Hanseatisches Oberlandesgericht Urteil, 10. Feb. 2015 - 7 U 44/12

published on 10/02/2015 00:00
Hanseatisches Oberlandesgericht Urteil, 10. Feb. 2015 - 7 U 44/12
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Tenor

Auf die Berufung der Beklagten zu 1. wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 20. April 2012, Geschäftsnummer 324 O 628/10, hinsichtlich Ziffer I. des Tenors dahingehend abgeändert, dass die Beklagte zu 1. verurteilt wird, in der nach Rechtskraft dieser Entscheidung nächsten erreichbaren Ausgabe des Nachrichtenmagazins „Der S.“ im redaktionellen Teil Deutschland mit entsprechender Aufmachung wie die Erstmitteilung in „DER S.“ vom 23. 08. 2010, Seite 26 ff. „Angst und Verfolgungswahn“ unter Verwendung der Überschrift „Nachtrag“ mit Ankündigung im Inhaltsverzeichnis zu veröffentlichen:

„Im Magazin ‚DER S.‘ Nr. 34 vom 23. 08. 2010 ist ein Bericht unter der Überschrift ‚Angst und Verfolgungswahn‘ erschienen, in dem der damalige Chefjustitiar der H. Dr. W. G. erwähnt wird. In dem Bericht haben wir durch die Berichterstattung

Anfang 2009 habe ihn ein P.-Mitarbeiter gebeten, spätabends zum Seiteneingang der H.-Zentrale in der Hamburger Innenstadt zu kommen, um einen heiklen Spezialauftrag auszuführen. Chefjustitiar G. persönlich habe ihn ins Haus gelassen und in das Büro von M. F.-Z. begleitet, der damaligen Chefin der Unternehmenskommunikation. Dort sei zu seiner Überraschung auch ein hochrangiger Berater der P. AG gewesen. Die drei hätten ihm erklärt, R. sei ein übler Bursche, der überwacht werden müsse. Später habe er in R. Büro eine Wanze installiert. ‚Zielsetzung sei gewesen, einen Nachweis hinsichtlich inkorrekten Verhaltens gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, eventuell auch sexueller Belästigung am Arbeitsplatz zu erhalten‘, heißt es im Protokoll. ... Im Kern geht es um eine Frage: Ist es vorstellbar, dass der Justitiar der Bank tatsächlich bei angeblichen Spitzelaktionen gegen R. mitgemischt hat, ohne Wissen und Billigung des H.-Vorstandsvorsitzenden?

den Verdacht erweckt, der damalige H.-Chefjustitiar G. habe an den beschriebenen angeblichen Abhörmaßnahmen gegen F. R. mitgewirkt. Diesen Verdacht erhalten wir aus heutiger Sicht nicht aufrecht.

Der Verlag“

Die weitergehende Berufung der Beklagten zu 1. wird zurückgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz tragen die Parteien wie folgt: Von den Gerichtskosten haben der Kläger 10,7 %, die Beklagte zu 1. 39,7 % und die Beklagten zu 2. und 3. jeweils 24,8 % zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers haben die Beklagte zu 1. 39,7 % und die Beklagten zu 2. und 3. jeweils 24,8 % zu tragen; im Übrigen trägt der Kläger seine außergerichtlichen Kosten selbst. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. hat der Kläger 21,2 % zu tragen; im Übrigen trägt die Beklagte zu 1. ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2. hat der Kläger 22% zu tragen; im Übrigen trägt der Beklagte zu 2. seine außergerichtlichen Kosten selbst. Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 3. hat der Kläger 22% zu tragen; im Übrigen trägt der Beklagte zu 3. seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Kosten der zweiten Instanz vor der Entscheidung des Bundesgerichtshofs tragen die Parteien wie folgt: Von den Gerichtskosten haben der Kläger 16 %, die Beklagte zu 1. 64 % und die Beklagten zu 2. und 3. jeweils 10% zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers haben die Beklagte zu 1. 64 % und die Beklagten zu 2. und 3. jeweils 10 % tragen; im Übrigen trägt der Kläger seine außergerichtlichen Kosten selbst. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. hat der Kläger 20 % zu tragen; im Übrigen trägt die Beklagte zu 1. ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die Beklagten zu 2. und 3. tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Von den außergerichtlichen Kosten der zweiten Instanz nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs tragen der Kläger 20 % und die Beklagte zu 1. 80 %.

