Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 12. März 2012 - 10 W 117/12
Gericht
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 20. Januar 2012 wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 249.826,44 € festgesetzt.
Gründe
I.
- 1
Der Kläger macht gegen die Beklagte vor dem Landgericht Mainz Ansprüche aus einem privaten Unfallversicherungsvertrag geltend.
- 2
Das Landgericht hat den Kläger mit Beschluss vom 20. September 2011 darauf hingewiesen, dass Bedenken hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts bestünden, da der besondere Gerichtsstand nach § 215 VVG vorliegend nicht gelten dürfte. Soweit der Kläger die örtliche Zuständigkeit auf § 48 VVG a.F. stütze, habe der Kläger insbesondere nicht belegt, dass der Versicherungsvertrag über die Agentur des A in O abgeschlossen worden sei. Mit Schriftsatz vom 27. September 2011 hat der Kläger hilfsweise die Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Darmstadt beantragt. Mit Verfügung vom 1. Dezember 2011 hat das Landgericht Termin zur mündlichen Verhandlung über den Zwischenstreit hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts Mainz bestimmt und zu dem Termin im Wege der prozessleitenden Verfügung gemäß § 273 ZPO die Ladung des Zeugen A verfügt. Nach Einzahlung des Auslagenvorschusses teilte die Kammer mit Verfügung vom 22. Dezember 2011 der Prozessbevollmächtigten des Klägers mit, dass der Zeuge A unter der angegebenen Adresse nicht geladen werden konnte.
- 3
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 4. Januar 2012 hat das Landgericht sich sodann für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit „von Amts wegen“ an „das zuständige Amtsgericht Aachen“ verwiesen. Mit Beschluss vom 20. Januar 2012 wurde der Beschluss vom 4. Januar 2012 im Tenor wegen eines offensichtlichen Diktat- oder Schreibversehens dahin berichtigt, dass der Rechtsstreit von Amts wegen an das zuständige Landgericht Aachen verwiesen wird.
- 4
Gegen diesen Beschluss hat der Kläger Beschwerde eingelegt und vorgetragen, die ladungsfähige Adresse des Zeugen A sei mit Schriftsatz vom 10. Januar 2012 übermittelt worden. Der Verweisungsbeschluss sei ohne vorherige Anhörung des Klägers ergangen. Darüber hinaus sei nicht beantragt worden, den Rechtsstreit an das Landgericht Aachen zu verweisen. Es sei lediglich hilfsweise der Antrag auf Verweisung an das Landgericht Darmstadt gestellt worden.
- 5
Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde des Klägers nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
- 6
Die gegen den Beschluss des Landgerichts Mainz vom 4. Januar 2012 i.V.m. dem Beschluss vom 20. Januar 2012 eingelegte sofortige Beschwerde ist nicht statthaft. Der Beschluss ist – unabhängig von seiner Bindungswirkung im Übrigen – unanfechtbar, § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO.
- 7
Auch unter dem Gesichtspunkt einer behaupteten „greifbaren Gesetzeswidrigkeit“ ist im vorliegenden Fall ein Rechtsbehelf nicht gegeben, da eine „außerordentliche Beschwerde“, nach der ZPO-Reform von 2001 sowohl vom Bundesgerichtshof (BGHZ 150, 133) als auch vom Bundesverfassungsgericht (NJW 2003, 1924) für unzulässig erklärt wurde, weil die Zulassung von „außerordentlichen“, nicht kodifizierten Rechtsbehelfen dem verfassungsrechtlichen Gebot der Rechtsmittelklarheit widerspricht (so auch Senat, OLGR 2004 S 69, Beschl. v. 20.07.2005 – 10 W 461/05 – und v. 13.2.2006 – 10 W 64/06 -, st. Rspr).
- 8
Die Verweisung ist auch trotz Fehlens des erforderlichen Antrags des Klägers wie insgesamt auch bei einem Verfahrensverstoß, selbst bei offensichtlicher Willkür und Versagung rechtlichen Gehörs, unanfechtbar (Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 281 Rdnr. 14). Ob danach allerdings in bestimmten Fällen ausnahmsweise keine Bindungswirkung vorliegt, ist nicht im Wege der Beschwerde, sondern durch das aufnehmende Gericht zu prüfen.
- 9
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
moreResultsText
Annotations
(1) Für Klagen aus dem Versicherungsvertrag oder der Versicherungsvermittlung ist auch das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Versicherungsnehmer zur Zeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für Klagen gegen den Versicherungsnehmer ist dieses Gericht ausschließlich zuständig.
(2) § 33 Abs. 2 der Zivilprozessordnung ist auf Widerklagen der anderen Partei nicht anzuwenden.
(3) Eine von Absatz 1 abweichende Vereinbarung ist zulässig für den Fall, dass der Versicherungsnehmer nach Vertragsschluss seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes verlegt oder sein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist.
Ist die Versicherung für Rechnung „wen es angeht“ genommen oder ist dem Vertrag in sonstiger Weise zu entnehmen, dass unbestimmt bleiben soll, ob eigenes oder fremdes Interesse versichert ist, sind die §§ 43 bis 47 anzuwenden, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass fremdes Interesse versichert ist.
(1) Das Gericht hat erforderliche vorbereitende Maßnahmen rechtzeitig zu veranlassen.
(2) Zur Vorbereitung jedes Termins kann der Vorsitzende oder ein von ihm bestimmtes Mitglied des Prozessgerichts insbesondere
- 1.
den Parteien die Ergänzung oder Erläuterung ihrer vorbereitenden Schriftsätze aufgeben, insbesondere eine Frist zur Erklärung über bestimmte klärungsbedürftige Punkte setzen; - 2.
Behörden oder Träger eines öffentlichen Amtes um Mitteilung von Urkunden oder um Erteilung amtlicher Auskünfte ersuchen; - 3.
das persönliche Erscheinen der Parteien anordnen; - 4.
Zeugen, auf die sich eine Partei bezogen hat, und Sachverständige zur mündlichen Verhandlung laden sowie eine Anordnung nach § 378 treffen; - 5.
Anordnungen nach den §§ 142, 144 treffen.
(3) Anordnungen nach Absatz 2 Nr. 4 und, soweit die Anordnungen nicht gegenüber einer Partei zu treffen sind, 5 sollen nur ergehen, wenn der Beklagte dem Klageanspruch bereits widersprochen hat. Für die Anordnungen nach Absatz 2 Nr. 4 gilt § 379 entsprechend.
(4) Die Parteien sind von jeder Anordnung zu benachrichtigen. Wird das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet, so gelten die Vorschriften des § 141 Abs. 2, 3.
(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.
(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.
(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)