Oberlandesgericht Köln Urteil, 01. Sept. 2016 - 15 U 60/16
Gericht
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 2.3.2016 (28 O 373/15) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2I.
3Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen eines Beitrags in der Sendung „U“ vom 6.6.2013 auf Zahlung einer Geldentschädigung in Anspruch. Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der erstinstanzlichen Anträge wird auf das erstinstanzliche Urteil (Bl. 106 ff. d.A.) Bezug genommen.
4Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 2.3.2016 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer Geldentschädigung scheitere jedenfalls daran, dass es an einem unabweisbaren Bedürfnis fehle. Zwar werde das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin durch den streitgegenständlichen Beitrag verletzt, weil durch die Unterstellung einer intimen Beziehung zu Herrn X rechtswidrig in ihre Privatsphäre eingegriffen werde. Dies müsse die Klägerin bei Abwägung der widerstreitenden Interessen nicht hinnehmen, wobei offen bleiben könne, ob es sich bei dem streitgegenständlichen Beitrag um eine von der Kunstfreiheit geschützte Satire handele. Denn auch die Kunstfreiheit finde ihre Grenze an dem durch Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht, wobei vorliegend zu berücksichtigen sei, dass die Behauptung einer intimen Beziehung unstreitig unwahr sei. Zudem werde diese vermeintliche Beziehung zwischen der Klägerin und Herrn X auch nur als Ausgangspunkt für spöttische Bezugnahmen auf frühere und aktuelle Geschehnisse genutzt, die den ehemaligen Bundespräsidenten beträfen. Auch die Veröffentlichung des Bildnisses der Klägerin sei rechtswidrig, weil sie zu einer Veröffentlichung außerhalb ihres beruflichen Wirkungskreises unstreitig keine Einwilligung erteilt habe und ihr rein privater Spaziergang mit Herrn X auch kein zeitgeschichtliches Ereignis darstelle, welches mit diesem Foto bebildert werden dürfe.
5Es fehle jedoch an einem unabweisbaren Bedürfnis für eine Geldentschädigung, weil die Klägerin beruflich in der Öffentlichkeit auftrete, in dem Beitrag nicht namentlich genannt werde und das Foto sie bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit zeige und nicht in einem privaten Moment oder – für sich betrachtet – in einer für sie abträglichen Situation oder Pose. In der tänzerischen Einlage des Moderators zu dem Lied „Sie liebt den DJ“ sei mangels Mitteilung vermeintlicher sexueller Details aus der Intimspähre der Klägerin nicht mehr enthalten als die unwahre Behauptung einer intimen Beziehung zu Herrn X. Demgegenüber hätten die früheren Berichterstattungen in den Printmedien gravierender in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin eingegriffen, weil sie mit zahlreichen Details der vermeintlichen Beziehung angereichert gewesen seien. Der Beklagten sei zum damaligen Zeitpunkt nicht bekannt gewesen, dass die in anderen Medien berichtete intime Beziehung zwischen der Klägerin und Herrn X in Wirklichkeit nicht bestand, so dass kein schweres Verschulden vorliege. Sie habe umgehend eine umfängliche Unterlassungserklärung abgegeben und die betreffenden Beiträge gelöscht. Die Klägerin habe die Sendung erst im November 2014, mithin beinahe 1 ½ Jahre nach der ersten Ausstrahlung zur Kenntnis genommen, ohne zuvor darauf angesprochen worden zu sein und habe zudem nach der erfolglosen Aufforderung zur Zahlung einer Entschädigung weitere zehn Monate mit der Klageerhebung zugewartet.
6Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt und verfolgt ihren erstinstanzlichen Antrag auf Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von mindestens 10.000 Euro weiter. Sie macht geltend, insbesondere die veralbernde gestische Darstellung des Geschlechtsaktes durch den Moderator stelle eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung dar. Hinsichtlich der weiteren Äußerungen des Moderator über Urlaubsreisen, Kreditaufnahmen und Amtsinhaberschaft von Herrn X sei für die Rezipienten der in den Anspielungen angeblich enthaltene Hinweis auf Bettina X nicht ohne weiteres erkennbar, so dass der Eindruck entstehe, sie – die Klägerin – sei eine naive Frau, die nur auf Geld, Macht und Einfluss achte. Bei einer Gesamtbetrachtung enthielten die streitgegenständlichen Äußerungen eine weitergehende Aussagekraft als dass lediglich das Bestehen einer intimen Beziehung behauptet werde.