Die Kosten des Revisionsverfahrens VI ZR 76/14 tragen die Parteien wie folgt: Von den Gerichtskosten haben der Kläger 19,5 %, die Beklagte zu 1. 78 % und die Beklagten zu 2. und 3. jeweils 1,25 % zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers haben die Beklagte zu 1. 78 % und die Beklagten zu 2. und 3. jeweils 1,25 % tragen; im Übrigen trägt der Kläger seine außergerichtlichen Kosten selbst. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. hat der Kläger 20 % zu tragen; im Übrigen trägt die Beklagte zu 1. ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die Beklagten zu 2. und 3. tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1

gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 u. 2 ZPO:

2

I. Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte zu 1. gegen ein Urteil, mit dem ihr u.a. auferlegt worden ist, eine Richtigstellung zu veröffentlichen, dass der Kläger an Abhörmaßnahmen gegen das Vorstandsmitglied R. nicht mitgewirkt habe. Der Senat hat mit Urteil vom 28. Januar 2014 das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Beklagte zu 1. stattdessen verurteilt, unter der Überschrift „Richtigstellung“ eine Erklärung abzudrucken, dass sie den Verdacht erweckt habe, der Kläger habe an den angeblichen Abhörmaßnahmen gegen R. mitgewirkt, und sie diesen Verdacht nicht aufrechterhalte. Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung des Senats mit Urteil vom 18. November 2014 (Az.: VI ZR 76/14) auf die zugelassene Revision hin aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an den Senat zurückverwiesen.

3

Der Kläger war Chefjustitiar der H.AG. Die Beklagte zu 1) verlegt das Nachrichtenmagazin „Der S.“, in dessen Ausgabe 34/2010 am 23. August 2010 ein Beitrag „Angst und Verfolgungswahn“ über die H.AG erschien, der sich u.a. mit Vorgängen um die Entlassung des H.-Vorstandsmitglieds R. im April 2009 befasst und in dem die streitgegenständlichen Passagen enthalten sind (Anlage K 1).

4

Zum Sachverhalt im Einzelnen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie auf die Feststellungen im Urteil des Senats vom 28. Januar 2014 verwiesen. Der Senat hat durch Vernehmung der Zeugen U., F.-Z. und M. Beweis erhoben. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das gerichtliche Protokoll vom 10. Dezember 2013 (Bl. 353 - 355R d.A.) Bezug genommen.

5

Der Bundesgerichtshof hat beanstandet, dass der Senat ausgehend vom Vorbringen der Beklagten zu 1. die Rechtmäßigkeit der Verdachtsberichterstattung verneint habe. Bei einer zulässigen Verdachtsberichterstattung könne der Kläger nicht die vom Senat zuerkannte Richtigstellung, sondern nur eine nachträgliche Mitteilung verlangen, die die ursprüngliche Rechtmäßigkeit der Berichterstattung nicht in Frage stelle und unter Hinweis auf die zwischenzeitlich erfolgte Klärung des Sachverhalts ausführe, dass der Verdacht nicht mehr aufrechterhalten werde. Die Überschrift der Erklärung könne deshalb nicht „Richtigstellung“, sondern beispielsweise „Nachtrag zum Bericht vom…“ lauten.

6

Die Beklagte zu 1. trägt vor, ein Anspruch auf eine nachträgliche oder ergänzende Mitteilung könne nur dann bestehen, wenn der Betroffene dem Medium gegenüber bereits bei Geltendmachung des Anspruchs in geeigneter Weise evident nachweise, dass der Verdacht unbegründet sei. Eine Beweiserhebung über die Unbegründetheit in einem Prozess könne der Presse nicht zugemutet werden und würde diese in der Presse- und Meinungsfreiheit verletzen. Da der Kläger bei Geltendmachung des Anspruchs diesen Nachweis nicht erbracht habe, sei die Klage abzuweisen. Aber selbst wenn man die durchgeführte Beweisaufnahme berücksichtigte, bestehe der geltend gemachte Anspruch nicht, da der Kläger den Verdacht nicht vollständig ausgeräumt habe. Im Übrigen sei der Gesamtverdacht einer Beteiligung des Klägers an möglichen Machenschaften gegen R. noch nicht abschließend geklärt (vgl. Anlage BK 3).

