Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 12. Okt. 2005 - 1 W 60/05

bei uns veröffentlicht am12.10.2005

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der Rechtspflegerin der 7. Zivilkammer des Landgerichts Heidelberg vom 25. April 2005 - 7 O 59/03 - wird zurückgewiesen.

Gründe

 
I.
Der Beklagten ist durch Beschluss der Einzelrichterin vom 24.07.2003 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung gewährt worden. Die Entscheidung erging auf Antrag der Beklagten auf der Grundlage ihrer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 20.05.2003.
Im November 2004 überprüfte die Rechtspflegerin, ob eine wesentliche Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten eingetreten sei, und forderte sie zur Vorlage einer erneuten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf. Daraufhin meldete sich zunächst eine Nachbarin der Beklagten, teilte mit, dass diese sich in Südafrika befinde, und bat in deren Namen um eine Fristverlängerung.
Am 8. Februar 2005 wandte sich die Rechtspflegerin mit folgendem Schreiben an die Beklagte:
„Die Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse habe ich gestern erhalten. Leider ist sie unvollständig. Unter Punkt D haben Sie vergessen, Ihren Ehegatten als Angehörigen anzugeben. Da ich davon ausgehe, dass ihr Ehegatte über eigene Einnahmen verfügt, sind Belege über die Höhe der Einnahmen beizufügen (z. B. Gehaltsabrechnung). Des Weiteren benötige ich einen aktuellen Beleg über das Ihnen gezahlte Wohngeld. Der zuletzt eingereichte Beleg gilt nur bis 30.09.2003. Als letztes benötige ich noch einen Beleg über das gezahlte Erziehungsgeld. Da ich Ihrem Schreiben entnehme, dass Sie sich noch immer in Südafrika befinden, gewähre ich Ihnen eine Frist bis 15.03.2005. Bitte reichen Sie die fehlenden Belege bis dahin ein.“
Mit Verfügung vom 21.03.2005 erinnerte die Rechtspflegerin die Beklagte an die Erledigung der Anfrage und wies darauf hin, dass im Falle der Nichterledigung das Gericht die Prozesskostenhilfebewilligung aufheben könne.
Mit Beschluss vom 25.04.2005 - auf dessen Gründe wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird - hat das Landgericht den Beschluss vom 24.07.2003, mit dem der Beklagten Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsverpflichtung bewilligt worden war, aufgehoben.
Gegen den am 26.04.2005 zugestellten Beschluss hat ihr Prozessbevollmächtigter sofortige Beschwerde eingelegt und darum gebeten, der Beklagten zu Überreichung der notwendigen Unterlagen eine Frist bis 20. August 2005 zu setzen. Das Landgericht hat daraufhin mit Verfügungen vom 13.05., 04.07., 01.08. und 10.08.2005 jeweils Fristen zur Vorlage der geforderten Unterlagen gewährt bzw. verlängert. Mit Beschluss vom 04.10. 2005 hat es der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
10 
Nach § 124 Nr. 2, 2. Alternative ZPO kann das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wieder aufheben, wenn die Partei der Aufforderung, eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO abzugeben, nicht nachkommt. Diese Voraussetzung ist gegeben.
11 
Zwar ist nach herrschender Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum (vgl. OLG Zweibrücken JurBüro 1995, 310 m.w.N.; Zöller/Philippi, ZPO 25. Aufl. § 120 Rdnr. 28 m.w.N.), die der Senat teilt, eine Partei nicht verpflichtet, den ausschließlich für die Beantragung von Prozesskostenhilfe eingeführten Vordruck für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Rahmen der Überprüfung nach § 120 Abs. 4 ZPO in jedem Falle nochmals auszufüllen und alle Belege, auch soweit keine Änderung erfolgt ist, erneut beizufügen. Die Erklärungspflicht bezieht sich nur darauf, ob eine Veränderung eingetreten ist und wenn ja, welche. Es ist zweckmäßig, die Partei aufzufordern, ihre frühere Erklärung über die für die Gewährung von Prozesskostenhilfe maßgeblichen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse durchzusehen und mitzuteilen, in welchen Positionen inzwischen eine Änderung eingetreten ist oder - nur - dann eine neue Erklärung vorzulegen, wenn sie ihre frühere nicht mehr besitzt (vgl. Zöller a.a.O.). Die Anfrage der Rechtspflegerin vom 19.11.2004, die die unbedingte Anforderung einer vollständigen erneuten Erklärung auf dem Vordruck nebst Nachweisen beinhaltete, wurde diesen Grundsätzen nicht gerecht und sollte daher in dieser Form zukünftig nicht mehr gestellt werden.
12 
Die Entscheidung der Rechtspflegerin erweist sich indessen deshalb als zutreffend, weil die Beklagte in der von ihr im Überprüfungsverfahren vorgelegten neuen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Aufforderung nicht nachgekommen ist, bestimmte Angaben - hinsichtlich ihres Ehegatten und dessen Einnahmen, hinsichtlich des Wohngeldes und des Erziehungsgeldes - zu machen. Die Beklagte hat durch ihren Rechtsanwalt auch in Aussicht gestellt, die geforderten fehlenden Erklärungen abzugeben. Indessen ist trotz mehrfacher großzügiger Fristverlängerung eine Abgabe der erforderlichen Erklärungen und die Vorlage entsprechender Nachweise nicht erfolgt. Da das Gericht berechtigt ist, der Partei aufzugeben, die im Rahmen der Auskunftspflicht gemachten Angaben zu vervollständigen, zu belegen oder sonst glaubhaft zu machen, um eine genügende und sichere Grundlage für die erneute Entscheidung über die gewährte Prozesskostenhilfe zu erhalten, kann eine für die Entscheidung nach § 120 Abs. 4 ZPO wesentliche Änderung (vgl. zu dieser zwingenden Voraussetzung Senat, Beschluss v. 29.01.2003 - 1 W 4/03 - (7 O 50/99 LG Heidelberg) -, m.w.N.) nicht nur nicht ausgeschlossen sondern angenommen werden, wenn die angeforderten Erklärungen und Belege ausbleiben. Dies rechtfertigt es dann, nach § 124 Nr. 2, 2. Alternative ZPO zu verfahren (vgl. dazu auch OLG Zweibrücken a.a.O.; Zöller a.a.O.), wenn - wie vorliegend geschehen - die Partei auf diese mögliche Folge zuvor hingewiesen worden war.
13 
Gerichtskosten für die erfolglose sofortige Beschwerde setzt die Kostenbeamtin an. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet, § 127 Abs. 3 ZPO.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 12. Okt. 2005 - 1 W 60/05

