Oberlandesgericht München
9 U 1676/13 Bau
IM NAMEN DES VOLKES
Verkündet am 21.07.2015
11 O 17404/12 LG München I
In dem Rechtsstreit
...
- Klägerin und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Prof. ... Regensburg, Gz.: ...
gegen
...
- Beklagter und Berufungsbeklagter -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte .... München
wegen Forderung
erlässt das Oberlandesgericht München - 9. Zivilsenat - durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Buchner, den Richter am Oberlandesgericht Augsberger und die Richterin am Oberlandesgericht Haumer aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16.06.2015 folgendes
Endurteil
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 21.03.2013, Az. 11 O 17404/12, wird zurückgewiesen.
2. Der Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 44.576,18 € festgesetzt.
Gründe:
I. Die Klägerin macht Vergütungsansprüche im Rahmen eines Vergabeverfahrens geltend. Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Form einer Architektenbietergemeinschaft, bestehend aus zwei Architektenbüros. Sie hat an einem VOF-Verfahren, einer Ausschreibung im Verhandlungsverfahren des Beklagten teilgenommen. Der Beklagte hatte in dem VOF-Verfahren Leistungen der Objektplanung für die Erweiterung eines sonderpädagogischen Förderzentrums in Unterhaching europaweit ausgeschrieben (vgl. Anlage K 1). Mit Einladungsschreiben vom 24.1.2012 teilte der Beklagte über das Ingenieurbüro Hitzler (Anlage K 3) mit, was von den Bietern, und damit auch der Klägerin als mögliche Bieterin, im Verhandlungsverfahren erwartet werde. In dem Einladungsschreiben wurden die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung bekannt gegeben, unter anderem forderte der Beklagte mit einem zu bewertenden Prozentanteil von jeweils 15% der zu erreichenden Punkte die Anfertigung von (vgl. Anlage K 3):
Einer Ideenskizze zur Variante 1 und
Einer Ideenskizze zur Variante 2
Dabei wurde in der Einladung näher aufgeführt:
„Basierend auf den in Anlage 1 beigefügten Informationen sind Ideenskizzen (gerne auch Handskizzen) für die Planungsvariante anzufertigen: Folgende Ideenskizzen sollten im Rahmen der Power-Point-Präsentation dargestellt werden:
- Städtebauliche Ideenskizze (M: 1:500 oder 1: 1000), Darstellung der Lage der neu zu errichtenden Baukörper in Bezug auf die Bestandsbebauung
- Isometrische Darstellung der einzelnen Baukörper
- Schematische Darstellung der vorgesehenen Bauphasen (...)“
Die Klägerin nahm an der Ausschreibung teil und präsentierte ihre Unterlagen (Anlage K 5). Dabei handelte es sich um eine Präsentation, in der auf ca. 60 Seiten die Bietergemeinschaft, sowohl die personelle Struktur der Bietergemeinschaft als auch drei Referenzobjekte dargestellt wurden. Auf Seite 63-80 präsentierte die Klägerin die geforderten Ideenskizzen zu den zwei Lösungsvarianten. Insgesamt beteiligten sich 7 Bieter an der Ausschreibung (vgl. Anlage K 6). Der Beklagte hatte eingangs des Verhandlungsverfahrens mitgeteilt, dass er lediglich eine Aufwandsentschädigung zu bezahlen gedenke, in Höhe von 1.500 €.
Die Klagepartei berechnete in der Folgezeit 46.361,18 € an Honorar und stellte diese dem Beklagten in Rechnung. Diese Forderung verfolgte die Klägerin mit der Klage weiter.
Das Landgericht wies die Klage mit Urteil vom 21.3.2013 ab. Über die bezahlte Aufwandsentschädigung hinaus bestehe kein Vergütungsanspruch der Klägerin.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf Tatbestand und Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.
