I. Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen behaupteter Verletzung des deutschen Teils eines Europäischen Patents für eine Mobilstation zum Betrieb in einem UMTS-Mobilfunknetz auf Unterlassung, Auskunft, Vernichtung und Feststellung der Entschädigungs- bzw. Schadensersatzpflicht in Anspruch.
Die Klägerin ist ein in P. bei M1 ansässiges Patentverwertungsunternehmen. Die Beklagten sind Gesellschaften des …konzerns. Die Beklagte zu 1) ist die Dachgesellschaft für alle M. M. und S. M. Die Beklagten zu 2) bis 20) betreiben jeweils einen oder mehrere M. M. oder S. M. in Bayern.
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Europäischen Patents EP 1 841 268 B1 (Anlage K 1, nachfolgend: Klagepatent), das in ihrem Portfolio die interne Nummer #100A trägt und den Zugriff einer Mobilstation auf einen wahlfreien Zugriffskanal in Abhängigkeit ihrer Nutzerklasse betrifft. Das Klagepatent wurde am 15.02.2000 unter Inanspruchnahme der Priorität der DE19910239 vom 08.03.1999 angemeldet (Anmeldeschrift EP 1 841 268 A1 als Anlage K 3). Der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 17.03.2010 veröffentlicht. Das Klagepatent ist mit Wirkung für Deutschland erteilt (Az. 500 15 891.6) und steht in Kraft (Anlage K2). Anspruch 1 des erteilten Klagepatents lautet in der Verfahrenssprache wie folgt:
„Mobilstation (5, 10, 15, 20) zum Betrieb in einem UMTS Mobilfunknetz, in dem mehrere Nutzerklassen (35, 40) unterschieden werden, dadurch gekennzeichnet, dass die Mobilstation (5,10,15, 20) dazu eingerichtet ist,
- eine Nutzerklasse (35, 40) von einer SIM-Karte (75) zu lesen,
- über einen Broadcast Control Channel (25) Zugriffsschwellwertbits (S3, S2, S1, SO) und Zugriffsklasseninformationen (Z0, Z1, Z2, Z3) zu empfangen,
- aus den Zugriffsschwellwertbits (S3, S2, S1, SO) einen Zugriffsschwellwert (S) zu ermitteln,
- anhand der für die Nutzerklasse (35, 40) relevanten Zugriffsklasseninformationen (Z0, Z1, Z2, Z3) zu ermitteln, ob die“ Mobilstation (5, 10, 15, 20) unabhängig von den empfangenen Zugriffsschwellwertbits (S3, S2, S1, SO) auf einen wahlfreien Zugriffskanal, zum Beispiel …, zugreifen darf, oder ob die Zugriffsberechtigung auf den wahlfreien Zugriffskanal, zum Beispiel …, in Abhängigkeit einer Zugriffsschwellwertauswertung ermittelt wird.“
Das Klagepatent war Gegenstand eines Einspruchs- und eines Einspruchsbeschwerdeverfahrens vor dem Europäischen Patentamt. Im Einspruchsverfahren wurde das Klagepatent zunächst durch Entscheidung vom 25.04.2012 (Anlage HL 3, Anlage K 21) in vollem Umfang widerrufen. Auf die Beschwerde der Klägerin (Anlage K 25) hob die Technische Beschwerdekammer 3.5.03 des Europäischen Patentamts die Entscheidung der Einspruchsabteilung über den Widerruf des Klagepatents am 07.03.2013 auf (Anlage K28) und verwies die Sache zur Prüfung der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit des Patents in der Fassung des von der Klägerin zuletzt gestellten Hauptantrags zum nunmehr einzigen Anspruch 1 (Anlage HL 5) zurück. Mit Entscheidung vom 22.01.2014 (Anlage K 39) erhielt die Einspruchsabteilung das Patent in dieser Fassung aufrecht. Gegen diese Entscheidung wurde Beschwerde eingereicht, über die noch nicht entschieden ist.
Der nunmehr einzige Patentanspruch, auf den die hiesige Klage gestützt ist, lautet:
Mobilstation (5, 10, 15, 20) zum Betrieb in einem UMTS Mobilfunknetz, in dem mehrere Nutzerklassen (35, 40) unterschieden werden, in dem Informationssignale mit Zugriffsberechtigungsdaten an die Mobilstation übertragen werden, wobei die Zugriffsberechtigungsdaten als ein Bitmuster übertragen werden, dadurch gekennzeichnet, dass die Mobilstation (5,10, 15, 20) dazu eingerichtet ist,
- eine Nutzerklasse (35, 40) von einer SIM-Karte (75) zu lesen,
- über einen Broadcast Control Channel (25) die Zugriffsberechtigungsdaten, welche Zugriffsschwellwertbits (S3, S2, S1, SO) und Zugriffsklassenbits (ZO, Z1, Z2, Z3) aufweisen, zu empfangen,
- aus den Zugriffsschwellwertbits (S3, S2, S1, SO) einen Zugriffsschwellwert (S) zu ermitteln, sofern die Zugriffsberechtigung auf den wahlfreien Zugriffskanal in Abhängigkeit einer Zugriffsschwellwertauswertung ermittelt wird,
- anhand des für die Nutzerklasse (35, 40) relevanten Zugriffsklassenbits (ZO, Z1, Z2, Z3) zu ermitteln, ob die Mobilstation (5, 10, 15, 20) unabhängig von den empfangenen Zugriffsschwellwertbits (S3, S2, S1, SO) auf einen wahlfreien Zugriffskanal, zum Beispiel …, zugreifen darf, oder ob die Zugriffsberechtigung auf den wahlfreien Zugriffskanal, zum Beispiel …, in Abhängigkeit einer Zugriffsschwellwertauswertung zu ermitteln ist,
- und dazu eingerichtet ist, als Zugriffsschwellwertauswertung den Zugriffsschwellwert (S) mit einer Zufallszahl oder einer Pseudozufallszahl (R) zu vergleichen,
- und dazu eingerichtet ist, auf den wahlfreien Zugriffskanal in Abhängigkeit der Ermittlung anhand des Zugriffsklassenbits entweder unabhängig von den empfangenen Zugriffsschwellwertbits (S3, S2, S1, SO) oder in Abhängigkeit des Vergleichsergebnisses zuzugreifen.
- Die … Corp mit Sitz in Taiwan stellt verschiedene UMTS-fähige Mobilstationen, beispielsweise die auf Seite 15 der Klageschrift aufgeführten 20 Modelle, her. Unter anderem diese Modelle der HTC Corp. werden von den Beklagten zu 2) bis 20) im Inland angeboten und in Verkehr gebracht.
Der Standard für den „Universal Mobile Telecommunications System“- bzw. UMTS-Mobilfunk ist in verschiedenen Dokumenten des European Telecommunications Standards Institute (ETSI) niedergelegt. Insbesondere in den standardrelevanten Dokumenten ETSI TS 125 331, Version 6.16.0 (Anlagen K 15, K16), ETSI TS 125 321, Version 6.14.0 (Anlagen K 17, K 18), und ETSI TS 122 011, Version 7.7.0 (Anlagen K 19, K 20) ist ein Zugriffskontrollverfahren beschrieben, das Mobilstationen Zugriffsrechte auf den wahlfreien Zugriffskanal, den Random Access Channel (...), zuweist.
Wenn eine Mobilstation auf das Netz zugreifen will, muss sie einen sogenannte RRC (Radio Resource Control) Connection Request auf dem ... an die Basisstation senden. Die Ressourcen des ... können zwischen bis zu acht verschiedenen „Access Service Classes“ (ASC#0 bis 7) aufgeteilt werden, um verschiedene Nutzungsprioritäten einzuräumen, wobei ASC#0 die höchste Zugriffspriorität genießt. Die Access Service Class 0 wird nach dem UMTS-Standard beim Notruf oder aus Gründen gleicher Priorität verwendet.
Die Mobilstation, die einen RRC Connection Request auf dem ... senden will, muss zunächst die ihr zugeordnete Access Service Class ermitteln, welche mittels der „Access Class“, in welche die Mobilstation zugeteilt ist, bestimmt wird. Die Zuordnung der Access Service Class zur Access Class erfolgt über ein Informationselement namens „AC-to-ASC-Mapping“, deren 3 Bits umfassende Parameter stets in den Systeminformationsblöcken (= SIB) 5 oder 5bis übertragen werden. Jeder Access Class wird dabei eine Access Service Class von 0 bis 7 wie folgt zugeordnet, wobei in der Tabelle „n.lE“ eine Access Service Class Zahl i im Bereich 0-7 zur Access Class bezeichnet:
Die Erteilung des Zugriffs in Abhängigkeit verschiedener Access Service Classes auf den … erfolgt über die Ermittlung eines Persistenzwertes Pi, der die Zugriffswahrscheinlichkeit regelt. Das Netzwerk sendet über den Broadcast Control Channel (BCCH) im Systeminformationsblock (SIB) 7 ein dynamisches Persistenzniveau N mit Werten von 1 bis 8, aus dem der Persistenzwert Pi, ermittelt wird, der die Wahrscheinlichkeit des Zugriffs regelt. Bei der Access Service Class 0 wird dieser Persistenzwert Pi stets auf 1 gesetzt, ohne dass das dynamische Persistenzniveau N darauf Einfluss hat. Für die Access Service Classes 1 bis 7 wird der Persistenzwert Pi dagegen in Abhängigkeit vom dynamischen Persistenzniveau N nach folgender Normierung bestimmt:
Für die Access Service Classes 1 bis 7 ergeben sich daher für steigende Werte von N jeweils immer kleiner werdende Persistenzwerte Pi, die von P(N) abhängen, die zu abnehmenden Zugriffswahrscheinlichkeiten führen: Bei Werten des dynamischen Persistenzwerts N zwischen 1 und 8 kann der Wert P(N) also zwischen 1 und 1/128 liegen. Neben dem dynamischen Persistenzwert N kann in die Berechnung des Persistenzwert Pi der Skalierungsfaktor si einfließen. Der Persistenzwert Pi ist den Access Service Classes nach folgender Tabelle zugeordnet:
Das Zugriffskontrollverfahren läuft dergestalt ab, dass nach seinem Start und dem Empfang von diversen Parametern die Auswahl der Access Service Class für die Access Class der Mobilstation im Rahmen des genannten Informationselementes AC-to-ASC-Mapping erfolgt. Darüber hinaus wird der Persistenzwert Pi ermittelt. Für die Access Service Classes 1 bis 7 erfolgt die Ermittlung unter Auswertung des im System gesendeten dynamischen Persistenzniveaus, während für die Access Service Class 0 der Wert Pi auf 1 gesetzt wird. In der Auswerteeinheit der Mobilstation wird eine Zufallszahl R zwischen 0 und 1 gezogen, die mit dem ermittelten Persistenzwertes Pi verglichen wird. Ist die Zufallszahl kleiner oder gleich dem Persistenzwertes Pi, sendet die Mobilstation auf dem … die Nachricht mit dem Zugriffswunsch. Ist die Zugriffszahl dagegen größer als der Persistenzwert Pi, geht die Einheit in eine Warteschleife und führt nach Ablauf eines Timers das Verfahren noch einmal durch. Wird daher einer Access Class einer Mobilstation durch das AC-to-ASC-Mapping die Access Service Class 0 zugeordnet, ist der Persistenzwert Pi für die Access Service Class 0 auf 1 gesetzt, weshalb die Bedingung R ≤ Pi stets erfüllt und der Zugriff auf den ... möglich ist (vgl. die Figur 11.2.2.1 in Abschnitt 11.2.2 ETSI TS 125 321, Version 6.14.0).
Die Systeminformationsblöcke sind Teile der Systeminformationen, die insgesamt 4096 Systemframes umfassen. Ein Master Information Block bietet Referenzangaben und Zielplaninformationen zu einer Anzahl von Systeminformationsblöcken, wodurch die Zugriffsberechtigungsdaten in den Systeminformationen erkannt werden können. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die bereits genannten Standarddokumente verwiesen.
Mit Endurteil vom 19.12.2014, berichtigt mit Beschluss vom 03.06.2015, hat das Landgericht der Klage vollumfänglich stattgegeben und die Beklagten gemäß dem Hauptantrag wie folgt verurteilt:
I. Die Beklagten werden verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu Euro 250.000,00 - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihren jeweiligen gesetzlichen Vertretern zu vollziehen ist, zu unterlassen, im Geilungsbereich des deutschen Teils des europäischen Patentes EP 1 841 268 Mobilstationen, die von oder im Auftrag der HTC Corporation, 23 Xinghua Rd., Taoyuan 330, Taiwan, R.O.C., hergestellt oder vertrieben werden, zum Betrieb in einem UMTS Mobilfunk-netz, in dem mehrere Nutzerklassen unterschieden werden und in dem Informationssignale mit Zugriffberechtigungsdaten an die Mobilstation übertragen werden, wobei die Zugriffsberechtigungsdaten als ein Bitmuster übertragen werden, anzubieten, in den Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, wobei die Mobilstation dazu eingerichtet ist, eine Nutzerklasse von einer SIM-Karte zu lesen, über einen Broadcast Control Channel die Zugriffsberechtigungsdaten, welche Zugriffsschwellwertbits und Zugriffsklassenbits aufweisen, zu empfangen, aus den Zugriffsschwellwertbits einen Zugriffsschwellwert zu ermitteln, sofern die Zugriffsberechtigung auf den wahlfreien Zugriffskanal in Abhängigkeit einer Zugriffsschwellenauswertung ermittelt wird, anhand des für die Nutzerklasse relevanten Zugriffsklassenbits zu ermitteln, ob die Mobilstation unabhängig von den empfangenen Zugriffsschwellwertbits auf einen wahlfreien Zugriffskanal, zum Beispiel ..., zugreifen darf, oder ob die Zugriffsberechtigung auf den wahlfreien Zugriffskanal, zum Beispiel ..., in Abhängigkeit einer Zugriffsschwellwertauswertung zu ermitteln ist, und dazu eingerichtet ist, als Zugriffsschwellwertauswertung den Zugriffsschwellwert (S) mit einer Zufallszahl oder einer Pseudozufallszahl (R) zu vergleichen, und dazu eingerichtet ist, auf den wahlfreien Zugriffskanal in Abhängigkeit der Ermittlungen anhand des Zugriffsklassenbits entweder unabhängig von den empfangenen Zugriffsschwellwertbits (S3, S2, S1, SO) oder in Abhängigkeit des Vergleichsergebnisses zuzugreifen;
2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfange sie jeweils die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 3. November 2007 begangenen haben und zwar unter Angabe
a) der Mengen der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der bezahlten Preise,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -Zeiten und -preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer einschließlich der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
• wobei die Beklagten zum Nachweis der Angaben zu a) und b) entsprechende Belege (Rechnungen oder Lieferscheine) in Kopie vorzulegen haben,
• wobei von den Beklagten die Angaben zu e) erst ab dem 17. April 2010 zu machen sind,
• und wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkretes Befragen mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
3. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, unter 1. bezeichneten Erzeugnisse zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von ihnen zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre - der Beklagten - Kosten herauszugeben.
II. Es wird festgestellt,
1. dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin für die in Ziffer I. 1. bezeichneten, in der Zeit vom 3. November 2007 bis zum 16. April 2010 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;
2. dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 17. April 2010 entstanden Ist und noch entstehen wird.
In der Konsequenz musste das Landgericht über folgenden, hilfsweise gestellten Unterlassungsantrag hinsichtlich einer etwaigen unmittelbaren äquivalenten Verletzung des Anspruchs 1 des Klagepatents nicht entscheiden:
Die Beklagten werden verurteilt, es [bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu unterlassen, im Geltungsbereich des deutschen Teils des europäischen Patentes EP 1 841 268 Mobilstationen, die von oder im Auftrag der HTC Corporation, 23 Xinghua Rd., Taoyuan 330, Taiwan, R.O.C., hergestellt oder vertrieben werden, zum Betrieb in einem UMTS Mobilfunknetz, in dem mehrere Nutzerklassen unterschieden werden und in dem Informationssignale mit Zugriffberechtigungsdaten an die Mobilstation übertragen werden, wobei die Zugriffsberechtigungsdaten als ein Bitmuster übertragen werden, anzubieten, in den Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass die Mobilstation dazu eingerichtet ist, eine Nutzerklasse von einer SIM-Karte zu lesen, über einen Broadcast Control Channel die Zugriffsberechtigungsdaten, welche Zugriffsschwellwertbits und Zugriffsklassenbits aufweisen, zu empfangen, aus den ZugriffsschwelIwertbits einen Zugriffsschwellwert zu ermitteln, sofern die Zugriffsberechtigung auf den wahlfreien Zugriffskanal in Abhängigkeit einer Zugriffsschwellenauswertung ermittelt wird, anhand des für die Nutzerklasse relevanten und mit 3 Bits signalisierten Zugriffsklassenbits zu ermitteln, ob die Mobilstation unabhängig von den empfangenen Zugriffsschwellwertbits auf einen wahlfreien Zugriffskanal, zum Beispiel ..., zugreifen darf, oder ob die Zugriffsberechtigung auf den wahlfreien Zugriffskanal, zum Beispiel ..., in Abhängigkeit einer Zugriffsschwellwertauswertung zu ermitteln ist, und dazu eingerichtet ist, als Zugriffsschwellwertauswertung den Zugriffsschwellwert mit einer Zufallszahl oder einer Pseudozufallszahl zu vergleichen, und dazu eingerichtet ist, auf den wahlfreien Zugriffskanal in Abhängigkeit der Ermittlungen anhand des Zugriffsklassenbits entweder unabhängig von den empfangenen Zugriffsschwellwertbits oder in Abhängigkeit des Vergleichsergebnisses zuzugreifen.
Zur Begründung ist im Ersturteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, ausgeführt:
Für den Fachmann sei erkennbar, dass ein Bitmuster nach Merkmal (1 c) die Zuordnung bestimmter Bitstellen für die Zugriffsschwellenwertbits und Zugriffsklassenbits vorsehen müsse. Nur auf diese Art und Weise sei es der Mobilstation möglich zu erkennen, welcher Informationsgehalt der übermittelten Bitsequenz für die Zugriffsschwellenauswertung und welcher für die Zugriffsberechtigung anhand der Nutzerklasse relevant sei. Eine Bitsequenz in einer bestimmten gleichbleibenden Länge werde durch das Merkmal nicht vorgegeben. Vielmehr werde in Teilziffer [0036] klargestellt, dass die in den Ausführungsbeispielen verwendeten Anzahlen von Bits lediglich beispielhaft zu verstehen seien und erhöht oder verringert werden könnten. Ebenso habe auch die Technische Beschwerdekammer in ihrer Entscheidung vom 07.03.2013 festgestellt, dass das Bitmuster gemäß Figur 3c zwar eine Bitlänge von 13 Bit aufweise, dies jedoch nicht zwingend sei. Die variable Länge der Bitsequenz würde die Auslegung unterstreichen, wonach das Bitmuster als Bitsequenz mit einer bestimmten Belegung zu verstehen sei; denn wenn wie vorliegend die Länge der Bitsequenz unterschiedlich sein könne, könne eine Unterscheidungsfunktion nicht an die Länge der Bitsequenz geknüpft werden. Außerdem sei nicht erforderlich, dass in dem Bitmuster auch tatsächlich zeitgleich und zusammen stets Zugriffsschwellenwertbits und Zugriffsklassenbits übertragen werden. Die Mobilstation, die das Bitmuster empfange, welches beispielsweise nur Zugriffsschwlilenwertbits enthalte, müsse lediglich dazu eingerichtet sein, diese empfangen und anhand des Bitmusters sie als Zugriffsschwellenwertbits lesen und auswerten zu können.
