Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 01. Okt. 2014 - VI-U (Kart) 18/13
Gericht
Tenor
- I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 7. Mai 2013 verkündete Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln in Gestalt des Berichtigungsbeschlusses des Senats vom 5. August 2013 wird zurückgewiesen.
- II. Auf die Anschlussberufung der Klägerinnen wird das vorbezeichnete Urteil - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - teilweise abgeändert und zu Ziff. I. des Urteilstenors wie folgt neu gefasst:
1.
Es wird festgestellt, dass das „Zertifikat zur Sicherstellung der privatwirtschaftlich organisierten haushaltsnahen Verpackungsentsorgung durch Duale Systeme“ (BDE-Zertifikat) durch die Kündigung der Beklagten vom 9. Mai 2012 nicht mit Wirkung vor dem 31. Dezember 2012 beendet worden ist, sondern gegenüber der Beklagten bis zum 31. Dezember 2012 fortbestanden hat.
2.
Die Beklagte wird verurteilt,
a.
dem Wirtschaftsprüfer K. C. von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft L. I. C., K., in seiner Eigenschaft als unabhängiger Dritter die für das Jahr 2012 lizenzierten und unter Vertrag genommenen Mengen von Verkaufsverpackungen der Materialfraktionen Glas, Weißblech, Aluminium, Getränkekartons, sonstige Verbunde auf PPK-Basis und Kunststoffe des Jahres 2012 gemäß „Vereinbarung über die Ermittlung von Lizenz- und Vertragsmengenanteilen (Glas/LVP), Stand: 15. April 2010“ (Anlage K 2 der Klageschrift), bekannt zu geben (so genannte Ist-Mengenmeldung), wobei der Ist-Mengenmeldung eine Bestätigung und Plausibilisierung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft C. AG, K., beizufügen ist, die auch die Vollständigkeit der gemäß § 5 a der genannten Vereinbarung (Anlage K 2 der Klageschrift) mitgeteilten Mengennachmeldungen bestätigt und die auf der Grundlage der Vorgaben des „Zertifikats zur Sicherstellung der privatwirtschaftlich organisierten haushaltsnahen Verpackungsentsorgung durch Duale Systeme“ (Anlage K 5 der Klageschrift) erstellt ist;
b.
dem Wirtschaftsprüfer K. C. von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft L. I. C., K., in seiner Eigenschaft als unabhängiger Dritter für das Jahr 2012 die Ist-Mengen auf der Grundlage des „Vertrags über das Clearing von Nebenentgelten sowie Mitbenutzungsentgelten bei der Entsorgung gebrauchter Verkaufsverpackungen“ (Anlage K 3 der Klageschrift) zu melden, wobei die Ist-Mengenmeldung von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft C. AG, K., gemäß den Vorgaben der Anlage 2 (Wirtschaftsprüferrichtlinie) des genannten Vertrags (Anlage K 3 der Klageschrift) zu bestätigen ist und die Ist-Mengenmeldung nach den Vorgaben des „Zertifikats zur Sicherstellung der privatwirtschaftlich organisierten haushaltsnahen Verpackungsentsorgung durch Duale Systeme“ (Anlage K 5 der Klageschrift) erstellt ist;
c.
sich gegenüber den Vertragspartnern der „Vereinbarung über die Ermittlung von Lizenz- und Vertragsmengenanteilen (Glas/LVP), Stand: 15. April 2010“ (Anlage K 2 der Klageschrift) und des „Vertrags über das Clearing von Nebenentgelten sowie Mitbenutzungsentgelten bei der Entsorgung gebrauchter Verkaufsverpackungen“ (Anlage K 3 der Klageschrift) damit einverstanden zu erklären, dass der Wirtschaftsprüfer K. C. in seiner Eigenschaft als unabhängiger Dritter eine neue Berechnung der Ausgleichsansprüche für das Jahr 2012 auf Grund der „Vereinbarung über die Ermittlung von Lizenz- und Vertragsmengenanteilen (Glas/LVP), Stand: 15. April 2010“ (Anlage K 2 der Klageschrift) und des „Vertrags über das Clearing von Nebenentgelten sowie Mitbenutzungsentgelten bei der Entsorgung gebrauchter Verkaufsverpackungen“ (Anlage K 3 der Klageschrift) vornimmt, wenn die Ist-Mengenmeldungen, wie sie vorstehend zu I. 2. a. und b. des Urteilstenors genannt sind, vorliegen;
d.
gegenüber den Vertragspartnern der „Vereinbarung über die Ermittlung von Lizenz- und Vertragsmengenanteilen (Glas/LVP), Stand: 15. April 2010“ (Anlage K 2 der Klageschrift) und des „Vertrags über das Clearing von Nebenentgelten sowie Mitbenutzungsentgelten bei der Entsorgung gebrauchter Verkaufsverpackungen“ (Anlage K 3 der Klageschrift) zu erklären, dass die Berechnungen der Ausgleichsansprüche, wie sie der unabhängige Dritte gemäß I. 2. c. des Urteilstenors vornehmen wird, für sie verbindlich sind.
- III. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerinnen zu jeweils 5 % und die Beklagte zu 85 % zu tragen.
- IV. Dieses Urteil sowie das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 110 % der auf Grund der Urteile zu vollstreckenden Beträge abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Soweit die Beklagte in der Hauptsache zu Leistungen verurteilt worden ist, darf sie die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000 € abwenden, sofern nicht die Klägerinnen vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
- V. Die Revision wird nicht zugelassen.
- VI. Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 500.000 € festgesetzt. Auf die Anschlussberufung entfällt ein Teilbetrag von 50.000 €.
1
Gründe
2I.
3Die Parteien gehören zu insgesamt neun Unternehmen, die als sogenannte Duale Systeme die Erfassung und Verwertung von Verkaufsverpackungen im Rahmen der Verpackungsverordnung (VerpackVO) organisieren. Sie streiten, u.a. unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten, in erster Linie über den Bestand bzw. Fortbestand einer Vereinbarung (im Folgenden auch BDE-Zertifikat genannt), die sie und zwei weitere Unternehmen in Bezug auf intern zwischen den Dualen Systemen aufzuteilende Betriebskosten sowie an die öffentliche Hand abzuführende Nebenentgelte geschlossen haben. Ferner streiten sie um Erfüllungsansprüche aus der streitbefangenen Vereinbarung.
4Die abfallrechtliche Ausgangslage stellt sich wie folgt dar: Gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 VerpackVO müssen sich Hersteller und Vertreiber, die mit Waren befüllte Verkaufsverpackungen (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 VerpackVO), die typischerweise beim privaten Endverbraucher anfallen, erstmals in Verkehr bringen, grundsätzlich zur Gewährleistung der flächendeckenden Rücknahme dieser Verkaufsverpackungen an einem oder mehreren Dualen Systemen beteiligen. Hierfür fallen Lizenzgebühren an, die die Hersteller und die Vertreiber an die Systeme entrichten. Die Dualen Systeme stellen im jeweiligen Einzugsgebiet (§ 3 Abs. 10 VerpackVO: Bundesland) des verpflichteten Vertreibers die verbraucherstandortnahe Abholung und Verwertung von Verkaufsverpackungen sicher (§ 6 Abs. 3 VerpackVO). Über die Erfassung und Verwertung der Verpackungen haben die Systeme den zuständigen Behörden Rechenschaft abzulegen (§ 6 Abs. 3 S. 2, Anhang I Nrn. 2 und 3 VerpackVO). Alle Dualen Systeme nutzen die vom zeitlich ersten und ursprünglich einzigen Dualen System „E.“ (Klägerin zu 1.) aufgebaute Infrastruktur; hierzu sind sie nach § 6 Abs. 3 S. 3 VerpackVO befugt. Alle Systeme sind nach näherer Maßgabe des § 6 Abs. 4 VerpackVO zur Entrichtung von Mitbenutzungsentgelten und Nebenentgelten an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger verpflichtet.
5Gemäß § 6 Abs. 7 S. 1 VerpackVO müssen sich die Systeme an einerGemeinsamen Stelle beteiligen. Nach § 6 Abs. 7 S. 2 VerpackVO gehören zu deren Aufgaben u.a. die Ermittlung der anteilig zuzuordnenden Verpackungsmengen mehrerer Systeme im Gebiet eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und die Aufteilung der abgestimmten Nebenentgelte.
6Soweit die Abfallverwertung nicht durch die Dualen Systeme erfolgt, weil ein Vertreiber nachweislich die von ihm in Verkehr gebrachten Verkaufsverpackungen am Ort der Abgabe zurückgenommen und auf eigene Kosten einer Verwertung zugeführt hat (sogenannte Eigenrücknahmen), können die für eine Beteiligung an einem System geleisteten Entgelte zurückverlangt werden (§ 6 Abs. 1 S. 5 VerpackVO in der noch bis zum 30. September 2014 geltenden Fassung).