Mit der Berufung verfolgt die Klagepartei ihr ursprüngliches Klageziel auf Honorarzahlung in Höhe von 44.576,18 € unverändert weiter. Dabei rügt die Klägerin vorrangig die fehlerhafte Rechtsanwendung durch das Landgericht. Die Klägerin ist der Auffassung, dass § 20 Abs. 3 VOF im vorliegenden Fall eine Anspruchsgrundlage für die geltend gemachte Forderung begründet. Die Klägerin habe zwei Ideenskizzen im Rahmen der Ausschreibungspräsentation vorgelegt. Diese Ideenleistungen seien klassische Architektenleistungen. Mit der Ausschreibung habe der Beklagte Lösungsskizzen gem. § 20 Abs. 3 VOF verlangt, diese seien daher nach Maßgabe der HOAI zu vergüten. § 20 Abs. 3 VOF bilde eine eigene Anspruchsgrundlage für die geltend gemachte Honorarforderung. Die Bieter befänden sich bei dem Ausschreibungsverfahren im Akquise-Status. Der Auftraggeber, also der Beklagte, verlange in diesem Fall nicht die Lösung der Planungsaufgabe, sondern er stelle sie dem Bieter gewissermaßen anheim. Durch § 20 Abs. 3 VOF sei sichergestellt, dass keine unentgeltlichen Lösungsvorschläge von den Bietern verlangt werden könnten. Die Klägerin habe klassische Vorplanungen gem. § 33 HOAI erbracht, dementsprechend sei die erbrachte Leistung auch zu vergüten.
Die Klägerin beantragt mit Schriftsatz vom 26.6.2013:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts München I vom 21.3.2013 aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 44.576,18 € zu bezahlen. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 653,10 € vorgerichtliche Anwaltskosten zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 31.7.2013,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass das Urteil des Landgerichts München I zutreffend sei. Es seien keine Lösungsvorschläge, sondern nur Ideenskizzen verlangt worden. Dabei handle es sich um Unterlagen, die von der gezahlten Aufwandsentschädigung gem. § 13 Abs. 3 VOF abgegolten seien. Im Übrigen beinhalte § 20 VOF eine verfahrensrechtliche Vorgabe für die Durchführung des Vergabeverfahrens. Das bedeute, dass Bieter etwaige Verstöße im Vergabeverfahren zu rügen hätten. Die Sperrwirkung der Spezialzuweisung verhindere eine Honorarklage im Zivilrechtsweg. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 20 Abs. 3 VOF seien eng auszulegen.
Nur wenn Lösungsvorschläge im Rahmen eines Gesamtkonzepts erbracht werden sollten, bestünde eine Abrechenbarkeit der Leistung nach der HOAI i. V. m. § 20 Abs. 3 VOF. In einem Wettbewerb habe auch nicht jeder Teilnehmer Anspruch auf Vergütung seiner erbrachten Leistung. Es würden Wertungswidersprüche eintreten, wenn bei einem Wettbewerb klassische Architektenleistungen nicht vergütet würden, die bei einem Bieten im Rahmen einer VOF-Ausschreibung nach HOAI zu vergüten wären. Es hätten die Grundsätze des Vergabeverfahrens zu gelten, andernfalls müsse der Beklagte an alle Bieter eine entsprechende Vergütung bezahlen.
Gesamtplanerische Leistungen seien von allen Bietern gerade nicht abverlangt gewesen, vielmehr hätten alle Bieter dieselbe Vorgabe durch die Ausschreibung gehabt.
Der Senat hat Beweis erhoben gem. Beweisbeschluss vom 10.12.13 sowie durch weiteren Beschluss vom 16.6.2014 durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Thomas Schmidt. Auf das Gutachten vom 31.3.2914 sowie das Ergänzungsgutachten vom 20.11.2014, wird Bezug genommen. Ferner wird Bezug genommen auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.6.2014 sowie auf das Protokoll vom 19.11.2013.
II. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Auf die zutreffenden und rechtlichen Feststellungen des Ersturteils wird nach Maßgabe der folgenden Ausführungen Bezug genommen.
