Oberlandesgericht Köln Urteil, 20. Nov. 2015 - 20 U 149/15
Gericht
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 24. August 2015 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln ‑ 26 O 40/15 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen, soweit die Berufung des Klägers in Bezug auf die Hauptanträge zurückgewiesen worden ist.
1
Gründe
2I.
3Der Kläger schloss mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine fondsgebundene Lebensversicherung mit Versicherungsbeginn zum 1. November 2007 ab. Mit Anwaltsschreiben vom 31. Juli 2014 erklärte er den Widerspruch nach § 5a VVG, hilfsweise die Kündigung. Die Beklagte bestätigte die Kündigung und zahlte dem Kläger einen Betrag von 5.726,06 € aus.
4Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten in erster Linie die verzinsliche Rückerstattung der geleisteten Prämien abzüglich des ausgekehrten Rückkaufswerts.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei berechtigt gewesen, dem Vertragsschluss noch im Jahr 2014 gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. zu widersprechen. Ihm sei keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilt worden; § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG sei wegen Verstoßes gegen europäisches Recht nicht anwendbar. Auch das Policenmodell als solches sei europarechtswidrig. Hilfsweise hat der Kläger im Wege der Stufenklage einen weitergehenden Rückkaufswert beansprucht.
5Der Kläger hat beantragt,
61. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.175,26 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Februar 2015 zu zahlen.
72. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 824,19 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
83. hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen,
9a. in prüfbarer und – soweit für die Prüfung erforderlicher – belegter Form darüber Auskunft zu erteilen, wie sich die Hälfte des ungezillmerten Deckungskapitals und der Rückkaufswert im Sinne der versprochenen Leistung darstellen und mit welchen Abschlusskosten und mit welchem Stornoabzug die Beklagte die Auszahlungsbeträge für den abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag belastet hat,
10b. die von der Beklagten erteilten Auskünfte durch die Vorlage entsprechender Unterlagen zu belegen,
11c. gegebenenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskünfte an Eides Statt zu versichern und
12d. die Beklagte zur Zahlung eines Betrages in einer nach der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 1. September 2011 zu verurteilen.
13Die Beklagte hat beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Die Beklagte hat in Abrede gestellt, dass der Kläger noch zum Widerspruch nach § 5a VVG a.F. berechtigt ist. Zu den Hilfsanträgen hat sie u.a. vorgetragen, keinen Stornoabzug erhoben zu haben.
16Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 24. August 2015, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, abgewiesen.
17Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlich gestellten Anträge zunächst in vollem Umfang weiterverfolgt hat. Die Hilfsanträge haben die Parteien, soweit es den Auskunftsanspruch über den Stornoabzug angeht, übereinstimmend für erledigt erklärt. Hinsichtlich der weiteren zum Stornoabzug verfolgten Hilfsanträge hat der Kläger sodann die Berufung zurückgenommen.
18Der Kläger hält die Widerspruchsbelehrung für inhaltlich fehlerhaft, weil diese zum Beginn der Frist auf die Überlassung der Unterlagen abstelle, ohne die Verbraucherinformationen zu erwähnen.
19Die Beklagte, die die Zurückweisung der Berufung beantragt, verteidigt das angefochtene Urteil.
20Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
21II.
22Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
231. Hauptantrag
24Der Kläger hat keinen Anspruch auf verzinsliche Erstattung der von ihm auf den Versicherungsvertrag geleisteten Prämien abzüglich des ausgekehrten Rückkaufswerts gemäß § 812 Abs. 1 BGB. Der Versicherungsvertrag ist auf der Grundlage des Policenmodells gemäß § 5a Abs. 1 VVG a.F. wirksam mit Versicherungsbeginn zum 1. November 2007 zustande gekommen. Der Kläger hat dem Vertragsschluss nicht binnen der vorliegend maßgebenden Frist von 30 Tagen nach Überlassung des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformationen widersprochen (§ 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F.). Der erst mit Anwaltsschreiben vom 31. Juli 2014 erklärte Widerspruch war verfristet.
25Nach § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. beginnt der Lauf der Frist erst, wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Unterlagen nach Absatz 1 (Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen nach § 10a VAG) vollständig vorliegen und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist.
26Dass dem Kläger die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformationen gemäß § 10a VAG mit dem Versicherungsschein übersandt wurden, ist zwischen den Parteien nicht im Streit.
