Oberlandesgericht Hamm Urteil, 03. Dez. 2013 - 9 U 69/13
Gericht
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 14. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 19.02.2013 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen – im Hinblick auf den Zinsanspruch sowie den Anspruch auf Freistellung von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 5.000,00 € seit dem 15.09.2009 und aus einem weiteren Betrag in Höhe von 5.000,00 € seit dem 11.05.2010 – abzüglich am 16.06.2011 gezahlter 3.000,00 € – zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte darüber hinaus verpflichtet ist, dem Kläger alle weiteren materiellen und nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden aus dem Vorfall vom 14.12.2008 in I zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.
Es wird weiter festgestellt, dass die Verpflichtung des Beklagten zur Leistung von Schadensersatz aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung herrührt.
Der Beklagte wird außerdem verurteilt, den Kläger von der Gebührenforderung der Rechtsanwälte L, T & Partner GbR aus N aufgrund der außergerichtlichen Tätigkeit in Höhe von 837,52 € freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Gründe:
2I.
3Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
4II.
5Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache lediglich im Hinblick auf den geltend gemachten Zinsanspruch sowie den Anspruch auf Freistellung von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten und lediglich in dem tenorierten Umfang Erfolg. Nur insoweit beruht das Urteil des Landgerichts auf einer Rechtsverletzung bzw. rechtfertigen die gemäß §§ 529, 531 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine für den Beklagten günstigere Entscheidung (§ 513 ZPO). Im Übrigen ist die Berufung des Beklagten unbegründet, weil das Urteil des Landgerichts im Ergebnis zutreffend ist.
6Die Voraussetzungen für eine Haftung des Beklagten dem Grunde nach gemäß § 823 Abs. 1 BGB und §§ 823 Abs. 2 BGB, 223 StGB liegen vor. Durch den Kniestoß in den Genitalbereich des Klägers hat der Beklagte vorsätzlich eine Körperverletzung und Gesundheitsschädigung des Klägers i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB herbeigeführt. Hierdurch hat er auch den Straftatbestand des § 223 StGB verwirklicht und damit ein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB verletzt.
71.
8Der Beklagte hat dem Kläger die durch die Körperverletzung entstandenen Schäden zu ersetzen, insbesondere hat er ihm gemäß § 253 Abs. 2 BGB ein Schmerzensgeld als Entschädigung für die immateriellen Beeinträchtigungen zu zahlen.
9Die Höhe des zuzubilligenden Schmerzensgeldes hängt nach gefestigter Rechtsprechung entscheidend von dem Maß der Lebensbeeinträchtigung ab, soweit diese bei Schluss der mündlichen Verhandlung bereits eingetreten oder als künftige Folge erkennbar und objektiv vorhersehbar ist (BGH, VersR 1995, 471). Die Schwere dieser Belastungen wird vor allem durch die Stärke, Heftigkeit und Dauer der erlittenen Schmerzen und Funktionsbeeinträchtigungen bestimmt, außerdem ist das Verschulden bei der Bemessung des Schmerzensgeldes zu berücksichtigen. Bei der Bezifferung des im Einzelfall jeweils angemessenen Schmerzensgeldes ist zur Wahrung der rechtlichen Gleichbehandlung ferner zu beachten, dass der ausgeurteilte Betrag sich in das Gesamtsystem der von den Gerichten entwickelten Schmerzensgeldjudikatur einfügt. Dies bedeutet, dass seine Größenordnung dem Betragsrahmen entsprechen muss, der in der überwiegenden Spruchpraxis für vergleichbare Verletzungsgrade zuerkannt wird.
10Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist der vom Landgericht für angemessen erachtete Betrag i.H.v. 10.000,00 € im Ergebnis nicht zu beanstanden. Insbesondere muss der Beklagte sich im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität auch die Entfernung des von ihm verletzten Hodens zurechnen lassen.