7Die neun Dualen Systeme teilen die Kosten für ihre gemeinsame Infrastruktur und die an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger abzuführenden Entgelte nach näherer Maßgabe zwischen ihnen geschlossener sogenannter „Clearingverträge“ (Anlagen K 2 und K 3) untereinander auf. Die Kostenverteilung richtet sich nach dem Verhältnis der von den einzelnen Systemen jeweils vereinnahmten Lizenzentgelte, diese unter Abzug von Rückerstattungen auf Grund von Eigenrücknahmen durch Vertreiber.
8In diesem Zusammenhang haben die Dualen Systeme am 15. April 2010 eine „Vereinbarung über die Ermittlung von Lizenz- bzw. Vertragsmengen (Glas/LVP)“ (im Folgenden Lizenzmengenermittlungsvereinbarung) (Anlage K 2) abgeschlossen. Vertragsgegenstand ist die Ermittlung der Lizenz- und Vertragsmengenanteile der Vertragsparteien. Die Ermittlung und Feststellung dieser Mengen erfolgt durch einen „unabhängigen Dritten“; dies ist bis heute der im Tenor genannte Wirtschaftsprüfer K. C.. Diesem sind bis zum 15. des Vormonats eines jeden Quartals die für das bevorstehende Quartal erwarteten Mengen („Planmengen“) und bis zum 15. Mai eines jeden Kalenderjahres die im Vorjahr tatsächlich lizenzierten oder unter Vertrag genommenen Mengen („Istmengen“) zu melden. Den Mengenmitteilungen der Systeme an den unabhängigen Dritten sind Bestätigungen und Plausibilisierungen eines, wiederum unabhängigen, „System-Wirtschaftsprüfers“ beizufügen. Nach näheren Vorgaben berechnet der unabhängige Dritte auf Grund der gemeldeten Istmengen die Lizenz- und Vertragsmengenanteile der Vertragsparteien. Dabei bleiben Eigenrücknahmemengen unberücksichtigt, sofern die Vertragspartei die an sie geleisteten Lizenzentgelte gemäß § 6 Abs. 1 S. 5 VerpackVO erstattet hat oder erstatten muss. Zur Regelung von Meinungsverschiedenheiten der Vertragsparteien enthält die Vereinbarung eine Schiedsklausel (§ 7). Wegen der weiteren Einzelheiten der Lizenzmengenermittlungsvereinbarung wird auf die Anlage K 2 Bezug genommen. Hinsichtlich der von dem System-Wirtschaftsprüfer vorzunehmenden Bestätigung und Plausibilisierung der Mengenmeldungen haben die Dualen Systeme am 4. Oktober 2010 ferner eine „Richtlinie zu den im Rahmen der Vereinbarung über die Ermittlung von Lizenz- und Vertragsmengenanteilen auszuführenden Prüfungshandlungen“ (Anlage K 4) verabschiedet, auf die verwiesen wird.
9Ein zwischen den Dualen Systemen abgeschlossener „Vertrag über das Clearing von Nebenentgelten sowie Mitbenutzungsentgelten bei der Entsorgung gebrauchter Verkaufsverpackungen“ (Anlage K 3) regelt die Aufteilung der an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nach näherer Maßgabe des § 6 Abs. 4 VerpackVO abzuführenden Entgelte. Der Vertrag trifft mit den Bestimmungen der Lizenzmengenermittlungsvereinbarung vergleichbare Anordnungen und enthält ebenfalls eine Schiedsklausel.
10Darüber hinaus schlossen sechs der neun Systeme, unter ihnen auch die hier streitenden Parteien, am 14. Dezember 2010 eine Vereinbarung über das „Zertifikat zur Sicherstellung der privatwirtschaftlich organisierten haushaltsnahen Verpackungsentsorgung durch Duale Systeme“ (im Folgenden BDE-Zertifikat oder Zertifikat) (Anlage K 5). Durch das Zertifikat verpflichten sich die Teilnehmer, mit der nach den Clearingverträgen (Anlagen K 2 und K 3) angeordneten Plausibilisierung und Bestätigung der Mengenmeldungen einen einheitlichen und von den Vertragsparteien unabhängigen System-Wirtschaftsprüfer zu beauftragen; dies ist nach der Vereinbarung bis auf Weiteres und auch noch aktuell die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft C. AG in K. (im Folgenden C.). Das Zertifikat ist auf die Plausibilisierung/Feststellung aller Plan- und Istmengenmeldungen ab dem Leistungsjahr 2011 anzuwenden; es gilt auf unbestimmte Zeit und kann von jedem Teilnehmer mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Kalenderjahres ordentlich gekündigt werden. Das Zertifikat enthält in seinen Schlussbestimmungen (F.) und in seiner Anlage 2 eine Schiedsvereinbarung. Anlage 1 des Zertifikats regelt vom System-Wirtschaftsprüfer zu beachtende „Erweiterte Prüfkriterien“; nach diesen ist u.a. zu prüfen, ob im Rahmen der Plan- und Istmengenmeldungen nur solche Eigenrücknahmemengen abgezogen worden sind, von denen aufgrund plausibler Annahmen zu erwarten steht, dass für diese Mengen geleistete Lizenzentgelte von dem Meldenden gemäß § 6 Abs. 1 S. 5 VerpackVO erstattet werden. Wegen der weiteren Einzelheiten der Zertifikatsvereinbarung wird auf die Anlage K 5 Bezug genommen.
11Nachdem die System-Wirtschaftsprüferin C. sechs Planmengenmeldungen der Beklagten für das Jahr 2011 unbeanstandet gelassen hatte, versagte sie im Rahmen von zwei Planmengenmeldungen für das Jahr 2012 von der Beklagten gemeldeten Eigenrücknahmemengen (zumindest teilweise) die Anerkennung. Anders als noch bei den ersten sechs Planmengenmeldungen lehnte die C. die Berücksichtigung solcher Eigenrücknahmemengen ab, bei denen die Beklagte die Erstattung von Lizenzentgelten im Rahmen eines sogenannten „Handelspartner-Modells“ nicht gegenüber den Erstinverkehrbringern im Sinne von § 6 Abs. 1 S. 1 VerpackVO, sondern gegenüber den Letztvertreibern durchzuführen beabsichtigte. Ohne dass sich nach den zunächst akzeptierten Mengenmeldungen die maßgeblichen verpackungsrechtlichen Vorschriften geändert hatten, begründete die C. ihre geänderte Haltung mit der Auffassung, bei der Rücknahme von Verkaufsverpackungen durch andere Unternehmen als den Erstinverkehrbringern handele es sich nicht um Eigenrücknahmen im Sinne der VerpackVO. Vor diesem Hintergrund kündigte die C. der Beklagten im November 2011 an, deren „Handelspartner-Modell“ auch bei der noch ausstehenden Istmengenmeldung für das Leistungsjahr 2011 nicht zu akzeptieren. Nachdem die Beklagte ihr gegenüber Einwendungen gegen eine Nichtanerkennung des „Handelspartner-Modells“ vorgetragen hatte, wies die C. diese Einwendungen gegenüber der Beklagten am 30. Januar 2012 mit dem Hinweis zurück, zu weiteren Erörterungen hierüber nicht mehr bereit zu sein.
12In der Folgezeit versuchte die Beklagte erfolglos, mit den anderen Zertifikatsteilnehmern eine Einigung in diesem Kontext herbeizuführen. In Besprechungen mit den übrigen Teilnehmern des Zertifikats wies die Beklagte darauf hin, dass die C. die von ihr -der Beklagten- in Ansatz gebrachten Eigenrücknahmemengen „trotz unveränderter Sach- und Rechtslage“ anders als noch bei der Prüfung vorangegangener Planmengenmeldungen bei der Istmengenmeldung für das Jahr 2011 nicht anerkennen wollte. Welche Eigenrücknahmemodelle sie mit ihren Vertragspartnern praktizierte, teilte sie den anderen Zertifikatsteilnehmern -wie sie angegeben hat- zwecks Wahrung von Geschäftsgeheimnissen „nicht im Einzelnen“ mit (vgl. hierzu S. 5 des Schriftsatzes der Beklagten v. 15.11.2013 = GA 562). Ebenso wenig setzte sie die weiteren Zertifikatsteilnehmer über einzelne Vertragsverhältnisse mit ihren Lizenznehmern in Kenntnis.
13Mit Schreiben vom 2. Mai 2012 kündigte die Beklagte den der C. erteilten Auftrag zur Bestätigung und Plausibilisierung der Istmengenmeldung für das Jahr 2011. Daraufhin forderten die Klägerinnen zu 1. und zu 2. die Beklagte unter Androhung rechtlicher Schritte zur Abgabe der von der C. zu bestätigenden Istmengenmeldung für 2011 auf.
