Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 26. Mai 2006 - 19 Wx 1/06

bei uns veröffentlicht am26.05.2006

Gericht

Oberlandesgericht Karlsruhe

Tenor

1. Die sofortige weitere Beschwerde der Betreuerin gegen den Beschluss des Landgerichts Konstanz vom 27. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Beschwerdewert beträgt 52,80 EUR.

Gründe

 
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht die sofortige Beschwerde der Betreuerin gegen die Festsetzung ihrer Betreuungsvergütung durch das Amtsgericht Villingen-Schwenningen zurückgewiesen und die sofortige weitere Beschwerde zugelassen; dabei wurde die Vergütung der Betreuerin gem. §§ 4, 5 VBVG (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz) um 52,80 EUR geringer festgesetzt als die Betreuerin beantragt hatte.
Das Vormundschaftsgericht wie auch das Beschwerdegericht hat für den Stundenansatz der Betreuerin nicht auf den Zeitpunkt ihrer Bestellung sondern den der Bestellung der ersten -ehrenamtlich - tätigen Betreuerin, die auf eigenen Wunsch durch die Beschwerdeführerin ersetzt wurde, abgestellt.
Dies ist nicht zu beanstanden.
Zu Recht hat das Landgericht ausgeführt, dass die Berechnung der Pauschalvergütung des § 5 VBVG mit der Betreuerbestellung, also mit dem Zeitpunkt der Bekanntmachung an den Betreuer nach § 69 a Abs. 3 FGG beginnt und dass es dabei auf die Erstbestellung eines Betreuers ankommt. Dieser Zeitpunkt ist auch bei einem Betreuerwechsel vom ehrenamtlichen zum Berufsbetreuer entscheidend (Schleswig-Holsteinisches OLG - Beschluss vom 25.1.2006 - 2 W 240/05; Beschluss vom 2.2.2006 - 2 W 12/06; LG Heidelberg - Beschluss vom 12.12.2005 - 2 T 69/05 - alles zitiert nach juris). Ein Ausnahmefall (vergl. OLG Zweibrücken - Beschluss vom 6.3.2006 - 3 W 3/06: Betreuerwechsel mit der Aufgabe, Regressansprüche gegen den Erstbetreuer wegen Rechtswidrigkeiten geltend zu machen) liegt nicht vor.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 131 Abs. 1 KostO.

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Referenzen - Gesetze

Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG | § 4 Vergütung des Betreuers


(1) Die dem Betreuer nach § 1 Absatz 2 zu bewilligende Vergütung bestimmt sich nach monatlichen Fallpauschalen, die in den Vergütungstabellen A bis C der Anlage festgelegt sind. (2) Die Vergütung des Betreuers richtet sich nach Vergütungstabelle

Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG | § 5 Fallpauschalen


(1) Die Höhe der Fallpauschalen nach § 4 Absatz 1 richtet sich nach 1. der Dauer der Betreuung,2. dem gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betreuten und3. dem Vermögensstatus des Betreuten. (2) Hinsichtlich der Dauer der Betreuung wird bei der Berechn
Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 26. Mai 2006 - 19 Wx 1/06 zitiert 2 §§.

Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG | § 4 Vergütung des Betreuers


(1) Die dem Betreuer nach § 1 Absatz 2 zu bewilligende Vergütung bestimmt sich nach monatlichen Fallpauschalen, die in den Vergütungstabellen A bis C der Anlage festgelegt sind. (2) Die Vergütung des Betreuers richtet sich nach Vergütungstabelle

Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG | § 5 Fallpauschalen


(1) Die Höhe der Fallpauschalen nach § 4 Absatz 1 richtet sich nach 1. der Dauer der Betreuung,2. dem gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betreuten und3. dem Vermögensstatus des Betreuten. (2) Hinsichtlich der Dauer der Betreuung wird bei der Berechn

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Tenor Die Entscheidung des Landgerichts wird geändert. Dem Beteiligten zu 1. wird unter Wiederherstellung des Beschlusses des Amtsgerichts vom 04.11.2005 für den Abrechnungszeitraum vom 01.07. bis 30.09.2005 eine Betreuervergütung in Höhe von

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Tenor Die sofortige Beschwerde der Betreuerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Vormundschaftsgerichts - Heidelberg vom 22. September 2005 - 40 XVII G 594/03 - wird zurückgewiesen. Gründe   1  Die Betroffene stand erstmals v

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(1) Die dem Betreuer nach § 1 Absatz 2 zu bewilligende Vergütung bestimmt sich nach monatlichen Fallpauschalen, die in den Vergütungstabellen A bis C der Anlage festgelegt sind.

(2) Die Vergütung des Betreuers richtet sich nach Vergütungstabelle A, sofern der Betreuer über keine besonderen Kenntnisse verfügt, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind.

(3) Verfügt der Betreuer über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, so richtet sich die Vergütung

1.
nach Vergütungstabelle B, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind;
2.
nach Vergütungstabelle C, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind.

(4) § 3 Absatz 2 gilt entsprechend. § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 findet keine Anwendung.

(1) Die Höhe der Fallpauschalen nach § 4 Absatz 1 richtet sich nach

1.
der Dauer der Betreuung,
2.
dem gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betreuten und
3.
dem Vermögensstatus des Betreuten.

(2) Hinsichtlich der Dauer der Betreuung wird bei der Berechnung der Fallpauschalen zwischen den Zeiträumen in den ersten drei Monaten der Betreuung, im vierten bis sechsten Monat, im siebten bis zwölften Monat, im 13. bis 24. Monat und ab dem 25. Monat unterschieden. Für die Berechnung der Monate gelten § 187 Absatz 1 und § 188 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend. Ändern sich Umstände, die sich auf die Vergütung auswirken, vor Ablauf eines vollen Monats, so ist die Fallpauschale zeitanteilig nach Tagen zu berechnen; § 187 Absatz 1, § 188 Absatz 1 und § 191 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten entsprechend.

