Oberlandesgericht Bamberg Urteil, 09. Feb. 2018 - 3 OLG 110 Ss 138/17

published on 09/02/2018 00:00
Oberlandesgericht Bamberg Urteil, 09. Feb. 2018 - 3 OLG 110 Ss 138/17
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Tatbestand

Das AG verurteilte den Angekl. wegen Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten. Seine hiergegen gerichtete Berufung hat das LG mit Urteil vom 27.09.2017 als unbegründet verworfen. Die gegen das Berufungsurteil seitens des Angekl. eingelegte, mit der Verletzung formellen und sachlichen Rechts begründete Revision blieb ohne Erfolg.

Gründe

Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der statthaften und auch im Übrigen zulässigen Revision deckt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angekl. auf.

1. Eine den Begründungsanforderungen des § 344 II 2 StPO genügende Verfahrensrüge ist nicht erhoben.

a) Soweit die Revision mit der Aufklärungsrüge die unterbliebene Vernehmung des Bereitschaftsarztes als (sachverständigen) Zeugen beanstandet, ist die Rüge schon deshalb unzulässig, weil die ladungsfähige Anschrift des Zeugen nicht mitgeteilt wird (st.Rspr.; vgl. zuletzt nur BGH, Beschluss vom 30.07.2014 – 4 StR 263/14 und Urt. v. 21.11.2013 – 4 StR 242/13 [jew. bei juris]; LR/Becker StPO 26. Aufl. § 244 Rn. 368; KK/Krehl StPO 7. Aufl. § 244 Rn. 217, jeweils m.w.N.). Die erforderliche Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Zeugen oder auch nur dessen unmittelbarer Auffindbarkeit durch das Gericht wird auch nicht durch den bloßen Hinweis, der Arzt sei dem Gericht namentlich bekannt, ersetzt (vgl. BGH, Beschl. vom 08.05.2003 – 5 StR 120/03 = BGHR StPO § 244 Abs. 6 Beweisantrag 40). Darüber hinaus unterbleibt der erforderliche Vortrag, welche konkreten Angaben der Zeuge hätte machen können (st.Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 03.08.2017 – 4 StR 202/17 = NStZ-RR 2017, 317 und Urt. v. 20.11.2014 – 4 StR 234/14 = NStZ 2015, 233 = StraFo 2015, 68).

b) Soweit die Aufklärungsrüge mit der Angriffsrichtung der unterlassenen Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens zu den Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB erhoben wird, ist sie ebenfalls unzulässig. Denn hierfür fehlt es an ausreichend bestimmten Behauptungen dazu, welche Tatsachen das LG hätte aufklären können und was die Berufungskammer zu der vermissten Beweiserhebung drängen musste (vgl. nur BGH, Beschluss vom 31.05.2016 – 1 StR 22/16 und Urt. v. 23.09.2014 – 2 StR 485/14 [jeweils bei juris]). Allein die Behauptung, der Angekl. leide an einer schweren Persönlichkeitsveränderung durch jahrelangen Drogenkonsum sowie an einer Alkoholsucht und sei dadurch in seiner Fähigkeit ganz, zumindest aber erheblich vermindert, nach der Unrechtseinsichtsbzw. Steuerungsfähigkeit zu handeln, kann den Vortrag konkreter Umstände, die zu diesen Feststellungen hätten führen können, nicht ersetzen (BGH a.a.O.). Solche ergeben sich auch nicht etwa aus den aufgrund der Sachrüge ergänzend heranzuziehenden Urteilsfeststellungen, aus den von der Revision pauschal behaupteten „Auffälligkeiten“ zu den „kognitiven Fähigkeiten“ des Angekl. oder dem von ihm geäußerten Verständnis von der Meinungsfreiheit.

c) Soweit die Revision beanstandet, über einen vor der Berufungshauptverhandlung zu Protokoll des AG gestellten Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens „hinsichtlich der Schuldfähigkeit“ sei „nicht entschieden“ worden, ist die Rüge bereits unzulässig, weil ihr die konkrete Angriffsrichtung nicht zu entnehmen ist (vgl. hierzu nur BGH, Beschl. 09.01.2018 – 5 StR 541/17; 24.05.2017 - 1 StR 598/16 und 10.05.2017 - 4 StR 567/16 [jeweils bei juris]).

2. Auch die Sachrüge zeigt weder im Schuldspruch noch im Rechtsfolgenausspruch einen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angekl. auf. Zwar hat das LG seiner Strafzumessung nicht den nach seinen Feststellungen einschlägigen gesetzlichen Strafrahmen des § 185 1. Alt. StGB, sondern rechtsfehlerhaft den höheren Strafrahmen des Qualifikationstatbestandes einer tätlichen Beleidigung nach § 185 2. Alt. StGB zugrunde gelegt, der im Unterschied zu § 185 1. Alt. StGB neben Geldstrafe die Bestrafung mit einer Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren vorsieht. Auf diesem Rechtsfehler beruht die Rechtsfolgenentscheidung jedoch nicht (§ 337 I StPO). Der Senat kann vielmehr ausschließen, dass das LG angesichts der vielfachen Vorstrafen und des Bewährungsversagens auf eine noch geringere, hier allein in Betracht kommende Freiheitsstrafe erkannt hätte, wenn es in zutreffender Weise davon ausgegangen wäre, dass das Höchstmaß der für die Tat vorgesehenen Freiheitsstrafe nur 1 Jahr beträgt, zumal sich die verhängte Freiheitsstrafe am unteren Rand des zur Verfügung stehenden Strafrahmens bewegt. […]

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Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
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Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
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published on 31/05/2016 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 22/16 vom 31. Mai 2016 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. ECLI:DE:BGH:2016:310516B1STR22.16.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs ha
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Annotations

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.