Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 14. März 2018 - L 13 SB 1/17 B

bei uns veröffentlicht am14.03.2018

Tenor

Auf die Beschwerde des Erinnerungsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Rostock vom 16. November 2016 aufgehoben.

Die Vergütung des Erinnerungsführers aus der Staatskasse wird auf 1.154,30 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Erinnerungs- und jetzige Beschwerdeführer wurde im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss des 3. Senats des Landessozialgerichts (LSG) Mecklenburg-Vorpommern vom 30. Juni 2016 in dem Berufungsverfahren L 3 SB 57/14 dem Kläger K.-D. L. beigeordnet.

2

Streitgegenstand des Verfahrens war die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB). Das Sozialgericht (SG) Rostock hatte der Klage teilweise stattgegeben und der Kläger sein weitergehendes Begehren mit der Berufung weiterverfolgt. Nach Beiziehung medizinischer Unterlagen aus einem Rentenverfahren und der Einholung eines Befundberichtes hat der dortige Beklagte, das B., mit Schriftsatz vom 13. Juni 2016 ein Vergleichsangebot dahingehend abgegeben, dass beim Kläger ab Februar 2014 ein GdB von 50 festgestellt werde und für das Berufungsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten seien. Dieses Vergleichsangebot hat der Erinnerungsführer im Namen des Klägers mit Schriftsatz vom 8. Juli 2016 angenommen, wobei er abschließend um ausdrückliche Feststellung des Berufungsgerichts bezüglich des Zustandekommens des Vergleichs gebeten hat, wozu es aber dann in der Folge nicht gekommen ist.

3

Mit Kostennote vom 9. Juli 2016 machte der Erinnerungsführer seine Gebühren und Auslagen für das Berufungsverfahren beim SG Rostock geltend und beantragte, auf der Grundlage des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) den Erstattungsbetrag auf 1.154,30 Euro festzusetzen. Dieser Betrag ergab sich aus der Geltendmachung der Verfahrensgebühr nach Nr. 3204 des Vergütungsverzeichnisses (VV) in Höhe von 370,00 Euro, einer Terminsgebühr nach VV 3205 in Höhe von 210,00 Euro (75 Prozent der mittleren Terminsgebühr) sowie einer Einigungsgebühr nach VV 1005, 1006 in Höhe von 370,00 Euro zuzüglich Post- und Telekommunikationspauschale sowie Mehrwertsteuer.

4

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des SG Rostock setzte die Kosten mit Festsetzungsbeschluss vom 19. August 2016 auf insgesamt 904,40 Euro fest, wobei die Abweichung vom Antrag hierbei auf der Nichtberücksichtigung der Terminsgebühr nebst hierauf entfallender Mehrwertsteuer beruhte und im Übrigen antragsgemäße Festsetzung erfolgte. Die Geltendmachung von Verfahrens- und Einigungsgebühr in Höhe der Mittelgebühr sei billig und daher gemäß Antrag festzusetzen gewesen. Die Terminsgebühr hingegen sei nicht entstanden. Eine mündliche Verhandlung habe im Berufungsverfahren nicht stattgefunden, vielmehr sei das Verfahren durch außergerichtlichen Vergleich beendet worden.

5

Unter einem schriftlichen Vergleich im Sinne von VV 3205 sei nur ein unter Mitwirkung des Gerichts geschlossener Vergleich nach § 101 Sozialgerichtsgesetz (SGG) oder nach § 202 SGG i.V.m. § 278 Abs. 6 Zivilprozessordung (ZPO) zu verstehen. Ein solcher Vergleich sei hier nicht abgeschlossen, der außergerichtliche Vergleich werde bereits mit der Einigungsgebühr honoriert.

6

Mit der hiergegen eingelegten Erinnerung wurde vorgetragen, es handele sich keineswegs um einen außergerichtlichen Vergleich, vielmehr sei der Vergleichsabschluss über das Gericht erfolgt. Außerdem sei ausdrücklich um Feststellung des Vergleichs nach § 278 Abs. 6 ZPO gebeten worden, was gegebenenfalls vom Berufungsgericht noch nachzuholen sei.

7

Der Erinnerungsgegner hat hierzu vorgetragen, dass er die Festsetzung durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle für zutreffend halte. Nach der wohl überwiegenden Rechtsprechung der Landessozialgerichte anderer Bundesländer sei davon auszugehen, dass nur Vergleiche nach § 101 SGG und § 278 Abs. 6 ZPO eine fiktive Terminsgebühr auslösen würden.

8

Das SG Rostock hat die Erinnerung mit Beschluss vom 16. November 2016 zurückgewiesen und sich zur Begründung der Auffassung des Erinnerungsgegners angeschlossen.

9

Gegen diesen ihm am 23. November 2016 zugestellten Beschluss hat der Erinnerungsführer am 7. Dezember 2016 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung bezieht er sich auf sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, dass das Entstehen einer fiktiven Terminsgebühr nicht von Zufälligkeiten abhängen könne, auf wessen Initiative genau und wann der Vergleich zustande gekommen sei. Schließlich habe das Gericht sich vorliegend den Vergleichsvorschlag des Beklagten offensichtlich auch zu Eigen gemacht.

10

Der Senat hat im Hinblick auf die bereits erfolgte Stellungnahme im erstinstanzlichen Erinnerungsverfahren von der Einholung einer erneuten Stellungnahme des Erinnerungsgegners abgesehen.

II.

11

Die vorliegende Beschwerdeentscheidung war vom Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern zu treffen. Zwar entscheidet über Beschwerden der vorliegenden Art gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 RVG grundsätzlich der Einzelrichter. Vorliegend war das Verfahren aber gemäß § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG auf den Senat zu übertragen, weil die vorliegende Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung ist. Der Senat hatte sich vorliegend erstmals mit den Änderungen der Vergütungsvorschriften über die fiktive Terminsgebühr im Sozialgerichtsprozess durch das zweite Kostenrechtsmodernisierungsgesetz zu befassen.

12

Die zulässige Beschwerde des Erinnerungsgegners ist in vollem Umfang begründet.

13

Soweit vorliegend Verfahrens- und Einigungsgebühr in Höhe der Mittelgebühr beantragt und festgesetzt wurden, hat der Senat diesbezüglich in Übereinstimmung mit dem SG Rostock und auch dem Erinnerungsgegner keine Bedenken. Streitig ist allein, ob auch eine (fiktive) Terminsgebühr festzusetzen war. Dies ist nach Auffassung des Senats entgegen der Auffassung des Ausgangsgerichts und wohl auch entgegen der überwiegenden Rechtsprechung in anderen Bundesländern (vgl. die Zitate in der angefochtenen Entscheidung) vorliegend der Fall. Hinsichtlich der konkreten Höhe wurden vom Erinnerungsführer im Übrigen sogar nur 75 Prozent der (Termins-)Mittel-gebühr geltend gemacht, obwohl er gemäß den Vorgaben von VV 3205 Satz 2 von 75 Prozent der konkret gewährten Verfahrensgebühr hätte ausgehen dürfen.

