Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 06. Okt. 2015 - I-21 U 40/15
Gericht
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 09.01.2015 verkündete Urteil der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf – 39 O 27/14 - wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das am 09.01.2015 verkündete Urteil der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf – 39 O 27/14 – teilweise abgeändert und die Beklagte über die durch das angefochtene Urteil erfolgte Verurteilung hinaus verurteilt, weitere 167.616,74 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.05. 2015 zu zahlen.
Die weitergehende Anschlussberufung wird zurückgewiesen. Die Klage wird im Übrigen (soweit es um die Hauptforderung geht) als im Urkundenprozess unstatthaft abgewiesen.
Der Beklagten bleibt die Ausführung ihrer Rechte – auch im Hinblick auf diese weitergehende Verurteilung – im Nachverfahren vorbehalten.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden der Beklagten auferlegt. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 6 % und die Beklagte zu 94%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht zuvor die Beklagten jeweils Sicherheit in selber Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages geleistet haben.
Die Revision nicht zugelassen.
1
Gründe:
2A)
3Die Klägerin macht im Urkundsprozess Zahlungsansprüche aus einem Grundstückskauf gelten. Sie verkaufte der Beklagten mit notariellem Kaufvertrag vom 10.11.2011 des Notars A… (Anl. K1 Anlagenband = nachfolgend AB) ein Grundstück mit darauf stehendem Gebäude. Das Kaufobjekt sollte in Sonder- bzw. Wohnungseigentum aufgeteilt und die einzelnen Einheiten anschließend verkauft werden. Der Kaufpreis betrug gemäß III. des Vertrages 2.120.000 €. In III Abs. 3 haben die Parteien des Kaufvertrages folgende Anpassungsregelung bezüglich des Kaufpreises vereinbart:
4„ Der Käufer beabsichtigt, das Kaufobjekt in Sonder-/Wohnungseigentum aufzuteilen und die neu entstehenden Sonder-/Wohnungseigentumseinheiten anschließend zu veräußern. Sofern bei der Veräußerung der Sonder-/Wohnungseigentums-einheiten die Summe aller Kaufpreise - ohne Berücksichtigung von Sonderwünschen gegenüber der Planung gemäß der Baubeschreibung des Vergleichsobjekts R… S…, …., Im Durchschnitt € 2860,--/m² Wfl. überschreitet, erhöht sich der Kaufpreis um 50 % des im Durchschnitt € 2860,-/m² Wfl. übersteigenden Betrages; beträgt also beispielsweise der Durchschnittskaufpreis € 3000/m² Wfl., Ist der Erhöhungsbetrag € 140,--; hiervon stehen sodann € 70,--/m² verkaufter Wohnfläche dem Verkäufer zu. Dem Verkäufer ist vom Käufer vor Aufnahme des Vertriebes eine Aufstellung der Verkaufspreise zu übermitteln, aus der die m²-Preise ersichtlich sind. (…)“
5Die Klägerin errechnete anhand der ihr von der Beklagten übermittelten Kaufvertragskopien einen weiteren Kaufpreis aufgrund der Anpassungsklausel i.H.v. 950.000 €, den sie mit Schreiben vom 21.01.2014 (K2 AB) geltend machte. Mit Schreiben vom 30.01.2014 (GA 56), unterzeichnet „im Auftrag“ von der „Projektentwicklerin“ S.... antwortete die Beklagte und übersandte eine Abrechnung, auf deren Grundlage sie – wie es im Schreiben heißt – zu einem anteiligen Mehrerlös für die Klägerin i.H.v. 176.347,38 € gelangte; weiter heißt es in dem Schreiben, wegen eines laufenden Gerichtsverfahrens, in dem die Beklagte einen Schadensersatzanspruch i.H.v. 165.900 € geltend mache, sehe sie keine Forderung zu Gunsten der Klägerin. Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 31.3.2014 unter Bezugnahme auf das o.a. Schreiben der Beklagten vom 30.1.2014 die dort enthaltenen Berechnungen als fehlerhaft und nicht den vertragsgemäßen Grundlagen entsprechend und ebenfalls die Schadensersatzforderung der Beklagten zurückgewiesen und schließlich Zahlung zumindest des (nach ihrer Auffassung) im Schreiben vom 30.1.2014 anerkannten Betrages gefordert hatte, teilte Frau S…. ebenfalls unter dem Briefkopf der Beklagten und mit dem Zusatz „im Auftrag“ mit Schreiben vom 14.4.2014 (Anlage K 5 AB) mit, dass sie aufgrund einer Veräußerung von zwei weiteren Wohneinheiten eine neue Berechnung (ebenfalls als Anlage beigefügt) vorgenommen habe, wonach sich ein Mehrerlös von 198.097,38 € ergebe, der wegen der Schadensersatzforderung im Rechtsstreit nicht auszuzahlen sei.
6In dem erwähnten Rechtsstreit (32 O 111/12 Landgericht Düsseldorf) hatte die Klägerin eine Höchstbetragsbürgschaft zur Absicherung von Kaufpreiserhöhungen verlangt, während die Beklagte widerklagend Schadensersatz i.H.v. 165.900 € geltend gemacht hatte. Mit Urteil vom 15.5.2014 wurde die Beklagte zur Stellung der Bürgschaft verurteilt, während die Widerklage abgewiesen wurde.
7Die Klägerin hat erstinstanzlich die Zahlung des Mehrerlöses in der im Schreiben vom 14.4.2014 bezifferten Höhe sowie der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten im Urkundsverfahren verlangt. Sie hat die Auffassung vertreten, Frau S.... habe zumindest mit Anscheinsvollmacht gehandelt. Sie hat behauptet, Frau S.... habe Vertretungsmacht gehabt, jedenfalls habe die Beklagte den Anschein ihrer Vollmacht gesetzt.
8Sie hat beantragt,
9die Beklagte zu verurteilen, an sie 198.097,36 € nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7.2.2014 sowie weitere 2833,15 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.08.2014 zu zahlen.
10Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, das Schreiben vom 14.4.2014 sei mangels Vertretungsmacht von Frau S.... kein Schuldanerkenntnis. Die dem Schreiben beigefügte Berechnung sei keine Urkunde, weil sie weder eine Gedankenäußerung noch eine Unterschrift enthalte. Der Urkundenprozess sei nicht statthaft, weil die Klägerin nicht alle anspruchsbegründenden Tatsachen durch Urkunden beweisen könne, insbesondere könne sie zum Nachweis der Kaufpreise aus dem Verkauf der einzelnen Einheiten allenfalls Kopien der Kaufverträge ohne Urkundenqualität vorlegen. Die Sonderwünsche, die von den Kaufpreisen abgesetzt werden müssten, seien jedoch nicht mittels Urkunden zu beweisen.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im erstinstanzlichen Verfahren wird auf die tatsächlichen Feststellungen im Tatbestand und in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
12Das Landgericht – Kammer für Handelssachen – hat mit Vorbehaltsurteil im Urkundenprozess die Beklagte antragsgemäß verurteilt und ihr die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten. Zur Begründung ihrer Entscheidung hat die Kammer im Wesentlichen folgende Erwägungen angestellt: Die Klage sei im Urkundenprozess statthaft und begründet. Der Urkundenprozess sei statthaft, da die Klägerin die von ihr verlangte Forderung nach Grund und Höhe mit Urkunden nachweisen könne. Der Anspruch ergebe sich aus der Besserungsklausel in III. 1 Abs. 3 des Kaufvertrages, dessen Inhalt unstreitig sei und durch die vorgelegte Kaufvertragsurkunde in Kopie und im Original bewiesen sei. Der Anspruch der Klägerin belaufe sich auf 198.097,36 € und sei durch Urkunden bewiesen. Die Beklagte selbst habe in den von ihrer Mitarbeiterin erstellten Abrechnungen zuletzt einen Mehrerlös in dieser Höhe errechnet. Es könne dahinstehen, ob die Schreiben als Schuldanerkenntnis zu werten seien und die unterzeichnende Mitarbeiterin Vertretungsmacht gehabt habe. Die dem Schreiben beigefügten Abrechnungen enthielten zumindest eine Wissenserklärung der Mitarbeiterin zur Höhe der erzielten Erlöse und der abzuziehenden Sonderwünsche. Damit seien die Erlöse nachgewiesen, auf deren Basis der Anspruch auf Auskehrung der Mehrerlöse zu errechnen sei. Die Beklagte habe nicht einmal behauptet, dass die von ihrer Mitarbeiterin eingestellten Zahlen falsch seien. Durch Vorlage der Abrechnung habe die Klägerin die Höhe des Anspruchs urkundlich belegt. Es sei nicht erforderlich, dass die Klägerin zum Nachweis der Höhe ihres Anspruches die aus den jeweiligen Einzelverkäufen erzielten Kaufpreise und die abzuziehenden Sonderwünsche durch Vorlage der einzelnen Kaufverträge belege. Es genüge, wenn die im Urkundenprozess vorzulegenden Urkunden einen Indizienbeweis ermöglichten. Dieser Indizienbeweis werde durch Vorlage der Abrechnungen der Beklagten, die sie mit den Schreiben vom 30.1.2014 und 14.4.2014 übersandt habe, geführt. Die Höhe der Kaufpreise und abzuziehenden Sonderwünsche, aus denen sich die Höhe der Forderung der Klägerin errechnete, seien in den Abrechnungen enthalten. Die Kammer gehe davon aus, dass die Mitarbeiterin der Beklagten die für die Beklagte günstigsten Beträge, also die niedrigsten Kaufpreise und höchsten Beträge für Sonderwünsche aufgeführt habe, so dass allenfalls ein höherer aber keinesfalls ein niedrigerer Mehrerlös auszukehren sei. Zudem habe die Beklagte die angesetzten Beträge nicht bestritten. Der Anspruch auf den Mehrerlös sei jedenfalls gemäß III.4 Abs. 2 des Kaufvertrages fällig.
13Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie – unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils – die Abweisung der Klage als in der gewählten Prozessart unstatthaft erstrebt. Zur Begründung ihres Rechtsmittels trägt die Beklagte im Wesentlichen Folgendes vor:
14Das Landgericht sei rechtsirrig davon ausgegangen, dass der Urkundenprozess statthaft sei. Die Klägerin könne den geltend gemachten Anspruch zumindest nicht der Höhe nach durch Urkunden nachweisen, so dass die Voraussetzungen für eine Geltendmachung des Zahlungsanspruches im Urkundenprozess gemäß § 592 ZPO nicht gegeben seien. Soweit das Landgericht die Auffassung vertreten habe, die Erlöse seien aufgrund der von der Mitarbeiterin der Beklagten S.... erstellten Abrechnungen nachgewiesen, auf deren Basis die Klägerin ihren Anspruch auf Auskehrung des Mehrerlöses errechnet habe, verkenne es, dass es sich bei den den Schreiben vom 30.01. und 14.4.2014 beigefügten „Abrechnungen“ nicht um (selbstständige) Urkunden handele. Bei isolierter Betrachtung der Abrechnungen fehle es an einer Gedankenerklärung wie auch an einer Verständlichkeit aus sich heraus. Ohne das Anschreiben seien die Abrechnungen nicht verständlich. Die besagten Anschreiben seien ebenfalls keine Urkunden im Sinne der ZPO. Beiden Schreiben fehle bereits der Erklärungswert über streitiges Parteivorbringen. Nach der Vorstellung der Verfasserin der beiden Schreiben habe jedenfalls ein Beweis für streitiges Parteivorbringen nicht erbracht werden sollen.
15Beide Schreiben könnten ebenfalls nicht als (deklaratorisches) Schuldanerkenntnis angesehen werden. Nach dem objektiven Empfängerhorizont habe die Verfasserin beider Schreiben nicht den Willen gehabt, ein solches deklaratorisches Schuldanerkenntnis abzugeben. Abseits dessen müsse sich die Beklagte weder das Schreiben vom 30.1.2014 noch dasjenige vom 14.4.2014 zurechnen lassen, da es an der erforderlichen Vertretungsmacht der Frau S.... fehle. Der Klägerin sei auch bekannt gewesen, dass Frau S.... zur Abgabe eines Anerkenntnisses oder einer gleichkommenden Erklärung in Höhe von rund 200.000 € nicht bevollmächtigt gewesen sei, was sich aus dem Unterschriftenzusatz „i.A.“ ergebe, zumal die Freigabe solcher Zahlungen nicht zum Aufgabenbereich eines Projektentwicklers gehöre.
16Darüber hinaus fehle es an der Statthaftigkeit des Urkundsverfahren, da die Klägerin nicht für alle anspruchsbegründenden Tatsachen Urkundenbeweis anbieten könne, was im Übrigen auch im Falle des Nichtbestreitens durch die Beklagte gelte. Zum einen habe die Klägerin bislang die Summe aller Kaufpreise nicht mit Urkunden belegt. Auch die Gesamtwohnfläche aller veräußerten Sonder-/Wohnungseigentums-einheiten sei bislang nicht durch Urkunden belegt. Darüber hinaus müsste die Klägerin die „Sonderwünsche gegenüber der Planung gemäß Baubeschreibung des Vergleichsobjektes R… S…“ mittels Urkunden belegen, was bedeute, dass die Urkunden Beweis dafür erbringen müssten, welche Leistungen Sonderwünsche gegenüber dem Vergleichsobjekt seien oder nicht.
17Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch sei auch nicht unbestritten, was sich bereits aus dem Klageabweisungsantrag der Beklagten ergebe.
18Die Klägerin bittet um Zurückweisung der Berufung der Beklagten. Sie beantragt darüber hinaus im Wege der Anschlussberufung,
19unter teilweiser Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung die Beklagte zur Zahlung weiterer 190.191,30 € nebst 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung (29. Mai 2015 – GA 99 a) zu zahlen.
20Hierzu trägt sie vor:
21Die Beklagte habe auf entsprechende Anforderung der Klägerin unter Bezugnahme auf die vertragliche Vereinbarung Urkundenauszüge hinsichtlich sämtlicher verkaufter Wohnungen vorgelegt. Aus den (als Anl. BE1) vorgelegten Urkunden ergebe sich, dass nicht die Preise beurkundet seien, die die Beklagte als Kaufpreis angegeben habe. Jedoch stimme in der Regel der Kaufpreis in der vierten Spalte (aus der Anlage K 5) mit dem beurkundeten Kaufpreis überein. In der letzten Spalte habe die Klägerin in der Anlage K 5 Sonderwünsche/sonstige Reduzierungen Erwerber aufgelistet, wobei es mit einer einzigen Ausnahme in den überreichten Kaufvertragsauszügen nicht einmal den Hinweis auf Sonderwünsche gebe. Sie – die Klägerin – lege für die Berechnung ihres Anspruchs die Kaufpreise zu Grunde, die für die Wohnungen beurkundet seien. Eine Ausnahme gelte für die Wohnung 16 B 6, bei der sich aus der Urkunde unmittelbar entnehmen lasse, dass Sonderleistungen vereinbart seien, die in den Kaufpreis eingeflossen seien. Die Klägerin lasse sich im Rahmen des Urkundsverfahrens auf die von der Beklagten genannte Höhe von 11.293,01 € ein, die sie von dem Kaufpreis in Abzug bringe.
22Die Summe der solchermaßen berechneten Kaufpreise für die einzelnen Wohnungen betrage 14.053.807,-- €. Die hierbei zu Grunde gelegten Zahlen entsprächen der Spalte 4 aus der Anlage K 5 mit Ausnahme der Wohnung 16 G. Bei dieser sei der prognostizierte Kaufpreis von 470.000 € eingesetzt, während tatsächlich die Wohnung zu einem Kaufpreis von 524.000 €, mithin um 54.000 € über dem zunächst angegebenen Kaufpreis veräußert worden sei. Ausgehend von diesem Gesamtverkaufserlös ergebe sich bezogen auf eine Fläche von 4642 m² ein Quadratmeterpreis von 3027,28 €; dieser übersteige den im Kaufvertrag angenommenen Quadratmeterpreis von 2860 € um 167,20 €. Entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen sei dieser Mehrerlös zwischen den Parteien aufzuteilen, so dass sich für die Klägerin ein Betrag von 83,64 €/Quadratmeter ergebe. Bei verkauften 4642,38 m² ergebe sich der der Klägerin bei Ansatz von 83,64 € zustehende Mehrerlös i.H.v. 388.288,66 €. Nachdem im landgerichtlichen Verfahren bereits 198.097,36 € zugesprochen worden seien, verbleibe ein Betrag von 190.191,30 €, der Gegenstand der Anschlussberufung sein. Vor diesem Hintergrund komme es nicht darauf an, ob die Bearbeiterin der Beklagten Vollmacht gehabt habe oder nicht.
23Soweit die Beklagte meine, sie könne nicht ergänzend vortragen, weil sie ihren Vortrag nicht mit Urkunden belegen könne, sei dies nicht zutreffend. Das Urkundsver-fahren unterliege bis auf die Besonderheiten des Urkundsprozesses den Regeln der ZPO. Wenn die Beklagte meine, ihren Vortrag zwar beweisen zu können, aber nicht mit den Mitteln des Urkundsverfahrens, wäre sie aufgrund der eigentümlichen Beschränkungen der Beweismittel an das Urkundenurteil in einem eventuellen Nachverfahren nicht gebunden. Vor diesem Hintergrund sei die Beklagte wegen der hier geltenden allgemeinen Vorschriften auch im Urkundenprozess gehalten, auf einen substantiierten Vortrag zu erwidern, wenn sich die behaupteten Umstände in ihrem Wahrnehmungsbereich abgespielt haben.
24Die Beklagte beantragt mit Blick auf die Anschlussberufung,
25unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage und die mit der Anschlussberufung erweiterte Klage als in der gewählten Prozessart unstatthaft abzuweisen,
26hilfsweise, unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage und die mit der Anschlussberufung erweiterte Klage abzuweisen,
27weiter hilfsweise der Beklagten im Bezug auf die Klage und die mit der Anschlussberufung erweiterte Klage die Ausführung ihrer Rechte gemäß § 599 Abs. 1 ZPO vorzubehalten.