14Mit Schreiben vom 9. Mai 2012 (Anlage K 7), auf das wegen seiner Einzelheiten verwiesen wird, erklärte die Beklagte gegenüber den übrigen Zertifikatsteilnehmern die fristlose Kündigung des BDE-Zertifikats. Sie gab später eine von einem dritten Wirtschaftsprüfer geprüfte und plausibilisierte Istmengenmeldung für das Jahr 2011 ab.
15In erster Instanz haben die Klägerinnen die Beklagte (u.a.) auf gerichtliche Feststellung des ungekündigten Fortbestandes des BDE-Zertifikats und ferner auf Erfüllung näher bezeichneter Vertragshandlungen im Zusammenhang mit der Ermittlung der Lizenz- und Vertragsmengenanteile für das Jahr 2011 in Anspruch genommen. Hilfsweise zum vorbezeichneten Feststellungsbegehren haben die Klägerinnen die Feststellung des Fortbestandes des Zertifikats bis zum 31. Dezember 2012 und hieraus folgender Vertragshandlungspflichten der Beklagten in Bezug auf das Geschäftsjahr 2012 angestrebt. Die Beklagte hat eingewandt, die Zertifikatsvereinbarung sei wegen Verstoßes gegen § 1 GWB (und Art. 101 AEUV) kartellnichtig, jedenfalls aber von ihr mit Recht aus wichtigem Grund fristlos gekündigt worden.
16Das Landgericht hat den Fortbestand des Zertifikats mit Wirkung (auch) gegen die Beklagte bis zum 31. Dezember 2012 festgestellt. Ferner hat es die Beklagte nach näherer Maßgabe des erstinstanzlichen Urteilstenors in Bezug auf das Geschäftsjahr 2011 dazu verurteilt, dem Wirtschaftsprüfer K. C. von der C. zu bestätigende und zu plausibilisierende Istmengenmeldungen im Sinne der Clearingverträge (Anlagen K 2 und K 3) bekanntzugeben, sich mit einer Neuberechnung der Ausgleichsansprüche der Dualen Systeme für 2011 nach Vorlage der Istmengenmeldungen einverstanden zu erklären, und die Verbindlichkeit dieser Neuberechnung für ihre Person zu erklären. In Bezug auf das Geschäftsjahr 2012 hat das Landgericht entsprechende, bis zum 15. Mai 2013 zu erfüllende Mitteilungspflichten der Beklagten festgestellt. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen; insoweit hat das Landgericht angenommen, dass die Beklagte auf Grund ihrer Kündigungserklärung vom 9. Mai 2012, die in eine wirksame ordentliche Kündigung umzudeuten sei, zum Ablauf des Jahres 2012 aus dem Zertifikat ausgeschieden sei.
17Soweit mit dem landgerichtlichen Urteil zu ihren Ungunsten erkannt worden ist, richtet sich hiergegen die frist- und formgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten, mit der diese unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens an dem Ziel einer vollständigen Klageabweisung festhält.
18Die Beklagte beantragt,
19unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.
20Die Klägerinnen beantragen,
21die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
22Die Klägerinnen verteidigen das Urteil des Landgerichts im Umfang seiner Anfechtung durch die Beklagte.
23Mit ihrer - unselbständigen - Anschlussberufung wenden sich die Klägerinnen gegen die teilweise Abweisung ihrer Klage. Unter Berücksichtigung einer im Juni 2013 von der Beklagten vorsorglich erneut ausgesprochenen ordentlichen Kündigung wollen sie deren Verbleib im Zertifikat bis zum Ende des Jahres 2013 festgestellt wissen. Darüber hinaus machen sie aus dem Zertifikat folgende Handlungspflichten der Beklagten für das Leistungsjahr 2012 im Wege der Leistungsklage geltend.
24Die Klägerinnen beantragen,
25unter teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Urteils
26- 27
1. festzustellen, dass das Zertifikat zur Sicherstellung der privatwirtschaftlich organisierten haushaltsnahen Verpackungsentsorgung durch Duale Systeme (so genanntes BDE-Zertifikat) durch die Kündigung der Beklagten vom 9. Mai 2012 nicht beendet worden ist, sondern gegenüber der Beklagten bis zum 31. Dezember 2013 fortbesteht,
- 28
2. wie gemäß Tenorziffer II. des hiesigen Senatsurteils zur Fassung von Ziff. I.2. lit. a. bis d. des Tenors des angefochtenen Urteils erkannt.
Die Beklagte beantragt,
30die Anschlussberufung der Klägerinnen zurückzuweisen.
31Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
32II.
33A. Zur Berufung der Beklagten
34Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.
35Mit Recht hat das Landgericht angenommen, dass die streitbefangene Zertifikatsvereinbarung nicht kartellnichtig ist und die Beklagte unbeschadet ihrer fristlosen Kündigungserklärung vom 9. Mai 2012 nicht vor Ablauf des Jahres 2012 aus dem Zertifikat ausgeschieden ist. Die dahingehende Feststellung ist daher nicht zu beanstanden. Des Weiteren hat das Landgericht vor diesem Hintergrund mit Recht auf die von ihm im Einzelnen austenorierten Handlungspflichten der Beklagten hinsichtlich der Geschäftsjahre 2011 und 2012 erkannt. Auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils nimmt der Senat Bezug. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine der Beklagten günstigere Entscheidung. In Ergänzung der Ausführungen im angefochtenen Urteil bleibt das Folgende auszuführen:
361. Die Vereinbarungen zum BDE-Zertifikat sind nicht kartellnichtig. Sie verstoßen nicht gegen § 1 GWB oder Art. 101 Abs. 1 AEUV, weil sie eine Beschränkung des Wettbewerbs der beteiligten Systembetreiber weder bezwecken noch bewirken. Dies gilt namentlich auch in Bezug auf wettbewerbliche Handlungsweisen der Zertifikatsteilnehmer in Zusammenhang mit Eigenrücknahmen im Sinne von § 6 Abs. 1 S. 5 VerpackVO.
37a. Eine Absicht der Teilnehmer des BDE-Zertifikats, durch dessen Vereinbarung bestimmte rechtlich zulässige Formen der Eigenrücknahme bei der Ermittlung der Vertragsmengen auszuschließen, ist von der Beklagten selbst nicht dargetan und auch im Übrigen nicht festzustellen. Eine Wettbewerbsbeschränkung in diesem Kontext ist daher von den Vertragschließenden subjektiv nicht bezweckt. Dies gilt auch hinsichtlich der Bestellung der C. als System-Wirtschaftsprüferin. Nach dem Sach- und Streitstand spricht nichts dafür, dass alle oder einzelne Zertifikatsteilnehmer bei Abschluss der Vereinbarung davon ausgingen, die C. würde im Rahmen ihrer Tätigkeit bestimmten Eigenrücknahmeformen wie zum Beispiel dem „Handelspartner-Modell“ der Beklagten die Anerkennung versagen. Indiziell dagegen spricht vielmehr, dass die C. die von der Beklagten gemeldeten Eigenrücknahmemengen zunächst unbeanstandet gelassen hat und überdies auch die Beklagte der Bestellung der C. zugestimmt hatte.
38b. Der Inhalt der Zertifikatsvereinbarung hat auch objektiv keine wettbewerbsbeschränkende Zwecksetzung. Ebenso wenig wird durch das Zertifikat eine Wettbewerbsbeschränkung bewirkt. Das Zertifikat ist vielmehr kartellrechtsneutral.
39aa. Dass die Teilnehmer des Zertifikats einen unabhängigen System-Wirtschaftsprüfer betraut haben, lässt eine von sachwidrigen Gesichtspunkten unbeeinflusste und gegenüber den teilnehmenden Systemen gleichmäßig gehandhabte Mengenplausibilisierung erwarten. Hierin ist keine Beschränkung des Wettbewerbs angelegt. Im Gegenteil geht von der Zertifikatsvereinbarung eher eine den Wettbewerb fördernde Tendenz aus. Denn nur eine korrekte und einheitliche Mengenberechnung und eine hierauf aufbauende Kostenverteilung spiegelt die tatsächlichen Ergebnisse des Wettbewerbs der Dualen Systeme unverzerrt und zutreffend wider.
40Durch die Bestellung eines gemeinsamen unabhängigen System-Wirtschafts-prüfers wird zudem der abstrakten Gefahr entgegengesteuert, dass sich die miteinander konkurrierenden Systeme im Zusammenhang mit der Plausibilisierung der maßgeblichen Verpackungsmengen, etwa durch Festlegung oder Ausschaltung bestimmter Methoden, unter Verstoß gegen § 1 GWB koordinieren.
41Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, fördert die Vereinbarung des BDE-Zertifikats zudem auch das Vertrauen der Systembetreiber in das Bestehen eines funktionierenden Geheimwettbewerbs. Soweit die Systembetreiber mit Blick auf § 5 Abs. 4 Sätze 2 und 3 derLizenzmengenermittlungsvereinbarung ausschließlich über die Endergebnisse der bei allen Systemen durchgeführten Lizenzmengenberechnungen unterrichtet werden, ist dies eine notwendige Folge ihrer Zusammenarbeit, die gemäß § 6 Abs. 3 S. 3 VerpackVO ausdrücklich zugelassen und deshalb auch kartellrechtlich hinzunehmen ist.