7

Unabhängig davon fehle es inzwischen an einer noch fortdauernden Rufbeeinträchtigung des Klägers, da in dem Portal „JUVE“, in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 19. November 2014, in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 20. November 2014 und in einer Pressemitteilung der Prozessbevollmächtigten des Klägers (Anlagen BK 4 bis 8) darüber berichtet worden sei, dass sich der Verdacht (angeblich) als unbegründet erwiesen habe. Der Kläger habe auf diese Weise eine Rehabilitation erfahren, die der durch den begehrten Nachtrag zu erzielenden mindestens gleichkomme.

8

Jedenfalls bestehe kein Anspruch auf einen Nachtrag in der begehrten Form. Der Kläger habe die vom Bundesgerichtshof gemachten Vorgaben mehrfach missachtet. Es sei weder erforderlich, noch zumutbar oder angemessen, die nachträgliche Mitteilung im selben Teil des Heftes wie die Erstberichterstattung und unter entsprechender Ankündigung im Inhaltsverzeichnis abzudrucken. Die ellenlange wortwörtliche Wiedergabe der Erstmitteilung sei weder für das Verständnis noch für die Rehabilitation des Klägers erforderlich. Durch die Formulierung „Diesen Verdacht erhalten wir … nicht aufrecht“ werde sie (Beklagte zu 1.) gezwungen, persönlich von ihrer bisherigen Berichterstattung abzurücken, was nicht verlangt werden dürfe. Durch die Formulierung „haben wir … den Verdacht erweckt“ werde ebenfalls der unzutreffende Eindruck einer unzulässigen Berichterstattung erweckt. Die Mitteilung, dass der Verdacht „aus heutiger Sicht“ nicht aufrechterhalten werde, sage überhaupt nichts über die ursprüngliche Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Verdachtsberichterstattung aus.

9

Die Beklagte zu 1.) beantragt,

10

Ziffer I des Urteils des Landgerichts aufzuheben und die Klage diesbezüglich abzuweisen.

11

Der Kläger beantragt unter Rücknahme seiner Klage im Übrigen,

12

die Berufung der Beklagten zu 1. mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Beklagte zu 1. verurteilt wird, in der nach Rechtskraft dieser Entscheidung nächsten erreichbaren Ausgabe des Nachrichtenmagazins „Der S.“ im redaktionellen Teil Deutschland mit entsprechender Aufmachung wie die Erstmitteilung in „DER S.“ vom 23. 08. 2010, Seite 26 ff. „Angst und Verfolgungswahn“ unter Verwendung der Überschrift „Nachtrag“ mit Ankündigung im Inhaltsverzeichnis zu veröffentlichen:

13

„Im Magazin ‚DER S.‘ Nr. 34 vom 23. 08. 2010 ist ein Bericht unter der Überschrift ‚Angst und Verfolgungswahn‘ erschienen, in dem der damalige Chefjustitiar der H. Dr. Wolfgang G. erwähnt wird. In dem Bericht haben wir durch die Berichterstattung

14

Anfang 2009 habe ihn ein P.-Mitarbeiter gebeten, spätabends zum Seiteneingang der H.-Zentrale in der Hamburger Innenstadt zu kommen, um einen heiklen Spezialauftrag auszuführen. Chefjustitiar G. persönlich habe ihn ins Haus gelassen und in das Büro von M. F.-Z. begleitet, der damaligen Chefin der Unternehmenskommunikation. Dort sei zu seiner Überraschung auch ein hochrangiger Berater der P. AG gewesen. Die drei hätten ihm erklärt, R. sei ein übler Bursche, der überwacht werden müsse. Später habe er in R.s Büro eine Wanze installiert. ‚Zielsetzung sei gewesen, einen Nachweis hinsichtlich inkorrekten Verhaltens gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, eventuell auch sexueller Belästigung am Arbeitsplatz zu erhalten‘, heißt es im Protokoll. ... Im Kern geht es um eine Frage: Ist es vorstellbar, dass der Justitiar der Bank tatsächlich bei angeblichen Spitzelaktionen gegen R. mitgemischt hat, ohne Wissen und Billigung des H.-Vorstandsvorsitzenden?