27Die Widerspruchsbelehrung, die in dem 2-seitigen Policenbegleitschreiben vom 15. Oktober 2007 (Anlage K 2) enthalten ist, ist formal und inhaltlich nicht zu beanstanden. Sie lautet:
28Der Versicherungsvertrag gilt auf der Grundlage des Versicherungsscheines, insbesondere der Versicherungsbedingungen, als abgeschlossen, wenn Sie nicht innerhalb von 30 Tagen nach Überlassung der Unterlagen in Textform widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs.
29Im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben macht die Belehrung dem Versicherungsnehmer noch ausreichend deutlich, welche Unterlagen ihm vorliegen müssen, damit die Widerspruchsfrist beginnt. Allerdings erwähnt die Belehrung nicht ausdrücklich, dass dem Versicherungsnehmer neben dem Versicherungsschein und den Versicherungsbedingungen auch die Verbraucherinformationen vorliegen müssen, damit die Frist des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. beginnt. Der Senat hält dies aber für unschädlich. Die Belehrung stellt klar, dass die Widerspruchsfrist erst nach „Überlassung der Unterlagen“ beginnt. Damit ist verdeutlicht, dass weder alleine die Überlassung des Versicherungsscheins noch die Überlassung der Versicherungsbedingungen ausreichen, um die Frist in Gang zu setzen, sondern dass es vielmehr noch der Überlassung weiterer Unterlagen bedarf. Welche Unterlagen dies sind, erschließt sich dem Versicherungsnehmer aber ohne weiteres aus dem weiteren Text des Policenbegleitschreibens, auf das die Belehrung mit der Formulierung „Überlassung der Unterlagen“ ersichtlich Bezug nimmt. In dem Policenbegleitschreiben heißt es einleitend:
30„wir überreichen Ihnen als Anlage die Unterlagen zu der abgeschlossenen
31H Variable Fondspolice“.
32Bei diesen Unterlagen handelt es sich im Wesentlichen um den Versicherungsschein, die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformationen (vgl. Anlage K 3). Die Belehrung macht dem Versicherungsnehmer mithin unter Einbeziehung des Gesamtinhaltes des Policenbegleitschreibens noch hinreichend klar, dass der Lauf der Widerspruchsfrist auch die Überlassung der Verbraucherinformationen voraussetzt.
33Diese vom Senat bereits zu einer im Wortlaut identischen Belehrung vertretene Auffassung (Senatsurt. v. 6. Dezember 2013 - 20 U 144/13 -) hat der Bundesgerichtshof mit Hinweisbeschluss vom 30. Juni 2015 - IV ZR 16/14 - bestätigt, indem dort angeführt ist, der Senat habe mit revisionsrechtlich beanstandungsfreier Begründung die Ansicht vertreten, dass die Widerspruchsbelehrung unter Einbeziehung des Policenbegleitschreibens dem Versicherungsnehmer noch ausreichend deutlich mache, welche Unterlagen ihm vorliegen müssen, damit die Widerspruchsfrist beginnt. Der abweichenden Auffassung des OLG Hamm (Beschl. v. 24. Juli 2013 - 20 U 106/13 -) folgt der Senat nicht, zumal in dem dortigen Fall auch im Versicherungsschein die Verbraucherinformationen nicht erwähnt wurden, während vorliegend die „Verbraucherinformationen zu den Anlagemöglichkeiten“ im Versicherungsschein als „Beilagen zum Versicherungsschein“ angeführt worden sind (Anlage K 3; BL. 2 R des Versicherungsscheins). Entgegen der Auffassung des OLG Karlsruhe (Urt. v. 11. August 2015 - 12 U 41/15 -) wird trotz der Verwendung des Begriffs „Beilagen“ im Versicherungsschein hinreichend klar, dass es sich auch bei den unter diesem Begriff angeführten Verbraucherinformationen um Unterlagen im Sinne der Widerspruchsbelehrung handelt. Die Formulierung in der Belehrung und im Policenbegleitschreiben grenzt den Kreis der Unterlagen nicht ein, so dass für den Versicherungsnehmer nicht der Eindruck entstehen kann, die Verbraucherinformationen gehörten nicht zu den für den Fristbeginn maßgebenden Unterlagen.
34Die Belehrung ist auch in drucktechnisch deutlicher Form erfolgt. Dies fordert ausreichende Lesbarkeit und setzt die Verwendung einer hinreichend großen Schrift voraus (vgl. BGH, NJW 2011, 1061). Darüber hinaus muss sich der Belehrungstext in einer nicht zu übersehenden Weise (etwa durch farbliche Gestaltung, größere Buchstaben, Sperrschrift oder Fettdruck) aus dem übrigen Text hervorheben (vgl. BGH, NJW 2009, 3060). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Widerspruchsbelehrung ist in dem lediglich 2 Seiten umfassenden Policenbegleitschreiben durch Fettdruck und Unterstreichung vom sonstigen Text, der sonst keine fettgedruckten Abschnitte enthält, deutlich abgehoben. Er stellt überdies den letzten Absatz des Schreibens dar und befindet sich unmittelbar unter der Unterschrift der für die Rechtsvorgängerin der Beklagten handelnden Personen.
