Hanseatisches Oberlandesgericht Beschluss, 02. Dez. 2015 - 8 W 117/15
Gericht
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 14.08.2015, Az. 327 O 128/11, wie folgt abgeändert:
Der Kostenfestsetzungsantrag der Antragstellerin vom 22.08.2013 wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert von 3.595,20 Euro.
Gründe
I.
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Mit ihrer sofortigen Beschwerde moniert die Antragsgegnerin, dass der Rechtspfleger des Landgerichts zu ihren Lasten eine 1,2 Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG festgesetzt hat.
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In dem vorangegangenen Verfügungsverfahren hatte die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 20.06.2013 (Teil-)Widerspruch gegen eine vom Landgericht mit Beschluss vom 16.03.2011 erlassene Einstweilige Verfügung erhoben, bei dem es sich um einen Vollwiderspruch gehandelt hatte. Hierin enthalten war eine Unterlassungsverpflichtungserklärung, was zur Aufhebung der Einstweiligen Verfügung führen sollte, sowie die Erklärung, dass sich die Antragsgegnerin bereits jetzt an eine etwaige Erledigterklärung der Antragstellerin anschließe. Schließlich regte die Antragsgegnerin „für diesen Fall eine Entscheidung über die Kosten nach § 91a ZPO im schriftlichen Verfahren“ an.
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Hierauf hatte die Antragstellerin die Hauptsache mit Schriftsatz vom 02.07.2013 für erledigt erklärt und sich der Anregung der Antragsgegnerin angeschlossen „die Kostenentscheidung gemäß § 91 a ZPO im schriftlichen Verfahren zu treffen...“.
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Mit Beschluss vom 12.08.2013 traf das Landgericht nach § 91a ZPO eine Entscheidung über die Kosten. Hiernach hatte von den Kosten des Erlassverfahrens die Antragstellerin 23 % und die Antragsgegnerin 77 % zu tragen und von den Kosten des Widerspruchsverfahrens die Antragsgegnerin 100 %. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragstellerin wurde mit Beschluss vom 22.07.2015 zurückgewiesen (Hanseatisches Oberlandesgericht, 3. Zivilsenat, 3 W 119/13).
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Das Landgericht ist in der Kostenfestsetzung der Auffassung der Antragstellerin gefolgt, nach der die Voraussetzungen für die Festsetzung einer 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG vorlägen: Es handele sich um eine Widerspruchssache, die nach § 924 ZPO eine mündliche Verhandlung erfordert habe. Beide Parteien seien sich nach ihren schriftsätzlichen Äußerungen einig gewesen, dass die Kostenentscheidung nach § 91a in einem schriftlichen Verfahren hat getroffen werden sollen.
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Diese Ansicht bekämpft die Antragsgegnerin mit ihrer sofortigen Beschwerde. Sie betont, dass vorliegend nach übereinstimmender Erledigterklärung eine Entscheidung nach § 91a ZPO ohne mündliche Verhandlung getroffen worden sei. Dies erfülle die Voraussetzungen von Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG nicht, weil die Entscheidung nicht auf einem Verfahren beruhe, für das eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben sei.
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Die Antragstellerin macht hiergegen geltend, die Antragsgegnerin übersehe, dass sie nicht lediglich einen Kostenwiderspruch sondern einen Vollwiderspruch erhoben habe.
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Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
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Die nach §§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist vollen Umfangs begründet.
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Eine der Kostenfestsetzung zugängliche 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG ist vorliegend nicht entstanden.
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Eine Terminsgebühr entsteht gemäß Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG auch, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien oder Beteiligten oder gemäß § 307 oder 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird. Daran fehlt es hier.
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Zwar ist der Antragstellerin darin beizupflichten, dass das zunächst betriebene Widerspruchsverfahren nach § 924 ZPO eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Es fehlt aber an der weiteren Voraussetzung, dass eine Entscheidung in diesem Verfahren im Einverständnis der Parteien ohne mündliche Verhandlung getroffen worden ist. Zwar haben die Parteien übereinstimmend erklärt, mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden zu sein. Für maßgeblich hält der Senat aber, dass vorliegend nach übereinstimmender Erledigterklärung der Parteien über die Kosten in dem Verfahren nach § 91a ZPO zu entscheiden gewesen ist. In diesem Verfahren fehlt es indes an der für das Entstehen der Gebühr hier maßgeblichen Voraussetzung, einer vorgeschriebenen mündlichen Verhandlung (ebenso zum Verfahren nach § 91a BGH NJW 2008, 668; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29.09.2006, Az. 16 WF 115/06, Rn. 5 - zitiert nach juris).
