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| Die Parteien streiten um rückständige Ansprüche auf Elternunterhalt aus übergegangenem Recht für die Zeit von 01.01.2003 - 30.06.2004. Für den Unterhaltszeitraum Januar 2003 - Januar 2004 einschließlich macht die Klägerin einen monatlichen Anspruch von 55 EUR geltend, ab Februar 2004 geht sie von einer Leistungsfähigkeit der Beklagten in Höhe von 73 EUR aus. |
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| Die Beklagte, geboren am 08.11.1957, ist die Tochter von Frau ..., geboren am ... 1937. Die Ehe der Eltern der Beklagten ist geschieden. Der Vater ist am 11.10.1987 verstorben und hat nie nachehelichen Unterhalt an die Mutter gezahlt. Diese bezieht seit 05.12.1985 Leistungen der Klägerin. Sie hat eine eigene monatliche Rente von 333,16 EUR. Eine Rechtswahrungsanzeige der Klägerin gegenüber der Beklagten ist 1986 erfolgt. |
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| Bis zum 30.06.2004 hat die Klägerin neben Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz auch die Kosten für eine Haushaltshilfe nach dem BSHG für die Mutter der Beklagten mit 130,52 EUR monatlich gezahlt. Diese Kosten möchte die Klägerin von der Beklagen im Rahmen deren Leistungsfähigkeit erstattet bekommen. |
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| Die zwei Geschwister der Beklagten sind unstreitig leistungsunfähig. |
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| In einem weiteren Verfahren vor dem Familiengericht Heidelberg (33 F 316/02) machte die Klägerin für einen Unterhaltszeitraum vom 01.03. - 31.10.2002 55 EUR monatlich gegen die Beklagte unter Zugrundelegung eines Taschengeldanspruchs der Beklagten gegenüber ihrem Ehemann geltend. Das Verfahren endete mit dem Vergleich vom 17. 01.2003, in dem sich die Beklagte verpflichtete, zur Abgeltung der Unterhaltsansprüche ihrer Mutter bis Ende 2002 275 EUR zu zahlen. |
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| Bis 30.09.2003 befand sich die seit 31.07.1999 verheiratete, kinderlose Beklagte in einer Ausbildung. Sie hatte eine monatliche Ausbildungsvergütung und Unterhaltsgeld. Unstreitig ist ein Einkommen von mindestens 1.000 EUR. Seit 01.10.2003 arbeitet die Beklagte rd. 28 Stunden wöchentlich als Altenpflegerin. Sie verdient 990,17 EUR netto monatlich, dies nach Steuerklasse V. Die Verdienstbescheinigungen für den Zeitraum 10/2003 bis 9/2004 einschließlich liegen vor. |
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| Der Ehemann der Beklagten hatte ab 01.10.2003 ein Einkommen von 2.074,62 EUR. Er nutzt die Steuerklasse III. Die Verdienstabrechnungen für das Jahr 2003 liegen vor. Für die vor dem 01.10.2003 liegende Zeit ist ein Einkommen von 2.013 EUR zugestanden. |
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| Die Klägerin hat vorgetragen: |
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| Mit dem Vergleich im Verfahren 33 F 316/02 seien nur die in jenem Verfahren streitgegenständlichen Ansprüche abgegolten worden. |
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| Nachdem die Rechtswahrungsanzeige bereits am 05.02.1986 versandt worden sei, sei ein Anspruch auf Zahlung rückständigen Unterhalts gegeben. |
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| Bis zum Abschluss der Ausbildung sei die Beklagte aufgrund ihres Taschengeldanspruchs gegenüber ihrem Ehemann in Höhe von 55 EUR leistungsfähig, danach in Höhe von 73 EUR. Bis Januar 2004 einschließlich werde gleichwohl nur ein monatlicher Betrag von 55 EUR verlangt. |
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| Ein vollständiger Verbrauch des Familieneinkommens liege nicht vor. Die von der Beklagten aufgeführten Positionen seien bereits im Selbstbehalt berücksichtigt und würden im Übrigen bestritten. |
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| Die Klägerin hat beantragt: |
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| Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin rückständige Unterhaltsbeträge in Höhe von 1.080 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen. |