35§ 5 a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. fordert ferner eine Belehrung über den Beginn und die Dauer der Frist. Dazu gehört - neben dem unverzichtbaren Hinweis darauf, dass zur Wahrung der Frist die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs genügt (§ 5 a Abs. 2 Satz 3 VVG a.F.; vgl. BGH, VersR 2004, 497) ‑ die Benennung des Ereignisses, das die Frist in Lauf setzt (BGH, NJW 2009, 3572 und NJW 1994, 1800). Das konkrete Datum des Fristbeginns muss hingegen nicht angegeben werden; auch die Grundsätze der Fristberechnung (§§ 187 ff. BGB) müssen nicht mitgeteilt werden (BGH, NJW 2010, 3503). Schädlich sind insoweit nur Formulierungen, die einen von § 187 Abs. 1 BGB abweichenden Fristbeginn nahelegen (BGH, NJW 1994, 1800: „ab heute“; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12. Juli 2013 - I-4 U 152/12 -, wo die Belehrung dahin ging, dass die Frist schon mit dem Tag des vollständigen Erhalts der Unterlagen beginnt). Gemessen hieran ist die vorliegende Belehrung nicht zu beanstanden, denn sie benennt - was ausreichend ist - klar das Ereignis, das die Frist in Lauf setzt (Überlassung der Unterlagen), ohne - was nicht erforderlich ist - das konkrete Datum des Fristbeginns zu benennen. Die Formulierung, dass die Frist „nach Überlassung der Unterlagen“ beginnt, ist entgegen der Auffassung des Klägers, der meint, es müsse „nach Erhalt“ heißen (GA 18), nicht fehlerhaft. Die gewählte Formulierung entspricht vielmehr dem Gesetzestext des § 5a Abs.1 Satz 1 VVG a.F.
36Der Begriff der Textform muss nicht näher erläutert werden (BGH, VersR 2015, 876). Über die Rechtsfolgen des Widerspruchs muss ebenso wenig belehrt werden wie darüber, dass der Widerspruch ohne Angabe von Gründen erfolgen kann (vgl. zu Letzterem: BGH, Urt. v. 10. Juli 2015 - IV ZR 204/12 -). Auch über den Adressaten der Widerspruchserklärung muss nicht belehrt werden. Der Versicherungsnehmer weiß, dass der Versicherer sein Vertragspartner ist (vgl. BGH, aaO). Die Anschrift der Beklagten findet sich im Briefkopf des Policenbegleitschreibens.
37Da die Beklagte den Kläger mithin über sein Widerspruchsrecht wirksam belehrt und ihm die notwendigen Vertragsunterlagen mit Zusendung des Versicherungsscheins überlassen hat, hätte der Kläger das Widerspruchsrecht innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Unterlagen ausüben müssen, was vorliegend nicht geschehen ist.
38Ob § 5a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 S. 1 VVG a.F. gegen europäisches Recht verstößt, bedarf keiner Entscheidung. Der Senat ist auch nicht gehalten, dem EuGH die Frage vorzulegen, ob das Policenmodell im Einklang steht mit den Bestimmungen in Art. 31 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang II Buchstabe A der Richtlinie 92/96 EWG des Rates vom 10. November 1992 bzw. Art. 36 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang III Buchstabe A der die erstgenannte Richtlinie ablösenden Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 sowie mit Art. 15 der Zweiten Lebensversicherungsrichtlinie (Richtlinie 90/619/EWG vom 8. November 1990) bzw. Art. 35 der die vorgenannte Richtlinie ablösenden Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002. Einer Vorlage bedarf es deshalb nicht, weil es auf die Frage, ob das Policenmodell mit den in Rede stehenden gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen vereinbar ist, nicht entscheidungserheblich ankommt (vgl. dazu BVerfG, VersR 2015, 693).
39Hierzu hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass es einem Versicherungsnehmer, der mit Überlassung der Versicherungspolice die Versicherungsbedingungen, die Verbraucherinformationen und eine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung nach § 5a VVG a.F. erhalten hat, auch im Falle einer unterstellten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Policenmodells nach nationalem Recht gemäß den Grundsätzen von Treu und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt ist, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten (BGH, VersR 2014, 1065). Dem schließt sich der Senat an.