11Dem steht insbesondere nicht ein fehlerhaftes Verhalten der behandelnden Ärzte in der St. C Klinik I entgegen, die dem Kläger zur Entfernung des Hodens geraten und diesen schließlich auch entfernt haben.
12Die Zurechnung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass außer dem zum Schadensersatz verpflichtenden Ereignis auch andere Ursachen zur Entstehung des Schadens beigetragen haben, auch im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität reicht eine bloße Mitverursachung aus (Grüneberg, in: Palandt, BGB, 72. Auflage 2013, vor § 249 Rdn. 33). Dem Schädiger werden insoweit auch Fehler der Personen zugerechnet, die der Geschädigte zur Abwicklung oder Beseitigung des Schadens hinzuzieht, also auch Folgeschäden, die während der Behandlung durch ärztliche Kunstfehler entstehen (Grüneberg, a.a.O., vor § 249 Rdn. 47; Schiemann, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2005, § 249 Rdn. 67ff). Der Zurechnungszusammenhang entfällt erst dann, wenn der behandelnde Arzt in außergewöhnlich hohem Maße die an ein gewissenhaftes ärztliches Verhalten zu stellenden Anforderungen außer Acht gelassen und derart gegen alle ärztlichen Regeln und Erfahrungen verstoßen hat, dass der eingetretene Schaden haftungsrechtlich-wertend seinem Handeln allein und nicht mehr dem Handeln des Schädigers zuzurechnen ist (vgl. BGH, NJW, 2012, 2024ff, 2025; BGH, NJW 2003, 2311ff, 2314; BGH, NJW 1989, 767ff; OLG Köln, VersR 1994, 987; Grüneberg, in Palandt, a.a.O., vor § 249 Rdn. 47; Schiemann, in: Staudinger, a.a.O., § 249 Rdn. 64, 70; Wertenbruch, NJW 2008, 2962ff, 2964). Ein grob fehlerhaftes Verhalten des behandelnden Arztes unterbricht den Zurechnungszusammenhang dabei noch nicht, weil dies allein noch nicht so außergewöhnlich ist, dass der eingetretene Schaden haftungsrechtlich wertend dem Schädiger nicht mehr zugerechnet werden kann (OLG Köln, VersR 1994, 987; OLG Hamm, VersR 1992, 610; Schiemann, in: Staudinger, a.a.O., § 249 Rdn. 64, 70 – „schwerste Fehler“; Wertenbruch, NJW 2008, 2962ff, 2964 – der Arzt muss die ärztliche Sorgfalt in „gröblichster Weise“ außer Acht gelassen haben). Darüber hinaus entfällt der Zurechnungszusammenhang nach dem Schutzzweck der Norm, wenn die fehlerhafte Behandlung nicht durch die Unfallfolgen notwendig geworden, sondern nur „bei Gelegenheit“ erfolgt ist (vgl. BGH, NJW 1989, 767ff; OLG Köln, VersR 1994, 987; OLG Hamm, VersR 1992, 610; Wertenbruch, NJW 2008, 2962ff, 2964).
13Die oben genannten Behandlungsmaßnahmen sind aufgrund der Unfallfolgen und nicht nur „bei deren Gelegenheit“ erfolgt, weil der den Kläger ambulant behandelnde Urologe sowie die Ärzte in der St. C Klinik eine durch das von dem Beklagten verursachte Hämatom bedingte schmerzhafte Schwellung des Hodens für einen möglichen Tumor gehalten haben.
14Die Einwilligung des Klägers in die Operation steht der Zurechnung ebenfalls nicht entgegen, weil sie aufgrund der Empfehlung der behandelnden Ärzte in der St. C Klinik erfolgt ist, auf deren Urteil sich der Kläger verlassen durfte.
15Auf der Grundlage der in erster und in zweiter Instanz durchgeführten Beweisaufnahme steht auch nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass die behandelnden Ärzte in der St. C Klinik im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung in außergewöhnlich hohem Maße die an ein gewissenhaftes ärztliches Verhalten zu stellenden Anforderungen außer Acht gelassen und gegen alle ärztlichen Regeln und Erfahrungen verstoßen haben und dass deshalb ausnahmsweise von einer Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs auszugehen ist.
