Oberlandesgericht Köln Beschluss, 13. Feb. 2024 - 2 Ws 767/23

erstmalig veröffentlicht: 18.07.2024, letzte Fassung: 18.07.2024

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Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Gericht

Oberlandesgericht Köln

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Wirtschaftsrecht / Existenzgründung / Insolvenzrecht / Gesellschaftsrecht / Strafrecht
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Amtliche Leitsätze

Das Gericht ist nach § 423 Abs. 1 S. 2 StPO lediglich an die Entscheidung in der Hauptsache und die tatsächlichen Feststellungen, auf denen diese beruht, gebunden. Dies bedeutet, dass eine Bindung nur für diejenigen Urteilsfeststellungen besteht, die für die Hauptsacheentscheidung tragend waren. Hierzu können grundsätzlich auch solche Feststellungen gehören, denen für die Beweiswürdigung tragende Bedeutung zugekommen ist. Ist die Beruhensfrage indes zu verneinen, weil im Hauptsacheverfahren eine für das Urteil unmaßgebliche Tatsache festgestellt worden ist, tritt eine Bindung nicht ein, so dass die Feststellungen im Einziehungsverfahren wiederholt werden müssen.

Oberlandesgericht Köln

Beschluss vom 13. Feb. 2024 - 2 Ws 767/23

 

 

Tenor

Der Beschluss der 22. großen Strafkammer des Landgerichts Köln vom 09.10.2023 wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an die 22. große Strafkammer des Landgerichts Köln zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Die 22. große Strafkammer des Landgerichts Köln hat den Verurteilten am 07.10.2021 (Az. 322 KLs 4/21) wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen und vorsätzlichen Besitzes einer Schusswaffe in zwei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit vorsätzlichem Besitz eines Schießstiftes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. Das Urteil ist insoweit seit dem 21.01.2022 rechtskräftig.

Mit Beschluss vom 28.09.2021 war das Verfahren über die Einziehung nach § 422 StPO abgetrennt worden. Eine solche ist dementsprechend in dem Urteil nicht angeordnet worden. Dieses enthält allerdings die Feststellungen, dass im Rahmen von Durchsuchungsmaßnahmen am 09.06.2020 auf einem Parkplatz in N. ein näher bezeichneter PKW Mercedes mit 10.000 € Bargeld in der Mittelkonsole sichergestellt worden sei. Ferner seien in zwei Garagen ein näher bezeichnetes Motorrad sowie ein PKW Audi sichergestellt worden. Hierzu hat die Strafkammer in ihrem Urteil festgestellt:

"Alle drei Fahrzeuge sowie das Bargeld hatte der Angeklagte E. aus Erlösen aus den vorliegenden oder anderen Betäubungsmittel- oder sonstigen Straftaten angeschafft."

In der Beweiswürdigung des Urteils hat die Strafkammer näher begründet, warum sie davon ausgeht, dass diese Gegenstände dem Verurteilten "zuzuordnen" seien. Außerdem hat sie im Rahmen der Darlegung ihrer Überzeugung, dass der Verurteilte auch wirtschaftlich maßgeblich von dem verfahrensgegenständlichen Betäubungsmittelhandel profitierte, ausgeführt, es sei "als bemerkenswert festzuhalten", dass in der Mittelkonsole seines Autos am 09.06.2020 Bargeld in Höhe von 10.000 € gefunden wurde. Dies belege, dass der Angeklagte mit größeren Geldsummen "hantiere" und keine Bedenken gehabt habe, eine derart hohe Geldsumme in seinem Fahrzeug liegen zu lassen. Dies lasse darauf schließen, dass er davon ausging, dass sich "aufgrund seiner Reputation niemand trauen würde, das Geld aus seinem Auto zu entwenden." Zudem gebe es keinerlei Hinweise auf legale Einkünfte des Verurteilten, die einen derart hohen Geldbetrag erklären würden. Dies gelte auch für die beiden PKW und das Motorrad. Die Einlassung des Verurteilten, er habe sich die 10.000 € zur Begleichung von Schulden bei Familienmitgliedern geliehen, sei nicht glaubhaft, da es in diesem Fall nicht nahegelegen hätte, das Geld im Auto zu deponieren.

Jenseits dieser Ausführungen sind die am 09.06.2020 sichergestellten Gegenstände in den Urteilsgründen nicht weiter erwähnt worden.

Mit Schreiben vom 29.08.2023 hat die Staatsanwaltschaft Köln bei der Strafkammer angefragt, wann "mit einer Entscheidung bzgl. der Anordnung des Wertersatzes zu rechnen" sei. In ihrer dem Urteil zu Grunde liegenden Anklageschrift vom 23.12.2020 hatte sie unter Nennung der §§ 73c, 74 StGB ausgeführt, dass hinsichtlich des Verurteilten ein Betrag in Höhe von 56.250,00 € der Wertersatzeinziehung unterliege. Außerdem hatte sie darin zahlreiche Gegenstände als der Einziehung unterliegend aufgelistet. Hierunter befand sich indes keiner der genannten am 09.06.2020 sichergestellten Gegenstände.

Mit Schreiben vom 11.09.2023 hat die Strafkammer der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft mitgeteilt, dass sie beabsichtige, "im abgetrennten Verfahren nach § 423 StPO nach §§ 73ff. StGB über die Einziehung bzw. erweiterte Einziehung von Taterträgen zu entscheiden". Hierzu hat sie Gelegenheit zu Stellungnahme eingeräumt, die nicht wahrgenommen worden ist.

Daraufhin hat die Strafkammer mit Beschluss vom 09.10.2023 die Einziehung der am 09.06.2020 sichergestellten und in dem Beschluss näher beschriebenen Gegenstände - namentlich des Mercedes, des Bargelds in Höhe von 10.000 €, des Motorrads und des Audis - angeordnet. Die Entscheidung hat sie auf § 73a Abs. 1 StGB gestützt. Dabei hat sie sich nach § 423 Abs. 1 S. 2 StPO an die oben wiedergegebenen, diese Gegenstände betreffenden Feststellungen aus ihrem Urteil gebunden gesehen. Eine eigenstände Würdigung hat die Strafkammer in ihrem Beschluss lediglich für die von ihr darin getroffenen Feststellungen vorgenommen, dass der Verurteilte die alleinige Verfügungsgewalt über die eingezogenen Gegenstände gehabt habe und er "wirtschaftlich Berechtigter" beziehungsweise "wirtschaftlicher Eigentümer" der drei Fahrzeuge gewesen sei.

