Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 21. Jan. 2016 - 32 SA 69/15
Gericht
Tenor
Sachlich zuständig ist das Amtsgericht Hagen.
1
Gründe:
2I.
3Das Verfahren liegt dem Senat zur Bestimmung des zuständigen Gerichts gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO vor.
4Der Kläger trägt zur Begründung seiner Klage Folgendes vor:
5Er habe bei einem Verkehrsunfall auf dem Weg zur Arbeit, für den ihm die Beklagten – der Beklagte zu 1) als Halter, die Beklagte zu 2) als Haftpflichtversicherer - dem Grunde nach (unstreitig) schadensersatzpflichtig sind, am 20.02.2013 eine Thoraxprellung und eine Sternum(Brustbein-)fraktur erlitten. Er sei wegen dieser Verletzungen stationär vom 20.02. bis 23.02.2013 und ambulant weiter bis zum 12.07.2013 behandelt worden und insgesamt 5 Monate erwerbsunfähig gewesen. Es bestehe seitdem eine Minderung der Erwerbstätigkeit von 10%, die auch dauerhaft verbleibe. Er leide heute noch verletzungsbedingt – jeweils bei Belastung – unter Schmerzen in der Brust und im Rücken, könne keine Lasten über 20 kg alleine tragen und nicht mehr über dem Kopf arbeiten.
6Der Verkehrsunfall ist durch die zuständige Berufsgenossenschaft als Wegeunfall anerkannt worden.
7Der Kläger hat mit der vor dem Amtsgericht Hagen erhobenen Klage zunächst ein angemessenes Schmerzensgeld von nicht unter 2.000 € (6.000 € abzüglich gezahlter 4.000 €) verlangt.
8Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat das Amtsgericht Hagen darauf hingewiesen, dass „die Anpassung des Klageantrags an das gesamte Vorbringen gegebenenfalls angezeigt wäre“. Unter Bezugnahme auf die mündliche Verhandlung hat der Kläger mit Schriftsatz vom 01.07.2015 die Klage um den Antrag erweitert, festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche weiteren immateriellen und materiellen Schäden aus dem Unfallereignis vom 20.02.2013 zu ersetzen, soweit er nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen ist.
9Zur Begründung hat er ausgeführt, er leide nach wie vor unter den gesundheitlichen Folgen und eine dauernde Minderung der Erwerbsfähigkeit sei nicht auszuschließen. Ferner heißt es: „Insoweit das Gericht davon ausgeht, dass der Feststellungsantrag mit einem Streitwert über 3.000 € zu bewerten ist, regen wir die Verweisung an das Landgericht an.“
10Das Amtsgericht Hagen hat durch Beschluss vom 06.07.2015 den Streitwert für den Rechtsstreit auf 5.500 € (2.500 plus 3.000 €) festgesetzt.
11Mit Schriftsatz vom selben Tag hat der Klägervertreter „im Hinblick darauf, dass das Gericht den Feststellungsantrag mit über 3.000 € bewertet“, einen Antrag auf Verweisung an das Landgericht gestellt. Mit Schriftsatz vom 24.07.2015 haben die Beklagten ihr Einverständnis mit der beantragten Verweisung erklärt.
12Das Amtsgericht Hagen hat sich durch Beschluss vom 28.07.2015 für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Hagen verwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: „Im vermuteten Einverständnis des Beklagten erfolgt die Verweisung im schriftlichen Verfahren (§§ 281, 3, 5 ZPO) (Klageerweiterung; Streitwertbeschluss vom 06.07.2015; die Erweiterung vom 29.07.2015 stellt keine rügelose Einlassung dar).“
13Das Landgericht Hagen hat den Parteien mit Schreiben vom 10.08.2015 die Absicht mitgeteilt, die Übernahme des Verfahrens abzulehnen und den Streitwert auf bis zu 5.000 € festzusetzen. Der Kläger hat dazu dahin Stellung genommen, der Verweisungsantrag sei auf Hinweis des Amtsgerichts, dass die Zuständigkeit durch die Bewertung des Feststellungsantrags nicht gegeben sein dürfte, erfolgt. Er könne einer abweichenden Festsetzung nicht entgegentreten.
