Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 28. Okt. 2013 - 5 RVs 104/13
Gericht
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin insoweit entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Essen zurückverwiesen.
1
Gründe:
2I.
3Das Amtsgericht Essen hat den Angeklagten durch Urteil vom 19. Juni 2013 i.V.m. dem Rubrumsberichtigungsbeschluss vom 23. August 2013 wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung und Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe in Höhe von acht Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt.
4Gegen dieses ihm am 27. Juli 2013 und seinem Verteidiger am 29. Juli 2013 zugestellte Urteil hat der Angeklagte durch mit vorab am selben Tage per Telefax beim Amtsgericht eingegangenem anwaltlichen Schriftsatz vom 24. Juni 2013 „Rechtsmittel“ eingelegt, welches er mit am 05. August 2013 beim Amtsgericht vorab per Telefax eingegangenem anwaltlichen Schriftsatz als „Revision“ bezeichnet und gleichzeitig mit der allgemein erhobenen Sachrüge begründet hat. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Begründungsschrift vom 05. August 2013 Bezug genommen.
5Die Generalstaatsanwaltschaft hat unter dem 18. September 2013 mit näheren Ausführungen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verweisen wird, Stellung genommen.
6II.
7Die gemäß § 355 Abs. 1 StPO statthafte (Sprung-)Revision ist rechtzeitig eingelegt und form- und fristgerecht begründet worden.
8Sie hat mit der erhobenen Sachrüge zumindest vorläufig Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils insgesamt.
91.
10Zum einen liegt ein Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten bereits darin, dass die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen zum Tathergang lückenhaft sind und die Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB nicht tragen.
11Das Amtsgericht hat insoweit festgestellt, dass der Angeklagte die Nebenklägerin, die gegen die abgeschlossene Hotelzimmertür trommelte und um Hilfe schrie, wutentbrannt packte und ihr den Hals zudrückte, damit sie still sei.
12Weiter hat das Amtsgericht insoweit ausgeführt:
13„ (…)
14Er drückte mit beiden Händen den Hals zu, so dass die Zeugin keine Luft mehr bekam. Die Zeugin erlitt hierdurch Schmerzen und hatte Schluckbeschwerden. An ihrem Hals waren Rötungen vorhanden.
15(…)“.
16Diese Feststellungen belegen eine das Leben gefährdende Behandlung im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB nicht.
17Zwar muss - wie auch das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat - die Tathandlung im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB nicht dazu führen, dass das Opfer der Körperverletzung tatsächlich in Lebensgefahr gerät, sondern die jeweilige Einwirkung muss lediglich abstrakt geeignet sein, eine solche Gefährdung herbeizuführen. Danach kommt festes Würgen am Hals zwar grundsätzlich als geeignete Tathandlung in Betracht. Allerdings ist nicht jeder Angriff auf den Hals des Opfers in der Form des Würgens, der zu würgemalähnlichen Druckmalen oder Hautunterblutungen führt, eine das Leben gefährdende Behandlung im Sinne dieser Vorschrift. Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit vielmehr Dauer und Stärke der Einwirkung, zu denen sich die Urteilsfeststellungen je nach Lage des Falles verhalten müssen (st. Rspr. des Bundesgerichtshofs, vgl. z.B. BGH, NStZ-RR 2004, 44 m.w.N.; BGH, Urteil vom 25. Oktober 2005 zu 4 StR 185/05, zitiert nach juris Rn. 10 m.w.N.; BGH, Beschluss vom 12. März 2013 zu 4 StR 42/13, zitiert nach juris Rn. 4)
18Zu den näheren Umständen der Tatausführung, etwa dazu, ob der Nebenklägerin durch die Einwirkung des Angeklagten die Halsschlagader abgeschnürt wurde, enthalten die Urteilsgründe allerdings keine Feststellungen. Dies gilt gleichfalls für die hier möglicherweise bedeutsame Zeitspanne zwischen dem Eintritt der Atemnot bei der Nebenklägerin und dem Nichtweiterhandeln des Angeklagten.
19Der Senat hält es insoweit zwar für zweifelhaft, aber nicht für sicher ausgeschlossen, dass zur Art und Dauer der Wirkung auf den Hals noch weitere Feststellungen getroffen werden können. Die Sache bedarf somit bereits in Bezug auf den Schuldspruch wegen gefährlicher Körperverletzung und damit einhergehend bezüglich der Rechtsfolgenentscheidung neuer Verhandlung und Entscheidung.
