Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 21. Apr. 2004 - 20 WF 43/03

published on 21/04/2004 00:00
Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 21. Apr. 2004 - 20 WF 43/03
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Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Familiengericht - Pforzheim vom 11. Juni 2003 - 1 F 65/03 - aufgehoben, soweit das Amtsgericht die Prozesskostenhilfe für die Anträge Nr. 1 - 3 der Klageschrift vom 06. Dezember 2002 verweigert hat. Insoweit wird die Sache zur weiteren Behandlung an das Amtsgericht Pforzheim zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

3. Die gerichtliche Verfahrensgebühr wird auf die Hälfte ermäßigt.

Gründe

 
1. Die Ehe der Parteien ist geschieden. Die Antragstellerin begehrt Zugewinnausgleich durch Stufenklage (Anträge Nr. 1 - 3) in Verbindung mit einer Klage auf einen Teilbetrag von 12.500 EUR nebst Zinsen (Antrag Nr. 4). Die Klage sollte als Folgesache anhängig gemacht werden, ging jedoch erst nach der letzten mündlichen Verhandlung im Scheidungsverfahren ein. Durch Beschluss vom 11.06.2003 hat das Amtsgericht der Antragstellerin die Prozesskostenhilfe wegen Mutwilligkeit verweigert, weil sie die Klage ohne Grund außerhalb des „kostengünstigeren“ Verbundverfahrens anhängig gemacht habe (AS 65). Der Beschwerde hat es mit Beschluss vom 07.07.2003 (AS 81) nicht abgeholfen; zusätzlich hat es darin für den Klageantrag Nr. 2 (Auskunft über den Wert der in der Auskunft gemäß Nr. 1 der Klage aufgeführten Vermögensgegenstände und Vorlage der Belege) keine gesetzliche Grundlage gesehen und die Schlüssigkeit des Antrags Nr. 4 vermisst.
2. Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist teilweise gerechtfertigt.
a) Die Prozesskostenhilfe kann nicht wegen Mutwilligkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung § 114 ZPO) verweigert werden. Die Geltendmachung des Zugewinnausgleichsanspruchs außerhalb des Scheidungsverbunds ist nicht mutwillig.
Die Auffassung des Amtsgerichts entspricht allerdings der herrschenden Rechtsprechung (vgl. die Nachweise bei Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl., § 623 Rn 24 a), nicht aber der herrschenden Meinung in der Literatur (Zöller/Philippi, a.a.O.; MünchKomm/Wax, ZPO, 2. Aufl., § 114 Rn 144; Johannsen/Henrich/Thalmann, Eherecht, 4. Aufl., § 114 ZPO Rn 25 d; Handbuch Fachanwalt Familienrecht/Oelkers, 3. Aufl., Kap. 16 Rn 72; wie die herrschende Rechtsprechung dagegen Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl., § 114 Rn 7; Musielak/Fischer, ZPO, 3. Aufl., § 114 Rn 36; differenzierend Zimmermann, Prozesskostenhilfe in Familiensachen, 2. Aufl., Rn 198).
Schon die Prüfung anhand des allgemeinen verwendeten Kriteriums führt nicht zur Bejahung der Mutwilligkeit. Eine vermögende Partei in der Lage des Prozesskostenhilfe Begehrenden stellt nicht üblicherweise die von der herrschenden Rechtsprechung in den Vordergrund der Argumentation gestellten Kostenerwägungen an. Wax (a.a.O.) weist zutreffend auf die verbreitete Praxis isolierter Geltendmachung von als Folgesachen geeigneter Familiensachen durch vermögende Parteien hin.
Zudem ist die kostenbewusste vermögende Partei nicht auf die gesamten Kosten des Rechtsstreits, sondern in erster Linie allein auf die sie treffenden bedacht. Ihre Kosten durch eine obsiegende Entscheidung im isolierten Verfahren nach § 91 ZPO dem Gegner zu überbürden, statt sie über § 93 a Abs. 1 ZPO mit ihm zu teilen, ist eine schutzwürdige Strategie. Zur Verminderung der gesamten Kosten infolge der Gebührendegression bei Geltendmachung im Verbund ist die Partei dagegen nicht aufgerufen. Dieser Gesichtspunkt führt dazu, jedenfalls in zivilprozessualen Streitigkeiten die Mutwilligkeit isolierter Geltendmachung einer Folgesache zu verneinen. Dazu gehört der vorliegende Zugewinnausgleichsstreit.
Darüber hinaus erscheint es überhaupt verfehlt, die Mutwilligkeit aus der Kostendegression im Verbundverfahren herzuleiten. Ein Verhalten ist nicht schon deshalb mutwillig, weil es nicht alle vorhandenen Rechtsschutzmöglichkeiten ausschöpft. Der Vorwurf der Mutwilligkeit kann nur erhoben werden, wenn es vorwerfbar Kosten verursacht hat. Vom Rechtssuchenden kann aber nicht die Kenntnis des gerichtlichen Gebührenrechts verlangt werden.
b) Das Amtsgericht wird daher der Erfolgsaussicht der beabsichtigten Stufenklage (Klageanträge Nr. 1 - 3) sowie die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe anhand der von ihm zurückbehaltenen PKH-Unterlagen zu prüfen haben. Zu diesem Zweck ist die Sache an das Amtsgericht gemäß § 572 Abs. 3 ZPO zurückzuverweisen. Dabei wird die Erfolgsaussicht des Antrags Nr. 2 (Auskunft über den Wert der im Bestandsverzeichnis aufgeführten Vermögensgegenstände und Vorlage von Belegen) nicht von vornherein mangels gesetzlicher Grundlage verneint werden können. § 1379 Abs. 1 Satz 2 BGB gewährt dem Ehegatten einen Anspruch auf Ermittlung und Angabe des Werts von Gegenständen des Endvermögens des anderen (vgl. BGH FamRZ 1982, 682). Die im Gesetz nicht genannte Pflicht zur Vorlage von Belegen wird von der Rechtsprechung unter bestimmten Voraussetzungen bejaht (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 63. Aufl., § 1379 Rn 12).
c) Mit Recht hat das Amtsgericht im Nichtabhilfebeschluss die Erfolgsaussicht des Antrags Nr. 4 (bezifferte Klage) verneint. Auf die Gründe des Beschlusses vom 07.07.2003 wird Bezug genommen.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf Nr. 1956 der Anlage 1 zu § 11 GKG.
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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re
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published on 10/03/2005 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 20/04 vom 10. März 2005 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 114 Die Geltendmachung einer zivilprozessualen Scheidungsfolgensache außerhalb des Verbundverfahrens ist grund
published on 10/03/2005 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 19/04 vom 10. März 2005 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 114, 127 Abs. 2 Satz 2 a) Zur Mutwilligkeit der isolierten Geltendmachung einer zivilprozessualen Schei
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Annotations