14Das Landgericht Hagen hat mit Beschluss vom 31.08.2015 die Übernahme der Sache abgelehnt und an das Amtsgericht zurückverwiesen und gleichzeitig den Streitwert für das Verfahren auf 5.000 € festgesetzt.
15Das Amtsgericht selbst sei bis zum Erlass des Streitwertbeschlusses davon ausgegangen, dass der Antrag auf Schmerzensgeld wie durch den Kläger beziffert mit 2.000 € zu bewerten sei. Nach diesem Betrag sei der Vorschuss angefordert worden. Es sei nicht ersichtlich, dass eine Erhöhung des Schmerzensgeldbetrages im Streitwertbeschluss aus anderen Gründen vorgenommen worden sei als aus dem Grund, die Voraussetzungen einer Verweisung herbeizuführen. Der Feststellungsantrag sei durch den Kläger zutreffend mit 3.000 € bewertet worden. Es sei nicht zu erkennen, warum der Feststellungsantrag einen Betrag in Höhe von 3.500 € rechtfertigen könnte. Üblicherweise liege der Streitwert eines Feststellungsantrages unterhalb des begehrten Schmerzensgelds.
16Das Amtsgericht Hagen hat durch Beschluss 07.09.2015 seinen Streitwertbeschluss vom 06.07.2015 wegen offensichtlicher Schreibfehler berichtigt und das Verfahren dem Landgericht Hagen zurückgesandt. Der Streitwert des Feststellungsantrags belaufe sich nach dem Klägerschriftsatz vom 01.07.2015 auf 3.500 €, da „über 3.000 €“ für den Wert des Feststellungsantrags verlangt würden. Auch die Bewertung des Schmerzensgelds mit 2.500 € sei nicht willkürlich.
17Das Landgericht Hagen hat durch Beschluss vom 07.10.2015 die Übernahme der Sache nach Anhörung der Parteien wiederum abgelehnt und die Sache erneut an das Amtsgericht Hagen gesandt. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 21.10.2015 angemerkt, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass zukünftig ein materieller oder immaterieller Schaden entstehe, der einen Wert von 3.500 € erreiche oder überschreite. Dem hat die Beklagte sich angeschlossen.
18Mit Verfügung vom 19.11.2015 hat das Amtsgericht Hagen die Sache dem Senat zur Entscheidung nach § 36 ZPO vorgelegt.
19Das Schmerzensgeld sei mit 2.000 € zu bemessen. Das Feststellungsinteresse des Klägers liege auch bei Abschlag für bloße Feststellungen angesichts der zu erwartenden Nachbehandlungen und der dabei entstehenden Aufwendungen und schmerzensgeldauslösenden Umstände bei mindestens 3.500 €.
20II.
21Die Voraussetzungen einer Bestimmung des Gerichtsstands gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor.
1.
22Das Amtsgericht Hagen und das Landgericht Hagen haben sich beide im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO „rechtskräftig“ für örtlich unzuständig erklärt.
23Das Amtsgericht Hagen hat durch den grundsätzlich gem. § 281 Abs. 2 S. 2 ZPO unanfechtbaren Beschluss vom 06.07.2015 verwiesen. Das Landgericht Hagen hat durch - den Parteien bekannt gemachte - Beschlüsse vom 31.08.2015 und 07.10.2015 die Übernahme des Verfahrens abgelehnt. Das genügt nach ständiger Rechtsprechung den Anforderungen, die an rechtskräftige Unzuständigerklärungen im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu stellen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 10.12.1987 - I ARZ 809/87, juris; BGH, Beschluss vom 10.09.2002 - X ARZ 217/02, juris Rn. 6; Senat, Beschluss vom 25.07.2013, 32 SA 46/13, juris Rn. 9).
2.
24Das Oberlandesgericht Hamm ist gem. § 36 Abs. 1 ZPO als das nächsthöhere Gericht über diesen Gerichten zur Entscheidung über den Zuständigkeitsstreit berufen.
3.
