Oberlandesgericht Köln Beschluss, 09. Apr. 2014 - 20 W 13/14
Gericht
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
1
G r ü n d e :
2Gegen den die Streitwertfestsetzung für den Vergleich abändernden Beschluss vom 16. Dezember 2013 führen sowohl der Kläger persönlich als auch die Prozess-bevollmächtigten der Beklagten Beschwerde. Die Anwälte des Klägers haben das Rechtsmittel nicht im eigenen Namen, sondern für ihren Mandanten eingelegt. Auf Seite 2 der Beschwerdeschrift heißt es zwar: „Wir… beantragen in unserem eigenen Namen…“ Demgegenüber wird eingangs des Schriftsatzes jedoch ausdrücklich „namens und in Vollmacht des Klägers und Beschwerdeführers“ Beschwerde ein-gelegt und der Antrag als „Beschwerdeantrag des Klägers und Beschwerdeführers“ bezeichnet. Bestehen Zweifel daran, wer die Beschwerde erhoben hat, so muss das Begehren ausgelegt werden (Zöller/Herget, ZPO, 30.Aufl., § 3 Rn.10). Der in der Beschwerdeschrift enthaltene Widerspruch ist dahin aufzulösen, dass das Rechts-mittel als dasjenige des Klägers persönlich gelten soll. Das folgt aus dem mehrfa-chen Hinweis auf die Eigenschaft des Klägers als Beschwerdeführer sowie dem Umstand, dass dessen Anwälte ersichtlich kein eigenes Interesse an einer Herab-setzung des Streitwerts haben.
3Die Beschwerde des Klägers ist gemäß § 68 Abs.1 GKG zulässig, diejenige der Prozessbevollmächtigten der Beklagten nach §§ 32 Abs.2 RVG, 68 Abs.1 GKG; an deren Beschwer fehlt es nicht schon deshalb, weil der festgesetzte Streitwert ihrer zuvor geäußerten Vorstellung entspricht.
4Die Rechtsmittel führen im Ergebnis dazu, dass der angefochtene Beschluss auf-gehoben und damit die ursprüngliche Festsetzung des Vergleichswerts wieder her-gestellt wird. Dem steht nicht entgegen, dass diese Entscheidung über den Beschwerdeantrag des Klägers hinausgeht. Sie wäre Im Übrigen selbst dann statt-haft, wenn allein über das Rechtsmittel der Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu befinden wäre; denn das Beschwerdegericht kann den Streitwert auch von Amts wegen ändern und ist nicht an die Anträge der Rechtsmittelführer gebunden, wes-halb auch das Verschlechterungsverbot im Streitwertrecht grundsätzlich nicht gilt (OLG Saarbrücken OLGR 2007,430; OLG Düsseldorf MDR 2009,1188; Zöller/Herget § 3 Rn.13).
5Die ursprüngliche, durch den angefochtenen Beschluss abgeänderte Streitwertfest-setzung trifft zu; der Vergleich hat keinen Mehrwert.
6Gegenstand des Rechtsstreits waren die Anträge auf Zahlung einer Berufsunfähig-keitsrente für die Zeit von Januar 2009 bis Dezember 2012, auf Feststellung der Leistungspflicht der Beklagten auch für die Zukunft sowie – im Wege der Stufenklage – auf Auskunft über etwaige Überschussanteile und auf deren Auszahlung. In dem vom Landgericht festgestellten Vergleich haben sich die Parteien schließlich auf eine Abfindungszahlung und die Beendigung der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung geeinigt. Der Wert dieses Vergleichs entspricht demjenigen des Rechtsstreits.
7Allerdings wird die Auffassung vertreten, in solchen Fällen komme der Beendigung des Versicherungsverhältnisses ein eigenständiger wirtschaftlicher Wert zu, weil der Versicherungsnehmer auf weitere Ansprüche auch aus künftigen Versicherungsfällen verzichte. Wenn zwar eine Feststellung des Fortbestehens der Versicherung nicht beantragt worden sei, die Parteien aber im Vergleichswege eine Einigung über die Beendigung des Berufsunfähigkeits-Versicherungsvertrags getroffen hätten, bestehe ein überschießender Vergleichswert, der in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der Fallgestaltung, dass eine Klage auf Leistung aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung mit einem Feststellungsantrag auf Fortbestehen des Versicherungsvertrags verbunden wird (BGH VersR 2012,76), mit einem Betrag von 20% der 3,5fachen Jahresrente zu bemessen sei (OLG Nürnberg, Beschluss vom 22.3.2012- 8 W 390/12 – juris; OLG Hamm VersR 2013,920). Dieser Ansicht vermag sich der Senat indes nicht anzuschließen.
8Maßstab für die Bestimmung des Vergleichswerts ist der Wert aller (rechtshängigen und nichtrechtshängigen) Ansprüche, die durch den Vergleich geregelt worden sind (Wöstmann, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4.Aufl., § 3 Rn.19 „Vergleich“); der Gegenstandswert erfasst alle streitigen, in den Vergleich einbezogenen Ansprüche (OLG Düsseldorf NJW-RR 2008,1697; Zöller/Herget § 3 Rn.16 „Vergleich“). Im Vergleich geregelt haben die Parteien die mit der Klage geltend gemachten Ansprü-che des Klägers auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung für die gesamte Vertragsdauer. Weitergehende Ansprüche sind in die vergleichsweise Beilegung des Rechtsstreits nicht einbezogen. Soll – wie hier – eine künftige Leistungspflicht festgestellt werden, sind sämtliche im Lauf der Zeit entstehenden Rentenansprüche schon jetzt zu dem Rechtsverhältnis zu rechnen, dessen Fest-stellung begehrt wird. Abgesehen von der bereits fälligen Rente und den für die Streitwertbemessung unbeachtlichen Nebenforderungen werden in dem Vergleich auch nur diese Ansprüche erledigt. Da aber der Vergleich nur die Ansprüche erledigt hat, die bisher schon Gegenstand des Rechtsstreits waren, ist sein Wert mit dem-jenigen des Rechtsstreits identisch und nicht etwa höher anzusetzen (BGH NJW-RR 2004,1219; OLG Stuttgart VersR 2010,366; Senat, Beschluss vom 17.12.2013 – 20 U 116/13 - ).
9Für das Beschwerdeverfahren werden weder Gerichtsgebühren erhoben noch Kosten erstattet (§ 68 Abs.3 GKG).
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(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
(1) Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gerichtlich festgesetzt, ist die Festsetzung auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend.
(2) Der Rechtsanwalt kann aus eigenem Recht die Festsetzung des Werts beantragen und Rechtsmittel gegen die Festsetzung einlegen. Rechtsbehelfe, die gegeben sind, wenn die Wertfestsetzung unterblieben ist, kann er aus eigenem Recht einlegen.
(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.