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so haben sie ihr abzuhelfen; andernfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. § 318 bleibt unberührt.

(2) Das Beschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Erachtet das Beschwerdegericht die Beschwerde für begründet, so kann es dem Gericht oder Vorsitzenden, von dem die beschwerende Entscheidung erlassen war, die erforderliche Anordnung übertragen.

(4) Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht durch Beschluss.

(1) Ist der Güterstand beendet oder hat ein Ehegatte die Scheidung, die Aufhebung der Ehe, den vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns bei vorzeitiger Aufhebung der Zugewinngemeinschaft oder die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft beantragt, kann jeder Ehegatte von dem anderen Ehegatten

1.
Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung verlangen;
2.
Auskunft über das Vermögen verlangen, soweit es für die Berechnung des Anfangs- und Endvermögens maßgeblich ist.
Auf Anforderung sind Belege vorzulegen. Jeder Ehegatte kann verlangen, dass er bei der Aufnahme des ihm nach § 260 vorzulegenden Verzeichnisses zugezogen und dass der Wert der Vermögensgegenstände und der Verbindlichkeiten ermittelt wird. Er kann auch verlangen, dass das Verzeichnis auf seine Kosten durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.

(2) Leben die Ehegatten getrennt, kann jeder Ehegatte von dem anderen Ehegatten Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung verlangen. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen sind die Vorschriften dieses Abschnitts nicht anzuwenden; dies gilt für die Zwangsvollstreckung in Arbeitssachen auch dann, wenn das Amtsgericht Vollstreckungsgericht ist. Satz 1 gilt nicht in Verfahren wegen überlanger Gerichtsverfahren (§ 9 Absatz 2 Satz 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes).