Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 08. Aug. 2016 - 20 U 80/16
Gericht
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.
Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.
1
G r ü n d e
2I.
3Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von Prämien aus dessen mit ihr geschlossener privater Krankenkostenversicherung aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung in Anspruch.
4Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, dass es sich bei den streitgegenständlichen Forderungen um Insolvenzforderungen handele, für die allein die Insolvenzverwalterin passiv prozessführungsbefugt sein.
5Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung und verfolgt ihren erstinstanzlichen Antrag weiter. Zur Begründung bezieht sich die Klägerin auf eine Entscheidung des IV. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs und auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig.
6II.
7Die Berufung der Klägerin hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und es erfordern auch nicht die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung. Eine mündliche Verhandlung ist schließlich auch sonst nicht geboten.
81. Das Landgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffenden Gründen abgewiesen. Das Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere, der Klägerin günstigere Entscheidung, § 513 Abs. 1 ZPO.
9Die von der Klägerin angeführte Entscheidung des IV. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs betrifft nicht den vorliegenden Fall von vor der Insolvenzeröffnung entstanden Prämienansprüchen (vgl. BGH, Urt. v. 19.02.2014, IV ZR 163/13, juris, Rn. 14-21, VersR 2014, 452).
10Sie ist auch entgegen dem Oberlandesgericht Schleswig (vgl. OLG Schleswig, Beschl. v. 30.12.2014, 16 W 168/14, juris, Rn. 4 f., VuR 2015, 272) entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Senat, Beschl. v. 12.09.2012, 20 W 9/12, juris, Rn. 12-14, NZI 2012, 922 mit zust. Anm. Koch, KTS 2013, 80, 82; siehe auch Senat, Urt. v. 15.07.2015, 20 U 234/14, juris, Rn. 18 f., RuS 2016, 136; OLG Frankfurt, Urt. v. 24.04.2013, 7 U 142/12, juris, Rn. 22, VersR 2013, 990) nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar (vgl. Busch, VuR 2015, 272, 273 f.; Harder, NJW-Spezial 2015, 469, 469 f.).
11Allein die Tatsache, dass es sich bei einem privaten Krankenkostenversicherungsvertrag um insolvenzfreies Vermögen handelt, rechtfertigt es nicht von dem in § 105 S. 1 InsO und vor allem in § 108 Abs. 3 InsO zum Ausdruck kommenden allgemeinen Grundsatz abzuweichen, dass der Gläubiger Ansprüche für die Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur als Insolvenzgläubiger geltend machen kann(vgl. zwischenzeitlich im Ergebnis BGH, Urt. v. 07.04.2016, IX ZR 145/15, juris, 9, NZI 2016, 584).
122. Eine grundsätzliche Bedeutung der vorliegenden Sache ergibt sich nicht im Hinblick auf die abweichende Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig. Denn abgesehen davon, dass es sich dabei um eine vereinzelt gebliebene, nicht nachvollziehbar begründete und in der Literatur durchweg abgelehnte Entscheidung handelt (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 08.02.2010, II ZR 156/09, juris, Rn. 3, NJW-RR 2010, 978; BGH, Beschl. v. 27.11.2013, VII ZR 371/12, juris, Rn. 9, NJW 2014, 456), ist die Rechtsfrage nachfolgend vom IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs durch das oben genannte Urteil vom 07.04.2016 abschließend geklärt (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 23.09.2015, IV ZR 484/14, Rn. 14, VersR 2016, 388).
13III.
14Auf die Gebührenermäßigung für den Fall der Berufungsrücknahme (KV Nr. 1222 GKG) wird hingewiesen.
15Hinweis: Die Berufung ist zurückgenommen worden.
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.
Sind die geschuldeten Leistungen teilbar und hat der andere Teil die ihm obliegende Leistung zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits teilweise erbracht, so ist er mit dem der Teilleistung entsprechenden Betrag seines Anspruchs auf die Gegenleistung Insolvenzgläubiger, auch wenn der Insolvenzverwalter wegen der noch ausstehenden Leistung Erfüllung verlangt. Der andere Teil ist nicht berechtigt, wegen der Nichterfüllung seines Anspruchs auf die Gegenleistung die Rückgabe einer vor der Eröffnung des Verfahrens in das Vermögen des Schuldners übergegangenen Teilleistung aus der Insolvenzmasse zu verlangen.
(1) Miet- und Pachtverhältnisse des Schuldners über unbewegliche Gegenstände oder Räume sowie Dienstverhältnisse des Schuldners bestehen mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort. Dies gilt auch für Miet- und Pachtverhältnisse, die der Schuldner als Vermieter oder Verpächter eingegangen war und die sonstige Gegenstände betreffen, die einem Dritten, der ihre Anschaffung oder Herstellung finanziert hat, zur Sicherheit übertragen wurden.
(2) Ein vom Schuldner als Darlehensgeber eingegangenes Darlehensverhältnis besteht mit Wirkung für die Masse fort, soweit dem Darlehensnehmer der geschuldete Gegenstand zur Verfügung gestellt wurde.
(3) Ansprüche für die Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann der andere Teil nur als Insolvenzgläubiger geltend machen.