Mit einem am 13.10.2023 bei dem Landgericht eingegangenen anwaltlichen Schriftsatz hat der Verurteilte gegen diesen Beschluss "Beschwerde" eingelegt und diese nachfolgend begründet. Er beanstandet, dass lediglich "pauschal vermutet" werde, dass die Einziehungsgegenstände mit Erlösen aus Betäubungsmittel- oder sonstigen Straftaten angeschafft wurden. Eine Bindungswirkung der Feststellungen aus dem Urteil bestehe insoweit nicht. Die 10.000 € habe der Verurteilte als Darlehen erhalten. Eigentümerin des Mercedes sei seine Mutter. Das Motorrad sei von ihm gemeinsam mit zwei weiteren Personen angeschafft worden.

Mit Vorlageverfügung vom 29.11.2023 hat die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, das Rechtsmittel als unbegründet zu verwerfen. Der Verurteilte hat hierauf mit Verteidigerschriftsatz vom 05.01.2024 erwidert.

II.

Das als sofortige Beschwerde auszulegende und als solches nach § 423 Abs. 3 S. 2 StPO statthafte Rechtsmittel ist zulässig, insbesondere fristgerecht (§ 311 Abs. 2 StPO) eingelegt worden. Es hat auch in der Sache vorläufigen Erfolg.

Denn die angefochtene Einziehungsentscheidung der Strafkammer kann keinen Bestand haben.

1.

Die Strafkammer hat auf der Grundlage der von ihr als bindend zugrunde gelegten Urteilsfeststellungen die Einziehung der Gegenstände auf § 73a Abs. 1 StGB (erweiterte Einziehung von Taterträgen) gestützt. Nach diesen Urteilsfeststellungen wurden indes weder die drei Fahrzeuge noch das Bargeld unmittelbar aus Straftaten erlangt. Vielmehr sollen sie aus Erlösen aus den urteilsgegenständlichen oder anderen Taten angeschafft worden sein. Bei den eingezogenen Gegenständen handelt es sich danach um Surrogate von Taterträgen, wobei das Herrühren der Taterträge gerade aus den urteilsgegenständlichen Taten nicht festgestellt worden ist. Die mit Blick auf Letzteres von der Strafkammer im Ausgangspunkt konsequenterweise angewandte Vorschrift des § 73a Abs. 1 StGB bietet jedoch keine Rechtsgrundlage für die erweiterte Einziehung von Surrogaten (BGH, Beschl. v. 17.04.2019, 5 StR 603/18, NStZ 2020, 661; BGH, Beschl. v. 30.06.2022, 1 StR 156/22). Insoweit käme allein die erweiterte Einziehung des Wertes von Taterträgen nach §§ 73a, 73c StGB in Betracht (BGH, Beschl. v. 21.09.2021, 3 StR 158/21, wistra 2022, 83). Hierauf kann die von der Strafkammer getroffene Entscheidung jedoch nicht gestützt werden, da § 73c StGB eine Geldforderung des Staates begründet, aber nicht den - von der Strafkammer demgegenüber angeordneten - Zugriff auf bestimmte Vermögensgegenstände erlaubt (vgl. BGH, Beschl. v. 30.06.2022, a.a.O.).

2.

Der Beschluss der Strafkammer war vor diesem Hintergrund aufzuheben und die Sache zur erneuten Durchführung des Verfahrens nach § 423 StPO an das Landgericht zurückzuverweisen. Dem steht nicht entgegen, dass nach § 309 Abs. 2 StPO das Beschwerdegericht bei Begründetheit des Rechtsmittels grundsätzlich selbst die in der Sache erforderliche Entscheidung zu treffen hat. Denn es sind Ausnahmen von dieser Regel namentlich für solche Fälle anerkannt, in denen die Entscheidung des Erstgerichts an erheblichen Verfahrensfehlern leidet (vgl. Matt in LR-StPO, 26. Aufl. 2014, § 309 Rn. 13ff.; Cirener, BeckOK StPO, 50. Edition 01.01.2024, § 309 Rn. 17a). So liegt es hier. Denn die Strafkammer hat es in Verkennung der verfahrensrechtlichen Anforderungen unterlassen, für die Einziehungsentscheidung relevante Feststellungen im Verfahren nach § 423 StPO eigenständig zu treffen, obwohl sie hierzu gehalten gewesen wäre.

Die Strafkammer durfte die in ihrem Urteil getroffene Feststellung, wonach sämtliche von ihr in dem angefochtenen Beschluss eingezogenen Gegenstände aus Erlösen aus den urteilsgegenständlichen oder anderen Straftaten angeschafft wurden, ihrer Entscheidung im Nachverfahren nicht als bindend zugrunde legen. Denn § 423 Abs. 1 S. 2 StPO bestimmt, dass das Gericht lediglich an die Entscheidung in der Hauptsache und die tatsächlichen Feststellungen, auf denen diese beruht, gebunden ist. Dies bedeutet, dass eine Bindung nur für diejenigen Urteilsfeststellungen besteht, die für die Hauptsacheentscheidung tragend waren. Ist die Beruhensfrage indes zu verneinen, weil im Hauptsacheverfahren eine für das Urteil unmaßgebliche Tatsache festgestellt worden ist, tritt eine Bindung nicht ein, so dass die Feststellungen im Einziehungsverfahren wiederholt werden müssen (so zutreffend Heine in SSW-StPO, 5. Aufl. 2023, § 423 Rn. 4; Metzger in KMR-StPO, 117. EL November 2022, § 423 Rn. 4).

Auf den von der Strafkammer in ihrem angefochtenen Beschluss als bindend zugrunde gelegten Feststellungen zum Herrühren der von ihr eingezogenen Gegenstände beruht ihr Urteil indes nicht. Weder für den Schuldspruch noch für die ausgeurteilte Rechtsfolge ist ein solches Beruhen zu konstatieren. Soweit die Strafkammer in ihrem Urteil im Zusammenhang mit der Darlegung ihrer Überzeugung, dass der Verurteilte wirtschaftlich maßgeblich von dem urteilsgegenständlichen Betäubungsmittelhandel profitierte, auch das aufgefundene Bargeld sowie die drei Fahrzeuge anspricht, kann den getroffenen Feststellungen zum Herrühren dieser Gegenstände insoweit jedenfalls keine tragende Bedeutung im Rahmen der Beweiswürdigung zugekommen sein. Insbesondere für das in engem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit den abgeurteilten Straftaten aufgefundene Bargeld wäre eine maßgebliche Bedeutung für die Beweiswürdigung zur Frage der wirtschaftlichen Eigennützigkeit des Verhaltens des Verurteilten aus Sicht des Senats zwar in Betracht gekommen und möglicherweise sogar naheliegend gewesen, was eine Teilhabe an der Bindungswirkung eröffnet hätte. Die Strafkammer hat in den Urteilsgründen jedoch festgestellt, dass die Gegenstände - unter ausdrücklichem Einschluss des Bargeldes - auch aus Erlösen aus sonstigen, gegebenenfalls sogar Nichtbetäubungsmittelstraftaten angeschafft worden sein können. Dies aber lässt tragende Rückschlüsse auf eine wirtschaftliche Beteiligung gerade an den urteilsgegenständlichen Taten erkennbar nicht zu.

