Oberlandesgericht Köln Beschluss, 03. Aug. 2015 - 5 U 149/14
Gericht
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 13. August 2014 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Aachen – 11 O 24/11 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.
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G r ü n d e :
2I.
3Die Parteien streiten um Schmerzensgeld und Ersatz materieller Schäden im Zusammenhang mit einer zahnärztlichen Behandlung und der Eingliederung von Zahnersatz. Die Beklagte zu 1. ist Trägerin des Krankenhauses, in dem die streitgegenständliche Behandlung durchgeführt wurde, die Beklagten zu 2. bis 4. waren zur Zeit der Behandlung der Klägerin bei der Beklagten zu 1. angestellt.
4Die Klägerin ist unter anderem gegen Kunststoffe allergisch, die Metylmethacrylat enthalten, was zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Behandlung auch in ihrem Allergieausweis eingetragen war. Nachdem sie schon früher bei der Beklagten zu 1. behandelt wurde – 1971 noch von Prof. Dr. T und Anfang der 90er Jahre durch den Beklagten zu 3. –, stellte sie sich am 12. Mai 2009 erneut in der Klinik für Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde der Beklagten zu 1. vor, um sich wegen einer andernorts verursachten Beschädigung einer Suprakonstruktion und einer Implantatfraktur behandeln zu lassen. Der Beklagte zu 3. besichtigte zunächst den Zustand des Gebisses, ließ eine Röntgenaufnahme anfertigen und bestätigte sodann den Bruch der Implantatschraube im Oberkiefer. Er beriet die Klägerin dahingehend, dass es eines neuen Zahnersatzes im Oberkiefer bedürfe und dafür Implantate gesetzt und zunächst ein Kurzzeitprovisorium eingegliedert werden müssten.
5Am 22. Juni 2009 entfernte der Beklagten zu 2. auf Weisung des Beklagten zu 3. die Zähne 16, 13, 12, 11, 33, 41 und 42. Ferner wurden sowohl im Ober- als auch im Unterkiefer provisorische Versorgungen aus Kunststoff eingesetzt, deren genaues Material zwischen den Parteien streitig ist. Die Prothesen wurden sofort weichbleibend unterfüttert. In der folgenden Zeit beklagte die Klägerin Probleme mit den Provisiorien, einerseits im Hinblick auf ihre Größe, andererseits wegen der Kunststoffe, aus denen die Provisorien hergestellt worden waren.
6Spätestens bei einer Behandlung am 1. Juli 2009 wies die Klägerin die Behandler auf Überempfindlichkeiten gegen bestimmte Stoffe hin. An diesem Tag entfernte der Beklagte zu 2. auch den Zahn 17. Das angefertigte Langzeitprovisorium für den Oberkiefer konnte aus diesem Grund nur noch auf dem Implantat 23 und mit einer Doppelgeschiebekonstruktion verankert werden.
7Am 7. August 2009 setzte der Beklagte zu 2. der Klägerin ein Langzeitprovisorium aus Kunststoff ein, dessen genaues Material ebenfalls zwischen den Parteien streitig ist. Jedenfalls an diesem Tag lag den Behandlern der Allergieausweis der Klägerin vor. Am 19. August 2009 stellte sich die Klägerin erneut vor und bat wegen Beschwerden um Entfernung des Langzeitprovisoriums. Dies lehnte der Beklagte zu 2. unter Hinweis auf eine Weisung des Beklagten zu 4. ab. Am Folgetag, dem 20. August 2009, wurde das Langzeitprovisorium durch Herrn Dr. N entfernt. Die Beklagte zu 1. überwies der Klägerin daraufhin 2.923,- Euro zurück, die die Klägerin für das Langzeitprovisorium gezahlt hatte. Durch vorgerichtliches Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 10. Februar 2010 forderte die Klägerin die Beklagten zur Zahlung weiterer 35.177 Euro auf. Am 4. April 2011 zahlten die Beklagten der Klägerin auf ihre Eigenbeteiligung an vorgerichtlichen Anwaltskosten 150 Euro. Die Klage wurde dem Beklagten zu 2. am 10. Februar 2011 und der Beklagten zu 1. am 16. Februar 2011 zugestellt.