25Das Amtsgericht Hagen ist gem. den §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG sachlich zuständig. Anderes folgt auch nicht aus dem Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts, da diesem die Bindungswirkung fehlt.
a)
26Den Amtsgerichten ist gem. § 23 Nr. 1 GVG die Entscheidung über Rechtsstreitigkeiten mit einem Streitgegenstandswert von nicht mehr als 5.000 € zugewiesen. Die Bestimmung der Streitwerthöhe erfolgt gem. § 2 ZPO nach den §§ 3ff. ZPO.
27Der Streitwert des vorliegenden Verfahrens liegt danach nicht höher als 5.000 €. Abzustellen ist nach der Klageerhöhung wegen § 506 Abs. 1 ZPO auf den Wert der erweiterten Klage (vgl. Wöstmann in: MüKoZPO, 4. Auflage 2013, § 5 ZPO Rn. 5, beck-online).
aa)
28Der nach § 3 ZPO zu bestimmende Streitwert des Antrags auf weiteres Schmerzensgeld ist mit 2.000 € zu bemessen.
29Diesen Betrag hat der Kläger als (Mindest-)vorstellung und als seiner Ansicht nach zugrunde zu legenden Streitwert in der Klageschrift angegeben. Ihn haben die Parteien und auch die beteiligten Gerichte – mit Ausnahme des Amtsgerichts Hagen in dem Streitwertbeschluss vom 06.07.2015 – auch durchgehend zugrunde gelegt. Zwar ist diese Vorstellung des Klägers nicht bindend. Nach oben ist das Gericht streitwertmäßig nicht an die Angaben des Klägers gebunden, da sich der Streitwert am angemessenen Schmerzensgeld auszurichten hat (BGH, Urteil vom 30.04.1996 - Aktenzeichen VI ZR 55/95, BeckRS 1996, 04031, beck-online).
30Ein Schmerzensgeld von insgesamt 6.000 € für die dargestellten Verletzungen und ihre Folgen steht durchaus im Einklang mit - jedenfalls nicht unter der üblichen Bewertung - vergleichbarer Verletzungen (vgl. z.B. die Beispiele unter „Brustbeinfraktur“ und „Brustkorbtrauma (Thoraxverletzungen)“ in Andreas Slizyk, Beck'sche Schmerzensgeld-Tabelle, IMMDAT Stand 17. November 2015, beck-online).
31Ein höherer Streitwert erscheint auch dann nicht gerechtfertigt, wenn die in der Zukunft liegenden, nach dem Vorbringen des Klägers dauerhaft fortbestehenden, Schmerzen und die daraus folgenden immateriellen Beeinträchtigungen (Schmerzen in der Brust und im Rücken, die beim Tragen erheblicher Gewichte und dem Arbeiten über Kopf auftreten und dies erschweren oder unmöglich machen, sowie - von Zeit zu Zeit - in einem Druck auf der Brust, der das Atmen nur unter Schmerzen zulasse) berücksichtigt werden. Zukünftige Beschwerden hat der Kläger auch schon in der Klageschrift behauptet und damit ersichtlich der Bemessung des für angemessen erachteten Schmerzensgeld zugrunde gelegt.
bb)
32Der Feststellungsantrag ist nicht höher als mit maximal 1.600 € zu bewerten.
33Der Wert des Feststellungsantrags ist nach § 3 ZPO zu bestimmen. Maßgeblich ist danach grundsätzlich das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der beantragten Feststellung (vgl. Wöstmann in: MüKoZPO, a.a.O., § 3 ZPO Rn. 10, beck-online). Bei einem Antrag auf Feststellung der Pflicht zum Ersatz künftigen Schadens bemisst sich das konkrete wirtschaftliche Interesse der Partei nicht allein nach der Höhe des drohenden Schadens, sondern auch danach, wie hoch oder wie gering das Risiko eines Schadenseintrittes und einer tatsächlichen Inanspruchnahme durch den Feststellungskläger ist (BGH, Beschluss vom 28.11.1990 - VIII ZB 27/90, NJW-RR 1991, 509, beck-online; BGH, Beschluss vom 22.01.2009 - IX ZR 235/08, NJW 2009, 920, 921, beck-online; OLG München, Beschluss vom 05.01.2009 - 1 W 2818/08, BeckRS 2009, 01934, beck-online).