Das Nichtberuhen des Urteils der Strafkammer auf den hier in Rede stehenden Feststellungen zum Herrühren der von ihr eingezogenen Gegenstände führt in prozessualer Hinsicht dazu, dass dem Verurteilten keine Möglichkeit offenstand, diese Feststellungen erfolgversprechend anzugreifen. Im Falle einer durchgeführten Revision hätten auf diese Feststellungen bezogene Verfahrens- oder sachlichrechtliche Fehler mangels Beruhens des Urteils auf diesen nicht zu einer Aufhebung geführt. Nur in dem Fall, in dem die Strafkammer bereits im Urteil eine Einziehungsentscheidung getroffen hätte, hätte der Verurteilte diejenigen Feststellungen, auf die diese Entscheidung gestützt worden wäre, mit der Revision zu Fall bringen können. Eine Rechtsschutzverkürzung dergestalt, dass im Hauptsacheverfahren nach Abtrennung der Einziehungsentscheidung für das Urteil nicht tragende - und damit mit der Revision nicht erfolgversprechend angreifbare - Feststellungen getroffen werden, die dann im Nachverfahren als bindend zu Grunde gelegt werden, gestattet § 423 Abs. 1 S. 2 StPO nicht.

Die Strafkammer wäre somit gehalten gewesen, die für die Einziehungsentscheidung relevanten Feststellungen, insbesondere zum Herrühren der in Rede stehenden Gegenstände, eigenständig im Verfahren nach § 423 StPO zu treffen. Eine eigene Sachentscheidung des Senats liefe darauf hinaus, dieses Verfahren erstmals in prozessordnungsgemäßem Umfang - für eine gegebenenfalls zu treffende Entscheidung nach § 73c StGB (s.o. 1.) auch zu den Werten der Fahrzeuge - durchzuführen. Das aber wäre mit Blick auch auf einen damit einhergehenden Instanzverlust für den Verurteilten sowie die größere Sachnähe des Landgerichts mit der Rolle des Senats als Beschwerdegericht auch eingedenk des § 309 Abs. 2 StPO nicht zu vereinbaren. Deshalb war die Sache zurückzuverweisen.

3.

Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:

Zwar ist § 73a StGB auch dann anwendbar, wenn unaufklärbar bleibt, ob ein Gegenstand aus der Anknüpfungstat oder aus anderen Taten stammt (BGH, Beschl. v. 21.09.2021, 3 StR 158/21, wistra 2022, 83). Eine erweiterte Einziehung von Taterträgen kommt aber erst dann in Betracht, wenn nach Ausschöpfung aller zulässigen Beweismittel eine sichere Zuordnung zu den abgeurteilten Taten und damit die Annahme der Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 StGB ausgeschlossen werden kann (BGH, Beschl. v. 19.08.2020, 3 StR 219/20; BGH, Beschl. v. 11.04.2022, 2 StR 64/22). Ließe sich demgegenüber bei weiterer Sachverhaltsaufklärung feststellen, dass die in Rede stehenden Gegenstände mit Erlösen gerade aus den abgeurteilten Straftaten erworben wurden, käme nach § 73 Abs. 3 StGB grundsätzlich auch die Einziehung von Surrogaten in Betracht.

Für die Anwendung des § 73a StGB ist außerdem zu beachten, dass die Anordnung der erweiterten Einziehung für solche Gegenstände ausgeschlossen ist, die der Angeklagte aus nicht verfahrensgegenständlichen, aber konkretisierbaren Straftaten erlangt hat. Denn solche Taten können und müssen zum Gegenstand eines gesonderten Strafverfahrens gemacht werden (BGH, Beschl. v. 16.07.2019, 2 StR 268/19, NStZ 2020, 213; BGH, Beschl. v. 21.09.2021, a.a.O.; BGH, Beschl. v. 11.04.2022, a.a.O.).

Schließlich wird die Strafkammer, sofern sie an einer Entscheidung im Beschlussweg festhalten sollte, mit Blick auf den Umfang der für die Einziehungsentscheidung noch erforderlichen Sachverhaltsaufklärung sowie das Bestreiten der deliktischen Herkunft der in Rede stehenden Gegenstände durch den Verurteilten nachvollziehbar darzulegen haben, dass die Wahl dieser Verfahrensart gegenüber einer Entscheidung durch Urteil nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor allem mit Blick auf die Wahrung der Rechtsstellung des Verurteilten pflichtgemäßem Ermessen entspricht (vgl. hierzu SenE v. 02.09.2019, 2 Ws 394/19).

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Köln Beschluss, 13. Feb. 2024 - 2 Ws 767/23

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Tenor

Der Beschluss der 22. großen Strafkammer des Landgerichts Köln vom 09.10.2023 wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an die 22. große Strafkammer des Landgerichts Köln zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Die 22. große Strafkammer des Landgerichts Köln hat den Verurteilten am 07.10.2021 (Az. 322 KLs 4/21) wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen und vorsätzlichen Besitzes einer Schusswaffe in zwei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit vorsätzlichem Besitz eines Schießstiftes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. Das Urteil ist insoweit seit dem 21.01.2022 rechtskräftig.

Mit Beschluss vom 28.09.2021 war das Verfahren über die Einziehung nach § 422 StPO abgetrennt worden. Eine solche ist dementsprechend in dem Urteil nicht angeordnet worden. Dieses enthält allerdings die Feststellungen, dass im Rahmen von Durchsuchungsmaßnahmen am 09.06.2020 auf einem Parkplatz in N. ein näher bezeichneter PKW Mercedes mit 10.000 € Bargeld in der Mittelkonsole sichergestellt worden sei. Ferner seien in zwei Garagen ein näher bezeichnetes Motorrad sowie ein PKW Audi sichergestellt worden. Hierzu hat die Strafkammer in ihrem Urteil festgestellt:

"Alle drei Fahrzeuge sowie das Bargeld hatte der Angeklagte E. aus Erlösen aus den vorliegenden oder anderen Betäubungsmittel- oder sonstigen Straftaten angeschafft."