16Diesbezüglich hat der Sachverständige Prof. Dr. Dr. S in seinem schriftlichen Gutachten vom 14.11.2012 und im Rahmen der mündlichen Erläuterung und Ergänzung des Gutachtens im Senatstermin am 12.11.2013 ausgeführt, dass die von den Ärzten gestellte Verdachtsdiagnose zwar nicht nahe gelegen habe, jedoch vertretbar gewesen sei. Diesbezüglich sei zu berücksichtigen, dass die infolge der Hodenverletzung mit Hämatombildung im linken Hoden / Nebenhoden entstandene abakterielle Nebenhodenentzündung mit den festgestellten Symptomen eine nicht seltene Folge eines Hodentraumas mit Ausbildung eines Hämatoms sei. Darüber hinaus wüchsen Tumore in der Regel schmerzlos, während der Kläger Schmerzen beklagt habe. Nichtsdestotrotz habe die Möglichkeit eines Tumors neben der hämatombedingten Schwellung bestanden, die auch durch die normwertigen Tumormarker nicht auszuschließen gewesen sei.
17Fehlerhaft sei jedoch – so die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. S – die daraufhin in der St. C Klinik durchgeführte Entfernung des gesamten linken Hodens sowie die Entnahme einer Gewebeprobe aus dem rechten Hoden. Diesbezüglich hat der Sachverständige – in jeder Hinsicht plausibel und nachvollziehbar – ausgeführt, dass gerade im Hinblick auf die Vorgeschichte des Klägers zunächst lediglich eine Freilegung des linken Hodens hätte erfolgen dürfen, um eine Probebiopsie oder eine Enukleation, d.h. eine Entfernung des suspekten Gewebebereichs, durchzuführen. Nach der Freilegung des Hodens werde in der Regel zunächst eine Sichtprüfung vorgenommen. Wenn diese zu keinem klaren Ergebnis führe, werde während der Operation ein Schnellschnitt zur pathologischen Untersuchung des Gewebes durchgeführt, deren Ergebnis innerhalb von ca. 20 Minuten vorliege. Im Hinblick auf die zuvor erfolgte Verletzung des Klägers hätte – so die in jeder Hinsicht überzeugende Einschätzung des Sachverständigen – eine Entfernung des Hodens nicht ohne eine vorherige pathologische Untersuchung des Gewebes nach einem Schnellschnitt erfolgen dürfen.
18Dieser Fehler kann auf der Grundlage der weiteren Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. S jedoch nicht als solcher bewertet werden, bei dem im Sinne der oben dargelegten gefestigten Rechtsprechung in außergewöhnlich hohem Maße die an ein gewissenhaftes ärztliches Verhalten zu stellenden Anforderungen außer Acht gelassen und gegen alle ärztlichen Regeln und Erfahrungen verstoßen worden ist. Der Sachverständige hat diesbezüglich ausgeführt, dass eine Hodenentfernung auch durch eine schmerzhafte Prellung und fehlende Funktion des Hodens indiziert sein könne. Diesbezüglich sei zu berücksichtigen, dass der Kläger Hodenschmerzen beklagt habe und auch der Nebenhoden verändert gewesen sei, was eine Beeinträchtigung der Zeugungsfähigkeit und damit der Funktion des Hodens nahe gelegt habe. Darüber hinaus sei die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass Tumore im Hoden bösartig seien. Aufgrund dieser Umstände hat der Sachverständige den Fehler des operierenden Arztes noch nicht als grob bewertet, wenngleich die Grenze zu einem groben Fehler nach seiner Einschätzung sicherlich berührt sei. Ein Arzt, dem dieser Fehler unterlaufe, wäre in seinem Zuständigkeitsbereich – so der Sachverständige – allerdings nicht entlassen worden.