14

Nach allgemeiner Meinung sind kostenrechtliche Vorschriften weitestgehend am Wortlaut orientiert auszulegen und bieten wenig Spielraum für teleologische Überlegungen. Hieraus resultierend hat das LSG Mecklenburg-Vorpommern in ständiger Rechtsprechung (grundlegend Beschluss vom 17. Juli 2008 – L 6 B 93/07) eine fiktive Terminsgebühr nach VV 3106 beziehungsweise VV 3205 im Falle des Abschlusses von Vergleichen ohne mündliche Verhandlung nicht anerkannt, weil in der Fassung der VV bis zum 31. Juli 2013 der „schriftliche Vergleich“ als Fall einer fiktiven Terminsgebühr anders als bei VV 3104 beziehungsweise VV 3202 nicht erwähnt worden ist. Diese unterschiedlichen Formulierungen bei Rahmengebühren und Gebühren nach Gegenstandswert hat der Gesetzgeber im Kostenrechtsmodernisierungsgesetz offensichtlich einander angleichen wollen, woraus sich in der Tat ergeben dürfte, dass in beiden Varianten unter „schriftlichem Vergleich“ das Gleiche zu verstehen sein dürfte. Soweit aus dieser Harmonisierung vielfach (vgl. zum Beispiel LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. März 2015 – L 9 AL 277/14 B) geschlossen wird, dass damit auch für die Gebührenvorschrift über Rahmengebühren geklärt sei, dass nur gerichtliche Vergleiche „schriftliche Vergleiche“ seien, so vermag dies den erkennenden Senat nicht zu überzeugen. Zum einen ist auch bei der fiktiven Terminsgebühr bei Gegenstandswertgebühren keineswegs völlig unumstritten, dass diese nur bei einem gerichtlichen Vergleich entstehen (vgl. zum Beispiel Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, VV 3104 Rn 69). Zum anderen dürfte der Hauptanwendungsbereich der VV 3104 (beziehungsweise der VV 3202 für das Berufungsverfahren) die Zivilgerichtsbarkeit sein, bei der sich die Frage der Honorierung eines außergerichtlichen Vergleichs ohne anschließende Protokollierung oder Vollstreckbarerklärung durch das Gericht eher als ungewöhnlich und selten darstellen dürfte, da im Zivilprozess von vornherein ein eminentes Interesse an einem Vollstreckungstitel besteht. Auch im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit und in gerichtskostenpflichtigen Streitigkeiten der Sozialgerichtsbarkeit (Leistungserbringerrecht) besteht wenig praktischer Bedarf für echte außergerichtliche Vergleiche. Demgegenüber hat diese Art der Beendigung des Rechtsstreits (die im prozessualen Sinne in der Tat keinen gerichtlichen Vergleich, sondern eine übereinstimmende Erledigungserklärung darstellen dürfte) traditionell eminente Bedeutung im in aller Regel gerichtskostenfreien Sozialleistungsrecht. Gerade in Streitigkeiten mit medizinischem Hintergrund – wie auch vorliegend – werden Verfahren nicht selten äußerst prozessökonomisch in der Weise erledigt, dass der Sozialleistungsträger auf neue medizinische Erkenntnisse im Gerichtsverfahren mit einem entsprechenden Angebot reagiert und dieses vom Anspruchsteller sodann angenommen wird, womit es in aller Regel keinerlei weiterer Gerichtshandlungen mehr bedarf. Ermöglicht wird diese sehr vereinfachte Form der vergleichsweisen Beendigung des Sozialgerichtsprozesses zum einen durch die Gerichtskostenfreiheit und die Regelung, dass das Gericht in solchen Fällen noch nicht einmal einen Einstellungs- oder Kostenbeschluss fertigen muss. Zum anderen werden solche Vergleiche auch dadurch möglich und sinnvoll, dass es gegenüber Sozialleistungsträgern in aller Regel keiner vollstreckbaren Entscheidung bedarf und diese ihre Verpflichtungen aus solchen Vergleichen auch ohne Vollstreckungsverpflichtung erfüllen. § 278 Abs. 6 ZPO hat damit in diesem Bereich, in dem gerade die Rahmengebühren anfallen, überhaupt keine praktische Bedeutung erlangt. Dies dürfte erst recht für § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG gelten, der von der Praxis ohnehin weitgehend als nicht praktikabel abgelehnt wird und allenfalls als Weg geeignet sein mag, ausnahmsweise bei entsprechendem Bedürfnis ohne echte mündliche Verhandlung einen vollstreckbaren Vergleich zu erlangen.

15

Mithin ist festzustellen, dass es sich bei einem Vergleich durch Angebot und Annahme der Beteiligten um eine Beilegungsart des Rechtsstreits handelt, die für das Gericht selbst höchst prozessökonomisch ist und weniger Aufwand bedingt als die Anwendung von § 101 SGG oder § 278 Abs. 6 ZPO. Aus Sicht der Beteiligten bietet die Vorgehensweise im Übrigen ebenfalls keine Nachteile, wobei aus der Sicht der Beteiligten allerdings auch die beiden genannten „förmlichen Vergleichsmethoden“ mehr Aufwand nur für das Gericht, nicht aber für sie selbst bedingen.

16

Vor diesem Hintergrund stellt sich trotz der eingeschränkten Heranziehung teleologischer Erwägungen bei der Auslegung kostenrechtlicher Vorschriften die Frage nach Sinn und Zweck der fiktiven Terminsgebühr. Dieser liegt völlig offensichtlich nicht darin, die Vergleichsbereitschaft des Rechtsanwalts zu fördern (so allerdings Müller-Rabe aaO), denn die Mühewaltung für den Vergleichsabschluss wird mit der Einigungsgebühr abschließend und hinreichend honoriert. Es handelt sich bei der fiktiven Terminsgebühr letztlich überhaupt nicht um eine Gebühr, die der Rechtsanwalt für einen besonderen Aufwand erhält, vielmehr erspart er sich durch die Erledigung ohne Termin letztlich ebenso wie das Gericht auch selbst zusätzliche Arbeit. Es handelt sich mithin um eine Honorierung des Rechtsanwaltes dafür, dass er dem Gericht den Aufwand einer mündlichen Verhandlung erspart. Bei rein teleologischer Betrachtung hat der Rechtsanwalt damit eindeutig diese fiktive Terminsgebühr bei einem außergerichtlichen Vergleich ebenso verdient wie bei einem förmlich beschlossenen Vergleich (so auch Bayerisches LSG, Beschluss vom 22. Mai 2015 – L 15 SF 115/14 E). Soweit in der Rechtsprechung (Bayerisches LSG aaO, LSG Nordrhein-Westfalen aaO) sodann aber die Auffassung vertreten wird, aus systematischen Gründen falle der sogenannte außergerichtliche Vergleich gleichwohl nicht unter die fiktive Terminsgebühr, weil nur die Bereitschaft des Anwalts honoriert werde, vom Gericht initiierte Möglichkeiten, den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung zu beenden, nicht zu konterkarieren, so hält der erkennende Senat dies für nicht zutreffend. Dies zeigen die anderen Alternativen für das Entstehen einer fiktiven Terminsgebühr. Nach VV 3106 (auf die die hier streitige VV 3205 verweist) entsteht die fiktive Terminsgebühr unter anderem (abgesehen vom schriftlichen Vergleich) dann, wenn im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden wird. Nur bei dieser Alternative ist es offensichtlich so, dass die mündliche Verhandlung auf alleinige Initiative des Gerichts entfällt, weil das Gericht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, aber niemals muss. In der zweiten Alternative wird die fiktive Terminsgebühr auch dann ausgelöst, wenn durch Gerichtsbescheid entschieden wird und sodann eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann (wenn die Berufung also nicht zulässig ist). Die Entscheidung, auf eine mündliche Verhandlung verzichten zu wollen, trifft bei dieser Variante das Gericht sogar einseitig. Die Entscheidung aber, ob es bei nicht berufungsfähigen Gerichtsbescheiden sodann bei einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung verbleibt, liegt allein beim durch den Gerichtsbescheid beschwerten Beteiligten, der mit dem Antrag auf mündliche Verhandlung den Gerichtsbescheid unwirksam machen kann.

17

In der dritten Variante schließlich wird die fiktive Terminsgebühr auch dann gewährt, wenn ein Verfahren nach angenommenem (vollem) Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet. Bei dieser Variante spielt initiatives Handeln des Gerichts ersichtlich überhaupt keine Rolle. Ein Anerkenntnis des Sozialleistungsträgers kann zwar auch auf einer Anregung des Gerichts beruhen, muss es aber nicht. Jedenfalls wird nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm die fiktive Terminsgebühr völlig unabhängig von irgendwelchem Gerichtsagieren ausgelöst. Zumindest aus dieser Variante ergibt sich somit eindeutig, dass die fiktive Terminsgebühr nicht den Anwalt dafür honoriert, dass er gerichtlichen Bestrebungen, eine mündliche Verhandlung zu verhindern, folgt. Vielmehr kommt es nur darauf an, dass er durch sozusagen konstruktive Mitwirkung überhaupt dazu beiträgt, dass eine gerichtliche Verhandlung entbehrlich wird, wobei es völlig gleichgültig ist, ob der Ausgangspunkt für den Verzicht auf die mündliche Verhandlung vom Gericht oder von anderen Beteiligten ausgegangen ist.

18

Mithin sieht der Senat auch bei systematischer Auslegung keinen Anlass, dem Wortlaut der Norm entsprechend und auch dem Sinn der Norm entsprechend auch und gerade den prozessökonomischsten aller Vergleichsschlüsse, nämlich den schlichten außergerichtlichen Vergleich, nicht mit einer fiktiven Terminsgebühr zu honorieren.