(1)
34Der Kläger selbst hat bis zum Erlass des Verweisungsbeschlusses durch das Amtsgericht zum Wert des Feststellungsantrags nicht Stellung genommen und erst mit Schriftsatz vom 21.10.2015 erklärt, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass ein materieller oder immaterieller Schaden 3.500 € erreiche oder übersteige. Demgegenüber hat er noch mit Schriftsatz vom 20.08.2015 erklärt, einer beabsichtigten Festsetzung des Streitwerts auf unter 3.500 € könne nicht entgegengetreten werden. Vor diesem Hintergrund kommt den bloßen Bezifferungen, die von einer inhaltlichen Begründung – insbesondere einer Darlegungen möglicher weiterer Schäden - nicht begleitet werden, nur ein geringes Gewicht zu.
(2)
35Bei Bestimmung des wirtschaftlichen Interesses ist, soweit der Feststellungsantrag sich auf materielle Schäden bezieht, zu berücksichtigen, dass der Kläger keine Behandlungen nach dem Jahr 2013 vorgetragen hat und sich damit seit nunmehr 2 Jahren nicht mehr in Behandlung befindet. Dass eine Behandlung bei den lediglich beklagten belastungsabhängigen Schmerzen beim Tragen schwerer Lasten und beim Arbeiten über Kopf erneut erforderlich wird, ist auf der Grundlage des Klägervortrags gering wahrscheinlich. Auch hohe Kosten sind durch eine dennoch etwa notwendige Behandlung nicht zu erwarten. Unstreitig ist für den Unfall im Übrigen auch die die Berufsgenossenschaft eintrittspflichtig, auf die die Ansprüche des Klägers insoweit gem. § 116 SGB X übergegangen sind. Erhebliche materielle Folgen sind – auch im Hinblick auf eine behauptete Minderung der Erwerbstätigkeit –damit nicht zu erwarten. Weitere Möglichkeiten zukünftiger materieller Schäden zeigt der Kläger nicht auf und hat auch das Amtsgericht nicht zugrunde gelegt.
(3)
36Soweit der Feststellungsantrag sich auf immaterielle Schäden bezieht, ist zu berücksichtigen, dass neben den beklagten Schmerzen und den bereits eingetretenen weiteren immateriellen Beeinträchtigungen auch die für die Zukunft vorhersehbaren Schmerzen in die Bemessung des verlangten Schmerzensgeld einbezogen, von dem Betrag von 2.000 € - auch nach der Darstellung des Klägers in der Klageschrift und den späteren Schriftsätzen - gedeckt sind und daher in die Bestimmung des Werts des Feststellungsantrags nicht einzustellen sind (vgl. Rohn in: Mayer/Kroiß, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, I. Streitwerte im gerichtlichen Verfahren im Allgemeinen, 6. Auflage 2013, Rn. 69, beck-online).
37(4)
38Bei der positiven Feststellungsklage ist darüber hinaus in der Regel ein Abschlag von 20 % gegenüber einer entsprechenden Leistungsklage vorzunehmen, weil der Kläger mit einem Feststellungsurteil einen Titel erlangt, der nicht so weittragende Wirkungen wie ein entsprechendes Leistungsurteil hat. Das gilt grundsätzlich auch, wenn – wie hier – der Kläger bei einem stattgebendem Urteil davon ausgehen kann, dass der Beklagte leistet (Wendtland in BeckOK ZPO, 18. Edition Stand 01.09.2015, § 3 ZPO Rn. 19, beck-online; Wöstmann in: MüKoZPO, a.a.O., § 3 ZPO Rn. 72, beck-online; Heinrich in: Musielak, ZPO 12. Auflage 2015, § 3 ZPO Rn. 27 „Feststellungsklagen“, beck-online).
