OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN
Aktenzeichen: 10 U 2231/15
Im Namen des Volkes
Verkündet am 23.10.2015
1 O 908/12 LG Passau
Die Urkundsbeamtin …
In dem Rechtsstreit
…
- Klägerin und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt …
gegen
1) …
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
2) …
- Beklagter und Berufungsbeklagter -
3) …
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigter zu 1 - 3: Rechtsanwalt …
wegen Schadensersatzes
erlässt der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht … und die Richter am Oberlandesgericht … und … im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 12.10.2015 folgendes
Endurteil
I. Auf die Berufung der Klägerin vom 24.06.2015 wird das Schlussurteil des LG Passau vom 29.05.2015 (Az. 1 O 908/12) in Ziffer I abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin ein Teil-Schmerzensgeld in Höhe von 5.000,- € zu bezahlen, nebst Zinsen hieraus von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 20.10.2012.
II. Im Übrigen bleiben Ziffer II des Schlussurteils aufrechterhalten und die Klage abgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz und des Berufungsverfahrens bis zum 11.04.2014 tragen die Klägerin 37 Prozent und die Beklagten als Gesamtschuldner 63 Prozent. Die Kosten des Berufungsverfahrens ab 24.06.2015 haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Klägerin steht eine entsprechende Abwendungsbefugnis gegen die (Kosten-)Vollstreckung der Beklagten zu.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 3.000,- € festgesetzt.
Gründe
A. Die Klägerin verfolgt gegen die Beklagten - nach längerem Verfahrensgang noch - Ansprüche auf Ersatz von Personenschäden (Schmerzensgeld) aus einem Unfall im öffentlichen Straßenverkehr.
Am 09.10.2009 gegen 13.00 Uhr ereignete sich auf der V.straße in P. auf Höhe der Hausnummer 60 ein Zusammenstoß zwischen der Klägerin als Fußgängerin, und dem vom Beklagten zu 2) gefahrenen, von der Beklagten zu 3) gehaltenen und bei der Beklagten zu 1) versicherten Pkw KIA Picanto, amtliches Kennzeichen …17. Die damals 14-jährige Klägerin war an der Bushaltestelle „D.-S.-Straße“ aus dem Bus ausgestiegen, hatte diesen an der Rückseite umrundet und die Fahrbahn überquert. Aus Sicht der Fahrtrichtung des Busses auf der Gegenfahrbahn wurde die Klägerin vom Fahrzeug der Beklagten erfasst, wurde schwer verletzt und macht heute noch bestehende Beeinträchtigungen aufgrund der Unfallfolgen geltend.
Die Klägerin forderte zuletzt in erster Instanz
- zum ersten die Beklagten als Gesamtschuldner zu einem verzinsten angemessenen Teil-Schmerzensgeld, mindestens jedoch 9.000,- €, zu verurteilen,
- zum zweiten die Beklagten als Gesamtschuldner zu verzinsten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten von 918,91 € zu verurteilen.
Hinsichtlich des Parteivortrags und der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil vom 29.05.2015 (Bl. 220/228 d. A.) Bezug genommen (§ 540 I 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat nach persönlicher Anhörung der Klägerin und Beweisaufnahme durch sachverständige Begutachtung die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, ein verzinstes Teil-Schmerzensgeld von noch 2.000,- € und verzinste vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von 594,52 € zu bezahlen, sowie im Übrigen die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Erwägungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Vorangegangen war ein Urteil des Landgerichts Passau vom 12.11.2013, mit welchem der Klägerin die Feststellung der Ersatzpflicht für künftige immaterielle Schäden unter Berücksichtigung eines hälftigen Mitverschuldens zugesprochen und die Schmerzensgeldklage abgewiesen worden waren. Auf dieses Urteil (Bl. 83/95 d. A.) wird verwiesen. Auf die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat der Senat nach ausführlichen Terminshinweisen (Bl. 124/132 d. A.) am 11.04.2014 ein Grund- und Teilurteil erlassen, mit welchem einerseits hinsichtlich des Feststellungsausspruchs die Berücksichtigung hälftigen Mitverschuldens bestätigt, sowie im Übrigen die Berufung zurück- und die Klage abgewiesen, andererseits hinsichtlich der Schmerzensgeldforderung das Ersturteil aufgehoben und zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen worden ist. Auf dieses Urteil wird ebenfalls Bezug genommen (Bl. 142/152 d. A.).