19

Soweit (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen aaO) schließlich gegen diese weite Auslegung des Begriffs „schriftlicher Vergleich“ auch eingewandt wird, damit stelle sich die Problematik, ob eine übereinstimmende Erledigung überhaupt ein Vergleich sei, welche man bei der Umwandlung der früheren Vergleichsgebühr in eine Einigungsgebühr habe gerade vermeiden wollen, überzeugt auch diese Argumentation nicht. Die Einigung nach den VV 1000 ff. setzt ebenfalls ein gegenseitiges Nachgeben voraus, sodass die Unterscheidung von „Einigung“ und „Vergleich“ in der weit überwiegenden Zahl der Fälle ohnehin eher akademischer Natur ohne praktische Bedeutung sein dürfte. Im Übrigen stellt sich aus Sicht des Senats die Klärung der Frage, ob ein Vergleich vorliegt, in der Praxis auch allenfalls deshalb zuweilen als schwierig dar, weil Erklärungen der Beteiligten ausgelegt werden müssen und ungenau formuliert sind. Ansonsten handelt es sich rechtlich um eine eher einfach zu klärende Frage, da ein Vergleich immer dann vorliegt, wenn das Angebot einer Seite abhängig von der Annahme der Gegenseite gemacht wird und in irgendeiner Weise auch ein Minus gegenüber einem vollen Anerkenntnis enthält. Demgegenüber liegt (nur) ein Teilanerkenntnis mit gegebenenfalls Rücknahme des weiteren Begehrens vor, wenn der Leistungsträger dem Klageanspruch verbindlich teilweise abhilft, ohne diese Teilstattgabe davon abhängig zu machen, dass der andere Beteiligte auf weitere Ansprüche verzichtet.

20

Nach alledem wird die fiktive Terminsgebühr auch dann fällig, wenn ein Rechtsstreit durch einen schriftlichen „außergerichtlichen“ Vergleich beendet wird. Damit wird letztlich auch allein sichergestellt, dass eine Vorschrift, die indirekt die Gerichte entlasten soll, nicht gegenteilige Effekte hat, weil die Bereitschaft von Anwälten, gerade den prozessökonomischen außergerichtlichen Vergleich abzuschließen, damit eher gemindert statt gesteigert werden könnte. Soweit das Bayerische LSG (aaO) meint, diese Problematik stelle sich deshalb nicht, weil das Drängen auf einen protokollierten Vergleich nur zum Erlangen einer fiktiven Terminsgebühr wegen Verletzung des Kostenminderungsgrundsatzes überhaupt keine fiktive Terminsgebühr auslöse, so hält der Senat dies zumindest für fraglich. Zwar neigt auch er dazu, dass das Provozieren völlig unnötiger Kosten im Einzelfall zur Nichterstattungsfähigkeit solcher Kosten führen kann, ob dies aber beim Bestehen auf die Protokollierung eines Vergleichs bereits der Fall ist, erscheint fragwürdig. Außerdem ist rein praktisch davon auszugehen, dass Rechtsanwälte in der Lage sein dürften, ihr Beharren auf eine Vergleichsform, die eine fiktive Terminsgebühr auslöst, mit Sachargumenten statt dem offenen Bekenntnis, dass es um Gebühren gehe, zu untermauern.

21

Insgesamt mag man die fiktive Terminsgebühr insgesamt für justizpolitisch durchaus fragwürdig halten, wobei letztlich hier aber eine gesetzgeberische Entscheidung von der Judikative zu akzeptieren ist. Zweifel an der Berechtigung einer Gebühr vermögen es aber jedenfalls nicht zu rechtfertigen, diese sodann auf eher praxisirrelevante Fallkonstellationen zu beschränken und gerade die Fallkonstellation, in der der gewünschte Effekt einer Gerichtsentlastung am größten ist, auszunehmen.

22

Dieser Beschluss ist gemäß § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG unanfechtbar. Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten sind nicht zu erstatten (§ 56 Abs. 2 RVG).

Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 14. März 2018 - L 13 SB 1/17 B

Urteilsbesprechungen zu Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 14. März 2018 - L 13 SB 1/17 B

Referenzen - Gesetze

Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 14. März 2018 - L 13 SB 1/17 B zitiert 10 §§.

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 33 Wertfestsetzung für die Rechtsanwaltsgebühren


(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf An

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 202


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 56 Erinnerung und Beschwerde


(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 278 Gütliche Streitbeilegung, Güteverhandlung, Vergleich


(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein. (2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlun

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 101


(1) Um den geltend gemachten Anspruch vollständig oder zum Teil zu erledigen, können die Beteiligten zu Protokoll des Gerichts oder des Vorsitzenden oder des beauftragten oder ersuchten Richters einen Vergleich schließen, soweit sie über den Gegensta

Referenzen - Urteile

Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 14. März 2018 - L 13 SB 1/17 B zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 14. März 2018 - L 13 SB 1/17 B zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 22. Mai 2015 - L 15 SF 115/14 E

bei uns veröffentlicht am 22.05.2015

Tenor Auf die Beschwerde werden der Beschluss des Sozialgerichts München vom 16. April 2014 sowie die Kostenfestsetzung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 28. März 2014 abgeändert. Für das Klageverfahren Aktenzeichen S 44 P 265/13 w

Landessozialgericht NRW Beschluss, 11. März 2015 - L 9 AL 277/14 B

bei uns veröffentlicht am 11.03.2015

Tenor Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 08.09.2014 wird zurückgewiesen. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. 1Gründe: 2Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. 31. Über di

Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 17. Juli 2008 - L 6 B 93/07

bei uns veröffentlicht am 17.07.2008

Tenor Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 22. März 2007 wird zurückgewiesen. Die Anschlussbeschwerde des Beschwerdegegners wird als unzulässig verworfen. Gründe I. 1 Der Besch

Referenzen

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.

(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.

(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.

(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.

(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.

(1) Um den geltend gemachten Anspruch vollständig oder zum Teil zu erledigen, können die Beteiligten zu Protokoll des Gerichts oder des Vorsitzenden oder des beauftragten oder ersuchten Richters einen Vergleich schließen, soweit sie über den Gegenstand der Klage verfügen können. Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Beteiligten einen in der Form eines Beschlusses ergangenen Vorschlag des Gerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen.

(2) Das angenommene Anerkenntnis des geltend gemachten Anspruchs erledigt insoweit den Rechtsstreit in der Hauptsache.

(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.

(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.

(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.

(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.

(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.

(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.

(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.

(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.

Tenor

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 22. März 2007 wird zurückgewiesen.

Die Anschlussbeschwerde des Beschwerdegegners wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer wurde im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss des Sozialgerichts (SG) Neubrandenburg vom 22. August 2006 in dem Rechtsstreit S 9 AS 46/06 dem Kläger Reinhard W. beigeordnet.

2

Streitgegenstand des Verfahrens war die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Das im Ausgangsverfahren beklagte Jobcenter Uecker-Randow hatte dem Kläger Grundsicherungsleistungen ab Januar 2005 mit der Begründung verweigert, dass er wegen Vermögens (Eigentum an diversen Grundstücken) nicht bedürftig sei. Der hiergegen erhobene Widerspruch hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 2006). Sowohl im Ausgangs- als auch im Widerspruchsbescheid fand sich am Ende ein Hinweis auf die Möglichkeit, bei nicht sofortiger Verwertbarkeit des Vermögens eventuell Leistungen in Form eines Darlehens in Anspruch nehmen zu können.

3

Das SG Neubrandenburg hat nach Klageerhebung eine Auskunft des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Landkreis Uecker-Randow über den Wert der Grundstücke des Klägers eingeholt und sodann mit Hinweisschreiben vom 06. Juli 2006 an beide Beteiligte angemerkt, dass einerseits die Grundstücke des Klägers verwertbares Vermögen darstellen dürften, andererseits eine Verwertung in angemessener Zeit wohl nicht möglich sei. Insoweit wurde das Jobcenter Uecker-Randow aufgefordert, eine darlehensweise Gewährung von Leistungen anzuerkennen; der Beschwerdeführer wurde aufgefordert, ein solches Anerkenntnis anzunehmen und den Rechtsstreit für erledigt zu erklären. Das Jobcenter Uecker-Randow hat daraufhin einen Anspruch auf darlehensweise Leistungen anerkannt. Der Beschwerdeführer hat im Namen seines Mandanten zunächst um die - sodann erfolgte - Bewilligung von Prozesskostenhilfe gebeten und sodann den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Das Jobcenter Uecker-Randow hat die Übernahme von Kosten mit der Begründung abgelehnt, dass ein Darlehen zu keiner Zeit abgelehnt worden sei. Der Beschwerdeführer hat namens seines Mandanten insoweit darauf hingewiesen, dass sehr wohl Leistungen unter jedem Gesichtspunkt abgelehnt worden seien, andererseits aber ein Kostenantrag nicht gestellt worden sei und auch nicht gestellt werden solle.