39Unter Berücksichtigung aller Umstände ist nach Auffassung des Senats eine höherer Wert als 1.600 € für den Feststellungsantrag schlechterdings nicht mehr vertretbar.
cc)
40Nach der Addition der Werte beider Anträge gem. § 5 ZPO ergibt sich ein über 5.000 € hinausgehender Streitwert nicht.
b)
41Die Zuständigkeit des Amtsgerichts Hagen folgt auch nicht aus der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses.
aa)
42Grundsätzlich ist ein Verweisungsbeschluss durch ein Amtsgericht nach Klageerhöhung gem. § 506 Abs. 1 ZPO i.V.m § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO bindend, da - im Einklang mit der in § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO normierten Unanfechtbarkeit von Verweisungsbeschlüssen - im Interesse der Prozessökonomie das Verfahren verzögernde und verteuernde Zuständigkeitsstreitigkeiten vermieden werden sollen.
43Eine Bindung an den Verweisungsbeschluss ist nur ausnahmsweise zu verneinen, wenn der Verweisungsbeschluss schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen anzusehen ist, etwa weil er auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs beruht, nicht durch den gesetzlichen Richter erlassen wurde oder jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und deshalb als willkürlich betrachtet werden muss.
44Hierfür genügt nicht, dass der Beschluss inhaltlich unrichtig oder fehlerhaft ist (st. Rspr., z.B. BGH, Beschluss vom 09.06.2015 – X ARZ 115/15, juris Rn. 9; BGH, Beschluss vom 17.05.2011 − X ARZ 109/11, juris Rn. 12; Senat, Beschluss vom 29.07.2011 – 32 SA 57/11, juris Rn. 19). Willkür liegt nur vor, wenn der Verweisungsbeschluss einen über einen einfachen Rechtsfehler hinausgehenden, schwerwiegenden Fehler aufweist, der unter Umständen begangen wurde, die den Verweisungsbeschluss in der Gesamtbetrachtung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken als schlechterdings nicht mehr nachvollziehbar und offensichtlich unhaltbar erscheinen lassen (BGH, Beschluss vom 09.06.2015 – X ARZ 115/15, juris Rn. 11f. m.w.N.).
45Ein Verweisungsbeschluss kann als nicht mehr verständlich und offensichtlich unhaltbar und damit als willkürlich zu beurteilen sein, wenn das verweisende Gericht eine seine Zuständigkeit begründende Norm nicht zur Kenntnis genommen oder sich ohne weiteres darüber hinweggesetzt hat (BGH, Beschluss vom 17.05.2011 − X ARZ 109/11, juris Rn. 12; BGH, Beschluss vom 10.09.2002 – X ARZ 217/02 –, juris Rn. 14ff.). Ein solcher Ausnahmefall ist insbesondere dann gegeben, wenn ein Gericht den Sachverhalt oder den Zuständigkeitsstreitwert evident falsch erfasst (Senat, Beschluss vom 24.07.2012 - 32 SA 62/12, NRWE, Rn. 26 m.w.N.; Greger in: Zöller, ZPO, 31. Auflage 2016, § 281 ZPO Rn. 17 m.w.N.).
bb)
46Dies zugrunde gelegt, ist der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Hagen nicht bindend.
47Wird die Zuständigkeit - wie vorliegend - aus dem Streitwert der Sache abgeleitet, so setzt die Bindungswirkung der Verweisung voraus, dass die Streitwertfestsetzung nach Lage der Akten aus dem Begehren der klagenden Partei selbst ohne weiteres nachvollziehbar oder jedenfalls durch das Gericht begründet worden ist (Senat, Beschluss vom 16.10.2015, 32 SA 49/15, NRWE, Rn. 33; OLG Hamm, Beschluss vom 11.3.2005 - 1 Sbd 13/05, MMR 2005, 378, beck-online).
48Die Beurteilung des Streitwerts durch das Amtsgericht Hagen weicht von dem unter 2. dargestellten Wert so erheblich ab, dass sie für sich schlechthin unverständlich ist. Sie ist bis zum Erlass des fraglichen Verweisungsbeschlusses auch weder nachvollziehbar begründet worden noch findet sie eine Erklärung in den Umständen, so dass nur von einem einfachen Denkfehler des Gerichts auszugehen wäre.