8Die Klägerin hat behauptet, sie sei durch die Beklagten zu 2. bis 4. in der von der Beklagten zu 1. betriebenen Klinik insofern fehlerhaft behandelt worden, als diese ihr zunächst Kunststoffprovisorien und später Langzeitprovisorien aus Kunststoff eingegliedert hätten, die sie aufgrund ihrer Allergie gegen Metylmethacrylat nicht vertragen habe, obwohl den Beklagten diese Allergie bekannt gewesen sei. Ihr zuvor getragener Zahnersatz, den sie vertragen habe, sei aus Titan und Keramik gefertigt gewesen. Das angefertigte Kurzzeitprovisorium sei zu groß gewesen und trotz mehrmaliger Nachbesserungsversuche auch geblieben. Die betreffenden Unterfütterungen hätten nicht weitergeholfen, seien ebenfalls aus allergieauslösendem Material angefertigt worden und hätten ihr erhebliche Probleme bereitet. Beim Extrahieren eines benachbarten Zahns habe der Beklagte zu 2. darüber hinaus den Zahn 17 angeschlitzt und irreparabel beschädigt. Dieser habe ebenso extrahiert werden müssen wie ein weiterer, vollkommen gesunder Backenzahn. Insgesamt seien 11 Zähne in unnötiger Weise entfernt worden. Nach der Eingliederung der Langzeitprovisorien hätten sich sofort dieselben erheblich belastenden Symptome gezeigt wie bei den ersten Provisorien. Daraufhin habe sie mehrfach vergeblich um die Entfernung gebeten. Erst am 20. August 2009 habe Herr Dr. N der Entfernung des Provisoriums durch den Beklagten zu 2. zugestimmt. Sie habe 3.000,- Euro für das Langzeitprovisorium gezahlt, hiervon aber nur 2.923,- Euro zurückerhalten.
9Die Klägerin begehrt ein Schmerzensgeld in der Größenordnung von insgesamt mindestens 12.750 Euro. Sie macht zudem materielle Schäden in Höhe von 22.427,- Euro geltend, die sich im Wesentlichen aus den Kosten einer neuen, sachgerechten Zahnversorgung ergeben.
10Die Klägerin hat beantragt,
111. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie Schadensersatz in Höhe von 22.427 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 1 DÜG seit dem 10. März 2010 zu zahlen,
122. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt mindestens 12.750 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäߠ § 1 DÜG seit dem 10. März 2010 zu zahlen,
133. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin Anwaltskosten in Höhe von 1.119,19 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 1 DÜG seit Klagezustellung zu zahlen und die Klägerin von der Zahlung in Höhe ihrer Eigenbeteiligung im Rahmen ihrer Anwaltskosten in Höhe von 300 Euro abzüglich am 04. April 2011 gezahlter 150 Euro freizustellen.
14Die Beklagten haben beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Sie sind dem Vorbringen der Klägerin und insbesondere ihren Behandlungsfehler- und sonstigen Vorwürfen im Einzelnen entgegengetreten und haben ergänzend insbesondere behauptet, dass die extrahierten Zähne kariös und teilweise zerstört, jedenfalls aber in einem nicht mehr erhaltungswürdigen Zustand gewesen seien, dass kein erhaltungswürdiger Zahn entfernt worden sei, und dass auch der Zahn 17 nicht am 22. Juni 2009 beim Ziehen eines anderen Zahns angeschlitzt worden, sei, sondern dass sich nach Schlitzung und Entfernung der Krone am 1. Juli 2009 herausgestellt habe, dass der Zahn so stark kariös zerstört gewesen sei, dass er habe entfernt werden müssen.
17Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien und der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird gemäß § 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil (Bl. 344 ff., 344R – 347 d. A.) Bezug genommen.
18Das Landgericht hat Beweis durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Priv.-Doz. Dr. C [Gutachten vom 26. Oktober 2013, Bl.178 ff. d.A.] erhoben und den Sachverständige am 4. Juni 2014 ergänzend mündlich angehört sowie weiteren Beweis durch Vernehmung der Zeugin Q Beweis erhoben [Sitzungsprotokoll vom 04. Juni 2014, Bl. 295 ff. d.A.].