28Ergänzend trägt sie vor: Bei ihrem prozessualen Vortrag und ihrer Berechnung eines weiteren Mehrerlöses verkenne die Klägerin, dass die Anpassungsklausel im Kaufvertrag auf die Kaufpreise Bezug nehme „ohne Berücksichtigung von Sonderwünschen gegenüber der Planung gemäß der Baubeschreibung des Vergleichsobjekts R... S...“. Deshalb müsste die Klägerin zur Begründung ihres Mehrerlösanspruches nicht nur „die Summe aller Kaufpreise“ sondern auch die hiervon in Abzug zu bringenden „Sonderwünsche gegenüber der Planung gemäß der Baubeschreibung des Vergleichsobjekts R.. S…. darlegen“ und mittels Urkunden beweisen. Die wegen der „Sonderwünsche“ vorzunehmenden Abzüge könne die Klägerin nicht mittels der Urkundenauszüge gemäß Anl. BE1 beweisen. Da sie – die Klägerin – auch in Bezug auf diese wegen der „Sonderwünsche“ vorzunehmenden Abzüge im Grunde wie auch der Höhe nach darlegungs- und beweisbelastet sei, sei die Anschlussberufung der Klägerin unschlüssig. Auch müsse die Klägerin darlegen und im Falle des Bestreitens mittels Urkunden beweisen, dass es weitere „Sonderwünsche“ gegenüber dem Referenzobjekt nicht gebe. Hierzu fehle es jedoch an jeglichem Vortrag der Klägerin.
29Entgegen der Auffassung der Klägerin umfassten die „Sonderwünsche gegenüber der Planung gemäß der Baubeschreibung des Vergleichsobjekts R... S...“ nicht nur die Sonderwünsche der Erwerber, sondern auch jedwede Ausführungsunterschiede zwischen dem streitgegenständlichen Objekt und dem Vergleichsobjekt. Über diese Unterschiede in der Ausführung existierten keine Urkunden, so dass weder die Klägerin noch die Beklagte solche vorlegen könnten. Tatsächlich wiesen die Projekte R... S... und das (streitgegenständliche) Projekt R… Quartier näher aufgeführte Unterschiede hinsichtlich der Art der Ausführung auf. Insoweit wird auf die Darstellung auf Seite 4- 6 des Beklagten Schriftsatzes vom 28.07.2015 = GA 122-124 Bezug genommen. Auch seien mit den Erwerbern Sonderwünsche vereinbart worden und mit dem vereinbarten Kaufpreis abgegolten. Insoweit wird wegen der Einzelheiten auf die Darstellung im o.a. Schriftsatz, dort Seite 6-14 = GA 124-132 Bezug genommen.
30Hilfsweise vertritt die Beklagte die Auffassung, dass die Klage und die mit der Anschlussberufung erhöhte Klage unbegründet seien. Hierzu meint die Beklagte, der Klägerin stünden aus der in Rede stehenden Besserungsklausel keine Ansprüche zu, da diese Klausel rechtsunwirksam sei. Der Eintritt der in der Besserungsklausel enthaltenen aufschiebenden Bedingung sei ungewiss. Auch nach Veräußerung der Sonder-/Wohnungseigentumseinheiten ließe sich der Bedingungseintritt nicht exakt feststellen. Die Formulierung der Bedingung sei nicht hinreichend bestimmt und auch durch Auslegung nicht bestimmbar. Der Vertrag definiere nicht, woraus sich der Durchschnittskaufpreis je Quadratmeter Wohnfläche errechne. Auch ergebe sich nicht aus der Klausel, ob gegebenenfalls statt der beurkundeten Kaufpreise die tatsächlich von den Erwerbern gezahlten Kaufpreise, die beispielsweise infolge von Gegenansprüchen vermindert seien, anzusetzen seien. In der Besserungsklausel sei des weiteren nicht hinreichend konkret bestimmt, wie der Wert der Sonderwünsche gegenüber der Planung gemäß der Baubeschreibung des Vergleichsobjekts R... S... bei der Berechnung des weiteren Kaufpreises berücksichtigt werden sollte (wegen der Einzelheiten GA 135). Selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin die für sie jeweils ungünstigsten Berechnungsarten zugrundelegen würde und damit zu einem Bedingungseintritts käme, wäre die Besserungsklausel unwirksam, weil aufgrund der unterschiedlichen Berechnungsarten ein Kaufspreis nicht verlässlich ermittelt werden könnte; da aber die Einigung auf den Kaufpreis zu den wesentlichen Bestandteilen eines Kaufvertrages gehöre, liege ein Einigungsmangel vor, der die Teilunwirksamkeit der Besserungsklausel zur Folge habe.
31Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt der in diesem Rechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
32B)
33Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von 198.097,36 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 2.833,15 € ebenfalls nebst Zinsen durch das Landgericht im Rahmen des angefochtenen Vorbehaltsurteils im Urkundenprozess; die Klägerin strebt hingegen im Wege der Anschlussberufung eine weitergehende Verurteilung der Beklagten um (weitere) 190.191,30 € an. Während die Berufung der Beklagten unbegründet ist, hat die Anschlussberufung zum weit überwiegenden Teil in der Sache Erfolg, was zu einer teilweisen Abänderung des angefochtenen Urteils und zu einer weitergehenden Verurteilung der Beklagten in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang führt.
34I) Berufung der Beklagten
35Die Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht, damit zulässig eingelegt und begründet worden, ihr bleibt in der Sache der Erfolg versagt. Sie ist nämlich unbegründet, da die Beklagte einen Rechtsfehler zu ihren Lasten gemäß § 546 ZPO nicht dargetan hat und auch im Übrigen die vom Senat seiner Entscheidung nach § 529 Abs. 1 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen keine vom Landgericht abweichende Bewertung der Sach- und Rechtslage zu Gunsten der Beklagten rechtfertigen.
36Primär hat die Beklagte mit der Berufungsbegründung geltend gemacht, dass entgegen der Auffassung des Landgerichts die Klage als in der gewählten Prozessart des Urkundsverfahrens nach § 592 ZPO unstatthaft sei. Mit diesem Berufungsangriff dringt die Beklagte nicht durch.
371.Da die Klägerin mit der vorliegenden Klage einen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte verfolgt, ist das von ihr gewählte Urkundsverfahren grundsätzlich eine statthafte Verfahrensart.
382.Die Auffassung des Landgerichts, dass die Klägerin sämtliche zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs erforderlichen Tatsachen auch durch Urkunden im Sinne des § 592 ZPO bewiesen habe (UA 4), hält den Angriffen der Berufung stand. Dies gilt sowohl für die Voraussetzungen des Anspruchs dem Grunde nach als auch hinsichtlich der Höhe des mit der Klage (ursprünglich) geltend gemachten Anspruches in Höhe von 198.097,36 €.
39a)Die Klägerin stützt ihren Anspruch auf die in Rede stehende Besserungs- bzw. Anpassungsklausel aus dem notariellen Kaufvertrag vom 10.11.2010 gemäß den dortigen Regelungen in Ziffer III Nr. 1 Abs. 3 S. 2. Aus der von der Klägerin mit der Klageschrift (in Ablichtung) und in der letzten mündlichen Verhandlung vor der Kammer für Handelssachen im Original vorgelegten (Kaufvertrags-) Urkunde ist ersichtlich, dass die Parteien in dem Vertrag eine Regelung getroffen haben, auf dessen Grundlage die Verkäuferin, also die Klägerin, von der Käuferin, der Beklagten einen gegenüber dem (unbedingt) vereinbarten Kaufpreis von 2.212.000,-- € höheren Zahlungsanspruch beanspruchen kann, soweit der von der Beklagten bei der Weiterveräußerung des Objektes nach Aufteilung in Sonder-/Wohneinheiten erzielte Kaufpreis (Erlös) nach bestimmten (näher beschriebenen) Berechnungsmodalitäten und Abzügen den Betrag von 2.860 €/m² übersteigt.
40b)Das Landgericht hat desweiteren als durch Urkunden im Sinne des § 592 ZPO erwiesen angesehen, dass der Klägerin ein solcher, aus der o.g. Regelung des notariellen Kaufvertrages abzuleitender Mehrerlösanspruch (auch der Höhe nach) im Umfang der Klageforderung von 198.097,36 € gegen die Beklagte zusteht. Als solche Urkunden im Sinne des § 592 ZPO hat das Landgericht die von der Mitarbeiterin der Beklagten H… S.... mit Schreiben vom 30.01. und 14.04.2014 übersandten Abrechnungen erachtet. Die hiergegen von der Beklagten mit der Berufung vorgebrachten Erwägungen vermögen nicht zu überzeugen. Zu Unrecht beanstandet die Beklagte, dass diese Abrechnungen nicht ausreichende Urkunden im Sinne des § 592 ZPO seien, durch die die Klägerin die anspruchsbegründenden Tatsachen in Hinblick auf die Mehrerlöse nachweisen könne.
41aa)Urkunden im Sinne des § 592 ZPO sind schriftlich verkörperte Gedankenerklärungen, wobei sie dem Beweis ihrer Echtheit oder Unechtheit zugänglich sein müssen (vgl. Kratz in Beck´scher Online Kommentar zur ZPO, Stand 01.03.2015, Rz. 26 zu § 592). Da seitens der Beklagten nicht die Echtheit der mit der Klage vorgelegten Kopien im Sinne einer Übereinstimmung mit den Originalschreiben und dazugehörigen Abrechnungen und ebensowenig die Urheberschaft dieser Dokumente durch Frau S.... in Abrede gestellt wird, bedarf es keiner weiteren Behandlung der Frage, unter welchen einschränkenden Voraussetzungen Fotokopien die Urkundeneigenschaft zugesprochen werden kann (hierzu Kratz, a.a.O., Rz. 27. m.w. N.).