(3) Hinsichtlich des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Betreuten ist zwischen stationären Einrichtungen und diesen nach Satz 3 gleichgestellten ambulant betreuten Wohnformen einerseits und anderen Wohnformen andererseits zu unterscheiden. Im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
stationäre Einrichtungen:Einrichtungen, die dem Zweck dienen, Volljährige aufzunehmen, ihnen Wohnraum zu überlassen sowie tatsächliche Betreuung oder Pflege zur Verfügung zu stellen oder vorzuhalten, und die in ihrem Bestand von Wechsel und Zahl der Bewohner unabhängig sind und entgeltlich betrieben werden;
2.
ambulant betreute Wohnformen:entgeltliche Angebote, die dem Zweck dienen, Volljährigen das Leben in einem gemeinsamen Haushalt oder einer Wohnung bei gleichzeitiger Inanspruchnahme extern angebotener entgeltlicher Leistungen tatsächlicher Betreuung oder Pflege zu ermöglichen.
Ambulant betreute Wohnformen sind stationären Einrichtungen gleichgestellt, wenn die in der ambulant betreuten Wohnform extern angebotenen Leistungen tatsächlicher Betreuung oder Pflege als Rund-um-die-Uhr-Versorgung durch professionelle Betreuungs- oder Pflegekräfte zur Verfügung gestellt oder vorgehalten werden und der Anbieter der extern angebotenen Betreuungs- und Pflegeleistungen nicht frei wählbar ist.

(4) Hinsichtlich der Bestimmung des Vermögensstatus des Betreuten ist entscheidend, ob am Ende des Abrechnungsmonats Mittellosigkeit nach § 1836d des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegt.

(5) Die Fallpauschalen gelten auch Ansprüche auf Ersatz anlässlich der Betreuung entstandener Aufwendungen ab. Die gesonderte Geltendmachung von Aufwendungen im Sinne des § 1835 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bleibt unberührt.

Tenor

Die Entscheidung des Landgerichts wird geändert.

Dem Beteiligten zu 1. wird unter Wiederherstellung des Beschlusses des Amtsgerichts vom 04.11.2005 für den Abrechnungszeitraum vom 01.07. bis 30.09.2005 eine Betreuervergütung in Höhe von 264,- € bewilligt.

Gründe

1

I. Der Beteiligte zu 1. begehrt die Festsetzung einer Betreuervergütung gemäß Vergütungsstufe 1 nach Übernahme einer bestehenden Betreuung.

2

Das Amtsgericht bestellte durch Beschluss vom 10.11.2003 den Sohn der Betroffenen zu ihrem ehrenamtlichen Betreuer. Mit Beschluss vom 28.06.2005 entließ es diesen mit der Begründung, dass er Zahlungsverzögerungen und Kostenrückstände gegenüber dem Pflegeheim der Betroffenen verursacht habe und seinen Pflichten gegenüber dem Vormundschaftsgericht nicht in dem erforderlichen Umfang nachgekommen sei. Gleichzeitig bestellte es den Beteiligten zu 1. zum berufsmäßigen Betreuer. Dieser beantragte unter dem 05.10.2005 die Festsetzung einer Vergütung zzgl. Auslagenersatz und Mehrwertsteuer gegen die Landeskasse für den Zeitraum vom 01.07. bis 30.09.2005 in Höhe von 594,- €. Dabei beantragte er den Ansatz von viereinhalb Stunden pro Monat gemäß Vergütungsstufe 1 für mittellose Betreute mit Heimaufenthalt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Antrag (Bl. 1 d.A.) Bezug genommen.

3

Das Amtsgericht bewilligte dem Beteiligten zu 1. für den geltend gemachten Abrechnungszeitraum lediglich eine Vergütung in Höhe von 264,-- €. Dabei brachte es zwei Stunden pro Monat in Ansatz. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidung (Bl. 4 f.) Bezug genommen. Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1. änderte das Landgericht den Beschluss des Amtsgerichts dahingehend, dass dem Beteiligten zu 1. eine weitere Betreuervergütung in Höhe von 330,-- € aus der Landeskasse zu erstatten ist; im Übrigen ließ es die sofortige weitere Beschwerde zu, die der Beteiligte zu 2. einlegte.

4

II. Die sofortige weitere Beschwerde ist nach §§ 27 Abs. 1, 29, 20, 22 Abs. 1, 56g Abs. 5 Satz 2, 69e FGG zulässig. Sie ist auch begründet, denn die Entscheidung des Landgerichts beruht auf einer Verletzung des Rechts (vgl. § 27 Abs. 2 FGG, 546 ZPO).

5

Das Landgericht hat im Wesentlichen ausgeführt: Bei einem Wechsel von ehrenamtlicher Betreuung zur Berufsbetreuung sei für den Beginn der Betreuung i.S. des § 5 VBVG jedenfalls dann der Zeitpunkt der Übernahme der Berufsbetreuung maßgebend, wenn der ehrenamtliche Betreuer wegen fehlender Eignung nach § 1908b BGB entlassen worden sei. Der Berufsbetreuer finde in solchen Fällen regelmäßig einen Sachverhalt vor, der einer Ersteinrichtung der Betreuung entspreche; darüber hinaus habe er noch die Vergangenheit aufzuarbeiten und etwaige Regressansprüche gegen den früheren ehrenamtlichen Betreuer zu prüfen und gegebenenfalls zu verfolgen. Zwar habe die Einführung von Pauschalen bezweckt, dass gerade nicht mehr der Einzelaufwand für die jeweilige Betreuung geprüft werden müsse; indes weiche die vorliegende Fallgestaltung maßgeblich von dem gesetzlichen Normalverlauf ab und beruhe überdies auf einer gerichtlichen Entscheidung hinsichtlich eines ehrenamtlichen Betreuers, die sich im nachhinein als falsch erweise.

6

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Für die Bemessung der Betreuervergütung ist die erstmalige Begründung des Betreuungsverhältnisses auch dann maßgebend, wenn der zunächst tätige ehrenamtliche Betreuer wegen mangelnder Eignung nach § 1908b Abs. 1 Satz 1 BGB entlassen und stattdessen ein Berufsbetreuer bestellt worden ist. Das führt zur Wiederherstellung der Entscheidung des Amtsgericht. Die Auffassung des Senats folgt sowohl aus dem Wortlaut des § 5 VBVG (1.), einer historischen Auslegung dieser Vorschrift (2.), ihrer systematischen Stellung (3.) und schließlich auch aus ihrem Sinn und Zweck (4.).

7

1. Nach § 5 Abs. 2 VBVG ist der dem Betreuer zu vergütende Zeitaufwand bei einem mittellosen Betreuten, der sich nicht in einem Heim aufhält, in den ersten drei Monaten der Betreuung mit viereinhalb (Nr. 1) im vierten bis sechsten Monat mit dreieinhalb (Nr. 2), im siebten bis zwölften Monat mit drei (Nr. 3) und danach mit zwei (Nr. 4) Stunden im Monat anzusetzen. Ausdrücklich stellt die Vorschrift für die Vergütungsstufen auf die Dauer der Betreuung, nicht hingegen auf die Dauer der Tätigkeit des anspruchsstellenden Betreuers ab. Schon diese Formulierung legt es nahe, die gestaffelten Stundensätze an dem Zeitpunkt der Einrichtung der Betreuung zu orientieren.