(1)
49Der Streitwertbeschluss ist wie auch der Verweisungsbeschluss ohne inhaltliche Begründung zur Höhe des festgesetzten Streitwerts ergangen. Ohne Anlass aus dem Parteivortrag und ohne vorherige Anhörung der Parteien - hat das Amtsgericht nach einer mündlichen Verhandlung, in der das Gericht selbst die „Anpassung des Klageantrags an das gesamte Vorbringen“ angeregt hatte, einen erhöhten Streitwert für den Schmerzensgeldantrag und einen (grob) überhöhten Streitwert für den Feststellungsantrag festgesetzt. Auf das konkrete wirtschaftliche Interesse des Klägers nach den von diesem geschilderten Verletzungen und deren Folgen sowie der Wahrscheinlichkeit zukünftiger Schäden ist das Amtsgericht in keiner Weise eingegangen.
(2)
50Dabei kann dahinstehen, welche Bedeutung der „Berichtigung“ des Streitwertbeschlusses zukommen soll. Denn auch die Begründung des „Berichtigungs“beschlusses ist fehlerhaft. Entgegen den dortigen Ausführungen hat der Kläger gerade keinen Streitwert von über 3.000 € für den Feststellungsantrag angegeben. Er hat mit der Klageerweiterung lediglich (möglicherweise vor dem Hintergrund von Erörterungen im Termin) für den Fall, dass das Gericht von einem höheren Streitwert als 3.000 € ausgehe, Verweisung angeregt. Inhaltliche Ausführungen zur Höhe des Werts, die den vom Amtsgericht angesetzten Wert auch nur ansatzweise rechtfertigen könnten, hat er nicht gemacht. Der Wortlaut des Schriftsatzes des Klägers ist eindeutig und bezieht sich lediglich auf eine mögliche Bewertung des Gerichts. Er lässt gerade nicht erkennen, dass der Kläger eine entsprechende Einschätzung teilen würde. Das hat der Kläger denn auch nach der Verweisung an das Landgericht erklärt. Das spätere Vorbringen des Klägers, Schäden könnten 3.500 € erreichen oder übersteigen, ist schon deshalb nicht zu berücksichtigen, weil es eine dem Verweisungsbeschluss fehlende Bindungswirkung nicht nachträglich herstellen kann. Auch enthält die dann geänderte Einschätzung des Klägers – wie oben bereits dargelegt – keine nachvollziehbare Begründung. Es liegt nahe, dass der Kläger diese Erklärung nach mehrfachem Hin- und Hersenden der Akte schlicht zur Beendigung des Streits zwischen Amts- und Landgericht abgegeben hat.
(3)
51Auch der Umstand, dass der Kläger mit Schriftsatz vom 06.07.2015 einen Verweisungsantrag gestellt hat, schließt Willkür vorliegend nicht aus. Wenn das Gericht durch die Verweisung des Rechtsstreits einem übereinstimmenden Verlangen beider Parteien entspricht, kann dies zwar in manchen Fällen geeignet sein, einen rechtsfehlerhaft zustande gekommenen Verweisungsbeschluss nicht willkürlich erscheinen zu lassen. Das gilt aber nicht, wenn ein unzweifelhaft zuständiges Gericht die Parteien, die sich bislang zur Frage einer Verweisung noch nicht geäußert haben, von sich aus auf die angeblich bestehende Möglichkeit einer Verweisung hinweist (BGH, Beschluss vom 10. September 2002 – X ARZ 217/02 –, juris Rn. 17). Der Kläger hat den Verweisungsantrag in seinem Schriftsatz vom 06.07.2015 ausdrücklich im Hinblick auf die Bewertung des Streitwerts durch das Amtsgericht Hagen gestellt. Der Antrag war aus anwaltlicher Sicht auch durchaus geboten, um der Gefahr einer Klageabweisung als unzulässig zu begegnen. Der Antrag nimmt der Verweisung daher die Einordnung als willkürlich nicht.
(4)
52Entsprechend kommt dem Einverständnis der Beklagten mit der Verweisung, das auf den bereits - ohne Anhörung - vorgenommenen Streitwertbeschluss des Amtsgerichts erfolgte, eine die Annahme eines groben Fehlers ausschließende Wirkung - auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Beklagten gem. § 506 Abs. 1 ZPO einen Verweisungsantrag hätten stellen können -, nicht zu.