42Abseits dessen genügt in diesem Zusammenhang jede Urkunde, die geeignet ist, dem Gericht gegenüber den Beweis für die Richtigkeit der klagebegründenden Tatsachen unmittelbar oder mittelbar zu erbringen (vgl. BGH, Urteil vom 27.10.1982, WM 1983, 22). Die Urkunde muss folglich nicht den Anspruch bzw. die anspruchsbegründenden Tatsachen unmittelbar belegen. Vielmehr reicht es aus, dass mit der Urkunde eine Indiztatsache bewiesen wird, die den Schluss auf die anspruchsbegründende Tatsache zulässt (vgl. BGH, Urteil vom 22.03.1995, VIII ZR 191/93, NJW 1995, 1683; OLG Koblenz, Urteil vom 10.12.2013, 3 U 725/13, WM 2014, 962f zit. nach juris Tz. 39; Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl. 2015, Rz. 12). Ob die Urkunde den erforderlichen Beweis erbringt, richtet sich allein nach den Grundsätzen freier Beweiswürdigung nach § 286 ZPO (vgl. Braun, in Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl. 2012, Rz. 16 zu § 592). Dementsprechend muss vom Kläger weder eine sog. wirkende oder Tatbestandsurkunde vorgelegt werden, noch braucht der Beklagte an der Urkundenerrichtung mitgewirkt zu haben oder muss der Urkunde eine bestimmte Beweiskraft zu eigen sein (vgl. Braun a.a.O.).
43bb)Ausgehend von diesen in Rechtsprechung und Literatur anerkannten Grundsätzen ist die Auffassung des Landgerichts rechtsfehlerfrei. Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin zum Nachweis der Höhe ihres Anspruchs die aus den jeweiligen Einzelverkäufen erzielten Kaufpreise und die abzuziehenden Sonderwünsche durch Vorlage der einzelnen Kaufverträge nicht belegen muss. Das Landgericht ist zu der Ansicht gelangt, dass die von der Beklagten bzw. ihrer Mitarbeiterin H… S.... erstellten Abrechnungen, die sie der Klägerin mit den Schreiben vom 30.01. und 14.04.2014 zugesandt hat, als (nach den obigen Ausführungen für § 592 ZPO ausreichende) Indizurkunden geeignet sind, den Beweis dafür zu erbringen, dass zumindest in der in den Abrechnungen ausgewiesenen Höhe die von der Beklagten vorgenommenen Verkäufe von Sonder-/Wohneigentumseinheiten des Projektes nach Maßgabe der in der Vertragsbestimmung aufgeführten Regelungen zu einem Verkaufspreis je qm Wohnfläche oberhalb der nach der Vertragsklausel angesetzten 2.860,-- € und damit zu einem der Klägerin in Höhe von 198.097,38 € zustehenden Mehrerlös geführt haben. Die diesbezüglichen Erwägungen des Landgerichts sind nachvollziehbar und in sich stimmig. Das Landgericht hat darauf abgestellt, dass die Mitarbeiterin der Beklagten S.... in den beiden Aufstellungen, die gefertigt wurden, um weitaus höhere, von der Klägerin ebenfalls unter Verweis auf die hier in Rede stehende Mehrerlösklausel geltend gemachte Ansprüche abzuwehren, die für die Beklagte günstigsten Beträge, also die niedrigsten Kaufpreise und höchsten Beträge für Sonderwünsche aufgeführt hat, so dass allenfalls ein höherer, aber keinesfalls ein niedrigerer Mehrerlös auszukehren sei.
44Nach § 529 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist die auf dieser Beweiserwägung basierende Feststellung des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung für den Senat bindend. Denn tatsächliche Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil sind nach dieser Vorschrift auch vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zu Grunde zu legen, sofern nicht konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit dieser Feststellung bestehen, die im Übrigen der Berufungsführer mit der Berufungsbegründung darzutun hat (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO). Solche Anhaltspunkte ergeben sich weder aus dem Vorbringen der Beklagten noch aus dem sonstigen Akteninhalt.
45(1)Insbesondere ist es zutreffend, dass die Klägerin zunächst auf der Grundlage der ihr zur Verfügung gestellten Kaufverträge von einem höheren Mehrerlös im Sinne der vertraglichen Regelung, mithin von seitens der Beklagten erlangten höheren Verkaufserlösen und niedrigeren Abzügen wegen Sonderwünsche ausgegangen ist, wie sich aus deren Schreiben vom 21.01.2014 (K 2 ) ableiten lässt. Wenn die Beklagte durch ihre Mitarbeiterin in einer Reaktion hierauf eine Aufstellung erstellt, bei der sie zu deutlich niedrigeren Beträgen gelangt, so ist der vom Landgericht gezogene Rückschluss, dass zumindest in dieser Höhe ein Mehrerlös erreicht worden ist, nachvollziehbar. Abweichende Zahlen hat die Beklagte in der Berufungsbegründung nicht dargetan. Dass die Mitarbeiterin der Beklagten S.... bei der Ermittlung der tatsächlichen Parameter des Mehrerlösanspruchs der Klägerin irgendwelche Fehler begangen hat oder sie irgendwelchen Irrtümern unterlegen war, hat die Beklagte weder erst- noch zweitinstanzlich dargetan. Im Gegenteil hat die Beklagte im Verlaufe des Berufungsverfahrens – wenn auch erst in Reaktion auf die Anschlussberufung – durch Vorlage der Verkaufsurkunden der Erwerberverträge und mit weitergehendem Sachvortrag die Zahlenangaben in den in Rede stehenden Abrechnungen der Frau S...., speziell was die in der fünften Spalte aufgeführten Sonderwünsche der Erwerber betrifft und die hierdurch begründeten Abzüge von den Kaufpreisen der Erwerberverträge betrifft, verteidigt und als zutreffend dargestellt.
46(2)Ohne Erfolg ist das Vorbringen der Beklagten in diesem Zusammenhang, sowohl den Abrechnungen als solchen als auch den Anschreiben der Mitarbeiterin der Beklagten S.... fehlten die Urkundeneigenschaft im Sinne des § 592 ZPO. Nicht zweifelhaft ist es, dass es sich bei beiden Dokumenten um verkörperte Gedankenerklärungen handelt; der jeweilige gedankliche Inhalt offenbart sich ohne weiteres. Ohne Bedeutung ist es hierbei, ob die Abrechnung als reine Auflistung von Zahlenmaterial zu einzeln benannten Wohneinheiten in Tabellenform und einer abschließenden Berechnung bei isolierter Betrachtung aus sich heraus verständlich und nachvollziehbar ist, bzw. ob sich deren Sinngehalt nur aus der Zusammenschau mit den jeweiligen Anschreiben ergibt. Jedenfalls im Kontext mit den genannten Schreiben ergibt sich zweifelsfrei, dass die Mitarbeiterin der Beklagten S.... die nach ihrer Auffassung relevanten Einzelinformationen zur Berechtigung des von der Klägerin reklamierten vertraglichen Mehrerlösanspruches darlegen und zum Ausdruck bringen wollte, dass dieser dem Grunde nach besteht, jedoch wegen entgegenstehender Ansprüche der Beklagten nicht erfüllt werde. Dass die Mitarbeiterin der Beklagten zum Zeitpunkt des Schreibens hiermit nicht hat Beweis für streitiges Parteivorbringen erbringen wollen oder sollen, ist unerheblich. Maßgeblich ist, dass diese Urkunden als Indizurkunde zur richterlichen Überzeugung hinsichtlich des Bestehens des Mehrerlöses im Sinne der vertraglichen Regelungen herangezogen werden können.
47(3)Mit Blick auf die nach den obigen Ausführungen zu bejahende Urkundenqualität der vom Landgericht herangezogenen Schreiben der Mitarbeiterin der Beklagten S.... vom 30.1.2014 und 14.4.2014 nebst beigefügten Abrechnungsunterlagen gehen die weiteren Einwände der Beklagten aus der Berufungsbegründung, bei diesen Schreiben handele es sich wegen des fehlenden Erklärungswillens der Frau S.... und nicht gegebener rechtsgeschäftlicher Befugnis hierzu nicht um ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis der Beklagten, ins Leere. Rechtsgrund für den zugesprochenen Zahlungsanspruch ist der in der vertraglichen Regelung enthaltene Mehrerlösanspruch der Klägerin unter den dort näher beschriebenen Voraussetzungen; deren Vorliegen hat das Landgericht unter anderem auf der Grundlage des Inhalts der besagten Schreiben nebst Abrechnungen für erwiesen erachtet. Ob die Mitarbeiterin der Beklagten S.... mit diesen Schreiben eigenständige rechtsgeschäftliche Erklärungen im Sinne eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses hat abgeben wollen und ob sie hierzu überhaupt die erforderliche Vollmacht, also rechtsgeschäftlich erteilte Vertretungsbefugnis im Sinne des § 164 Abs. 1 BGB gehabt hat, kann – wie das Landgericht richtig erkannt hat – offen bleiben.