In der Beweiswürdigung des Urteils hat die Strafkammer näher begründet, warum sie davon ausgeht, dass diese Gegenstände dem Verurteilten "zuzuordnen" seien. Außerdem hat sie im Rahmen der Darlegung ihrer Überzeugung, dass der Verurteilte auch wirtschaftlich maßgeblich von dem verfahrensgegenständlichen Betäubungsmittelhandel profitierte, ausgeführt, es sei "als bemerkenswert festzuhalten", dass in der Mittelkonsole seines Autos am 09.06.2020 Bargeld in Höhe von 10.000 € gefunden wurde. Dies belege, dass der Angeklagte mit größeren Geldsummen "hantiere" und keine Bedenken gehabt habe, eine derart hohe Geldsumme in seinem Fahrzeug liegen zu lassen. Dies lasse darauf schließen, dass er davon ausging, dass sich "aufgrund seiner Reputation niemand trauen würde, das Geld aus seinem Auto zu entwenden." Zudem gebe es keinerlei Hinweise auf legale Einkünfte des Verurteilten, die einen derart hohen Geldbetrag erklären würden. Dies gelte auch für die beiden PKW und das Motorrad. Die Einlassung des Verurteilten, er habe sich die 10.000 € zur Begleichung von Schulden bei Familienmitgliedern geliehen, sei nicht glaubhaft, da es in diesem Fall nicht nahegelegen hätte, das Geld im Auto zu deponieren.

Jenseits dieser Ausführungen sind die am 09.06.2020 sichergestellten Gegenstände in den Urteilsgründen nicht weiter erwähnt worden.

Mit Schreiben vom 29.08.2023 hat die Staatsanwaltschaft Köln bei der Strafkammer angefragt, wann "mit einer Entscheidung bzgl. der Anordnung des Wertersatzes zu rechnen" sei. In ihrer dem Urteil zu Grunde liegenden Anklageschrift vom 23.12.2020 hatte sie unter Nennung der §§ 73c, 74 StGB ausgeführt, dass hinsichtlich des Verurteilten ein Betrag in Höhe von 56.250,00 € der Wertersatzeinziehung unterliege. Außerdem hatte sie darin zahlreiche Gegenstände als der Einziehung unterliegend aufgelistet. Hierunter befand sich indes keiner der genannten am 09.06.2020 sichergestellten Gegenstände.

Mit Schreiben vom 11.09.2023 hat die Strafkammer der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft mitgeteilt, dass sie beabsichtige, "im abgetrennten Verfahren nach § 423 StPO nach §§ 73ff. StGB über die Einziehung bzw. erweiterte Einziehung von Taterträgen zu entscheiden". Hierzu hat sie Gelegenheit zu Stellungnahme eingeräumt, die nicht wahrgenommen worden ist.

Daraufhin hat die Strafkammer mit Beschluss vom 09.10.2023 die Einziehung der am 09.06.2020 sichergestellten und in dem Beschluss näher beschriebenen Gegenstände - namentlich des Mercedes, des Bargelds in Höhe von 10.000 €, des Motorrads und des Audis - angeordnet. Die Entscheidung hat sie auf § 73a Abs. 1 StGB gestützt. Dabei hat sie sich nach § 423 Abs. 1 S. 2 StPO an die oben wiedergegebenen, diese Gegenstände betreffenden Feststellungen aus ihrem Urteil gebunden gesehen. Eine eigenstände Würdigung hat die Strafkammer in ihrem Beschluss lediglich für die von ihr darin getroffenen Feststellungen vorgenommen, dass der Verurteilte die alleinige Verfügungsgewalt über die eingezogenen Gegenstände gehabt habe und er "wirtschaftlich Berechtigter" beziehungsweise "wirtschaftlicher Eigentümer" der drei Fahrzeuge gewesen sei.

Mit einem am 13.10.2023 bei dem Landgericht eingegangenen anwaltlichen Schriftsatz hat der Verurteilte gegen diesen Beschluss "Beschwerde" eingelegt und diese nachfolgend begründet. Er beanstandet, dass lediglich "pauschal vermutet" werde, dass die Einziehungsgegenstände mit Erlösen aus Betäubungsmittel- oder sonstigen Straftaten angeschafft wurden. Eine Bindungswirkung der Feststellungen aus dem Urteil bestehe insoweit nicht. Die 10.000 € habe der Verurteilte als Darlehen erhalten. Eigentümerin des Mercedes sei seine Mutter. Das Motorrad sei von ihm gemeinsam mit zwei weiteren Personen angeschafft worden.

Mit Vorlageverfügung vom 29.11.2023 hat die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, das Rechtsmittel als unbegründet zu verwerfen. Der Verurteilte hat hierauf mit Verteidigerschriftsatz vom 05.01.2024 erwidert.

II.

Das als sofortige Beschwerde auszulegende und als solches nach § 423 Abs. 3 S. 2 StPO statthafte Rechtsmittel ist zulässig, insbesondere fristgerecht (§ 311 Abs. 2 StPO) eingelegt worden. Es hat auch in der Sache vorläufigen Erfolg.

Denn die angefochtene Einziehungsentscheidung der Strafkammer kann keinen Bestand haben.

1.