42bb. Auch in Bezug auf die Regelungen zu Eigenrücknahmen ist das BDE-Zertifikat kartellrechtsneutral.
43(1) Soweit es um die Berücksichtigung von Eigenrücknahmemengen geht, zieht das Zertifikat lediglich die sich aus § 6 Abs. 1 S. 5 VerpackVO ergebende Konsequenz. Es ist folgerichtig, dass dann, wenn ein Vertreiber nach den Vorgaben der genannten Vorschrift für selbst entsorgte Verpackungsmengen eine Lizenzentgelterstattung verlangen kann, diese Abfallmengen bei der Verteilung der Lizenzmengenanteile zwischen den vertragsbeteiligten Systembetreibern außer Betracht bleiben.
44(2) Für eine Bevorzugung oder ein Zurückdrängen bestimmter Formen der Eigenrücknahme besteht nach dem Inhalt der Vereinbarung nicht einmal andeutungsweise Anhalt. Ebenso wenig besteht Anhalt für eine beabsichtigte oder im Hinblick auf die zu erwartende Handhabung durch den System-Wirtschaftsprüfer objektiv nahe liegende „Exklusivität“ der einen oder anderen Methode der Eigenrücknahme. Die von der Beklagten als unzutreffend gerügte Behandlung ihres Handelspartner-Modells ist in dem Zertifikat weder in irgendeiner Weise angelegt noch wird sie durch das Zertifikat in irgendeiner Form begünstigt.
45c. Die Bestellung der C. hat auch nicht die in Rede stehende Behandlung der Eigenrücknahmemengen der Beklagten im Sinne des Kartellverbots (§ 1 GWB, Art. 101 AEUV)bewirkt. Denn sie war lediglich conditio sine qua non für die streitbefangene Handhabung des „Handelspartner-Modells“ durch C., aber keine adäquate Folge derselben, weshalb das Handeln der C. den vertragsbeteiligten Systembetreibern rechtlich nicht zuzurechnen ist. Die in Ausübung der Prüfungstätigkeit vertretenen Rechtsauffassungen des System-Wirtschaftsprüfers stellen sich nicht als adäquate Folge des Bestellungsakts dar, weil der System-Wirtschaftsprüfer nach dem Inhalt des Zertifikats ausdrücklich unabhängig ist und die Rechtsansicht der C. in Bezug auf die Eigenrücknahmemengen der Beklagten für die Zertifikatsteilnehmer bei Vertragsschluss nicht vorhersehbar war.
46Soweit die C. die auf dem „Handelspartner-Modell“ der Beklagten beruhenden Eigenrücknahmemengenmeldungen zurückgewiesen hat, unterliegt die Zertifikatsvereinbarung auch deshalb nicht der Kartellnichtigkeit, weil das konkrete Handeln der C. bei Würdigung aller Umstände nicht in einer Verhaltenskoordinierung der am BDE-Zertifikat teilnehmenden Systeme ihre Grundlage findet, eine solche Koordinierung indes bei allen Begehungsweisen im Sinne des § 1 GWB tatbestandlich vor-ausgesetzt ist. Es kann auch nicht davon gesprochen werden, dass das Handeln des bestellten System-Wirtschaftsprüfers seinem Wesen nach eine gleichgerichtete Verhaltenskoordinierung der Zertifikatsteilnehmer ersetzt oder einer solchen Wettbewerberkoordinierung wertungsmäßig entspricht. Im Gegenteil haben die Dualen Systeme eine Abstimmung einzelner Schritte oder Methoden bei der für die Verteilung ihrer Kosten und der abzuführenden Nebenentgelte maßgeblichen Mengenermittlung (auch) schon vor Abschluss der Zertifikatsvereinbarung zu keinem Zeitpunkt praktiziert; für eine andere Beurteilung gibt der Sach- und Streitstand keinen Anhalt. Nichts spricht dafür, dass die vertragsbeteiligten Systembetreiber sich bezüglich solcher Parameter im Vorfeld der streitbefangenen Vereinbarung in irgendeiner Weise abgestimmt haben.
47d. Soweit die Berufung reklamiert, die Klägerinnen hätten es abgelehnt, dem Rechtsstandpunkt der C. zu widersprechen und eine abweichende Ermittlung der Vertragsmengenanteile anzuweisen oder vorzunehmen, ist dies vorliegend rechtlich schon deshalb unerheblich, weil ein darin etwaig liegender Rechtsverstoß der Klägerinnen von vornherein nicht die Zertifikatsvereinbarung selbst beträfe. Davon abgesehen geht der Vorwurf auch in der Sache fehl. Denn die Klägerinnen praktizieren mit ihrem Verhalten lediglich die mit der Beklagten getroffene Zertifikatsvereinbarung. Danach berechnet der Wirtschaftsprüfer nach näherer Maßgabe des Zertifikats und seiner Vertragsanlagen unabhängig und ohne an irgendwelche Weisungen der Vertragsparteien gebunden zu sein, die Plan- und Istmengen und kann die Beurteilung des Wirtschaftsprüfers nur vor dem Schiedsgericht angegriffen werden. Ein gegen das Eigenrücknahmesystem der Beklagten gerichtetes koordiniertes Verhalten liegt darin ganz offensichtlich nicht.
482. Die Beklagte ist nicht vor Ablauf des Jahres 2012 aus dem BDE-Zertifikat ausgeschieden. Denn die fristlose Vertragskündigung vom 9. Mai 2012 ist als solche wirkungslos geblieben, weil der Beklagten ein Kündigungsgrund nicht zur Seite steht. Sie ist allerdings - wie das Landgericht zutreffend angenommen hat - in eine ordentliche Vertragskündigung zum Ablauf des 31.12.2012 umzudeuten.
49a. Die Vereinbarung zum BDE-Zertifikat ist als ein Dauerschuldverhältnis ausgestaltet, da sie auf unbestimmte Zeit die fortlaufende Verpflichtung der teilnehmenden Systeme enthält, die nach den Clearingverträgen maßgeblichen Mengenplausi-bilisierungen und Mengenbestätigungen durch den diesbezüglich wiederkehrend zu beauftragenden gemeinsamen System-Wirtschaftsprüfer vornehmen zu lassen. Die Kündigung vom 9. Mai 2012 ist folglich daran zu messen, ob ein Kündigungsgrund gemäß § 314 Abs. 1 S. 2 BGB vorliegt und die Kündigungsfrist des § 314 Abs. 3 BGB eingehalten ist. Gegenüber § 314 Abs. 1 BGB womöglich vorrangig zu prüfende Kündigungsgründe hat das Landgericht ohne Rechtsfehler verneint und solche werden auch von den Parteien nicht reklamiert. Für das Vorliegen eines außerordentlichen Kündigungsgrundes entscheidend ist mithin, ob der Beklagten bei Ausspruch der Kündigung am 9. Mai 2012 unter Berücksichtigung aller Umstände und der beiderseitigen Interessenlage ein Festhalten an der Zertifikatsvereinbarung bis zur nächsten ordentlichen Kündigungsmöglichkeit, das heißt bis zum Ende des Jahres 2012, nicht zumutbar gewesen ist. Diese Frage ist zu verneinen.
50b. Entgegen der Auffassung der Berufung ist ein Kündigungsgrund im Sinne von § 314 Abs. 1 S. 2 BGB nicht aus einem kartellrechtswidrigen Verhalten der übrigen Zertifikatsteilnehmer herzuleiten. Ein Kartellrechtsverstoß liegt nicht vor.
51Der Vorwurf, die übrigen an der Zertifikatsvereinbarung beteiligten Systeme hätten kartellrechtswidrig das „Handelspartner-Modell“ der Beklagten vereitelt, ist unberechtigt. Zu keinem Zeitpunkt haben die übrigen Zertifikatsteilnehmer zum Nachteil der Beklagten Einfluss auf die System-Wirtschaftsprüferin C. und deren Plan- und Istmengenbewertungen genommen. Das räumt die Berufung selbst ein (vgl. S. 7 der Berufungsbegründung [Rechtsanwälte N. pp.] = GA 392). Die anderen vertragsbeteiligten Systeme haben sich auch nicht anderweitig im Sinne des § 1 GWB oder Art. 101 AEUV koordiniert, um sich gegen das von der Beklagten praktizierte Eigenrücknahmemodell zu wenden. Zu einer dahingehenden Verhaltenskoordinierung hat die Beklagte nicht ansatzweise Sachvortrag gehalten.