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Auch eine analoge Anwendung der Vorschrift scheidet vorliegend aus. Die höchstrichterliche Rechtsprechung betont insoweit, dass der Gesetzgeber trotz verschiedener Änderungen der ZPO und der maßgeblichen Kostenvorschriften den Fall der übereinstimmenden Erledigungserklärung mit der Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss nach §§ 91a, 128 Abs. 3, 4 ZPO nicht in die Ausnahmevorschrift der Nr. 3104 RVG VV aufgenommen hat. Das schließt eine Ausweitung der Ausnahmebestimmung auf diesen Fall im Wege der Analogie aus(BGH aaO).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
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Der Beschwerdewert entspricht dem vom Landgericht festgesetzten Betrag.
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(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.
(1) Gegen den Beschluss, durch den ein Arrest angeordnet wird, findet Widerspruch statt.
(2) Die widersprechende Partei hat in dem Widerspruch die Gründe darzulegen, die sie für die Aufhebung des Arrestes geltend machen will. Das Gericht hat Termin zur mündlichen Verhandlung von Amts wegen zu bestimmen. Ist das Arrestgericht ein Amtsgericht, so ist der Widerspruch unter Angabe der Gründe, die für die Aufhebung des Arrestes geltend gemacht werden sollen, schriftlich oder zum Protokoll der Geschäftsstelle zu erheben.
(3) Durch Erhebung des Widerspruchs wird die Vollziehung des Arrestes nicht gehemmt. Das Gericht kann aber eine einstweilige Anordnung nach § 707 treffen; § 707 Abs. 1 Satz 2 ist nicht anzuwenden.
(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.
(1) Über den Festsetzungsantrag entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Auf Antrag ist auszusprechen, dass die festgesetzten Kosten vom Eingang des Festsetzungsantrags, im Falle des § 105 Abs. 3 von der Verkündung des Urteils ab mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen sind. Die Entscheidung ist, sofern dem Antrag ganz oder teilweise entsprochen wird, dem Gegner des Antragstellers unter Beifügung einer Abschrift der Kostenrechnung von Amts wegen zuzustellen. Dem Antragsteller ist die Entscheidung nur dann von Amts wegen zuzustellen, wenn der Antrag ganz oder teilweise zurückgewiesen wird; im Übrigen ergeht die Mitteilung formlos.
(2) Zur Berücksichtigung eines Ansatzes genügt, dass er glaubhaft gemacht ist. Hinsichtlich der einem Rechtsanwalt erwachsenden Auslagen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen genügt die Versicherung des Rechtsanwalts, dass diese Auslagen entstanden sind. Zur Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen genügt die Erklärung des Antragstellers, dass er die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann.
(3) Gegen die Entscheidung findet sofortige Beschwerde statt. Das Beschwerdegericht kann das Verfahren aussetzen, bis die Entscheidung, auf die der Festsetzungsantrag gestützt wird, rechtskräftig ist.
Erkennt eine Partei den gegen sie geltend gemachten Anspruch ganz oder zum Teil an, so ist sie dem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen. Einer mündlichen Verhandlung bedarf es insoweit nicht.
Das Gericht kann sein Verfahren nach billigem Ermessen bestimmen, wenn der Streitwert 600 Euro nicht übersteigt. Auf Antrag muss mündlich verhandelt werden.
(1) Gegen den Beschluss, durch den ein Arrest angeordnet wird, findet Widerspruch statt.
(2) Die widersprechende Partei hat in dem Widerspruch die Gründe darzulegen, die sie für die Aufhebung des Arrestes geltend machen will. Das Gericht hat Termin zur mündlichen Verhandlung von Amts wegen zu bestimmen. Ist das Arrestgericht ein Amtsgericht, so ist der Widerspruch unter Angabe der Gründe, die für die Aufhebung des Arrestes geltend gemacht werden sollen, schriftlich oder zum Protokoll der Geschäftsstelle zu erheben.
(3) Durch Erhebung des Widerspruchs wird die Vollziehung des Arrestes nicht gehemmt. Das Gericht kann aber eine einstweilige Anordnung nach § 707 treffen; § 707 Abs. 1 Satz 2 ist nicht anzuwenden.
(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.
(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.
(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.
(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.
(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.