Die Strafkammer hat auf der Grundlage der von ihr als bindend zugrunde gelegten Urteilsfeststellungen die Einziehung der Gegenstände auf § 73a Abs. 1 StGB (erweiterte Einziehung von Taterträgen) gestützt. Nach diesen Urteilsfeststellungen wurden indes weder die drei Fahrzeuge noch das Bargeld unmittelbar aus Straftaten erlangt. Vielmehr sollen sie aus Erlösen aus den urteilsgegenständlichen oder anderen Taten angeschafft worden sein. Bei den eingezogenen Gegenständen handelt es sich danach um Surrogate von Taterträgen, wobei das Herrühren der Taterträge gerade aus den urteilsgegenständlichen Taten nicht festgestellt worden ist. Die mit Blick auf Letzteres von der Strafkammer im Ausgangspunkt konsequenterweise angewandte Vorschrift des § 73a Abs. 1 StGB bietet jedoch keine Rechtsgrundlage für die erweiterte Einziehung von Surrogaten (BGH, Beschl. v. 17.04.2019, 5 StR 603/18, NStZ 2020, 661; BGH, Beschl. v. 30.06.2022, 1 StR 156/22). Insoweit käme allein die erweiterte Einziehung des Wertes von Taterträgen nach §§ 73a, 73c StGB in Betracht (BGH, Beschl. v. 21.09.2021, 3 StR 158/21, wistra 2022, 83). Hierauf kann die von der Strafkammer getroffene Entscheidung jedoch nicht gestützt werden, da § 73c StGB eine Geldforderung des Staates begründet, aber nicht den - von der Strafkammer demgegenüber angeordneten - Zugriff auf bestimmte Vermögensgegenstände erlaubt (vgl. BGH, Beschl. v. 30.06.2022, a.a.O.).

2.

Der Beschluss der Strafkammer war vor diesem Hintergrund aufzuheben und die Sache zur erneuten Durchführung des Verfahrens nach § 423 StPO an das Landgericht zurückzuverweisen. Dem steht nicht entgegen, dass nach § 309 Abs. 2 StPO das Beschwerdegericht bei Begründetheit des Rechtsmittels grundsätzlich selbst die in der Sache erforderliche Entscheidung zu treffen hat. Denn es sind Ausnahmen von dieser Regel namentlich für solche Fälle anerkannt, in denen die Entscheidung des Erstgerichts an erheblichen Verfahrensfehlern leidet (vgl. Matt in LR-StPO, 26. Aufl. 2014, § 309 Rn. 13ff.; Cirener, BeckOK StPO, 50. Edition 01.01.2024, § 309 Rn. 17a). So liegt es hier. Denn die Strafkammer hat es in Verkennung der verfahrensrechtlichen Anforderungen unterlassen, für die Einziehungsentscheidung relevante Feststellungen im Verfahren nach § 423 StPO eigenständig zu treffen, obwohl sie hierzu gehalten gewesen wäre.

Die Strafkammer durfte die in ihrem Urteil getroffene Feststellung, wonach sämtliche von ihr in dem angefochtenen Beschluss eingezogenen Gegenstände aus Erlösen aus den urteilsgegenständlichen oder anderen Straftaten angeschafft wurden, ihrer Entscheidung im Nachverfahren nicht als bindend zugrunde legen. Denn § 423 Abs. 1 S. 2 StPO bestimmt, dass das Gericht lediglich an die Entscheidung in der Hauptsache und die tatsächlichen Feststellungen, auf denen diese beruht, gebunden ist. Dies bedeutet, dass eine Bindung nur für diejenigen Urteilsfeststellungen besteht, die für die Hauptsacheentscheidung tragend waren. Ist die Beruhensfrage indes zu verneinen, weil im Hauptsacheverfahren eine für das Urteil unmaßgebliche Tatsache festgestellt worden ist, tritt eine Bindung nicht ein, so dass die Feststellungen im Einziehungsverfahren wiederholt werden müssen (so zutreffend Heine in SSW-StPO, 5. Aufl. 2023, § 423 Rn. 4; Metzger in KMR-StPO, 117. EL November 2022, § 423 Rn. 4).

Auf den von der Strafkammer in ihrem angefochtenen Beschluss als bindend zugrunde gelegten Feststellungen zum Herrühren der von ihr eingezogenen Gegenstände beruht ihr Urteil indes nicht. Weder für den Schuldspruch noch für die ausgeurteilte Rechtsfolge ist ein solches Beruhen zu konstatieren. Soweit die Strafkammer in ihrem Urteil im Zusammenhang mit der Darlegung ihrer Überzeugung, dass der Verurteilte wirtschaftlich maßgeblich von dem urteilsgegenständlichen Betäubungsmittelhandel profitierte, auch das aufgefundene Bargeld sowie die drei Fahrzeuge anspricht, kann den getroffenen Feststellungen zum Herrühren dieser Gegenstände insoweit jedenfalls keine tragende Bedeutung im Rahmen der Beweiswürdigung zugekommen sein. Insbesondere für das in engem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit den abgeurteilten Straftaten aufgefundene Bargeld wäre eine maßgebliche Bedeutung für die Beweiswürdigung zur Frage der wirtschaftlichen Eigennützigkeit des Verhaltens des Verurteilten aus Sicht des Senats zwar in Betracht gekommen und möglicherweise sogar naheliegend gewesen, was eine Teilhabe an der Bindungswirkung eröffnet hätte. Die Strafkammer hat in den Urteilsgründen jedoch festgestellt, dass die Gegenstände - unter ausdrücklichem Einschluss des Bargeldes - auch aus Erlösen aus sonstigen, gegebenenfalls sogar Nichtbetäubungsmittelstraftaten angeschafft worden sein können. Dies aber lässt tragende Rückschlüsse auf eine wirtschaftliche Beteiligung gerade an den urteilsgegenständlichen Taten erkennbar nicht zu.

Das Nichtberuhen des Urteils der Strafkammer auf den hier in Rede stehenden Feststellungen zum Herrühren der von ihr eingezogenen Gegenstände führt in prozessualer Hinsicht dazu, dass dem Verurteilten keine Möglichkeit offenstand, diese Feststellungen erfolgversprechend anzugreifen. Im Falle einer durchgeführten Revision hätten auf diese Feststellungen bezogene Verfahrens- oder sachlichrechtliche Fehler mangels Beruhens des Urteils auf diesen nicht zu einer Aufhebung geführt. Nur in dem Fall, in dem die Strafkammer bereits im Urteil eine Einziehungsentscheidung getroffen hätte, hätte der Verurteilte diejenigen Feststellungen, auf die diese Entscheidung gestützt worden wäre, mit der Revision zu Fall bringen können. Eine Rechtsschutzverkürzung dergestalt, dass im Hauptsacheverfahren nach Abtrennung der Einziehungsentscheidung für das Urteil nicht tragende - und damit mit der Revision nicht erfolgversprechend angreifbare - Feststellungen getroffen werden, die dann im Nachverfahren als bindend zu Grunde gelegt werden, gestattet § 423 Abs. 1 S. 2 StPO nicht.