40Es bedarf auch keiner Vorlage an den EuGH zur Entscheidung darüber, ob das Recht zur Lösung vom Vertrag verwirkt sein kann. Die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben auf den Einzelfall obliegt dem nationalen Gericht. Die generellen Maßstäbe für eine Berücksichtigung der Gesichtspunkte von Treu und Glauben sind in der Rechtsprechung des EuGH geklärt (BGH, aaO, Rz. 42; BVerfG, aaO, Rz. 43 ff.). Danach ist eine missbräuchliche Berufung auf Gemeinschaftsrecht nicht gestattet (zuletzt etwa EuGH, ZfZ 2014, 100, Rz. 29). Rechtsmissbräuchliches Verhalten kann sich auf der Grundlage lediglich objektiver Kriterien ergeben, soweit die mit der einschlägigen Bestimmung verfolgten Zwecke beachtet werden (so insbes. EuGH, Slg. 2000, I-1705, Rz. 34). Wenn – wie vorliegend – der Versicherungsnehmer über sein Vertragslösungsrecht vor Wirksamwerden des Vertrags ordnungsgemäß belehrt wird und er die notwendigen Vertragsunterlagen rechtzeitig erhalten hat, dann sind die mit der Dritten Richtlinie Lebensversicherung angestrebten Ziele erreicht worden (s. BGH, aaO, Rz. 42; BVerfG, aaO, Rz. 47). Demgemäß ist es treuwidrig, wenn sich der solchermaßen belehrte und informierte Versicherungsnehmer unter Berufung auf ein (unterstelltes) gemeinschaftswidriges Zustandekommen des Vertrags von diesem nach Jahren wieder lösen will. Er würde sich dadurch gegenüber den vertragstreuen Versicherungsnehmern einen objektiv widerrechtlichen Vorteil verschaffen.
41Die Treuwidrigkeit des Verhaltens des Klägers ergibt sich vorliegend daraus, dass er den Vertrag bis zum Widerspruch mehr als 6 ½ Jahre lang durch Zahlung der Prämien durchgeführt und dadurch bei der Beklagten ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Vertrags begründet hat.
422.
43Die Klage hat auch mit den Hilfsanträgen keinen Erfolg.
44a)
45Die Berufung ist unzulässig, soweit der Kläger ausweislich der Berufungsanträge weiterhin einen Anspruch auf einen Mindestrückkaufswert bzw. den Rückkaufswert ohne Einbeziehung von Abschlusskosten verfolgt. Hierzu fehlt es an einer Berufungsbegründung.
46b)
47Der auf Mitteilung des Stornoabzugs gerichtete Auskunftsanspruch ist erfüllt; insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übereinstimmend für erledigt erklärt. Im Übrigen hat der Kläger die Berufung, soweit es den Stornoabzug angeht, zurückgenommen.
483.
49Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1, 516 Abs. 3 Satz 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Auch mit den Hilfsanträgen ist der Kläger letztlich unterlegen; soweit es die Auskunft über den Stornoabzug angeht, bleibt es im Rahmen der nach übereinstimmender Erledigungserklärung insoweit zu treffenden Kostenentscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO jedenfalls in Anwendung des Rechtsgedankens des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO bei der Kostenlast des Klägers.
50Der Senat lässt die Revision in Bezug auf die Hauptanträge zu, weil er - bei identischer Widerspruchsbelehrung und gleichem Text („Beilagen“) im Versicherungsschein – von der Rechtsauffassung des OLG Karlsruhe (aaO), das die Belehrung für unzureichend gehalten hat, abweicht.
51Berufungsstreitwert: 5.175,26 €
52Der Hilfsantrag ist nicht werterhöhend zu berücksichtigen, weil er gebührenrechtlich denselben Gegenstand betrifft (§ 45 Abs. 1 Satz 3 GKG). Das Anspruchsziel ist bei wirtschaftlicher Betrachtung identisch. Zudem schließen sich die mit Haupt- und Hilfsantrag erhobenen Ansprüche aus, weil die mit dem Hauptantrag verfolgten Ansprüche nur bei wirksamem Widerspruch, die mit dem Hilfsantrag geltend gemachten Ansprüche hingegen nur bei nicht wirksamem Widerspruch durchgreifen können. Auch deswegen ist § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG anzuwenden (vgl. BGH, NJW-RR 2003, 713; OLG Rostock, OLGR 2008, 170; Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 3 Rn. 16 „Eventual- und Hauptantrag“).
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(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.
(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.
(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.
(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.
(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.