1. Ein Anspruch der Klägerin gem. § 20 Abs. 3 VOF auf Vergütung der erbrachten Leistungen besteht nicht.
Der Beklagte führte hier einen sog. Teilnahmewettbewerb, also ein Verhandlungsverfahren durch, § 3 Abs. 1 und 2 VOF. Das Verfahren endet mit einem Zuschlag für den Bieter, § 11 Abs. 6 VOF. Die Ausschreibung erfolgte europaweit. An dem Verfahren nahmen insgesamt 7 Bieter teil. § 20 Abs. 3 VOF begründet keinen Anspruch der Klägerin auf das eingeforderte Honorar. Im Rahmen der VOF stellt § 20 VOF eine Ausformung des § 11 VOF dar, er ist eine ergänzende Regelung (Harr in Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht Kompaktkommentar 3. Auflage 2014, 9. Los/Rn. 1). Er soll die Grundlagen liefern, die für die Vergabeentscheidung notwendig ist (Voppel/Osenbrück/Bubert VOF 3. Auflage 2012, § 20 Rn. 1). Die durchgeführte Ausschreibung erfolgte im Verhandlungsverfahren.
Dieses Verfahren ist vom Planungswettbewerb nach § 15 ff. VOF abzugrenzen. Im Rahmen eines Planungswettbewerbes werden Lösungsvorschläge nicht gesondert vergütet. Nach § 20 Abs. 2 S. 2 VOF darf die Ausarbeitung von Lösungsvorschlägen in einem Planungswettbewerb nach § 15 VOF verlangt werden. Im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens, das keinen Wettbewerb darstellt, ist die Forderung ebenfalls zulässig, zieht aber eine zusätzliche Vergütung nach sich, § 20 Abs. 3 VOF (Willenbruch/Wieddekind-Harr, 9. Los/Rn. 17). Diese Vergütung würde dann zwingend nach HOAI zu bestimmen sein. Insofern begründet § 20 Abs. 3 eine eigene Anspruchsgrundlage, durch den Hinweis auf die Vergütung stellt sich diese als Rechtsfolgenverweisung dar (so auch Voppel/Osenbrück/Bubert, § 20 VOF, Rn. 18). Da ein Vertrag aufgrund der Besonderheiten des Vergabeverfahrens in diesem Stadium noch nicht gegeben ist, müsste entsprechend § 20 Abs. 3 VOF die erbrachte Leistung anhand der Leistungsstufen der HOAI ermittelt und vergütet werden. Es handelt sich bei § 20 Abs. 3 VOF um eine eigene Anspruchsgrundlage (so auch Voppel/Osenbrück/Bubert, a. a. O.), da sich die dort ausgesprochene Verpflichtung direkt auf die Vergütung und nicht eine Zwischenmaßnahme, wie Festsetzung der Vergütung richtet.
2. Die Voraussetzungen des § 20 Abs. 3 VOF sind jedoch im vorliegenden Fall nicht gegeben.
a) § 20 VOF ist im Gesamtzusammenhang der VOF und deren Verfahrensregelungen zu sehen. In der VOF sind zwei Formen der Ausschreibung vorgesehen. So gibt es das sogenannte Verhandlungsverfahren sowie eine Ausschreibung mittels eines Planungswettbewerbs. Ersteres richtet sich nach den §§ 4 ff. VOF, der Planungswettbewerb ist in den §§ 15 ff. VOF geregelt.