8

2. Auch die historische Auslegung spricht dafür, die Höhe der Vergütung des nach Ablösung des ehrenamtlichen Betreuers eingesetzten Berufsbetreuers nach dem Beginn der (erstmaligen) Betreuung zu bemessen. Die Begründung des Gesetzentwurfs des Bundesrats zum Zweiten Betreuungsrechtsänderungsgesetz (2. BtÄndG) sieht im Falle eines Betreuerwechsels keine Ausnahme von dem Pauschalierungsmodell vor. So heißt es dort:

9

„Der mit einem Betreuerwechsel regelmäßig einhergehende Mehrbedarf ist in den vom ISG (= Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik [Anm. d. Senats]) erhobenen Zahlen enthalten. - Maßgebend für die Anwendung der Pauschalen ist daher die erstmalige Bestellung eines Betreuers. Dies soll auch dann gelten, wenn es sich hierbei um einen ehrenamtlichen Betreuer handelt und später ein Berufsbetreuer bestellt wird. Geschieht dies z.B. im 3. Jahr einer Betreuung, kann der Berufsbetreuer nur die Pauschalen für den Zeitraum ab dem 2. Jahr beanspruchen.“ (BT-Drs. 15/2494, S. 34).

10

Diese Auslegung erfährt auch durch die folgende Passage der Entwurfsbegründung ihre Bestätigung:

11

„Die Pauschalen der Absätze 1 und 2 stehen von Beginn des Betreuungsverfahrens an fest und sind vom tatsächlichen Aufwand im konkreten Fall unabhängig. Von den zahlenmäßig geringen Sonderfällen des §§ 1908m BGB-E abgesehen gibt es keine Ausnahmetatbestände. Denn jeder Ausnahmetatbestand würde zu Streitigkeiten über seinen Anwendungsbereich und ggf. eine analoge Anwendung führen.“ (BT-Drs. 15 / 2494, S. 33).

12

3. Die systematische Stellung der Vorschrift über die Vergütungssätze im VBVG steht einer solchen Sichtweise nicht entgegen. Allerdings soll nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung aufgrund der Tatsache, dass sich das gesamte VBVG auf berufliche Betreuungen bezieht, bei einem Betreuerwechsel die vorherige ehrenamtliche Betreuungszeit bei dem vierstufigen Zeitraster nicht mitzuzählen sein (vgl. Deinert, Internetbetreuungslexikon, www.betreuungslexikon.de/pauschale.htm). Das kann jedoch vom gedanklichen Ansatz her nicht überzeugen. Ansprüche auf Vergütung entstehen ausschließlich bei berufsmäßig geführten Betreuungen; ehrenamtliche Betreuungen erfolgen - wie die §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 1 BGB klarstellen - stets unentgeltlich. Daraus ergibt sich aber nicht zwingend, dass auch für die Bemessung der Betreuervergütung allein die Zeiträume der Berufsbetreuung zugrunde zu legen sind. Das gilt umso mehr, als das Gesetz die beruflich geführte Betreuung gegenüber der ehrenamtlichen Tätigkeit als Ausnahme ansieht (vgl. §§ 1897 Abs. 6, 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 1 BGB).

13

4. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung in § 5 VBVG ist es geboten, die Vergütungszeiträume auch im Falle eines Betreuerwechsels nach der erstmaligen Einrichtung der Betreuung zu bemessen. Die mit dem 2. BtÄndG eingeführten „harten“ Pauschalen sollen das Abrechnungssystem vereinfachen und sowohl den Betreuer als auch das für die Festsetzung der Vergütung zuständige Vormundschaftsgericht von der Erfassung der im Einzelfall aufgewendeten Zeit entbinden (BT-Drs. 15/2494, S. 31). Aus diesem Grunde hat der Gesetzgeber Ausnahmen von dem in § 5 VBVG niedergelegten Pauschalierungssystem nicht vorgesehen (BT-Drs. 15/2494, S. 33).

14

Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist eine Ausnahme auch dann nicht gerechtfertigt, wenn ein ehrenamtlicher Betreuer wegen fehlender Eignung nach § 1908b Abs. 1 Satz 1 BGB entlassen und nunmehr ein Berufsbetreuer bestellt wird. Dabei ist der Kammer zu konzedieren, dass der Arbeitsaufwand des Berufsbetreuers in derartigen Fällen vielfach dem einer erstmaligen Betreuung ähnelt, zumal er bisweilen noch eine ungeordnete Buchhaltung aufzuarbeiten und gegebenenfalls Regressansprüche gegen den vormaligen Betreuer zu prüfen hat. Indes liegt den Pauschalen des § 5 VBVG eine „Mischkalkulation zwischen aufwändigen und weniger aufwändigen Fällen innerhalb der Fallgruppen“ (BT-Drs. 15/2494, S. 33) zugrunde. Auf eine Differenzierung zwischen leichten und schwierigen Konstellationen hat der Gesetzgeber bewusst verzichtet. Dem würde es jedoch widersprechen, Fälle die einen besonders hohen Zeitaufwand erwarten lassen, vergütungsrechtlich zu privilegieren.

15

Zudem ist es ein besonderes Anliegen des Pauschalierungssystems in § 5 VBVG, Streitigkeiten über die Höhe der Betreuervergütung im Einzelfall zu vermeiden. Hingegen wird eine privilegierte Behandlung des Berufsbetreuers, der an die Stelle des als ungeeignet entlassenen ehrenamtlichen Betreuers tritt, aller Voraussicht nach weitere Streitigkeiten um Ausnahmetatbestände provozieren. Es sind nämlich auch andere Fallgestaltungen denkbar, in denen die berufsmäßige Übernahme einer Betreuung mit besonderem, das übliche Maß deutlich übersteigendem Aufwand verbunden ist, z.B. wenn der ehrenamtliche Betreuer verstirbt und vor seinem Tode krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage war, die laufenden Angelegenheiten des Betreuten zu besorgen. Zu nennen ist weiterhin der Fall des mangels Eignung entlassenen Berufsbetreuers, dessen ungeordnete Buchführung dem Nachfolger erhebliche Mehrarbeit abverlangt.