48(4)Die Beklagte hat in der Berufungsbegründung des Weiteren ausgeführt (BB 8 = GA 78), die Klägerin müsse im Urkundsprozess für alle anspruchsbegründenden Tatsachen Urkundenbeweis anbieten, und zwar auch im Falle des Nichtbestreitens durch die Beklagte. Unter Verweis auf den Wortlaut der streitgegenständlichen vertraglichen Regelung in Zif. 3. Nr. 1 Abs. 3 des notariellen Kaufvertrages, wonach die Erhöhung des Kaufpreises (also der Mehrerlösanspruch) voraussetze, dass „bei der Veräußerung der Sonder-/Wohnungseigentumseinheiten die Summe aller Kaufpreise – ohne Berücksichtigung von Sonderwünschen gegenüber der Planung gemäß der Baubeschreibung des Vergleichsobjektes R... S..., als Bestandteil dieses Vertrages beigefügt als Anl. 3 – im Durchschnitt € 2860,--/m² überschreitet“, meint sie, dass die Klägerin zum einen mit entsprechenden (Kaufvertrags-) Urkunden den Nachweis über die Summe aller Kaufpreise aus der Veräußerung der Sonder-/Wohnungseigentumseinheiten sowie deren Gesamtwohnfläche aller Sonder-/Wohnungseigentumseinheiten zu belegen habe und darüber hinaus auch urkundlich die Sonderwünsche gegenüber der Planung gemäß Baubeschreibung des Vergleichsobjekts belegen müsse. Dass sie – die Beklagte – die von der Klägerin in Übernahme des Inhalts der Abrechnungen der Schreiben ihrer Mitarbeiterin S.... vom 30.1.2014 und 14.4.2014 behaupteten Zahlen nicht bestritten habe, könne ihr nicht entgegengehalten werden (BB 9 = GA 79).
49Mit dieser Argumentation vermag die Beklagte nicht durchzudringen:Soweit die Beklagte sich zu ihrer Auffassung, dass für die Statthaftigkeit der Geltendmachung eines Zahlungsanspruches im Urkundsprozess auch unbestrittene Tatsachen vom Kläger durch Urkunden unterlegt werden müssen, auf die Entscheidung des OLG Schleswig vom 30.8.2013 – 1 U 11/13 – NJW 2014, 945, 946 beruft, handelt es sich um eine (vom Senat nicht geteilte) Mindermeinung. Der BGH hält ausweislich des Urteils vom 22.10.2014 – VIII ZR 41/14 – NJW 2015, 475, 476, Rz. 14 an der von ihm in ständiger Rechtsprechung vertretenen Ansicht fest, wonach unstreitige, zugestandene oder offenkundige Tatsachen auch im Urkundsverfahren, abgesehen von dem Fall der Säumnis der beklagten Partei (§ 597 Abs. 2 ZPO), keines Beweises und auch somit keiner Urkundenvorlage bedürfe (ebenso mit ausführlicher Begründung und Ablehnung der vom OLG Schleswig vertretenen Auffassung OLG Köln, Beschluss vom 10.6.2014, I-11 U 74/14, BauR 2014, 2132ff = MDR 2014, 1022ff zitiert nach juris TZ 4f; Kratz in Beck´scher online-Kommentar ZPO, Stand März 2015, Rz. 24 zu § 592; Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl. 2015, Rz. 11 zu § 592; a.A. Leidig/Jöbges, NJW 2014, 892ff). Der Senat schließt sich der vorherrschenden obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung namentlich in Anschluss an die vom OLG Köln, a.a.O., angestellten Erwägungen an.
50Dementsprechend ist es nicht zu beanstanden, dass das Landgericht entgegen der Ansicht der Beklagten die Zahlen, die die Klägerin zur Grundlage ihres im Urkundsprozess geltend gemachten Klageanspruch i.H.v. 198.097,36 € gemacht hat und die sie den Abrechnungen der Mitarbeiterin der Beklagten S.... entnommen hat, berücksichtigt hat und den urkundlich zu belegenden Nachweis hinsichtlich der Voraussetzungen für Grund und Höhe des Mehrerlösanspruches allein durch den Inhalt der besagten Schreiben der Mitarbeiterin der Beklagten S.... vom 30.1.2014 und 14.4.2014 nebst Abrechnungen als erbracht angesehen hat.
513.Einwände gegen die landgerichtliche Entscheidung, soweit durch sie als Nebenforderungen der Klägerin Zinsen auf die Hauptforderung in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.02.2014 und vorgerichtlich angefallene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.833,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.08.2014 zuerkannt wurden, hat die Beklagte in der Berufungsinstanz nicht erhoben.
52II) Anschlussberufung der KlägerinDie Anschlussberufung der Klägerin bzw. die mit ihr (zweitinstanzlich) erfolgte Klageerhöhung ist zulässig, in der Sache zu weit überwiegendem Teil auch begründet, so dass die Beklagte – wie geschehen – zur Zahlung weiterer 167.616,74 € zu verurteilen gewesen ist, im Übrigen die Klage als im Urkundsprozess unstatthaft abzuweisen ist. Soweit die zuerkannte Zinsforderung als Nebenforderung in Hinblick auf die geltend gemachte Höhe teilweise hinter dem Antrag der Klägerin zurückbleibt, erfolgt die Klageabweisung uneingeschränkt.
531.Nachdem die Klägerin zunächst mit der Klage den von der Mitarbeiterin der Beklagten ausweislich deren Schreiben vom 14.4.2014 ermittelten Mehrerlös i.H.v. 198.097,38 € zum Gegenstand ihrer Klageforderung gemacht hat und damit erstinstanzlich in vollem Umfang obsiegt hat, verlangt sie nunmehr weitere 190.191,30 €.
54Die von der Klägerin in der Berufungsinstanz damit vorgenommene Klageerweiterung ist im Wege einer zulässigen Anschlussberufung gemäß § 524 ZPO zulässig. Will der Kläger, der erstinstanzlich mit seinem Klagebegehren durchgedrungen ist und eine Verurteilung des Beklagten entsprechend seinem Klageantrag erwirkt hat, im Rahmen des von dem Beklagten gegen seine Verurteilung angestrengten Berufungsverfahrens eine Klageerweiterung vornehmen, kann dies nur im Rahmen einer zulässigen Anschlussberufung erfolgen, da er sich nicht gegen das landgerichtliche Urteil wendet (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung vgl. zuletzt BGH Urteil vom 07.05.2015, VII ZR 145/12, BauR 2015, 1517ff = NZBau 2015, 416f = IBR 2015, 527 m. Anm. Heiliger). Die Klägerin hat die Anschlussberufung frist- und formgerecht eingelegt (vgl. § 524 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 ZPO), denn diese ist am 20.5.2015 innerhalb der bis zum 29.5.2015 laufenden Berufungserwiderungsfrist bei Gericht unter Einhaltung der Formvorschriften eingegangen.
55Die besonderen prozessualen Voraussetzungen des § 533 ZPO waren nicht zu beachten, da es sich bei der Klageerweiterung nicht um eine Klageänderung im Sinne dieser Vorschrift handelte (§ 264 Nr. 2 ZPO).
562.Die Klage ist auch in ihrer erweiterten Form im zuerkannten Umfang im Urkundenprozess statthaft und insoweit begründet.
57a)Die Klägerin trägt im Hinblick auf die mit der Anschlussberufung vorgenommene Klageerweiterung wie folgt vor: sie meint, auf der Grundlage der von ihr nunmehr mit der Anschlussberufung vorgelegten Kaufvertragsurkunden hinsichtlich der Sonder-/Wohnungseigentumseinheiten ergebe sich eine Gesamtsumme der Kaufpreise i.H.v. 14.053.807,00 €. Während in der Anlage K 5 (Abrechnung der Zeugin S.... zu dem Schreiben vom 11.4.2014) in der Spalte 4 unter der Überschrift Kaufpreis abzüglich Sonderwünsche der Erwerber eine Gesamtsumme von 13.942.636 € angegeben wurde und hiervon noch weitere „Sonderwünsche gegenüber Vergleichsobjekts R…, S…“ mit einem Betrag von 269.234 € in Abzug gebracht wurden und schließlich ein Gesamtbetrag i.H.v. 13.673.401,56 € als Gesamtsumme im Sinne der vertraglichen Regelung herangezogen wurde, dürfe (so das Vorbringen der Klägerin in der Anschlussberufung) von dem sich aus den notariellen Kaufverträgen ergebenden Gesamtbetrag der Kaufpreise lediglich hinsichtlich der Wohnung 16 B 6 als Sonderwunsch ein Betrag von 11.293 € in Abzug gebracht werden. Aus allen übrigen ihr seitens der Beklagten auszugsweise vorgelegten Urkunden der Kaufverträge mit den Erwerbern ließen sich die in der letzten Spalte der Abrechnung K5 aufgeführten Beträge für Sonderwünsche nicht entnehmen. Im übrigen sei im Hinblick auf die Wohnung 16 G entgegen dem in der Auflistung K 5 angegebenen Betrag von 470.000 €, der der seinerseits lediglich prognostizierte Kaufpreis gewesen sei, der wirkliche, aus der Veräußerung an die Erwerber Engelke entsprechenden notariellen Kaufvertrag vom 11.4.2014 ergebende Kaufpreis i.H.v. 524.000 € in Ansatz zu bringen, damit 54.000 € über dem zunächst angesetzten Betrag.