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 12. Okt. 2005 - 1 W 60/05

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 127 Entscheidungen


(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 120 Festsetzung von Zahlungen


(1) Mit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe setzt das Gericht zu zahlende Monatsraten und aus dem Vermögen zu zahlende Beträge fest. Setzt das Gericht nach § 115 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 mit Rücksicht auf besondere Belastungen von dem Einkommen Be
Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 12. Okt. 2005 - 1 W 60/05 zitiert 3 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 127 Entscheidungen


(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 120 Festsetzung von Zahlungen


(1) Mit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe setzt das Gericht zu zahlende Monatsraten und aus dem Vermögen zu zahlende Beträge fest. Setzt das Gericht nach § 115 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 mit Rücksicht auf besondere Belastungen von dem Einkommen Be

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 08. Feb. 2011 - L 13 AS 2819/10 B

bei uns veröffentlicht am 08.02.2011

Tenor Auf die Beschwerde der Kläger wird der Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 3. März 2010 aufgehoben.Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgele

Referenzen

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Mit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe setzt das Gericht zu zahlende Monatsraten und aus dem Vermögen zu zahlende Beträge fest. Setzt das Gericht nach § 115 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 mit Rücksicht auf besondere Belastungen von dem Einkommen Beträge ab und ist anzunehmen, dass die Belastungen bis zum Ablauf von vier Jahren ganz oder teilweise entfallen werden, so setzt das Gericht zugleich diejenigen Zahlungen fest, die sich ergeben, wenn die Belastungen nicht oder nur in verringertem Umfang berücksichtigt werden, und bestimmt den Zeitpunkt, von dem an sie zu erbringen sind.

(2) Die Zahlungen sind an die Landeskasse zu leisten, im Verfahren vor dem Bundesgerichtshof an die Bundeskasse, wenn Prozesskostenhilfe in einem vorherigen Rechtszug nicht bewilligt worden ist.

(3) Das Gericht soll die vorläufige Einstellung der Zahlungen bestimmen,

1.
wenn die Zahlungen der Partei die voraussichtlich entstehenden Kosten decken;
2.
wenn die Partei, ein ihr beigeordneter Rechtsanwalt oder die Bundes- oder Landeskasse die Kosten gegen einen anderen am Verfahren Beteiligten geltend machen kann.

(4) (weggefallen)

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.