16

Nicht zu überzeugen vermag die Argumentation des Landgerichts, bei Entlassung des ehrenamtlichen Betreuers wegen fehlender Eignung nach § 1908b Abs. 1 Satz 1 BGB habe sich die „gerichtliche Entscheidung... im nachhinein als falsch“ erwiesen. Vielfach zeichnet sich eine fehlende Eignung des Betreuers erst im Laufe des Betreuungsverhältnisses ab; die im Zeitpunkt seiner Bestellung vom Vormundschaftsgericht gestellte Prognose muss keineswegs immer unzureichend gewesen sein. Hinzu kommt, dass das Vormundschaftsgericht bei der Auswahl des Betreuers Vorschläge des Betreuten sowie familiäre Bindungen in weitem Umfang zu berücksichtigen hat (vgl. § 1897 Abs. 4 und 5 BGB). Insofern dürfte das Gesetz im Hinblick auf die Bedeutung der persönlichen Beziehung zwischen Betreutem und Betreuer das Risiko einer sich erst im Nachhinein offenbarenden Nichteignung in gewisser Weise mit einkalkuliert haben.

17

Nach alledem besteht kein Anlass, die Vergütung in den Fällen des Betreuerwechsels wegen fehlender Eignung des ehrenamtlichen Betreuers nach dem Zeitpunkt der Übernahme der Berufsbetreuung zu bemessen.


Tenor

Die Entscheidung des Landgerichts wird geändert.

Dem Beteiligten zu 2. wird unter Wiederherstellung des Beschlusses des Amtsgerichts vom 8.11.2005 für den Abrechnungszeitraum vom 01.07.2005 bis 30.09.2005 eine Betreuervergütung in Höhe von 264,00 € bewilligt.

Gründe

I.

1

Der Beteiligte zu 2. begehrt die Festsetzung einer Betreuervergütung nach seiner Bestellung zum Gegenbetreuer zum Stundenansatz gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 2 VBVG.

2

Der Betroffene leidet an Multipler Sklerose. Das Amtsgericht bestellte durch Beschluss vom 27.06.2001 die Beteiligte zu 1. - Schwester des Betroffenen - zu seiner ehrenamtlichen Betreuerin mit den Aufgabenkreisen: Vermögenssorge, Gesundheitssorge, Aufenthaltsbestimmung, Vertretung gegenüber Behörden usw. sowie Entgegennahme und Öffnen der Post mit Ausnahme der Privatpost. Es zeigte sich alsbald, dass die Beteiligte zu 1. nicht willens oder in der Lage war, ordnungsgemäß Rechnung zu legen. Nachdem es bereits im vorangegangenen Rechnungslegungszeitraum zu nicht lösbaren Schwierigkeiten gekommen war, beanstandete das Amtsgericht für die Zeit vom 1.07.2003 bis 30.06.2004 erneut, dass die Rechnungslegung nicht überprüfbar sei. Insbesondere lägen keine Nachweise für Barabhebungen, außergewöhnliche Ausgaben und Kontoauszüge vor. Eine Verschuldung des Betroffenen sei nicht verhindert oder wenigstens gemindert worden. Ferner verfüge er nunmehr über Vermögenswerte, die bislang gar nicht bekannt gewesen seien. Durch Beschluss vom 29.03.2005 bestellte das Amtsgericht den Beteiligten zu 2. für den Aufgabenkreis „Vermögenssorge“ zum berufsmäßigen Gegenbetreuer, damit sicher gestellt werde, dass die Interessen des Betroffenen in finanzieller Hinsicht gewahrt würden.

3

Der Beteiligte zu 2. hat unter dem 4.10.2005 die Festsetzung einer Vergütung gegen die Landeskasse für den Zeitraum vom 01.07. bis 30.09.2005 in Höhe von insgesamt 462,00 € beantragt. Dabei legt er einen Stundensatz von 44,00 Euro und einen monatlichen pauschalen Stundenansatz von 3,5 (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 VBVG) zugrunde. Das Amtsgericht hat ihm nur 264,00 € bewilligt. Es hat die Auffassung vertreten, dass bei der Berechnung des Stundenansatzes auf die erstmalige Betreuerbestellung abzustellen sei, so dass dieser nur zwei Stunden pro Monat betrage (§ 5 Abs. 2 Nr. 4 VBVG). Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 2. hat das Landgericht die Entscheidung des Landgerichts geändert und die Vergütung antragsgemäß auf 462,00 € festgesetzt. Hiergegen richtet sich die zugelassene sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3.

II.

4

Die sofortige weitere Beschwerde ist nach §§ 27 Abs. 1, 29, 20, 22 Abs. 1, 56g Abs. 5 Satz 2, 69e FGG zulässig. Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 2. ist der Beteiligte zu 3. als Behörde - Vertreter des Landes Schleswig-Holstein - berechtigt, das Rechtsmittel ohne Einschaltung eines Rechtsanwalts einzulegen (§ 29 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 FGG). Sie ist auch begründet, denn die Entscheidung des Landgerichts beruht auf einer Verletzung des Rechts (§ 27 Abs. 2 FGG; 546 ZPO).

5

Das Landgericht hat im Wesentlichen ausgeführt: In der Entscheidung vom 11.11.2005 - 3 T 483/05 - habe die Kammer die Auffassung vertreten, dass jedenfalls in den Fällen, in denen ein ehrenamtlicher Betreuer wegen fehlender Eignung nachträglich durch einen Berufsbetreuer abgelöst werde, die Bestellung des Berufsbetreuers als erstmalige Bestellung anzusehen sei, weil in derartigen Fällen in der Regel ein Sachverhalt vorliege, welcher der Ersteinrichtung der Betreuung entspreche. Dies gelte insbesondere im Hinblick darauf, dass der Berufsbetreuer u.a. die Vergangenheit aufzuarbeiten habe. Nicht anders liege es hier. Der Gegenbetreuer sei bestellt worden, weil die Rechnungslegung der Betreuerin ab August 2003 zahlreiche Lücken aufweise. Es müssten Kontoauszüge vermutlich anhand von Mikrofilmen neu erstellt und zahlreiche Zahlungsvorgänge rekonstruiert werden. Daran habe der Gegenbetreuer mitzuwirken und die Angaben der Betreuerin zu kontrollieren. Insofern liege eine der Erstbestellung vergleichbare Situation vor.

6

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Für die Bemessung der Betreuervergütung ist nach Auffassung des Senats die erstmalige Begründung des Betreuungsverhältnisses auch in den Fällen maßgebend, in denen der zunächst tätige ehrenamtliche Betreuer wegen mangelnder Eignung nach § 1908b Abs. 1 Satz 1 BGB entlassen und stattdessen ein Berufsbetreuer (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 25.01.2006 - 2 W 240/05 - 3 T 553/05 LG Kiel) oder - wie vorliegend - nachträglich ein Gegenbetreuer nach §§ 1908i, 1792, 1799 BGB bestellt worden ist. Im letztgenannten Fall handelt es sich zwar um die Bestellung eines weiteren Betreuers für einen neuen Aufgabenkreis, dies jedoch im Rahmen der bestehenden Betreuung. Die Überzeugung des Senats folgt - wie schon im genannten Beschluss vom 25.01.2006 dargelegt - auch für den vorliegenden Fall aus dem Wortlaut des § 5 VBVG (1.), einer historischen Auslegung dieser Vorschrift (2.), ihrer systematischen Stellung (3.) und schließlich aus ihrem Sinn und Zweck (4.).

