Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 06. März 2006 - 12 W 18/06

published on 06/03/2006 00:00
Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 06. März 2006 - 12 W 18/06
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Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des LG Mannheim vom 20.9.2005 - 8 O 146/05 - wie folgt abgeändert:

Der Streitwert wird auf 40.800 EUR festgesetzt (Klagantrag Ziff. 1: 16.200 EUR, Klagantrag Ziff. 2: 14.600 EUR, Vergleichsmehrwert: 10.000 EUR).

Gründe

 
Der Kläger hat bei Klageerhebung zunächst rückständiges Krankentagegeld für die Zeit vom 8.2.2005 bis zum 27.4.2005 verlangt und im Übrigen beantragt, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, über den 27.4.2005 hinaus bis zur Beendigung der Arbeitsunfähigkeit des Klägers Krankentagegeld zu bezahlen. Während des Rechtsstreits hat der Kläger seinen Anspruch sukzessive für die Zeit bis zum 19.7.2005 beziffert und die Leistungsklage auf insgesamt 16.200 EUR erweitert; den Feststellungsantrag hat der Kläger entsprechend angepasst. Erfolgt während des Rechtsstreits ein Übergang von der Feststellungsklage zur Leistungsklage sind die bis dahin fällig gewordenen Beträge jeweils zu addieren (Schwerdtfeger in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl. 2000, § 9 Rz. 11). Der Streitwert war danach auf 16.200 EUR festzusetzen.
Für die Streitwertberechnung bleiben dagegen die geltend gemachten Kosten für die außergerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts (301,85 EUR) außer Acht. Soweit die dem späteren Prozessbevollmächtigten entstandene Geschäftsgebühr (RVG-VV 2400) nicht auf die Verfahrensgebühr (RVG-VV 3100) angerechnet wird, handelt es sich um Kosten als Nebenforderung, die den Streitwert nicht erhöhen (Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 14 Rz. 14).
Der Streitwert des Feststellungsantrags war gem. § 3 ZPO auf 14.600 EUR festzusetzen, was unter Berücksichtigung eines Feststellungsabschlags von 20 % einem Bezug des Krankentagegeldes für die Dauer eines halben Jahres entspricht. Entgegen der Auffassung des LG war nicht in entsprechender Anwendung von §§ 3, 9 ZPO das Dreieinhalbfache des Jahresbezugs zugrunde zu legen. Nach der Rechtsprechung des BGH ist der Streitwert, wenn es um die Feststellung des Fortbestands einer Krankentagegeldversicherung geht, in entsprechender Anwendung von §§ 3, 9 ZPO anhand der vereinbarten Versicherungsprämie zu schätzen. Da es sich bei dieser Prämie um eine wiederkehrende Leistung handelt, ist bei der Schätzung die zeitbezogene Bewertungsvorgabe zu beachten, die der Gesetzgeber gem. § 9 ZPO mit dreieinhalb Jahren gemacht hat (BGH RuS 1996, 332). Im vorliegenden Fall hat der Kläger jedoch nicht beantragt, den Fortbestand des Vertrages auf unbestimmte Zeit festzustellen; Gegenstand der Feststellungsklage war vielmehr die Verpflichtung der Beklagten, Leistungen aus diesem Vertrag für die Dauer seiner Arbeitsunfähigkeit zu erbringen. Auf Fälle dieser Art ist § 9 ZPO nicht entsprechend anwendbar. Die Vorschrift setzt bei unmittelbarer Anwendung voraus, dass das geltend gemachte Recht seiner Natur nach erfahrungsgemäß eine Dauer von wenigstens dreieinhalb Jahren hat oder jedenfalls mit Rücksicht auf den Grad der Unbestimmtheit des Zeitpunkts, zu dem das den Wegfall des Rechts begründende Ereignis eintritt, eine solche Dauer haben kann. Für Rechte von typischerweise wesentlich kürzerer Laufzeit wäre der gesetzlich vorgegebene Wert, der dreieinhalbfache Jahresbezug, unangemessen hoch (Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 9 Rz. 1; Schwerdtfeger in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl. 2000, § 9 Rz. 4). Während ein Versicherungsvertrag regelmäßig auf unbestimmte Zeit geschlossen wird und deshalb - wenn sein Fortbestand festgestellt werden soll - die entsprechende Anwendung der Bewertungsvorgaben des § 9 ZPO gerechtfertigt ist, liegt die regelmäßige Bezugsdauer von Krankentagegeld deutlich unter dreieinhalb Jahren, mag eine solcher Zeitraum in Einzelfällen auch nicht ausgeschlossen sein. Bei der gebotenen typisierenden Betrachtung erscheint dem Senat die Ermittlung des Streitwerts unter Zugrundelegung einer halbjährigen Bezugsdauer angemessen. Anhaltspunkte dafür, dass im konkreten Fall diese Bezugsdauer nicht ausreichend gewesen wäre, liegen nicht vor.
Soweit das LG den Vergleichsmehrwert hinsichtlich der einvernehmlichen Aufhebung des Versicherungsvertrages gem. § 3 ZPO auf 10.000 EUR festgesetzt hat, ist dies nicht zu beanstanden.
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
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(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
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(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
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published on 08/11/2018 00:00

Tenor 1. Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts Rostock vom 12.07.2018, Az. 10 O 628/17 (1), in der Fassung des Beschlusses vom 08.08.2018 wird zurückgewiesen. 2. Einer Kostenentscheidung bed
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Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.