7Die Klägerin macht weiter geltend, sie stehe nur als Künstlerin und unter Verwendung eines Pseudonyms in der Öffentlichkeit und gebe keine Informationen über ihr privates Umfeld preis. Die damaligen Umstände hätten dazu geführt, dass sie sich mit einer umfassenden medialen Aufmerksamkeit konfrontiert gesehen habe. Das Verschulden der Beklagten liege darin, sich auf Meldungen der Boulevardpresse verlassen zu haben, ohne bei ihr – der Klägerin – nachzufragen. Der Zeitablauf zwischen der Kenntnisnahme des Beitrags und der Klageerhebung beruhe auf der finanziellen und psychischen Belastung, die die Berichterstattung für sie mit sich gebracht habe.
8Die Klägerin beantragt,
9die Beklagten unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 2.3.2016 (28 O 373/15) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie eine immaterielle Geldentschädigung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die aber nicht unter 10.000 Euro liegen sollte.
10Die Beklagten beantragen,
11die Berufung zurückzuweisen.
12Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung und vertiefen ihre erstinstanzlichen Ausführungen. Sie sind der Ansicht, der durchschnittliche Rezipient erkenne bereits, dass es sich bei den Äußerungen nicht um Tatsachenbehauptungen, sondern um die satirische Auseinandersetzung mit Geschehnissen handele, die nur den ehemaligen Bundespräsidenten beträfen. Aufgrund der Einblendung der Schlagzeile aus den Printmedien werde eine intime Beziehung der Klägerin nicht behauptet, sondern als ergebnisoffene Frage dargestellt. Die Tanzeinlage des Moderators sei keine sexuelle Anspielung, sondern eine Parodie auf den Sänger des betreffenden Liedes, Herrn X2. Jedenfalls handele es sich nicht um eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung, weil keine sexuellen Details über die Klägerin offenbart würden. Die Klägerin sei durch das Foto nicht identifizierbar und habe in erster Instanz auch nicht behauptet, konkret durch den Fernsehbeitrag verursachte Beeinträchtigungen erfahren zu haben. Auch die Anspielungen auf die sog. X-Affären würden nicht – jedenfalls nicht zwingend – zu einem Eindruck führen, der Aussagen über das Verhalten der Klägerin enthalte. Schließlich sei auch die vom Landgericht durchgeführte Abwägung der Gesamtumstände zur Frage eines unabweisbaren Bedürfnisses nicht zu beanstanden.
13Hinsichtlich des weiteren Sachvortrags der Parteien wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
14II.
15Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.
16Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn soweit es sich bei den streitgegenständlichen Äußerungen um schwerwiegende Verletzungen des Persönlichkeitsrechts der Klägerin handelt, fehlt es jedenfalls aufgrund der vorliegenden Gesamtumstände sowie des geringen Grads des Verschuldens der Beklagten an einem unabweisbaren Bedürfnis für die Zubilligung einer Geldentschädigung.
17Im Einzelnen:
181. Eine schuldhafte Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts begründet einen auf den grundgesetzlichen Gewährleistungen der Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG fußenden (vgl. BVerfGE 34, 269; BVerfG, Beschl. v. 26.8.2003 - 1 BvR 1338/00, NJW 2004, 591) Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und deswegen eine Geldentschädigung erforderlich ist. Ob ein derart schwerer Eingriff anzunehmen und die dadurch verursachte nicht vermögensmäßige Einbuße auf andere Weise nicht hinreichend ausgleichbar ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Hierbei sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, also das Ausmaß der Verbreitung der Veröffentlichung, die Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessen- oder Rufschädigung des Verletzten, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen. Außerdem ist der besonderen Funktion der Geldentschädigung bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen Rechnung zu tragen, die sowohl in einer Genugtuung des Verletzten für den erlittenen Eingriff besteht als auch ihre sachliche Berechtigung in dem Gedanken findet, dass das Persönlichkeitsrecht gegenüber erheblichen Beeinträchtigungen anderenfalls ohne ausreichenden Schutz bliebe. Zudem soll die Geldentschädigung der Prävention dienen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Geldentschädigung nicht eine Höhe erreichen darf, die die Pressefreiheit unverhältnismäßig einschränkt (vgl. BGHZ 160, 298; BGHZ 199, 237; BGH, Urt. v. 21.4.2015 - VI ZR 245/14, NJW 2015, 2500; BVerfGE 34, 269).
192. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das Landgericht zunächst zutreffend eine Persönlichkeitsrechtsverletzung der Klägerin bejaht. Eine solche liegt zum einen in der Behauptung, sie unterhalte mit dem ehemaligen Bundespräsidenten eine intime Beziehung und zum anderen in der ohne Einwilligung bzw. ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 23 KUG erfolgten Veröffentlichung ihres Bildes.
20a. Durch die Äußerung des Moderators „Unser ehemaliger Bundespräsident D X hat eine neue Freundin. Das ist sie da unten: Eine E aus I“ wird die Behauptung aufgestellt, dass die Klägerin eine intimen Beziehung mit Herrn X unterhält. Dies ergibt sich schon aus dem reinen Wortlaut der Äußerung, die keinerlei Hinweise auf eine Fragestellung oder die Äußerung einer Vermutung enthält. Auch der Gesamtkontext des Beitrages steht einer solchen Auslegung nicht entgegen. Zwar wird gleichzeitig mit der Äußerung des Moderators der in Bezug genommene Printbeitrag eingeblendet, dessen Schlagzeile lautet: „Hat D X eine neue Freundin?“. Allein die damit gleichzeitig gestellte Frage vermag allerdings nicht zu relativieren, dass aus der Sicht eines durchschnittlichen Rezipienten diese Frage durch den Moderator gerade nicht wiederholt oder weitergegeben, sondern der Inhalt dieser Frage vielmehr in Form einer Behauptung, nämlich im Indikativ und ohne „hörbares“ Fragezeichen formuliert wird.
21Soweit die Beklagten geltend machen, schon aufgrund der bekannten „überspitzten und satirischen Art und Weise der Auseinandersetzung des Moderators mit Schlagzeilen aus anderen Zeitungen“ gehe der durchschnittliche Rezipient nicht davon aus, dass eine Tatsachenbehauptung aufgestellt würde, überzeugt dies jedenfalls im vorliegenden Gesamtkontext nicht. Es wird die Schlagzeile einer Zeitung eingeblendet, die die Frage nach einer möglichen Beziehung des ehemaligen Bundespräsidenten mit der Klägerin stellt und sodann folgt die Äußerung „Unser ehemaliger Bundespräsident D X hat eine neue Freundin“. Eine vermeintlich überspitzte und satirische Art und Weise der Auseinandersetzung mit der Schlagzeile ist in dieser Äußerung nicht zu erkennen.
22Selbst wenn angesichts dieser Äußerung noch Zweifel bestehen sollten, ob allein die Formulierung „... hat eine neue Freundin“ schon den Schluss auf eine (auch) intime sexuelle Beziehung ermöglicht, wird dieser Aussagegehalt spätestens durch die nachfolgende und vom Landgericht völlig zutreffend bewertete Tanzeinlage des Moderators, die eine klar erkennbare Anspielung auf einen Geschlechtsakt enthält und nicht lediglich eine Imitation der Bewegungen von Herrn X2, sowie durch die vermeintliche „Insiderinformation“, dass Herr X der Klägerin angeblich schon „seinen Großburgwedel“ gezeigt habe, eindeutig in eine sexuelle Richtung gelenkt. Die Deutung der Beklagten, der Moderator habe lediglich auf den Wohnort des ehemaligen Bundespräsidenten anspielen wollen, verfängt schon deshalb nicht, weil dann das verwendete maskuline Possessivpronomen keinen Sinn ergibt.
23Die unwahre Behauptung einer intimen Paarbeziehung stellt einen Eingriff in die Privatsphäre der Klägerin dar. Insofern kann auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen werden. Dieser Eingriff ist bei Abwägung der widerstreitenden Interessen von Klägerin und Beklagten rechtswidrig und zwar auch dann, wenn sich die Beklagten im Hinblick auf die im Gesamtkontext bestehende satirische Einfärbung der Äußerungen auf die Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG) berufen können. Die Kunstfreiheit ist zwar nicht mit einem ausdrücklichen Gesetzesvorbehalt versehen, findet jedoch ihre Grenzen unmittelbar in anderen Bestimmungen der Verfassung, die ein in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes ebenfalls wesentliches Rechtsgut schützen (vgl. BVerfG GRUR 2001, 149) und damit in den Grundrechten anderer Rechtsträger (vgl. BGH, Urt. 19.3.2014 – I ZR 35/13, juris Rn. 32). Insofern ist auch im Bereich der von der Kunstfreiheit geschützten Satire die unrichtige und ihrerseits das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzende Wiedergabe eines vermeintlichen Geschehens, welches aber tatsächlich nicht stattgefunden hat, nicht zulässig (vgl. Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Auflage, § 20 Rn. 18 m.w.N.).