Die erfindungsgemäße Lehre sehe vor, die Zugriffsberechtigung der Mobilstation auf den wahlfreien Zugriffskanal sowohl in Abhängigkeit einer Zugriffsschwellwertauswertung als auch nach der Zugehörigkeit zu einer Nutzerklasse zu ermitteln. Um die erfindungsgemäße Lehre verwirklichen zu können, müsse die Mobilstation daher sowohl Informationen zum Zugriffsschwellwert als auch zur Zugriffsklasse empfangen können; weitere Voraussetzungen für die Verwirklichung der erfindungsgemäßen Lehre würden vom Merkmal (2 b) nicht verlangt. Eine Einschränkung dahingehend, dass die Zugriffsberechtigungsinformationen zeitgleich oder in einem einzigen Datenstrom gemeinsam übertragen werden müssen, sei im Anspruch nicht vorgesehen und lasse sich auch der Beschreibung nicht entnehmen. Zwar würden in dem in Figur 3c dargestellten Ausführungsbeispiel beide Arten der Zugriffsberechtigungsdaten übertragen, für den Fachmann sei aber klar erkennbar, dass es sich bei dieser Darstellung lediglich um ein Ausführungsbeispiel handele, das den weiteren Schutzbereich des Patentanspruchs nicht zu begrenzen vermöge. Ebenso wenig lasse sich dem Anspruch eine bestimmte Ausgestaltung der Daten hinsichtlich beispielsweise einer bestimmten Anzahl von Bits entnehmen.
Aus Merkmal (2 d) ergebe sich, dass entscheidend für die Verwirklichung des patentgemäßen Verfahrens sei, dass die Mobilstation anhand der über den Signalisierungs-kanal übermittelten Information erkenne, ob sie einer zugriffsberechtigten Nutzerklasse angehöre. Der Klageanspruch verlange hierbei nicht, dass die jeweilige Nutzerklasse durch ein einziges physikalisches Zugriffsklassenbit zu ermitteln ist. Angesichts der unterschiedlichen Verwendungen des Begriffs des Zugriffsklassenbits in den Merkmalen (1 c), (2 b), (2 d) und (2 f) im Plural und im Singular lasse sich keine Beschränkung auf ein physikalisches Bit entnehmen, zumal eine derartige Beschränkung keine Stütze in der Beschreibung des Klagepatents finde, insbesondere nicht aus Teilziffer [0009]. Dort werde als Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens das Minimum an Übertragungskapazität hervorgehoben, welches für die Übertragung der Informationssignale in Anspruch genommen werde. In der genannten Teilziffer sei lediglich von der Übertragung des Zugriffsschwellwertes, nicht aber von den Zugriffsklassenbits die Rede, weshalb ein Rückschluss hieraus auf eine Beschränkung eines einzigen Zugriffsklassenbits pro Nutzerklasse nicht möglich sei. im Gegenteil werde in Teilziffer [0036] klargestellt, dass die für die Zugriffsklasseninformationen verwendeten Bits lediglich beispielhaft zu verstehen seien, wobei die Zugriffsklasseninformationen nach Teilziffer [0027] für die Zugriffsklassenbits in ihrer Gesamtheit stünden. Ebenso werde in Teilziffer [0010] davon ausgegangen, dass die Zugriffsklassenbits nicht auf ein einziges Bit pro Nutzerklasse beschränkt seien, da es dort heiße, es werde geprüft, ob die Zugriffsberechtigungsdaten Zugriffsberechtigungsinformationen für mindestens eine vorgegebene Nutzerklasse umfassten. Eine notwendige Einschränkung auf ein physikalisches Bit pro Nutzerklasse resultiere auch nicht aus der im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen des Klagepatents: Während das Klagepatent in seiner ursprünglichen Fassung des Merkmals (2 d) davon gesprochen habe, es sei anhand der für die Nutzerklasse relevanten Zugriffsklasseninformationen zu ermitteln, sei der Wortlaut durch die Ersetzung der „Zugriffsklasseninformationen“ durch das „Zugriffsklassenbit“ geändert worden. Diese Änderung stehe im Einklang mit der Beschreibung des Klagepatentes, in dem nach Teilziffer [0027] der Begriff der Zugriffsklasseninformationen für die Zugriffsklassenbits in ihrer Gesamtheit stehe. Nach Merkmal (2 d i) sollten aber gerade nicht die Zugriffsklasseninformationen, also die Zugriffsklassenbits in ihrer Gesamtheit, über den Zugriff auf den wahlfreien Zugriffskanal entscheiden, sondern nur die spezifische Information für die konkrete Nutzerklasse. Dies spiegle sich in dem Klagepatent in seiner geänderten Fassung wieder. Mit der Änderung sei somit nicht eine notwendige Reduktion auf ein physikalisches Bit für die Information der jeweiligen Zugriffsklasse einhergegangen. Soweit die Technische Beschwerdekammer in ihrer Entscheidung vom 07.03.2013 von einer Einschränkung des Begriffs der Zugriffsklasseninformationen auf ein Zugriffsklassenbit spreche, könne hieraus ebenfalls nicht auf die Beschränkung auf ein physikalisches Bit geschlossen werden: Die Äußerung der Technischen Beschwerdekammer sei im Zusammenhang mit der Prüfung des möglichen Nichtigkeitsgrunds der unzulässigen Erweiterung gefallen; um den Sachverhalt von einer solchen unzulässigen Erweiterung abzugrenzen, schreibe die Technische Beschwerdekammer, die Änderung führe nicht zu einer Erweiterung des Schutzbereichs des Patents, sondern zu dessen Einschränkung. Die Problematik um ein mögliches Erfordernis nur eines einzigen Zugriffsklassenbits sei von der Technischen Beschwerdekammer überhaupt nicht erörtert worden Und auch die Einspruchsentscheidung des Europäischen Patentamtes vom 22.01.2014 verwende den Begriff des Zugriffsklassenbits im Singular und im Plural und stelle inhaltlich darauf ab, dass der entscheidende Punkt im Klagepatent die konkrete Lösung sei, die speziellen Nutzerklassen durch Zugriffsberechtigungsbits anzuzeigen, und lediglich anhand dieser Informationen und damit unabhängig von der Ermittlung des Zugriffsschwellwertes eine Zugangsberechtigung zu erhalten. Die Einspruchsentscheidung sehe den erfinderischen Wert des Klagepatents in der Möglichkeit einer Zugriffsberechtigung für bestimmte Nutzerklassen, die sich alleine aus den übermittelten Zugriffsklassenbits unabhängig von einer Zugriffsschwellwertauswertung ergebe. Auch nach Auffassung der Einspruchsentscheidung liege der erfinderische Wert des Klagepatentes nicht in der Beschränkung der Zugriffsklasseninformation auf ein physikalisches Bit pro Nutzungsklasse.
Für die Verwirklichung der erfindungsgemäßen Lösung sei es schließlich ohne Bedeutung, ob die Mobilstation in der Alternative des Merkmals (2 d i) tatsächlich keine Zugriffsschwellwertauswertung durchführe oder das Ergebnis einer durchgeführten Zugriffsschwellwertauswertung nicht beachte, da im Klagepatent hierzu keine Vorgaben gemacht würden und entscheidend sei, dass der Zugriff unabhängig von dem Ergebnis einer Zugriffsschwellwertauswertung erfolge.
Die angegriffenen Ausführungsformen würden sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 des Klagepatents wortsinngemäß verwirklichen, da dessen technische Lehre im UMTS-Standard verwirklicht sei.
Die Parameter, anhand derer im UMTS-Standard durch das AC-to-ASC-Mapping eine Zuordnung der Access Classes der Mobilstationen zu den Access Service Classes erfolge, stellten Zugriffsklassenbits im Sinne des Klagepatentes dar. Da der Persistenzwert Pi über die Zulässigkeit des Übertragungsprozesses entscheide, stelle er einen Zugriffsschwellwert dar, weshalb der dynamische Persistenzwert N, aus dem der Persistenzwert Pi berechnet werde, als Zugriffsschwellwertbit im Sinne des Klagepatents eingeordnet werden könne.
Die Parameter des AC-to-ASC-Mapping und des dynamischen Persistenzniveaus N würden im UMTS-Standard auch als ein Bitmuster im Sinne des Klagepatents übertragen, da ein solches nicht eine Belegung sämtlicher Bitstellen voraussetze; erforderlich, aber auch ausreichend sei die eindeutige Zuordnung der einzelnen Bitstellen und damit deren Identifikation. Eine solche Zuordnung sei im UMTS-Standard vorhanden: Die Parameter des AC-to-ASC-Mapping würden stets in den Systeminformationsblöcken 5 oder 5bis und die des dynamischen Persistenzniveaus N im Systeminformationsblock 7 übertragen. Diese wiederum seien Teile der Systeminformationen, die insgesamt 4096 Systemframes umfassten und zu denen der Master Information Block Referenzangaben und Zielplan Informationen biete, wodurch die Zugriffsberechtigungsdaten in den Systeminformationen erkannt werden könnten. Für die Verwirklichung des Klagepatents sei es irrelevant, ob das AC-to-ASC-Mapping und der dynamischen Persistenzniveaus N fragmentiert und zu unterschiedlichen Zeiten übertragen würden; entscheidend sei deren Identifikation, die nicht von einer gemeinsamen und vollständigen Datenübertragung abhängig sei.
Zwar umfasse der als Zugriffsklassenbit einzuordnende Parameter des AC-to-ASC-Mapping unstreitig drei physikalische Bits, weil er eine Zuordnung zu den Access Service Classes 0 bis 7 und somit zu insgesamt acht Access Service Classes ermöglichen solle. Die Ausgestaltung anhand von drei Bits hindere die Verwirklichung des Merkmals (2 d) aber nicht, da nach dem Klagepatent das in Merkmal (2 d) genannte Zugriffsklassenbit nicht auf ein physikalisches Bit beschränkt sei.
Wenn der Persistenzwert Pi für die Access Service Class 0 auf 1 gesetzt sei, sei die Bedingung nach R ≤ Pi stets erfüllt und der Zugriff auf den ... möglich. Für die Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatentes sei der auch in diesem Fall tatsächlich stattfindende Vergleich zwischen dem Persistenzwert und der Zufallszahl unschädlich, da maßgeblich das von vornherein feststehende Ergebnis sei, nämlich dass aufgrund der festen Zuordnung von Pi auf 1 diese dem Wert der Zugriffszahl R entspreche und somit ein Zugriff immer möglich sei. Daher entscheide nicht der Vergleich mit der Zugriffszahl über den Zugriff, sondern die Zuordnung der Access Class der Moblistation zur Access Service Class 0.
Das Landgericht hat ferner Ausführungen dazu gemacht, warum die angegriffenen Ausführungsformen der Beklagten, die nach deren Einlassung Alternativlösungen verwendeten, ebenfalls von der im UMTS-Standard verwirklichten technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch machten (LGU, S. 45/47).
Schließlich komme eine Aussetzung gem. § 148 ZPO bis zum rechtskräftigen Abschluss des Einspruchsverfahrens vor dem Europäischen Patentamt nicht in Betracht, da keine deutlich überwiegende Wahrscheinlichkeit bestehe, dass das Klagepatent wegen unzulässiger Erweiterung oder fehlender Patentfähigkeit vernichtet werde. Die Technische Beschwerdekammer und die Einspruchsabteilung hätten die im vorliegenden Verfahren konkret vorgebrachen Argumente der unzulässigen Erweiterung und der fehlenden Patentfähigkeit geprüft. Die Beklagten trügen selbst vor, sämtliche der angeführten Nichtigkeitsgründe seien im Einspruchsverfahren vorgebracht worden. Es sei nicht ersichtlich, dass die Entscheidungen des Europäischen Patentamts auf unrichtigen Annahmen oder einer nicht mehr vertretbaren Argumentation beruhten. Ebenso wenig sei neben dem bereits im Einspruchsverfahren gewürdigten Stand der Technik weiterer Stand der Technik präsentiert worden. Die Entscheidung des BGH, in der er das Patent EP 1 186 189 für nichtig erkläre, habe keine Auswirkung auf das vorliegende Verfahren und stelle daher ebenfalls keinen Grund für eine Aussetzung dar, da die Entscheidung ein anderes Patent betreffe, welches nicht nur im Wortlaut, sondern auch in der technischen Lehre vom Klagepatent abweiche.
Gegen diese Entscheidung, dem Vertreter der Beklagten zugestellt am 22.12.2014, richtet sich die am 09.01.2015 bei Gericht eingegangene und, nach antragsgemäßer (Bl. 537 f. d. A.) Fristverlängerung (Bl. 538 d. A.), mit Schriftsatz vom 23.03.2015, bei Gericht eingegangen am selben Tage (Bl. 540 ff. d. A.), begründete Berufung der Beklagten, mit der sie weiterhin Klageabweisung begehren.
Unter Verweis auf ihr erstinstanzliches Vorbringen machen sie folgendes geltend:
Das Landgericht habe den Klagepatentanspruch fehlerhaft ausgelegt. Ein Bitmuster i. S. v. Merkmal (1 c) sei eine Sequenz von Bits vorgegebener Länge und Belegung, wobei nur der Empfang eines Bitmusters entsprechend dem 13-Bitmusterbeispiel der Beschreibung der technischen Lehre des Klagepatentanspruchs unterfalle; demzufolge müsse das Bitmuster zusammenhängend - und unabhängig von etwaigen anderen Zugriffsberechtigungsdaten - sowohl Zugriffsschwellwertbits als auch Zugriffsklassenbits aufweisen. Die Feststellung des Landgerichts hinsichtlich der Variabilität eines klagepatentgemäßen Bitmusters sowie die von der Klägerin behauptete dynamische Veränderung von dessen Gesamtlänge finde in der Patentschrift keine Stütze, insbesondere nicht in Abs. [0036]: Dort werde nur die Aussage getroffen, dass sich die Gesamtlänge eines Bitmusters ändern könne, wenn einzelne Informationskomponenten oder Bits, die diese ausbilden, hinzugefügt oder weggelassen würden. Dies bedeute aber nicht, dass die Länge der Bitsequenz keine Unterscheidungsfunktion für eine vorgegebene Bitbelegung haben könne. Die Beschreibung lehre in Abs. [0037] genau das Gegenteil, wie die dortige Schilderung der Programmpunkte 200 und 280 zeige, die die konkrete Länge des Bitmusters prüften. Auch ergebe sich aus dem Zusammenhang der Merkmale (1 b), (1 c) und (2 b) unmittelbar, dass die Zugriffsberechtigungsdaten als ein Bitmuster übertragen würden und Zugriffsschwellwert- sowie Zugriffsklassenbits enthalten müssten. Hierin lägen entscheidende Einschränkungen, die in die ursprünglich erteilte Anspruchsfassung durch die Patentinhaberin in den Klagepatentanspruch aufgenommen werden mussten und durch die eine Festlegung auf die in dem Ausführungsbeispiel der Figur 3c gezeigte Struktur eines Bitmusters erfolgt sei. Diese Auslegung stünde in Übereinstimmung mit derjenigen des OLG Karlsruhe im Urteil vom 09.07.2014 6 U 29/11) und den Feststellungen der Beschwerdekammer des EPA.
Die Zugriffsklassenbits verkörperten jeweils boolesche Variablen, d. h. eine Binärzahl „0/r, die einzelnen Nutzerklassen zugeordnet seien, d. h. sie könnten gesetzt oder nicht gesetzt sein (Ja/Nein-Entscheidung). Ein Bit im Sinne des Klagepatents sei auf der Ebene der Signalisierung die kleinste mögliche Dateneinheit. Aus dem Zusammenhang der vorrichtungskennzeichenden Merkmale der Merkmalsgruppe (2) des Klagepatentanspruchs werde deutlich, dass die Art der Signalisierung der über den BCCH des UMTS-Mobilfunknetzes zu empfangenen Zugriffsberechtigungsdaten konkret darüber entscheide, wie diese von einer UMTS-fähigen Mobilstation auszuwerten seien. Die beanspruchte Mobilstation ermittle aus dem ihrer Nutzerklasse zugeordneten Zugriffsklassenbit lediglich eine von zwei Alternativen der Zugriffsberechtigung und dürfe daher nicht über die Eigenschaft verfügen, aus dem Zugriffsklassenbit entsprechend Merkmal (2 c) einen dem Zugriffsschwellwert entsprechenden „Zugriffsklassenwert (Z)“ zu ermitteln und in Abhängigkeit von (Z) und ggf. weiteren Faktoren zu entscheiden, ob sie unabhängig von den empfangenen Zugriffsschwellwertbits auf den wahlfreien Zugriffskanal zugreifen dürfe. Die Merkmale (2 d) und (2 f) verwendeten daher konsequenterweise den Begriff „Zugriffsklassenbit“ im Singular, und auch Abs. [0027], wonach ausdrücklich jeweils nur ein Zugriffsklassenbit für eine Nutzerklasse stehe, spreche hierfür. Etwas anderes sei nirgendwo in der Klagepatentschrift offenbart, auch nicht in Abs. [0036]: Dieser Abschnitt enthalte eine konkrete Bezugnahme auf die Ausführungsbeispiele der Figuren 3a/3b und 3c und damit auch auf Abs. [0027]; die konkret referenzierten „verwendeten Anzahlen“ von Bits beträfen nicht die Menge an Bits je Nutzerklasse, sondern die Anzahl der für Nutzerklassen insgesamt im Bitmuster vorgesehenen Bits und damit die Anzahl der Zugriffsklassen. Dass das Verständnis des Landgerichts nicht zutreffen könne, zeige der Umstand, dass die in Abs. [0036] angesprochene Verringerung der Bits von den in allen Ausführungsbeispielen gezeigten 1 Bit pro Zugriffsklasse zu null Bits pro Zugriffsklassen führen würde, womit keine Information übertragen werden könnte. Die Lesart des Landgerichts von Abs. [0036] würde, wie das OLG Karlsruhe (Az. 6 U 29/11) überzeugend dargelegt habe, zu einer korrigierenden Auslegung der Merkmale (2 d) und (2 f) führen, welche sich bereits nach den allgemeinen Grundsätzen verbieten würde. Könnten also im Ergebnis die Zugriffsklassenbits als ganzzahliger Wert binär codiert sein, würde gerade keine funktionsorientierte Auslegung erfolgen, welche die konkrete Art der Signalisierung berücksichtigen müsse; das Klagepatent erschöpfe sich nicht in der Lehre, durch Übermittlung eines wie auch immer kodierten Informationsinhaltes die Weichen für oder gegen einen Schwellwertvergleich zu stellen, sondern gebe vielmehr auch die Mittel dazu an, wie diese Anforderungen auf der Signalisierungsebene gelöst werden solle, nämlich durch Übermittlung eines einzigen „physikalischen“ Zugriffsklassenbits pro Nutzerklasse. Dies ergebe sich aus den Abschnitten [0009], [0012] und [0013] sowie aus den Abschnitten [0023] ff. bzw. dem Klagepatentanspruch selbst, wonach die Informationssignale über einen Signalisierungskanal wie dem BCCH als Bitmuster an alle Mobilstationen des Netzes übertragen würden; das Klagepatent enthalte also konkrete Anweisungen über die Signalisierung. Diese Auslegung stünde im Einklang mit derjenigen in den Urteilen des Landgerichts Mannheim (Az. 7 O 29/12, 7 O 530/11 und 2 O 53/12) sowie des OLG Karlsruhe (Az. 6 U 29/11) in den Parallelverfahren und entspreche auch der Auslegungsinterpretation der Technischen Beschwerdekammer und der Einspruchsabteilung. Wenn der in der erteilten Anspruchsfassung in Merkmal (2 d) genannte Begriff der „Zugriffsklasseninformationen“ nunmehr durch die Singularform „Zugriffsklassenbit“ ersetzt worden sei, werde deutlich, dass das ursprüngliche Verständnis der Zugriffsklasseninformationen als Mehrheit von Zugriffsklassenbits nicht ursprungsoffenbart gewesen sei, so dass hierin eine unzulässige Schutzbereichserweiterung gelegen habe; durch die für notwendig erachteten Änderungen sei der Schutzbereich auf die Singularform „des Zugriffsklassenbits“ nunmehr zulässigerweise eingeschränkt worden. Auch in der Entscheidung der Einspruchsabteilung werde im Vergleich mit der Entgegenhaltung D11 auf „ein einziges Zugriffsklassenbit bzw. im Vergleich mit den Entgegenhaltungen D4/D5 auf eine Zugriffsmöglichkeit auf den ... „anhand des Zugriffsklassenbits“ abgestellt.