52Anders als die Berufung meint, haben sich die Klägerinnen die Ablehnung des „Handelspartner-Modells“ durch die C. auch nicht kartellrechtswidrig zu eigen gemacht, indem sie der Beklagten die zur Beurteilung stehende Klage zunächst angedroht und die Klage sodann auch erhoben haben. Die Klägerinnen haben sich - ebenso wie die sonstigen vertragsbeteiligten Systeme auch - lediglich an die vertraglichen Vereinbarungen in dem Zertifikat gehalten und die Beurteilung des unabhängigen System-Wirtschaftsprüfers so wie im Vertrag vorgesehen akzeptiert. Sie selbst waren weder vertraglich noch kartellrechtlich gehalten, sich im Interesse der Beklagten gegen die Beurteilung der C. zu stellen und dort auf eine Berücksichtigung der streitbefangenen Eigenrücknahmemengen der Beklagten hinzuwirken. Nach der Vertragsanlage 2 zum Zertifikat hatte die Beklagte nämlich die Möglichkeit, die rechtliche Beurteilung der C. zu den Eigenrücknahmemengen schiedsgerichtlich überprüfen zu lassen.
53c. Auch die am 15. März 2012 erfolgte Übersendung fremder Geschäftsunterlagen durch die C. an die Beklagte rechtfertigte ganz offensichtlich nicht die außerordentliche Kündigung des BDE-Zertifikats.
54aa. Der reklamierte Kündigungsgrund ist schon nicht in angemessener Frist (§ 314 Abs. 3 BGB) zum Anlass einer fristlosen Kündigung genommen worden. Ein Zuwarten von fast acht Wochen bis zum Kündigungsausspruch am 9. Mai 2012 ist im Hinblick auf den konkret in Betracht kommenden Kündigungsgrund, der angesichts der Einfachheit des ihm zu Grunde liegenden Sachverhalts zu weiteren Nachforschungen oder Prüfungen ersichtlich nicht ansatzweise Veranlassung gegeben hat, erheblich zu lang, um dem Angemessenheitserfordernis im Sinne der genannten Vorschrift zu genügen.
55bb. Der Vorfall vom 15. März 2012 scheidet überdies aber auch aus Rechtsgründen als Kündigungsgrund aus. Dies gilt allein schon deshalb, weil den Klägerinnen das Fehlverhalten der C. unter keinem Gesichtspunkt zuzurechnen ist.
56Ungeachtet dessen hätte das Fehlverhalten der C. unter den gegebenen Umständen die Beklagte nicht einmal dazu berechtigt, den der C. erteilten Prüfungsauftrag fristlos zu kündigen und von den übrigen Vertragsbeteiligten die gemeinsame Bestellung eines neuen System-Wirtschaftsprüfers zu verlangen. Dabei ist zunächst in den Blick zu nehmen, dass - wie auch das Landgericht zutreffend erkannt hat - nur ein einmaliges Büroversehen der C. vorgelegen hat und nach dem Sach- und Streitstand konkreter Anhalt für eine drohende Wiederholung gleichartiger Vorfälle fehlt. Zudem will die Beklagte, wie aus ihrem schriftsätzlichen Vorbringen folgt, in Kenntnis der Sachlage noch bis Mitte April 2012 versucht haben, gemeinsam mit der C. und parallel mit den anderen Zertifikatsteilnehmern einen Weg zu finden, um an dem Zertifikat festhalten und mit der C. als System-Wirtschaftsprüferin weiterarbeiten zu können (vgl. hierzu S. 6 der Berufungsbegründung = GA 336). Dies belegt, dass die Fehlsendung der Unterlagen eines Wettbewerbers für die Beklagte nicht so bedeutsam war, dass für sie die Fortsetzung des Zertifikats mit der C. als System-Wirtschaftsprüferin unzumutbar geworden wäre.
57d. Kein Recht zur fristlosen Kündigung der Zertifikatsvereinbarung folgt ferner aus der rechtlichen Beurteilung der C., die Eigenrücknahmen nach dem „Handelspartner-Modell“ der Beklagten nicht mehr anzuerkennen.
58Selbst wenn diese Rechtsauffassung der C. unzutreffend gewesen sein sollte, fehlt es jedenfalls an einem den Klägerinnen zurechenbaren Fehlverhalten der System-Wirtschaftsprüferin. Eine fehlerhafte rechtliche Beurteilung der C. ist mit Blick auf § 314 Abs. 1 BGB nämlich von vornherein nicht der Risikosphäre nur einzelner amBDE-Zertifikat teilnehmenden Systeme zuzuordnen. Vielmehr stehen bei wertender Betrachtung der Umstände alle teilnehmenden Systeme der Gefahr womöglich sachwidriger Arbeitsweisen des gemeinsamen System-Wirtschaftsprüfers gleich nahe. Ein etwaiges Fehlverhalten des System-Wirtschaftsprüfers im Rahmen der ihm obliegenden Prüfungen kann für sich genommen mithin nicht die außerordentliche Kündigung der streitbefangenen Vereinbarung rechtfertigen, sondern allenfalls den Vertragsbeteiligten Veranlassung geben, die Person des System-Wirtschaftsprüfers auszutauschen.
59Aus den genannten Gründen kann für eine Kündigung der Zertifikatsvereinbarung auch nichts aus dem Umstand hergeleitet werden, dass die C. die Eigenrücknahmemengen der Beklagten im Rahmen der ersten sechs Planmengenmeldungen unbeanstandet gelassen und ihren Rechtsstandpunkt später geändert hat.
60e. Schließlich kann die Beklagte ein Recht zur fristlosen Kündigung der Zertifikatsvereinbarung nicht daraus herleiten, dass die Klägerinnen ungeachtet der unterschiedlichen Auffassungen zu den Eigenrücknahmemengen der Beklagten an der C. als System-Wirtschaftsprüfer festgehalten haben.
61Im Ausgangspunkt könnte ein die Beklagte zur fristlosen Kündigung des Zertifikats berechtigender Grund allenfalls dann angenommen werden, wenn (1.) der C. ein erhebliches Fehlverhalten zur Last fiele, (2.) die übrigen Teilnehmer des Zertifikats dies auch erkannt hätten oder hätten erkennen müssen und (3.) die übrigen Zertifikatsteilnehmer gleichwohl zum Schaden der Beklagten an der C. als System-Wirtschaftsprüferin festgehalten hätten. An allen genannten Voraussetzungen fehlt es jedoch.
62aa. Ein erhebliches Fehlverhalten der C. ist nicht festzustellen.
63(1) Entgegen der Berufung stellt für sich genommen kein erhebliches Fehlverhalten dar, dass die C. ihren Rechtsstandpunkt zu den Eigenrücknahmemengen der Beklagten „trotz unveränderter Sach- und Rechtslage“ geändert hat.
64Nach den Vereinbarungen zum BDE-Zertifikat, namentlich Nr. 2 lit. m und n der „Erweiterte[n] Prüfkriterien“ (Anlage 1 zum Zertifikat), darf und muss der System-Wirtschaftsprüfer u.a. prüfen, ob im Rahmen der Plan- und Istmengenmeldungen nur solche Eigenrücknahmemengen abgesetzt werden, die nach der (noch bis Ende September 2014 geltenden) Vorschrift des § 6 Abs. 1 S. 5 VerpackVO zu einem Lizenzentgelterstattungsanspruch eines Vertreibers führen. Dies findet seinen Grund darin, dass die Clearingverträge der Dualen Systeme (Anlagen K 2 und K 3) die genannte Gesetzeslage nachvollziehen und ihnen zufolge bei der Ermittlung der Lizenzmengenanteile nur solche Eigenrücknahmemengen wie beschrieben außer Betracht bleiben.
65Wenn vor diesem Hintergrund die C. im Rahmen einer erneuten Prüfung zu der Auffassung gelangt ist, einen Fehler bei einer zeitlich zurückliegenden Mengenermittlung erkannt zu haben, darf und muss sie daher auch auf eine entsprechende Selbstkorrektur hinwirken. Gerade ein solches Vorgehen kennzeichnet zudem auch eine zuverlässige Arbeitsweise. Dagegen würde ein grundloses und zudem den nach der streitbefangenen Vereinbarung maßgeblichen Prüfkriterien zuwiderlaufendes Festhalten an einer als unzutreffend erkannten Rechtsauffassung zwangsläufig erhebliche Zweifel an der Sorgfalt und Unparteilichkeit des System-Wirtschaftsprüfers hervorrufen. Eine abweichende Meinungsbildung im Zusammenhang mit einer erneuten Prüfung löst nach alledem für sich genommen keine Bedenken aus.