19Auf dieser Grundlage hat das Landgericht unter Abweisung der weitergehenden Klage die Beklagten zu 1. und 2. zur Zahlung von 923 Euro nebst Zinsen in gesetzlicher Höhe seit dem 17. Februar 2011 und zur Zahlung von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 5,20 Euro an die Klägerin verurteilt, den Beklagten zu 2. zusätzlich zur Zahlung von Zinsen an die Klägerin aus 923 Euro für die Zeit vom 11. Februar 2011 bis zum 16. Februar 2011. Zur Begründung hat das Landgericht insbesondere ausgeführt, dass die Beklagten zu 1. und 2. der Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 800 Euro zu zahlen, Fahrtkosten in Höhe von 123 Euro zu erstatten sowie Zinsen und die zu diesen Beträgen angefallenen und von ihnen noch nicht gezahlten vorgerichtlichen Anwaltskosten zu tragen hätten, weil sie die Klägerin am 07. August 2009 behandlungsfehlerhaft mit einem Langzeitprovisorium versorgten hätten, das die Klägerin aufgrund einer bei ihr vorliegenden, den Beklagten bekannten Allergie nicht vertragen habe, und dass der Klägerin weitergehende Ansprüche nicht zustünden, weil weitere Behandlungsfehler nicht festgestellt werden könnten.
20Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung (Bl. 344 ff., 347 – 351R d. A.) Bezug genommen.
21Die Klägerin hat gegen das Urteil frist- und formgerecht Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel formal ordnungsgemäß begründet. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Klageanträge mit der Maßgabe unverändert weiter, dass eine Verzinsung des materiellen Schadens gemäß dem Antrag zu 1. abweichend von der ersten Instanz erst ab dem 10. März 2014, nicht bereits ab dem 10. März 2010 begehrt werden.
22Unter teilweiser Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens greift die Klägerin das Gutachten des vom Landgericht beauftragten Gerichtssachverständigen Dr. C an und behauptet sie mit ausführlicher Begründung weiterhin insbesondere, dass sie sich an die Beklagten gewandt habe, weil ihr im Jahre 2008 eingesetzter und einwandfrei sitzender Zahnersatz in Form einer Titan-Keramik-Suprakonstruktion im Unter- und Oberkieferbereich durch eine Fehlbehandlung andernorts in beiden Teilen beschädigt worden sei, dass es ihr Anliegen gewesen sei, dass der an sich perfekte Zahnersatz wieder repariert werden sollte, und dass die Behandler im Hause der Beklagten zu 1. anstelle dessen eine neue Zahnversorgung hätten durchführen wollen, im Hinblick darauf ohne medizinische Indikation ihre erhaltungswürdigen, wenn auch möglicherweise behandlungsbedürftigen Zähne gezogen und sie mit Provisorien versorgt hätten, die sie wegen ihrer bekannt gewesenen Allergien nicht habe vertragen können.
23Die Beklagten treten dem Berufungsvorbringen der Klägerin entgegen und beantragen die Zurückweisung der Berufung.
24Wegen aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
25II.
26Die Berufung der Klägerin wird gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückgewiesen, weil sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, weil der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung nicht erfordern, und weil auch aus sonstigen Gründen eine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung nicht geboten ist. Zur Begründung wird auf den Senatsbeschluss vom 26. Mai 2015 (Bl. 420 ff. d. A.) Bezug genommen, § 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO.