Entsprechend der gerade ausgeführten Auslegung der Klagepatentansprüche durch die Beklagten liege keine wortsinngemäße Patentverletzung vor. Es fehle an einer Verwirklichung der Merkmale (2 d) bzw. (2 f) im UMTS-Standard, da dort die Zuweisung einer gegebenen Zugriffskiasse zu einer der maximal acht möglichen Zugriffsdiensteklassen mittels des sog. „AC-to-ASC-mapping“ als Information Element (iE), welches aus einem Block von 3 Bits bestehe und einen ganzzahligen Wert binär codiere, erfolge und somit gerade kein einzelnes (physikalisches) Zugriffsklassenbit als boolesche Variable im Sinne des Klagepatents vorliege. Die angegriffene Ausführungsform sei nicht dazu eingerichtet, aus dem AC-to-ASC-mapping IE zu ermitteln, ob sie abhängig oder unabhängig von den Zugriffsschwellwertbits auf den ... zugreifen dürfe; somit könne und dürfe das AC-to-ASC-mapping IE nicht dazu verwendet werden, eine binäre Entscheidung (Ja/Nein) zu treffen. Nur alle drei Bits gemeinsam würden darüber entscheiden, ob die Mobilstation aufgrund ihrer Zugriffsklasse auf eine Zugriffsdienstklasse abgebildet würde; dagegen sei die Auswertung nur eines einzelnen Bits aus diesem Informationselement standardgemäß nicht vorgesehen und habe demzufolge keine definierte Funktion. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang auf das Urteil des englischen High Court in seiner Parallelentscheidung vom 24.04.2015 (Az. [2015] EWHC 1034 (Pat)) abstelle, verkenne dieses, dass die weitere funktionale Ausdifferenzierung (d. h. die Übermittlung von optionalen Skalierungsfaktoren zur weiteren Justierung des „dynamic persistence level N“) weder im Rahmen der Übermittlung des AC-to-ASC-mapping IE erfolge noch die Funktion des Zugriffsklassenbits gemäß Patentanspruch sei.
Ebenso wenig werde Merkmal (1 c) verwirklicht, da im UMTS-Standard die Zugriffsberechtigungsdaten zum Zwecke der Signalisierung auf dem BCCH auf verschiedene System Information Blocks (SIB) aufgeteilt würden (die Bits in Form des AC-to-ASC-mapping IE im SIB 5/5 bis, die Bits in Form des „Dynamic persistence level N“ im SIB 7) und damit gerade nicht gemeinsam in einem Information Element. Jeder einzelne SIB sei als Bitmuster anzusehen, wobei der Übertragungszeitpunkt der SIB individuell gesteuert werden könne und ein gemeinsamer Übermittlungszeitpunkt für die beiden Blöcke eine zufällige Koinzidenz wäre, aber nicht Folge ihrer Ausgestaltung „als ein Bitmuster“. Von der strukturellen Aufteilung der Zugriffsberechtigungsdaten auf verschiedene Bitmuster sei das Transportformat der System Information - als SYSTEM INFORMATION message PDU („Si-PDU“) - zu unterscheiden, welches nicht die Handlungsanweisung des Klagepatentanspruchs betreffe, sondern die Ebene der Kodierung von Systeminformationen zum Zwecke des Transports, und mangels Bitsequenz vorgegebener Länge sowie mangels vorgegebener Bitbelegung keinesfalls die Struktur eines klagepatentgemäßen Bitmusters aufweise. Die Ebene der Kodierung sei nicht die Signalisierungsebene auf dem BCCH.
Auch eine äquivalente Patentverletzung scheide aus, da die Übermittlung eines Informationselements, das mittels dreier Bits binär codiert sei, kein äquivalentes Austauschmittel für ein Zugriffsklassenbit darstelle, das einer jeweiligen Nutzerklasse zugeordnet sei. Es fehle bereits an der objektiven Gleichwirkung, da hierdurch das von der klagepatentgemäßen Lehre angestrebte Anliegen der effektiven Ressourcenschonung, wie es in den Abs. [0009], [0010], [0012], [0013] und [0014] zum Ausdruck komme, nicht erfüllt werde. Wenn man wie die Klägerin davon ausginge, dass ausschließlich durch die konzeptionelle Entscheidung, nur einen Zugriffsschwellwert zu übermitteln, Ressourcen eingespart werden sollten, erscheine es widersinnig, anschließend durch die Verwendung beliebig vieler Bits pro Zugriffsklasse eben diese gewonnene Einsparung wieder zu verlieren. Wenn außerdem für jede Nutzerklasse ein eigener Schwellwert übertragen würde, würde es gar keine zusätzliche Weichenstellung durch ein Zugriffsklassenbit brauchen, denn dann würde die Priorisierung bestimmter Teilnehmerstationen einfach über den nur für diese Klasse vorgesehenen Schwellwert geschehen.
Hilfsweise sind die Beklagten der Ansicht, dass das Landgericht unter Zugrundelegung des von ihm vertretenen Anspruchsverständnisses im Lichte der Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 11.02.2014 das Verfahren gem. § 148 ZPO hätte aussetzen müssen. Das Landgericht hätte dann nämlich die in der Einspruchsentscheidung dargelegte Kombination der Entgegenhaltungen D11 (= ISStandard) und D 6/D 7 (- GSM/GPRS-Standard) als naheliegend ansehen müssen, wobei der Klagepatentanspruch nach Lesart der Kammer durch das Dokument D 11 tatsächlich bereits neuheitsschädlich getroffen sei. Die Nahelegung des Gegenstands des Klagepatents am Prioritätstag durch die beiden genannten Entgegenhaltungen ergebe sich außerdem aus dem Urteil des BGH in der Nichtigkeitsberufungssache (Az. X ZR 35/11) des parallelen Patents EP 1 186 189, wobei der dortige Anspruch 8 des Hilfsantrags 1 der Klägerin der technischen Lehre des hier geltend gemachten Klagepatentanspruchs entspreche.
Die Beklagten wenden sich ferner gegen die Ausführungen des Landgerichts zu den ursprünglich von den Parteien diskutierten Alternativlösungen 0, I und II der Ausführungsformen der HTC-Mobiltelefone, welche zum Schluss der mündlichen Verhandlung gar nicht mehr streitgegenständlich gewesen seien und im Übrigen keine Patentverletzung darstellten.
Die Beklagten beantragen,
unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts München ! vom 19.12.2014, Az. 21 0 28158/11, die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
das Berufungsverfahren bis zum Abschluss des Revisionsverfahrens (BGH Az. X ZR 68/14) auszusetzen,
hilfsweise,
das Berufungsverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dem Einspruchsbeschwerdeverfahren gegen das europäische Patent EP 1 841 268 auszusetzen,
weiter hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Klägerin beantragt.
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das Ersturteil und führt hierzu ergänzend aus:
Das Landgericht habe zu Recht den Begriff des „Bitmusters“ technisch dahingehend definiert, dass er für eine zwischen Sender und Empfänger verabredete Ordnung stehe, anhand derer der Empfänger eines Bitstroms erkennen könne, wie er die einzelnen Bits dieses Bitstroms zu verstehen habe. Hieraus folge keine zwingende „Einstückigkeit“ der Bitmuster mit immer derselben Länge, wie sich aus Abs. [0036] der Beschreibung sowie dem 10-Bit-Beispiel gemäß Figuren 3a/3b mit zwei gleich langen Bitmustern, aber völlig unterschiedlicher Belegung entnehmen lasse. Der Fachmann erkenne überdies, dass die Mobilstation bei Programmpunkt 200 in der Figur 4a nicht die Bitstellen des Bitstroms durchzähle, um zu entscheiden, wie die Bits auszuwerten seien; technisch müsse dem Empfänger vielmehr - regelmäßig durch Header-Daten - mitgeteilt werden, welche Daten empfangen worden seien und wie diese zu interpretieren seien. Für die Feststellung der Länge des empfangenen Bitmusters sei es unerheblich, ob dessen Bitstellen durch mit anderen Informationen belegte Bitstellen unterbrochen seien, denn auch dann bleibe die Länge für den Empfänger noch eindeutig definiert. Signalisierung im Sinne der Mobilfunktechnik bedeute Übermittlung von Steuerinformationen, und genau dieses adressiere auch das Klagepatent mit der Übertragung der Zugriffsberechtigungsdaten über den BCCH als logischen Kanal, da hierdurch das Mobilfunknetz der Mobilstation ihre Zugriffsberechtigung mitteile und damit deren Verhalten steuere; dagegen gehe es nicht darum, wie diese Steuerungsinformationen zu kodieren seien. Hinsichtlich der konkreten Kodierung der vom Klagepatent adressierten Steuerungsinformationen machten aber weder Patentanspruch noch Beschreibung konkrete Vorgaben, zumal es sich vorliegend um einen auf eine Mobilstation gerichteten Vorrichtungsanspruch handele.
Die in Merkmal (1 d) genannten Zugriffsklassenbits erführen ihren technischen Sinngehalt durch ihre Verknüpfung mit einer Nutzerklasse, der die Mobilstation eindeutig zugeordnet sei. Ausweislich Merkmal (2 d) („anhand des für die Nutzerklasse relevanten Zugriffsklassenbits“) stehe für den Fachmann von vornherein die Steuerungsfunktion dieses als Zugriffsklassenbit bezeichneten Informationselements für jede Nutzerklasse im Vordergrund, welches entscheide, ob die Mobilstation dieser Nutzerklasse den einen oder den anderen Zugriffsweg wähle; dass diese Entscheidung anhand eines einzigen „physikalischen“ Bits getroffen würde, stehe in Merkmal (2 d) gerade nicht. Dem Fachmann sei klar, dass es darum gehe, aus der Menge der empfangenen Zugriffsklassenbits (Merkmal (2 b)) auf das Zugriffsklassenbit zu rekurrieren, das der Nutzerklasse der jeweiligen Mobilstation (Merkmal (2 a)) zugeordnet sei, das also für diese „relevant“ sei. Es bestünden keine zwingende technische funktionale Gründe, aus der Anspruchsfassung zugleich eine Beschränkung auf ein einziges Bit als Implementierung des Zugriffsklassenbits herauszulesen; vielmehr sei es für die anspruchsgemäße Steuerungsfunktion unerheblich, mit wie vielen Bits die „Entweder/Oder-Entscheidung“ ausgedrückt werde. Der Vorteil der Zugriffsklasseninformationen als Steuerungsinformationen werde ausdrücklich in Abs. [0010] benannt; dagegen enthalte die Beschreibung an dieser Stelle keinen Hinweis darauf, dass es ein besonderer Vorteil der Zugriffsklassenbits wäre, Übertragungskapazität einzusparen. Ein beschränkender Sinngehalt ergebe sich auch nicht aus der Verwendung des Plurals für die „Zugriffsschwellwertbits“ und der Verwendung des Singulars „Zugriffsklassenbit“ im Anspruchswortlaut. Ferner sei dem Fachmann auch bei technischer Betrachtung unter Berücksichtigung der Beschreibung klar, dass durch die Unterscheidung zwischen einem binär kodierten Wert beim Zugriffsschwellwert und einer logischen Entweder/Oder-Entscheidung beim Zugriffsklassenbit unterschiedliche Steuerungssachverhalte betroffen seien: Der Zugriffsschwellwert solle eine zufällige Streuung der Zugriffsberechtigungen erreichen und stelle daher einen Wert aus einem Intervall mit mehreren Werten dar, welcher durch die Zugriffsschwellwertbits binär kodiert werde. Demgegenüber betreffe das Zugriffsklassenbit das Ausdrücken einer Entweder/Oder-Entscheidung. Der Fachmann verstehe, dass diese Unterscheidung durch ein Bit ausgedrückt werden könne, weil es eine binäre Entscheidung sei, aber nicht durch ein Bit kodiert werden müsse; entscheidend sei, dass die Entscheidung eindeutig ausgedrückt werde, weshalb die Klägerin auch von einem „logischen“ Bit gesprochen habe. Auch der englische High Court stelle in seiner Parallelentscheidung vom 24.04.2015 auf die Entweder/Oder-Entscheidung ab und spreche insofern von einem „conceptual bit, da der Fachmann es nicht ausschließen würde, dass mit dem maßgeblichen Informationselement zugleich neben der binären Entscheidung (mit oder ohne Schwellwert) noch andere Entscheidungen signalisiert werden könnten und gleichwohl mit Blick auf die Zugriffskontrolle nur ein Zugriffsklassenbit vorliege. Genauso würden diese eine logische Entscheidung repräsentierenden Bits auch in dem im Klagepatent zitierten Stand der Technik (DE 832) beschrieben. Die konkrete Art der Kodierung adressiere das Klagepatent überhaupt nicht bzw. sei offen gelassen, weshalb der Einwand der Beklagten, dass das Klagepatent sich mit der „Signalisierungsebene“ (gemeint sei wohl „Kodierungsebene“) befasse, nicht greife. Dieses Auslegungsergebnis werde durch die Beschreibung in Abs. [0036] ausdrücklich bestätigt, der eindeutig sage, dass die Anzahl der in den Ausführungsbeispielen für die „Zugriffsklasseninformation“ (und nicht „Zugriffsklasseninformationen“ als Gesamtheit der Zugriffsklassenbits für alle Nutzerklassen) verwendeten Bits zum Zwecke verstärkter Signalisierung erhöht werden könnten. Es gehe hier also nicht um die Erhöhung der Anzahl von Nutzerklassen, sondern um die Erhöhung der Anzahl von Bits für die Zugriffsklasseninformation, die einer Nutzerklasse zugeordnet ist. Aus Abs. [0036] ergebe sich zudem unabhängig von seinem zwischen den Parteien streitigen Verständnis, dass die Anzahl der Bits für die Zugriffsklassenbits oder das Zugriffsklassenbit kein Punkt sei, an dem das Klagepatent irgendwie mit einer Reduktion der für die Zugriffskontrolle erforderlichen Übertragungskapazität befasst wäre. Der vom OLG Karlsruhe vorgenommene Vergleich des erteilten Anspruchs mit dem eingeschränkten Anspruch helfe nicht, da nicht eine explizite Anspruchsregelung gegeben gewesen sei, die eine Mehrzahl von Zugriffsklassenbits für eine Nutzerklasse durch (den in der geltend gemachten Anspruchsfassung nicht mehr vorhandenen Begriff der) „Zugriffsklasseninformationen“ bezeichnet hätte. Schließlich gehe aus den jeweiligen Entscheidungsgründen der Beschwerdekammer und der Einspruchsabteilung beim EPA nicht hervor, dass diese den geänderten Anspruch dahin verstanden hätten, dass mit der Anspruchsänderung faktisch eine Beschränkung auf ein Bit erfolgt wäre. Insbesondere adressiere die Beschwerdekammer nicht, welchen Sinngehalt die Einschränkung von Zugriffsklasseninformationen auf Zugriffsklassenbit habe; gesagt werde nur, dass in einer solchen Anspruchsänderung jedenfalls keine Erweiterung, sondern eine Einschränkung des Schutzbereichs i. S. v. Art. 123 Abs. 3 EPÜ liege. Der Begriff der „Zugriffsklassenbits“ (im Plural) hätte schon deswegen in Merkmal (2 d) nicht verwendet werden können, weil das die Gesamtheit aller Informationselemente für alle Nutzerklassen wäre (vgl. Abs. [0027]), nach Merkmal (2 d) aber auf das Informationselement für die jeweilige Nutzerklasse abzustellen sei. Maßgeblich sei also nicht die Änderung vom Plural auf den Singular, sondern die systematisch zutreffende Bezeichnung des für eine Nutzerklasse relevanten Informationselements (Zugriffsklassenbit), das aus der Gesamtheit der Informationselemente (Zugriffsklassenbits) ausgewählt werde. Entsprechend habe auch der High Court in der Entscheidung der Beschwerdekammer keinen Aussagegehalt erblickt, wie ihn die Beklagten sehen wollten.
Die angegriffenen Ausführungsformen verletzten demgemäß das Klagepatent. Ein über den BCCH übertragener kompletter Satz der UMTS-Systeminformationen bestehend aus 4096 Frames mit MIB, Scheduling Blocks und SIBs sei ein patentgemäßes Bitmuster i. S.v. Merkmal (1 c), in welchem zwingend jeweils mindestens einmal der SIB 5 bzw. 5bis (in welchem das AC-toASC-Mapping enthalten sei) und der SIB 7 (u. a. mit dem Dynamic Persistence Level N) enthalten sein müssten; hierbei erlaube es der UMTS-Standard, SIB 5/5bis und SIB 7 gemeinsam oder getrennt zu übertragen, und zwar nicht zufällig, sondern dann, wenn es der Netzwerkbetreiber so einstelle. Wollte man, wie der High Court, darauf abstellen, dass die SIBs nicht unter Merkmal (1 c) fielen, weil sie auch optionale Elemente enthielten, käme man zu demselben Ergebnis, da jedenfalls die konkret als Zugriffsschwellwertbits und Zugriffsklassenbits in Bezug genommenen Zugriffsberechtigungsdaten des UMTS-Standards in einem Bitmusterformat übertragen würden. Selbst wenn man eine gleichzeitige Übertragung von Zugriffsschwellwertbits und Zugriffsklassenbits für erforderlich hielte, sei dieses Merkmal aufgrund der im UMTS-Standard möglichen Verkettung der SIB 5/5bis und SIB 7 erfüllt, wie das OLG Karlsruhe festgestellt habe.
Bei zutreffender Auslegung des Klagepatentes seien auch die Merkmaie (2 d) und (2 f) wortsinngemäß erfüllt: Die ASC-lnformationselemente des AC-to-ASC-Mapping stellten im UMTS-Standard jeweils ein patentgemäßes Zugriffsklassenbit dar, da ein solches Element im Sinne eines Entweder/Oder darüber entscheide, ob die jeweilige Mobilstation durch Zuweisung als ASC #0 unabhängig von den empfangenen Zugriffsschwellwertbits (Dynamic Persistence Level N) oder, durch Zuweisung als ASC#1 bis 7, nur in Abhängigkeit des Vergleichsergebnisses der Zugriffsschwellwertauswertung auf den... zugreifen dürfe; hieran ändere auch die Tatsache nichts, dass ein ASC-Informationselement mit drei „physikalischen“ Bits kodiert sei. Diese drei Bits hätten ihren technischen Grund schlicht darin, dass in der einen der beiden anspruchsgemäßen Zugriffsrouten noch weitergehender differenziert werde (nämlich die ASC#1 bis 7 mit der Möglichkeit der weiteren Skalierung des Zugriffsschwellwerts für die ASC#2 bis 7), dass aber gleichwohl stets eindeutig zwischen Zugriff mit oder ohne Schwellwert unterschieden werde. Demnach werde bei den angegriffenen Ausführungsformen eine Zusatzfunktion realisiert und kodiert (nämlich die Entscheidung, ob der Schwellwert bei der Zugriffsschwellwertauswertung modifiziert werde; im Urteil des High Court als „abhängige Information“ genannt und in den Schaubildern X5 und X6 visualisiert), die vom Anspruch offen gelassen werde.