Für den Fall des Verhandlungsverfahrens ist keine Vergütung, sondern eine Aufwandsentschädigung vorgesehen, § 13 Abs. 3 VOF. Damit soll das Verhandlungsverfahren grundsätzlich erfasst sein. Für den Fall des Planungswettbewerbs gibt § 16 VOF vor, dass der ausgelobte Preis nach der jeweiligen Honorarordnung angemessen sein soll. Für den Fall des Planungswettbewerbs soll keine gesonderte Vergütung anfallen, weil das Preisgeld gem. § 16 VOF auf alle Preisträger umgelegt wird und so eine „angemessene“ Vergütung der Bieter erreicht werden kann. Dabei soll sich der ausgelobte Preis an den Honorarordnungen orientieren. Jedoch erhalten nur diejenigen, die Preisträger sind, auch eine Beteiligung an dem ausgelobten Preisgeld. Für den Fall, dass konkrete Lösungsansätze durch den Auftraggeber verlangt werden, gibt § 20 VOF die Konsequenzen vor, also dass bei einer Auslobung eines Preisgeldes keine weitere Vergütung für das Erstellen von Lösungsvorschlägen erfolgt. Insbesondere sieht § 20 Abs. 2 VOF vor, dass für ungeforderte Lösungsvorschläge keine Vergütung entstehen soll. Diese Vorschrift hat vor allem den Sinn, dass sich alle Bieter darauf verlassen können, dass die Anforderungen vom Auftraggeber abschließend festgelegt sind und sie hinreichend leisten, wenn sie dem nachkommen (Voppel/Osenbrück/Bubert, Kommentar zur VOF, § 20 Rn. 14)
Da § 13 Abs. 3 VOF aber für das Verhandlungsverfahren nur eine Aufwandsentschädigung regelt, soll für das Verlangen von Lösungsvorschlägen in diesen Verfahren dann eine gesonderte Vergütung nach den Regeln der HOAI in Betracht kommen. Deutlich wird durch die genannten Vorschriften, dass vom Verordnungsgeber die Vergütung nach HOAI nicht als der Regelfall, sondern als Ausnahmetatbestand konzipiert wurde. Wäre die klassische Vergütung im Ausschreibungverfahren eine Abrechnung nach HOAI, hätte dies bereits bei den jeweiligen Ausschreibungsarten aufgenommen werden können. Voraussetzung einer Vergütung nach § 20 Abs. 3 VOF soll sein, dass sich bei dem verlangten Lösungsvorschlag um eine qualitativ und quantitativ höherwertige Leistung handelt, als eine branchenübliche Bewerbungsleistung (Koeble in Locher/Koeble/Fink, HOAI, 12. Auflage, 2014, Einleitung Rn. 47, a.A. Orlowski, BauR 2012, 1554).
Dabei ist wesentlich für das Vergabeverfahren, dass dort die Architektenleistung nämlich nicht auf Basis einer synallagmatischen vertraglichen Bindung erbracht wird, sondern es sich um eine Auftragsakquisition des Architekten handelt, für die diesem eine vom potentiellen Auftraggeber einseitig festgesetzte Vergütung zufließt (OLG München Verg 5/13 unter Hinweis auf Willenbruch, Vergaberecht, 2. Auflage, Rn. 21 zu § 20 VOF). Die Teilnahme an einem Wettbewerb ist freiwillig. Bloße Akquisehandlungen lösen noch keinen Vergütungsanspruch des Architekten aus. Der Auftragnehmer erbringt in der Akquise Leistungen mit dem Ziel, einen potentiellen Auftraggeber zu einem Abschluss des Vertrages zu bewegen (Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 8. Auflage 2013, Einführung, Rn. 123). Die Akquisephase kann sehr weit gefasst sein, sie kann bis in die Leistungsphasen 3 und 4 hineinreichen (OLG Hamm, NJW-RR 1990, 91).
b) Es fehlt aber vorliegend an einer Verwirklichung des § 20 Abs. 3 VOF. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift sind nicht gegeben. Zwar wäre der Beklagte grundsätzlich ein Auftraggeber im Sinne der Vorschrift, da von ihm die Ausschreibung durchgeführt wurde.
Voraussetzung für einen Anspruch ist jedoch, dass ein Lösungsvorschlag durch den Auftragnehmer auf Verlangen durch diesen erstellt wird. Ein solches Verlangen wird durch die reine Ausschreibung durch den Beklagten im Verhandlungsverfahren nicht begründet.