Die Strafkammer wäre somit gehalten gewesen, die für die Einziehungsentscheidung relevanten Feststellungen, insbesondere zum Herrühren der in Rede stehenden Gegenstände, eigenständig im Verfahren nach § 423 StPO zu treffen. Eine eigene Sachentscheidung des Senats liefe darauf hinaus, dieses Verfahren erstmals in prozessordnungsgemäßem Umfang - für eine gegebenenfalls zu treffende Entscheidung nach § 73c StGB (s.o. 1.) auch zu den Werten der Fahrzeuge - durchzuführen. Das aber wäre mit Blick auch auf einen damit einhergehenden Instanzverlust für den Verurteilten sowie die größere Sachnähe des Landgerichts mit der Rolle des Senats als Beschwerdegericht auch eingedenk des § 309 Abs. 2 StPO nicht zu vereinbaren. Deshalb war die Sache zurückzuverweisen.

3.

Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:

Zwar ist § 73a StGB auch dann anwendbar, wenn unaufklärbar bleibt, ob ein Gegenstand aus der Anknüpfungstat oder aus anderen Taten stammt (BGH, Beschl. v. 21.09.2021, 3 StR 158/21, wistra 2022, 83). Eine erweiterte Einziehung von Taterträgen kommt aber erst dann in Betracht, wenn nach Ausschöpfung aller zulässigen Beweismittel eine sichere Zuordnung zu den abgeurteilten Taten und damit die Annahme der Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 StGB ausgeschlossen werden kann (BGH, Beschl. v. 19.08.2020, 3 StR 219/20; BGH, Beschl. v. 11.04.2022, 2 StR 64/22). Ließe sich demgegenüber bei weiterer Sachverhaltsaufklärung feststellen, dass die in Rede stehenden Gegenstände mit Erlösen gerade aus den abgeurteilten Straftaten erworben wurden, käme nach § 73 Abs. 3 StGB grundsätzlich auch die Einziehung von Surrogaten in Betracht.

Für die Anwendung des § 73a StGB ist außerdem zu beachten, dass die Anordnung der erweiterten Einziehung für solche Gegenstände ausgeschlossen ist, die der Angeklagte aus nicht verfahrensgegenständlichen, aber konkretisierbaren Straftaten erlangt hat. Denn solche Taten können und müssen zum Gegenstand eines gesonderten Strafverfahrens gemacht werden (BGH, Beschl. v. 16.07.2019, 2 StR 268/19, NStZ 2020, 213; BGH, Beschl. v. 21.09.2021, a.a.O.; BGH, Beschl. v. 11.04.2022, a.a.O.).

Schließlich wird die Strafkammer, sofern sie an einer Entscheidung im Beschlussweg festhalten sollte, mit Blick auf den Umfang der für die Einziehungsentscheidung noch erforderlichen Sachverhaltsaufklärung sowie das Bestreiten der deliktischen Herkunft der in Rede stehenden Gegenstände durch den Verurteilten nachvollziehbar darzulegen haben, dass die Wahl dieser Verfahrensart gegenüber einer Entscheidung durch Urteil nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor allem mit Blick auf die Wahrung der Rechtsstellung des Verurteilten pflichtgemäßem Ermessen entspricht (vgl. hierzu SenE v. 02.09.2019, 2 Ws 394/19).

Würde die Herbeiführung einer Entscheidung über die Einziehung nach den §§ 73 bis 73c des Strafgesetzbuches die Entscheidung über die anderen Rechtsfolgen der Tat unangemessen erschweren oder verzögern, kann das Gericht das Verfahren über die Einziehung abtrennen. Das Gericht kann die Verbindung in jeder Lage des Verfahrens wieder anordnen.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.

(1) Trennt das Gericht das Verfahren nach § 422 ab, trifft es die Entscheidung über die Einziehung nach der Rechtskraft des Urteils in der Hauptsache. Das Gericht ist an die Entscheidung in der Hauptsache und die tatsächlichen Feststellungen, auf denen diese beruht, gebunden.

(2) Die Entscheidung über die Einziehung soll spätestens sechs Monate nach dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils in der Hauptsache getroffen werden.

(3) Das Gericht entscheidet durch Beschluss. Die Entscheidung ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

(4) Abweichend von Absatz 3 kann das Gericht anordnen, dass die Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung durch Urteil ergeht. Das Gericht muss die Anordnung nach Satz 1 treffen, wenn die Staatsanwaltschaft oder derjenige, gegen den sich die Einziehung richtet, dies beantragt. Die §§ 324 und 427 bis 431 gelten entsprechend; ergänzend finden die Vorschriften über die Hauptverhandlung entsprechende Anwendung.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

(1) Trennt das Gericht das Verfahren nach § 422 ab, trifft es die Entscheidung über die Einziehung nach der Rechtskraft des Urteils in der Hauptsache. Das Gericht ist an die Entscheidung in der Hauptsache und die tatsächlichen Feststellungen, auf denen diese beruht, gebunden.

(2) Die Entscheidung über die Einziehung soll spätestens sechs Monate nach dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils in der Hauptsache getroffen werden.

(3) Das Gericht entscheidet durch Beschluss. Die Entscheidung ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

(4) Abweichend von Absatz 3 kann das Gericht anordnen, dass die Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung durch Urteil ergeht. Das Gericht muss die Anordnung nach Satz 1 treffen, wenn die Staatsanwaltschaft oder derjenige, gegen den sich die Einziehung richtet, dies beantragt. Die §§ 324 und 427 bis 431 gelten entsprechend; ergänzend finden die Vorschriften über die Hauptverhandlung entsprechende Anwendung.

(1) Für die Fälle der sofortigen Beschwerde gelten die nachfolgenden besonderen Vorschriften.

(2) Die Beschwerde ist binnen einer Woche einzulegen; die Frist beginnt mit der Bekanntmachung (§ 35) der Entscheidung.