Jedenfalls läge aber, wenn man mit den Beklagten von der Notwendigkeit eines einzigen „physikalischen“ Bits ausginge, eine Patentverletzung mit äquivalenten Mitteln vor. Gleichwirkung läge vor, da ein ASC-lnformationselement grundsätzlich dieselbe Funktion kodiere wie ein anspruchsgemäßes Zugriffsklassenbit. Die gemeinsame Kodierung der anspruchsgemäßen Zuweisung „schwellwertabhängiger Zugriff ja/nein“ mit abhängigen, weitergehenden Informationen sei für den Fachmann aus Gründen der Kodierungseffizienz auch naheliegend und ohne Weiteres auffindbar gewesen. Schließlich orientiere sich diese Lösung auch am Sinngehalt der im Anspruch unter Schutz gestellten Lehre, da der Fachmann - ausgehend von der Anspruchsauslegung durch die Beklagten - ein ASC-lnformationselement als einem Zugriffsklassenbit gleichwertig erkenne, weil es dem eingeschränkten Anspruch angeblich zugrunde liegenden „Gebot größtmöglicher Übertragungseffizienz“ folge, indem der Fachmann durch das Austauschmittel gerade weitere Übertragungskapazität einspare und gleichzeitig weitere Funktionen signalisieren könne.
Schließlich widersetzt sich die Klägerin der hilfsweise beantragten Aussetzung, da die Einsprechenden die Neuheit der Erfindung des Klagepatents nicht mehr angreifen würden, weshalb die Ausführungen der Beklagten hierzu irrelevant seien. Überdies habe die sachkundig besetzte Einspruchsabteilung den von den Einsprechenden vorgelegten Stand der Technik eingehend untersucht und den hier geltend gemachten Anspruch intensiv auf seine Validität hin geprüft; die Beklagten hätten demgegenüber nicht aufgezeigt, dass die Einspruchsabteilung so erhebliche Fehler bei dieser Prüfung begangen habe, dass ein Widerruf des Klagepatents durch die Technische Beschwerdekammer mit außerordentlich hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei. Auch im Hinblick auf das Urteil des Bundesgerichtshofs zu dem Parallelpatent EP 1 186 189 sei eine Aussetzung nicht angezeigt, da dieses Patent - wie der BGH selbst anmerke - einen gänzlich anderen Schutzbereich als das Klagepatent aufweise und die Beklagten neuen, vom EPA nicht berücksichtigten Stand der Technik, der dem Gegenstand des Klagepatents näher komme als der bisher berücksichtigte, nicht eingeführt hätten.
Wegen des Parteivorbringens im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 10.03.2016 (Bl. 661 ff. d. A.) Bezug genommen.
II. Die nach § 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere gem. §§ 519 Abs. 1, Abs. 2, 517 ZPO form- und fristgerecht eingelegte sowie gem. § 520 Abs. 3, Abs. 2 Nr. 1 ZPO begründete Berufung der Beklagten ist erfolglos. Das Landgericht hat zu Recht entschieden, dass die den UMTS-Standard nutzenden angegriffenen Ausführungsformen der HTC-Mobiltelefone - die in der ersten Instanz von den Parteien diskutierten sog. .Alternativlösungen 0, I und II“ sind nicht Gegenstand der Berufung - von der Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch machen, so dass der Klägerin die von ihr geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Vernichtung und Feststellung der Entschädigungs- bzw. Schadensersatzpflicht gem. Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. §§ 9 S. 2 Nr. 1, 139 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 33 Abs. 1,140a Abs. 1 S. 2, 140b Abs. 1, Abs. 3, 140d Abs. 1 PatG i. V. m. §§ 242, 259 BGB zustehen. Eine Aussetzung des Verfahrens gem. § 148 ZPO war nicht veranlasst. Im Einzelnen:
A. Gegenstand des Klagepatents
1. Der Gegenstand der Erfindung des Klagepatents betrifft eine Mobilstation zum Betrieb in einem UMTS-Mobilfunknetz (Abs. [0001]). Wenn sich eine Mobilstation in einem solchen Netz im Ruhezustand befindet, d. h. kein Telefongespräch geführt oder keine Daten übertragen werden, ist wegen der knappen Ressourcen im Mobilfunknetz kein Funkkanal für die Sprach- oder Datenübertragung zwischen Basisstation und Mobilstation reserviert. Bevor Telekommunikationsdienste von der Mobilstation in Anspruch genommen werden können, muss dieser daher erst ein Funkkanal zugewiesen werden. Eine Mobilstation kann einen solchen Funkkanal nicht eigenständig belegen, sondern muss ihn über die Basisstation anfordern, indem sie an diese eine Nachricht sendet. Das geschieht üblicherweise über den sogenannten Random Access Channel (...), einen sogenannten wahlfreien Zugriffskanal. Dabei können Anforderungsnachrichten von mehreren Mobilstationen gleichzeitig an die Basisstation gesendet werden. Jede Mobilstation kann eine Kanalanforderung zu jedem beliebigen Zeitpunkt (Random Access) senden und die entsprechenden Versuche auch wiederholen. Infolgedessen können die Nachrichten verschiedener Mobilstationen miteinander kollidieren, wodurch eine Überlastung des ... droht und letztlich keine der Mobilstationen den angeforderten Kanal zugeteilt bekommt (Abs. [0019], [0020]). Daher muss der Zugriff auf die knappen Funkkanäle und damit auf die Kommunikationsdienste eines Mobilfunknetzes, das die Funkkanäle über die Basisstation verwaltet, in deren Zelle sich die jeweilige Mobilstation befindet, durch ein geregeltes Verfahren kontrolliert werden (Abs. [0021]).
2. Im Stand der Technik waren Verfahren zur Zugriffskontrolle auf einen Telekommunikationskanal bekannt, bei dem den Teilnehmerstationen in Abhängigkeit von einem Vergleich zwischen einem Zugriffsschwellwert mit einer Zufallszahl der Zugriff auf den Telekommunikationskanal gewährt wird. Zudem waren Verfahren zur Vergabe von Zugriffsrechten bekannt, bei denen den Teilnehmerstationen in Abhängigkeit von Zugriffsklasseninformationen der Zugriff erteilt wird. Schließlich war auch die Möglichkeit bekannt, unterschiedliche Zugriffsschwellwerte für unterschiedliche Nutzerklassen vorzusehen oder einzelnen Teilnehmerstationen für eine beschränkte Zeitdauer den gesamten Kanal zur Übertragung zur Verfügung zu stellen (Abs. [0002] - [0008]).
3. Gegenüber diesem Stand der Technik soll die erfindungsgemäße Mobilstation den Vorteil haben, dass sich eine zufällige Verteilung der Zugriffsberechtigung zum Telekommunikationskanal für eine oder mehrere Teilnehmerstationen realisieren lässt. Diese Zugriffskontrolle nehme ein Minimum an Übertragungskapazität für die Übertragung der Informationssignale in Anspruch, da sie lediglich durch die Übertragung des Zugriffsschwellwerts bewirkt werde. „Besonders vorteilhaft“ sei es, wenn in der Auswerteeinheit der Teilnehmerstation geprüft werde, ob die Zugriffsberechtigungsdaten Zugriffsberechtigungsinformationen mit Zugriffsklasseninformationen für mindestens eine vorgegebene Nutzerklasse umfassten, wobei in diesem Fall und unter der Voraussetzung, dass die Teilnehmerstation der genannten Nutzerklasse zugeordnet sei, der Zugriff auf den Telekommunikationskanal in Abhängigkeit von der Zugriffsklasseninformation für diese Nutzerklasse erteilt werde. Auf diese Weise könnten Teilnehmerstationen einer vorgegebenen Nutzerklasse selbst dann zur Nutzung des Telekommunikationskanals zugelassen werden, wenn sie aufgrund der zufälligen Verteilung mittels Zugriffsschwellwert nicht zum Zugriff auf diesen Telekommunikationskanal berechtigt wären. So könnten beispielsweise Teilnehmerstationen von Notdiensten wie der Polizei oder der Feuerwehr einer solchen Nutzerklasse zugeordnet sein, die dann unabhängig von der zufälligen Verteilung durch die Zugriffsschwellwertinformationen priorisiert auf den Telekommunikationskanal zugreifen könnten (Abs. [0009], [0010]).
4. Die Klägerin hat das Klagepatent im Rahmen des ersten Einspruchsbeschwerdeverfahrens vor der Technischen Beschwerdekammer des EPA im Vergleich zur erteilten Fassung des Patentanspruchs 1 durch eine eingeschränkte Fassung eines nunmehr einzigen Patentanspruchs beschränkt, die der durch Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer vom 07.03.2013 als gewährbar erachteten Anspruchsfassung entspricht. Diese beschränkte Fassung des Patentanspruchs wird von der Klägerin im hiesigen Verletzungsverfahren auch geltend gemacht, so dass das Verletzungsgericht schon vor rechtskräftigem Abschluss des aktuell anhängigen Einspruchsbeschwerdeverfahrens diese Fassung für seine Auslegung des Klagepatents und die Verletzungsprüfung zugrunde legen kann (vgl. BGH GRUR 2010, 904 Leitsatz 1 u. Rn. 47 - Maschinensatz).
5. Zur Umsetzung der in Ziff. 3 genannten Vorteile schlägt der geltend gemachte Patentanspruch des Klagepatents eine erfindungsgemäße Mobilstation vor, deren Merkmale sich entsprechend der Merkmalsgliederung des Erstgerichts, der sich der Senat anschließt, wie folgt gliedern lassen:
(1) Mobilstation zum Betrieb in einem UMTS-Mobilfunknetz,
(a) in dem mehrere Nutzerklassen unterschieden werden,
(b) in dem Informationssignale mit Zugriffsberechtigungsdaten an die Mobilstation übertragen werden,
(c) wobei die Zugriffsberechtigungsdaten als ein Bitmuster übertragen werden,
(2) die Mobilstation ist dazu eingerichtet,
(a) eine Nutzerklasse von einer SIM-Karte zu lesen,
(b) über einen Broadcast Control Channel die Zugriffsberechtigungsdaten, welche Zugriffsschwellwertbits und Zugriffsklassenbits aufweisen, zu empfangen,
(c) aus den Zugriffsschwellwertbits einen Zugriffsschwellwert zu ermitteln, sofern die Zugriffsberechtigung auf den wahlfreien Zugriffskanal in Abhängigkeit einer Zugriffsschwellwertauswertung ermittelt wird,
(d) anhand des für die Nutzerklasse relevanten Zugriffsklassenbits zu ermitteln,
(i) ob die Mobilstation unabhängig von den empfangenen Zugriffsschwellwertbits auf den wahlfreien Zugriffskanal, zum Beispiel ... zugreifen darf,
ob die Mobilstation unabhängig von den empfangenen Zugriffsschwellwertbits auf den wahlfreien Zugriffskanal, zum Beispiel ..., zugreifen darf,
(ii) oder ob die Zugriffsberechtigung auf den wahlfreien Zugriffskanal, zum Beispiel ..., in Abhängigkeit einer Zugriffsschwellwertauswertung zu ermitteln ist,
(e) als Zugriffsschwellwertauswertung den Zugriffsschwellwert mit einer Zufallszahl oder einer Pseudozufallszahl zu vergleichen,
(f) auf den wahlfreien Zugriffskanal in Abhängigkeit der Ermittlung anhand des Zugriffsklassenbits entweder unabhängig von den empfangenen Zugriffsschwellwertbits oder in Abhängigkeit des Vergleichsergebnisses zuzugreifen.
6. Die Figur 1 des Klagepatents stellt die Zugriffskontrolle in einem Mobilfunknetz wie folgt dar:
Das Mobilfunknetz ist zellulär aufgebaut, wobei jede Funkzelle des Mobilfunknetzes von einer Basisstation (Bezugsziffer 100) versorgt wird. Diese spannt eine Funkzeile im Mobilfunknetz auf, wobei beispielhaft vier Mobilstationen (Bezugsziffern 5, 10, 15 und 20) angeordnet sind. Diese Mobilstationen können zu verschiedenen Nutzerklassen zusammengefasst sein, wobei beispielsweise die Nutzerklasse mit der Bezugsziffer 35 die Mobilstationen 5 und 10 sowie die Nutzerklasse mit der Bezugsziffer 40 die Mobilstationen 15 und 20 umfasst.
Über den wahlfreien Zugriffskanal (= ..., Bezugsziffer 30) fordern die Mobilstationen von der Basisstation Telekommunikationsdienste an, die über diesen Zugriffskanal zugänglich gemacht werden. Zur Vermeidung der genannten Kollisionen bei gleichzeitigen Zugriffsversuchen mehrerer Mobilstationen (s. o. Ziff. A. 1.) wird der Zugriff auf den wahlfreien Zugriffskanal gezielt eingeschränkt. Die Basisstation überträgt Informationssignale über einen Signalisierungskanal (Bezugsziffer 25) an die Mobilstationen. Dabei werden Informationen darüber übertragen, zu welchem Zweck und für welche Mobilstationen der Zugriff auf den wahlfreien Zugriffskanal erlaubt ist.
Die Figur 2 des Klagepatents zeigt den Aufbau einer Mobilstation, die eine Sende-Empfangs-Einheit (Bezugsziffer 65) mit einer Sende-Empfangs-Antenne (Bezugsziffer 70) sowie eine Auswerteeinheit (Bezugsziffer 60) und eine Zugriffsberechtigungskarte (Bezugsziffer 75), beispielsweise eine SIM-Karte, umfasst:
Das Ausführungsbeispiel des Klagepatents gemäß Figur 3c zeigt die von der Basisstation des Netzwerks an die Mobilstationen gesendeten Informationen. Diese Informationen umfassen sowohl Zugriffsschwellwertbits (S3, S2, S1 und SO) als auch Zugriffsklassenbits (Z3, Z2, Z1 und Z0):
B. Merkmalsauslegung
1. Grundlage dafür, was durch ein europäisches Patent geschützt ist, ist gemäß Art. 69 EPÜ der Inhalt der Patentansprüche. Die Frage, ob eine bestimmte Anweisung zum Gegenstand eines Anspruchs des Patents gehört, entscheidet sich deshalb danach, ob sie in dem betreffenden Patentanspruch Ausdruck gefunden hat. Dafür ist entscheidend, wie der Patentanspruch nach objektiven Kriterien aus fachlicher Sicht zu bewerten ist. Es ist also durch Bewertung seines Wortlauts aus der Sicht des Fachmanns zu bestimmen, was sich aus den Merkmalen des Patentanspruchs im Einzelnen und ihrer Gesamtheit als Lehre zum technischen Handeln ergibt, die unter Schutz gestellt ist. Die in diesem Sinne gebotene Auslegung des Patentanspruchs hat unter Berücksichtigung der Beschreibung und Zeichnungen zu erfolgen, die dazu dienen, die durch den Patentanspruch geschützte technische Lehre zu erläutern und typischerweise anhand eines oder mehrerer Ausführungsbeispiele zu verdeutlichen (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 2011, 313 Tz. 15 -Crimpwerkzeug IV; BGH GRUR 2011, 701 Tz. 23 - Okklusionsvorrichtung; jeweils m.w. N.). Das Verständnis des Fachmanns wird sich dabei entscheidend an dem in der Patentschrift zum Ausdruck kommenden Zweck des einzelnen Merkmals orientieren; er wird sich fragen, welchen Beitrag die einzelnen Merkmale zum Leistungsergebnis der Erfindung liefern (vgl. BGH GRUR 2007, 410 Rn. 18 - Kettenradanordnung; BGH GRUR 1999, 909, 911 - Spannschraube).
2. Maßgeblicher Durchschnittsfachmann ist, wie das Landgericht unwidersprochen festgestellt hat, ein Ingenieur mit Hochschulabschluss in den Fachgebieten Physik, Informatik oder Elektrotechnik mit Schwerpunkt Mobilkommunikation, der in der Entwicklung und im Rahmen der einschlägigen Standardisierungsgremien tätig und mit den Normierungsvorschriften bestens vertraut ist.
3. Die beanspruchte Mobilstation ist zur Ausführung eines Verfahrens eingerichtet, mit dem bestimmt wird, wie in einem UMTS-Mobilfunknetz nach Merkmal 1 die Berechtigung zum Zugriff auf einen wahlfreien Zugriffskanal (...) so zugeteilt wird, dass bei gleichzeitigen Zugriffsanforderungen mehrerer Mobilstationen eine Überlastung des ... (vgl. Abs. [0019] bis [0021]) vermieden werden kann, zugleich aber eine sachgerechte Verteilung der Zugriffsberechtigungen gewährleistet bleibt. Erreicht wird dies durch die Kombination zweier Mechanismen:
• die Erteilung von Zugriffsrechten nach Maßgabe der Auswertung eines Zugriffsschwellwerts (Merkmal (2 d ii)), bei der der Zugriffsschwellwert mit einer Zufallszahl oder einer Pseudozufallszahl verglichen wird (Merkmal (2 e), vgl. Abs. [0024]; sog. „Lotterie“), und
• die vom Zugriffsschwellwert unabhängige Erteilung von Zugriffsrechten an solche Mobilstationen, die einer von mehreren Nutzerklassen angehören (Merkmale (2 d i) und (2 f); sog. „Vorrang).
In dem UMTS-Mobilfunknetz werden also mehrere Nutzerklassen unterschieden (Merkmal (1 a); vgl. Abs. [0010], [0021], [0034]). Welcher Nutzerklasse die jeweilige Mobilstation angehört, liest diese von einer SIM-Karte (Merkmal (2 a)); die Zugehörigkeit zu einer Nutzerklasse liegt also fest. Da sich die Belastung des ... aber fortwährend ändern kann, soll eine dynamische Anpassung der Zugriffsberechtigung ermöglicht werden. Die Erteilung von Zugriffsrechten nach Maßgabe der Auswertung eines Zugriffsschwellwerts („Lotterie“) kann dadurch beeinflusst werden, dass der Zugriffsschwellwert S, also die „Hürde“ für die Erlangung des Zugriffsrechts, herauf- oder herabgesetzt wird. Die Erteilung von Zugriffsrechten an „privilegierte“ Mobilstationen kann beeinflusst werden, indem mehr oder weniger Nutzerklassen der schwellwertunabhängige Zugriff erlaubt wird.
Um diese Anpassungen vornehmen zu können, werden im Mobilfunknetz, und zwar über einen Broadcast Control Channel (Merkmal (2 b)), Informationssignale mit Zugriffsberechtigungsdaten an jede Mobilstation übertragen (Merkmal (1 b)), und zwar als ein Bitmuster (Merkmal (1 c)). Die Zugriffsberechtigungsdaten enthalten nach Merkmal (2 b)
• Zugriffsschwellwertbits, aus denen im Fall eines schwellwertabhängigen Zugriffs der binär codierte (vgl. Abs. [0033]) Zugriffsschwellwert ermittelt wird (Merkmal (2 c)), und
•Zugriffsklassenbits, die nach Abs. [0027] in ihrer Gesamtheit auch als Zugriffsklasseninformationen bezeichnet werden.
Den Zugriffsklassenbits kommt nach Merkmal (2 d) zentrale Bedeutung zu: Anhand des für die Nutzerklasse der jeweiligen Mobilstation relevanten Zugriffsklassenbits ermittelt die Mobilstation, welche der beiden Varianten der Zugriffsberechtigung für sie einschlägig ist: der vorrangige, schwellwertunabhängige Zugriff (Merkmale (2 d i) und (2 f)) oder das schwellwertabhängige „Lotterieverfahren“ (Merkmale (2 d ii) und (2 e)). In dem in der Beschreibung dargestellten, die anspruchsgemäße Gestaltung betreffenden Ausführungsbeispiel gemäß Figur 3c (Abs. [0034]) ist jeder Nutzerklasse ein Zugriffsklassenbit zugeordnet. Ist dieses Zugriffsklassenbit auf 0 gesetzt, darf die zugehörige Nutzerklasse unabhängig vom Schwellwert und seiner Auswertung auf den ... zugreifen. Ist das Zugriffsklassenbit dagegen auf 1 gesetzt, können Mobilstationen der zugehörigen Nutzerklasse nur dann auf den ... zugreifen, wenn sie den Schwellwerttest bestehen.