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| Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt: |
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| Die Beklagte hat vorgetragen: |
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| Aufgrund des im Verfahren 33 F 316/02 abgeschlossenen Vergleichs stünden der Klägerin keine weitergehenden Ansprüche mehr zu. |
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| Es fehle am Vorliegen der Voraussetzungen des § 1613 BGB, nachdem die Klägerin die Beklagte erstmals mit Schreiben vom 16.02.2004 zur Auskunft über ihr neues Einkommen aufgefordert habe. |
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| Die Beklagte sei aufgrund ihres Einkommen nicht leistungsfähig. Ein Taschengeldanspruch gegen den Ehemann sei aufgrund der geringen Differenz zwischen den beiderseitigen Einkommen nicht gegeben. |
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| Das gesamte Einkommen der Eheleute werde verbraucht (im einzelnen I, 57f). Der nach Deckung der Kosten verbleibende Betrag von 450 EUR pro Person werde für Kleidung, Schuhe und Benzin verbraucht. |
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| Das Familiengericht Heidelberg hat die Klage mit Urteil vom 26.01.2005 abgewiesen. |
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| Zur Begründung hat das Familiengericht ausgeführt, die Beklagte sei nicht leistungsfähig. Ausgehend von dem Familienbedarf der Beklagten und ihres Ehemanns entsprechend Ziffer 21.3.2 der SüdL in Höhe von 2.200 EUR zzgl. der Hälfte des anrechnungsfreien Einkommens (712 : 2), also 2.556 EUR, sei eine weitere Erhöhung des Selbstbehalts im Hinblick auf die konkret vorgetragenen Aufwendungen der Beklagten vorzunehmen. Diese seien unstreitig. Es sei von einem zu berücksichtigenden Verbrauch des Familieneinkommens auszugehen. |
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| Auch ein Taschengeldanspruch komme nicht in Betracht, da der angemessene Selbstbehalt der Beklagten nicht gewahrt sei. |
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| Damit könne dahin gestellt bleiben, ob die Voraussetzungen für eine rückwirkende Geltendmachung des Unterhalts überhaupt vorlägen. |
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| Gegen dieses der Klägerin 04.02.2005 zugestellte Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Vorbringen in vollem Umfang weiter verfolgt. |
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| Die Beklagte sei leistungsfähig. Entgegen dem diesbezüglichen Bestreiten der Klägerin in erster Instanz habe das Familiengericht sämtliche vorgetragenen Aufwendungen der Beklagten berücksichtigt. Zudem habe das Gericht ohne nähere Ausführungen, warum die einzelnen Positionen abzugsfähig seien, diese in Abzug gebracht. Der Selbstbehalt könne unterschritten werden, wenn der Unterhaltspflichtige sein Auskommen im Rahmen des Familienunterhalts finde. Dies ergebe sich aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14. Januar 2004 (XII ZR 69/01, FamRZ 2004, 443). Das Familiengericht sei im Übrigen verpflichtet gewesen zu prüfen, ob ein Taschengeldanspruch bestanden habe. |
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| Eine rückwirkende Geltendmachung der Forderungen sei möglich, nachdem die Mutter der Beklagten seit 1986 ununterbrochen Leistungen durch die Klägerin empfangen habe und die Rechtswahrungsanzeige aus dem Jahr 1986 damit ausreichend sei. |
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| Das Urteil des Amtsgerichts Heidelberg, Familiengericht, vom 26. Januar 2005, Aktenzeichen 33 F 221/04, wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin einen rückständigen Unterhaltsbetrag in Höhe von 1.080 EUR für die Zeit vom 01.01.2003 bis 30.06.2004 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 28.08.2004 zu zahlen. |
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| Zurückweisung der Berufung. |