Nach Auffassung des Senates bezog sich die Formulierung „Ideenskizze“ in den Ausschreibungsunterlagen nicht auf einen Lösungsvorschlag. Bei dieser Frage, ob ein tatsächlicher Sachverhalt, wie eine Formulierung in Ausschreibungsunterlagen als Verlangen eines Lösungsvorschlag zu qualifizieren ist, handelt es sich um eine zu klärende Rechtsfrage.
Hinsichtlich der Anforderungen, die an die Klägerin durch die Vorgaben gestellt wurden, erholte der Senat ein Sachverständigengutachten. Der Sachverständige führte aus, dass es sich bei den durch die Klägerin vorgelegten Unterlagen um klassische Architektenleistungen handelte. Es waren Planungskonzepte zu erstellen, die grundsätzlich nach der HOAI abzurechnen seien, nämlich LPH2d und 2 f der Anlage 11 zu § 33 HOAI. Insoweit wird auf die Sachverständigengutachten Bezug genommen. Der Sachverständige erläuterte in seinem Gutachten auch, was unter einer städtebaulichen Ideenskizze aus seiner Sicht zu verstehen sei. Darunter fallen aus Sicht des Sachverständigen auch Darstellungen der Baukörperanordnungen und Ausformung mit ihrem Bezug zum Umfeld, wie sie im konkreten Fall erbracht werden. Diese entstünden aus einem Planungskonzept, welche der Leistungsphase 2 d-f der Anlage 11 zu § 33 HOAI zuzuordnen seien.
Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass die Anforderungen in der Ausschreibung nicht auf einen Lösungsvorschlag im Sinne von § 20 VOF abzielten. Zwar sind die zu erbringenden Leistungen im Rahmen der Ausschreibung durchaus abrechnungsfähig, aber stellen noch kein planerisches Gesamtkonzept dar. Vielmehr wird die vorgegebene Variante punktuell umgesetzt. Auch wenn der Sachverständige grundsätzlich eine Einordnung in die Leistungsphase 2 der HOAI für gegeben hält, so fehlt es für das konkrete Vorhaben an einem gesamtplanerischen Konzept, welches im Übrigen auch nicht durch den Beklagten gefordert war.
c) Jedenfalls war ein solcher Lösungsvorschlag hier vom Beklagten nicht verlangt im Sinne von § 20 Abs. 3 VOF. Da ein solches Verlangen Honoraransprüche nach § 20 Abs. 3 VOF auslösen kann, ist der Tatbestand des § 20 Abs. 3 VOF eng auszulegen. Der Verordnungsgeber wollte mit der Vorschrift lediglich der Tendenz entgegenwirken, dass Auftraggeber im Vorfeld von Auswahlverfahren und Auftragsverhandlungen vorvertraglich Leistungen der Bewerber zur Erledigung der Auftraggeberaufgaben nach DIN 18205 oder weitergehende Architekten- und Ingenieurleistungen anfordern und ohne Vergütung entgegennehmen oder Bewerber die Ergebnisse solcher Leistungen zur Verbesserung ihrer Auftragschancen von sich aus ohne Vergütung vorlegen (Kaufhold, Die Vergabe freiberuflicher Leistungen ober- und unterhalb der Schwellenwerte, 2. Auflage 2012, § 20 VOF 2009, Rdnr. 9). Die Vorschrift sollte die Gleichbehandlung aller Bieter sicherstellen und eine Mitwirkung auch für kleinere und mittelgroße Büros ermöglichen.