66Zu keiner anderen Beurteilung führt, dass die C. - worauf die Berufung unter Bezugnahme auf die vorerwähnten „Erweiterte[n] Prüfkriterien“ zutreffend hingewiesen hat - sowohl schon bei den Planmengen- als auch bei den Istmengenprüfungen zu sorgfältigem Vorgehen verpflichtet gewesen ist und die rechtlichen Rahmenbedingungen in Bezug auf die streitbefangenen Eigenrücknahmen in beiden Prüfungsvarianten gleichermaßen zu beachten gehabt hat. Unerheblich ist insoweit auch, dass die Beklagte ihr angeblich nachteilige Folgen wegen der Meinungsänderung der C. bemüht, weil gemäß § 5 Abs. 2Lizenzmengenermittlungsvereinbarung Nachmeldungen bei den Istmengen mit einem Aufschlag von … % (im Vergleich mit bereits bei den Planmengenmeldungen berücksichtigten Verpackungen) belastet werden. Denn auch angesichts dieser Gesichtspunkte besagt der vollzogene Wandel der eigenen Rechtsauffassung ohne das Hinzutreten weiterer Umstände schlechterdings nichts über eine angebliche Unzuverlässigkeit der C. in ihrer Funktion als System-Wirtschaftsprüferin. Soweit die Berufung die von ihr beanstandete geänderte Rechts-ansicht der C. mit dem in § 5 Abs. 2Lizenzmengenermittlungsvereinbarung geregelten … %igen Aufschlag verknüpft, zielt dieser Einwand der Sache nach auf eine fehlende Sorgfalt der C. gerade bei den zeitlich früheren, der Beklagten für sich genommen indes günstig verlaufenen Prüfungen ab. Freilich zeigt die Berufung keine Umstände auf, die eine sorgfaltswidrige Prüfweise der C. (gerade) bei diesen ersten Prüfungen nachweisen oder auch nur nahelegen. Belastbare Umstände sind insoweit auch im Übrigen nicht ansatzweise ersichtlich.
67(2) Ebenso wenig ist die in Bezug auf die letzten Planmengenmeldungen (für 2012) vertretene und von ihr auch hinsichtlich der damals bevorstehenden Istmen-genermittlung für das Leistungsjahr 2011 angekündigte Rechtsauffassung der C. als erhebliches Fehlverhalten anzusehen, soweit diese Auffassung auf eine Verwerfung des „Handelspartner-Modells“ der Beklagten hinausläuft.
68Wie ausgeführt, ist die C. als bestellte System-Wirtschaftsprüferin im Hinblick auf die ihr nach der streitbefangenen Vereinbarung vorgegebenen Prüfkriterien gehalten gewesen, u.a. auch zu Fragen Stellung zu nehmen, die die Berücksichtigungsfähigkeit ihr gemeldeter Eigenrücknahmemengen betreffen. Deshalb greift der wiederholt bemühte Einwand der Berufung, die C: habe sich mit ihrer Beurteilung eine Behördenkompetenz angemaßt, von vornherein ins Leere.
69Angesichts dessen und zudem auch mit Rücksicht auf die von der streitbefangenen Vereinbarung vorausgesetzte Unabhängigkeit des System-Wirtschaftsprüfers würde der C. in diesem Kontext nur dann ein erhebliches Fehlverhalten vorgeworfen werden können, wenn die von ihr zuletzt gebildete Rechtsauffassung nicht nur fehlerhaft, sondern darüber hinaus unvertretbar und damit willkürlich wäre. Dies ist indes nicht der Fall. Indiziell für eine willkürfreie Meinungsbildung der C. spricht im Gegenteil, dass - worauf die Berufung selbst hingewiesen hat (vgl. etwa S. 14 der Berufungsbegründung [Rechtsanwälte N. pp.] mit dortiger Fn. 8 = GA 399) - die Anerkennung von Eigenrücknahmen durch einen vom Erstinverkehrbringer (§ 6 Abs. 1 S. 1 VerpackVO) verschiedenen Letztvertreiber in der abfallrechtlichen Literatur umstritten ist. Im Übrigen hat die Bundesregierung inzwischen durch Änderung der VerpackVO mit Wirkung vom 1. Oktober 2014 die Möglichkeit von Lizenzentgelterstattungen auf Grund von Eigenrücknahmen gestrichen und insoweit zur Begründung ausgeführt, der Wettbewerb auf Ebene der Dualen Systeme sei teilweise durch Missbrauch und Umgehung einzelner Regelungen verzerrt worden (vgl. hierzu Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 14. Juli 2014, becklink …).
70bb. Nichts spricht ferner dafür, dass die Klägerinnen von der Fehlerhaftigkeit oder gar Unvertretbarkeit des Rechtsstandpunkts der C. wussten oder wissen mussten. Für einen solchen Erkenntnishorizont der weiteren vertragsbeteiligten Systembetreiber ist nichts dargetan oder sonstwie ersichtlich. Im Gegenteil hat die Beklagte - wie bereits ausgeführt - selbst angegeben, zur Wahrung eigener Geschäftsgeheimnisse ihre Mitbewerber nicht über Einzelheiten ihres „Handelspartner-Modells“ und damit erst recht auch nicht über einzelne Vertragsverhältnisse mit ihren Lizenznehmern informiert zu haben.
71Bei dieser Sachlage waren die Klägerinnen ganz offensichtlich nicht imstande, die Rechtslage annähernd verlässlich zu prüfen und zu beurteilen. Dies macht die Berufung auch nicht geltend. Vielmehr legt sie den Mitbewerbern der Beklagten zur Last, diese hätten an der C. als System-Wirtschaftsprüferin festgehalten, obwohl sie gewusst hätten, dass die C. „trotz unveränderter Sach- und Rechtslage“ die von der Beklagten gemeldeten Eigenrücknahmemengen bei der Prüfung der Istmengenmeldungen für das Jahr 2011 anders als noch bei der Prüfung vorausgegangener Planmengenmeldungen nicht (mehr) habe anerkennen wollen (vgl. nochmals S. 5 des Berufungsschriftsatzes v. 15.11.2013 = GA 562). Damit kann die Berufung indes - wie bereits vorstehend unter aa. (1) ausgeführt - nicht durchdringen. Nach den Regelungen des Zertifikats war es vielmehr Sache der Beklagten, den von ihr für unzutreffend gehaltenen Standpunkt der C. zu den Eigenrücknahmemengen schiedsgerichtlich überprüfen und klären zu lassen. Sie war nicht berechtigt, stattdessen von den anderen Vertragspartnern des Zertifikats eine Abberufung der C. zu verlangen und/oder das Zertifikat fristlos zu kündigen.
72cc. Ohne dass es nach den vorstehenden Ausführungen unter aa. und bb. noch entscheidend darauf ankommt, scheidet eine fristlose Vertragskündigung auch deshalb aus, weil die Beklagte - wie bereits in der mündlichen Verhandlung vom 20. August 2014 von dem Senat angesprochen - zu einem durch die C. verursachten Schaden keinen auch nur annähernd brauchbaren Vortrag gehalten hat. Es fehlt insbesondere an jeglichem Anhalt für einen - wie die Beklagte wiederholt pauschal reklamiert hat - „Schaden in Millionenhöhe“ (vgl. etwa S. 7 des Berufungsschriftsatzes [Rechtsanwalt F.] v. 15.11.2013 = GA 564).
73Für sich genommen zutreffend hat die Beklagte zwar darauf hingewiesen, dass Nachmeldungen bei den Ist-Mengen gemäß § 5 Abs. 2 derLizenzmengenermittlungsvereinbarung (Anl. K 2) mit einem Aufschlag in Höhe von .. % (im Vergleich mit bereits bei den Planmengenmeldungen berücksichtigten Verpackungen) belastet werden (vgl. hierzu S. 11 des Schriftsatzes der Beklagten [Rechtsanwälte G. pp.] v. 4.2.2013 = GA 176). Es ist indes bereits zweifelhaft, ob bei der gebotenen redlichen und interessengerechten Vertragsauslegung auch solche Mengenabweichungen mit einem Aufschlag versehen werden, die alleine darauf zurückzuführen sind, dass der System-Wirtschaftsprüfer - wie hier - seinen Rechtsstandpunkt ändert und hierdurch zunächst anerkannte Eigenrücknahmemengen nunmehr außer Betracht bleiben. Davon abgesehen ist schon im Ansatz nicht nachvollziehbar, woraus die Beklagte ableitet, dass (bereits) der „Basiswert“ gemäß der Definition a. zu § 5 Abs. 2Lizenzmengenermittlungsvereinbarung „in Regel über den tatsächlichen Kosten“ (vgl. Schriftsatz a.a.O.) liegen soll und sie daher einem durch den Auffassungswechsel der C. bedingten Aufschlag von insgesamt .. % ausgesetzt sein will. Vor allem fehlt es an jeglichen konkretisierenden und individualisierenden Darlegungen zu den vom angeblich fehlerhaften Auffassungswechsel der C. betroffenen Verträgen mit Lizenznehmern und dem mengen- sowie preismäßigen Umfang solcher Eigenrücknahmen, die die C. mit ihrer angeblich fehlerhaften Rechtsauffassung nicht (mehr) anerkannt haben soll. Eine Feststellung des der Beklagten drohenden Schadens ist damit nicht einmal annäherungsweise möglich; dies geht zu ihren Lasten.