Gegen das ihr am 05.06.2015 zugestellte Urteil des Landgerichts Passau vom 29.05.2015 hat die Klägerin mit einem beim Oberlandesgericht München am 24.06.2015 eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt (Bl. 237/238 d. A.) und diese mit einem beim Oberlandesgericht München am 23.07.2015 eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag (Bl. 242/245 d. A.) begründet.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin ein weiteres Teil-Schmerzensgeld in Höhe von mindestens weiteren 3.000,- € zu bezahlen, nebst Zinsen von jeweils 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 19.10.2012,
2. hilfsweise das angefochtene Urteil aufzuheben und das Verfahren an das Landgericht Passau zurückzuverweisen.
Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat gemäß Beschluss vom 22.09.2015 mit Zustimmung der Parteien schriftlich entschieden, § 128 II ZPO; als Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, wurde der 12.10.2015 bestimmt (Bl. 258/259 d. A.). Die Klägerin hat hierzu erläuternde Ausführungen eingereicht (Schriftsatz v. 09.10.2015, Bl. 261 d. A.), die Beklagten haben sich nicht geäußert.
Zuvor war die Sach- und Rechtslage durch einen Hinweis des Senatsvorsitzenden erläutert worden, insoweit wird auf den Hinweis vom 06.08.2015 (Bl. 246 d. A.) verwiesen.
Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze (BGH, Urt. v. 12.05.2015 - VI ZR 102/14 [juris, Rn. 48]) Bezug genommen.
B. Die statthafte, sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige und gegenüber den erstinstanzlichen Anträgen eingeschränkte Berufung hat in der Sache Erfolg.
I. Das Landgericht hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf angemessenes Schmerzensgeld dem Grunde nach bejaht, jedoch dieses Schmerzensgeld unter Würdigung aller Umstände deutlich zu niedrig bemessen. Deswegen ist eine Berichtigung durch den Senat geboten.
a) Die Ausführungen des Landgerichts zu den Grundlagen und Bemessungsgesichtspunkten des Schmerzensgeldes (EU 5 = Bl. 224 d. A.) sind auch nach Auffassung des Senats zutreffend. Soweit die Darstellung insoweit etwas knapp geraten ist, vermag dies keinen Rechtsfehler des Urteils zu begründen; im Grund- und Teilurteil vom 11.04.2014 (Bl. 140/150 d. A.) hat der Senat eine ausführliche Erörterung geliefert, die das Erstgericht ersichtlich berücksichtigt und zugrunde gelegt hat (EU 5 = Bl. 224 d. A.).
b) Tatbestandliche Darstellung, Beweiserhebung und -würdigung des Ersturteils (EU 2/3, 5/7 = Bl. 221/222, 224/226 d. A.) sind - bis auf nachfolgend bb) - nicht zu beanstanden, und werden von der Berufung auch nicht angegriffen (BB 2/3 = Bl. 243/244 d. A.). Deswegen ist der Senat hieran nach § 529 I Nr. 1 ZPO gebunden, weil konkrete Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen weder vorgetragen, noch ersichtlich wurden.
aa) Soweit die Klägerin nunmehr - schmerzensgelderhöhend - zusätzlich ein unangemessenes (zögerliches und kleinliches) Regulierungsverhalten geltend machen möchte (BB 3 = Bl. 244 d. A.), ist dies nicht zielführend, zum einen weil erstinstanzlich lediglich Höhe und Zeitpunkte der bisherigen Schmerzensgeldzahlungen vorgetragen wurden (Schriftsatz v. 07.05.2015 = Bl. 218 d. A.), zum anderen weil zusätzliche, derartige Erwägungen stützende tatsächliche Umstände, selbst nach der Entscheidung des Senats vom 11.04.2014, erstmals mit der Berufungsbegründung behauptet wurden. Der erstgenannte Gesichtspunkt ist nicht geeignet, etwas anderes zu belegen als die offensichtliche Tatsache, dass die Beklagten das bisher geleistete Schmerzensgeld für angemessen halten und hielten, was ein zulässiges Verteidigungsverhalten darstellt. Dieses wird nicht in Frage gestellt durch die bereits mitgeteilte Auffassung des Senats (Urteil v. 11.04.2014, S. 7/8 = Bl. 148/149 d. A.), weil diese nicht an der Rechtskraft der Urteilsformel teilnimmt. Der zweitgenannte Gesichtspunkt ist wegen der Präklusionsvorschriften (§§ 531 II 1 Nr. 3, 520 III 2 Nr. 4 ZPO) verspätet und nicht mehr zuzulassen: es fehlen jegliche Darlegungen und Begründungen, warum diese Tatsachen nicht bereits in erster Instanz geltend gemacht wurden, so dass dieses Versäumnis nur auf grober Nachlässigkeit beruhen kann.