202.
21Zum anderen bestehen durchgreifende Bedenken insoweit, als das Amtsgericht - ohne weitere Begründung - von zwei selbstständigen Handlungen ausgegangen ist und den Angeklagten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt hat (§§ 53 Abs. 2, 54 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 3 StGB). Ausgehend von dem gesamten Geschehensablauf im Hotelzimmer, wie er sich nach den (bisherigen) - allerdings lückenhaften - Urteilsfeststellungen darstellt, liegt vielmehr die Annahme einer natürlichen Handlungseinheit nahe.
22Natürliche Handlungseinheit, die das Tatgeschehen als einen im Ergebnis der Tateinheit gleichzusetzenden Ablauf erscheinen lässt, setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes voraus, dass ein Geschehen durch einen solchen unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen mehreren strafrechtlich erheblichen Verhaltensweisen gekennzeichnet ist, dass sich das gesamte Tätigwerden auch für einen „objektiven“ Dritten bei natürlicher Betrachtungsweise als ein einheitlich zusammengefasstes Tun darstellt (grundlegend: BGHSt 4, 219; vgl. auch: BGH, Urteil vom 25. September 1997 zu 1 StR 481/97, zitiert nach juris Rn. 24). Darüber hinaus müssen die strafrechtlich relevanten Verhaltensweisen des Täters Ausdruck eines einheitlichen Täterwillens sein (BGHSt 16, 397, 398; BGHSt 22, 67, 76; vgl. auch: BGH, Urteil vom 26. Juli 1977 zu 1 StR 348/77, zitiert nach juris Rn. 7). Daraus folgt, dass eine Mehrheit von Tathandlungen die Annahme der natürlichen Handlungseinheit begründen kann, wenn sie auf einer einzigen Entschließung beruhen (BGHSt 44, 223, 227; BGH, Beschluss vom 26. Juli 1977 zu 1 StR 348/77, zitiert nach juris Rn. 7). Der Wille, durch eine Mehrheit von Handlungen einen bestimmten Erfolg zu erzielen, bewirkt zusammen mit den anderen Voraussetzungen in diesem Fall die Handlungseinheit (BGH, Urteil vom 26. Juli 1977 zu 1 StR 348/77, zitiert nach juris Rn. 7).
23Auch wenn die genannten Grundsätze nicht zwingend dazu führen, dass für jede denkbare Fallgestaltung aus Rechtsgründen stets nur eine einzige Entscheidung der Frage, ob natürliche Handlungseinheit oder Tatmehrheit vorliegt, in Betracht kommt und die Entscheidung dieser Frage daher grundsätzlich der Beurteilung des Tatrichters überlassen bleiben muss (BGHSt 4, 219; BGH, Urteil vom 25. September 1997, 1 StR 481/97, zitiert nach juris Rn. 24), ist die - nicht näher begründete - Annahme von Tatmehrheit durch das Amtsgericht nicht nachvollziehbar.
24Denn bei lebensnaher Betrachtung spricht viel dafür, dass das gesamte, alle Tathandlungen des Angeklagten gegenüber der Nebenklägerin umfassende Geschehen, das sich zwischen beiden im gemeinsam bewohnten Hotelzimmer und damit in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang abgespielt hat, sich auf den (einen) Entschluss des Angeklagten gründete, an das Mobiltelefon der Nebenklägerin zu gelangen, um darin gespeicherte Inhalte, insbesondere die an seine Ehefrau übersandten Inhalte, zu sichten und möglicherweise zu löschen. Dass der Angeklagte - nachdem er sich auf die zu Boden geworfene Nebenklägerin gesetzt, sie fixiert, ihr ins Gesicht geschlagen und den Besitz an dem Handy erlangt hatte - erkannte, dass er zur Erreichung dieses Ziels den PIN benötigte, und er diesen gleichfalls von der Nebenklägerin erfahren wollte (was im weiteren Geschehensablauf u.a. dazu führte, dass er die Zimmertür abschloss und sie am Hals würgte, als sie gegen die Tür trommelte und um Hilfe rief), führt - für sich genommen – jedenfalls nicht ohne Weiteres zur Annahme von Tatmehrheit.