7

1. Nach § 5 Abs. 2 VBVG ist der dem Betreuer zu vergütende Zeitaufwand bei einem mittellosen Betreuten, der sich nicht in einem Heim aufhält, in den ersten drei Monaten der Betreuung mit viereinhalb (Nr. 1) im vierten bis sechsten Monat mit dreieinhalb (Nr. 2), im siebten bis zwölften Monat mit drei (Nr. 3) und danach mit zwei (Nr. 4) Stunden im Monat anzusetzen. Ausdrücklich stellt die Vorschrift für die Vergütungsstufen auf die Dauer der Betreuung, nicht hingegen auf die Dauer der Tätigkeit des Anspruchs stellenden Betreuers ab. Schon diese Formulierung legt es nahe, die gestaffelten Stundensätze an dem Zeitpunkt der Einrichtung der Betreuung orientieren. Das ist hier Mitte 2001.

8

2. Auch die historische Auslegung spricht dafür, die Höhe der Vergütung des nach Ablösung des ehrenamtlichen Betreuers eingesetzten Berufsbetreuers oder des nachträglich eingesetzten Gegenbetreuers nach dem Beginn der (erstmaligen) Betreuung zu bemessen. Die Begründung des Gesetzentwurfs des Bundesrats zum Zweiten Betreuungsrechtsänderungsgesetz (2. BtÄndG) sieht im Falle eines Betreuerwechsels keine Ausnahme von dem Pauschalierungsmodell vor. So heißt es dort:

9

„Der mit einem Betreuerwechsel regelmäßig einhergehende Mehrbedarf ist in den vom ISG (= Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik [Anm. d. Senats]) erhobenen Zahlen enthalten. - Maßgebend für die Anwendung der Pauschalen ist daher die erstmalige Bestellung eines Betreuers. Dies soll auch dann gelten, wenn es sich hierbei um einen ehrenamtlichen Betreuer handelt und später ein Berufsbetreuer bestellt wird. Geschieht dies z.B. im 3. Jahr einer Betreuung, kann der Berufsbetreuer nur die Pauschalen für den Zeitraum ab dem 2. Jahr beanspruchen.“ (BT-Drs. 15/2494, S. 34).

10

Diese Auslegung erfährt auch durch die folgende Passage der Entwurfsbegründung ihre Bestätigung:

11

„Die Pauschalen der Absätze 1 und 2 stehen von Beginn des Betreuungsverfahrens ( Hervorh. d. d. Senat) an fest und sind vom tatsächlichen Aufwand im konkreten Fall unabhängig. Von den zahlenmäßig geringen Sonderfällen des §§ 1908m BGB-E abgesehen, gibt es keine Ausnahmetatbestände. Denn jeder Ausnahmetatbestand würde zu Streitigkeiten über seinen Anwendungsbereich und ggf. eine analoge Anwendung führen.“ (BT-Drs. 15/2494, S. 33).

12

3. Die systematische Stellung der Vorschrift über die Vergütungssätze im VBVG steht einer solchen Sichtweise nicht entgegen. Allerdings soll nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung aufgrund der Tatsache, dass sich das gesamte VBVG auf berufliche Betreuungen bezieht, bei einem Betreuerwechsel die vorherige ehrenamtliche Betreuungszeit bei dem vierstufigen Zeitraster nicht mitzuzählen sein (vgl. Deinert, Internetbetreuungslexikon, www.betreuungslexikon.de/pauschale.htm). Das kann jedoch vom gedanklichen Ansatz her nicht überzeugen. Ansprüche auf Vergütung entstehen ausschließlich bei berufsmäßig geführten Betreuungen; ehrenamtliche Betreuungen erfolgen - wie die §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 1 BGB klarstellen - stets unentgeltlich. Daraus ergibt sich aber nicht zwingend, dass auch für die Bemessung der Betreuervergütung allein die Zeiträume der Berufsbetreuung zugrunde zu legen sind. Das gilt umso mehr, als das Gesetz die beruflich geführte Betreuung gegenüber der ehrenamtlichen Tätigkeit als Ausnahme ansieht (vgl. §§ 1897 Abs. 6, 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 1 BGB).

13

4. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung in § 5 VBVG ist es geboten, die Vergütungszeiträume auch im Falle eines Betreuerwechsels, der Bestellung eines weiteren Betreuers oder in vergleichbaren Situationen nach der erstmaligen Einrichtung der Betreuung zu bemessen. Die mit dem 2. BtÄndG eingeführten „harten“ Pauschalen sollen das Abrechnungssystem vereinfachen und sowohl den Betreuer als auch das für die Festsetzung der Vergütung zuständige Vormundschaftsgericht von der Erfassung der im Einzelfall aufgewendeten Zeit entbinden (BT-Drs. 15/2494, S. 31). Aus diesem Grunde hat der Gesetzgeber von einer Differenzierung zwischen leichten und schwierigen Konstellationen verzichtet und Ausnahmen von dem in § 5 VBVG niedergelegten Pauschalierungssystem nicht vorgesehen (BT-Drs. 15/2494, S. 33). Streitigkeiten über die Höhe der Betreuervergütung im Einzelfall sollen dadurch vermieden werden. Zum Ausgleich liegt den Pauschalen des § 5 VBVG eine Mischkalkulation zwischen aufwändigen und weniger aufwändigen Fällen innerhalb der Fallgruppen zugrunde (BT-Drs. 15/2494, S. 33). Zwar ist nicht zu verkennen, dass mit einem Betreuerwechsel oder mit der Bestellung eines weiteren Betreuers im Rahmen einer bestehenden Betreuung anfangs mehr oder weniger Mehrarbeit für den neuen Berufsbetreuer verbunden ist. Andererseits würde das vereinfachte Abrechnungssystem unzulässig unterlaufen, wenn nunmehr wiederum eine Einzelfallprüfung eröffnet würde, in der gewichtet werden müsste, ob erstens die Konstellation als solche und zweitens der damit im konkreten Fall einhergehende Aufwand für eine mehr oder weniger umfangreiche und mehr oder weniger schwierige Ein- und Aufarbeitung den jeweils höchsten Stundenansatz des § 5 VBVG rechtfertigt.