27Mit ihrer Stellungnahme vom 29. Juni 2015 [Bl. 438 ff. (= 429 ff.) d. A.] wiederholt die Klägerin weitgehend – wenn auch mit etwas modifizierter Akzentuierung – einen Teil ihrer bereits vorgetragenen Einwände und Erwägungen, mit denen sich der Senat bereits umfassend in seinem Hinweisbeschluss befasst hat. Insoweit und auch in Bezug auf das neue Vorbringen der Klägerin rechtfertigt ihre Stellungnahme vom 29. Juni 2015 auch nach nochmaliger umfassender und eingehender Prüfung des gesamten Akteninhalts und der durch den vorliegenden Rechtsstreit aufgeworfenen rechtlichen und tatsächlichen Fragen im Lichte der genannten Stellungnahme der Klägerin eine für sie günstigere Beurteilung der Sach- und Rechtslage nicht und bietet lediglich Veranlassung für die folgenden ergänzenden Anmerkungen:
28Die Klägerin scheint bei ihrer Stellungnahme vom 29. Juni 2015 nach wie vor auszublenden, dass ihre neun Zähne, die zu Beginn der umstrittenen Behandlung noch vorhanden waren, sämtlich nicht mehr als Grundlage für eine prothetische Versorgung geeignet waren, und dass deshalb eine Behandlung nicht in der Weise sinnvoll möglich war, dass lediglich die gebrochene Implantatschraube ausgetauscht sowie der frühere Zahnersatz repariert und wieder eingesetzt wird. Nach den überzeugend begründeten und von der Klägerin nicht [zumindest nicht mit hinreichender Substanz] angegriffenen Feststellungen des Gerichtssachverständigen Dr. C wiesen sechs der neun Zähne massive pathologische Befunde an den betreffenden Zähnen selbst in Form einer starken kariösen Zerstörung und/oder im Bereich ihrer Zahnwurzeln in Form einer massiven chronischen Entzündung im Bereich der jeweiligen Wurzelspitzen auf, die eine Indikation zur Extraktion dieser sechs Zähne begründeten. Der Zahn 17 wies eine zweifache Zahnfraktur auf, die die Indikation zur Extraktion begründete, wobei der Klägerin aus den zutreffenden Gründen von S. 13 der angefochtenen Entscheidung für ihre Behauptung, dass die Beklagten diese zweifache Zahnfraktur schuldhaft verursacht hätten, beweisfällig geblieben ist. Die beiden weiteren Zähne, nämlich die Zähne 11 und 34 wiesen starke Lockerungsgrade auf, die in der Situation der Klägerin ebenfalls die Indikation zur Extraktion begründeten. Hierzu hat der Gerichtssachverständige zur Überzeugung des Senats und von der Klägerin nicht [zumindest nicht mit hinreichender Substanz] angegriffen ausgeführt, dass Zähne mit Lockerungsgraden des hier in Rede stehenden Ausmaßes zwar in einem ansonsten intakten Gebiss durchaus gut gehalten werden könnten, dass aber in einem Gebiss mit ausschließlich noch den erheblich gelockerten Zähnen und dem Bedarf für einen umfassenden festsitzenden Zahnersatz solche Zähne vor der Anfertigung des Zahnersatzes extrahiert und nicht in die die Planung für den Zahnersatz einbezogen werden sollten, weil ansonsten die Gefahr bestünde, dass die gelockerten Zähne Probleme bereiteten und der Zahnersatz deshalb alsbald nach dessen Eingliederung überarbeitet werden müsse.
29Soweit die Klägerin behauptet, dass ihr Vortrag zu der fehlenden Indikation für das Extrahieren ihrer bei Beginn der umstrittenen Behandlung noch vorhanden gewesenen Zähne durch einen von ihr zu Rate gezogenen Privatgutachter bestätigt worden sei, kann dies nicht nachvollzogen werden, weil die Klägerin zu einem insoweit eventuell erstatteten Privatgutachten, zu der Person des angeblichen Privatsachverständigen und zu der Frage, welche Erkenntnisquellen diesem ggf. zur Verfügung gestanden haben, nichts vorträgt. Das von ihr vorgelegte Gutachten des Parteisachverständigen N2 jedenfalls geht auf diese Fragen ausschließlich im Rahmen der Wiedergabe seines Anamnesegespräches mit der Klägerin ein, was bedeutet, dass er schlicht die Behauptungen der Klägerin wiederholt, während sich seine privatgutachterlichen Feststellungen – seinem Auftrag entsprechend – ausschließlich auf die von der Klägerin formulierten Beweisfragen beschränken und damit im Wesentlichen auf Fragen im Zusammenhang mit der Allergie der Klägerin und auf Kostenfragen.