Unter Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls vermag die Klägerin ein sogenanntes Heranziehungsdefizit (Senat, Terminhinweise v. 16.02.2015 - 10 U 1319/14: es sind nicht alle entscheidungsrelevanten Tatsachen und Gesichtspunkte in die Ermessensausübung einbezogen worden) nicht aufzuzeigen.
bb) Der Berufung ist jedoch insoweit Recht zu geben, als die Begründung für das tatsächlich zugemessene Schmerzensgeld als kursorisch, oberflächlich und deshalb als unzureichend beanstandet wird (BB 3/4 = Bl. 244/254 d. A.). Das Ersturteil beschränkt sich auf die Feststellung derzeitiger weitgehender Beschwerdefreiheit, die Darstellung einer „nicht so naheliegenden Verletzungsfolge“ und den Vergleich mit einer einzigen Entscheidung, die ähnliche Verletzungen behandelt hat (EU 7/8 = Bl. 226/227 d. A.). Dies lässt besorgen, dass der Tatrichter nicht einmal die für seine Überzeugungsbildung leitenden Gründe angegeben, den Parteivortrag nicht vollständig erfasst und in Betracht gezogen, sowie eine Auseinandersetzung - individuell und argumentativ (BGH NJW 1988, 566) - mit dem Sach- und Streitstand unterlassen hat. Zwar ist nicht erforderlich, sich im Urteil mit jedem denkbaren Gesichtspunkt, jeder Behauptung und jedem Beweisergebnis ausdrücklich oder gar ausführlich auseinanderzusetzen (etwa BGH NJW 1987, 1557 [1558]; BAG NZA 2003, 483 [484]; Senat, Beschl. v. 25.11.2005 - 10 U 2378/05 und v. 23.10.2006 - 10 U 3590/06), jedoch wäre angesichts des Senatsurteils vom 11.04.2014 (Bl. 142/152 d. A.) eine vertiefte Erörterung, und nicht nur die wahllose Beschränkung auf eine Entscheidung geboten gewesen.
c) Zur Höhe des angemessenen Schmerzensgelds hält der Senat die Überlegungen des Erstgerichts für im Ergebnis nicht zutreffend. Die Bewertung der festgestellten entscheidungserheblichen Umstände weist insoweit Mängel einer sogenannten Ermessensdisproportionalität auf (Senat, Terminhinweise v. 16.02.2015 - 10 U 1319/14: einzelne oder mehrere Gesichtspunkte wurden nicht mit dem ihnen gebührenden Gewicht in die Ermessensausübung eingestellt).
aa) Der Senat beziffert nach eigenständiger Überprüfung und Bewertung (BGH NJW 2006, 1589; Senat, Urt. v. 30.07.2010 - 10 U 2930/10 [juris]) unter Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls das vorliegend angemessene Teil-Schmerzensgeld - unter Berücksichtigung der bisherigen Zahlungen von unstreitig 5.000,- € (EU 3 = Bl. 222 d. A.) - auf insgesamt noch 5.000,- €.