19Auf der Grundlage dieser in jeder Hinsicht überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen kann demnach zwar möglicherweise – wenngleich der Sachverständige sich auch diesbezüglich nicht eindeutig festgelegt hat – noch ein grober Behandlungsfehler des Operateurs bejaht werden. Nicht festgestellt werden kann jedoch ein Fehler, der im Sinne der oben dargelegten gefestigten Rechtsprechung über einen groben Behandlungsfehler hinausgeht und als außergewöhnlicher Verstoß gegen die an ein gewissenhaftes ärztliches Verhalten zu stellenden Anforderungen sowie alle ärztlichen Regeln und Erfahrungen zu werten ist.
20Diesbezüglich ist dem Kläger auch kein Eigenverschulden bzw. Mitverschulden i.S.v. § 254 Abs. 2 S. 1 BGB durch die Einwilligung in die Operation, ohne sich zuvor eine zweite Meinung einzuholen, vorzuwerfen. Da sich der Kläger in fachärztlicher Behandlung in der urologischen Abteilung der St. C Klinik befand, durfte er darauf vertrauen, dass bei gegebenem Anlass, also wenn die Diagnose bzw. die Erforderlichkeit der Hodenentfernung nicht sicher festgestanden hätten, er insoweit aufgeklärt bzw. ihm die Einholung einer zweiten Meinung empfohlen worden wäre (so im Ergebnis auch BGH, NJW 1997, 1635; OLG München, BeckRS 2005, 12298). Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger trotz entsprechender Aufklärung in die Operation eingewilligt hat, hat der Beklagte jedoch weder dargetan noch sind diese – auch im Hinblick auf die Angaben des Klägers im Rahmen seiner persönlichen Anhörung im Senatstermin – sonst ersichtlich.
21Unter Berücksichtigung dieser dem Beklagten aus den dargelegten Gründen zurechenbaren Verletzungsfolge entspricht der vom Landgericht für angemessen erachtete Betrag i.H.v. 10.000,00 € den Beträgen, die für vergleichbare Verletzungsfolgen zugesprochen wurden (vgl. insoweit auch – zitiert nach Hacks / Wellner / Häcker, Schmerzensgeldbeträge 2013 – OLG Nürnberg, Urteil vom 23.09.1997, Az.: 1 U 1983/97, Nr. 865; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 14.11.2001, Az.: 1 U 12/01, Nr. 867).
22Den Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Schmerzensgeldes hat der Beklagte durch die am 16.06.2011 geleistete Zahlung i.H.v. 3.000,00 € teilweise bereits i.S.v. § 362 BGB erfüllt.
232.
24Der Kläger hat gegen den Beklagten außerdem einen Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß §§ 288, 286 BGB.
25Verzug i.S.v. § 286 Abs. 1 BGB ist allerdings – insoweit ist die Entscheidung des Landgerichts unzutreffend – nicht bereits ab dem 21.04.2009 eingetreten. Entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts ist in dem Aufforderungsschreiben der Klägervertreter vom 06.04.2009 keine verzugsbegründende Mahnung i.S.v. § 286 Abs. 1 BGB zu sehen. Vielmehr hat der Kläger den Beklagten in diesem Schreiben lediglich dazu aufgefordert, seine Haftung anzuerkennen (vgl. insoweit auch Grüneberg, in: Palandt, a.a.O., § 286 Rdn. 17).
26Eine verzugsbegründende Mahnung ist auch nicht aufgrund des Antwortschreibens des Beklagten vom 18.04.2009 gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB entbehrlich. In diesem Schreiben liegt keine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung des Beklagten i.S.v. § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB, dies insbesondere im Hinblick auf die Mitteilung des Beklagten, dass er seinen Haftpflichtversicherer benachrichtigt habe.
27Vielmehr befand der Beklagte sich mit der Zahlung eines Teilbetrages i.H.v. 5.000,00 € ab dem 15.09.2009 in Verzug. Mit Schreiben vom 03.09.2009 hat der Kläger den gemäß § 5 Nr. 7 AHB vertretungsberechtigten Haftpflichtversicherer des Beklagten unter Fristsetzung bis zum 14.09.2009 zur Zahlung eines Vorschusses i.H.v. 5.000,00 € aufgefordert.