25Demgegenüber lässt sich den – lückenhaften – Urteilsfeststellungen allerdings auch nicht sicher entnehmen, dass der Angeklagte aufgrund seines zunächst gefassten Tatentschlusses ausschließlich in den Besitz am Mobiltelefon gelangen wollte (um ausschließlich weiteres Versenden von Bildern und/oder Nachrichten an die Ehefrau durch die Nebenklägerin zu verhindern) und er erst nach dessen Erlangung - aufgrund einer neuen Entschließung – sich auch mit dessen gespeicherten Inhalten beschäftigen wollte, wozu der PIN erforderlich war, was dann im weiteren Verlauf zum Würgen der Nebenklägerin führte.
26Da somit mehrere, rechtlich unterschiedlich zu beurteilende Geschehensalternativen denkbar sind, bedarf die Sache auch in Bezug auf die Frage, ob zwei selbstständige Handlungen vorliegen oder ob natürliche Handlungseinheit anzunehmen ist, die sich neben dem Schuldausspruch auch auf den Rechtsfolgenausspruch auswirkt, erneuter Verhandlung und Entscheidung. Auch insoweit ist nicht ausgeschlossen, dass noch entsprechende Feststellungen getroffen werden können.
273.
28Darüber hinaus geben die Ausführungen des Amtsgerichts im Rahmen der Strafzumessung Anlass zu der Besorgnis, dass die getroffenen Strafzumessungserwägungen rechtsfehlerhaft sind, insbesondere dass wesentliche Strafzumessungsgesichtspunkte übersehen worden sind.
29Zwar ist die Strafzumessung nach gefestigter Rechtsprechung grundsätzlich Sache des Tatrichters. Strafzumessungserwägungen des Tatrichters kann der Senat nur dahin überprüfen, ob sie in sich fehlerhaft sind, das Tatgericht rechtlich anerkannte Strafzwecke außer Betracht gelassen hat oder sich die Strafe von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, gelöst hat, so dass sie sich nicht mehr innerhalb des Spielraums befindet, der dem Tatrichter bei der Strafzumessung eingeräumt wird (vgl.: BGHSt 17, 35, 36; BGHSt 20, 264, 266; vgl. auch: KG Berlin, Urteil vom 20. Dezember 1996, zu (3) 1 Ss 230/96 (85/96), zitiert nach juris Rn. 4).
30Die Strafzumessungserwägungen des Amtsgerichts entsprechen diesen Grundsätzen nicht. Dies trifft sowohl auf die Verhängung der Einzelstrafen als auch auf die Gesamtstrafenbildung zu.
31Zum einen lassen die Ausführungen des Amtsgerichts im Rahmen der Strafzumessung besorgen, dass wesentliche Gesichtspunkte zugunsten des Angeklagten sowohl in Bezug auf die Festsetzung der Einzelstrafen als auch im Rahmen der Gesamtstrafenbildung nicht oder nicht richtig gewichtet worden sind.