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| Das Familiengericht habe zutreffend einen Anspruch auf Elternunterhalt abgelehnt. Was die Eheleute für ihren Familienunterhalt benötigten, müsse nach den im Einzelfall maßgeblichen Verhältnissen bestimmt werden. Eine Pauschalierung sei unzulässig. Die behaupteten Aufwendungen seien insgesamt entstanden. Hierfür könne durch Vernehmung des Ehemanns der Beklagten der Beweis erbracht werden. |
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| § 1613 BGB stehe dem Anspruch im Übrigen entgegen. Der Bedarf des Hilfeempfängers müsse unverzüglich nach Kenntnis des Trägers der Sozialhilfe schriftlich mitgeteilt werden. Dies sei vorliegend erstmalig mit Schreiben vom 16. Februar 2004 geschehen. Vor diesem Zeitraum können daher Unterhalt nicht verlangt werden. |
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| Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Die Akten des Familiengerichts Heidelberg 33 F 316/02 waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung. |
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| Die zulässige Berufung ist in vollem Umfang begründet. |
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| Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Unterhalt zumindest in geltend gemachter Höhe aus übergegangenem Recht gemäß §§ 1601ff BGB, 91 BSHG a. F. i.V.m. § 70 BSHG a.F.. |
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| Unstreitig ist die Beklagte ihrer Mutter gegenüber gemäß § 1601 BGB unterhaltspflichtig. Hierüber und über die Höhe des dem Klagebegehren zugrunde gelegten Unterhaltsbedarfs bzw. die Bedürftigkeit der Mutter der Beklagten besteht zwischen den Parteien auch kein Streit. |
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| Die Klägerin kann die Beklagte für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum in Anspruch nehmen. Der Beklagten ist die Rechtswahrungsanzeige mit der Folge des Vorliegens der Voraussetzungen des § 91 Abs. 3 Satz 1 BSHG a.F. im Jahr 1986 übersandt worden. Ihr wurde weiter vor dem streitgegenständlichen Zeitraum erneut mit Schreiben vom 14.03.2002 die Fortdauer der Hilfegewährung und deren Höhe mitgeteilt. Eine Rechtswahrungsanzeige muss weder die Höhe der staatlichen Sozialleistung noch die Höhe der Inanspruchnahme des Pflichtigen enthalten. Allein die Mitteilung des staatlicher Unterstützung des Bedürftigen zerstört bereits das Vertrauen des Schuldners, dass die Dispositionen über seine Lebensführung nicht durch Unterhaltspflichten berührt werden (BGH FamRZ 2003, 860; Wendl/Gerhardt, Unterhaltsrecht, 6. Auflage, § 5, Rdn. 107). |
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| Die Beklagte ist entgegen der Ansicht des Familiengerichts leistungsfähig. |
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| a) Wahrung des angemessenen Selbstbehalts der Beklagten |
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| aa) Höhe des angemessenen Selbstbehalts |
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| Für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Beklagten ist nur deren eigenes Einkommen maßgebend. Ihr Ehemann steht außerhalb des Unterhaltsrechtsverhältnisses zwischen der Beklagten und ihrer Mutter und ist daher nicht verpflichtet, Unterhalt zu leisten (BGH FamRZ 2004, 366, 367). Der Selbstbehalt im Rahmen des Elternunterhalts beträgt gemäß Ziffer 21.3.2 der SüdL, Stand 01.07.2003, im Zeitraum ab 01.07.2003 1.250 EUR. Gleiches gilt gemäß Ziffer 20d der SüdL, Stand 01.01.2002, für den Zeitraum vom 01.01.2003 bis 30.06.2003. Grundsätzlich handelt es sich dabei um den mindestens anzusetzenden Betrag. Gemäß § 1603 Abs. 1 BGB darf die Unterhaltsverpflichtung nicht zur Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts des Pflichtigen führen. Wie dieser angemessene Selbstbehalt festzulegen ist, kann nicht losgelöst von der im Einzelfall vorliegenden Lebensstellung, die dem Einkommen, Vermögen und sozialen Rang des Pflichtigen entspricht, bestimmt werden. Vielmehr ist er aufgrund der konkreten Umstände und unter besonderer Berücksichtigung der besonderen Lebensverhältnisse, die bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt als einem rechtlich vergleichsweise schwach ausgestalteten Anspruch vorliegen, zu ermitteln (BVerfG, Urteil vom 07.06.2005, Az.: 1 BvR 1508/96; BGH