14

Nach allem war die angefochtene Entscheidung unter Wiederherstellung des Beschlusses des Amtsgerichts vom 8.11.2005, auf den wegen der Einzelheiten der Berechnung der Vergütung Bezug genommen wird (Bl. 14/15 der Vergütungsakten), zu ändern.


Tenor

Die sofortige Beschwerde der Betreuerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Vormundschaftsgerichts - Heidelberg vom 22. September 2005 - 40 XVII G 594/03 - wird zurückgewiesen.

Gründe

 
Die Betroffene stand erstmals vom 27.07.1998 (Beschluss As. 13 Bd. I) bis 17.04.2002 (Aufhebungsbeschluss As. 351 Bd. I) unter Betreuung. Mit Beschluss vom 24.04.2003 (As. 13, Bd. II) wurde eine erneute Betreuung angeordnet und Frau B.-R als Berufsbetreuerin für die Aufgabenkreise der Gesundheitssorge, Vermögenssorge und der Aufenthaltsbestimmung bestellt. Am 16.06.2004 übernahm der Ehemann der Betroffenen die Betreuung als ehrenamtlicher Betreuer (As. 91 Bd. II). Die Beschwerdeführerin ist seit 03.06.2005 für die Betroffene als Berufsbetreuerin tätig (Beschluss vom 03.06.2005, As. 193, Bd. II).
Die vermögenslose Betroffene ist nicht in einem Heim untergebracht.
Mit Schreiben vom 12.09.2005 beantragte die Betreuerin für die Zeit vom 01.07.2005 bis 03.09.2005 für die Monate Juli und August jeweils eine Vergütung für 7 Stunden und für September eine Vergütung für 0,7 Stunden (3/30). Insgesamt stellte die Beschwerdeführerin bei einem Stundensatz von EUR 44 EUR 646,80 (As. 211) sowie Aufwendungen in Höhe von EUR 197,81 (As. 213) in Rechnung.
Das Amtsgericht hat der Betreuerin durch Beschluss vom 22.09.2005 (AS. 217) eine Vergütung in Höhe von insgesamt EUR 325,60 und Aufwendungen in Höhe von EUR 197,81 bewilligt. Es hielt einen pauschalen Stundenansatz von 3,5 monatlich für angemessen. Es führte aus, dass die Betreuung bereits seit über 13 Monaten besteht und daher nach § 5 Abs. 2 Nr. 4 VBVG pro Monat 3,5 Stunden pauschal anzusetzen sind.
Gegen den ihr am 24.09.2005 zugestellten Beschluss legte die Betreuerin sofortige Beschwerde ein, die am 05.10.2005 bei Gericht einging. Sie trägt vor, dass eine Berufsbetreuung erst seit ihrer Bestellung am 03.06.2005 bestehe und daher eine Pauschale von 7 Stunden anzusetzen sei. Aufgrund der ehrenamtlichen Vorbetreuung bestehe derselbe Aufwand wie bei einer Betreuung ohne Vorbetreuer.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, jedoch unbegründet.
Das Amtsgericht hat zu Recht eine Stundenzahl von insgesamt 7,4 und damit 3,5 pro Monat nach § 5 Abs. 2 Nr. 4 VBVG zu je EUR 44 zugesprochen.
Seit dem 01. Juli 2005 ist die gesetzliche Grundlage für die Vergütung von Berufsbetreuern neu geregelt. Nach §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB bestimmt sich die Höhe der Vergütung bei einem Berufsbetreuer nach §§ 4,5 VBVG.
Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 VBVG steht der Beschwerdeführerin ein Stundensatz von EUR 44 zu.
10 
Die nunmehr pauschalisierte Stundenanzahl richtet sich nach § 5 Abs. 2 S.2 VBVG, da die vermögenslose Betroffene nicht in einem Heim untergebracht ist. Die Betreuung für die Betroffene besteht länger als 12 Monate, so dass nach § 5 Abs. 2 S.2 Nr. 4 VBVG eine Stundenanzahl von pauschal 3,5 pro Monat anzusetzen ist.
11 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Ausführungen der Beschwerdeführerin. Es ist bereits nicht ausreichend dargelegt, dass der Arbeitsaufwand der Beschwerdeführerin dem einer neu angeordneten Betreuung entspricht, zumal eine Berufsbetreuung bereits vor der ehrenamtlichen Betreuung durch den Ehemann der Betroffenen bestanden hatte. Die Beschwerdeführerin begründet nicht, warum für sie ein erhöhter Mehraufwand bestand. Davon abgesehen kommt es auf den konkreten Aufwand bei der Ermittlung der zuzusprechenden Vergütung nach den neuen pauschalisierten Vergütungsregeln nicht mehr an.
12 
Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, dass vor der Übernahme der Betreuung eine ehrenamtliche Betreuung stattfand und daher der Zeitraum der Betreuung erst ab dem 03.06.2005 gerechnet werden könne, folgt die Kammer dieser Auffassung nicht.
13 
Nach der seit 01.07.2005 geltenden Vergütungsregelung ist für die zuzusprechende Stundenanzahl maßgeblich, wie lange die Betreuung bereits besteht.
14 
Um die einem Berufsbetreuer im Einzelfall zustehende Monatspauschale zu ermitteln, muss nach dem Gesetzeswortlaut vom Beginn der Betreuung ausgegangen werden. Maßgeblich ist dabei die erstmalige Bestellung eines Betreuers. Es wird weder danach unterschieden, ob ein Betreuungswechsel stattgefunden hat noch ob zunächst eine ehrenamtliche Betreuung bestand.
15 
Allein der formale Gesichtspunkt des Beginns der Betreuung ist nach dem Willen des Gesetzgebers ausschlaggebend (BT-Drucksache 15/2494, S. 34 f.). Jede andere Verfahrensweise würde dem Sinn und Zweck der neuen Vergütungsregelung, nämlich der Vereinfachung der Ermittlung der Vergütung und der Streitvermeidung, widersprechen. Da bei der Bemessung der Pauschalen besondere Betreuungssituationen und Mehrbedarf bei einem Betreuerwechsel bereits berücksichtigt wurden (BT-Drucksache 15/2494, S. 34), werden dadurch höhere Stundenzahlen im Einzelfall ausgeglichen. Folglich ist nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers auch nicht danach zu unterscheiden, ob es sich bei dem Vorbetreuer um einen ehrenamtlichen oder einen Berufsbetreuer handelte und ob etwa ein erhöhter Zeitaufwand bei der Übernahme einer bestehenden Betreuung anfällt (BT-Drucksache 15/2494, S. 34).
16 
Vor diesem Hintergrund ist in vorliegendem Fall davon auszugehen, dass seit der erstmaligen Neubestellung eines Betreuers am 24.04.2003 bis zur Abrechnung für den Zeitraum ab 01.07.2005 mehr als 12 Monate vergangen sind. Daher kann nach § 5 Abs. 2 S.2 Nr. 4 VBVG lediglich eine pauschale Stundenanzahl von 3,5 pro Monat zugesprochen werden.
17 
Das Amtsgericht hat daher zutreffend 7,4 Stunden zu EUR 44 und damit EUR 325,60 festgesetzt.
18 
Mangels grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Fragen wird die weitere sofortige Beschwerde nicht zugelassen (§ 56 g Abs. 5 Satz 2 FGG).