4

Mit Kostennote vom 25. August 2006 machte der Beschwerdeführer seine Gebühren und Auslagen gegenüber der Staatskasse geltend und beantragte, auf der Grundlage des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) den Erstattungsbetrag auf 585,80 Euro (nach Abzug eines Vorschusses in Höhe von 87,00 Euro) festzusetzen. Dieser Betrag ergab sich aus einer geltend gemachten Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 des Vergütungsverzeichnisses (VV) in Höhe von 170,00 Euro (Mittelgebühr), einer Terminsgebühr nach VV 3106 in Höhe von 200,00 Euro (Mittelgebühr), einer Erledigungsgebühr nach VV 1006 in Höhe von 190,00 Euro (Mittelgebühr) und der Post- und Telekommunikationspauschale in Höhe von 20,00 Euro zuzüglich Mehrwertssteuer (insgesamt 672,80 Euro abzüglich bereits gezahlter 87,00 Euro = 585,80 Euro).

5

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des SG Neubrandenburg setzte die Kosten mit Festsetzungsbeschluss vom 02. März 2007 auf insgesamt 365,40 Euro (bzw. ohne Abzug des bereits geleisteten Vorschusses: 452,40 Euro) fest. Die Abweichung vom Antrag beruhte hierbei auf einer Nichtanerkennung der Erledigungsgebühr. Zur Begründung insoweit wurde ausgeführt, dass eine Erledigungsgebühr nur entstehe, wenn der Rechtsanwalt über die bloße Erfüllung des Verfahrensauftrages hinaus zusätzlich Besonderes gerade mit dem Ziel der Erledigung der Rechtssache ohne streitige Entscheidung geleistet habe. Ursächlich für das abgegebene Anerkenntnis des Beklagten und damit für die Erledigung der Rechtssache ohne streitige Entscheidung sei vorliegend allein das gerichtliche Hinweisschreiben gewesen. Im Übrigen sei antragsgemäß zu entscheiden gewesen. Insbesondere sei wegen des angenommenen Anerkenntnisses auch die sogenannte fiktive Terminsgebühr entstanden.

6

Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 12. März 2007 eine als sofortige Beschwerde bezeichnete Erinnerung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, dass die Erledigungsgebühr gewährt werden müsse. Es sei insoweit richtig, dass das Anerkenntnis des Beklagten durch das gerichtliche Hinweisschreiben herbeigeführt worden sei. Die Mitwirkung des Rechtsanwaltes liege hier aber gerade nicht in dem Erwirken eines eventuellen Anerkenntnisses, sondern darin, dass nach eigener Besprechung und Abwägung der Sach- und Rechtslage mit dem Mandanten dieser dazu bewegt habe können, sich mit dem Anerkenntnis zufrieden zu stellen. Bekanntlich sei eine darlehensweise Erledigung des Rechtsstreites überhaupt nicht angestrebt worden, sondern die Zahlung von Grundsicherungsleistungen, auch hilfsweise sei kein Darlehen beantragt worden. Unter Zurückstellung erheblicher Bedenken habe er den Kläger im vorliegenden Fall von der Annahme eines solchen Anerkenntnisses, welches im Ergebnis eher einen Verzicht bedeute, überzeugen können. Hierin liege die Erledigung der Sache unter Mitwirkung des Rechtsanwaltes.

7

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen und hierzu angemerkt, dass für den Fall, dass man eine Erledigungsgebühr annehme, die fiktive Terminsgebühr stattdessen nicht anfallen würde. Sodann hat sie das Verfahren dem zuständigen Kammervorsitzenden vorgelegt.

8

Dieser hat die Erinnerung mit Beschluss vom 22. März 2007 zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt worden, im Ergebnis seien dem Beschwerdeführer sogar 10,00 Euro zuviel vergütet worden, weil zwar die Erledigungsgebühr zu gewähren sei, die fiktive Terminsgebühr hingegen nicht. Die Kammer sehe zwar hier eine hinreichende Mitwirkung an der vollständigen Erledigung des Rechtsstreites, die Voraussetzungen der Terminsgebühr lägen aber nicht vor, da die fiktive Terminsgebühr nur nach angenommenen Vollanerkenntnis auch ohne mündliche Verhandlung anfalle, nicht hingegen bei angenommenem Teilanerkenntnis.

9

Gegen diesen ihm am 02. April 2007 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 04. April 2007 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt er nunmehr vor, dass die Voraussetzungen der fiktiven Terminsgebühr vollständig vorlägen. Der Beklagte habe vorliegend ein Anerkenntnis erklärt, auf dessen Annahme hin der Rechtsstreit komplett für erledigt worden sei, womit eine mündliche Verhandlung entbehrlich geworden sei. Dem Wortlaut des Gebührentatbestandes könne nicht entnommen werden, dass es sich bei dem gemeinten Anerkenntnis um ein "volles Anerkenntnis" handeln müsse.

10

Der Beschwerdeführer beantragt,

11

den Beschluss des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 22. März 2007 aufzuheben und seine Vergütung aus der Landeskasse nach Abzug des bereits erbrachten Vorschusses auf (weitere) 585,80 Euro festzusetzen.

12

Der Beschwerdegegner beantragt,

13

1. die Beschwerde des Beschwerdeführers zurückzuweisen.

14

2. die Gesamtvergütung des Beschwerdeführers aus der Landeskasse auf 270,28 Euro festzusetzen.

15

Er hält die Auffassung im angefochtenen Beschluss hinsichtlich der Nichtanerkennung einer Terminsgebühr und der Anerkennung einer Erledigungsgebühr für zutreffend und ist darüber hinaus jedoch der Auffassung, dass nach den Kriterien des § 14 RVG vorliegend die Mittelgebühren unbillig seien. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit seien eher als unterdurchschnittlich einzustufen, auch die Einkommensverhältnisse seien als unterdurchschnittlich zu bewerten, so dass eine um 1/5 reduzierte Mittelgebühr für gerechtfertigt gehalten werde.

16

Hierzu hat der Beschwerdeführer ergänzend vorgetragen, dass der Antrag der Staatskasse dem Verbot der reformatio in peius widerspreche.

17

Das SG Neubrandenburg hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie zur Entscheidung dem Landessozialgericht (LSG) Mecklenburg-Vorpommern vorgelegt.

18

Betreffs des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird ergänzend auf den Inhalt des Prozesskostenhilfeheftes, den Inhalt der Gerichtsakte des Hauptsacheverfahrens sowie auf den Inhalt der Beschwerdeakte Bezug genommen, die Grundlage dieser Entscheidung waren.

II.

19

Die vorliegende Beschwerdeentscheidung war vom Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern zu treffen. Zwar entscheidet über Beschwerden der vorliegenden Art gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. mit § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG grundsätzlich der Einzelrichter. Vorliegend war das Verfahren aber gemäß § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG auf den Senat zu übertragen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Insoweit haben die nachfolgenden Ausführungen sowohl zur generellen Zulässigkeit der Beschwerde (vergleiche 1.) als auch zu den Beschwerdemöglichkeiten der Staatskasse (vergleiche 2.) als auch die materiellen Ausführungen zur Definition von Termins- und Erledigungsgebühr (vergleiche 3.), die vom Senat erstmals getroffen werden, präjudizierende Bedeutung für künftige Beschwerden nach § 56 RVG.