4. Nicht von der Berufung angegriffen wurde darüber hinaus die zutreffende Feststellung des Landgerichts, dass sich dem Anspruch hinsichtlich Merkmal (1) keine Beschränkung auf einen bestimmten Standard des UMTS-Mobilfunknetzes (etwa den Standard zum Prioritätszeitpunkt) entnehmen lässt. Gleiches gilt für die Ausführung des Landgerichts zu Merkmal (2 a), wonach dieses Merkmal nicht dahingehend zu verstehen ist, dass die Informationen zur Nutzerklasse auf einer physikalischen SIM-Karte gespeichert sein müssen; vielmehr ist es ausreichend, aber auch erforderlich, dass die Auswertungseinheit der Mobilstation erkennen kann, welcher Nutzerklasse sie angehört, unabhängig davon, wo diese Information gespeichert ist.
5. Zwischen den Parteien streitig ist dagegen die Auslegung einerseits hinsichtlich des Merkmals (1 c), wonach die Zugriffsberechtigungsdaten „als ein Bitmuster“ übertragen werden, andererseits hinsichtlich der Merkmale (2 d) bzw. (2 f), wonach „anhand des für die Nutzerklasse relevanten Zugriffsklassenbits“ entschieden wird, ob die Mobilstation unabhängig von den empfangenen Zugriffsschwellwertbits auf den ... zugreifen darf oder nur in Abhängigkeit von der Zugriffsschwellwertauswertung.
a. Die Auslegung durch das Landgericht, wonach die Übertragung der Zugriffsberechtigungsdaten „als ein Bitmuster“ i. S.v. Merkmal (1 c) lediglich die Zuordnung bestimmter Bitstellen für die Zugriffsschwellenwertbits und Zugriffsklassenbits verlange, nicht jedoch - wie die Beklagten meinen - eine Bitsequenz in einer bestimmten gleichbleibenden Länge mit stets zeitgleicher bzw. gemeinsamer Übertragung der Zugriffsschwellwertbits und Zugriffklassenbits, begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
aa. Der Anspruchswortlaut des Merkmals (1 c) „als ein Bitmuster bietet dabei keine hinreichenden Anhaltspunkte für dessen zutreffende Auslegung und insbesondere für das einschränkende Verständnis der Beklagten.
(1) Für die Auslegung eines Patents ist nicht am Wortlaut zu haften, sondern auf den technischen Gesamtzusammenhang abzustellen, den der Inhalt der Patentschrift dem Durchschnittsfachmann vermittelt; der Patentanspruch ist daher nicht wörtlich in philologischer Betrachtung, sondern seinem technischen Sinn nach aufzufassen, d. h. der Erfindungsgedanke muss unter Ermittlung von Aufgabe und Lösung, wie sie sich aus dem Patent ergeben, bestimmt werden. Es ist demnach nicht auf die rein sprachliche Ausdeutung eines in der Patentschrift verwendeten Begriffs, sondern auf den technischen Sinn der in der Patentschrift benutzten Worte und Begriffe abzustellen; entscheidend ist deshalb nicht die sprachliche oder logisch-wissenschaftliche Begriffsabstimmung, sondern die Auffassung des praktischen Fachmanns, so wie ein unbefangener, technisch geschulter Leser die in der Patentschrift verwendeten Begriffe versteht (vgl. BGH GRUR 1999, 909, 912 - Spannschraube; BGH GRUR 2016, 169 Tz. 16 - Luftkappensystem).
(2) Vor diesem Hintergrund können dem Anspruchswortlaut keine entscheidenden Hinweise für das richtige Verständnis des Merkmals (1 c) entnommen werden: Soweit es dort „als ein Bitmuster übertragen“ lautet, kann hieraus nicht die Verwendung eines Zahlworts im Sinne „eines einzigen Bitmusters“ gefolgert werden, da das Wort „ein“ ebenso gut als unbestimmter Artikel zu verstehen ist und damit lediglich die Art des Übertragungsmittels, nicht aber dessen Anzahl bestimmt wird (vgl. auch OLG Düsseldorf BeckRS 2013, 12504 unter Ziff. II. B. 2. a. aa. - Chipkarte; OLG Düsseldorf Beck(1)RS 2014, 21713 unter Ziff. II. B. II. 1. - Fahrzeugwechselstromgenerator, wonach der Fachmann das Wort „eine“ im Zweifel nicht als Zahlwort, sondern als unbestimmten Artikel verstehen würde). In der Konsequenz lässt sich aus dem Anspruchswortlaut nicht auf die Notwendigkeit einer zeitgleichen und gemeinsamen Übertragung der Zugriffsschwellwert- und Zugriffsklassenbits als Zugriffsberechtigungsdaten schließen. Ebenso wenig finden sich im Wortlaut des Patentanspruchs Hinweise auf das Erfordernis, dass das Bitmuster stets eine bestimmte gleichbleibende Länge haben müsste; Begriff und Inhalt des „Bitmusters“ werden vielmehr im Anspruchswortlaut nicht näher erläutert.
bb. Der Fachmann kann aus der Gesamtheit der Patentschrift jedoch entnehmen, dass die Zugriffsschwellwertbits und Zugriffsklassenbits als Zugriffsberechtigungsdaten deswegen als ein „Bitmuster“ an die Mobilstation zu übertragen sind, damit sie diejenigen einzelnen Bits des Bitmusters auffinden kann, die die ihnen jeweils zugeordneten, relevanten Informationen für die Frage der Zugriffsberechtigung auf den ... enthalten. Der technische Sinn der Übertragung der Zugriffsberechtigungsdaten als ein Bitmuster besteht daher darin - beschränkt sich aber auch darauf -, es der Mobilstation zu gestatten, durch eine ihr vorab mitgeteilte, definierte Bitstellenbelegung innerhalb eines bestimmten Bitmusters, welches entsprechend eine bestimmte Länge aufweist, das Auffinden und Auslesen von bestimmten, dort hinterlegten Informationskomponenten zu ermöglichen. Zur Erfüllung dieses technischen Zwecks ist es dagegen nicht vonnöten, dass die Länge des Bitmusters stets gleichbleibend sein muss und dass die Zugriffsberechtigungsdaten stets innerhalb eines einzigen Bitmusters, also gemeinsam übertragen werden müssen.
(1) So wird in Abs. [0025] der Beschreibung ausgeführt, dass die Zugriffsberechtigungsdaten 45, 50, 55 in den Ausführungsbeispielen „als Bitmuster ausgeführt' sind (ohne den Begriff des Bitmusters näher zu beschreiben), wobei die Zugriffsberechtigungsdaten 45, 50, 55 die Informationen über die Rechte der Nutzung des ... 30 umfassen. Im ersten (wie sich aus Abs. [0013] ergibt: vom Patent nicht beanspruchten) Ausführungsbeispiel werden entsprechend an jede Mobilstation Informationssignale übertragen, die jeweils ein Bitmuster, bestehend aus 10 Bits, umfassen (vgl. Abs. [0025], Z. 10 und Abs. [0027], Z. 52, sowie die Figuren 3a und 3b) und - je nach Setzung des Auswertebits S4 - (neben Telekommunikationsdienstbits und Prioritätsbits als weitere mögliche Zugriffsberechtigungsdaten) Zugriffsschwellwertbits oder Zugriffsklassenbits enthalten, aus denen die Mobilstation die Informationen entweder zur Ermittlung des Zugriffsschwellwerts S oder zur Zugriffsberechtigung ihrer einem der Zugriffsklassenbits zugeordneten Nutzerklasse erhält. Die Beschreibung führt ferner zum dem Patentanspruch zugrunde liegenden und in Abs. [0034] erläuterten zweiten Ausführungsbeispiel aus, dass ein Bitmuster 55 mit einer Bitlänge von 13 Bits mit Informationssignalen an die Mobilstation übertragen wird und (neben Telekommunikationsdienstbits und Prioritätsbits) sowohl Zugriffsschwellwertbits als auch Zugriffsklassenbits umfasst (vgl. Fig. 3c), welche die Mobilstation mit denselben Informationen wie im zuvor beschriebenen ersten Ausführungsbeispiel versorgt.
(2) Dagegen wird der Fachmann diesen Ausführungsbeispielen sowie dem in Abs. [0037] beschriebenen Ablaufplan gemäß Figuren 4a, 4b und 4c - demzufolge bei Programmpunkt 200 die Auswerteeinheit 60 der Mobilstation prüft, ob die über den BCCH 25 empfangenen Informationssignale ein Bitmuster der Bitlänge von 10 Bit umfassen, bzw. die Auswerteeinheit bei Programmpunkt 280 die Prüfung des Vorliegens eines Bitmusters mit der Bitlänge von 13 Bit vornimmt - nicht entnehmen, dass das patentgemäße Bitmuster stets von einer bestimmten, gleichbleibenden Länge sein muss. Hiergegen spricht bereits die Beschreibung in Abs. [0036], wo ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die in den Bitmustern 45, 50, 55 verwendeten Anzahlen von Bits lediglich beispielhaft zu verstehen sind und beispielsweise zum umfangreicheren Signalisieren erhöht und zur Bandbreitenreduktion verringert werden können, weshalb sich ggf. die Gesamtlänge der Bitmuster 45, 50, 55 ändert; außerdem können gegebenenfalls einzelne der Informationskomponenten auch gänzlich ausgelassen werden. Wenn sich aber die Gesamtlänge eines Bitmusters je nach dem vorrangig verfolgten Ziel des Netzwerkbetreibers (umfangreicheres Signalisieren, Bandbreitenreduktion) und Ausgestaltung bzw. Umfang der übertragenen Informationskomponenten ohne Weiteres ändern kann, wird klar, dass die Mobilstation ein Bitmuster nicht anhand dessen bestimmter, gleichbleibender Bitlänge erkennt (und hierfür erst die Länge im Sinne eines „Abzählens“ der Bits verifizieren muss), sondern anhand ihr vorab von der Basisstation - regelmäßig über sog. „Header-Daten“ - mitgeteilter Steuerungsinformationen. Im Übrigen lässt sich auch in der von den Beklagten in ihrer Berufungsbegründung vom 23.03.2015, S. 15 (= Bl. 554 d. A.) dargestellten, nachfolgend abgebildeten Grafik erkennen, dass das anspruchsgemäße Bitmuster, welches die Zugriffsberechtigungsdaten enthält, sich in eine Abfolge zahlreicher Bits mit Informationssignalen einreiht und daher nicht isoliert anhand einer bestimmten gleichbleibenden Bitlänge identifiziert werden kann:
(3) Ebenso ist zur Erfüllung des technischen Sinns des anspruchsgemäßen Bitmusters - nämlich der Mobilstation das Auffinden und Auslesen von bestimmten, dort hinterlegten Informationskomponenten zu ermöglichen - nicht notwendig, dass die Zugriffsberechtigungsdaten (also u. a. die Zugriffsschwellwertbits und die Zugriffsklassenbits) in einer einheitlichen bzw. zusammenhängenden Bitsequenz im Sinne einer „Einstückigkeit“ übertragen werden. Solange die Mobilstation eindeutige Steuerungsinformationen hinsichtlich der Belegung der einzelnen Bits eines Bitmusters erhält und daher in der Lage ist, die darin verkörperten Informationskomponenten auszulesen, spielt es keine Rolle, wenn etwa auf ein Bitmuster, das die Zugriffsschwellwertbits enthält, erst weitere Bits mit anderweitigen Informationen folgen, bevor in einem weiteren Bitmuster die Zugriffsklassenbits übertragen werden. Entscheidend ist, dass der Mobiistation zum Zeitpunkt der Entscheidung, ob sie auf den wahlfreien Zugriffskanal zugreifen darf, sämtliche hierfür relevanten Zugriffsberechtigungsdaten zur Verfügung gestellt wurden, und dass die Mobilstation in der Lage ist, diese Zugriffsberechtigungsdaten zweckgemäß auszulesen.
(4) Gegen dieses Auslegungsergebnis spricht nicht der Umstand, dass das zweite Ausführungsbeispiel der Patentbeschreibung, dem ausweislich Abs. [0034] die in den Ansprüchen definierte Erfindung zugrunde liegt, ein Bitmuster zeigt, in welchem die Zugriffsschwellwertbits und die Zugriffsklassenbits „am Stück“, also in einem einheitlichen Bitmuster übertragen werden. Hiermit wird nämlich nicht zugleich die zwingende Aussage getroffen, dass das Patent nur eine solche konkrete Lösung beansprucht, wie sie in diesem Ausführungsbeispiel beschrieben ist; solange anderweitige Lösungen ebenfalls unter den Wortsinn des Patentanspruchs fallen, sind sie selbstverständlich auch von der Lehre des Klagepatents umfasst. Und auch die aus einem Umkehrschluss zu Abs. [0034] bzw. aus Abs. [0013] gewonnene Erkenntnis, dass das erste Ausführungsbeispiel - in welchem als Zugriffsberechtigungsdaten entweder nur Zugriffsschwellwertbits oder nur Zugriffsklassenbits, nicht aber beide gemeinsam übertragen werden - durch das Klagepatent gerade nicht beansprucht wird, kann nicht erfolgreich gegen die hier vorgenommene Auslegung ins Feld geführt werden: In diesem Ausführungsbeispiel bzw. in der in Abs. [0013] beschriebenen Ausgestaltung wird zur Reduzierung von Übertragungskapazitäten bewusst auf einen Teil der Zugriffsberechtigungsinformationen komplett verzichtet; hieraus können aber keine relevanten Rückschlüsse für die Frage gezogen werden, wie ein anspruchsgemäßes Bitmuster ausgebildet ist bzw. ob ein einheitliches Bitmuster gegeben sein muss, wenn ein solcher Verzicht nicht gemacht wird und sowohl Zugriffsschwellwertbits als auch Zugriffsklassenbits übertragen werden.
(5) Soweit demgegenüber das OLG Karlsruhe in seinem Urteil im Parallelverfahren (Anlage HL-A 52 = BeckRS 2014, 17797 Rn. 103 -Zugriffskanal) aus dem technischen Zusammenhang zwischen den Merkmalen (1 b), (1 c) und (1 d) (= Teil des Merkmals (2 b) der hier vorgenommenen Merkmaisgliederung) folgert, dass die Zugriffsschwellwertbits und die Zugriffsklassenbits Teil einer einheitlichen Bitsequenz sein müssen, in der sie für die Mobilstation an bestimmten Bitstellen auffindbar sind, da bei einer separaten und unkorrellierten Übertragung in verschiedenen „Datenpaketen“ Zugriffsschwellwertbits und Zugriffsklassenbits (und damit die für das Klagepatent relevanten Zugriffsberechtigungsdaten) nicht „als ein Bitmuster“ übertragen würden, ist nicht ersichtlich, warum eine solche einschränkende Auslegung vor dem Hintergrund des dargelegten technischen Sinns geboten wäre. Auch wenn man mit dem OLG Karlsruhe - zu Recht - davon ausgeht, dass der Begriff des Bitmusters nicht auf der logischen bzw. inhaltlichen Ebene, sondern auf der Signalisierungs- bzw. Codierungsebene (also das „Wie“ der Übertragung) verwendet wird (a. a. O., Rn. 104), ist es weder aus technischer Sicht zwingend geboten noch kann der Patentschrift zweifelsfrei entnommen werden, dass die Zugriffsschwellwertbits und die Zugriffsklassenbits stets in einer einheitlichen, zusammengehörigen Bitsequenz bestimmter Länge übertragen werden müssten; vielmehr spricht aus technischer Sicht nichts dagegen, wenn alternativ die Signalisierung dergestalt erfolgt, dass die Zugriffsschwellwertbits und Zugriffsklassenbits jeweils als ein Bitmuster übertragen werden, solange die Mobilstation diese Bitmuster auffinden und den Informationsgehalt der darin enthaltenen Bits für die Zugriffsschwellwertermittlung und für die Ermittlung der Zugriffsberechtigung der Nutzerklasse auswerten kann.
cc. Ein anderes Auslegungsergebnis folgt auch nicht aus der Entscheidung T 1282/12 der Beschwerdekammer des EPA vom 07.03.2013 (Anlage K28).
(1) Wenn die Beschwerdekammer auf S. 7 oben ausführt, dass ihre Interpretation des Patentanspruchs 1 im Einklang mit der Patentbeschreibung, insbesondere mit dem anhand der Figuren 3c und 4a-c in den Abs. [0034] und [0037] erläuterten Ausführungsbeispiel stehe, so kann dieser Aussage nur entnommen werden, dass kein Widerspruch zwischen diesem Ausführungsbeispiel und dem Patentanspruch besteht, nicht jedoch, dass der Patentanspruch ausschließlich auf die im Ausführungsbeispiel beschriebene Lösung beschränkt ist und nicht auch weitere Fallgestaltungen vom Patentanspruch beansprucht werden können. Ohnehin stellt die Beschwerdekammer weiter auf S. 7 unter Ziff. 4.2 fest, dass der „vorliegende Anspruch 1 [...] sich im Wesentlichen auf das in der ursprünglichen Patentanmeldung [...] beschriebene zweite Ausführungsbeispiel gemäß Fig. 3c“ stütze (Hervorhebung diesseits).
(2) Des Weiteren können auch aus der Äußerung auf S. 9, letzter Absatz („Die Kammer stellt jedoch fest, dass der vorliegende Anspruch nunmehr auf eine Zugriffsberechtigung abstellt, in der die als ein Bitmuster empfangenen Zugriffsberechtigungsdaten sowohl Zugriffsschwellwertbits als auch Zugriffsklassenbits aufweisen“) -entgegen der Auffassung des OLG Karlsruhe, a. a. O., Rn. 107 -keine zuverlässigen Rückschlüsse für die Frage der notwendigen „Einstückigkeit“ des Bitmusters gewonnen werden: Die Beschwerdekammer zitiert hier nämlich erkennbar lediglich - im Zusammenhang mit der an dieser Stelle im Rahmen von Art. 123 Abs. 2 EPÜ diskutierten Frage, ob das nunmehrige Weglassen der im Ablaufdiagramm gem. Fig. 4 enthaltenen Prüfungen, ob die Zugangsberechtigungsdaten einen Zugriffsschwellwert und ob sie ein 10-Bit-Muster oder ein 13-Bit-Muster umfassen, in den ursprünglichen Anspruchsfassungen offenbart gewesen sei - den Anspruchswortlaut in der zuletzt von der Klägerin geltend gemachten Fassung und stellt dann u. a. auf das bereits ursprünglich offenbarte Ausführungsbeispiel gem. Figur 3c ab, ohne jedoch dazu Stellung zu nehmen, ob auch eine Lösung, bei der ebenfalls sowohl die Zugriffsschwellwertbits als auch die Zugriffsklassenbits als Zugriffsberechtigungsdaten übertragen werden, jedoch jeweils als ein Bitmuster und nicht zusammenhängend, von der Lehre des Patents in der Form des zuletzt geltend gemachten Patentanspruchs Gebrauch macht. Die Argumente, die die Beschwerdekammer an dieser Stelle gegen den von den Beschwerdegegnerinnen 1 und 4 behaupteten Verstoß gegen Art. 123 Abs. 2 EPÜ vorbringt, würden im Übrigen gleichfalls für eine solche Alternativlösung gelten, da egal, welche der beiden Vorgehensweisen (Prüfung der Bitmusterlänge oder nicht) implementiert wäre, beide ursprünglich offenbart waren, und da die beanspruchte Mobilstation auch nach der hier vorgenommenen Auslegung stets anspruchsgemäß dazu eingerichtet ist, aus den Zugriffsschwellwertbits einen Zugriffsschwellwert zu ermitteln, so dass sie auch in der Lage ist zu erkennen und zu prüfen, ob die empfangenen Zugriffsberechtigungsdaten Zugriffsschwellwertbits und demzufolge einen Zugriffsschwellwert umfassen.