FamRZ 2004, 366, 367; 2003, 1179; 2002, 1698, 1700;). Dabei ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn bei der Ermittlung des für den Elternunterhalt einzusetzenden bereinigten Einkommens allein auf einen - etwa hälftigen - Anteil des Betrages abgestellt wird, der den an sich vorgesehenen Mindestselbstbehalt übersteigt (BGH FamRZ 2002, 1698, 1701 mit insoweit zustimmender Anmerkung Klinkhammer, FamRZ 2002, 1702, 1703, aber auch BGH FamRZ 2004, 443, 446; 2004, 795, 798, wonach der verbleibende Differenzbetrag voll für Unterhaltszwecke zur Verfügung steht). Ob ihr Selbstbehalt danach zu erhöhen ist, kann an dieser Stelle dahin stehen. Denn auch der Mindestselbstbehalt wird bezogen auf das eigene Erwerbseinkommen der Beklagten im gesamten Unterhaltszeitraum unterschritten. |
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| bb) Selbstbehaltsdeckender Anspruch auf Familienunterhalt |
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| Dies führt jedoch nicht zu einem Wegfall der Unterhaltsverpflichtung. Denn bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt kann der dem Unterhaltspflichtigen zu belassende angemessene Selbstbehalt insoweit gewahrt sein, als er durch den ihm von seinem Ehegatten zu leistenden Familienunterhalt sein Auskommen findet. Dessen Höhe richtet sich nach dem Verhältnis der beiderseitigen unterhaltsrechtlich relevanten Nettoeinkommen. Soweit das Einkommen eines Ehegatten zur Bestreitung des angemessenen Familienunterhalts nicht benötigt wird, steht es ihm selbst zur Verfügung und kann folglich für Unterhaltszwecke eingesetzt werden, sofern der angemessene Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen insgesamt gewahrt ist. Der nicht unterhaltspflichtige Ehegatte wird in solchen Fällen nicht mittelbar zum Unterhalt herangezogen, denn sein eigener angemessener Familienunterhalt ist gedeckt; die durch Unterhaltsleistungen bedingte Schmälerung des Einkommens seines Ehegatten braucht er nicht zu kompensieren, da auch dessen eigener angemessener Unterhalt gewahrt ist (BGH FamRZ 2004, 443, 445 mit teilweise ablehnender Anmerkung Schürmann; BGH FamRZ 2004, 366; 2004, 370; 2004, 795). |
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| b) Höhe des Familienbedarfs |
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| aa) Familienbedarf nach den unterhaltsrechtlichen Leitlinien |
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| Damit beurteilt sich die Leistungsfähigkeit der Beklagten danach, wie der Familienbedarf zu bemessen ist und in welchem Umfang die Beklagte hieran zu beteiligen ist. Grundsätzlich verbietet sich eine pauschale Festlegung des Familienbedarfs (BGH FamRZ 2004, 443, 446). Ebenso wie bei der Festlegung der Mindestselbstbehaltssätze beurteilt sich der Bedarf nach den im Einzelfall maßgebenden Verhältnissen, insbesondere unter Berücksichtigung der jeweiligen Lebensstellung, des Einkommens, des Vermögens und sozialen Rangs (BGH a.a.O.). Auch bei durchschnittlichen Einkünften kann nicht ohne weiteres von einem Verbrauch des Einkommens ausgegangen werden (BGH a.a.O.; FamRZ 2004, 370). Vielmehr obliegt es dem für seine Leistungsunfähigkeit darlegungs- und beweisbelasteten Unterhaltsschuldner hierzu substantiiert vorzutragen, wenn er einen über die Mindestbeträge hinausgehenden Verbrauch des Einkommens geltend machen will (BGH FamRZ 2004,795, 798; Schürmann a.a.O.; Brudermüller NJW 2004, 633, 637). Kommt er dieser Darlegungspflicht nicht nach, so verbleibt es bei den Mindestbedarfssätzen. Diese sind entsprechend Ziffer 20d der SüdL, Stand 01.01.2002, und Ziffer 22. 3 der SüdL, Stand 01.07.2003, im gesamten Unterhaltszeitraum mit insgesamt 2.200 EUR zu bemessen. Dabei kann hier dahin gestellt bleiben, ob es angemessen ist, für den höher verdienenden Ehegatten der Beklagten nur einen Bedarf von 950 EUR, demgegenüber für die Beklagte einen solchen von 1.250 EUR anzunehmen. Denn auch bei anderer Betrachtungsweise (950 EUR für die Beklagte, 1.250 EUR für den Ehegatten) ergibt sich insgesamt ein Bedarf von 2.200 EUR. Für beide Gatten je einen Betrag von 1.250 EUR zugrunde zulegen ist im Hinblick auf die durch die gemeinsame Haushaltsführung eintretenden Ersparnisse nicht gerechtfertigt. |