24b. Ebenso liegt eine Verletzung des Rechts der Klägerin am eigenen Bild vor. Durch die eingeblendete Schlagzeile nebst Foto wird ein Bildnis der Klägerin im Sinn von § 22 KUG veröffentlicht, nämlich die Darstellung einer Person, die deren äußere Erscheinung in einer für Dritte erkennbaren Weise wiedergibt (vgl. BGH, Urt. v. 18.11.2010 – I ZR 119/08, juris Rn. 13). Da die Klägerin auf dem betreffenden Foto gut erkennbar ist und somit – unabhängig von ihrem Bekanntheitsgrad als E – von Freunden, Verwandten, Nachbarn etc. ohne weiteres zu identifizieren ist, sind diese Voraussetzungen hier erfüllt. Eine Einwilligung der Klägerin zur Veröffentlichung des Bildnisses im Wege der Einblendung der Berichterstattung während der Fernsehsendung, lag unstreitig nicht vor. Auch wenn es sich um ein Bildnis handelt, das für die berufliche Tätigkeit der Klägerin erstellt wurde, rechtfertigt dies nicht die Veröffentlichung im streitgegenständlichen Gesamtkontext, der nicht mit der Arbeit der Klägerin als E in Verbindung steht, sondern allein mit ihrer angeblichen persönlichen Verbindung zum ehemaligen Bundespräsidenten, wobei die berufliche Tätigkeit der Klägerin nur als Aufhänger für die Einkleidung in den Liedbeitrag („Sie liebt den DJ“) dient.
25Die Einwilligung der Klägerin ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG vorliegt. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, bildet das die Klägerin und den ehemaligen Bundespräsidenten zeigende Foto ein rein privates Ereignis, nämlich einen gemeinsamen Spaziergang der beiden ab, an dem unter Abwägung der widerstreitenden Interessen kein überwiegendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit besteht.
26c. In der weiteren Äußerung „Ja, aber man hört es läuft gut. Die beiden wollen schon bald zusammen einen Kredit aufnehmen und äh, ja, man hat gehört sie wollen sich auch im Sommer sogar zusammen in den Urlaub einladen lassen. Also: Es läuft, es läuft, es läuft“ liegt zwar keine eigenständige Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin, weil aus Sicht eines durchschnittlichen Zuschauers der Sendung „U“ mit diesen Äußerungen weder ausdrücklich behauptet noch nur der Eindruck erweckt wird, die Klägerin wolle tatsächlich mit Herrn X zusammen einen Kredit aufnehmen bzw. sich in seiner Begleitung in den Urlaub einladen lassen. Vielmehr handelt es sich um eine spottende, satirische Anmerkung zu den Ende 2011 der Öffentlichkeit bekannt gewordenen Affären des ehemaligen Bundespräsidenten. Mit dieser zusätzlichen Äußerungen wird allerdings, ebenso wie mit der nachfolgenden Formulierung „Ich glaub sie darf niemals erfahren, dass er nicht mehr Bundespräsident ist, dann es direkt vorbei glaube ich“, im Gesamtkontext das von den Beklagten gezeichnete, dem Geltungsanspruch der Klägerin abträgliche Bild ihrer Person verstärkt und diese zum Gespött der Zuschauer gemacht.