20

1. Die Beschwerde des Beschwerdeführers ist zulässig.

21

Zwar wird in der Rechtsprechung zunehmend die Auffassung vertreten, dass § 178 Sozialgerichtsgesetz (SGG), welcher die Beschwerde bei Erinnerungen gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nicht zulässt, Spezialvorschrift gegenüber den Rechtsmittelregelungen des RVG sei (vergleiche z. B. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. Juni 2008 - L 1 B 60/08 SF AL; LSG Niedersachsen Bremen, Beschluss vom 05. September 2007 - L 13 B 2/06 AS SF). Dieser Auffassung vermag sich der erkennende Senat aber nicht anzuschließen. Schon aus allgemeinen Erwägungen heraus erscheint es wenig überzeugend, die Vorschriften in allgemeinen Verfahrensordnungen als speziell gegenüber besonderen Vorschriften in speziellen Gesetzen zu halten; so dürfte es unbestritten sein, dass die Beschwerde hinsichtlich des Rechtsweges in allen Gerichtsbarkeiten auch zum Bundesgericht möglich ist nach einer Spezialregelung des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG), obwohl sämtliche Verfahrensordnungen ansonsten Beschwerden nicht über die Landesgerichte hinaus zulassen. Im Übrigen enthalten auch alle anderen Verfahrensordnungen dem § 178 SGG entsprechende Regelungen (allerdings mit Beschwerdemöglichkeit), so dass für die speziellen Rechtsmittelregelungen des RVG selbst überhaupt kein Raum bliebe, wenn man jeweils die Verfahrensvorschriften der Prozessordnungen für vorrangig hält. Es handelt sich insoweit bei den Rechtsmittelvorschriften des RVG auch keineswegs um Rumpfvorschriften, sondern um dezidierte und ausführliche Sonderregelungen einschließlich Regelungen über Abhilfemöglichkeiten, Fristen, besondere Beschwerdewerte sowie die Besetzung des Gerichtes, auf die im Übrigen auch die Vertreter der oben genannten Auffassung teilweise zurückgreifen müssen.

22

Soweit darauf hingewiesen wird, dass gemäß § 197 Abs. 2 SGG bei der Kostenfestsetzung gegenüber dem Klagegegner nur die Erinnerung, aber nicht die Beschwerde gegeben sei, ist dieser Verweis ebenso verfehlt wie der Hinweis auf § 11 Abs. 3 RVG, welcher hinsichtlich der Erinnerung auf die Vorschriften der Prozessordnungen im Kostenfestsetzungsverfahren verweist. Beide Vorschriften betreffen gerade nicht die Vergütung aus der Staatskasse, sondern das Verhältnis zum anderen Prozessbeteiligten. Ihre gesonderte Existenz spricht daher eher für eine Beschwerdemöglichkeit im Festsetzungsverfahren gegenüber der Staatskasse als gegen sie.

23

Schließlich gibt es auch gewichtige teleologische Argumente für eine weitergehende Zulassung der Beschwerde im Festsetzungsverfahren gegenüber der Staatskasse gegenüber dem nur erstinstanzlichen Verfahren bei der Festsetzung gegenüber dem Prozessgegner. Insoweit ist ein eminentes Interesse der Staatskasse selbst aber auch der Beteiligten an einer landesweit möglichst einheitlichen Festsetzung von Prozesskostenhilfevergütungen anzuerkennen, welches nur durch eine Rechtsprechung des zweitinstanzlichen Gerichtes gewährleistet werden kann. Spricht dieses Argument für eine Beschwerdemöglichkeit der Staatskasse, so dürfte schon das Argument der Waffengleichheit sodann dafür sprechen, auch dem betroffenen Rechtsanwalt die Beschwerdemöglichkeit zuzugestehen, um gegebenenfalls in den Genuss dieser landeseinheitlichen Rechtsprechung zu kommen.

24

Nach alledem ist die Beschwerde des Beschwerdeführers zulässig, da andere Bedenken hinsichtlich der Frist und Form nicht bestehen.

25

2. Soweit der Beschwerdegegner vorliegend beantragt hat, die Vergütung des Beschwerdeführers geringer als geschehen festzusetzen, ist dies als (unselbstständige) Anschlussbeschwerde zu werten. Ungeachtet der unter 1. erörterten grundsätzlichen Zulässigkeit der Beschwerde und des völlig unstreitigen Beschwerderechtes auch der Staatskasse ist eine solche Anschlussbeschwerde vorliegend aber aus prozessualen Gründen unzulässig.

26

Zwar hat der Vertreter der Staatskasse völlig unbestritten und auch unabhängig von der Frage, inwieweit er aufgrund seiner sonstigen Stellung bei Gericht auch Weisungsrechte unmittelbar gegenüber dem Kostenbeamten hätte, das Recht, gegen Kostenfestsetzungen des Urkundsbeamten selbst Erinnerung einzulegen. Erfolgt eine solche Erinnerung, steht dem Vertreter der Staatskasse das Beschwerderecht bei Nichtstattgabe nach den gleichen Kriterien zu wie dem Rechtsanwalt. Hat der Vertreter der Staatskasse aber keine eigene Erinnerung eingelegt, so wird die Kostenfestsetzung durch den Urkundsbeamten mit Wirksamwerden der erstinstanzlichen richterlichen Entscheidung bindend, weil er durch die Zurückweisung der Erinnerung nicht beschwert wird. Bei einer solchen Konstellation kommt die Beschwerde nur noch in Betracht, wenn eine erstmalige Beschwer (durch Stattgabe der Erinnerung des Rechtsanwaltes) für die Staatskasse gerade erst durch die richterliche Entscheidung eintritt. Dies war vorliegend bei bloßer Zurückweisung der Erinnerung nicht der Fall.

27

Mithin konnte ein Beschwerderecht der Staatskasse nicht mehr berücksichtigt werden. An diesem Ergebnis ändert sich nichts dadurch, dass der Vertreter der Staatskasse rein faktisch überhaupt nicht die Möglichkeit hat, sämtliche Kostenfestsetzungen von Amts wegen zu überprüfen und regelmäßig in Fällen wie dem vorliegenden eine Erinnerung meist im Wege der Anschlusserinnerung einlegen kann, wenn er am Erinnerungsverfahren beteiligt wird. Eine solche Beteiligung ist nach Auffassung des Senates auch geboten, da auch der Vertreter der Staatskasse Anspruch auf rechtliches Gehör hat. Vorliegend ist eine solche Beteiligung nach Lage der Akte jedoch unterblieben, was aber ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis führen kann. Insoweit käme allein eine Anhörungsrüge nach § 178a SGG in Betracht, kann aber deshalb nicht zum Erfolg führen, weil die Staatskasse durch den eigentlichen Beschlusstenor gerade nicht beschwert wird; die Vereitelung der Anschlusserinnerung durch Nichtinkenntnissetzung von Verfahren ist lediglich ein Rechtsreflex, der die Anhörungsrüge nicht rechtfertigen kann.

28

Nach alledem war der als Anschlussbeschwerde auszulegende Antrag der Staatskasse auf Festsetzung einer noch geringeren Vergütung materiell nicht zu prüfen, obwohl, wie noch unter 3. darzulegen sein wird, er in der Sache durchaus seine Berechtigung hätte und die tatsächlich zustehende Vergütung des Beschwerdeführers sogar noch geringer wäre.

29

3. Die Beschwerde des Beschwerdeführers ist in der Sache unbegründet. Ihm stehen nicht Terminsgebühr und Erledigungsgebühr kumulativ zu, im vorliegenden Fall wäre richtigerweise sogar keine der beiden Gebühren zu vergüten gewesen.

30

Gemäß VV 3106 gibt es auch im sozialgerichtlichen Verfahren eine Terminsgebühr. Diese entsteht (außer bei tatsächlicher Durchführung eines Termins) nach dem Wortlaut dieses Gebührentatbestandes auch, wenn im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, durch Gerichtsbescheid entschieden wird oder das Verfahren nach angenommenen Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet.

31

Streitig ist vorliegend allein die letzte Alternative des angenommenen Anerkenntnisses, wobei diese Alternative wie auch die beiden anderen Alternativen vornehmlich dem Zweck dienen dürfte, den Rechtsanwalt nicht deshalb schlechter zu stellen, weil eine eigentlich notwendige mündliche Verhandlung entfällt bzw. auch, die Gerichte zu entlasten, indem nicht von Anwaltsseite nur deswegen die Durchführung eines Termins begehrt wird, um nicht der Terminsgebühr verlustig zu gehen.

32

In Übereinstimmung mit der Auffassung des SG Neubrandenburg ist der Katalog für Fälle der fiktiven Terminsgebühr abschließend und kann nicht um vergleichbare oder angeblich vergleichbare Fälle erweitert werden. Insoweit scheitert die Anerkennung einer Terminsgebühr schon daran, dass es sich entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers bei der 3. Alternative selbstverständlich um ein volles Anerkenntnis handeln muss, denn ein angenommenes Teilanerkenntnis erledigt den Rechtsstreit überhaupt nicht. Erledigt sich der Rechtsstreit gleichwohl wie im vorliegenden Fall, so handelt es sich eben nicht um eine Erledigung durch angenommenes Teilanerkenntnis, sondern um Erledigung durch Annahme eines Teilanerkenntnisses und Klagerücknahme im Übrigen, was de facto einem außergerichtlichen Vergleich weitgehend entspricht.