28Hinsichtlich des darüber hinausgehenden Schmerzensgeldanspruchs i.H.v. 5.000,00 € ist Verzug i.S.v. § 286 Abs. 1 BGB erst durch das Schreiben der klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 23.04.2010 eingetreten, mit dem diese den Haftpflichtversicherer des Beklagten aufgefordert haben, an den Kläger bis zum 10.05.2010 ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000,00 € zu zahlen.
293.
30Der Kläger kann gemäß § 249 Abs. 2 BGB als Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung außerdem die Freistellung von den außergerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten nach dem – vor der nach den anwaltlichen Aufforderungen geleisteten Zahlung des Beklagten – berechtigten Streitwert i.H.v. 13.000,00 € verlangen. Berechtigt ist gemäß Nr. 2300 VV RVG allerdings nur eine 1,3-fache Geschäftsgebühr, weil der Kläger nicht dargelegt hat, dass die Sache besonders umfangreich oder schwierig und deshalb eine darüber hinaus gehende 1,5-fache Geschäftsgebühr gerechtfertigt war. Zuzüglich der Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG sowie der Umsatzsteuer gemäß Nr. 700 VV RVG folgt ein Freistellungsanspruch i.H.v. 837,52 €.
314.
32Entsprechend dem Klageantrag war außerdem die Ersatzpflicht des Beklagten im Hinblick auf die weiteren Schäden festzustellen.
33Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 ZPO erforderliche rechtliche Interesse des Klägers an der Feststellung des Rechtsverhältnisses besteht im Hinblick auf die drohende Verjährung etwaiger weiterer Schadensersatzansprüche bereits dann, wenn künftige Schadensfolgen (wenn auch nur entfernt) möglich, ihre Art und ihr Umfang, sogar ihr Eintritt aber noch ungewiss sind (BGH NJW 2001, 3414; BGH NJW-RR 1989, 1367; Greger in: Zöller, ZPO, 29. Auflage 2012, § 256 Rdn. 8a), was insbesondere im Hinblick auf die durch die Hodenentfernung möglichen Folgen für die Zeugungsfähigkeit der Fall ist.
34Da die vorhersehbaren immateriellen Schäden allerdings – wie oben dargelegt – bereits bei der Bemessung des Schmerzensgeldes zu berücksichtigen sind, besteht das Feststellungsinteresse nur bzgl. der nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden.
355.
36Weiterhin hat das Landgericht zutreffend festgestellt, dass die Schadensersatzansprüche des Klägers – wie oben dargelegt – auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung des Beklagten beruhen.
37Diesbezüglich folgt das Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 ZPO bereits aus der fehlenden Möglichkeit der Restschuldbefreiung für Ansprüche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung im Falle des Insolvenzverfahrens gemäß § 302 Nr. 1 InsO (vgl. auch OLG Celle, Urteil vom 12.03.2003, Az.: 9 U 133/02).
386.
39Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2, 97, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
40Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht.
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Annotations
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.
(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.
(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
Von der Erteilung der Restschuldbefreiung werden nicht berührt:
- 1.
Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, aus rückständigem gesetzlichen Unterhalt, den der Schuldner vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährt hat, oder aus einem Steuerschuldverhältnis, sofern der Schuldner im Zusammenhang damit wegen einer Steuerstraftat nach den §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung rechtskräftig verurteilt worden ist; der Gläubiger hat die entsprechende Forderung unter Angabe dieses Rechtsgrundes nach § 174 Absatz 2 anzumelden; - 2.
Geldstrafen und die diesen in § 39 Abs. 1 Nr. 3 gleichgestellten Verbindlichkeiten des Schuldners; - 3.
Verbindlichkeiten aus zinslosen Darlehen, die dem Schuldner zur Begleichung der Kosten des Insolvenzverfahrens gewährt wurden.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.