Auf S. 7 unter Ziffer 4.2 heißt es ferner, dass das Bitmuster gemäß Fig. 3c zwar eine Bitlänge von 13 Bit aufweise, dies jedoch nicht zwingend sei. Während diese Feststellung ebenfalls ohne Relevanz für die Frage ist, ob die Zugriffsberechtigungsdaten in einem einzigen Bitmuster übermittelt werden müssen, bestätigt sie jedenfalls die hiesige Auslegung, wonach das anspruchsgemäße Bitmuster keine gleichbleibende Länge haben muss. Dies gilt umso mehr, als die Beschwerdekammer auf S. 14 unter Ziff. 4.4 unter dem Blickwinkel des Art. 84 EPÜ ausdrücklich auf den Begriff des Bitmusters eingeht und dessen vermeintliche Unbestimmtheit bzw. Unklarheit mit dem Argument verneint, dass dieser Begriff bereits am Prioritätsdatum ein üblicher Fachbegriff gewesen und „üblicherweise als eine Bitsequenz mit einer bestimmten Länge“ {in Einklang mit den im Streitpatent genannten Ausführungsbeispielen gem. Fig. 3a-c) verstanden worden sei. Das Erfordernis bzw. das Verständnis einer stets gleichbleibenden Länge des Bitmusters wird durch die Beschwerdekammer also gerade nicht festgestellt.
Schließlich lässt sich aus der „Erteilungshistorie“ des Klagepatents - wollte man, so wie das OLG Karlsruhe (a. a. O., Rn. 130 f.), auf frühere Fassungen der Patentschrift in zulässiger Weise hinsichtlich der Auslegung des geänderten Patentanspruchs zurückgreifen (der Bundesgerichtshof hat diese Frage bisher offen gelassen, vgl. zuletzt BGH GRUR 2016, 257 Rn. 36 - Glasfasern Ii m. w. N.) -ebenfalls kein tragfähiges Argument für eine abweichende Auslegung des Merkmals „als ein Bitmuster“ entnehmen. Durch die bloße Aufnahme dieser im erteilten Anspruchswortlaut nicht enthaltenen Voraussetzung ist noch nichts darüber ausgesagt, ob die Beschwerdekammer hiermit das Erfordernis eines „einzigen“ Bitmusters einführen und damit das Wort „ein“ als Zahlwort verstanden wissen wollte. Selbst wenn man den in „Beilage 1“, Ziff. iv. zum Urteil des England and Wales High Court of Justice vom 24.03.2015, Richter Birss, Az. [2015] EWHC 1034 (Pat) (Anlage K 51 bzw. in deutscher Übersetzung in Anlage K 55) geschilderten Ablauf der Verhandlung vor der Beschwerdekammer am 07.03.2014 berücksichtigen wollte, wonach das zunächst einzuführende Merkmal „wobei die Zugriffsberechtigungsdaten als Bitmuster übertragen werden“ (Hervorhebung diesseits) gelautet habe, dies aber von der Kammer nicht akzeptiert worden sei, so dass eine Änderung in „...als ein Bitmuster“ (Hervorhebung diesseits) erfolgt sei, folgt hieraus kein anderes Ergebnis: Wie Richter BWin der Folge unter Ziff. vii. ff. ausführt, könnte letztere Änderung nicht nur in Richtung auf eine bewusste Festlegung auf ein einziges Bitmuster verstanden werden, sondern auch dahingehend, ein solches Verständnis auszuschließen, demzufolge der Bestandteil „als Bitmuster“ im Plural gelesen würde und damit ausdrücklich stets multiple Bitmuster erforderlich wären. In der Konsequenz endet die „Beilage 1“ in Ziff. xii. mit der Erkenntnis, dass das Gericht nicht davon überzeugt sei, dass es möglich sei zu entscheiden, welches die Gründe der Kammer dafür waren, die Änderung des Wortlauts zu verlangen (vgl. auch die entsprechenden Ausführungen in den Urteilsgründen, Rn. 82, wonach die Entscheidung der Beschwerdekammer nicht in einer hilfreichen Weise auf die Auslegungsfragen eingehen würde).
dd. Die der Entscheidung der Beschwerdeentscheidung nachfolgende Entscheidung IPC72100OPD1 der Einspruchsabteilung des EPA vom 11.02.2014 (Anlage K 39) nimmt zur Frage des Verständnisses des Merkmals (1 c) nicht Stellung.
ee. Zuletzt ist festzustellen, dass auch der High Court in seinem genannten Urteil vom 24.03.2015 (Anlage K 51 bzw. in deutscher Übersetzung in Anlage K 55) die hier dargelegte Auslegung bezüglich der Übertragung der Zugriffsberechtigungsdaten „als ein Bitmuster“ vertritt.
(1) Auf Grundlage der Anhörung zweier Parteisachverständiger durch das Gericht kommt es in Rn. 69 der Urteilsgründe zunächst zum Ergebnis, dass der maßgebliche Fachmann „Bitmuster“ als ein Format verstehe, das aus einer Folge von Bits mit vorab festgelegter Länge bestehe, wobei der Position und dem Wert der Bits Bedeutung zukomme (“If consists of a sequence of bits of a predetermined length where significance is carried by the position and value ofthe bits“). Hiernach ist also eine stets gleichbleibende Länge des Bitmusters nicht Teil der Definition.
(2) Dagegen würde der Fachmann, wie das Gericht in Rn. 69 fortführt, den Schwerpunkt nicht auf die Kontiguität (also das Zusammenhängen) selbst als eine unterscheidende Eigenschaft von Bitmustern legen; die Kontiguität sei eher etwas, das sich aus dem Umstand ergebe, dass ein Bitmuster eine Folge von vorab festgelegter Länge sei („The skilled addressee would not focus on contiguity itself as a distinct attribute ofbit patterns. Rather contiguity is something which emerges from the fact that a bit pattern is a sequence of predefined length“). Für die hier interessierende Frage, ob die Zugriffsberechtigungsdaten in einem zusammenhängenden (also einzigen) Bitmuster zu übertragen sind, ist letztere Feststellung freilich nicht weiterführend, da ein solches Verständnis nicht auf die Definition eines Bitmusters selbst zurückgehen würde, sondern auf die Interpretation des Merkmalswortlauts „... als ein Bitmuster“.
(3) Wie der High Court in Rn. 70 weiter ausführt, könne der Fachmann aus der Patentbeschreibung entnehmen, dass die Figur 3a korrekterweise als Bitmuster benannt werde, und zwar nicht nur, weil es sich um ein paar Bits handele, die zufällig zusammen in einem Muster angeordnet seien, sondern weil es eine vorab festgelegte Länge habe und die Position eines bestimmten Bits in dem Muster die Bedeutung dieses Bits definiere. Auch hier geht der High Court also von dem bereits festgestellten Verständnis des Begriffs durch den maßgeblichen Fachmann (s.o. Ziff. (1)) aus und bestätigt dies weiterhin in Rn. 83 des Urteils.
(4) Ein fachkundiger Adressat würde ferner, wenn er die Beschreibung lese, verstehen, dass die Verwendung eines Bitmuster-Formats im Gegensatz zu anderen Methoden der Versendung von Daten, wie zum Beispiel einem Schlüssel-Wert-Paar, etwas sei, was zur Erreichung des in Abs. [0009] beschriebenen Ziels der bandbreiteneffizienten Übertragung beitrage, weil die Informationen darüber, wie ein gegebenes Bitmuster aufzugliedern sei, im Voraus vereinbart würden und keine Übertragungskapazitäten beanspruchten (vgl. Rn. 78 der Urteilsgründe). Das Gericht versteht den Begriff des Bitmusters vor dem Hintergrund der bezweckten Ressourcenschonung demnach als Anweisung auf der Signalisierungsebene (siehe auch Rn. 88: „[Die Bezugnahme auf ein Bitmuster] stellt eine Anforderung in Bezug auf die Art und Weise dar, in der die Zugriffsberechtigungsdaten übertragen werden müssen“) und betont in diesem Zusammenhang, dass die Mobilstation zu diesem Zwecke vorab Steuerungsinformationen für das Auslesen der im Bitmuster enthaltenen Informationskomponenten erhalten habe (s.o. Ziff. II. B. 5. a. bb.).
(5) Schließlich adressiert der High Court in den Rn. 85 ff. seines Urteils auch die Frage, ob der geltend gemachte Patentanspruch - dessen Wortlaut unter Zugrundelegung des zweiten Ausführungsbeispiels jedenfalls klar die Konstellation abdecke, bei der die Zugriffsschwellwertbits zusammen mit den Zugriffsklassenbits in demselben Bitmuster zu finden sei - auch einen Fall abdecke, in dem die beiden Informationen Zugriffsschwellwertbits und Zugriffsklassenbits in verschiedenen Bitmustern zu finden seien (Rn. 85). Letzteres wird von Richter B. im Rahmen seiner Verletzungsprüfung in Rn. 96 bejaht, wenn er ausführt:
„Mit anderen Worten akzeptiere ich trotz Absatz [0035] der Beschreibung und der Unterscheidung zwischen dem ersten und dem zweiten Ausführungsbeispiel bezüglich der Anzahlen von Bitmustern nicht das Argument von HTC [= der Beklagten im dortigen Verfahren], dass der Wortlaut nicht geeignet ist, einen Fall abzudecken, in dem jede der beiden [Zugriffsberechtigungs-]Informationen als ein Bitmuster übertragen wird, obgleich jede in einem anderen Bitmuster ist, vorausgesetzt das System braucht beide gleichzeitig, wie bei UMTS. Die Worte ,als Bitmuster übertragen‘ beziehen sich auf das Format, in dem die Daten übermittelt werden, und wären in diesem Fall erfüllt. Diese Interpretation würde nicht das erste Ausführungsbeispiel abdecken, in dem die beiden Bitmuster Alternativen sind. Die Interpretation berücksichtigt in gebührender Weise Äquivalente im Rahmen der Auslegung (Art. 2 des Protokolls über die Auslegung des Art. 69 EPO). Der Zweck des Erfinders ist nicht die einzige Erwägung, aber es ist dennoch relevant festzustellen, dass das Ziel der Verwendung des übertragungseffizienten Bitmuster-Formats bei dieser Auslegung des Anspruchs erfüllt wäre“.
Der High Court kommt also ebenfalls zum Ergebnis, dass das Erfordernis der Übertragung von Zugriffsberechtigungsdaten „als ein Bitmuster“ einer Ausgestaltung nicht entgegensteht, bei der die Zugriffsschwellwertbits und die Zugriffsklassenbits jeweils als ein Bitmuster übertragen werden.
b. Ebenfalls zutreffend ist das Landgericht weiterhin zu dem Ergebnis gelangt, dass aus den Merkmalen (2 d) bzw. (2 f), wonach „anhand des für die Nutzerklasse relevanten Zugriffsklassenbits“ entschieden wird, ob die Mobilstation unabhängig von den empfangenen Zugriffsschwellwertbits oder nur in Abhängigkeit von der Zugriffsschwellwertauswertung auf den ... zugreifen darf, nicht zwingend folgt, dass die jeweilige Nutzerklasse durch ein einziges „physikalisches“ oder „formelles“ Zugriffsklassenbit zu ermitteln ist; vielmehr kommt es bei dem in den beiden genannten Merkmalen aufgeführten „Zugriffsklassenbit“ nur auf die hieraus zu entnehmende Steuerungsinformation für die binäre Entweder/Oder-Entscheidung an, ob die Mobilstation unabhängig (im Sinne eines „Vorrangs“) oder abhängig von einer Zugriffsschwellwertauswertung („Lotterie“) auf den ... zugriffsberechtigt ist. Das Zugriffsklassenbit betrifft also nicht die Signalisierungsebene, weshalb auch von einem Bit im „logischen“ bzw. „inhaltlichen“ Sinne oder einem „konzeptuellen“ Bit gesprochen werden kann. Ob das Zugriffsklassen bit tatsächlich nur mit einem Bit codiert ist oder mit mehreren Bits, ist demnach für die Verwirklichung des patentgemäßen Verfahrens nicht entscheidend.
aa. Zunächst ist festzustellen, dass dem Anspruchswortlaut keine hinreichend klare Hinweise für das richtige Auslegungsverständnis entnommen werden können.
(1) Zwar ist einerseits zu sehen, dass in den Merkmalen (2 d) und (2 f) - im Unterschied zu Merkmal (2 b), wo die „Zugriffsklassenbits“ als Bestandteil der Zugriffsberechtigungsdaten im Plural genannt werden, sowie im Unterschied zu den in den Merkmalen (2 b), (2 c), (2 d i), (2 d ii) und (2 f) stets im Plural aufgeführten „Zugriffsschwellwertbits“ - ausdrücklich der Singular verwendet wird, wenn die Frage des Vorrangs „anhand des Zugriffsklassenbits“ (Hervorhebung diesseits) entschieden werden soll; dies spräche dafür, dass auch nur ein einziges „physikalisches“ Bit als kleinste Informationseinheit für diese Steuerungsentscheidung verantwortlich sein soll.
(2) Zu berücksichtigen ist jedoch auf der anderen Seite, dass dem Fachmann unstreitig bekannt ist, dass der Begriff „Bit“ auch als Maßeinheit für den Informationsgehalt verstanden werden kann, der in einer Auswahl aus zwei gleich wahrscheinlichen Möglichkeiten enthalten ist, und somit für die eindeutige bzw. logische information „Ja/Nein“ bzw. „Entweder/Oder“ steht. Der Anspruchswortlaut selbst gibt keine weiteren Hinweise, von welchem Begriffsverständnis das Patent ausgeht.
(3) Ohne, dass diesem Umstand nach den oben unter Ziff. II. B. 5. a. aa. (1) ausgeführten Auslegungsgrundsätzen ausschlaggebende Bedeutung zukommen würde, so ist doch im Übrigen zu konstatieren, dass durch die Wahl der Präposition „anhand ...“ (im Sinne von „mithilfe“) eher die Steuerungsfunktion dieses als Zugriffsklassenbit bezeichneten Informationselements für jede Nutzerklasse zum Ausdruck kommt, als eine Handlungsanweisung zur konkreten Codierung. Wollte man letzteres bezwecken, hätte es näher gelegen, dies - wie bei Merkmal (1 c), welches wie ausgeführt die Signalisierungsebene betrifft - durch die Wortwahl „als ...“ auszudrücken.
Der technische Sinngehalt des Zugriffsklassenbits gemäß Merkmal (2 d) - und damit entsprechend auch gemäß Merkmal (2 f) - besteht, wie sich aus der Systematik der Merkmalsgruppe (2) des Patentanspruchs sowie der Patentbeschreibung ergibt, (nur) darin, als mit einer Nutzerklasse verknüpfter Informationsträger für die Entscheidung zu fungieren, ob die dieser Nutzerklasse zugeteilte Mobilstation unabhängig von einer Schwellwertauswertung und damit vorrangig auf den wahlfreien Zugriffskanal zugreifen darf (Merkmale (2 d i), (2 f)), oder ob sie hierfür erst erfolgreich die Lotterie (Merkmale (2 d ti), (2 e), (2 f)) durchlaufen muss. Eine aus diesem Zweck folgende technische oder funktionale Notwendigkeit, die relevante Information der Mobilstation durch ein einziges „physikalisches“ Bit zu vermitteln, ist dagegen nicht ersichtlich. Konkrete Vorgaben für eine solche bestimmte Codierung und damit für das dahingehende einschränkende Verständnis der Beklagten lassen sich weder dem Anspruchswortlaut (s. o. lit. aa.) noch der Beschreibung hinreichend deutlich entnehmen.
(1) Auf die vorteilhafte Funktion des Zugriffsklassenbits wird in der Beschreibung in Abs. [0010] hingewiesen:
„Besonders vorteilhaft ist es, wenn in der Auswerteeinheit der mindestens einen Teilnehmerstation geprüft wird, ob die Zugriffsberechtigungsdaten Zugriffsberechtigungsinformationen mit Zugriffsklasseninformationen für mindestens eine vorgegebene Nutzerklasse umfassen, wobei in diesem Fall und unter der Voraussetzung, dass die mindestens eine Teilnehmerstation der mindestens einen vorgegebenen Nutzerklasse zugeordnet ist, der Zugriff auf einen Telekommunikationskanal der mindestens einen Teilnehmerstation in Abhängigkeit des [sie!] Zugriffsklasseninformation für diese Nutzerklasse erteilt wird. Auf diese Weise können Teilnehmerstationen einer vorgegebenen Nutzerklasse selbst dann zur Nutzung des Telekommunikationskanals zugelassen werden, wenn sie aufgrund der zufälligen Verteilung mittels Zugriffsschwellwert nicht zum Zugriff auf diesen Telekommunikationskanal berechtigt wären“.
Nicht die Rede ist allerdings in diesem Zusammenhang von einer etwaigen Vorteilhaftigkeit einer bestimmten Codierung der jeweiligen Zugriffsklasseninformation; ausgeführt wird lediglich, dass die Zugriffsberechtigungsinformationen „Zugriffsklasseninformationen [im Plural!] für mindestens eine vorgegebene Nutzerklasse“ umfassen müssen. Ebenso wenig wird hier außerdem in Bezug auf die Zugriffsklasseninformationen, die gem. Abs. [0027] die Gesamtheit der Zugriffsklassenbits umfassen, auf das Ziel der Einsparung von Übertragungskapazitäten eingegangen.
(2) Das Ziel der Einsparung von Übertragungskapazitäten ist vielmehr Gegenstand des vorherigen Abs. [0009], der freilich betont, dass die erfindungsgemäße Zugriffskontrolle deswegen ein Minimum an Übertragungskapazität für die Übertragung der Informationssignale in Anspruch nimmt, weil sie lediglich durch Übertragung des Zugriffsschwellwertes (über einen Signalisierungskanal, der als BCCH und damit als Punkt-zu-Mehrpunkt-Kanal ausgebildet ist, so dass alle Mobilstationen die gleichen Informationen zur gleichen Zeit erhalten, vgl. Abs. [0023]) bewirkt wird. Ein zu erzielender Einspareffekt aufgrund Minimierung der Anzahl der zu übersendenden Zugriffsklassenbits, was durch Beschränkung auf jeweils nur ein physikalisches Bit pro Nutzerklasse zu erreichen wäre, ist dagegen weder an dieser noch an einer anderen Stelle in der Beschreibung genannt.