74dd. War die fristlose Kündigung des Zertifikats vom 9. Mai 2012 nach alledem unberechtigt, kann die Beklagte eine sofortige Vertragsbeendigung auch nicht darauf stützen, dass die Klägerinnen zu 1. und zu 2. sie (die Beklagte) mit ihr am 8. Mai 2012 zugegangenen Schreiben unter Androhung rechtlicher Schritte aufforderten, ihren Pflichten aus dem Zertifikat nachzukommen, namentlich die von der C. zu prüfenden Istmengenmeldungen für das Leistungsjahr 2011 abzugeben. Denn damit haben die Klägerinnen lediglich ihre vertraglichen Rechte aus dem Zertifikat geltend gemacht. Der in diesem Zusammenhang gegen die Klägerinnen erhobene Vorwurf des Rechtsmissbrauchs ist daher unbegründet, zumal die Beklagte die Möglichkeit hatte, die Rechtsauffassung der C. schiedsgerichtlich überprüfen und korrigieren zu lassen.
75ee) Die fristlose Kündigung vom 9. Mai 2012 ist allerdings - wie nachstehend noch ausgeführt werden wird - in eine ordentliche Vertragskündigung zum Ablauf des 31.12.2012 umzudeuten.
763. Ebenfalls ohne Rechtsfehler hat das Landgericht die von ihm tenorierten Handlungspflichten der Beklagten für die Leistungsjahre 2011 und 2012 aus dem ungekündigten Fortbestand des streitbefangenen Zertifikats bis zum Ablauf des Jahres 2012 in Verbindung mit den im Tenor näher bezeichneten Clearingverträgen hergeleitet. Die zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil hierzu (unter II. 2. und 3.) bedürfen keiner Ergänzung.
774. Anders als die Berufung mit ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 25. August 2014 reklamiert, enthält auch die Entscheidung des Landgerichts zur vorläufigen Vollstreckbarkeit seines Urteils (in Gestalt des Berichtigungsbeschlusses des Senats vom 5. August 2013) keinen Rechtsfehler. Entgegen der Auffassung der Berufung richtet sich die Vollstreckung des Urteils im Hinblick auf die darin angeordnete Mitwirkung der C. nicht, auch nicht teilweise, nach § 894 ZPO, sondern nach § 888 Abs. 1 ZPO. Das hat der Senat hat in einem Zwangsvollstreckungsstreit bereits am 28. April 2014 eingehend begründet; der Beschluss ist den Prozessparteien bekannt und lautet auszugsweise:
78„2. Die Zwangsmittelanordnungen sind gemäß § 888 Abs. 1 ZPO gerechtfertigt.
79a. Soweit die Schuldnerin durch das Urteil des Landgerichts vom 7. Mai 2013 zu plausibilisierten bzw. bestätigten Mengenmeldungen verurteilt worden ist, richtet sich die zwangsweise Vollstreckung dieser Verpflichtungen nach § 888 Abs. 1 ZPO. Die Schuldnerin ist auf Grund des vorbezeichneten Erkenntnisses der Sache nach zur Abgabe (qualifizierter) Auskünfte über Tatsachen aus ihrem Wahrnehmungsbereich verurteilt worden; solche Auskünfte unterfallen dem typischen Anwendungsbereich unvertretbarer Handlungen im Sinne der genannten Vorschrift (vgl. etwa Lackmann, in: Musielak, ZPO, 11. Aufl. [2014], § 888 Rz. 5).
80Entgegen der Beschwerde richtet sich die Vollstreckung des Titels im Hinblick auf die durch diesen angeordnete Mitwirkung der C. AG (C.) nicht, auch nicht teilweise, nach § 894 ZPO. Zur Abgabe einer Willenserklärung ist die Schuldnerin ganz offensichtlich nicht verurteilt worden. Eine solche entspricht ersichtlich auch nicht dem von den Gläubigerinnen im Erkenntnisverfahren verfolgten Klageziel. Daran ändert nichts, dass -wie die Beschwerde reklamiert- die Mitwirkung der C. bei der Ermittlung der nach dem Tenor des landgerichtlichen Urteils maßgeblichen Mengen faktisch eine rechtsgeschäftliche Beauftragung jener Gesellschaft und mithin auch eine hierauf gerichtete Willenserklärung der Schuldnerin voraussetzt. Auch eine die Mitwirkung eines Dritten bedürfende unvertretbare Handlung kann grundsätzlich nach § 888 Abs. 1 ZPO vollstreckt werden, wenn nur der Wille des Schuldners zu beugen ist (vgl. Stöber, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. [2012], § 888 Rz. 2 m.w.N.). Ob bzw. unter welchen Voraussetzungen womöglich der Dritte zur notwendigen Mitwirkung bereit ist, berührt in diesem Kontext allein die Frage, ob die Vornahme der dem Schuldner auferlegten Handlung im Sinne des § 888 Abs. 1 ZPO ausschließlich von seinem Willen abhängt. Sofern die Mitwirkung eindeutig gesichert ist, kann die ausgeurteilte Handlungspflicht nach § 888 Abs. 1 ZPO unabhängig davon vollstreckt werden, ob insoweit eine Rechtspflicht des Dritten besteht oder nicht (vgl. Gruber, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl. [2012], § 888 Rz. 15 m.w.N.).
81b. Die besonderen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen nach § 888 Abs. 1 ZPO liegen vor. Die Abgabe der ihr abverlangten qualifizierten Mengenmeldungen an den Wirtschaftsprüfer K. C. hängt ausschließlich vom Willen der Schuldnerin ab und ist ihr nicht unmöglich. Dies gilt namentlich auch in Bezug auf die nach dem zu vollstreckenden Titel notwendige Mitwirkung der C.. Nach dem eigenen Vorbringen der Beschwerde ist die C. grundsätzlich bereit, auf Basis eines entsprechenden Auftragsverhältnisses in der aus dem Vollstreckungstitel ersichtlichen Weise an den der Schuldnerin auferlegten Auskünften mitzuwirken. Ihre Bereitschaft hat die C. u.a. mit zwei an die Schuldnerin gerichteten Schreiben jeweils vom 17. Februar 2014 (Anl. B 6 bzw. B 7 zum Schriftsatz der Schuldnerin v. 26. März 2014 = GA [SH I] 206 f. bzw. 208 ff.) erklärt und mit Schreiben vom 28. März 2014 (Anl. B 9 zum Schriftsatz der Schuldnerin v. 2. April 2014 = GA [SH I] 218 f.) wiederholt. Unerheblich ist daher, ob die C. zur Mitwirkung verpflichtet ist oder hierzu, notfalls im Klagewege, angehalten werden kann.
82An einer im Sinne der Vollstreckungsvorschrift gesicherten Mitwirkung der C. fehlt es -entgegen der Beschwerde- nicht deshalb, weil die C. sich gegen die von der Schuldnerin verlangte Ausdehnung der Haftungsobergrenze von .. Mio. € auf .. Mio. € ausgesprochen hat. Mit ihrem Einwand, bei einer Haftungsobergrenze von lediglich .. Mio. € sei ihr eine Beauftragung der C. zur Plausibilisierung ihrer Mengenangaben nicht zumutbar, kann die Schuldnerin nicht durchdringen. Dies gilt auch, soweit die Schuldnerin sich zur Begründung der angeblichen Unzumutbarkeit auf eine Besorgnis restriktiver und/oder fehlerhafter Auslegung des Begriffs der „Eigenrücknahmen“ durch die C. sowie auf hieraus gegebenenfalls resultierende hohe Schäden zu ihrem Nachteil beruft. Mit der Einwendung, die Vornahme der titulierten Handlung belaste ihn unzumutbar, ist der Schuldner im Vollstreckungsverfahren vielmehr von vornherein ausgeschlossen (BGH, Beschluss v. 7.4.2005 -I ZB 2/05, NJW-RR 2006, 202 [203] zu III.2.b.; vgl. auch Stürner, in: BeckOK ZPO -Stand: 15.3.2014, § 888 Rz. 20). Darüber hinaus stellt die Schuldnerin mit ihrer Begründung zur angeblichen Unzumutbarkeit der Sache nach eine materiellrechtliche Pflicht in Abrede, den ihr auferlegten Mengenmeldungen Plausibilisierungen bzw. Bestätigungen durch die C. beizufügen. Sie beruft sich indes damit auf Einwendungen gegen ihre titulierten Handlungspflichten, über die zu entscheiden allein dem Erkenntnisverfahren, nicht aber (auch) dem Vollstreckungsverfahren vorbehalten ist (vgl. hierzu OLG Saarbrücken, Beschluss v. 14.11.2008 -9 WF 91/08, FamRZ 2009, 1003, Rz. 10 bei juris m.w.N.; BeckOK/Stürner, a.a.O.). Es kommt nach dem Vorstehenden nicht mehr darauf an, dass die Beschwerde zu den angeblich drohenden Fehlern der C. bei der Prüfung der „Eigenrücknahmen“ und zu den deshalb angeblich zu befürchtenden Schäden schon keinen schlüssigen Vortrag aufgezeigt hat und zudem die Interessen der Schuldnerin -worauf die Beschwerdeerwiderung der Sache nach bereits zutreffend hingewiesen hat (vgl. S. 4 des Schriftsatzes der Gläubigerinnen v. 18. Februar 2014 = GA [SH I] 134)- durch die Schutzvorschrift des § 717 Abs. 2 S. 1 ZPO hinreichend gewahrt sind.“
83An dieser Beurteilung hält der Senat fest.