58Bezogen auf die Gesamtfläche von 4642,38 m² ergebe sich auf der Grundlage des Gesamtveräußerungserlöses von 14.053.807,01 € ein Quadratmeterpreis i.H.v. 3027,28 €. Dieser übersteige den Quadratmeterpreis, wie er im notariellen Kaufvertrag in der Zif. III 3 i.H.v. 2860 € als Vergleichsbetrag in Ansatz gebracht worden sei, um 167,20 €. Dieser sich so ergebende Mehrerlös sei zwischen den Parteien aufzuteilen, so dass sich ein der Klägerin zustehender Mehrerlös von 83,64 € je m² ergebe, was bei den verkauften 4642,38 m² zu einem der Klägerin zustehenden Mehrerlös von 388.288,66 € führe. Von diesen seien erstinstanzlich 198.097,36 € zugesprochen, so dass mit der Anschlussberufung noch 190.191,30 € geltend gemacht würden.
59b)Der Senat geht aus den nachfolgend näher dargelegten Gründen davon aus, dass auf der Grundlage des mit Urkunden belegten und ansonsten unstreitigen Vorbringens die Parameter, die für die Berechnung des der Klägerin zustehenden Mehrerlösanspruch entsprechend der in Rede stehenden vertraglichen Regelung heranzuziehen sind, zu einer Gesamtforderung in Höhe von 365.714,10 € und damit unter Berücksichtigung der bereits durch das Landgericht zuerkannten Forderung von 198.097,35 € zu einem weiteren Zahlungsanspruch von 167.616,74 € führen.
60aa)Ausgangspunkt für die Ermittlung des Mehrerlösanspruch ist zunächst die in der Abrechnung der Mitarbeiterin der Beklagten S.... (K 5) unter der vierten Spalte vorgenommene Auflistung der Kaufpreise aus den Erwerberverträgen, die mit einem Betrag von
6114.011.200,-- €
62endet.
63bb)Hinzurechnen ist im Hinblick auf den Kaufpreis der Wohneinheit 16 G die Differenz zwischen den in der Liste zu dieser Wohneinheit angeführten 470.100,-- € und dem tatsächlich ausweislich des von der Klägerin vorgelegten Auszugs der notariellen Kaufvertragsurkunde vom 11.04.2014 des Notars A… erzielten Kaufpreis von 524.000,-- €, mithin ein Betrag von
6453.900,-- €.
65Bei dem in der Abrechnung K 5 angeführten Betrag handelt es sich nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Klägerin, der auch durch den Umstand belegt wird, dass insoweit zu dieser Wohneinheit keine Käufer angegeben sind, um den projektierten Preis, also Listenpreis, den die Beklagte zu erzielen beabsichtigte. Die Beklagte hat einen höheren Kaufpreis von 524.000,-- € erzielt, der für die Berechnung des Mehrerlösanspruchs maßgeblich ist. Mithin ist die o.a. Differenz bei der Ermittlung des durchschnittlichen Gesamtkaufpreises je Quadratmeter im Sinne der Mehrerlösklausel erhöhend zu berücksichtigen.
66cc)Nach dem Inhalt der fraglichen Mehrerlösklausel hat die Berechnung der „Summe aller Kaufpreise“…“ohne Berücksichtigung von Sonderwünschen gegenüber der Planung gemäß der Baubeschreibung des Vergleichsobjekts….“ zu erfolgen. Die Mitarbeiterin der Beklagten S.... hat in K 5 bei einer Vielzahl von Wohneinheiten unter der Überschrift „Sonderwünsche/sonst. Reduzierung Erwerber“ in der letzten Spalte Beträge angegeben, so dass sie in der fünften Spalte bei diesen Wohneinheiten zu einem reduzierten „(Gesamt-) Kaufpreis abzügl. Sonderwünsche Erwerber“ in Höhe von 13.942.636 € gelangt ist. Sie hat somit „Sonderwünsche Erwerber“ in Höhe von insgesamt 68.465 € in Ansatz gebracht und von der Summe der Kaufpreise abgezogen.
67Lediglich in Höhe von insgesamt 51.826,00 € ist ein solcher Abzug nach Auffassung des Senats berechtigt, im Übrigen unberechtigt.
68(1)Unstreitig ist der bezüglich der Wohneinheit 16 B 6 als Sonderwunsch in der Aufstellung K 5 eingestellte Betrag von
6911.293,-- €.
70(2)Streitig ist die Berechtigung der weiteren in der letzten Spalte der Berechnung der Mitarbeiterin der Beklagten S.... als Sonderwünsche der Erwerber angeführten Beträge. Zu diesen ist folgendes auszuführen:
71(2.1)Keine Sonderwünsche im Sinne der in Rede stehenden Mehrvergütungsbestimmung sind die zu der Wohneinheit 16 A 9 angeführten 3.500,-- € sowie die zu der Wohnung 16 E 3 angegebenen 10.000,-- €.
72Im Hinblick auf die bei der Wohneinheit 16 A 9 angesetzten 3.500,-- € lässt sich dem Vorbringen der Beklagten bereits nicht entnehmen, dass Hintergrund dieses Betrages ein Sonderwunsch im Sinne der streitigen Mehrerlösregelung aus dem Vertrag vom 10.11.2010 ist. Ausweislich der von der Klägerin als Anlage K11 vorgelegten Email der Mitarbeiterin der Beklagten S.... vom 05.12.2013 an die Erwerber jener Wohnung Schäfer sowie des vorangegangenen – und von der Beklagten als Anlage BB 1a zu den Akten gereichten - Schreibens der Erwerber vom 03.12.2013 handelt sich vielmehr um eine Ausgleichszahlung, die die Beklagte an die Erwerber mit Blick auf eine verkleinerte Terrasse geleistet hat.
73Jedenfalls auf Grundlage einer im Urkundenprozess beschränkten Auslegung (beschränkt deshalb, weil sie (lediglich) unter Berücksichtigung der aus der Urkunde unmittelbar hervorgehenden Auslegungskriterien und ansonsten der durch Urkunden zu belegenden oder unstreitigen Umstände zu erfolgen hat) kann nicht festgestellt werden, dass die Parteien des streitgegenständlichen Vertrages vom 10.11.2010 unter dem Begriff „Sonderwünsche“ aus der Mehrerlösvereinbarung auch Beträge verstanden haben bzw. umfasst wissen wollten, auf die sich die Beklagte mit Erwerbern als Minderungsbetrag von dem im Erwerbervertrag vereinbarten Kaufpreis wegen eines Mangels der erworbenen Wohneinheit nachträglich geeinigt haben. Bei verständiger, am Wortlaut orientierter, hierauf jedoch nicht beschränkter Auslegung unter Heranziehung der in den §§ 133, 154 BGB niedergelegten Auslegungskriterien sieht der Senat den objektiven Erklärungsgehalt des Begriffs „Sonderwünsche“ in von den Erwerbern der Wohneinheiten (der Immobilie, die Gegenstand des zwischen den Parteien am 10.11.2011 notariell geschlossenen Kaufvertrag ist) geäußerten Wünschen bzw. Forderungen im Bezug auf diese Wohneinheiten, die eine Abweichung in qualitativer Hinsicht von dem Standard oder der Beschaffenheit der Wohnung darstellen, wie sie von der Beklagten angeboten worden war. Regelmäßig wird vom Bauträger einem Kaufinteressenten eine Wohnungseinheit auf der Grundlage einer bestimmten Bau- und Leistungsbeschreibung zu einem bestimmten Kaufpreis angeboten. Wünscht der Kaufinteressent, der in Bezug auf eine ihm solcherart angebotene und definierte bzw. beschriebene Wohnung eine individuelle Änderung und Abweichung vom Standard, und werden diese Wünsche zum Gegenstand der vertraglichen Einigung der Kaufvertragspartien, handelt es sich um „Sonderwünsche“, wobei es letztlich ohne Belang ist, ob diese Sonderwünsche auf vom Kaufinteressenten wahrgenommenen Alternativvorschlägen des Bauträgers oder auf eigeninitiativ entstandenen Vorschlägen des Kaufinteressenten basieren. Derartige Sonderwünsche, die in der Bestimmung des vom Bauträger zu erbringenden Leistungsgegenstandes ihren Niederschlag gefunden haben, werden im Regelfall bei der Bestimmung des Kaufpreis durch die Parteien derart berücksichtigt, dass es zu auf entsprechende Preiskalkulationen des Bauträgers über die Realisierung der Sonderwünsche basierende Erhöhungen (gegebenenfalls auch zu Reduzierungen) des ursprünglichen Angebotspreises kommt . „Sonderwünsche“ sind demnach einvernehmlich zwischen Bauträger und Erwerber vereinbarte Abweichungen vom Qualitätsstandard der angebotenen Wohneinheit mit entsprechenden Auswirkungen auf den Angebotspreis bzw. letztlich den Kaufpreis.