(3) Gegen das Ziel der bandbreiteneffizienten Übertragung gerade durch Minimierung der Anzahl der Bits pro Zugriffsklasseninformation, aber auch der Bitanzahlen der weiteren Zugriffsberechtigungsinformationen, spricht auch Abs. [0036] der Beschreibung:
„Die im ersten, zweiten und dritten Bitmuster 45, 50, 55 verwendeten Anzahlen von Bits für den Zugriffsschwellwert S, die Zugriffsklasseninformation ZO, Z1, Z2, Z3, den Prioritätsschwellwert P und die Teilnehmerdiensteinformationen DO, D1, D2 sind lediglich beispielhaft zu verstehen und können, beispielsweise zum umfangreicheren Signalisieren erhöht und zur Bandbreitenreduktion verringert werden, in diesem Fall ändert sich gegebenenfalls auch die Gesamtlänge der Bitmuster 45, 50, 55. Gegebenenfalls können einzelne der Informationskomponenten auch gänzlich weggelassen werden.“
Wenn also die Bitanzahlen für die einzelnen Zugriffsberechtigungsinformationen ohne Weiteres zum Zwecke des umfangreicheren Signalisierens auch erhöht werden können, wird deutlich, dass ein durch die Erfindung bezweckter Einsparungseffekt gerade nicht in erster Linie durch die Reduktion der Bitanzahlen erzeugt werden soll, sondern eben vorrangig durch die in Abs. [0009] beschriebene „Schwellwertlösung“ samt Übertragung der Zugriffsschwellwertbits über einen BCCH. Ohnehin würde eine Erhöhung der Bitanzahl für einzelne Zugriffsberechtigungsinformationen (z. B. durch Codierung des Zugriffsschwellwerts mittels fünf oder mehr statt vier ZugriffsschwelIwertbits) angesichts der Gesamtzahl der über den BCCH übertragenen Bits (vgl. z. B. den UMTS-Standard, bei dem die Systeminformationen, welche u. a. die Systeminformationsblöcke umfassen, insgesamt bereits 4096 Systemframes umfassen) nur eine geringfügig höhere und damit vernachlässigbare Belastung der Übertragungskapazität bedeuten.
(4) Gleichzeitig folgt aus Absatz [0036] aber auch, dass die Codierung der jeweiligen Zugriffsklasseninformation mit mehreren Bits möglich ist, so dass das hiesige Auslegungsergebnis auch in der Beschreibung einen Niederschlag findet: Offensichtlich bewusst wurde hier nämlich im Zusammenhang mit den Zugriffsklassenbits Z0, Z1, Z2, Z3 der Singular gewählt, wenn ausgeführt wird, dass die verwendeten Anzahlen von Bits für die „Zugriffsklasseninformation“ (und nicht „Zugriffsklasseninformationen als Gesamtheit der Zugriffsklassenbits, vgl. Abs. [0027]) beispielhaft zu verstehen seien und zum umfangreicheren Signalisieren erhöht werden könnten; hierdurch wird deutlich, dass damit gerade nicht eine Erhöhung der Bitanzahlen zum Zwecke der Erfassung weiterer Nutzerklassen gemeint ist, sondern die Codierung für die einzelne Nutzerklasse. Ohne Erfolg wenden die Beklagten hier ein, dass bei der ebenfalls in diesem Absatz angesprochenen möglichen Verringerung der Bitanzahl zur Bandbreitenreduktion im Falle der Zugriffsklassenbits, sofern wie in den Ausführungsbeispielen die Codierung mit einem physikalischen Bit pro Nutzerklasse erfolge, dann überhaupt keine Zugriffsklasseninformation mehr vorhanden wäre: Zum einen stünde dieses Ergebnis im Einklang mit dem Hinweis am Ende von Abs. [0036], wonach gegebenenfalls einzelne der Informationskomponenten gänzlich ausgelassen werden könnten, zum anderen bestätigt die genannte mögliche Verringerung der Bitanzahl die prinzipielle Möglichkeit der Codierung einer Zugriffsberechtigungsinformation mit einer größeren Anzahl von Bits, die eben auch reduziert werden kann. Drittens sieht die Beschreibung auch den Fall vor, dass eine Mobilstation gar keiner Nutzerklasse zugeordnet ist (vgl. Abs. [0027] a. E. sowie Abs. [0032]: Sofern im ersten Ausführungsbeispiel das Auswertebit S4 auf 1 gesetzt ist, ist kein Zugriff von Mobilstationen auf den ... 30 möglich, die keiner Nutzerklasse angehören).
Im Übrigen geht auch das OLG Karlsruhe im Parallelurteil (a. a. O., Rn. 123 ff.) offensichtlich davon aus, dass Abs. [0036] die hier gefundene Auslegung unterstützt, wenn es Ausführungen zur Problematik eines Widerspruchs zwischen Beschreibung und Anspruch (im vom OLG Karlsruhe anders als hier verstandenen Sinne) macht (vgl. Rn. 124: „Kann, wie hier, der Wortlaut des Patentanspruchs mit einer Beschreibungsstelle nicht in Einklang gebracht werden...“) und die Erteilungshistorie des Klagepatents heranzieht, indem es zu dessen Auslegung auf die erteilte Fassung des Patentanspruchs 1 zurückgreift (vgl. hierzu sogleich lit. cc. und dd.), sowie im Rahmen der Äquivalenzprüfung ausführt, dass die Beschreibung die Möglichkeit der Signalisierung der Zugriffsklasseninformation durch mehrere Bits offenbart (a. a. O., Rn. 144: „Die Frage, wie viele Bits zur Signalisierung des Zugriffsschwellwerts und der Zugriffsklasseninformation verwendet werden, wird in der Beschreibung in Abschnitt [0036] ausdrücklich angesprochen.“).
In diesem Zusammenhang ist schließlich noch zu bemerken, dass die Ausführungen in der bereits zitierten Entscheidung des High Court vom 24.03.2015 für die Frage der Relevanz des Abs. [0036] (vgl. Rn. 105 des Urteils: „[Der Absatz] sieht vor, Bits wegzulassen, die nicht für den Anspruch erforderlich sind (z. B. die P und D Bits), die Anzahl der S Bits zu verändern, um eine größere oder kleiner Anzahl von möglichen Schwellwerten zu erhalten, sowie die wechselnde Anzahl von Z Bits, um eine größere oder kleinere Anzahl von Nutzerklassen aufzunehmen. Nichts in diesem Absatz würde jedoch von einem fachkundigen Adressaten so verstanden werden, dass der Absatz vorsieht, die Bestimmung der Art und Weise des RACH-Zugriffs (direkt oder durch Lotterie) könnte durch irgendwas anderes angegeben werden, als ein Bit pro Nutzerklasse“) aus sprachlichen Gründen nicht herangezogen werden kann, da die englische Sprache den Plural des Worts „Information“ nicht kennt und somit die im genannten Absatz zu findende Verwendung des Begriffs „Zugriffsklasseninformation“ im Singular im Gegensatz zu den „Zugriffsklasseninformationen“ im Plural, wie sie in Abs. [0027] angeführt werden, im Englischen keine Entsprechung findet.
(5) Dass in den beiden in der Beschreibung aufgeführten Ausführungsbeispielen gemäß Fig. 3b und 3c die Zugriffsklassenbits pro Nutzerklasse mit jeweils nur einem physikalischem Bit codiert sind, spricht nicht gegen das hier gefundene Auslegungsergebnis, da dem Fachmann selbstverständlich (wie bei der Frage des Verständnisses des „Bitmusters“ gemäß Merkmal (1 c), s. o. Ziff. II. B. 5. a. bb. (4)) bewusst ist, dass eine Patentlehre nicht zwingend auf einzelne beschriebene Ausführungsformen beschränkt ist bzw. deren Schutzbereich durch die Ausführungsbeispiele nicht automatisch beschränkt werden soll.
cc. Das Landgericht hat ferner zutreffend herausgearbeitet, dass sich aus den Entscheidungen der Technischen Beschwerdekammer des EPA vom 07.03.2013 und der Einspruchsabteilung des EPA vom 22.01.2014 keine überzeugenden Argumente für das enge Auslegungsverständnis der Beklagten ableiten lassen.
(1) Der Patentanspruch 1 in seiner erteilten Fassung ist dahingehend formuliert, dass „anhand der für die Nutzerklasse relevanten Zugriffsklasseninformationen“ die Zugriffsrechte der Mobilstation ermittelt werden; demgegenüber lautet die im Beschwerdeverfahren beschränkte Fassung, dass die Ermittlung nunmehr „anhand des für die Nutzerklasse relevanten Zugriffsklassenbits“ erfolgt.
Wenn also eine Änderung vom Begriff der „Zugriffsklasseninformationen“ hin zum „Zugriffsklassenbit' getroffen wurde, wird hiermit lediglich - unter Berücksichtigung der Beschreibung in Abs. [0027], wonach die Zugriffsklassenbits in ihrer Gesamtheit auch als Zugriffsklasseninformationen bezeichnet werden - die Aussage getroffen, dass entscheidend für die Zugriffsrechte einer Mobilstation, die einer bestimmten Nutzerklasse zugeordnet ist, gerade nicht die Gesamtheit der Zugriffsklassenbits sind, sondern nur die jeweilige Information für eine einzelne Nutzerklasse. Dass dagegen hiermit gleichzeitig eine Einschränkung auf die Vermittlung der spezifischen Information für die jeweilige Nutzerklasse gerade durch ein physikalisches Bit erfolgen muss, wird durch die Technische Beschwerdekammer an keiner Stelle angesprochen. Vielmehr beschränkt sich der Aussagegehalt der Entscheidung vom 07.03.2013 neben dem gerade angeführten Umstand nur auf die Feststellung, dass mit der von den Beschwerdeführern vorgenommene Änderung der Patentanspruchsfassung keine unzulässige Erweiterung als Nichtigkeitsgrund einhergeht, sondern der Schutzbereich des Patents i. S. v. Art. 123 Abs. 3 EPÜ eingeschränkt werde.
Auch aus den Ausführungen der Einspruchsabteilung folgt kein anderes Ergebnis: Wie die Beklagten zwar zu Recht anführen, wird im Rahmen der Prüfung unter Ziff. 5.5 (Anlage K 39, S. 21 ff.), ob das Dokument D 11 in Kombination mit dem Dokument D6/D7 den Gegenstand der Erfindung nahelegt, darauf abgestellt, dass es, auch wenn der Fachmann „ein einziges Zugriffsklassenbit in ein System gemäß D11 implementieren würde“ (Unterstreichung diesseits), nicht naheliegend wäre, den Zugriff des Mobilgeräts auf den ... abhängig vom entsprechenden Zugriffsklassenbit vorzunehmen, jedoch unabhängig von der in D11 gelehrten Persistenzwertauswertung zu realisieren (vgl. S. 23 oben). An anderer Stelle nimmt aber die Einspruchsabteilung keine entsprechende Einschränkung vor, wenn sie im Zusammenhang der Prüfung, ob die Entgegenhaltungen D4/D5 in Kombination mit dem Wissen des Fachmanns den Gegenstand der Erfindung nahelegen (S. 14 ff.), ausführt, dass es - „sollte der Fachmann auch die Realisierung mittels Zugriffsklassenbits. die für die Nutzerklassen stehen, vorsehen“ (Unterstreichung diesseits) - in D4/D5 keinen Hinweis darauf gebe, diese Zugriffsklassenbits als Teil der Zugriffsberechtigungsdaten vorzusehen, die bereits den nicht nutzerklassenspezifischen Schwellwert beinhalten (vgl. S. 16). Die anschließende Schlussfolgerung
„Die Merkmale 4 und 6, gemäß denen die Zugriffsberechtigungsdaten Zugriffsklassenbits enthalten und das [sie!] anhand des Zugriffsklassenbits der entsprechenden Nutzerklasse geprüft wird, ob die Mobilstation unabhängig von den Zugriffsschwellwertbits auf den ... zugreifen darf, sind durch die Dokumente D4/D5 nicht nahegelegt.“ (Unterstreichung im Original)
beinhaltet ebenfalls keine Festlegung dahingehend, dass die Verwendung des Singulars „des Zugriffsklassenbits“ gleichzeitig die Codierung durch ein einziges, physikalisches Bit bedeute, und führt daher nicht entscheidend weiter.
dd. Wie gerade ausgeführt, können entgegen der Ansicht des OLG Karlsruhe aus der Erteilungshistorie also keine eindeutigen Hinweise für das richtige Verständnis der Merkmale (2 d) bzw. (2 f) entnommen werden; auch Abs. [0036] der Beschreibung kommt nach der hier vorgenommenen Auslegung - welche vorrangig berücksichtigt, dass aus technischer Sicht für eine Einschränkung auf eine Codierung durch ein physikalisches Bit keine Notwendigkeit besteht - im Unterschied zur Bewertung durch das OLG Karlsruhe keine korrigierende Bedeutung zu und lässt sich weiterhin zwanglos mit dem Anspruchswortlaut vereinbaren.
Im Ergebnis muss daher die vom Bundesgerichtshof bisher offengelassene Frage nicht entschieden werden, ob die Berücksichtigung der Erteilungshistorie überhaupt als Kriterium für die Anspruchsauslegung zulässig ist (vgl. hierzu OLG Karlsruhe, a. a. O., Rn. 130 f.; BGH GRUR 2016, 257 Rn. 36 - Glasfasern II, jeweils m. w. N.).
ee. Bestätigt wird die Auslegung des Senats, wonach das in den Merkmalen (2 d) und (2 f) genannte Zugriffsklassenbit als logisches und nicht als physikalisches Bit zu verstehen ist, schließlich durch den High Court in seiner Entscheidung vom 24.03.2015. Für diese Auslegungsfrage nahm das Gericht vornehmlich die angegriffene Ausführungsform auf Basis des UMTS-Standards in den Focus (a. a. O., Rn. 100: „Dies ist eine Frage, die nur unter Berücksichtigung des Verletzungsfalls verstanden werden kann“) und stellte darauf ab, dass im UMTS innerhalb der drei Bits, die zur Identifizierung verschiedener Access Service Classes (ASC) verwendet werden, überschüssige Kapazität genutzt wird, um den vom Anspruch geforderten Informationswert des einzelnen, vom High Court sogenannten „konzeptuellen“ Bits zu codieren (a. a. O., Rn. 109). Vor diesem Hintergrund kommt der High Court in Rn. 114 zum Ergebnis, dass der angesprochene Fachmann den Wortlaut des Anspruchs so verstehen würde, dass sich die beiden oben genannten Merkmale „auf den Schritt der Entscheidungsfindung beziehen und nicht auf den Schritt der Datenübertragung. In dieser Hinsicht unterscheidet er sich von der Bezugnahme in Merkmal C [= Merkmal (1 c)] auf die Übertragung als ein Bitmuster. Die von der Mobilstation getroffene Entscheidung ist eine binäre Bestimmung: entweder das eine oder das andere. Konzeptuell ist nur ein Bit erforderlich, um diese Entscheidung zu treffen, und in diesem Sinn meint der Wortlaut des Anspruchs, was er sagt, nämlich ein einzelnes Bit. Man kann diese Beschränkung nicht unberücksichtigt lassen [...]. Jedoch würde meiner Auffassung nach der fachkundige Adressat verstehen, dass im Kontext gelesen der erforderliche Informationswert des einzelnen Bits ein konzeptuelles Bit ist und kein physisches Bit Ein System, welches das einzelne Zugriffsklassenbit als Informationswert eines einzelnen konzeptuellen Bits versendet, obgleich dies gemeinsam mit anderen unabhängigen Informationen codiert ist, um die Übertragung so effizient wie möglich zu machen, fällt unter den Anspruch.“
C. Verletzung des Klagepatents
Mit der Berufung nicht angegriffen wurden die zutreffenden Feststellungen im Ersturteil, wonach die angegriffenen Ausführungsformen von den zwischen den Parteien unstreitigen (und nachfolgend zur besseren Übersichtlichkeit nochmals knapp dargestellten) Merkmalen des Klagepatentanspruchs wortsinngemäß Gebrauch machen.
a. Die streitgegenständlichen Ausführungsformen sind Mobilstationen, die im Sinne des Merkmals (1) zum Betrieb in einem UMTS-Mobilfunknetz geeignet sind.
b. Da nach Abschnitt 4.2 des UMTS-Standards ETSI TS 122 011, Version 7.70 (Anlagen K 19, K 20) sämtliche Mobilstationen verschiedenen Access Classes zugewiesen werden, die von 0 bis 9 und ggf. bis 15 reichen, unterscheidet der UMTS-Standard zwischen mehreren Nutzerklassen im Sinne des Merkmals (1 a). Die angegriffenen, UMTS-fähigen Ausführungsformen sind auch dazu eingerichtet, eine Nutzerklasse von einer SIM-Karte im Sinne des Merkmals (2 a) zu lesen.
c. Die Parameter des AC-to-ASC-Mapping im UMTS-Standard stellen Zugriffsberechtigungsdaten (= Merkmale (1 b), (2 b)) dar, da der Zugriff auf den ... nach Abschnitt 11.2.1 ETS TS 125 321, Version 6.14.0 (Anlagen K 17, K 18) anhand der verschiedenen Access Service Classes aufgeteilt werden kann und die angegriffenen, UMTS-fähigen Mobilstationen diese Daten empfangen können. Diese Parameter sind ferner als Zugriffsklassenbits im Sinne des Merkmals (2 b) einzuordnen, da gem. Abschnitt 8.5.13 ETSI TS 125 331, Version 6.16.0 (Anlagen K15, K16) durch dieses AC-to-ASC-Mapping die Access Classes (AC), in die die verschiedenen Mobilstationen aufgeteilt sind, gemäß einer vorgegebenen Zuteilung verschiedenen Access Service Classes (ASC) zugeordnet sind.
d. Im UMTS-Standard existiert ferner das dynamische Persistenzniveau N mit den Werten 1 bis 8, aus dem nach der Formel P(N) = 2 -(N-1) der Persistenz
a. wert Pj mit Werten zwischen 1 und 1/128 abgeleitet und jeder Access Service Class zugeordnet wird, vgl. Abschnitt 8.5.12 ETSI TS 125 331, Version 6.16.0. Dieser Persistenzwert Pi, der als Übertragungswahrscheinlichkeit bezeichnet ist und in dessen Berechnung neben dem dynamischen Persistenzniveau N auch der Skalierungsfaktor sj einfließen kann, wird in der Mobilstation mit einer Zufallszahl R, die in der Mobilstation gezogen und nach der Formel 0 ≤ R < 1 berechnet wird, verglichen (Merkmal (2 e)) und entscheidet gemäß der Bedingung R < Pi für die Berechtigung zum sofortigen Zugriff über die Zulässigkeit des Übertragungsprozesses (vgl. Abschnitt 11.2.2 ETSI TS 125 321, Version 6.14.0). Er stellt damit einen Zugriffsschwellwert im Sinne von Merkmal (2 c) dar, während das dymamische Persistenzniveau N, aus dem der Persistenzwert Pi berechnet wird, als Zugriffsschwellwertbit im Sinne von Merkmal (2 b) des Klagepatents einzuordnen ist; da die Parameter der Zugriffsschwellwertbits auch über den Zugriff auf den ... entscheiden und von den UMTS-fähigen Mobilstationen empfangen werden können, sind sie ebenfalls Zugriffsberechtigungsdaten im Sinne der Merkmale (1 b) und (2 b).