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| bb) Höherer Familienbedarf im Einzelfall |
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| Einen höheren Familienbedarf als 2.200 EUR hat die Beklagte nicht ausreichend dargelegt. Auch mit dem letzten Schriftsatz vom 09.06.2005 wurden nur einzelne Zahlungen durch Vorlage der Kontoauszüge belegt. Dies reicht nicht, insbesondere sind die zugrunde liegenden Verträge nicht vorgelegt. Allein die weitere Behauptung jeder Ehegatte benötige für seine eigenen Zwecke (Kleidung, Schuhe und Benzinverbrauch) 450 EUR monatlich ist zu pauschal und damit auch einer Schätzung nach § 287 ZPO bzw. einer Beweiserhebung nicht zugänglich. Hinsichtlich der Position Benzinverbrauch ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass diese zumindest teilweise durch den Abzug berufsbedingter Aufwendungen berücksichtigt wurde. Die gezahlte Bruttomiete von 783,03 EUR übersteigt den im Bedarf enthaltenen Betrag von 770 EUR nur unwesentlich. Weiter ist auch zu berücksichtigen, dass Abzüge, die für Vermögensbildung geltend gemacht werden, unterhaltsrechtlich ohne Belang sind (BGH FamRZ 2004, 795, 798). Nach dem Vortrag der Beklagten kann jedoch nicht beurteilt werden, ob Teile des Einkommens nicht hierfür verwendet werden. Es hat hier daher bei der Bemessung des Familienbedarfs bei den Mindestsätzen zu verbleiben, mithin bei einem Betrag von 2.200 EUR (1.250 EUR zzgl. 950 EUR für den mit der Beklagten zusammen lebenden Ehegatten). |
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| Dieser ergibt sich auch unter Berücksichtigung der Aufstellung der Beklagten, die monatliche Kosten von 2.130 EUR geltend macht. Denn auch dann verbleiben nach ihrer Berechnung 900 EUR für beide Parteien, deren vollständiger Verbrauch für Unterhaltszwecke nicht ausreichend dargelegt ist. |
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| Zugunsten der Beklagten wurden weiter die geltend gemachten Abzüge für die Lebensversicherungen mit insgesamt 203,36 EUR berücksichtigt, nachdem zusätzliche Aufwendungen für Altersvorsorge beim Elternunterhalt in angemessenen Rahmen grundsätzlich berücksichtigungsfähig sind (BGH FamRZ 2003, 1179; 2004, 792, wonach eine zusätzliche Altersversorgung in Höhe von 5 % des Bruttoeinkommens berücksichtigungsfähig ist). Der Familienbedarf beträgt damit 2403 EUR. |
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| c) Höhe der Unterhaltslast der Beklagten am Familienbedarf; Leistungsfähigkeit für den Elternunterhaltsanspruch |
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| Unter Berücksichtigung des Familienbedarfs und des Anteils der Beklagten an der Unterhaltslast ist der eingeklagte Anspruch begründet. |
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| Für die Beteiligung der Beklagten an diesem Familienunterhaltsbedarf ist das Einkommen des Ehemanns maßgeblich. Denn die Beteiligung richtet sich nach dem Verhältnis der beiderseitigen unterhaltsrelevanten Einkommen (BGH FamRZ 2004, 795, 798). |
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| Für die einzelnen Unterhaltszeiträume ergibt sich unter Berücksichtigung des Familienbedarfs mit 2.403 EUR und der beiderseitigen Einkünfte der Beklagten und ihres Ehemanns die nachfolgende Berechnung: |
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| aa) Unterhaltsansprüche Januar bis September 2003 |
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| In diesem Zeitraum befand sich die Beklagte in Ausbildung. Sie bezog ein Unterhaltsgeld des Arbeitsamtes und eine Ausbildungsvergütung. Ihr Einkommen hat die Beklagte selbst mit 1.000 EUR zugestanden, die Auswertung der Urkunden ergibt ein geringfügig darüber liegendes Einkommen. Nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen mit pauschal 5% verbleiben zumindest 950 EUR. Der Selbstbehalt für die Beklagte von 1.250 EUR ist damit unterschritten. |