30Es besteht entgegen der Annahme der Klägerin auch keine Veranlassung für das Einholen eines neuen Gutachtens. Vielmehr folgt der Senat bei seiner Beurteilung auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Klägerin vom 29. Juni 2015 dem Gutachten des Sachverständigen Priv.-Doz. Dr. C [schriftliches Gutachten vom 26. Oktober 2013 (Bl. 178 – 197 i. V. m. 198 – 200 d. A.) nebst mündlicher Erläuterungen am 4. Juni 2014 (S. 7 – 11 des Protokolls der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme am 4. Juni 2014, Bl. 295 ff., 301 – 305 d. A.)], das den Senat nach wie vor nicht zuletzt deshalb überzeugt, weil es auf der Basis einer sorgfältigen Auswertung der Krankenunterlagen und des Akteninhalts im Übrigen sowie unter eingehender Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Parteien umfassend, in sich schlüssig und gut nachvollziehbar begründet worden ist. Entgegen der Vorstellung der Klägerin steht der Verwertung des Gutachtens des Sachverständigen Dr. C als Entscheidungsgrundlage auch nach wie vor nicht entgegen, dass der Sachverständige auf dem Gebiete der Zahnwerkstoffe und eventueller diesbezüglicher Allergien nicht hinreichend sachkundig wäre. Vielmehr hält der Senat – ebenso wie das Landgericht – den Gerichtssachverständigen auch insoweit für hinreichend sachkundig. Denn zum einen ist Dr. C dem Landgericht von der Zahnärztekammer Nordrhein in Kenntnis der im vorliegenden Rechtsstreit umstrittenen medizinischen Streitfragen als besonders qualifizierter Sachverständiger vorgeschlagen worden. Und zum anderen lassen sich dem Gutachten des Sachverständigen im vorliegenden Rechtsstreit keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass Dr. C in Bezug auf Zahnwerkstoffe und eventuelle diesbezügliche Allergien die notwendige Sachkunde fehlen könnte. Soweit er zunächst von einem anderem als dem tatsächlich für das Langzeitprovisorium verwendeten Werkstoff ausgegangen ist, hat er dies im Rahmen seiner mündlichen Erläuterungen am 4. Juni 2014 plausibel und in einer Weise erklärt, die Zweifel weder an der angemessenen Sorgfalt bei der Gutachtenerstattung noch an seiner hinreichenden Sachkunde insoweit begründen könnte.
31Somit ist nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme davon auszugehen, dass die Zähne der Klägerin, die zu Beginn der umstrittenen Behandlung noch vorhanden waren, sämtlich nicht mehr als Grundlage für eine prothetische Versorgung geeignet waren. Damit steht aber entgegen der bei der Klägerin offenbar nach wie vor bestehenden Vorstellung fest, dass bei ihr eine Behandlung nicht in der Weise sinnvoll möglich war, dass lediglich die gebrochene Implantatschraube ausgetauscht sowie der frühere Zahnersatz repariert und wieder eingesetzt wird. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die von der Klägerin angesprochene Nachbehandlung ohnehin hätte durchgeführt werden müssen, und dass es sich bei den von der Klägerin geltend gemachten Nachbehandlungkosten um Ohnehinkosten handelt, für die die Beklagten nicht einzustehen haben. Damit geht aber das weitere Vorbringen der Klägerin in diesem Zusammenhang und so auch ihr Vorwurf gegen die Beklagten, sie hätten sie in wirtschaftlicher Hinsicht unzutreffend aufgeklärt, ins Leere.
32Ergänzend sei zudem angemerkt, dass die Klägerin hinsichtlich des gegen die Beklagten geltend gemachten Anspruches auf Zahlung der Nachbehandlungskosten, den sie auf der Basis eines entsprechenden Angebotes mit einem Betrag von 21.991 Euro beziffert hat, trotz der diesbezüglichen gerichtlichen Hinweise etwa in dem Senatsbeschluss vom 26. Mai 2015 offenbar nach wie vor ausblendet, dass die Inanspruchnahme der Beklagten insoweit bereits daran scheitert, dass die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag die Nachbehandlung noch nicht hat durchführen oder zumindest beginnen lassen; denn in Bezug auf die Nachbehandlungskosten gibt es auch im Falle der grundsätzlichen Einstandspflicht des in Anspruch genommenen Arztes bzw. Krankenhauses keinen Vorschussanspruch, sondern lediglich einen Erstattungsanspruch für tatsächlich aufgewandte Kosten.