Um exorbitante Kosten eines Verhandlungsverfahrens zu verhindern, muss die Leistung gem. § 20 Abs. 3 VOF dann aber ausdrücklich verlangt werden und sowohl qualitativ als auch quantitativ mehr sein als eine branchenübliche Bewerbungsleistung (OLG Koblenz, Beck RS 2014, 00951, Entscheidung vom 20.12.2013, 8 U 1341/12). Da ein solches Verlangen gem. § 20 Abs. 3 VOF Honoraransprüche auslöst und eine Forderung nach HOAI außerhalb des Vergabeverfahrens einen Architektenvertrag voraussetzt, muss dieses Verlangen eindeutig sein und einen rechtsverbindlichen Charakter aufweisen. Aus dem Verlangen muss sich für den Empfänger eindeutig ein entsprechender Rechtsbindungswillen erkennen lassen. Das Verlangen, Lösungsvorschläge auszuarbeiten, ist keine nach § 657 BGB zu beurteilende Auslobung, sondern eine empfangsbedürftige, nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte auszulegenden Willenserklärung (OLG Koblenz, Urteil vom 6.7.2012, 8 U 45/11,), die sich an die Teilnehmer des Vergabeverfahrens richten muss (Müller-Wrede/Hebel, VOF, 4. Auflage 2011, Rn. 18). Das Verlangen setzt damit den entsprechenden Rechtsbindungswillen der Auftraggeber voraus. Eine Vergütung kommt daher nicht in Betracht, wenn lediglich eine projektbezogene Präsentation des Angebots verlangt wird (vgl. OLG Koblenz, a. a. O. Vergabekammer Südbayern, VPR 2013, 2945). Andernfalls würden auch im Verhandlungsverfahren eine Vielzahl von Vergütungsansprüchen einer unübersehbaren Zahl von Bewerbern entstehen. Im Zweifel ist daher davon auszugehen, dass ein öffentlicher Auftraggeber diese Folge im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens mit einer Mehrzahl von Bietern regelmäßig nicht herbeiführen will. Darauf haben sich auch die betreffenden Verkehrskreise einzustellen (vgl. auch OLG Koblenz, Urteil v. 20.12.2013, 8 U 1341/12, BeckRS 2014, 00951).
In der Formulierung „Ideenskizze, gerne auch Handskizze“ ist ein Verlangen nach einem ausgearbeiteten Lösungsvorschlag nicht eindeutig erkennbar. Ergeben sich für den Bieter Zweifel, ob die abzugebende Bieterleistung bereits als Lösungsvorschlag zu qualifizieren ist, so sind Zweifel mit dem Auftraggeber zu klären (vgl. OLG Koblenz, Urteil v. 20.12.2013, a. a. O.). Das war hier im konkreten Fall auch erfolgt, denn auf Nachfrage war der Klägerin durch den Beklagten mitgeteilt worden, dass für die Bieterunterlagen lediglich eine Aufwandsentschädigung bezahlt werden würde. In der Ausschreibung an sich ist ein Erklärungsbewusstsein hinsichtlich einer nach § 20 Abs. 3 VOF zu vergütenden Leistung nicht zu erkennen. Die reine Entgegennahme von Leistungen reicht regelmäßig für die Annahme eines Rechtsbindungswillens in der einseitigen Erklärung, den man für § 20 Abs. 3 VOF voraussetzen muss, nicht aus. Zudem hat hier der Beklagte überdies den Willen, keine Architektenleistungen zu verlangen, deutlich zum Ausdruck gebracht.