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| Zugunsten der Beklagten wurde in diesem Unterhaltszeitraum nur vom vorgetragenen Einkommen des Ehemanns von 2.013 EUR ausgegangen. Nach Abzug von 5% für pauschale berufsbedingte Aufwendungen (100,65 EUR) verbleiben 1.912,35 EUR. |
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| Das Familieneinkommen liegt damit bei 2.862,35 EUR. Der Anteil der Beklagten an diesem Einkommen beträgt 33,19 % (950/2862). |
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| Der Familienbedarf ist entsprechend den obigen Ausführungen mit 2.403 EUR zu bemessen. Die Beklagte ist mit ihrem Anteil am Familieneinkommen, also mit 33,19 % zu beteiligen, so dass sie 797,56 EUR zu tragen hat. Von ihrem Einkommen verbleiben ihr 152,44 EUR, so dass sie die geforderten 55 EUR monatlich zahlen kann, ohne dass es auf die Frage, ob und in welcher Höhe ein Taschengeldanspruch besteht, ankommt. Auch kann dahingestellt bleiben, ob sie verpflichtet ist, den gesamten verbleibenden Betrag für Unterhaltszwecke einzusetzen. |
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| bb) Unterhaltsanspruch ab Oktober 2003 |
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| Ab Oktober 2003 hat die Beklagte nach Abschluss ihrer Ausbildung mit einer Wochenarbeitszeit von 28,88 Stunden gearbeitet. Im Zeitraum Oktober 2003 bis September 2004 hat die Beklagte 24.218,86 EUR brutto verdient. Der Jahreszeitraum, der sich aus der Berücksichtigung der Einkünfte ab Abschluss der Ausbildung ergibt, kann vorliegend auch für den Unterhaltszeitraum 2004 zu Grunde gelegt werden, da keine Einkommensschwankungen ab diesem Zeitraum ersichtlich sind. |
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| Die Beklagte hat im streitgegenständlichen Zeitraum die Steuerklasse V genutzt, ihr Ehemann die Steuerklasse III. Dies ist seitens der Unterhaltsberechtigten nicht hinzunehmen. Hat ein seinem Elternteil Unterhaltspflichtiger im Verhältnis zu seinem Ehegatten die ungünstigere Steuerklasse gewählt, ist diese Verschiebung der Steuerbelastung durch einen tatrichterlich zu schätzenden Abschlag zu korrigieren (BGH FamRZ 2004, 443). Vorliegend ergibt sich damit unter Berücksichtigung der Besteuerung nach Lohnsteuerklasse IV ein Einkommen der Beklagten in Höhe von 1.280,28 EUR gemäß nachfolgender Berechnung: |
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| Abzusetzen sind die pauschalen berufsbedingten Aufwendungen mit unstreitig 5%, also 64,01 EUR, so dass ein Einkommen von 1.216,27 EUR verbleibt. |
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| Im Jahr 2003 hatte der Ehemann der Beklagten ein Bruttojahreseinkommen entsprechend der Abrechnung für Dezember 2003 in Höhe von 40.065,97 EUR. Es ergibt sich daher unter Berücksichtigung der Lohnsteuerklasse IV folgendes Nettoeinkommen: |
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| 5 % für pauschale berufsbedingte Aufwendungen sind unstreitig abzusetzen, also 92,46 EUR, so dass 1.756, 69 EUR verbleiben. |
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| Für die Familie stehen damit 2.972 EUR zur Verfügung. |
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| Der seitens der Beklagten zu leistende Anteil am Familieneinkommen beträgt 40,91 % (1216/2972), also 983,06 EUR. |
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| Damit verbleiben ihr von ihrem Einkommen gerundet 233 EUR (1216 - 933). Ob sie diesen verbleibenden Betrag voll einsetzen muss oder nur zur Hälfte, kann erneut dahingestellt bleiben. Denn auch der bei nur hälftigem Einsatz zu zahlende Betrag liegt über der Forderung der Klägerin. |
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| Die Zahlung des Unterhalts in geforderter Höhe durch die Beklagte entspricht der Billigkeit. Dabei fällt ins Gewicht, dass die Beklagte seit 1986 von der Inanspruchnahme von Sozialleistungen durch ihre Mutter wusste, dieser Umstand also auch bei Eingehung der Ehe im Jahr 1999 bekannt war („latente Unterhaltslast“, vgl. zur Berücksichtigung als Verbindlichkeit BGH FamRZ 2004, 186, 188). |
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| Die Revision wird nicht zugelassen. |
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