33

Lediglich der Vollständigkeit halber ist aber bereits an dieser Stelle anzumerken, dass vorliegend entgegen auch der Annahme des Beschwerdegegners noch nicht einmal von der Annahme eines Teilanerkenntnisses ausgegangen werden kann. Ein Teilanerkenntnis liegt per Definitionen dann vor, wenn die Beklagtenseite einen Teil des streitgegenständlichen Anspruches verbindlich anerkennt. Dies ist vorliegend gerade nicht der Fall gewesen. Nach der Rechtssprechung der für Grundsicherung zuständigen Senate des LSG Mecklenburg-Vorpommern handelt es sich beim Darlehen nach § 9 Abs. 4 SGB II um einen eigenständigen Streitgegenstand und nicht etwa nur um ein "Minus" zur unbedingten Grundsicherungsleistung. Insoweit hat das SG im vorliegenden Rechtsstreit mit seinem Hinweisschreiben die Beklagtenseite nur dazu veranlasst, einen überhaupt nicht streitgegenständlichen Anspruch anzuerkennen, den diese im Übrigen zuvor überhaupt noch nicht abgelehnt hat, sondern lediglich mangels diesbezüglicher Antragstellung nur nicht geprüft hatte. Erklärt die Klägerseite den Rechtsstreit bei einem solchen Angebot eines nichtstreitgegenständlichen "aliud" für erledigt, so handelt es sich hierbei nicht um die Annahme eines Teilanerkenntnisses, sondern letztlich um eine volle Klagerücknahme.

34

Genau vor diesem Hintergrund hat das SG letztlich zu Unrecht eine Erledigungsgebühr nach VV 1006 i.V.m. VV 1005 und VV 1000 sowie VV 1002 anerkannt. Nach diesen Gebührentatsbeständen ist im Sozialgerichtsprozess eine Einigungsgebühr nach VV 1000 oder eine Erledigungsgebühr nach VV 1002 unter besonderer Berücksichtigung der Betragsrahmengebühren zu berücksichtigen. Die Einigungsgebühr nach VV 1000 entsteht insoweit für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Partei über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Die Erledigungsgebühr nach VV 1002 entsteht, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsaktes durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt.

35

Eine Erledigungsgebühr kam daher vorliegend schon deshalb nicht in Betracht, weil eben der vorliegend streitgegenständliche Bescheid überhaupt nicht geändert wurde, vielmehr wurde die Klage gegen ihn - wie bereits dargelegt - letztlich einfach zurückgenommen. Diskutabel erschiene eine Einigungsgebühr unabhängig davon, ob die darlehensweise Gewährung im Klageverfahren Gegenstand war oder nicht. Dies würde aber nach Auffassung des Senates, um von einer Einigung sprechen zu können, zumindest voraussetzen, dass es einer Einigung überhaupt bedurfte, das heißt, dass zumindest Streit über den Teil bestand, dessen bezüglich die Beklagtenseite nachgegeben hat. Vorliegend hatte die Beklagtenseite aber die darlehensweise Gewährung zu keiner Zeit in Abrede gestellt, eine abschließende Prüfung war lediglich mangels diesbezüglicher Antragstellung unterblieben. Insoweit kam hier auch die Alternative der "Einigung" nicht in Betracht.

36

Anzumerken ist, dass diese Ausführungen letztlich vollumfänglich dem Vorbringen des Beschwerdeführers im erstinstanzlichen Erinnerungsverfahren entsprechen, wo dieser gerade betont hat, hier läge überhaupt kein Teilanerkenntnis vor, vielmehr hätte er sich die Erledigungsgebühr deshalb verdient, weil der Kläger auf den eigentlichen Streitgegenstand verzichtet habe und er diesen davon habe überzeugen müssen. Erst nachdem nach erstinstanzlicher Entscheidung dieses Bewegen des Rechtsanwaltes zu einer De-facto-Klagerücknahme gerade nicht hinreichend für eine Erledigungsgebühr erschien, ist er befremdlicherweise auf eine andere Argumentation umgeschwenkt und hat plötzlich doch ein angenommenes Teilanerkenntnis gesehen.

37

Nachdem nach alledem dem Beschwerdeführer materiell lediglich die Verfahrensgebühr nebst Auslagenpauschale und Mehrwertssteuer zugestanden hätte und er damit (wie unter 2. dargelegt) durch den erstinstanzlichen Beschluss bestandskräftig bereits weitaus besser gestellt ist, kam es auf die Einwände der Staatskasse zur Angemessenheit der Mittelgebühr nicht an; insoweit sei lediglich angemerkt, dass auch diese Einwände im vorliegenden Fall durchaus diskutabel erschienen.

38

Dieser Beschluss ist gemäß § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG unanfechtbar. Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten sind nicht zu erstatten (§ 56 Abs. 2 RVG).

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 08.09.2014 wird zurückgewiesen. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26

(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.

(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.

(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.

(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.

(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.

(1) Um den geltend gemachten Anspruch vollständig oder zum Teil zu erledigen, können die Beteiligten zu Protokoll des Gerichts oder des Vorsitzenden oder des beauftragten oder ersuchten Richters einen Vergleich schließen, soweit sie über den Gegenstand der Klage verfügen können. Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Beteiligten einen in der Form eines Beschlusses ergangenen Vorschlag des Gerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen.

(2) Das angenommene Anerkenntnis des geltend gemachten Anspruchs erledigt insoweit den Rechtsstreit in der Hauptsache.

(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.

(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.

(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.

(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.

(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.

Tenor

Auf die Beschwerde werden der Beschluss des Sozialgerichts München vom 16. April 2014 sowie die Kostenfestsetzung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 28. März 2014 abgeändert. Für das Klageverfahren Aktenzeichen S 44 P 265/13 wird die zu erstattende Vergütung auf 737,80 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe des Rechtsanwaltshonorars nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das der Beschwerdegegnerin nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Staatskasse (Beschwerdeführer) zusteht. Streitig ist die Terminsgebühr.

Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht München (SG), Aktenzeichen S 44 P 265/13, ging es um die Anerkennung einer Pflegestufe durch die Beklagte. Am 08.08.2013 erhob die Klägerin über ihre Bevollmächtigte, die Beschwerdegegnerin, Klage (Mandatierung am 07.08.2013). Nach Durchführung von Sachermittlungen, insbesondere der Einholung eines Pflegegutachtens, gab die Beklagte mit Schreiben vom 17.01.2014 ein Vergleichsangebot ab. Mit gerichtlichem Schreiben vom 28.01.2014 wurde die Beschwerdegegnerin gefragt, ob sie diesem Vergleichsvorschlag zustimme und das Verfahren für erledigt erkläre. Im Schriftsatz vom 03.02.2014 teilte die Beschwerdegegnerin ihr Einverständnis mit dem Angebot mit und erklärte, dass sich das Verfahren damit erledigt habe. Mit Beschluss vom 05.02.2014 bewilligte das SG der Klägerin PKH und ordnete die Beschwerdegegnerin mit Wirkung ab Antragstellung bei; die Klägerin hatte mit Schriftsatz vom 30.10.2013 PKH beantragt.

Am 20.02.2014 beantragte die Beschwerdegegnerin die Festsetzung der Vergütung gegen die Staatskasse in Höhe von insgesamt 1.104,02 Euro. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28.03.2014 setzte der zuständige Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Vergütung der Beschwerdegegnerin auf 1.059,10 Euro, im Einzelnen wie folgt fest:

Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG: 300,00 Euro

Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG: 270,00 Euro (str.)

Einigungsgebühr, Nr. 1006 VV RVG: 300,00 Euro

Post- u. Telekompauschale, Nr. 7002 VV RVG: 20,00 Euro

Dokumentenpauschale, Nr. 7000 Nr. 1a VV RVG: -

Zwischensumme: 890,00 Euro

19% Mehrwertsteuer, Nr. 7008 VV RVG: 169,10 Euro

1.059,10 Euro.

Dabei folgte er dem Vergütungsantrag in allen Einzelgebühren bis auf eine Dokumentenpauschale, die er nicht gewährte. Im Hinblick auf die streitgegenständliche fiktive Terminsgebühr wies der Kostenbeamte darauf hin, dass die Vorschrift Nr. 3106 VV RVG der Entlastung der Gerichte diene.