53Nach alledem ist das Amtsgericht Hagen in Ermangelung einer bindenden Verweisung sachlich zuständig.
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Annotations
(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:
- 1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist; - 2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei; - 3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist; - 4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist; - 5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben; - 6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.
(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.
(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.
(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.
(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
Mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche werden zusammengerechnet; dies gilt nicht für den Gegenstand der Klage und der Widerklage.
(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:
- 1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist; - 2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei; - 3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist; - 4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist; - 5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben; - 6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.
(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.
(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.
(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.
(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.
(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:
- 1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist; - 2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei; - 3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist; - 4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist; - 5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben; - 6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.
(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.
Die Zuständigkeit der Amtsgerichte umfaßt in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit sie nicht ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes den Landgerichten zugewiesen sind:
- 1.
Streitigkeiten über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von fünftausend Euro nicht übersteigt; - 2.
ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes: - a)
Streitigkeiten über Ansprüche aus einem Mietverhältnis über Wohnraum oder über den Bestand eines solchen Mietverhältnisses; diese Zuständigkeit ist ausschließlich; - b)
Streitigkeiten zwischen Reisenden und Wirten, Fuhrleuten, Schiffern oder Auswanderungsexpedienten in den Einschiffungshäfen, die über Wirtszechen, Fuhrlohn, Überfahrtsgelder, Beförderung der Reisenden und ihrer Habe und über Verlust und Beschädigung der letzteren, sowie Streitigkeiten zwischen Reisenden und Handwerkern, die aus Anlaß der Reise entstanden sind; - c)
Streitigkeiten nach § 43 Absatz 2 des Wohnungseigentumsgesetzes; diese Zuständigkeit ist ausschließlich; - d)
Streitigkeiten wegen Wildschadens; - e)
(weggefallen) - f)
(weggefallen) - g)
Ansprüche aus einem mit der Überlassung eines Grundstücks in Verbindung stehenden Leibgedings-, Leibzuchts-, Altenteils- oder Auszugsvertrag.
Kommt es nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder des Gerichtsverfassungsgesetzes auf den Wert des Streitgegenstandes, des Beschwerdegegenstandes, der Beschwer oder der Verurteilung an, so gelten die nachfolgenden Vorschriften.
(1) Wird durch Widerklage oder durch Erweiterung des Klageantrages (§ 264 Nr. 2, 3) ein Anspruch erhoben, der zur Zuständigkeit der Landgerichte gehört, oder wird nach § 256 Abs. 2 die Feststellung eines Rechtsverhältnisses beantragt, für das die Landgerichte zuständig sind, so hat das Amtsgericht, sofern eine Partei vor weiterer Verhandlung zur Hauptsache darauf anträgt, durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das Landgericht zu verweisen.
(2) Die Vorschriften des § 281 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 gelten entsprechend.
Mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche werden zusammengerechnet; dies gilt nicht für den Gegenstand der Klage und der Widerklage.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
(1) Ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit dieser auf Grund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen. Dazu gehören auch
- 1.
die Beiträge, die von Sozialleistungen zu zahlen sind, und - 2.
die Beiträge zur Krankenversicherung, die für die Dauer des Anspruchs auf Krankengeld unbeschadet des § 224 Abs. 1 des Fünften Buches zu zahlen wären.
(2) Ist der Anspruch auf Ersatz eines Schadens durch Gesetz der Höhe nach begrenzt, geht er auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit er nicht zum Ausgleich des Schadens des Geschädigten oder seiner Hinterbliebenen erforderlich ist.
(3) Ist der Anspruch auf Ersatz eines Schadens durch ein mitwirkendes Verschulden oder eine mitwirkende Verantwortlichkeit des Geschädigten begrenzt, geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe von dem nach Absatz 1 bei unbegrenzter Haftung übergehenden Ersatzanspruch der Anteil über, welcher dem Vomhundertsatz entspricht, für den der Schädiger ersatzpflichtig ist. Dies gilt auch, wenn der Ersatzanspruch durch Gesetz der Höhe nach begrenzt ist. Der Anspruchsübergang ist ausgeschlossen, soweit der Geschädigte oder seine Hinterbliebenen dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches werden.
