisch ist. Die Ersatz verlangende Körperschaft muss der Anstellungskörperschaft des die Amtspflicht verletzenden Bediensteten im Hinblick auf die wechselseitigen - widerstreitenden und vom Amtsträger eben um des Schutzes der anderen Körperschaft willen zu wahrenden - Interessen der Beteiligten gewissermaßen als „Gegner" gegenüberstehen. Wirken hingegen der Dienstherr des Beamten und eine andere Körperschaft des öffentlichen Rechts bei der Erfüllung einer ihnen gemeinsam übertragenen Aufgabe gleichsinnig und nicht in Vertretung einander widerstreitender Interessen derart zusammen, dass sie im Rahmen dieser Aufgabe als Teil eines einheitlichen Ganzen erscheinen, dann können jene Pflichten, die dem Beamten im Interesse der Förderung des gemeinsam angestrebten Zieles obliegen, nicht als „drittgerichtete" Amtspflichten angesehen werden, deren Verletzung außenrechtliche Amtshaftungsansprüche der geschädigten Körperschaft auslöst (BGH, Urteile vom 12.12.1991, III ZR 18/91, BGHZ 116, 312, NJW 1992, 972, und vom 13.10.2011, III ZR 126/10, BGHZ 191, 173, MDR 2011, 1417).
- 39
2. Gemessen an diesen Maßstäben kann vorliegend von einer Gegnerstellung der Parteien keine Rede sein.
- 40
a) Beide Körperschaften haben bei der Gewährleistung einer bedarfsgerechten Kinderbetreuung unter Zugrundelegung der Vorgaben des KiFöG mitzuwirken. Die ihnen obliegenden Pflichten sind auf dieses gemeinsame Interesse ausgerichtet. Die beiden Körperschaften auferlegten Pflichten dienen der Erfüllung der nach dem KiFöG vorgegebenen adäquaten Kinderbetreuung. Die Erfüllung der Pflichten beider Parteien ist daher auf ein gemeinsames Ziel und die ihnen gemeinsam übertragene Aufgabe gerichtet, in deren Rahmen sie als Teil eines einheitlichen Ganzen erscheinen.
- 41
b) aa) Zu den Pflichten gehört auch die Meldung der Belegungszahlen durch die Klägerin als Trägergemeinde gegenüber dem Beklagten als Träger der öffentlichen Jugendhilfe einerseits und die Weitergabe dieser Zahlen durch den Beklagten an das Land andererseits, auf deren Grundlage das Land die sog. Landeszuweisungen vornimmt.
- 42
bb) (1) An dieser Bewertung ändert sich nichts dadurch, dass nach § 11 Abs. 2 S. 1 KiFöG der Träger der öffentlichen Jugendhilfe nicht nur verpflichtet ist, die gewährte Landeszuweisung an die Trägergemeinde als Leistungsverpflichtete zweckgebunden auszuzahlen, sondern er darüber hinaus der Trägergemeinde aus eigenen Mitteln eine weitere zweckgebundene Zuweisung in Höhe von 53 % der auf die Trägergemeinde entfallenden Landeszuwendung zu gewähren hat. Denn entscheidend ist, dass auch die Landkreiszuwendung der gemeinsamen Aufgabe der Parteien dient, eine bedarfsgerechte Kinderbetreuung herbeizuführen. An dieser Aufgabe orientiert sich das Verhalten beider Parteien und eben auch die Zahlung der Zuwendung durch den Landkreis und die dieser vorausgehenden Weiterleitung der Belegzahlen durch den Landkreis an das Land. Denn ebenso wenig wie die Erfüllung der Verpflichtung zur Meldung der Belegungszahlen durch die Klägerin gegenüber dem Beklagten die Erfüllung einer gegenüber dem Beklagten - als Dritter - zu erfüllenden Amtspflicht darstellt, ist auch die Weitergabe der Belegungszahlen oder die Zahlung der Zuwendung durch den Landkreis, sei es der Landes- oder der Landkreiszuwendung, eine gegenüber der Klägerin - als Dritte - zu erfüllende Amtspflicht.
- 43
(2) Dass sich die Höhe der Landkreiszuwendung aufgrund einer - fahrlässig oder vorsätzlich - erfolgenden unrichtigen Mitteilung des Landkreises an das Land mindern könnte, vermag hieran nichts zu ändern. Denn insoweit erachtet der Senat die Ausführung in der oberverwaltungsgerichtlichen Entscheidung vom 18.06.2013 im Verfahren 4 L 28/13 (dort Seite 9) als maßgeblich, wonach die Träger der öffentlichen Jugendhilfe gegenüber den Trägergemeinden als Leistungsverpflichteten die Verpflichtung haben, Recht und Gesetz zu beachten und daher die Weiterleitung der Belegungszahlen nach Maßgabe der Gesetze durchzuführen ist. Da ein hiervon abweichendes Verhalten offensichtlich rechtswidrig wäre und nichts darauf schließen lässt, dass die gesetzliche Regelung des § 11 KiFöG dem vorbeugen wollte, vermag die bloße Möglichkeit eines nicht gesetzmäßigen Handelns des Landkreises als einer an der Verwirklichung der gemeinsamen Aufgabe mitwirkenden Körperschaft, welches zu der Benachteiligung der Klägerin als anderer Körperschaft führt, nicht die Annahme zu rechtfertigen, dass sich die beiden Körperschaften per se in einer Gegnerschaft zueinander befinden. Insoweit ist vielmehr für die Beurteilung von einem beiderseitigen rechtmäßigen Verhalten auszugehen, so dass die gemeinsame Aufgabe als übergeordnetes Kriterium den Schluss auf das Nichtvorliegen einer Drittbezogenheit der Amtspflicht zulässt.
- 44
III. Aus den vorgenannten Gründen kommt es auf die Frage, ob die Fehlerhaftigkeit der Mitteilung vom 20.08.2007 die Annahme eines Mitverschuldens der Klägerin rechtfertige, nicht mehr an. Ebenso kann die Höhe des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs dahin stehen.
- 45
IV. Wegen der Unbegründetheit der Klageanträge zu 1) und 2) sind auch die mit den Klageanträgen zu 3) und 4) geltend gemachten Ansprüche nicht gegeben.
C.
- 46
I. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
- 47
II. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
- 48
III. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
moreResultsText
Annotations
Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.
(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.