(3) Das Gericht ist zu einer Abänderung seiner durch Beschwerde angefochtenen Entscheidung nicht befugt. Es hilft jedoch der Beschwerde ab, wenn es zum Nachteil des Beschwerdeführers Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet hat, zu denen dieser noch nicht gehört worden ist, und es auf Grund des nachträglichen Vorbringens die Beschwerde für begründet erachtet.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 603/18
vom
17. April 2019
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:170419B5STR603.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 17. April 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 sowie analog § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 24. Mai 2018 aufgehoben, soweit die Einziehung des Pkw Daimler Benz 124C AMG (Fahrzeug-IdentNummer ) angeordnet worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Einziehung des Wertes des Tatertrages in Höhe eines Teilbetrages von 3.480 Euro gegen den Angeklagten als Gesamtschuldner angeordnet wird.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung , Diebstahls in zwei Fällen, Beleidigung und unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Munition zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten verurteilt. Zudem hat es mehrere Einziehungsanordnungen getroffen. Das auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Rechtsmittel des Angeklagten hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist seine Revision unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Urteilsfeststellungen erlangte der Angeklagte die (Mit )Verfügungsgewalt über den Ertrag aus der Tat 3 gemeinsam mit zwei unbekannten Mittätern. Er haftet daher insoweit als Gesamtschuldner, was im Tenor zum Ausdruck zu bringen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 8. November 2018 – 1 StR 527/18). Der Senat holt dies in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO nach.
3
2. Die auf § 73a StGB gestützte Einziehung des in der Beschlussformel bezeichneten Pkw des Angeklagten hat keinen Bestand.
4
a) Zwar ist das Landgericht rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass das Bargeld in Höhe von 25.000 Euro, mit dem der Angeklagte das Fahrzeug erworben hat, aus einer – nicht konkret feststellbaren – rechtswidrigen Tat stammt, weshalb die erweiterte Einziehung eines entsprechenden Geldbetrages gemäß § 73a Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB anzuordnen gewesen wäre. § 73a StGB bietet aber keine Rechtsgrundlage für die erweiterte Einziehung des damit erworbenen Surrogates in Gestalt des Pkw. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift können Gegenstände des Beteiligten nur dann gemäß § 73a Abs. 1 StGB eingezogen werden, wenn „diese Gegenstände“ durch oder für eine rechtswidrige Tat erlangt worden sind. Die hier angeordnete erweiterte Einziehung eines Surrogates bedürfte daher einer gesonderten rechtlichen Grundlage in Form einer ausdrücklichen Ermächtigung oder eines Verweises auf die Surrogateinziehung in § 73 Abs. 3 StGB. § 73a StGB enthält aber weder das eine noch – im Gegensatz zu § 73d StGB aF (vgl. insofern BGH, Urteil vom 7. Juli 2004 – 1 StR 115/04) – das andere (vgl. auch Schönke/Schröder – E- ser/Schuster, StGB, 30. Aufl., § 73a Rn. 8; a.A. Fischer, StGB, 66. Aufl., § 73a Rn. 14 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung zu § 73d StGB aF).
5
Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Urteil auf dem Rechtsfehler beruht (§ 337 Abs. 1 StPO), da mangels Feststellungen zum tatsächlichen Wert des Pkw nicht ausgeschlossen werden kann, dass dieser im Anordnungszeitpunkt über dem nach §§ 73a, 73c StGB einzuziehenden Geldbetrag von 25.000 Euro lag.
6
Die Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können daher bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende Feststellungen sind möglich, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen.
7
b) Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
8
Aufgrund der rechtskräftigen Feststellungen unterläge der erweiterten Einziehung nach §§ 73a, 73c StGB eigentlich ein Geldbetrag von 25.000 Euro. Wegen des Verbots der Schlechterstellung (§ 358 Abs. 2 StPO) ist die Höhe der Einziehungsanordnung nunmehr jedoch durch den Wert des im Tenor bezeichneten Pkw des Angeklagten begrenzt, der im Rahmen der Vollstreckung der Entscheidung verwertet (vgl. § 459g Abs. 2 i.V.m. 459 StPO, § 6 Abs. 1 Nr. 1 JBeitrG, §§ 808 ff. ZPO) und zu deren Sicherung aufgrund eines Vermögensarrestes gepfändet werden kann (vgl. §§ 111e ff. StPO).
9
3. Im Übrigen ist die Revision unbegründet. Der Senat bemerkt insoweit ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts: Die Beweiswürdigung zur Täterschaft des Angeklagten erweist sich auch betreffend die Taten 2 und 3 als rechtsfehlerfrei.
10
a) Insbesondere ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass sich das Landgericht bei der Darstellung der Ergebnisse der molekulargenetischen Gutachten auf die Mitteilung beschränkt hat, dass die an der Tatortspur nachgewiesene DNA-Merkmalskombination mit jener beim Angeklagten übereinstimmt und der diesbezügliche Wahrscheinlichkeitsquotient 1 : 57 Trilliarden bzw. 1 : 506 Quadrillionen beträgt. Denn in den wie hier vorliegenden Fällen eindeutiger Einzelspuren genügt es, wenn das Gutachtenergebnis in Form der biostatistischen Wahrscheinlichkeitsaussage numerisch in den Urteilsgründen mitgeteilt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 28. August 2018 – 5 StR 50/17, NJW 2018, 3192, 3193 [zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt]).
11
b) Weitergehende Darstellungsanforderungen ergeben sich auch nicht aus den hier vorliegenden Besonderheiten.
12
Allein aus dem Umstand, dass die Eltern des Angeklagten aus dem Libanon stammen, lässt sich dies nicht herleiten. Die Zugehörigkeit eines Angeklagten zu einer fremden Ethnie hat allenfalls dann Bedeutung, wenn die Beweisaufnahme konkrete Anhaltspunkte dafür ergibt, dass der Tatverdächtige ausschließlich in einer bestimmten Bevölkerungsgruppe zu finden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 2016 − 2 StR 112/14, NStZ 2016, 490, 492). Dies ist indes hier nicht der Fall.
13
Gleiches gilt für die Tatsache, dass Teile des bei der Tat 3 entwendeten Bargeldes bei einem Verwandten des Angeklagten sichergestellt wurden. Denn aus den Urteilsgründen ergeben sich keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die am Tatort gesicherte Einzelspur, die in allen 16 untersuchten DNASystemen mit dem DNA-Merkmalmuster einer Speichelprobe des Angeklagten übereinstimmt, von diesem – nicht zu den nahen Familienangehörigen des Angeklagten (Eltern oder Geschwister) gehörenden – Verwandten stammen könn- te (vgl. BGH, Beschluss vom 28. August 2018, aaO). Eine zulässige Aufklärungsrüge hat der Beschwerdeführer insofern nicht erhoben.
VRiBGH Dr. Mutzbauer ist Sander Ri’inBGH Dr. Schneider ist urlaubsbedingt an der Un- urlaubsbedingt an der Unterschrift gehindert. terschrift gehindert. Sander Sander Berger Köhler

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

(1) Trennt das Gericht das Verfahren nach § 422 ab, trifft es die Entscheidung über die Einziehung nach der Rechtskraft des Urteils in der Hauptsache. Das Gericht ist an die Entscheidung in der Hauptsache und die tatsächlichen Feststellungen, auf denen diese beruht, gebunden.