bb) Dabei wurden sämtliche vom Erstgericht festgestellten und verwerteten Umstände und die Rechtsprechungspraxis des Senats berücksichtigt, wonach bei der Schmerzensgeldbemessung eine Kleinlichkeit ebenso zu vermeiden ist wie die letztlich nicht begründbare Abänderung erstinstanzlicher Entscheidungen um Kleinbeträge. Ergänzend wird auf die Hinweise des Senats (v. 06.08.2015, Bl. 246 d. A.) und die Begründung des Grund- und Teilurteils (v. 11.04.2014, S. 7/9 = Bl. 148/150 d. A.) Bezug genommen. Ergänzend wird angemerkt:
- Das Landgericht übersieht bereits, dass mögliche vergleichbare Fälle für sich allein kein zielführendes Ergebnis liefern können (etwa Senat, Urt. v. 21.03.2014 - 10 U 1750/13 [juris]; v. 11.04.2014 - 10 U 4757/13 [juris]): §§ 253 II BGB, 11 S. 2 StVG sprechen von „billiger Entschädigung in Geld“. Da es eine absolut angemessene Entschädigung für nichtvermögensrechtliche Nachteile nicht gibt, weil diese nicht in Geld messbar sind (BGH - GSZ- BGHZ 18, 149 [156, 164]; OLG Hamm zfs 2005, 122 [123]; Senat in st. Rspr., zuletzt etwa Urt. v. 29.10.2010 - 10 U 3249/10 [juris]), unterliegt der Tatrichter bei der ihm obliegenden Ermessensentscheidung von Gesetzes wegen keinen betragsmäßigen Beschränkungen (BGH VersR 1976, 967 [968 unter II 1]; Senat in st. Rspr., zuletzt etwa Urt. v. 29.10.2010 - 10 U 3249/10 [juris]). Die in Schmerzensgeldtabellen erfassten „Vergleichsfälle“ bilden nur „in der Regel den Ausgangspunkt für die tatrichterlichen Erwägungen zur Schmerzensgeldbemessung“ (BGH VersR 1970, 134; 1970, 281), sind nur im Rahmen des zu beachtenden Gleichheitsgrundsatzes als Orientierungsrahmen zu berücksichtigen (BGH VersR 1961, 460 [461]; 1964, 842 (843); 1967, 256 [257]; OLG Köln VersR 1978, 650 [„nur geringer Erkenntniswert“]; OLG München [1. ZS], Beschl. v. 26.08.2005 - 1 W 2282/05 [juris]; OLGR 2006, 92; Senat in st. Rspr., zuletzt etwa Urt. v. 29.06.2007 - 10 U 4379/01 [juris), und nur ein „Mittel zur Überprüfung des gefundenen Ergebnisses“ (OLG Naumburg NZV 2015, 141 [142]). Sie stellen keine verbindlichen Präjudizien dar (BGH VersR 1970, 134; Senat in st. Rspr., zuletzt etwa Urt. v. 13.08.2010 - 10 U 3928/09 [juris]), deshalb können aus der Existenz bestimmter ausgeurteilter Schmerzensgeldbeträge keine unmittelbaren Folgerungen abgeleitet werden (Senat in st. Rspr., zuletzt etwa Urt. v. 13.08.2010 - 10 U 3928/09 [juris]; OLG Hamm zfs 2005, 122 [124]).
Erst recht gilt dies, wenn - wie im Fall des Ersturteils - nur ein einziger Vergleichsfall herangezogen wird, obwohl der Senat bereits auf einen weiteren Fall hingewiesen hatte.
- Selbst innerhalb dieses Rahmens hat das Erstgericht, worauf die Berufung zu Recht hinweist (BB 3 = Bl. 244 d. A.), übersehen, dass eine die Vergleichbarkeit verbessernde Indexierung des Betrages ohne Grund unterlassen wurde.
- Zudem lassen die Erwägungen des Erstgerichts befürchten, dass das der Klägerin anzulastende Mitverschulden sachwidrig gewürdigt wurde. Nachdem das OLG Saarbrücken im dort entschiedenen Fall einen Schmerzensgeldbetrag von 15.000,- € für angemessen gehalten und ein 40-prozentiges Mitverschulden festgestellt hat (OLG Saarbrücken, Urt. v. 17.07.2007 - 4 U 338/06 [juris]), errechnet das Erstgericht einen Betrag von 9.000,- € (EU 8 = Bl. 227 d. A.). Ansprüche wegen immaterieller Schäden dürfen jedoch nicht quotiert werden, dies wäre rechtsfehlerhaft und würde die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs missachten (etwa: NJW 2002, 212: „bei der Bemessung des Schmerzensgeldes nach § BGB § 847 BGB nicht quotenmäßig zu berücksichtigen ist, sondern sich als ein Bewertungsfaktor neben anderen darstellt (Senat, NZV 1991, 305)“). Insgesamt ist der Senat der Auffassung, dass angesichts der Verletzungen der Klägerin das Mitverschulden die schwergewichtige Bedeutung, die ihm das Landgericht zumessen will, nicht gewinnen kann.