Am 08.04.2014 hat der Beschwerdeführer hiergegen Erinnerung eingelegt und beantragt, die Vergütung auf 737,80 Euro festzusetzen. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass die Voraussetzungen für die Abrechnung einer Terminsgebühr nicht erfüllt seien. Die hier erfolgte schriftliche Annahme des Vergleichsangebots mit Schreiben vom 03.02.2014 könne definitiv gebührenrechtlich nicht unter den Tatbestand des § 101 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) subsumiert werden.

Dieser Auffassung hat sich der Kostenrichter des SG nicht angeschlossen und mit streitgegenständlichem Beschluss vom 16.04.2014 die Erinnerung als unbegründet zurückgewiesen. Vorliegend, so der Kostenrichter, liege zwar ein schriftlicher, jedoch eben nur ein außergerichtlicher Vergleich vor. Die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG falle jedoch bereits dann an, wenn ein schriftlicher Vergleich zur Erledigung des Rechtstreits geführt habe; die besonderen Anforderungen des § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG oder des § 278 Abs. 6 Zivilprozessordnung (ZPO) müssten nicht erfüllt sein. Dafür spreche bereits der Wortlaut der Vorschrift. Denn wenn der Gesetzgeber tatsächlich einen gerichtlichen Vergleich gemeint haben sollte, hätte er dies auch so formulieren können. Weiter spreche auch der mit der fiktiven Terminsgebühr verfolgte Zweck für die hier vertretene Auffassung. Die fiktive Terminsgebühr diene dazu, die vergleichsweise Einigung in einem möglichst frühen Stadium zu fördern und zu honorieren und damit zur Beschleunigung des Gerichtsverfahrens beizutragen und die Justiz zu entlasten. Weiter würde gegen diese Auslegung auch nicht die Einführung des § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG sprechen; hierdurch sei für die eher seltenen Fälle, in denen aus Gründen des Verfahrensinhalts ein gerichtlicher Vergleich erforderlich sei, Rechtsklarheit geschaffen worden. Anders als im zivilgerichtlichen Verfahren sei es in den Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit eher selten erforderlich, eine getroffene Vereinbarung in die Form eines gerichtlichen Vergleichs zu fassen. Wenn allerdings für die Abrechnung der anwaltlichen Gebühren die Beschlussform zur Voraussetzung gemacht werde, werde ohne Not dieses aufwändigere und auch (im Hinblick auf die Zustellungskosten) kostenträchtigere Verfahren zum Regelfall gemacht. Im Übrigen spreche auch die bisherige Auslegung des Nr. 3106 VV a. F. durch die Sozialgerichte dagegen, dass die Terminsgebühr nach der Neufassung trotz Anpassung des Wortlauts an Nr. 3104 VV nunmehr einen gerichtlichen Vergleich zur Voraussetzung habe.

Gegen den Beschluss des SG hat der Beschwerdeführer am 23.04.2014 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen auf zahlreiche der Auffassung des angefochtenen Beschlusses entgegenstehende Entscheidungen verschiedener Gerichte verwiesen. Eine Terminsgebühr ohne einen gerichtlichen Vergleich lehne auch die „zwanglos für öffentliches Recht heranziehbare Rechtsprechung aus der Verwaltungsgerichtsbarkeit“ zu § 106 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ab; der Beschwerdeführer hat insbesondere die Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin vom 23.06.2008 (Az.: 14 KE 227.06, 14 V 29.05) hervorgehoben; das VG habe in dieser Entscheidung optimal unter Miteinbeziehung des historischen Kontexts dargelegt, weshalb eine Terminsgebühr für einen schriftlichen Vergleich nur unter einer restriktiven Auslegung mit Vorliegen der Voraussetzungen nach § 106 VwGO bzw. § 101 SGG zu der Einigungsgebühr treten dürfe. Weiter hat sich der Beschwerdeführer auch auf den Grundsatz, dass es einer Partei und dem ihr beigeordneten Anwalt obliege, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, berufen. Für einen „Vergleich“ wie hier, so der Beschwerdeführer, gebe es nach ständiger Rechtsprechung keine Erstattung außergerichtlicher Kosten; da ein schriftlicher „Vergleich“ vorliegend noch nicht einmal ein nachvollziehbares Bedürfnis stelle, das Ergebnis einer gerichtlichen Auseinandersetzung gegebenenfalls vollstreckbar zu sichern, würde sich ein verständig rechnender Bemittelter sicher auf keinerlei Prozedere einlassen, das nur dazu führen würde, das er selbst eine Terminsgebühr zu tragen hätte.

Aus diesen Gründen sei die von der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf den bereits in der Erinnerungsbegründung bezifferten Betrag festzusetzen.

Der Beschwerdegegnerin ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.

Im Übrigen wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie des Erinnerungsverfahrens und des erstinstanzlichen Klageverfahrens des SG verwiesen.

II.

Zuständig für die Entscheidung über die Beschwerden ist zwar prinzipiell der Einzelrichter (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG). Jedoch entscheidet wegen grundsätzlicher Bedeutung der hier vorliegenden Angelegenheit gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG der Senat als Gesamtspruchkörper.

Die Beschwerde hat Erfolg.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Sie ist statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 Euro übersteigt (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG). Die Beschwerde ist auch fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG eingelegt worden.

2. Die Beschwerde ist auch in der Sache begründet.

Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall die Regelungen des RVG in der ab 01.08.2013 geltenden Fassung gemäß dem Zweiten Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (Zweites Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl S. 2586, 2681 ff.). Denn der unbedingte Auftrag i. S. v. § 60 Abs. 1 RVG ist dem Beschwerdeführer nach dem 31.07.2013 erteilt worden.

Der Kostenbeamte und der Kostenrichter des SG haben die Vergütung der Beschwerdegegnerin zu hoch festgesetzt.

Der dieser zuerkannte Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse beruht auf §§ 45 ff RVG. Streitig ist allein die fiktive Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV RVG (n. F.).

Wie der Beschwerdeführer zu Recht annimmt, steht der Beschwerdegegnerin eine solche Gebühr nicht zu, da die tatbestandlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind. Im sozialgerichtlichen Verfahren in der Hauptsache ist kein schriftlicher Vergleich im Sinne von Nr. 3106 Satz 1 Nr. 1 2. Alternative VV RVG geschlossen worden. Wie die Verfahrensbeendigung rechtlich im Einzelnen zu qualifizieren ist, kann dahinstehen. Denn jedenfalls liegt kein schriftlicher Prozessvergleich im Sinne von § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG oder von § 202 SGG i. V. m. § 278 Abs. 6 ZPO vor. Der Vergleich beruht weder auf einem Beschlussvorschlag (§ 101 Abs. 1 Satz 2 SGG) noch auf einer schriftlichen Initiative (§ 202 SGG i. V. m. § 278 Abs. 6 Satz 1 ZPO) mit nachfolgendem deklaratorischen Beschluss i. S. v. § 278 Abs. 6 Satz 2 ZPO des Gerichts.

Nur ein solcher schriftlicher Vergleich löst jedoch die Gebühr Nr. 3106 Satz 1 Nr. 1 2. Alternative VV RVG aus.

Zwar geht der Senat durchaus davon aus, dass ein praktisches Bedürfnis dafür besteht, dass auch Vergleiche, die in schriftlicher Form abgeschlossen werden, jedoch nicht den Vorgaben der genannten Vorschriften des SGG und der ZPO entsprechen, unter den Gebührentatbestand Nr. 3106 VV fallen. Denn wie der Kostenrichter zu Recht aufgezeigt hat, könnte durchaus das aufwändigere Verfahren des § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG - im Hinblick auf den materiellen Verfahrensgang unnötigerweise - eine erhebliche Aufwertung erfahren und in zahlreichen Fällen das bewährte herkömmliche verdrängen. Zudem übersieht der Senat nicht, dass es vor allem in der Literatur eine maßgebliche Auffassung gibt, die entgegen der Gerichtspraxis davon ausgeht, dass auch ein privatschriftlicher Vergleich ohne gerichtliche Mitwirkung (außerhalb von § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG, § 278 Abs. 6 ZPO, § 106 Satz 2 VwGO) unter Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG fällt (z. B. Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 21. Auflage, VV 3104, Rdnr. 69; LAG Hamburg, Beschluss vom 16.08.2010, Az.: 4 Ta 16/10).