74Diese zunächst am Wortlaut und dem allgemein Wortverständnis angelehnte Auslegung des Begriffs „Sonderwünsche“ bzw. das solcherart gewonnene Auslegungsergebnis lässt sich widerspruchsfrei mit der aus der Vertragsurkunde ersichtlichen Interessenlage der hiesigen Vertragsparteien, die diesen Begriff im Rahmen der streitgegenständlichen Mehrerlösklausel verwandt haben, in Einklang bringen. Die Parteien sind erkennbar bei der grundsätzlichen Überlegung, dass die Klägerin (als Verkäuferin der Immobilie) an dem Erlös, den die Käuferin bei der Vermarktung des Objektes erzielt, partizipieren soll, von einer bestimmten Kalkulation der Errichtungskosten im Zusammenhang mit der Bestimmung des auf dem Markt zu erzielenden Verkaufserlöses ausgegangen. Die Bezugnahme des Referenzobjekts bzw. auf die Baubeschreibung des Referenzobjekts belegt, dass der dortige Standard Grundlage der Kalkulation der Gesamtwohnflächenpreises sein sollte, ab dessen Überschreitung bei der Vermarktung der Wohnung die Klägerin als Verkäuferin eine Mehrerlösbeteiligung erhalten sollten. Da bei dieser Kalkulation „Sonderwünsche“, die von den Erwerbern gewünscht werden und die zu entsprechenden Mehrkosten der Beklagten als Bauträger führten, keine Berücksichtigung finden sollten und konnten, war erkennbar gewünscht, dass diese Sonderwünsche, soweit sie in dem Kaufpreis der Erwerberverträge eingepreist worden sind, aus dem Vermarktungserfolg der Beklagten (an dem die Klägerin teilhaben sollte) herausgerechnet werden sollten. Bei dieser Sachlage sind Entwicklungen im Verhältnis zwischen der Beklagten und den Erwerbern, die sich nicht aufgrund Sonderwünschen im oben dargelegten Sinne unmittelbar auf den Kaufpreis ausgewirkt haben, sondern die auf Vertragsverletzungen der Beklagten gegenüber den Erwerbern zurückzuführen sind, nicht vom Begriff „Sonderwünsche“ umfasst.
75Den Erwägungen der Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz vom 11.09.2015, dort Seite 6, mit denen sie darzulegen versucht, dass auch erfüllte Minderungsansprüche der Erwerber im Rahmen der Ermittlung des Gesamtveräußerungserlöses zu berücksichtigen seien, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Nach Ansicht des Senats kann auch mit Blick auf das Gebot der interessengerechten Auslegung nicht angenommen werden, dass sich die Klägerin mit einer Klausel einverstanden erklärt hätte, die beinhalten würde, im Zusammenhang mit der Ermittlung der „Summe der Kaufpreise“ zum Zwecke der Ermittlung eines Mehrerlösanspruchs erlösmindernd auch die Ausgleichszahlungen der Beklagten an Erwerber, gleich ob sie als Minderung, Schadensersatz o.ä. bezeichnet werden, zu berücksichtigen, zu denen es nach Abschluss des Erwerbervertrages und der dort geregelten Kaufpreisfindung wegen Verletzung dieses Erwerbervertrages durch die Beklagte gekommen ist. Dass eine solche Interpretation der Klausel auch interessengerecht im Hinblick auf die wohlverstandenen Interessen der Klägerin wäre, ist jedenfalls nicht naheliegend. Zu berücksichtigen ist die Unsicherheit, die bei der Bestimmung der Höhe des in Rede stehen Mehrerlösanspruchs bestünde, wollte man solche Gegenforderungen der Erwerber, die ggfls erst einen erheblichen Zeitraum nach Abschluss des jeweiligen Erwerbervertrages erhoben und berücksichtigt werden, als erlösmindernd ansehen.
76Soweit die Beklagte sich in diesem Zusammenhang auf Umstände bezieht, die außerhalb der Vertragsurkunde liegen, und insoweit eine für sie günstige Auslegung herleiten will, trägt sie hierfür die Darlegungs- und Beweislast; mit Mitteln des Urkundenbeweises kann die Beklagte diese Umstände und damit ein ihr günstiges Auslegungsergebnis, demzufolge auch Minderungsansprüche der Erwerber erlösmindernd im Verhältnis zu der Klägerin zu berücksichtigen sind, jedoch nicht beweisen.(2.2)Diesselben Überlegungen greifen, soweit die Beklagte bei der Wohneinheit 16 E 3 den in der Auflistung K 5 in Ansatz gebrachten Betrag von 10.000,-- € als „Sonderwunsch“ im Sinne der streitgegenständlichen Mehrerlösregelung und damit erlösmindernd behandelt wissen will. Hierzu hat die Beklagte vorgetragen, Hintergrund dieses Betrages sei, dass sie aufgrund der gegenüber der Baubeschreibung geänderten Bauausführung eine Kaufpreisminderung gewähren musste. Insoweit hat die Beklagte auf den von ihr als Anlage BB 5 vorgelegten Minderungsvertrag vom 01.07.2013 Bezug genommen.
77Dieser Betrag fußt also ebenfalls nicht auf einem oder mehreren von einem Erwerber im Vorfeld des Abschlusses des Erwerbervertrages geäußerten Sonderwünschen, sondern darauf, dass die Beklagte sich nachträglich eines Zahlungs- bzw. Ausgleichsbegehrens des Erwerbers ausgesetzt gesehen hatte, das seine Ursache in der Verletzung der vertraglichen Leistungspflichten aus dem Erwerbervertrag durch die Beklagte hatte.
78(2.3)Demgegenüber sind nach Maßgabe des obigen Auslegungsergebnisses unter Berücksichtigung des diesbezüglichen Parteivorbringens für die folgenden Wohneinheiten in der Anlage K 5 in der letzten Spalte aufgeführte Beträge als Sonderwünsche im Sinne der Mehrerlösregelung aus dem Vertrag vom 10.11.2014 zu behandeln:
79(a)WE 16 A9 3.139,-- €
80(b)WE 16 B 3 4.362,-- €
81(c)WE 16 E 1 3.102,--€
82(d)WE 16 I 2 2.950,-- €
83(e)WE 16 I 3 3.533,-- €
84(f)WE 16 I 4 2.847,-- €
85(g)WE 16 I 5 5.081,-- €
86(h)WE 16 J 13.406,-- €
87(i)WE 18 5.262,-- €
88Bezüglich sämtlicher oben angeführter Beträge hat die Beklagte im Schriftsatz vom 28.07.2015, dort Seiten 6ff = GA 165ff in hinreichend konkreter Weise dargelegt, dass es im Vorfeld der jeweiligen Erwerberverträge zu Sonderwünschen der Erwerber in Bezug auf die Ausstattung bzw. Qualität der Wohnung gekommen ist, die eine Abweichung gegenüber der sich aus der Baubeschreibung ergebenden Beschaffenheit der Wohnung darstellte und auf deren Umsetzung sich die Beklagte mit dem Erwerber geeinigt hatte und die schließlich sich in dem Kaufpreis niedergeschlagen hat. Dies gilt auch, soweit sich die Sonderwünsche der Erwerber nach dem Beklagtenvorbringen (auch) auf Änderungen des Grundrisses der Wohnungen bezogen, deren Realisierung zu zusätzlichen (Bau-) Kosten geführt haben, die in der Kaufpreisbildung Berücksichtigung gefunden haben. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang einwendet, Grundrissänderungen, zu denen es auf der Grundlage von Sonderwünschen der Erwerber gekommen ist, könnten nicht als „Sonderwünsche“ im Sinne der Mehrerlösklausel behandelt werden, handelt es sich um einen Einwand, den die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin nicht mit Urkunden belegen kann. Soweit sich aus der Berücksichtigung dieser Positionen als erlösmindernd im Sinne der Mehrerlösklausel des Vertrages vom 10.11.2010 eine teilweise Abweisung der (mit der Anschlussberufung erweiterten) Klage ergibt, hat diese Klageabweisung als im Urkundprozess unstatthaft zu erfolgen.
89In der Summe führen die als Sonderwünsche berücksichtigungsfähigen Beträge (abseits des bereits unstreitigen Betrages von 11.293,-- € im Hinblick auf die Wohnung 16 B 6) zu Sonderwünschen in Höhe von
9043.672.-- €.
91dd)Unter Berücksichtigung dieses Betrages, der unstreitig als Sonderwunsch zu qualifizierenden 11.293,-- €, der oben behandelten 53.900,-- € in Bezug auf die Wohnung B 16 G ergibt sich auf der Grundlage der in der Auflistung K 5 angeführten Summe der Kaufpreise von 14.011.200 € ein um die Sonderwünsche „bereinigter“ Gesamtkaufpreis in Höhe von
9214.008.635,-- €.
93ee)Der weitere, in der Auflistung K 5 als Abzugsposten „Sonderwünsche gegenüber Vergleichsobjekt R… S…“ von der Mitarbeiterin der Beklagten S.... mit 269.234,-- € eingestellte Betrag ist nach Auffassung des Senats – jedenfalls im Urkundenprozess - nicht bei der Ermittlung des Mehrerlösanspruches der Klägerin einzubeziehen.