273. Die zu Lasten der Klägerin festgestellten Persönlichkeitsrechtsverletzungen sind auch schwerwiegend. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Klägerin ohne tatsächlichen Hintergrund als angebliche Geliebte des ehemaligen Bundespräsidenten einer breiten Öffentlichkeit präsentiert wird, der sie sonst – von beruflichen Auftritten unter Künstlerpseudonym abgesehen – nicht präsent war und ist. Aufgrund des nicht unerheblichen Verbreitungsgrades sowohl der Sendung „U“ als auch der in der Folgezeit bestehenden Abrufbarkeit des Beitrags im Internet hat das von den Beklagten weiterkolportierte Gerücht ein Millionenpublikum erreicht. Ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der vermeintlichen Paarbeziehung hätte selbst dann nicht bestanden, wenn diese tatsächlich vorgelegen hätte, da Herr X bereits ein Jahr vor Ausstrahlung des streitgegenständlichen Beitrags von seinem Amt zurückgetreten war und die nunmehr behauptete Beziehung zur Klägerin weder zu diesem Amt noch zu den damaligen Vorwürfen gegen seine Person in einem inneren Zusammenhang stand; vielmehr betraf sie allein die Privatsphäre der Klägerin sowie die von Herrn X. Die Schwere der vorliegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung beruht vorliegend weiter darauf, dass nicht nur eine in Wirklichkeit nicht bestehende intime Beziehung öffentlich gemacht, sondern diese zusätzlich vom Moderator in „Stammtischmanier“ kommentiert und die Klägerin sowohl durch die Tanzeinlage sowie das Wortspiel um den „Großburgwedel“ mit einem eindeutig sexuellen Bezug zum Gespött der Öffentlichkeit gemacht wurde.
28Dem im Zuge des Beitrags rechtswidrig veröffentlichten Bildnis der Klägerin wohnt zwar für sich kein besonderer Verletzungsgehalt inne, weil es sich zum einen um ein Foto handelt, welches die Klägerin im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit selbst verwendet, womit es auf Außenwirkung ausgerichtet ist. Auch zeigt das Bildnis die Klägerin in einer unverfänglichen und neutralen Pose, die keinen Hinweis auf den Inhalt der streitgegenständlichen Äußerungen (intimes Verhältnis mit dem Bundespräsidenten) enthält. Die besondere Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung liegt hier aber darin, dass dieses Bildnis dazu dient, die Klägerin in Verbindung mit der Verbreitung des unwahren Gerüchtes zu identifizieren und so ihre fehlende namentliche Nennung im Beitrag zu kompensieren.
294. Jedoch ist schon das Verschulden der Beklagten als gering einzustufen, da sie unstreitig – die Klägerin selbst spricht davon, dass der betreffende Vorgang schon aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr aufzuklären ist – bei Ausstrahlung des Beitrags nicht wusste, dass die vermeintliche Paarbeziehung zwischen der Klägerin und Herrn X tatsächlich nicht bestand. Insofern kann ihr lediglich vorgeworfen werden, die entsprechenden Meldungen der C-Zeitung bzw. der Zeitschrift C2 ungeprüft übernommen zu haben. Dies kann aber für sich allein nicht zum Vorwurf eines (bedingt) vorsätzlichen Verhaltens führen. Die in diesem Zusammenhang von der Klägerin aufgestellte These, einer Meldung der sog. Boulevard-Presse könne schlechthin nicht vertraut werden, hält der Senat für zu weitgehend. Jedenfalls im vorliegenden Fall ist zugunsten der der Beklagten zu berücksichtigen, dass der Beitrag in der Zeitschrift C2 auch eine Stellungnahme der Klägerin zu ihrer Beziehung mit Herrn X enthielt („Ja, es stimmt. D X und ich sind befreundet. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.“), so dass es sich den Beklagten zumindest nicht aufdrängen musste, dass die Klägerin mit der Berichterstattung nicht einverstanden war bzw. deren Inhalt sogar in Abrede stellte.
30Daneben ist bei der Bewertung der an die Beklagten zu stellenden Sorgfaltsanforderungen auch die Art des streitgegenständlichen Beitrags zu beachten: Es handelt sich vorliegend nicht um eine Presseberichterstattung, die das Ziel hatte, Meldungen aus anderen Zeitschriften weiterzugeben, sondern vielmehr um ein unterhaltendes Format, welches fremde Meldungen zu dem Zwecke öffentlich macht, sie satirisch zu kommentieren. Zwar wurde dadurch – wie oben dargelegt – im konkreten Fall auch eine eigene Tatsachenbehauptung im Hinblick auf die angebliche Beziehung der Klägerin zu Herrn X aufgestellt. Jedoch war nicht diese Behauptung Schwerpunkt des Beitrags, sondern die satirisch spottende Kritik am früheren Verhalten des ehemaligen Bundespräsidenten. Im Hinblick darauf kann den Beklagten allenfalls der Vorwurf gemacht werden, die rechtliche Grenzziehung bei der Wahrung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin fahrlässig verkannt zu haben.