15

den Verdacht erweckt, der damalige H.-Chefjustitiar G. habe an den beschriebenen angeblichen Abhörmaßnahmen gegen F. R. mitgewirkt. Diesen Verdacht erhalten wir aus heutiger Sicht nicht aufrecht.

16

Der Verlag“;

17

hilfsweise,

18

dass die Beklagte zu 1. verurteilt wird, in der nach Rechtskraft dieser Entscheidung nächsten erreichbaren Ausgabe des Nachrichtenmagazins „Der S.“ im redaktionellen Teil Deutschland mit entsprechender Aufmachung wie die Erstmitteilung in „DER S.“ vom 23. 08. 2010, Seite 26 ff. „Angst und Verfolgungswahn“ unter Verwendung der Überschrift „Nachtrag“ mit Ankündigung im Inhaltsverzeichnis zu veröffentlichen:

19

„Im Magazin ‚DER S.‘ Nr. 34 vom 23. 08. 2010 ist ein Bericht unter der Überschrift ‚Angst und Verfolgungswahn‘ erschienen, in dem der damalige Chefjustitiar der H. Dr. W. G. erwähnt wird. Wir haben durch die Berichterstattung

20

Anfang 2009 habe ihn ein P.-Mitarbeiter gebeten, spätabends zum Seiteneingang der HSH-Nordbank-Zentrale in der Hamburger Innenstadt zu kommen, um einen heiklen Spezialauftrag auszuführen. Chefjustitiar G. persönlich habe ihn ins Haus gelassen und in das Büro von M. F.-Z. begleitet, der damaligen Chefin der Unternehmenskommunikation. Dort sei zu seiner Überraschung auch ein hochrangiger Berater der P. AG gewesen. Die drei hätten ihm erklärt, R. sei ein übler Bursche, der überwacht werden müsse. Später habe er in R.s Büro eine Wanze installiert. ‚Zielsetzung sei gewesen, einen Nachweis hinsichtlich inkorrekten Verhaltens gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, eventuell auch sexueller Belästigung am Arbeitsplatz zu erhalten‘, heißt es im Protokoll. ... Im Kern geht es um eine Frage: Ist es vorstellbar, dass der Justitiar der Bank tatsächlich bei angeblichen Spitzelaktionen gegen R. mitgemischt hat, ohne Wissen und Billigung des H.-Vorstandsvorsitzenden?

21

über den Verdacht berichtet, der damalige H.-Chefjustitiar G. habe an den beschriebenen angeblichen Abhörmaßnahmen gegen F. R. mitgewirkt. Dieser Verdacht wird nach zwischenzeitlich erfolgter Einstellung des Verfahrens mangels Tatverdachts (§ 170 Abs. 2 StPO) nicht aufrecht erhalten.

22

Der Verlag“;

23

äußerst hilfsweise und für den Fall, dass dem vorstehenden Haupt- oder Hilfsantrag nicht entsprochen werden sollte, im Wege der Hilfsanschlussberufung unter Abänderung des Urteils des Landgerichts die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an den Kläger eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Entschädigung, mindestens jedoch einen Entschädigungsbetrag in Höhe von € 15.000,--, zu zahlen.

24

Die Beklagte zu 1. beantragt, diese Anträge des Klägers sowie die Hilfsanschlussberufung zurückzuweisen.

25

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf das Urteil des Landgerichts vom 20. April 2012, das Urteil des Senats vom 28. Januar 2014, das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18. November 2014 sowie auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

26

II. Nachdem der Kläger seinen bisherigen Berichtigungsanspruch eingeschränkt hat, hat die zulässige Berufung der Beklagten zu 1. in der Sache keinen Erfolg. Dem Kläger steht der nunmehr geltend gemachte Berichtigungsanspruch in entsprechender Anwendung von § 1004 BGB i.V.m. den §§ 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB, 186 StGB zu, da der von der Beklagten zu 1. veröffentlichte Verdacht unberechtigt ist, das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit in erheblichem Maße herabsetzt und diese Rufbeeinträchtigung fortdauert.

