Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 11. Apr. 2011 - 13 WF 316/11
Gericht
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Linz am Rhein vom 24. Februar 2011 dahin abgeändert, dass der Antragstellerin für das erstinstanzliche Verfahren Rechtsanwalt … beigeordnet wird.
Gründe
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Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß § 76 Abs. 2 FamFG i.V.m. §§ 127, 567 ff. ZPO zulässig. Zwar kann die Ablehnung der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nicht mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden, wenn die Hauptsacheentscheidung nach § 57 Satz 1 FamFG nicht anfechtbar wäre und die Erfolgsaussicht verneint worden ist (vgl. Keidel/Zimmermann, FamFG, 16. Aufl., § 76 FamFG, Rn. 54 m.w.N.). Dies ergibt sich aus dem Verweis auf die Vorschrift des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Nach dieser Vorschrift ist die Entscheidung über die Verfahrenskostenhilfe in den Fällen, in denen in der Hauptsache ein Rechtsmittel nicht gegeben wäre nur zulässig, wenn das Gericht die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Verfahrenskostenhilfe verneint hat. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass das Beschwerdegericht in den Fällen, in denen es über die Hauptsache in Ermangelung der Zulässigkeit eines Rechtsmittels nicht entscheiden darf, auch keine Entscheidung über die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung treffen soll. Vorliegend geht es jedoch nicht darum. Vielmehr ist lediglich zu prüfen, ob der Antragstellerin im Rahmen der bewilligen Verfahrenskostenhilfe ein Rechtsanwalt gemäß § 78 FamFG beizuordnen ist. Der Zulässigkeit der Beschwerde gegen die Versagung der Beiordnung steht die Vorschrift des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO daher nicht entgegen (ebenso: OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26. Mai 2010 - Az. 16 WF 65/10 -, recherchiert in juris, Rn. 13).
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Die Beschwerde ist auch begründet. Ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben, ist den Beteiligten im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe ein Rechtsanwalt beizuordnen, wenn dies entweder wegen der Schwierigkeit der Sachlage oder der Schwierigkeit der Rechtslage erforderlich ist. Entscheidend ist dabei, ob ein bemittelter Rechtssuchender in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte. Die Erforderlichkeit zur Beiordnung eines Rechtsanwalts beurteilt sich dabei auch nach den subjektiven Fähigkeiten des betroffenen Beteiligten (vgl. grundlegend BGH, Beschluss vom 23. Juni 2010 - Az. XII ZB 232/09 -, abgedruckt in FamRZ 2010, 1427 ff., recherchiert in juris, Rn. 22 bis 25). Die Voraussetzungen für eine Beiordnung liegen demnach hier vor. Es mag sein, dass die Sachlage und auch die Rechtslage vorliegend objektiv nicht besonders schwierig gelagert sind. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die Antragstellerin über nahezu keinerlei Deutschkenntnisse verfügt. Nach Mitteilung des Kreisjugendamtes haben die Sprachprobleme der Kindesmutter die Kommunikation zwischen allen Beteiligten erschwert. So war es wegen fehlender Deutschkenntnisse der Antragstellerin auch nicht möglich, die Kindesmutter an eine der Beratungsstellen weiter zu vermitteln, mit denen das Jugendamt üblicherweise zusammenarbeitet. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, wie es der Antragstellerin hätte gelingen können, den für die Durchführung des vorliegenden Verfahrens erforderlichen Antrag nebst Begründung schriftlich zu formulieren. Es ist vielmehr festzustellen, dass auch eine bemittelte Partei mit den subjektiven Fähigkeiten der Kindesmutter sich für die Durchführung des vorliegenden Verfahrens eines Anwalts bedient hätte.
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Auf die Beschwerde der Antragstellerin war die angefochtene Entscheidung mithin in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Sinne abzuändern.
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Annotations
Entscheidungen in Verfahren der einstweiligen Anordnung in Familiensachen sind nicht anfechtbar. Dies gilt nicht in Verfahren nach § 151 Nummer 6 und 7 und auch nicht, wenn das Gericht des ersten Rechtszugs auf Grund mündlicher Erörterung
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über die elterliche Sorge für ein Kind, - 2.
über die Herausgabe des Kindes an den anderen Elternteil, - 3.
über einen Antrag auf Verbleiben eines Kindes bei einer Pflege- oder Bezugsperson, - 4.
über einen Antrag nach den §§ 1 und 2 des Gewaltschutzgesetzes oder - 5.
in einer Ehewohnungssache über einen Antrag auf Zuweisung der Wohnung
(1) Ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt vorgeschrieben, wird dem Beteiligten ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet.
(2) Ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben, wird dem Beteiligten auf seinen Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint.
(3) Ein nicht in dem Bezirk des Verfahrensgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn hierdurch besondere Kosten nicht entstehen.
(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann dem Beteiligten auf seinen Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Verfahrensbevollmächtigten beigeordnet werden.
(5) Findet der Beteiligte keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihm auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.