94Die Beklagte meint, eine auch die Interessenlage der Vertragsparteien beachtende Auslegung der Mehrerlösregelung aus dem Vertrag vom 10.11.2010 ergebe, dass unter Sonderwünschen in diesem Sinne, deren Kosten erlösmindernd zu berücksichtigen seien, auch Abweichungen der Bauausführung der Wohneinheiten der streitgegenständlichen Immobilie von der Baubeschreibung des Vergleichsobjekts zu verstehen seien, die nicht originär auf Wünsche der Erwerber zurückzuführen seien, sondern die solche Ausstattungs-, Qualitäts- oder sonstige Abweichungen betreffen, zu denen sich die Beklagte aus eigenem Antrieb etwa zur Erhöhung der Vermarkungschancen entschlossen hat.
95Ein solches Auslegungsergebnis lässt sich indessen nach Auffassung des Senats nicht mit dem objektiven Erklärungsinhalt der von den Parteien gewählten Formulierung der Mehrerlösklausel in Einklang bringen. Für die Annahme, dass die Vertragsparteien bei Vertragsschluss im Hinblick auf den genauen Regelungsgehalt und die genaue Reichweite der nunmehr streitigen Klausel ein gemeinsames Verständnis hatten, das von den allgemeinen, landläufigen Vorstellungen der Bedeutung eines „Sonderwunsches“ im Kontext einer immobiliar- bzw. bauträgerrechtlichen Vereinbarung derart gravierend abweicht, gibt die Vertragsurkunde nichts Belastbares her. Die Beklagte, die für das von ihr vertretene Auslegungsergebnis Umstände außerhalb des Erklärungsgehalts der Vertragsurkunde heranzieht, ist insoweit darlegungs- und beweisbelastet, kann diesen Beweis jedoch nicht mit Mitteln des Urkundenprozesses erbringen. Ihr bleibt es aber im Nachverfahren offen, ihre Auslegung bestätigende Willenserklärungen oder –bekundungen der Parteien oder deren Vertreter im Vorfeld des Vertragsschlusses oder zu sonstigen die Entwicklungsgeschichte der Klausel betreffenden Umständen im Nachverfahren vor dem Landgericht beispielsweise durch die Vernehmung von Zeugen zu belegen.
96ff)Der bereinigte Gesamterlös, der für die Ermittlung des Mehrerlösanspruchs der Klägerin heranzuziehen ist, beträgt mithin 14.008.635 €. Mit Blick auf die Gesamtfläche des Objekts, die unstrittig 4642,38 qm beträgt, führt dies zu einem Durchschnittserlös je Quadratmeter von 3.017,55 €. Der überschießende Mehrerlös im Vergleich zu dem in der Mehrerlösklausel angesetzten Erlös von 2.860,-- €/qm ist mit 157,55 € zu beziffern. Hiervon stehen nach der Klausel die Hälfte, mithin 78,78 €/qm der Klägerin zu. Dieser Betrag hochgerechnet auf die Gesamtfläche des Objekt von 4.642,38 qm ergibt einen Gesamtmehrerlösanspruch der Klägerin in Höhe von
97365.714,10 €.
98Unter Berücksichtigung des durch das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil bereits zuerkannten Betrages von 198.097,36 € gelangt man zu einem weitergehenden Anspruch der Klägerin in Höhe von
99167.616,74 €.
1003.Verzugszinsen kann die Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Prozesszinsen ab dem Zeitpunkt der durch die Zustellung der Anschlussberufung und der hierin erfolgten Klageerweiterung bewirkten Rechtshängigkeit gemäß § 291 ZPO verlangen. Die Höhe des Zinsanspruchs von 8-Prozentpunkten über dem Basiszinssatz folgt aus § 288 Abs. 2 BGB a.F. Soweit die Klägerin ihr Zinsbegehren mit 9-Prozentpunkten über dem Basiszinssatz beziffert, ist die Klage unbegründet. Der durch das Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr und zur Änderung der Erneuerbare-Energien Gesetz vom 22.07.2014 geänderte § 288 Abs. 2 BGB mit einem Zinssatz von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz findet auf den vorliegenden Fall keine Anwendung. Nach Art. 229 § 34 EGBGB, der durch das soeben genannte Gesetz eingeführt worden ist, findet der neue § 288 BGB nicht auf Schuldverhältnisse Anwendung, die bis zum 28.07.2014 entstanden sind. Damit bleibt es im Hinblick auf das durch den am 10.11.2010 geschlossenen Notarvertrag begründete Rechtsverhältnis zwischen den Parteien bei der Anwendung der alten Fassung des § 288 BGB.
101C)
102Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung des § 92 Abs. 1 ZPO.
103Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.
104Die gesetzlichen Voraussetzungen zur Zulassung der Revision sind nicht gegeben. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
105Streitwert für das Berufungsverfahren: 388.288,66,-- €
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Ein Anspruch, welcher die Zahlung einer bestimmten Geldsumme oder die Leistung einer bestimmten Menge anderer vertretbarer Sachen oder Wertpapiere zum Gegenstand hat, kann im Urkundenprozess geltend gemacht werden, wenn die sämtlichen zur Begründung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen durch Urkunden bewiesen werden können. Als ein Anspruch, welcher die Zahlung einer Geldsumme zum Gegenstand hat, gilt auch der Anspruch aus einer Hypothek, einer Grundschuld, einer Rentenschuld oder einer Schiffshypothek.
(1) Dem Beklagten, welcher dem geltend gemachten Anspruch widersprochen hat, ist in allen Fällen, in denen er verurteilt wird, die Ausführung seiner Rechte vorzubehalten.
(2) Enthält das Urteil keinen Vorbehalt, so kann die Ergänzung des Urteils nach der Vorschrift des § 321 beantragt werden.
(3) Das Urteil, das unter Vorbehalt der Rechte ergeht, ist für die Rechtsmittel und die Zwangsvollstreckung als Endurteil anzusehen.
Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
Ein Anspruch, welcher die Zahlung einer bestimmten Geldsumme oder die Leistung einer bestimmten Menge anderer vertretbarer Sachen oder Wertpapiere zum Gegenstand hat, kann im Urkundenprozess geltend gemacht werden, wenn die sämtlichen zur Begründung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen durch Urkunden bewiesen werden können. Als ein Anspruch, welcher die Zahlung einer Geldsumme zum Gegenstand hat, gilt auch der Anspruch aus einer Hypothek, einer Grundschuld, einer Rentenschuld oder einer Schiffshypothek.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
Ein Anspruch, welcher die Zahlung einer bestimmten Geldsumme oder die Leistung einer bestimmten Menge anderer vertretbarer Sachen oder Wertpapiere zum Gegenstand hat, kann im Urkundenprozess geltend gemacht werden, wenn die sämtlichen zur Begründung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen durch Urkunden bewiesen werden können. Als ein Anspruch, welcher die Zahlung einer Geldsumme zum Gegenstand hat, gilt auch der Anspruch aus einer Hypothek, einer Grundschuld, einer Rentenschuld oder einer Schiffshypothek.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
Ein Anspruch, welcher die Zahlung einer bestimmten Geldsumme oder die Leistung einer bestimmten Menge anderer vertretbarer Sachen oder Wertpapiere zum Gegenstand hat, kann im Urkundenprozess geltend gemacht werden, wenn die sämtlichen zur Begründung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen durch Urkunden bewiesen werden können. Als ein Anspruch, welcher die Zahlung einer Geldsumme zum Gegenstand hat, gilt auch der Anspruch aus einer Hypothek, einer Grundschuld, einer Rentenschuld oder einer Schiffshypothek.
(1) Eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Es macht keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob die Umstände ergeben, dass sie in dessen Namen erfolgen soll.
(2) Tritt der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht.
(3) Die Vorschriften des Absatzes 1 finden entsprechende Anwendung, wenn eine gegenüber einem anderen abzugebende Willenserklärung dessen Vertreter gegenüber erfolgt.
(1) Insoweit der in der Klage geltend gemachte Anspruch an sich oder infolge einer Einrede des Beklagten als unbegründet sich darstellt, ist der Kläger mit dem Anspruch abzuweisen.
(2) Ist der Urkundenprozess unstatthaft, ist insbesondere ein dem Kläger obliegender Beweis nicht mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln angetreten oder mit solchen Beweismitteln nicht vollständig geführt, so wird die Klage als in der gewählten Prozessart unstatthaft abgewiesen, selbst wenn in dem Termin zur mündlichen Verhandlung der Beklagte nicht erschienen ist oder der Klage nur auf Grund von Einwendungen widersprochen hat, die rechtlich unbegründet oder im Urkundenprozess unstatthaft sind.
(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht.
(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung verzichtet hat oder die Berufungsfrist verstrichen ist. Sie ist zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Diese Frist gilt nicht, wenn die Anschließung eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (§ 323) zum Gegenstand hat.
(3) Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. Die Vorschriften des § 519 Abs. 2, 4 und des § 520 Abs. 3 sowie des § 521 gelten entsprechend.
(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.
Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn
- 1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und - 2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.
Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes
- 1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden; - 2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird; - 3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
(1) Solange nicht die Parteien sich über alle Punkte eines Vertrags geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll, ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen. Die Verständigung über einzelne Punkte ist auch dann nicht bindend, wenn eine Aufzeichnung stattgefunden hat.
(2) Ist eine Beurkundung des beabsichtigten Vertrags verabredet worden, so ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen, bis die Beurkundung erfolgt ist.
Tatsachen, die bei dem Gericht offenkundig sind, bedürfen keines Beweises.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.