27

Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass eine Verdachtsberichterstattung einem Berichtigungsanspruch zugänglich ist. Dieses gilt, wie der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 18. November 2014 bekräftigt hat, auch in Fällen, in denen rechtmäßig über einen Verdacht berichtet worden ist (vgl. BGH, VI ZR 76/14, Rz. 38 ff.). Dem steht entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1. die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht entgegen. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 28. Januar 2014 näher ausgeführt hat, hat das Bundesverfassungsgericht in dem von der Beklagten zu 1. angeführten Fall (NJW 1997, 2589) den Berichtigungsanspruch im Falle einer rechtmäßigen Verdachtsberichterstattung nicht ausgeschlossen. Auch der von einer rechtmäßigen Verdachtsberichterstattung Betroffene kann unter Abwägung der beiderseitigen Grundrechtspositionen eine Berichtigung verlangen, da dem Betroffenen nicht zugemutet werden kann, dass sein berechtigtes Interesse an einer Rehabilitierung zum Schutze der Pressefreiheit gänzlich zurücktritt (BGH, a.a.O.). Das ebenfalls verfassungsrechtlich gewährleistete Recht der Persönlichkeit (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG), dessen Wahrung der Berichtigungsanspruch dient, zieht der Pressefreiheit Schranken. Im Konfliktfall sind beide Rechtspositionen gegeneinander abzuwägen (vgl. BGH NJW 1995, 861, 863, juris-Rz. 64). Vor diesem Hintergrund kann der Berichtigungsanspruch entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1. nicht davon abhängig gemacht werden, dass der Betroffene der Presse bereits bei Geltendmachung des Anspruchs die Ausräumung des Verdachts nachweist. Da ein derartiger Nachweis ohne die nur in einem Prozess zugänglichen Beweismittel nur in seltenen Ausnahmefällen geführt werden könnte, würde eine solche Voraussetzung dem aus dem Persönlichkeitsrecht folgenden Rehabilitierungsinteresse des Betroffenen nicht gerecht.

28

Der Kläger hat bewiesen, dass der Verdacht, dass er an Abhörmaßnahmen gegen F. R. mitgewirkt habe, unberechtigt ist. Davon ist der Senat - auch nach erneuter Überprüfung - aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme überzeugt. Zur Begründung verweist der Senat auf seine diesbezüglichen Ausführungen im Urteil vom 28. Januar 2014. Da nur dieser Verdacht Gegenstand des begehrten Nachtrages ist, ist nicht von Belang, ob ein anderer möglicherweise gegen den Kläger gerichteter Verdacht ausgeräumt ist.

29

Der von der Beklagten zu 1. über den Kläger verbreitete Verdacht ist schwerwiegend und ehrabschneidend. Da die mit dem Verdacht verbundene Rufbeeinträchtigung fortdauert (vgl. dazu auch BGH, VI ZR 76/14, Rz. 32), besteht ein Anspruch des Klägers auf Veröffentlichung einer Berichtigung. Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1. ist die Rufbeeinträchtigung nicht durch die Meldungen in dem Portal „JUVE“, in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 19. November 2014, in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 20. November 2014 und durch die Pressemitteilung seiner Prozessbevollmächtigten (Anlagen BK 4 bis 8) entfallen. Um die durch eine Presseveröffentlichung entstandene Rufbeeinträchtigung zu beseitigen, muss die Berichtigung möglichst den gleichen Empfängerkreis und Aufmerksamkeitswert wie die beanstandete Berichterstattung erreichen (BGH NJW 1995, 861, 863, juris-Rz. 62; Gamer in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., 13. Kapitel Rn. 91) woran es bei den genannten Mitteilungen ersichtlich fehlt. Für den Berichtigungsanspruch gilt ebenfalls der in den Regelungen des Gegendarstellungsrechts zum Ausdruck kommende Grundsatz der „Waffengleichheit“. Dies bedeutet, dass die Veröffentlichung grundsätzlich so erfolgen muss, dass die Berichtigung möglichst den gleichen Leserkreis und den gleichen Grad an Aufmerksamkeit wie die Erstmitteilung erreicht (vgl. Soehring in Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl., § 31 Rz. 23; Seitz/Schmidt, Der Gegendarstellungsanspruch, 4. Aufl., S. 170; Gamer, a.a.O.).