315. Letztlich fehlt es jedenfalls – wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat – an einem unabweisbaren Bedürfnis für die Zubilligung einer Geldentschädigung. In diesem Zusammenhang kann zunächst auf die zutreffenden Ausführungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden. Ergänzend hält der Senat folgende Aspekte für maßgeblich, die gegen ein unabweisbares Bedürfnis auf Seiten der Klägerin und damit jedenfalls auch in der Gesamtabwägung mit dem geringen Verschulden der Beklagten gegen die Zubilligung einer Entschädigung sprechen:
32a. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass die Beklagten umgehend – die Beklagte zu 2) ohne eine außergerichtliche Aufforderung – eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben haben. Soweit die Klägerin geltend macht, dies sei nicht mit Rücksicht auf ihre Privatsphäre geschehen, sondern nur im Hinblick darauf, dass eine weitere Verbreitung des Beitrags für die Beklagten nicht mehr wirtschaftlich interessant gewesen sei, ändert dies an dem Umstand nichts, dass die Klägerin nicht gezwungen war, im Hinblick auf eine Unterlassungsforderung gerichtlich gegen die Beklagten vorzugehen. Bei dem Schreiben der Klägerin aus November 2014 handelt es sich um die erstmalige Aufforderung, die Ausstrahlung zu unterlassen. Da die Klägerin selbst den Beitrag erst zu diesem Zeitpunkt wahrgenommen hat, kann auf der anderen Seite nicht den Beklagten vorgeworfen werden, den Sendemitschnitt nicht schon zuvor bzw. ohne entsprechende Aufforderung nicht bereits gelöscht zu haben.
33b. Des weiteren muss auch Berücksichtigung finden, dass die Klägerin nach der von ihr vorgetragenen Kenntnisnahme des Beitrags im November 2014 fast ein ganzes Jahr zugewartet hat, bevor sie ihren Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung Anfang Oktober 2015 gerichtlich geltend gemacht hat. Das von ihr in diesem Zusammenhang angeführte Argument, sie habe mangels finanzieller Mittel und aufgrund der psychischen Belastung durch die gesamte Berichterstattung nicht früher handeln können, überzeugt in diesem Zusammenhang nicht. In anderen vor dem Senat geführten Verfahren war die Klägerin in der Lage, einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu stellen und die von ihr angeführte psychische Belastung durch die Berichterstattung hat sie jedenfalls nicht daran gehindert, gegen die Herausgeber der entsprechenden Printmedien den Erlass einer einstweiligen Verfügung zu beantragen.
34c. Schließlich ist auch unter Berücksichtigung der vorhandenen Sexualisierung der Anspielungen eine Geldentschädigung nicht geboten. Der Senat hält zwar – wie bereits dargelegt – die sowohl wörtlich („Großburgwedel“) als auch gestisch (Tanzeinlage) im Beitrag enthaltenen Anspielungen auf vermeintliche intime Geschehnisse zwischen der Klägerin und dem ehemaligen Bundespräsidenten für schwerwiegende Beeinträchtigungen des Persönlichkeitsrechts der Klägerin. Auf der anderen Seite ist bei der Frage, ob dafür eine Geldentschädigung zwingend geboten ist, auch zu berücksichtigen, dass diese Anspielungen von eher flüchtiger Natur waren und sich nicht in einer für den Rezipientenkreis dauerhaft wahrnehmbaren Schlagzeile o.ä. perpetuiert haben. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die sexuelle Komponente nicht den Schwerpunkt des Fernsehbeitrags bildete, sondern vielmehr die satirische Auseinandersetzung mit den vergangenen Anschuldigungen gegen den ehemaligen Bundespräsidenten.
356. Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich hinsichtlich der Kosten aus § 97 Abs. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 1 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, da die Beurteilung des Rechtsstreits auf der Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und im Übrigen auf den Einzelfallumständen beruht. Höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den konkreten Einzelfall hinaus von Interesse sein könnten, haben sich nicht gestellt und waren nicht zu entscheiden. Auch die Frage, ob das Zuwarten der Klägerin mit der Geltendmachung ihres Entschädigungsanspruchs diesem letztlich entgegensteht, ist eine Frage des Einzelfalls, die unter Abwägung aller konkreten Umstände entschieden werden muss und damit nicht pauschal im Sinne einer grundsätzlichen Klärung der Rechtslage beantwortet werden kann.
36Berufungsstreitwert: 10.000 Euro
moreResultsText
Annotations
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.