84B. Zur Anschlussberufung der Klägerinnen
85Die innerhalb der verlängerten Frist zur Berufungserwiderung und daher fristgerecht (§ 524 Abs. 2 S. 2 ZPO) eingelegte und auch sonst zulässige Anschlussberufung hat teilweise Erfolg und ist im Übrigen unbegründet.
861. Keinen Erfolg hat das Rechtsmittel, soweit die Klägerinnen den Fortbestand des Zertifikats mit Wirkung auch gegen die Beklagte bis zum 31. Dezember 2013 festgestellt wissen wollen.
87Das Landgericht hat zu Recht dafürgehalten, dass die am 9. Mai 2012 von der Beklagten unwirksam erklärte fristlose Kündigung der streitbefangenen Vereinbarung gemäß § 140 BGB in eine wirksame ordentliche Kündigung umzudeuten gewesen und die Beklagte daher mit Ablauf des Jahres 2012 aus dem Zertifikat ausgeschieden ist. Aus der maßgeblichen Sicht der Kündigungsempfänger ergibt sich nämlich aus der Kündigungserklärung selbst eindeutig, dass die Beklagte die Zertifikatsvereinbarung auf alle Fälle zur Beendigung hat bringen wollen (vgl. hierzu BGH, Urteil v. 12.1.1981 -VIII ZR 332/79, NJW 1981, 976 [977]). Dies hat das Landgericht mit zutreffender Begründung, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt, festgestellt. Ergänzende Ausführungen hierzu sind nicht angezeigt.
882. Soweit die Klägerinnen mit ihrem Anschlussberufungsantrag zu 2. die aus der Zertifikatsvereinbarung und den Clearingverträgen folgenden Handlungspflichten der Beklagten für das Geschäftsjahr 2012 nunmehr durch Leistungsklage geltend machen, ist diese Modifizierung des Klagebegehrens sachdienlich und deshalb nach § 264 Nrn. 2 und 3 ZPO zulässig; sie ist auch begründet, nachdem inzwischen der 15. Mai 2013 verstrichen ist und die Beklagte ihren bis spätestens zum genannten Datum zu erfüllenden Meldepflichten nicht entsprochen hat.
89III.
90Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Beklagten vom 25. August 2014 haben weder zu einer Wiedereröffnung der ordnungsgemäß geschlossenen mündlichen Verhandlung noch zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung Veranlassung gegeben.
91Wohl aber geben diese Schriftsätze Veranlassung zu der Klarstellung, dass in ihnen der Verlauf der mündlichen Verhandlung vom 20. August 2014 teilweise unzutreffend und zum Teil missverständlich wiedergegeben wird:
92Unzutreffend sind die Ausführungen im Schriftsatz der Rechtsanwälte N. pp. insoweit, als - anders als dort eingangs reklamiert - etliche Gesichtspunkte in der mündlichen Verhandlung nicht angesprochen worden sind. Wie hierzu bereits in der Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 27. August 2014 im Einzelnen dargelegt, betrifft dies zum Beispiel den Aspekt der Sternverträge, den genauen Inhalt der Schreiben des Bundeskartellamts vom 27. Juli 2012, 18. Dezember 2009 und 31. Januar 2013 sowie die Anlagen B 43, B 44 und B 45.
93Zumindest missverständlich sind die Ausführungen im Schriftsatz der Rechtsanwälte O. pp., wenn diese im Hinblick auf angeblichen Äußerungen des Senatsvorsitzenden den Eindruck suggerieren, der Senat würde womöglich - allein schon - dann von einem Durchgreifen der fristlosen Kündigung ausgehen, wenn die übrigen Zertifikatsteilnehmer von einem der Beklagten auf Grund der Rechtsauffassungsänderung der C. drohenden „immense[n] Schaden“ gewusst hätten (vgl. S. 2 f. des Schriftsatzes). Dies trifft nicht zu und dahingehend hat sich der Senatsvorsitzende in der mündlichen Verhandlung auch nicht geäußert. Richtig ist vielmehr, dass der Senatsvorsitzende die fehlende Feststellbarkeit des von der Beklagten reklamierten drohenden „immensen Schadens in Millionenhöhe“ mangels insoweit hinreichenden Sachvortrags der Beklagten angesprochen hat. Insoweit hat der Senatsvorsitzende indes diesen Gesichtspunkt als nur einen von mehreren unabhängig voneinander bestehenden Gründen dargestellt, die nach der Vorberatung des Senats - ein jeder für sich - gegen ein Durchgreifen der fristlosen Kündigung des Zertifikats gesprochen haben. Dies korrespondiert schließlich auch mit den Gründen des vorliegenden Urteils; wie eingehend dargelegt, scheiterte die fristlose Kündigung völlig unabhängig von einem der Beklagten drohenden „immensen Schaden“ und einer diesbezüglich vorhandenen oder fehlenden Kenntnis der übrigen Zertifikatsteilnehmer zwingend daran, dass die C. ohne Willkür das „Handelspartner-Modell“ verworfen hatte und die übrigen Zertifikatsteilnehmer das Handeln der C. nicht als willkürlich erkannten oder erkennen mussten.
94IV.
95Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.
96Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
97V.
98Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO) liegen nicht vor.
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Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.
(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.
(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.
(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.
Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.
(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.
(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.
(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.
Ist der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, so gilt die Erklärung als abgegeben, sobald das Urteil die Rechtskraft erlangt hat. Ist die Willenserklärung von einer Gegenleistung abhängig gemacht, so tritt diese Wirkung ein, sobald nach den Vorschriften der §§ 726, 730 eine vollstreckbare Ausfertigung des rechtskräftigen Urteils erteilt ist.
(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für die Zwangshaft gelten die Vorschriften des Zweiten Abschnitts über die Haft entsprechend.
(2) Eine Androhung der Zwangsmittel findet nicht statt.
(3) Diese Vorschriften kommen im Falle der Verurteilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag nicht zur Anwendung.
Ist der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, so gilt die Erklärung als abgegeben, sobald das Urteil die Rechtskraft erlangt hat. Ist die Willenserklärung von einer Gegenleistung abhängig gemacht, so tritt diese Wirkung ein, sobald nach den Vorschriften der §§ 726, 730 eine vollstreckbare Ausfertigung des rechtskräftigen Urteils erteilt ist.
(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für die Zwangshaft gelten die Vorschriften des Zweiten Abschnitts über die Haft entsprechend.
(2) Eine Androhung der Zwangsmittel findet nicht statt.
(3) Diese Vorschriften kommen im Falle der Verurteilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag nicht zur Anwendung.
(1) Die vorläufige Vollstreckbarkeit tritt mit der Verkündung eines Urteils, das die Entscheidung in der Hauptsache oder die Vollstreckbarkeitserklärung aufhebt oder abändert, insoweit außer Kraft, als die Aufhebung oder Abänderung ergeht.
(2) Wird ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil aufgehoben oder abgeändert, so ist der Kläger zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist. Der Beklagte kann den Anspruch auf Schadensersatz in dem anhängigen Rechtsstreit geltend machen; wird der Anspruch geltend gemacht, so ist er als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen.
(3) Die Vorschriften des Absatzes 2 sind auf die im § 708 Nr. 10 bezeichneten Berufungsurteile, mit Ausnahme der Versäumnisurteile, nicht anzuwenden. Soweit ein solches Urteil aufgehoben oder abgeändert wird, ist der Kläger auf Antrag des Beklagten zur Erstattung des von diesem auf Grund des Urteils Gezahlten oder Geleisteten zu verurteilen. Die Erstattungspflicht des Klägers bestimmt sich nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Wird der Antrag gestellt, so ist der Anspruch auf Erstattung als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen; die mit der Rechtshängigkeit nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts verbundenen Wirkungen treten mit der Zahlung oder Leistung auch dann ein, wenn der Antrag nicht gestellt wird.
(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht.
(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung verzichtet hat oder die Berufungsfrist verstrichen ist. Sie ist zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Diese Frist gilt nicht, wenn die Anschließung eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (§ 323) zum Gegenstand hat.
(3) Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. Die Vorschriften des § 519 Abs. 2, 4 und des § 520 Abs. 3 sowie des § 521 gelten entsprechend.
(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.
Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.