33Die Klägerin beklagt auch nach wie vor ohne Erfolg, dass ihr im Hause der Beklagten zu 1. nach dem Entfernen des Langzeitprovisoriums die ihrer Meinung nach intakten Kronen nicht wieder auf die vorhandenen Implantate eingegliedert worden seien. Denn auch ihr Parteisachverständiger N2 hat hierzu – insoweit in Übereinstimmung mit dem Gerichtssachverständigen – ausgeführt, dass dies zwar möglich, aber nicht sinnvoll gewesen wäre, weil auch in diesem Falle in den Regionen 34 bis 43 eine Lücke verblieben wäre.
34Der von der Klägerin mit ihrem Berufungsantrag weiterhin geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung des für das Langzeitprovisorium gezahlten Honorars in Höhe eines weiteren Teilbetrages von 77 Euro steht der Klägerin aus den zutreffenden und von ihr nach wie vor nicht mit Substanz angegriffenen Gründen von S. 12 der angefochtenen Entscheidung nicht zu. Denn die Klägerin hat nach wie vor nicht substantiiert unter Vorlage von Belegen dargelegt, den Beklagten für die umstrittene Behandlung 3.000 Euro und somit 77 Euro mehr als unstreitig zurückerhalten überwiesen zu haben.
35Soweit die Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 29. Juni 2015 beantragt hat, ihr „Einblick in die Krankenunterlagen/Patientenkartei der Beklagten zu geben und die Beklagten insoweit zu verpflichten, die Krankenunterlagen zur Einsichtnahme an die Klägerin herauszugeben, zumindest in kopierter Form“ [S. 6 ihrer Stellungnahme vom 29. Juni 2015, Bl. 438 ff., 443 d. A.], steht dies einer Entscheidung über ihre Berufung nicht entgegen. Dies gilt schon deshalb, weil sich weder aus der Stellungnahme der Klägerin vom 29. Juni 2015 noch aus dem Akteninhalt im Übrigen erschließt, inwiefern sich aus den insbesondere im Rahmen der erstinstanzlichen Beweisaufnahme durch den Sachverständigen Dr. C sorgfältig ausgewerteten Behandlungsunterlagen der Beklagten neue Erkenntnisse ergeben können sollen, die eine für die Klägerin günstigere Beurteilung rechtfertigen könnten. Sofern der Antrag der Klägerin als Akteneinsichtsantrag auszulegen sein sollte, muss sich die Klägerin entgegenhalten lassen, dass ihr ausweislich der Akten seit Oktober 2011 bekannt ist, dass die Beklagten ihre Behandlungsunterlagen mit dem den Prozessbevollmächtigten der Klägerin abschriftlich zugeleiteten Schriftsatz vom 12. Oktober 2011 [Schriftsatz, Bl. 87 d. A.; Zuleitungsverfügung mit entsprechendem Erledigungsvermerk Bl. 87 R d. A.] im Original zu den Akten gereicht haben, und dass sie seit dieser Zeit sowohl in erster Instanz als auch in der Berufungsinstanz hinreichend Veranlassung und Gelegenheit hatte, die Akten einschließlich der eingereichten Behandlungsunterlagen einzusehen. Dieses Recht steht ihr selbstredend nach wie vor zu. Allerdings steht der Antrag der Klägerin einer Entscheidung über ihre Berufung nicht entgegen, weil sie auch im Rahmen der – auf ihren Antrag hin verlängerten Frist – zur Stellungnahme zu dem Senatsbeschluss vom 26. Mai 2015 hinreichend Gelegenheit zur Akteneinsicht hatte und mit ihrem Schriftsatz vom 29. Juni 2015 zudem nicht um eine – weitere – Verlängerung der Frist zur Stellungnahme zu dem Senatsbeschuss vom 26. Mai 2015 gebeten hat.
36Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
37Berufungsstreitwert: 34.254,00 Euro
38[ 22.304,00 Euro Antrag zu 1.; weiterer materieller Schaden, soweit vom LG nicht zuerkannt
39+ 11.950,00 Euro Antrag zu 2.; weiteres Schmerzensgeld, soweit vom LG nicht zuerkannt
40+ 0,00 Euro Antrag zu 3.; außer Ansatz (weitere vorgerichtliche RA-Kosten,
4134.254,00 Euro ] soweit vom LG nicht zuerkannt; weitere 1.413,99 Euro)
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.