d) Es kann in der Ausschreibung allein auch kein schlüssiges „Verlangen“ erkannt werden. Die Ausschreibung allein begründet kein Verlangen gem. § 20 Abs. 3 VOF mit honorarrechtlichen Konsequenzen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass im Übrigen für die Anwendung der HOAI eine Beauftragung des Architekten erforderlich ist, die durch ausdrückliches oder konkludentes Verhalten erfolgen kann. An ein Verlangen im Sinne von § 20 Abs. 3 VOF, welches die gleichen Folgen, nämlich einen nicht unerheblichen Vergütungsanspruch, nach sich zieht, muss ein entsprechendes Erklärungsbewusstsein beim Auftraggeber erwartet werden. Ein solches ist hier nicht erkennbar. Zum einen hat die Beklagte auf Rückfrage der Klägerin ausdrücklich auf die Aufwandsentschädigung in Höhe von 1.500 € hingewiesen und weitere Vergütung ausgeschlossen. Zum anderen lässt sich ein solches Erklärungsbewusstsein auch nicht allein aus der Ausschreibung herleiten. Soweit einem tatsächlichen Verhalten auch ohne ein solches Erklärungsbewusstsein oder ohne einen Rechtsbindungswillen die Wirkungen einer Willenserklärung beigelegt werden (vgl. BGHZ NJW 1984, 2279; BGH NJW 1990, 454; BGH NJW 2010, 1585), geschieht dies zum Schütze des redlichen Rechtsverkehrs und setzt einen Zurechnungsgrund voraus. Ein solcher liegt nur vor, wenn ein sich in missverständlicher Weise Verhaltender bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass die in seinem Verhalten liegende Äußerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefasst werden durfte, und wenn der Empfänger sie auch tatsächlich so verstanden hat (BGH, NJW 1995, 953 m.w.Nachw.) Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Es handelte sich um ein übliches Verhandlungsverfahren, es ergaben sich für die Klägerin keine Besonderheiten, aus denen sich eine gesonderte Vergütung herleiten ließe. Auf die erfolgte Nachfrage ergaben sich für die Klägerin auch keine gesonderten, vertrauensschaffenden Umstände.
Der Senat ist im Übrigen in Anschluss an die Entscheidung des OLG München vom 20.3.2013, Verg 5/13 der Auffassung, dass es sich auch bei § 20 Abs. 3 VOF um eine Vorschrift handelt, die dem Vergaberecht zuzuordnen ist. § 97 GWB, auf dessen Grundlage die VOF erlassen wurde, regelt das Vergabeverfahren. Nach § 97 GWB kann der Gesetzgeber nur nähere Bestimmungen über das bei der Vergabe einzuhaltende Verfahren regeln. Es ist bereits fraglich, ob die Klage auf Honorar gem. § 20 Abs. 3 VOF vor den Zivilgerichten verfolgt werden kann. (vgl. Stolz, VergabeR 2013, Heft 2a, S. 300). Deswegen wäre die Frage, ob hier gegebenenfalls fehlerhaft ausgeschrieben wurde und mit der Ausschreibung bereits Lösungsvorschläge verlangt worden, im Rechtsweg des Vergabeverfahrens zu klären. Notwendig wäre also eine Rüge nach § 107 Abs. 2 GWB und die Durchführung eines entsprechenden Nachprüfungsverfahrens. Das würde bedeuten, dass der Bieter den Verstoß nach § 107 Abs. 3 GWB rügen müsste und auf Einhaltung einer ordnungsgem. Ausschreibung bei der Vergabekammer hinwirken müsste, hier mit dem Hinweis, dass die vorgesehene Aufwandsentschädigung nicht der abzuliefernden Planungsleistung entspricht. Eine solche Rüge erfolgte im konkreten Fall nicht. Im Fall der Nichtabhilfe müsste die Einhaltung der Ausschreibungsregeln im Vergabeverfahren durchgesetzt werden. Die Frage kann hier aber dahinstehen, da ein Anspruch der Klägerin nach den vorherigen Ausführungen ohnehin nicht aus § 20 Abs. 3 VOF herleiten lässt.
Wird § 20 Abs. 3 VOF als Verfahrensvorschrift des Vergabeverfahrens angesehen, muss der Bieter Verstöße dort rügen. Versäumt er dies, so verhindert die Sperrwirkung der Spezialzuweisung eine an das Vergabeverfahren anschließende Honorarklage (OLG München v. 20.3.13, Verg. 5/13).
III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO
Die Revision war nicht zuzulassen, da nicht von den Entscheidungen des Bundesgerichthofs oder anderer Oberlandesgerichte abgewichen wurde. Es handelt sich auch nicht um Entscheidung mit grundsätzlicher Bedeutung.