- Zuletzt ist aus Sicht des Senats von entscheidender Bedeutung für die Schmerzensgeldbemessung, dass die Klägerin schwere Verletzungen erlitten und seit mindestens fünf Jahren unter dem Unfall gelitten hat, somit über einen langen Zeitraum eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensqualität eingetreten ist.
II. Die Entscheidung über die Verzugszinsen beruht auf §§ 286 I 1, 288 I BGB. Die Beklagten haben den Zeitpunkt, zu welchen der Betrag gefordert wurde, nicht bestritten. Auf Ziffern I und II beruht Ziffer I 1 der Urteilsformel, der erstinstanzlich ausgeurteilte Betrag von 2.000,- € ist enthalten.
Die mit der Berufung nicht angegriffene Entscheidung über die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten war aufrecht zu erhalten, gleiches gilt für die Klageabweisung, soweit die Klägerin eine höheres weiteres Teil-Schmerzensgeld begehrt hatte. Hieraus folgt Ziffer II der Urteilsformel.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 I 1 Fall 1, II Nr. 2 ZPO.
Die Klägerin hatte - insgesamt - in den Verfahren erster Instanz ein Teilschmerzensgeld von (mindestens) noch 9.000,- € und die Feststellung der Ersatzpflicht für künftige immaterielle Schäden unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens von 30 Prozent beansprucht (EU v. 12.11.2013, S. 4/5 = Bl. 86/87 d. A., Schlussurteil v. 29.05.2015, S. 4 = Bl. 223 d. A.). Erhalten hat sie - mit dem vorliegenden Endurteil - ein Teilschmerzensgeld von noch 5.000,- € und - mit dem Grund- und Teilurteil vom 11.04.2014 - die Feststellung der Ersatzpflicht für künftige immaterielle Schäden unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens von 50 Prozent (EU v. 12.11.2013 S. 2 = Bl. 84 d. A.; Senats-Urt. v. 11.04.2014, S. 2 = Bl. 143 d. A.).
Dies entspricht jeweils einem Verhältnis des Obsiegens zum Unterliegen von 55 Prozent und 71 Prozent, gemittelt 63 Prozent. Dies gilt auch für das Berufungsverfahren gegen das Endurteil vom 12.11.2013, weil ausweislich Ziffer 2 des Senatsurteils vom 11.04.2014 über die Kosten dieses Berufungsverfahrens vom Erstgericht zu entscheiden war (Bl. 143 d. A.), und dieses insgesamt eine Verteilung nach der jetzt gültigen Quote des Obsiegens und Unterliegens vorgenommen hat (EU 2 = Bl. 221 d. A.).
Hinsichtlich der jetzt anhängigen Berufung hat die Klägerin unter Berücksichtigung des Umstands, dass eine richterliche Ermessensentscheidung zu treffen war, vollständig obsiegt.
Hierauf beruht Ziffer III der Urteilsformel.
IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO, Ziffer IV der Urteilsformel.
V. Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe, die die Zulassung der Revision gemäß § 543 II 1 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Weder eine grundsätzliche Bedeutung der Sache (BVerfG NJW 2014, 2417 f. [2419, Tz. 26-32]; BGH NJW-RR 2014, 505) noch die Fortbildung des Rechts (BVerfG, a. a. O. [2419, Tz. 33]) oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (BVerfG, a. a. O. [2420, Tz. 34]; BGH NJW 2003, 1943) erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die Entscheidung betrifft einen Einzelfall, der grundlegende Rechtsfragen nicht aufwirft.
VI. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 II 1, 47 I 1, 40, 48 I 1 GKG, 3 ff. ZPO.