32Das Amtsgericht hat nicht mildernd berücksichtigt, dass der Angeklagte aufgrund des hier zugrundeliegenden Vorfalls seine gesicherte berufliche Existenz verloren hat (vgl. dazu: Fischer, StGB, 60. Aufl., § 46 Rn. 34 c m.w.N.). So musste er seine Tätigkeit als Vertriebsleiter bei der Fa. X aufgeben und ist derzeit lediglich befristet als Key Account Manager beschäftigt. Auch den als wesentlich anzusehenden Umstand, dass es sich um eine situationsgeprägte Spontantat handelte und dem Tatgeschehen vorausgegangen war, dass die Nebenklägerin durch die Übersendung des gemeinsamen Urlaubsbildes die insoweit ahnungslose Ehefrau des Angeklagten, von der er sich gerade nicht zu trennen beabsichtigte, ohne nachvollziehbaren Anlass - auch aus Sicht des Angeklagten - in besonderem Maße gedemütigt und provoziert und damit die Ehe des Angeklagten akut gefährdet hatte, hat das Amtsgericht nicht zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt. Rechtlich war die ausdrückliche Erörterung allerdings angesichts der Entwicklung des Tatgeschehens angezeigt. Denn dem Täter eines vorsätzlichen Körperverletzungsdelikts kommt es zugute, wenn das Opfer – wie häufig und auch hier – zu der Situation beigetragen hat, aus der heraus die Tat begangen wird (vgl. dazu: BGH, Beschluss vom 31. Januar 2007 zu 5 StR 514/06, veröffentlicht bei juris). Insbesondere in Fällen vorangegangener erheblicher Provokation des Täters bzw. eines nahen Angehörigen durch das Opfer gilt der Rechtsgedanke des § 213 StGB bei allen Körperverletzungsdelikten als Strafmilderungsgrund. Dieser ist nicht nur als allgemeine Strafzumessungserwägung zu berücksichtigen, sondern führt in der Regel sogar zur Annahme eines minder schweren Falles (BGH, Beschluss vom 15. März 2011 zu 5 StR 44/11, zitiert nach juris Rn. 2; BGH, Beschluss vom 17. März 2011 zu 5 StR 4/11, zitiert nach juris Rn. 5 m.w.N. – jeweils zu § 224 Abs. 1 StGB) und muss vor diesem Hintergrund - in Konstellationen wie der vorliegenden - ausdrücklich erörtert werden.
33Soweit das Amtsgericht zum anderen zu Lasten des Angeklagten die Tatfolgen in Gestalt von aktuell bestehenden Angststörungen, depressiven Störungen, Schlafstörungen und Panikattacken der Nebenklägerin berücksichtigt hat, fehlt es an tragfähigen Feststellungen dazu, dass diese Folgen ausschließlich durch das Tatgeschehen verursacht worden sind (vgl. dazu: Fischer, StGB, 60. Aufl., § 46 Rn. 34).
34III.
35Aufgrund der aufgezeigten Mängel war das Urteil insgesamt mit den zugrundeliegenden Feststellungen gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Essen gemäß § 354 Abs. 2 StPO zurückzuverweisen, die auch über die Kosten der Revision und die der Nebenklägerin insoweit entstandenen notwendigen Auslagen (§ 472 StPO) zu befinden hat, da deren Erfolg im Sinne des § 473 StPO nicht feststeht.
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Wird ein Urteil aufgehoben, weil das Gericht des vorangehenden Rechtszuges sich mit Unrecht für zuständig erachtet hat, so verweist das Revisionsgericht gleichzeitig die Sache an das zuständige Gericht.
(1) Wer die Körperverletzung
- 1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, - 2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs, - 3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls, - 4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder - 5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
(2) Der Versuch ist strafbar.
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.
(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.
(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.
War der Totschläger ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem Angehörigen zugefügte Mißhandlung oder schwere Beleidigung von dem getöteten Menschen zum Zorn gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen worden oder liegt sonst ein minder schwerer Fall vor, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
(1) Wer die Körperverletzung
- 1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, - 2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs, - 3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls, - 4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder - 5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
(2) Der Versuch ist strafbar.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
(1) Die dem Nebenkläger erwachsenen notwendigen Auslagen sind dem Angeklagten aufzuerlegen, wenn er wegen einer Tat verurteilt wird, die den Nebenkläger betrifft. Die notwendigen Auslagen für einen psychosozialen Prozessbegleiter des Nebenklägers können dem Angeklagten nur bis zu der Höhe auferlegt werden, in der sich im Falle der Beiordnung des psychosozialen Prozessbegleiters die Gerichtsgebühren erhöhen würden. Von der Auferlegung der notwendigen Auslagen kann ganz oder teilweise abgesehen werden, soweit es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.
(2) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, ein, so kann es die in Absatz 1 genannten notwendigen Auslagen ganz oder teilweise dem Angeschuldigten auferlegen, soweit dies aus besonderen Gründen der Billigkeit entspricht. Stellt das Gericht das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig ein, gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen, die einem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsen sind. Gleiches gilt für die notwendigen Auslagen eines Privatklägers, wenn die Staatsanwaltschaft nach § 377 Abs. 2 die Verfolgung übernommen hat.
(4) § 471 Abs. 4 Satz 2 gilt entsprechend.
(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.
(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.
(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.
(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.
(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag
- 1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder - 2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.