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes in Saarlouis vom 30. Januar 2006 – 10 F 2/06 – wird zurückgewiesen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

Gründe

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 30.1.2006, durch den er gemäß § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO zur vorläufigen Gewährung von Eingliederungshilfeleistungen (Kostenübernahme für eine ambulante Autismusbehandlung) verpflichtet wurde, hat keinen Erfolg.

Was die vom Antragsgegner angesprochenen Zweifel an der Rechtswegzulässigkeit im Hinblick auf eine von ihm hier angenommene Sozialhilfestreitigkeit anbelangt, kann dieser Einwand in einem Rechtsmittelverfahren nicht erhoben werden (§ 17 a Abs. 5 GVG entspr.)

zur entsprechenden Anwendbarkeit des § 17 a GVG in verwaltungsgerichtlichen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes OVG Koblenz, Beschluss vom 25.5.2005 – 7 B 10356/05 -, DÖV 2006, 129.

Im Übrigen handelt es sich, worauf im Folgenden noch näher einzugehen sein wird, bei der hier streitigen Eingliederungsmaßnahme ihrer Art nach um eine – den Verwaltungsgerichten nach wie vor zugewiesene - Angelegenheit der Jugendhilfe gemäß § 35 a SGB VIII, die ihren Charakter durch eine landesrechtliche Zuständigkeitszuweisung nicht verändert.

Was den geltend gemachten Anspruch angeht, geht der Senat in Fortsetzung seiner Rechtsprechung in vergleichbar gelagerten Verfahren

vgl. im einzelnen Beschlüsse vom 1.12.2004 – 3 W 17/04 – und vom 17.12.2003 – 3 W 35/03 -

weiter davon aus, dass dem Antragsteller jedenfalls im Rahmen des vorliegenden summarischen Verfahrens ein Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch auf die begehrte Hilfe zustehen.

Dies ergibt sich aus Folgendem:

Der Antragsteller leidet – wie entgegen der Ansicht des Antragsgegners insbesondere durch das fachärztliche Gutachten der Universitäts-Nerven-Klinik für Kinder und Jugendliche, Homburg vom 19.12.2005 belegt ist – unter frühkindlichem Autismus (ICD-10: F84.0) und ist damit nicht nur vorübergehend wesentlich behindert. Er hat danach – wie noch im Einzelnen auszuführen sein wird – bei nur summarischer Würdigung der Rechtslage dem Grunde nach Anspruch auf Eingliederungshilfe. Der Senat geht nach dem vorliegenden Gutachten in Übereinstimmung mit anderer obergerichtlicher Rechtsprechung – nach wie vor - davon aus, dass es sich bei dem fachärztlich festgestellten (§ 35 a Abs. 1 a SGB VIII in der ab 1.10.2005 gültigen Fassung BGBl I, 2729) frühkindlichen Autismus, bei dessen Beschreibung die von dem Antragsgegner auf S. 4 seines Schriftsatzes vom 23.2.2006 benannten erforderlichen diagnostischen Kriterien aufgeführt werden, um eine in ihrem Schwerpunkt seelische Behinderung des Antragstellers handelt

hierzu etwa VGH Mannheim, Beschluss vom 14.1.2003 – 9 S 2268/02 -, FEVS 54, 218, eingehend OVG Münster, Urteil vom 20.2.2002 – 12 A 5322/00 -, FEVS 54, 182; OVG Koblenz, Beschluss vom 5.9.2002 – 12 B 11355/02 – FEVS 54, 137; zum Begriff der seelischen Behinderung BVerwG, Urteil vom 26.11.1998 – 5 C 38.97 -, FEVS 49, 487.

Die unter Hinweis auf Entscheidungen des OVG Lüneburg vom 17.12.2002 – 12 ME 657/02 – (FEVS 55,80) und des VG Oldenburg vom 16.7.1999 – 13 B 247/99 – vorgetragene Auffassung des Antragsgegners, frühkindlicher Autismus könne auch eine geistige Behinderung darstellen, weshalb § 35 a SGB VIII nicht anzuwenden sei, überzeugt demgegenüber nicht. In den genannten Entscheidungen ging der Antragsteller in eine Schule für geistig Behinderte beziehungsweise es wurde von einer festgestellten seelisch-geistigen Behinderung ausgegangen, wofür aber hier das vorgelegte Attest nichts hergibt.

Gemäß der §§ 10 Abs. 2 S. 2, § 35 a SGB VIII kommen im Falle seelischer Behinderung von Kindern und Jugendlichen vorrangig Leistungen der Jugendhilfe in Betracht, wobei gemäß § 35 a Abs. 3 SGB VIII sich Ziel und Aufgabe der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie die Art der Maßnahmen nach den §§ 53 Abs. 3 und 4, 54, 56 und SGB XII richten. Nach § 35 a Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB VIII kann die Hilfe nach Bedarf im Einzelfall u.a. in ambulanter Form, in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen geleistet werden.

Der Antragsteller ist auch nicht durch die §§ 9 AsylbLG und 23 Abs. 2 SGB XII, der dem § 120 Abs. 2 BSHG a.F. entspricht, von vornherein – wie der Antragsgegner meint – von der Teilhabe an derartigen Leistungen ausgeschlossen.

