Oberlandesgericht München Beschluss, 27. März 2018 - 7 W 282/18

published on 27/03/2018 00:00
Oberlandesgericht München Beschluss, 27. März 2018 - 7 W 282/18
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Landgericht München II, 14 O 810/17, 26/01/2018

Gericht

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Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Landgerichts München II vom 26.01.2018, Az. 14 O 810/17 Ins, wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.495,00 € festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten vor dem Landgericht München II (Az. 14 O 810/17 Ins) um eine Inanspruchnahme des Beklagten nach §§ 171 Abs. 2, 172 Abs. 4 S. 2 HGB.

Der Kläger ist mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 21.02.2013 (Az. 67b IN 17/13, Anl. K 1) zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der FFH Fonds Nr. 17 MS „A.“ GmbH & Co. Containerschiff KG (im Folgenden als Schuldnerin bezeichnet) bestellt worden. Im Insolvenzverfahren hatten ursprünglich 40 Gläubiger Insolvenzforderungen in einer Gesamthöhe von 8.248.704, 23 € zur Tabelle angemeldet, darunter auch das Finanzamt H. mit einer Gewerbesteuerforderung in Höhe von 6.514,20 € nebst Zinsen in Höhe von 351,00 € für die Jahre 2008 bis 2012 (Lfd. Nr. 37 der Tabellen laut Anl. K 2 und K 11). Eine weitere Forderungsanmeldung über 543.916,90 € wegen Gewerbesteuer für das Jahr 2013 hat das Finanzamt H. mittlerweile wieder zurückgenommen (Lfd. Nr. 20 der Tabellen laut Anl. K 2 und K 11).

Mit Stand zum 02.01.2018 waren Insolvenzforderungen in Höhe von 659.808,32 € festgestellt und Insolvenzforderungen in Höhe von 2.113.313,53 € für den Ausfall festgestellt. Weitere Forderungen in Höhe von 18.824,07 € hat der Kläger bestritten. Forderungen in Höhe von 5.395.929,08 € wurden von den Gläubigern zurückgenommen (vgl. Anl. K 11).

Die Forderung des Finanzamts H. laut Nr. 37 der Tabelle ist noch nicht festgestellt (vgl. Anl. K 11). Auf den Insolvenzanderkonten befanden sich zum 10.08.2017 Beträge in Höhe von 2.155.024,85 € und 97.541,97 US$.

Der Beklagte ist mit einer Einlage in Höhe von 30.000,00 € an der Schuldnerin beteiligt und mit einer entsprechenden Hafteinlage als Kommanditist im Handelsregister eingetragen (vgl. Anl. K 5).

Der Kläger trägt vor, der Beklagte habe von der Schuldnerin in den Jahren 2004 bis 2008 nicht durch Vermögenseinlagen gedeckte Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 13.500,00 € erhalten.

Der Beklagte rügt, dass hinsichtlich der zur Tabelle angemeldeten Forderung des Finanzamts Hamburg-Mitte wegen Gewerbesteuer für 2008 bis 2012 der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nicht eröffnet sei; zuständig seien vielmehr die Finanzgerichte.

Das Landgericht München II hat mit Beschluss vom 26.01.2018 (Bl. 118/119) den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für zulässig erklärt.

Der dagegen gerichteten sofortigen Beschwerde des Beklagten vom 12.02.2018 (Bl. 120/121 d.A.), eingegangen beim Landgericht per Fax am 13.02.2018, hat das Landgericht mit Beschluss vom 21.02.2018 nicht abgeholfen und die Vorlage an das Oberlandesgericht München angeordnet (Bl. 122/124).

II.

Die zulässige Beschwerde des Beklagten ist unbegründet, da das Landgericht zu Recht den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für zulässig erklärt hat.

Ob eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit vorliegt und damit gemäß § 13 GVG die ordentlichen Gerichte zuständig sind, richtet sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Es kommt darauf an, ob der zur Klagebegründung vorgetragene Sachverhalt für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge von Rechtssätzen des Zivilrechts oder des Abgabenrechts geprägt wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12.04.2013, Az. 9 B 37/12, Rdnr. 6). Die in dieser Weise vorzunehmende Abgrenzung weist das Streitverhältnis in diejenige Verfahrensordnung, die ihm nach der gesetzgeberischen Wertung in der Sache am besten entspricht und bewirkt zugleich, dass regelmäßig diejenigen Gerichte anzurufen sind, die durch ihre Sachkunde und Sachnähe zur Entscheidung über den in Frage stehenden Anspruch besonders geeignet sind (vgl. BGH, Urteil vom 10.01.1984, Az. VI ZR 297/81, Rdnr. 7).

Dies sind die ordentlichen Gerichte, da es für die streitgegenständliche Inanspruchnahme des Beklagten als Kommanditist nach Herabminderung seines Kapitalanteils unter den Betrag der Hafteinlage gemäß §§ 171 Abs. 2, 172 Abs. 4 S. 2 HGB durch den Insolvenzverwalter der Schuldnerin für Ansprüche der Gesellschaftsgläubiger auf das Bestehen der zur Tabelle angemeldeten, aber noch nicht festgestellten Gewerbesteuerforderung des Finanzamts H. für die Jahre 2008 bis 2012 nicht entscheidend ankommt und deshalb eine besondere abgabenrechtliche Fachkompetenz - wie sie nur die Finanzgerichte haben - zur Entscheidung nicht notwendig ist.

Denn die ausschließlich zu § 93 InsO entwickelte Rechtsprechung zur Rechtswegzuständigkeit bei Geltendmachung einer § 33 FGO unterfallenden Forderung gegen einen persönlich haftenden Gesellschafter durch den Insolvenzverwalter (vgl. BFH, Beschluss vom 09.04.2014, Az. III S 4/14, Rdnrn. 6 und 7; OLG Frankfurt, Beschluss vom 22.01.2014, Az. 19 W 2/14, Rdnr. 3), ist nicht auf Haftungsfälle nach §§ 171 Abs. 2, 172 Abs. 4 S. 2 HGB übertragbar. Da nach der neuesten Rechtsprechung des BGH (BGH, Urteil vom 20.02.2018, Az. II ZR 272/16) bei der Kommanditistenhaftung nach § 171 Abs. 2, 172 Abs. 4 S. 2 HGB eine konkrete Zuordnung der Klagesumme auf die geltend gemachten materiellen Gläubigeransprüche nicht erforderlich ist, weil alle eingezogenen Beträge anteilig zur Befriedigung aller Gläubigerforderungen zu verwenden sind (BGH, aaO, Rdnr. 18 aE, anders noch ausdrücklich BGH, Urteil vom 09.10.2006, Az. II ZR 193/05, Rdnr. 9) und damit durch die Inanspruchnahme des Beklagten auch nicht eine einzelne Gläubigerforderung unabhängig von den anderen Gläubigerforderungen ganz oder teilweise zum Erlöschen gebracht wird, kommt es auf die Rechtsnatur einzelner Gläubigerforderung nicht mehr an. Sinn und Zweck des § 171 Abs. 2 HGB ist es nämlich, die Gläubigerforderungen gegen die Kommanditisten in der Hand des Insolvenzverwalters zu bündeln, damit dieser einen geordneten Forderungsausgleich zwischen den Gläubigern und Kommanditisten herbeiführen kann. Dies ist wiederum nur möglich, wenn der Insolvenzverwalter sämtliche Gläubigerforderungen in einem einheitlichen gerichtlichen Verfahren geltend machen kann (OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.06.1989, Az. 6 U 218/88, Rdnr. 17).

III.

Der Ausspruch zu den Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens war auf ein Drittel des Wertes der Hauptsache (10.485,00 €) festzusetzen (vgl. Herget in Zöller, ZPO, 31. Auflage, Köln 2016, Rdnr. 16 zu § 3 ZPO Stichwort „Rechtswegverweisung“).

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe nicht vorliegen. Die Entscheidung weicht nicht von der eines höher- oder gleichrangigen Gerichts ab. Die Beschlüsse des BFH (Beschluss vom 09.04.2014, Az. III S 4/14) und des OLG Frankfurt (Beschluss vom 22.01.2014, Az. 19 W 2/14) beziehen sich nicht auf die hier streitgegenständliche Inanspruchnahme eines Kommanditisten nach §§ 171 Abs. 2, 172 Abs. 4 S. 2 HGB). Die Entscheidung hat auch keine grundsätzliche Bedeutung.

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist. (2) Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

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(1) Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist.

(2) Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird während der Dauer des Verfahrens das den Gesellschaftsgläubigern nach Absatz 1 zustehende Recht durch den Insolvenzverwalter oder den Sachwalter ausgeübt.

Vor die ordentlichen Gerichte gehören die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die Familiensachen und die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Zivilsachen) sowie die Strafsachen, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder auf Grund von Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind.

(1) Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist.

(2) Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird während der Dauer des Verfahrens das den Gesellschaftsgläubigern nach Absatz 1 zustehende Recht durch den Insolvenzverwalter oder den Sachwalter ausgeübt.

Ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien eröffnet, so kann die persönliche Haftung eines Gesellschafters für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.

(1) Der Finanzrechtsweg ist gegeben

1.
in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden,
2.
in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über die Vollziehung von Verwaltungsakten in anderen als den in Nummer 1 bezeichneten Angelegenheiten, soweit die Verwaltungsakte durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden nach den Vorschriften der Abgabenordnung zu vollziehen sind,
3.
in öffentlich-rechtlichen und berufsrechtlichen Streitigkeiten über Angelegenheiten, die durch den Ersten Teil, den Zweiten und den Sechsten Abschnitt des Zweiten Teils und den Ersten Abschnitt des Dritten Teils des Steuerberatungsgesetzes geregelt werden,
4.
in anderen als den in den Nummern 1 bis 3 bezeichneten öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten, soweit für diese durch Bundesgesetz oder Landesgesetz der Finanzrechtsweg eröffnet ist.

(2) Abgabenangelegenheiten im Sinne dieses Gesetzes sind alle mit der Verwaltung der Abgaben einschließlich der Abgabenvergütungen oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten einschließlich der Maßnahmen der Bundesfinanzbehörden zur Beachtung der Verbote und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Grenze; den Abgabenangelegenheiten stehen die Angelegenheiten der Verwaltung der Finanzmonopole gleich.

(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf das Straf- und Bußgeldverfahren keine Anwendung.

(1) Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist.

(2) Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird während der Dauer des Verfahrens das den Gesellschaftsgläubigern nach Absatz 1 zustehende Recht durch den Insolvenzverwalter oder den Sachwalter ausgeübt.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist.

(2) Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird während der Dauer des Verfahrens das den Gesellschaftsgläubigern nach Absatz 1 zustehende Recht durch den Insolvenzverwalter oder den Sachwalter ausgeübt.