(4) Stehen der Durchsetzung der Ansprüche auf Ersatz eines Schadens tatsächliche Hindernisse entgegen, hat die Durchsetzung der Ansprüche des Geschädigten und seiner Hinterbliebenen Vorrang vor den übergegangenen Ansprüchen nach Absatz 1.
(5) Hat ein Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe auf Grund des Schadensereignisses dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen keine höheren Sozialleistungen zu erbringen als vor diesem Ereignis, geht in den Fällen des Absatzes 3 Satz 1 und 2 der Schadenersatzanspruch nur insoweit über, als der geschuldete Schadenersatz nicht zur vollen Deckung des eigenen Schadens des Geschädigten oder seiner Hinterbliebenen erforderlich ist.
(6) Ein nach Absatz 1 übergegangener Ersatzanspruch kann bei nicht vorsätzlichen Schädigungen durch eine Person, die im Zeitpunkt des Schadensereignisses mit dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen in häuslicher Gemeinschaft lebt, nicht geltend gemacht werden. Ein Ersatzanspruch nach Absatz 1 kann auch dann nicht geltend gemacht werden, wenn der Schädiger mit dem Geschädigten oder einem Hinterbliebenen nach Eintritt des Schadensereignisses die Ehe geschlossen oder eine Lebenspartnerschaft begründet hat und in häuslicher Gemeinschaft lebt. Abweichend von den Sätzen 1 und 2 kann ein Ersatzanspruch bis zur Höhe der zur Verfügung stehenden Versicherungssumme geltend gemacht werden, wenn der Schaden bei dem Betrieb eines Fahrzeugs entstanden ist, für das Versicherungsschutz nach § 1 des Gesetzes über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter oder § 1 des Gesetzes über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger besteht. Der Ersatzanspruch kann in den Fällen des Satzes 3 gegen den Schädiger in voller Höhe geltend gemacht werden, wenn er den Versicherungsfall vorsätzlich verursacht hat.
(7) Haben der Geschädigte oder seine Hinterbliebenen von dem zum Schadenersatz Verpflichteten auf einen übergegangenen Anspruch mit befreiender Wirkung gegenüber dem Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe Leistungen erhalten, haben sie insoweit dem Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe die erbrachten Leistungen zu erstatten. Haben die Leistungen gegenüber dem Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe keine befreiende Wirkung, haften der zum Schadenersatz Verpflichtete und der Geschädigte oder dessen Hinterbliebene dem Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe als Gesamtschuldner.
(8) Weist der Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe nicht höhere Leistungen nach, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 je Schadensfall für nicht stationäre ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln 5 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches zu ersetzen.
(9) Die Vereinbarung einer Pauschalierung der Ersatzansprüche ist zulässig.
(10) Die Bundesagentur für Arbeit und die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch gelten als Versicherungsträger im Sinne dieser Vorschrift.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
Mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche werden zusammengerechnet; dies gilt nicht für den Gegenstand der Klage und der Widerklage.
(1) Wird durch Widerklage oder durch Erweiterung des Klageantrages (§ 264 Nr. 2, 3) ein Anspruch erhoben, der zur Zuständigkeit der Landgerichte gehört, oder wird nach § 256 Abs. 2 die Feststellung eines Rechtsverhältnisses beantragt, für das die Landgerichte zuständig sind, so hat das Amtsgericht, sofern eine Partei vor weiterer Verhandlung zur Hauptsache darauf anträgt, durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das Landgericht zu verweisen.
(2) Die Vorschriften des § 281 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 gelten entsprechend.
(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.
(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.
(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.
(1) Wird durch Widerklage oder durch Erweiterung des Klageantrages (§ 264 Nr. 2, 3) ein Anspruch erhoben, der zur Zuständigkeit der Landgerichte gehört, oder wird nach § 256 Abs. 2 die Feststellung eines Rechtsverhältnisses beantragt, für das die Landgerichte zuständig sind, so hat das Amtsgericht, sofern eine Partei vor weiterer Verhandlung zur Hauptsache darauf anträgt, durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das Landgericht zu verweisen.
(2) Die Vorschriften des § 281 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 gelten entsprechend.