Bei dem Antragsteller ist durch Bescheid des Bundesamtes vom 26.1.2006 ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthaltG festgestellt worden. Nach § 25 Abs. 3 AufenthaltG soll einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für eine Aussetzung der Abschiebung nach § 60 Abs. 7 AufenthaltsG vorliegen. Nach § 1 Abs. 2 AsylbLG in der ab 18.3.2005 geltenden Fassung (BGBl. I, 1950) sind Ausländer, die über eine derartige Aufenthaltserlaubnis verfügen, nicht leistungsberechtigt nach diesem Gesetz und unterfallen somit auch nicht den zitierten Ausschlussnormen. Über den aktuellen Aufenthaltsstatus des Antragstellers und der möglichen bereits erfolgten Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an ihn liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor und eine entsprechende Einholung ist im Rahmen des vorliegenden summarischen Verfahrens auch nicht geboten; denn der Senat hält an der im oben genannten Beschluss vom 1.12.2004, a.a.O., geäußerten Auffassung fest, dass entsprechend der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.6.1999 – 5 C 24.98 -, FEVS 51, 152 die Regelungen des Asylbewerberleistungsgesetzes mit Blick auf dessen (beschränkte) Zielsetzung und die unterschiedliche Zielsetzung des SGB VIII, insbesondere der Regelung des § 6 SGB VIII, die Gewährung von Jugendhilfe an minderjährige (ehemalige) Asylbewerber nicht ausschließen; denn das AsylbLG befasst sich mit der Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern und gewährt, um materielle Anreize für eine illegale Einreise zu beseitigen, grundsätzlich nur Leistungen des Existenzminimums vorrangig in Form von Sachleistungen. Das SGB VIII hingegen ist ein umfassendes Jugendhilfegesetz insbesondere auf dem Gebiet der Erziehung. Aus der Regelung des § 6 Abs. 2 SGB VIII ergibt sich ausdrücklich, dass jugendliche Ausländer, die rechtmäßig oder aufgrund einer ausländerrechtlichen Duldung ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben, einen Anspruch auf Leistungen nach diesem Buch haben können. Gemeint ist hiermit trotz der missverständlichen Formulierung ein Rechtsanspruch

hierzu Wiesner/Kaufmann/Mörsberger/Oberloskamp/Struck, SGB VIII, 1995, § 6 Rdnr. 15.

Der Antragsteller, dessen Asylantrag (zunächst) am 19.7.2003 unanfechtbar abgelehnt wurde, ist hier seit längerer Zeit geduldet und erfüllt damit in jedem Fall die in o.g. Bundesverwaltungsgerichtsentscheidung angesprochene 6-Monatsgrenze, die im Sinne des Art. 1 Haager Minderheitenschutzabkommens, das für den dort geschützten Personenkreis im Verhältnis zur allgemeinen Regelung des § 6 SGB VIII Vorrang hat, zur Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts führt.

Das Kinder- und Jugendhilferecht – Bundesrecht – begründet also prinzipiell einen materiellen Anspruch von ausländischen autistischen Kindern ohne Einschränkung je nach zuständiger Behörde auf Leistungen zur Abwendung einer drohenden sowie Behebung oder Milderung einer bestehenden seelischen Behinderung. In § 10 SGB VIII, der das Vorrangverhältnis der einzelnen Sozialleistungsträger regelt, ist in Abs. 2 S. 2 den Ländern die Möglichkeit eröffnet worden, für den Bereich der - jugendhilferechtlichen – Frühförderung landesrechtlich den zuständigen Leistungsträger zu bestimmen. Der saarländische Landesgesetzgeber hat hiervon durch § 38 AGKJHG vom 9.7.1993 – Abl. S. 807 – Gebrauch gemacht und aus Effektivitätsgründen bestimmt, dass Maßnahmen der Frühförderung i.S.d. § 10 Abs. 2 S. 3 SGB VIII unabhängig von der Art der Behinderung vorrangig von den Trägern der Sozialhilfe erbracht werden

siehe hierzu Beschlüsse des Senats vom 1.12.2004 – 3 W 17/04 – und vom 17.12.2003 – 3 W 35/03 -; siehe auch Protokoll der 52. Sitzung des Landtags, 10. Wahlperiode am 9.7.1993 – LT-DRS 10/52, wo es heißt: „In § 38, den wir in der letzten Ausschusssitzung nochmals geändert haben, galt es abzuwägen zwischen den Prinzipien der Einheit und Allzuständigkeit der Jugendhilfe für die Verbesserung der Lebenssituation junger Menschen und des Ausgleichs sozialer Benachteiligungen einerseits sowie der Effektivität und der effektiven Organisation der Hilfen für behinderte Kinder andererseits. Wir haben der Sozialhilfe den Vorrang eingeräumt, weil wir hier seit Jahren Erfahrungen und Kompetenz bei der Frühförderung behinderter Kinder vorhanden wissen und weil wir davon ausgehen, dass man bei einer engeren Kooperation der örtlichen Träger der Sozialhilfe und der örtlichen Träger der Jugendhilfe auch zukünftig den Anforderungen behinderter Kinder gerecht werden kann. Wir appellieren an die bei den Kreisen und beim Stadtverband angesiedelten Jugendämter und Sozialämter, gerade in Fragen der Förderung behinderter Kinder künftig enger zusammenzuarbeiten“.

Diese reine landesrechtliche Zuständigkeitszuweisung, die der oft schwierigen Feststellung der (ggf. überwiegenden) Behinderungsart gerade im Kleinkindalter und den damit verbundenen Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen den (vorrangig) zuständigen Leistungsträgern im Interesse einer möglichst raschen und effektiven Hilfe Rechnung trägt, ändert aber nach Auffassung des Senats den bundesgesetzlichen materiellen Jugendhilfeanspruch des Minderjährigen nicht ab und kann dies auch nicht. Mithin sind nach § 38 AG KJHG Frühförderungsmaßnahmen i.S.d. § 10 Abs. 2 S. 3 SGB VIII, also Leistungen nach diesem Buch – SGB VIII -, Leistungen, die nach Maßgabe dessen § 6 auch ausländischen Minderjährigen zustehen. Hierzu zählen als Einzelhilfe – ungeachtet der im SGB IX geregelten Komplexleistungen, die eventuell komplementär zu erbringen sind - Maßnahmen nach § 35 a SGB VIII, die nicht auf eine bestimmte Altersgruppe begrenzt sind.

Nach der Zuständigkeitszuweisung in § 38 AGKJHG obliegt – wie dargelegt - die Leistungserbringung (Kostenübernahme) den Trägern der Sozialhilfe. Eine Zuständigkeit des Antragsgegners als überörtlicher Träger folgt für die hier begehrte ambulante Maßnahme – Therapie in der Hilfe für das autistische Kind e.V. – aus § 2 Abs. 2 Nr. 2 AG SGB VII vom 8.3.2005, Abl. S. 438.

Nach allem spricht bei der allein gebotenen summarischen Betrachtung also überwiegendes für den - erstinstanzlich zuerkannten - Anordnungsanspruch des Antragstellers.

Die Beschwerde des Antragsgegners ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 188, 154 Abs. 2 VwGO.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.