(2) Die Entscheidung über die Einziehung soll spätestens sechs Monate nach dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils in der Hauptsache getroffen werden.

(3) Das Gericht entscheidet durch Beschluss. Die Entscheidung ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

(4) Abweichend von Absatz 3 kann das Gericht anordnen, dass die Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung durch Urteil ergeht. Das Gericht muss die Anordnung nach Satz 1 treffen, wenn die Staatsanwaltschaft oder derjenige, gegen den sich die Einziehung richtet, dies beantragt. Die §§ 324 und 427 bis 431 gelten entsprechend; ergänzend finden die Vorschriften über die Hauptverhandlung entsprechende Anwendung.

(1) Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht ohne mündliche Verhandlung, in geeigneten Fällen nach Anhörung der Staatsanwaltschaft.

(2) Wird die Beschwerde für begründet erachtet, so erläßt das Beschwerdegericht zugleich die in der Sache erforderliche Entscheidung.

(1) Trennt das Gericht das Verfahren nach § 422 ab, trifft es die Entscheidung über die Einziehung nach der Rechtskraft des Urteils in der Hauptsache. Das Gericht ist an die Entscheidung in der Hauptsache und die tatsächlichen Feststellungen, auf denen diese beruht, gebunden.

(2) Die Entscheidung über die Einziehung soll spätestens sechs Monate nach dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils in der Hauptsache getroffen werden.

(3) Das Gericht entscheidet durch Beschluss. Die Entscheidung ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

(4) Abweichend von Absatz 3 kann das Gericht anordnen, dass die Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung durch Urteil ergeht. Das Gericht muss die Anordnung nach Satz 1 treffen, wenn die Staatsanwaltschaft oder derjenige, gegen den sich die Einziehung richtet, dies beantragt. Die §§ 324 und 427 bis 431 gelten entsprechend; ergänzend finden die Vorschriften über die Hauptverhandlung entsprechende Anwendung.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

(1) Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht ohne mündliche Verhandlung, in geeigneten Fällen nach Anhörung der Staatsanwaltschaft.

(2) Wird die Beschwerde für begründet erachtet, so erläßt das Beschwerdegericht zugleich die in der Sache erforderliche Entscheidung.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 268/19
vom
16. Juli 2019
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
ECLI:DE:BGH:2019:160719B2STR268.19.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 16. Juli 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 21. Februar 2019 im Ausspruch über die Einziehung des Werts von Taterträgen aufgehoben; diese entfällt. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand. Auch der Strafausspruch begegnet aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift dargelegten Gründen keinen rechtlichen Bedenken.
3
2. Hingegen erweist sich der Ausspruch über die Einziehung von Taterträgen als rechtsfehlerhaft.
4
a) Das Landgericht hat den Angeklagten im Hinblick auf eine Ernte aus einer Cannabisplantage, die vollständig sichergestellt werden konnte, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Außerdem hat es festgestellt, dass es bereits zuvor zu einem weiteren Erntevorgang gekommen war, der Angeklagte Teile hiervon zu „Freundschaftspreisen“ veräußert und hierbei Einnahmen von 300 bis 400 € erzielt hatte.
5
Es hat einen Betrag von 300 € gemäß §§ 73 Abs. 1, 73c StGB eingezogen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Einnahmen seien zwar durch eine Veräußerung von Cannabis erzielt worden, das aus einem anderen, hier nicht abgeurteilten Erntevorgang stamme. Da dieser Verkauf jedoch Rauschgift be- treffe, das auch in der „hier gegenständlichen Plantage“ angebaut worden sei, handele es sich letztlich um eine einheitliche Tat, bei der eine Einziehung nach § 73 StGB in Betracht komme. Da die konkret erlangten Geldbeträge nicht mehr vorhanden seien, sei gemäß § 73c StGB die Einziehung des Wertes der Taterträge anzuordnen.
6
b) Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
7
Das Landgericht konnte die Einziehung des Wertersatzes nicht auf § 73 Abs. 1 StGB stützen. Denn bei der nicht abgeurteilten ersten Ernte, aus deren Verkauf die Einnahmen stammten, und der in diesem Verfahren abgeurteilten Ernte handelt es sich – entgegen der Annahme des Landgerichts – nicht um eine Tat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind gesonderte Anbauvorgänge auf einer Plantage, die auf die gewinnbringende Veräußerung der dadurch erzeugten Betäubungsmittel abzielen, grundsätzlich materiellrechtlich als für sich selbständige, zueinander in Tatmehrheit stehende Taten des Handeltreibens zu bewerten (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2018 – 3 StR 615/17 mwN), sofern sich nicht – was sich hier den Urteilsgründen nicht entnehmen lässt – einzelne Ausführungshandlungen teilweise überschneiden. Sie stellen deshalb regelmäßig auch mehrere prozessuale Taten dar. Aus diesem Grund hat der Angeklagte die eingezogenen 300 € nicht aus der abgeurteilten Tat erlangt, die erzielten Einnahmen stammen aus einer anderen, von der Anklageschrift nicht erfassten und nicht abgeurteilten Tat; insoweit ist der Anwendungsbereich des § 73 Abs. 1 StGB nicht eröffnet.
8
Auch § 73a Abs. 1 StGB kann im vorliegenden Fall die Einziehungsentscheidung nicht rechtfertigen. § 73a StGB ist wie seine Vorgängervorschrift § 73d StGB a.F. gegenüber § 73 StGB subsidiär (vgl. BT-Drucks. 18/9525, S. 66) und kann erst dann zur Anwendung gelangen, wenn nach Ausschöpfung aller zulässigen Beweismittel ausgeschlossen werden kann, dass die Voraussetzungen des § 73 StGB erfüllt sind. Dies schließt es aus, in Verfahren wie dem vorliegenden Gegenstände der erweiterten Einziehung zu unterwerfen, die der Angeklagte aus anderen, von der Anklageschrift nicht erfassten, aber konkretisierbaren Straftaten erlangt hat; denn diese Taten können und müssen zum Gegenstand eines gesonderten Strafverfahrens gemacht werden, in dem die Voraussetzungen des vorrangig anwendbaren § 73 StGB zu prüfen sind (vgl. für das alte Recht BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2013 – 3 StR 224/13, StV 2014, 617).
9
Deshalb war die Einziehungsentscheidung aufzuheben; sie entfällt.
Appl Krehl Eschelbach Zeng Meyberg