2. Darüber hinaus liegt aber unter Zugrundelegung der hier gefundenen Auslegung (s.o. Ziff. II. B. 5. a.) und in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Erstgerichts auch eine wortsinngemäße Verwirklichung des Merkmals (1 c) des Klagepatents vor, wonach die Zugriffsschwellwertbits und Zugriffsklassenbits als Zugriffsberechtigungsdaten „als ein Bitmuster“ übertragen werden.
a. Im UMTS-Standard wird gem. Abschnitt 8.5.12 ETSI TS 125 331, Version 6.16.0 im Systeminformationsblock (SIB) 5 oder 5bis der für das AC-to-ASC-Mapping erforderliche Datensatz - der dem Zugriffsklassenbit entspricht, s.o. Ziff. II. C. 1. c. - sowie im SIB 7 das dynamische Persistenzniveau N - deren Parameter als Zugriffsschwellwertbits einzuordnen sind, s.o. Ziff. II. C. 1. d. -übertragen. Ein Master Information Block (MIB) bietet dabei Referenzangaben und Zielplaninformationen zu einer Anzahl von Systeminformationsblöcken, wodurch die Zugriffsberechtigungsdaten in den Systeminformationen erkannt werden können (vgl. Abschnitt 8.1.1.1.1 ETSI TS 125 331, Version 6.16.0).
b. Die Datensätze des AC-to-ASC-Mapping bzw. des dynamischen Persistenzniveaus N innerhalb der SIB 5/5bis bzw. 7 stellen - dies wird von den Beklagten nicht bestritten - jeweils eine Bitsequenz mit einer bestimmten Länge dar; sie enthalten bestimmte, für die Zugriffsberechtigung auf den ... relevante Informationskomponenten, welche die Mobilstation aufgrund der ihr vorab durch den MIB mitgeteilten, vordefinierten Bitstellenbelegung innerhalb dieser Bitsequenz identifizieren und auslesen kann. Die Datensätze des AC-to-ASC-Mapping sowie des dynamischen Persistenzniveaus N sind daher als Bitmuster im Sinne des Klagepatentanspruchs anzusehen.
c. Da letzterer nicht darüber hinaus verlangt, dass die Zugriffsberechtigungsdaten gleichzeitig und zusammenhängend übertragen werden, machen außerdem die angegriffenen Ausführungsformen, die den UMTS-Standard nutzen, auch von der Lehre des Klagepatents Gebrauch, obwohl die SIB 5/5bis und SiB 7 neben den als Bitmuster übertragenen Datensätzen für das AC-to-ASC-Mapping bzw. für das dynamische Persistenzniveau N noch weitere Informationselemente enthalten können sowie zu unterschiedlichen Zeiten übertragen werden; entscheidend ist auch hier, dass die Mobilstation die auf einem Abschnitt innerhalb eines SIB enthaltenen sowie auf mehreren SIB verteilten verschiedenen Zugriffsberechtigungsdaten aufgrund der Vorinformationen durch den MIB als solche identifizieren und daher für die Frage der Zugriffsberechtigung auf den ... verarbeiten kann.
d. Der High Court ist in diesem Zusammenhang zwar zu einem anderen Ergebnis gekommen, da er (ohne nähere Begründung) nicht zu der Überzeugung gelangte, dass die SIB 5 oder SIB 7 an sich ein Bitmuster seien (a. a. O., Rn. 97: „Ich bin nicht davon überzeugt, dass SIB 5 oder SIB 7 an sich ein Bitmuster ist. Beide können einige Bitmuster enthalten (oder nicht), aber das ist ein anderer Punkt und wurde auf jeden Fall nicht dargelegt. Ich bin nicht davon überzeugt, dass die Zugriffsberechtigungsdaten im UMTS überhaupt in einem Bitmuster-Format übertragen werden.“); das Gericht hat hier allerdings nicht zu der Frage Stellung genommen, ob nicht jedenfalls die Datensätze des AC-to-ASC-Mapping bzw. des dynamischen Persistenzniveaus N als Bitmuster innerhalb der SIB 5/5bis bzw. SIB 7 anzusehen sind. Während außerdem
b. die Frage, ob die SIB 5/5bis und SIB 7 ein Bitmuster darstellen, im Verfahren vor dem High Court offensichtlich streitig war, gehen im hiesigen Verfahren beide Parteien unstreitig davon aus, dass jedenfalls die einzelnen SIB als Bitmuster übertragen werden (vgl. z. B. die Berufungsbegründung der Beklagten vom 23.03.2015, S. 36 f. = Bl. 575 f. d. A.: „Die nach dem Vortrag der Klägerin relevanten Bits in Form der,AC-to-ASC-mapping IEs' und Bits in Form des,Dynamic persistence level N' werden jeweils in unterschiedlichen Bitmustem, namentlich dem SIB5 und dem SIB7, zu den durch die Scheduling Information vorgegebenen Zeiten übertragen“ sowie die Berufungsreplik der Beklagten vom 21.12.2015, S. 5 = Bl. 628 d. A.: „Diese Systeminformationen sind in Blöcke (SIB) aufgeteilt, deren jeweiliger Übertragungszeitpunkt individuell gesteuert werden kann. Demnach ist jeder einzelne SIB als Bitmuster anzusehen“), so dass dieser Umstand auch vom Senat für seine Entscheidung zugrunde zu legen ist.
Somit kommt es nicht mehr auf die Frage an, ob nicht bereits - wie die Klägerin vertritt - sämtliche über den BCCH übertragenen Daten als (ein) Bitmuster angesehen werden können (insofern ablehnend High Court, a. a. O., Rn. 89 f.) oder jedenfalls die in den S!B in ihrer Gesamtheit übertragenen Systeminformationen (offen gelassen durch OLG Karlsruhe, a.a. O., Rn. 112 f.: „Es spricht vieles dafür, die in ETSI TS 125 331 [...] näher beschriebene ,system Information‘, zu der u. a. die SIB 5/5bis und 7 gehören, in ihrer Gesamtheit als ,ein (komplexes) Bitmuster im Sinne der Merkmale 1.c, 1.d anzusehen. Im erreichten Sach- und Streitstand - insbesondere auch nach den Stellungnahmen der Parteien in der mündlichen Verhandlung - ist davon auszugehen, dass es nicht ausgeschlossen ist, dass SIB 5/5bis und SIB 7 zusammen als Teil der 4096 frames umfassenden,system Information' an die Mobilstation übertragen werden. Dass in der ,system Information‘ - auch zwischen SIB 5 und SIB 7 - weitere Systeminformationen übertragen werden, schließt die Verwirklichung des Merkmals nach dem Ausgeführten nicht aus. Einer abschließenden Entscheidung hierüber bedarf es indessen nicht“).
Schließlich ist anzumerken, dass man selbst dann zur Bejahung einer wortsinngemäßen Verletzung des Merkmals (1 c) des geltend gemachten Patentanspruchs käme, wenn man mit den Beklagten und dem OLG Karlsruhe verlangte, dass die Zugriffsberechtigungsdaten in einem einzigen, zusammenhängenden Bitmuster übertragen werden müssen: Unstreitig lässt nämlich der UMTS-Standard zusätzlich die Möglichkeit der sog. Konkatenierung (Verkettung) verschiedener SIBs zu (vgl. Abschnitt 8.1.1.1.3 ETSI TS 125 331, Version 6.16.0), wodurch mehrere SIBs zu einem einzigen Signal zusammengefasst und zeitgleich und gemeinsam übertragen werden, was unstreitig auch für SIB 5 und SIB 7 möglich ist. Wie aber bereits das OLG Karlsruhe (a. a. O., Rn. 113) festgestellt hat, reicht dies für die Verwirklichung des Merkmals in der genannten alternativen Auslegung aus, mag eine solche gemeinsame Übertragung aufgrund einer Verkettung auch den Ausnahmefall darstellen.
Zutreffend hat das Landgericht ferner entschieden, dass auch die Merkmale (2 d) bzw. (2 f) durch die angegriffenen Ausführungsformen wortsinngemäß verwirklicht werden, da sie dazu eingerichtet sind, anhand des für die Nutzerklasse relevanten Zugriffsklassenbits zu entscheiden, ob sie unabhängig von den empfangenen Zugriffsschwellwertbits oder nur in Abhängigkeit von der Zugriffsschwellwertauswertung auf den ... zugreifen dürfen.
a. Die drei physikalische Bits umfassenden Parameter des AC-to-ASC-Mapping, die dem Zugriffsklassenbit im Sinne des Klagepatents entsprechen, bestimmen die jeweilige ASC der AC der Mobilstation, wobei im Falle der Zuordnung zur ASC 0 der Persistenzwert P, stets auf 1 gesetzt ist und daher die Bedingung R < Pj stets erfüllt und der Zugriff auf den ... unabhängig vom Lotterieverfahren möglich ist; dagegen entscheidet im Falle der Zuordnung zu den ASC 1 bis 7 dieses Lotterieverfahren, bei dem der anhand des dynamischen Persistenzniveaus N nach der Formel P(N) = 2-(N-1) ermittelte Persistenzwert Pi mit der von der Mobilstation willkürlich gezogenen Zufallszahl R verglichen wird, über den Zugriff, der bei Erfüllung der Bedingung R ≤ Pi gewährt wird (vgl. Abschnitt 8.5.12 ETSI TS 125 331, Version 6.16.0 und Abbildung zu Abschnitt 11.2.2 ETSI TS 125 321, Version 6.14.0).
b. Zu Recht hat das Landgericht außerdem in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass für die Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatentes der auch im Fall der Zuordnung zur ASC 0 tatsächlich stattfindende Vergleich zwischen dem Persistenzwert und der Zufallszahl unschädlich ist, da maßgeblich das von vornherein feststehende Ergebnis ist - nämlich dass aufgrund der festen Zuordnung von Pi auf 1 diese dem Wert der Zugriffszahl R entspricht und somit ein Zugriff immer möglich ist - und daher nicht der Vergleich mit der Zugriffszahl über den Zugriff entscheidet, sondern die Zuordnung der Access Class der Mobilstation zur Access Service Class 0.
c. Weil es unter Zugrundelegung der hier gefundenen Auslegung (s. o. Ziff. II. B. 5. b.) für die Funktion des Zugriffsklassenbits i. S. d. Patentanspruchs allein auf die ihm zu entnehmende binäre Entweder/Oder-Entscheidung ankommt, ob die Mobilstation unabhängig oder abhängig von einer Zugriffsschwellwert-auswertung auf den ... zugriffsberechtigt ist, ist es (entgegen der Ansicht des OLG Karlsruhe, a. a. O., Rn. 114 ff., 132 ff., und in Übereinstimmung mit dem High Court, a. a. O., Rn. 114) unschädlich, dass das Zugriffsklassenbit bei den angegriffenen Ausführungsformen tatsächlich mit drei „physikalischen“ Bits codiert ist: Maßgeblich für die Verwirklichung der patentgemäßen Lehre ist nur, dass durch diese drei Bits des AC-to-ASC-Mapping die logische Entscheidung für die Art der Zugriffsroute auf den ... zum Ausdruck kommt.
4. Da somit bereits eine wortsinngemäße Verletzung des Klagepatents vorliegt, war über den hilfsweise gestellten Unterlassungsantrag, der eine Verletzung des Klagepatents mit äquivalenten Mitteln zum Gegenstand hat, nicht mehr zu entscheiden.
5. Soweit das Landgericht in seinem Urteil unter Ziff. A. I. 4. Ausführungen zu den von den Parteien in der ersten Instanz schriftsätzlich diskutierten alternativen Ausführungsformen der Beklagten (sog. „Alternativlösungen 0, I, II“) gemacht hat, ist festzustellen, dass die Klägerin diese zu keinem Zeitpunkt erstinstanzlich durch entsprechende Antragserweiterung - insbesondere durch alternative Formulierung der begehrten Unterlassung im Wege der Anpassung an die alternativen Ausführungsformen - formell zum Gegenstand ihres Klagebegehrens gemacht hat und dies auch nicht im Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.05.2014 dokumentiert ist. Im Ergebnis hat daher das Landgericht über einen Sachverhalt entschieden, der nicht Streitgegenstand (geworden) ist, so dass insofern von einem „rechtlichen Nullum“ auszugehen ist, das keine Auswirkung auf die Streitwert- und Kostenentscheidungen (aufgrund der ansonsten zu prüfenden Klageerweiterung und ggf. -rücknahme) nach sich gezogen hat.
D. Rechtsfolgen
1. Dass die Beklagten der Klägerin mit Rücksicht auf die vorstehend dargelegte Schutzrechtsverletzung zur Unterlassung, zur Auskunftserteilung, zur Vernichtung und dem Grunde nach zur Entschädigung bzw. zum Schadensersatz verpflichtet sind und dass auch das für die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Entschädigung bzw. zum Schadensersatz notwendige Feststellungsinteresse gegeben ist, hat das Landgericht im angefochtenen Urteil unter Ziff. A. II. im Einzelnen ausgeführt. Auf die diesbezüglichen Darlegungen nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen in vollem Umfang Bezug.
2. Ergänzend ist zu bemerken, dass die zugesprochenen Ansprüche zu Recht auch die in der mündlichen Verhandlung vom 10.03.2016 diskutierte Benutzungshandlung des „Gebrauchens“ i. S.v. Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 9 S. 2 Nr. 1 PatG erfassen: Zwar mag bei den Beklagten als Elektronikmarkt der Schwerpunkt auf den weiteren im Tenor genannten Benutzungshandlungen liegen, jedoch können jedenfalls in der in solchen Märkten typischerweise vorkommenden Vorführung der zu verkaufenden Geräte wie die angegriffenen Mobiltelefone durch das Verkaufspersonal hinreichende Gebrauchshandlungen gesehen werden.
3. Keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet auch die Feststellung der (weder vom Landgericht noch von den Parteien problematisierten) gesamtschuldnerischen Schadensersatzhaftung der Beklagten zu 2) bis 20), da diese jedenfalls vor dem Hintergrund des Umstands, dass die verschiedenen Elektronikmärkte im Verbund eine einheitliche Werbung bzw. ein einheitliches Marketing hinsichtlich desselben Sortiments betreiben (vgl. Anlagen K 11 und K 12), als Nebentäter i.S.v. § 840 Abs. 1 BGB (vgl. BGH GRUR 2002, 599 - Funkuhr) eingeordnet werden können.
E. Aussetzung
Eine Aussetzung des Verfahrens gem. § 148 ZPO im Hinblick auf das vor dem Bundesgerichtshof anhängige Verfahren XZR 68/14 oder im Hinblick auf das anhängige Einspruchsbeschwerdeverfahren gegen das Klagepatent beim EPA kommt nicht in Betracht.
1. Soweit vor dem Bundesgerichtshof (Az. X ZR 68/14) im Verfahren zwischen der Klägerin und N. und damit zwischen anderen Parteien als im vorliegenden Rechtsstreit die vom OLG Karlsruhe (Az. 6 U 29/11) zugelassene Revision anhängig ist, fehlt es bereits an der Voraussetzung der Vorgreiflichkeit i. S.v. § 148 ZPO.
2. Überdies lässt die Entscheidung des Landgerichts, dem hilfsweise gestellten Antrag der Beklagten auf Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits im Hinblick auf die gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung des EPA vom 11.02.2014 eingelegte Beschwerde nicht zu entsprechen, einen Rechtsfehler nicht erkennen.
a. Zu Recht hat das Landgericht ausgeführt, dass eine Aussetzung deswegen nicht in Betracht kommt, weil die mit technischen Fachleuten besetzte Einspruchsabteilung des EPA sich bereits mit sämtlichen von den Beklagten vorgebrachten Argumenten insbesondere hinsichtlich der fehlenden Patentfähigkeit auseinandergesetzt hat und die Beklagten neben dem bereits im Einspruchs verfahren gewürdigten Stand der Technik keinen weiteren Stand der Technik präsentiert haben. Die Entscheidung der Einspruchsabteilung erscheint auch mit guten Gründen vertretbar, so dass nicht zu erwarten ist, dass die Technische Beschwerdekammer das Klagepatent mit überwiegender Wahrscheinlichkeit widerrufen wird.
b. Soweit die Beklagten monieren, dass unter Zugrundelegung der vom Landgericht gefundenen Auslegung, die der Auslegung des Senats entspricht, die Kombination der Entgegenhaltungen im Einspruchsverfahren D 11 und D6/D7 naheliegend wäre, so führt die Einspruchsabteilurig zutreffend aus (Anlage K 39, S. 22 letzter Absatz), dass auch bei einem auf „0 0 0“ gesetzten Zugriffsschwellwert = PSIST wie in der Entgegenhaltung D 11 das Mobilgerät immer
a. eine Prüfung des PSIST auf Null durchführen müsse, weshalb sich das Merkmal 6.a (= das hiesige Merkmal (2 d i)) nicht in naheliegender Weise ergebe; nach der Lösung im UMTS-Standard wird demgegenüber ein anderer Weg gewählt, da - entsprechend den Vorgaben des Merkmals (2 d i) des Klagepatentanspruchs - im Falle der Zuweisung einer Nutzerklasse zur ASC 0 die Zugriffsschwellwertbits (also die Parameter des dynamischen Persistenzniveaus N), die den Zugriffsschwellwert Pj bilden, ignoriert werden und hierfür stattdessen der feststehende Wert 1 verwendet wird, so dass also gerade keine Auswertung des Zugriffsschwellwerts durchgeführt wird wie in D 11.
c. Schließlich rechtfertigt auch das Urteil des Bundesgerichtshofs in der Nichtigkeitsberufungssache zum parallelen Patent EP 1 186 189 (Urt. v. 14.10.2014 -X ZR 35/11 = GRUR 2015, 159 - Zugriffsrechte) nicht eine Aussetzung gem. § 148 ZPO. Rückschlüsse auf das hiesige Verfahren kommen schon deswegen nicht in Betracht, weil - wie der Bundesgerichtshof explizit ausgeführt hat (a. a. O., Rn. 91) - der Gegenstand des hiesigen Klagepatents vom Gegenstand des dort geltend gemachten Anspruchs abweicht, so dass die Entscheidungen der britischen Gerichte und der Einspruchsabteilung des EPA vom 11.02.2014 zum hiesigen Klagepatent durch den Bundesgerichtshof nicht zu berücksichtigen waren. Zwar hat der Bundesgerichtshof diese Feststeilung ausdrücklich nur im Zusammenhang mit der mit dem dortigen Hauptantrag verteidigten Fassung des Patentanspruchs 1 getroffen und nicht nochmals im Zusammenhang mit der Anspruchsfassung gemäß dortigem Hilfsantrag 2, welche nach Auffassung der Beklagten in Anspruch 8 (vgl. S. 8 der Anlage HL-A 54, auf welcher allerdings im Gegensatz zur Angabe der Beklagten in der Berufungsreplik vom 21.12.2015, S. 7 - Bl. 630 d. A. nicht Anspruch 8 des Hilfsantrags 1, sondern des Hilfsantrags 2 abgedruckt ist) dem hiesigen Patentanspruch entspricht; der Bundesgerichtshof setzt sich jedoch auch bezüglich sämtlicher Hilfsanträge nicht mit den Ausführungen der Einspruchsabteilung des EPA vom 11.02.2014 oder der britischen Gerichte auseinander (welche die Voraussetzungen der Patentfähigkeit im Unterschied zum Bundesgerichtshof bejahen), so dass er offensichtlich auch insofern von der Irrelevanz des hiesigen Klagepatents aufgrund unterschiedlichen Schutzbereichs ausgeht.
III. 1. Als unterlegene Parteien haben die Beklagten gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.
2. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10 S. 1, S. 2, 711 S. 1, S. 2, 709 S. 2 ZPO. In diesem Zusammenhang wurde berücksichtigt, dass das Interesse eines zur Unterlassung verurteilten Beklagten an einer Beseitigung der Verurteilung regelmäßig dem Interesse des Klägers an dieser Verurteilung entspricht und somit die Unterlassungspflicht die Kehrseite des Unterlassungsbegehrens ist (vgl. BGH GRUR 2013, 1067 Tz. 12 - Beschwer des Unterlassungsschuldners; GRUR 2013, 1271 - Umfang des Unterlassungsanspruchs; Ahrens, LMK 2013, 351272 jeweils für die Bestimmung des Beschwerdegegenstands gem. § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), so dass als maßgebliches Indiz hierfür (auch hinsichtlich der geltend gemachten Auskunfts- und Vernichtungsansprüche) die Streitgegenstandsbewertung in der Berufungsinstanz herangezogen wurde. Der Feststellungsausspruch in Ziff. II. des landgerichtlichen Tenors hat keinen vollstreckbaren Inhalt.
3. Die Revision war vor dem Hintergrund der abweichenden Entscheidung des OLG Karlsruhe in dieser Sache (Urt. v. 09.07.2014 - 6 U 29/11 - Mitt. 2014, 558 = BeckRS 2014, 17797) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gem. § 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO sowie wegen der Relevanz der Entscheidung für eine Vielzahl paralleler Verfahren mit erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung zuzulassen, § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.