30

Der nunmehr vom Kläger verlangte und mit diesem Urteil zuerkannte „Nachtrag“ ist inhaltlich nicht zu beanstanden. Dabei kann offen bleiben, ob die Beklagte zu 1. vor der Veröffentlichung die von ihr behauptete Recherche durchgeführt hat und damit die Voraussetzungen einer rechtmäßigen Verdachtsberichterstattung erfüllt hat. Auch bei einer rechtmäßigen Verdachtsberichterstattung steht dem Kläger ein Anspruch auf Veröffentlichung dieser Nachtragserklärung zu.

31

Mit der Wahl der Überschrift „Nachtrag“ hat der Kläger den vom Bundesgerichtshof gestellten Anforderungen, dass für die Überschrift ein neutraler Begriff zu wählen ist, genügt. Der Bundesgerichtshof hat die Bezeichnung „Nachtrag“ in seinem Urteil ausdrücklich gebilligt (BGH, VI ZR 76/14, Rz. 43). Die Erklärung enthält auch den vom Bundesgerichtshof für erforderlich erachteten Hinweis auf die zwischenzeitliche Klärung des Sachverhalts, um die ursprüngliche Rechtmäßigkeit der Berichterstattung nicht in Frage zu stellen. Durch die Formulierung „aus heutiger Sicht“ wird dem Leser klar, dass die Nichtaufrechterhaltung des Verdachts nicht auf einer zu korrigierenden fehlerhaften Einschätzung der damaligen Verdachtslage, sondern auf im Nachhinein gewonnenen Erkenntnissen beruht. Der Mitteilung näherer Einzelheiten hierzu bedarf es nicht (vgl. BGH, a.a.O.).

32

Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1. sind die Formulierungen in der Erklärung auch nicht im Übrigen zu beanstanden. Die Formulierung „Diesen Verdacht erhalten wir … nicht aufrecht“ ist vom Bundesgerichtshof in der Revisionsentscheidung gebilligt worden (dort Rz. 44). Die Formulierung gibt der Beklagten lediglich auf, im Nachhinein aufgrund neuer Erkenntnisse von ihrer bisherigen Berichterstattung abzurücken, und erweckt beim Leser nicht den Eindruck einer insoweit fehlerhaften Erstberichterstattung. Soweit die Beklagte zu 1. befürchtet, zu einer „persönlichen“ Erklärung gezwungen zu werden, ist ihr entgegenzuhalten, dass ihr nicht verwehrt ist, im Rahmen der Veröffentlichung zum Ausdruck zu bringen, dass sie in Erfüllung eines gerichtlichen Urteils und nicht etwa aus freier Überzeugung erfolgt, solange sie die Erklärung nicht in unzulässiger Weise entwertet (vgl. BVerfGE 28, 1; Soehring, a.a.O., Rz. 25). Durch die Formulierung „haben wir … den Verdacht erweckt“ wird lediglich beschrieben, dass die Beklagte zu 1. durch die wiedergegebenen Passagen den Verdacht erweckt hat. Dass dieses in unzulässiger Weise geschehen sei, ist der Formulierung nicht zu entnehmen.

33

Die Abdruckmodalitäten sind dem Grundsatz der „Waffengleichheit“ geschuldet. Da die Erstmitteilung im Inhaltsverzeichnis angekündigt war, kann auch eine Ankündigung des Nachtrags im Inhaltsverzeichnis verlangt werden. Hierdurch wird erreicht, dass der Leser den Nachtrag ebenso leicht im Heft auffindet wie die Erstmeldung (vgl. Seitz/Schmidt, a.a.O., Seite 171). Gleiches gilt für die Anordnung, dass der Abdruck in demselben Teil des Heftes zu erfolgen hat (vgl. Soehring, a.a.O., Rz. 23). Die Länge der Erklärung ist auch in Anbetracht der ausführlichen Verdachtsschilderung in der Erstmitteilung nicht zu beanstanden. Sie beschränkt sich auf die für den Leser notwendigen Angaben, was dem Kläger im Einzelnen vorgeworfen wurde, und die knappe Feststellung, dass die Beklagte zu 1. diesen Verdacht aus heutiger Sicht nicht aufrechterhält.

34

Das weitere Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.

35

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 92, 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die maßgeblichen Rechtsfragen durch das in dieser Sache ergangene Urteil des Bundesgerichtshofs geklärt sind.

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um
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Annotations

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.