Auch überzeugen die (von der wohl herrschenden Meinung) vorgebrachten Argumente teilweise nicht. So provoziert die Feststellung des VG Berlin vom 23.06.2008 (a. a. O.), dass der Abschluss eines (öffentlich-rechtlichen) Vergleichsvertrags das Verfahren anders als ein schriftlicher Vergleich im Sinne von § 106 Satz 2 VwGO nicht unmittelbar beende, sondern nur die Grundlage für die nachfolgende, der Beilegung des Streits Rechnung tragende Hauptsacheerledigungserklärung der Beteiligten bilde und dass diese Form der Einigung im Kontext der fiktiven Terminsgebühr mit dem dort explizit benannten Fall der Beendigung durch einen in dem Verfahren geschlossenen schriftlichen Vergleich nicht angesprochen werde, aus Sicht des Senats den Einwand, dass es sich hier trotz der rechtlich korrekten Analyse der verfahrensbeendigenden Wirkung um einen formalistischen Aspekt handelt. Denn die sozialgerichtliche Praxis zeigt, dass in einer jedenfalls sehr großen Anzahl der Fälle die Hauptsacheerledigungserklärungen nicht nachfolgend, sondern unmittelbar im Rahmen des Vergleichsabschlusses abgegeben werden; eine dazwischen liegende logische juristische Sekunde wird jedoch kaum die Entstehung einer fiktiven Terminsgebühr verhindern können. Auch erscheint die Aussage des VG, als auf die Fiktion eines gerichtlichen Termins bezogene Ausnahmevorschrift sei Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG restriktiv auszulegen, nicht unangreifbar.

Gleichwohl kann nach Auffassung des Senats der Gebührentatbestand von Nr. 3106 Satz 1 Nr. 1 2. Alternative VV RVG nur dann erfüllt werden, wenn ein Vergleich im Sinne von § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG oder § 202 SGG i. V. m. § 278 Abs. 6 ZPO geschlossen worden ist.

Wie der Blick auf den Wortlaut der Vorschrift zeigt, lassen sich hieraus kaum Anhaltspunkte für die zutreffende Auslegung entnehmen. Denn dass nur ein schriftlicher Vergleich in Betracht kommt, ist aus naheliegenden Gründen und mit Blick auf die sozialgerichtliche Praxis eine Selbstverständlichkeit. Andererseits ist in der Vorschrift gerade kein Verweis auf die spezialgesetzlichen Vorschriften der einzelnen Gerichtsbarkeiten enthalten.

Maßgeblich sind damit vor allem die Entstehungsgeschichte sowie der Sinn und Zweck der Regelung.

Wie das LSG Nordrhein-Westfalen in seinem Beschluss vom 11.03.2015 (Az.: L 9 AL 277/14 B) zu Recht hervorgehoben hat, sollte nach der Begründung des Entwurfs zum 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz durch die Ergänzung der Nr. 3106 Satz 1 Nr. 1 2. Alternative VV RVG eine Angleichung an Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG erfolgen (vgl. BT-Drs. 17/11471 neu, S. 275 zu Nr. 29 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa). Nach der ganz herrschenden Rechtsprechung zu dieser Vorschrift ist ein schriftlicher Vergleich aber nur ein solcher, der nach den genannten Vorschriften der ZPO und der VwGO unter konstitutiver Mitwirkung des Gerichts geschlossen wird (vgl. LSG NRW, a. a. O., m. w. N.) Es kann daher davon ausgegangen werden, dass dem Gesetzgeber diese herrschende Praxis bekannt war und er diese in die Neufassung von Nr. 3106 Satz 1 Nr. 1 2. Alternative VV RVG übernehmen wollte.

Das LSG Nordrhein-Westfalen (a. a. O.) hat weiter zutreffend festgestellt, dass auch die Verwendung des Terminus „Vergleich“ in Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG und in der hier streitgegenständlichen Vorschrift deutlich macht, dass es um einen bereits seiner äußeren Form nach als Vergleich erkennbaren Prozessvergleich gehen soll. Hierzu hat das LSG zutreffend ausgeführt:

„Dies ergibt sich auch aus Ziffer 1000 VV RVG und deren Entstehungsgeschichte. In dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber bewusst das Kriterium des gegenseitigen Nachgebens und damit eines Vergleichs im Sinne von § 779 BGB aufgegeben, um den unter der Geltung des früheren § 23 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) häufig ausgetragenen Streit darüber, welche Abrede noch und welche nicht mehr als gegenseitiges Nachgeben zu werten ist, zu vermeiden. Würde in Ziffer 3104 Abs. 1 Nr. 1 3. Alt. VV RVG und Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1 2. Alt. VV RVG jeder außergerichtliche Vergleich eine fiktive Terminsgebühr auslösen, würde der Streit über die Frage, ob die Anforderungen des § 779 BGB erfüllt sind, den der Gesetzgeber bei der Einigungsgebühr nach Ziffer 1000 VV RVG vermeiden wollte, bei der Terminsgebühr wieder aufflammen. Damit würde das Anliegen des Gesetzgebers konterkariert (dazu überzeugend und ausführlich VG Berlin, a. a. O.).“

Maßgeblich ist schließlich vor allem, dass die Beschränkung auf Prozessvergleiche im Sinne der oben genannten Vorschriften (vor allem § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG) auch dem Sinn und Zweck von Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3106 Satz 1 Nr. 1 VV RVG entspricht (vgl. auch hierzu LSG Nordrhein-Westfalen, a. a. O., m. w. N.).

Auch wenn eine gütliche Streitbeilegung gemäß § 202 SGG i. V. m. § 278 Abs. 1 ZPO ein zentrales Ziel nach der gesetzgeberischen Anordnung im sozialgerichtlichen Verfahren darstellt, besteht Sinn und Zweck der genannten Gebührenziffern nicht darin, einen Anreiz dafür zu schaffen, dass der Rechtsanwalt auf eine gütliche Einigung hinwirkt (anders Müller-Rabe, a. a. O.). Diesen Zweck verfolgen allein die Nrn. 1000 ff VV RVG. Die fiktive Terminsgebühr dient vielmehr dazu, dem Anwalt das gebührenrechtliche Interesse an der Durchführung eines Termins in den Fällen zu nehmen, in denen das Gericht von den im Prozessrecht vorgesehenen Möglichkeiten Gebrauch machen will, den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung zu beenden (vgl. LSG NRW, a. a. O.). Zugleich soll der Anwalt keinen Nachteil in gebührenrechtlicher Hinsicht dadurch erleiden, dass durch eine in der Hand des Gerichts liegende andere Verfahrensgestaltung auf eine mündliche Verhandlung verzichtet wird (vgl. a. a. O., m. w. N.). Dementsprechend setzen sowohl die Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 1. und 2. Alternative und Nr. 2 VV RVG als auch Nr. 3106 Satz 1 Nr. 1 1. Alternative und Nr. 2 VV RVG ein Handeln des Gerichts voraus, das auf die Vermeidung einer mündlichen Verhandlung gerichtet ist, nämlich die erklärte Absicht, eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren oder durch Gerichtsbescheid zu treffen. Es ist von daher folgerichtig, die Regelungen der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 3. Alternative VV RVG und 3106 Satz 1 Nr. 1 2. Alternative VV RVG auf die in § 278 Abs. 6 ZPO, § 106 Satz 2 VwGO und § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG geregelten Fälle des schriftlichen Prozessvergleichs zu beschränken. Nur in diesen Fällen ist die Mitwirkung des Gerichts für die vergleichsweise Beendigung des Rechtsstreits und damit für die Entbehrlichkeit der mündlichen Verhandlung konstitutiv. Im Falle von § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG geht die Initiative für die vergleichsweise Beendigung sogar stets vom Gericht aus, das einen Vergleichsvorschlag in Form eines Beschlusses unterbreitet. Der Einsatz einer fiktiven Terminsgebühr soll dem Anwalt in diesen Fällen das Interesse daran nehmen, auf einer mündlichen Verhandlung zu bestehen, um dann in dieser einen zu protokollierenden Prozessvergleich schließen zu können (vgl. im Übrigen LSG NRW, a. a. O.).

Im Hinblick auf den hier vorliegenden Sachverhalt hat der Senat im Übrigen nicht zu entscheiden, ob ein nur unter Mitwirkung des Gerichts geschlossener schriftlicher Vergleich im Sinne von § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG überhaupt geeignet wäre, den Gebührentatbestand von Nr. 3106 Satz 1 Nr. 1 Alternative 2 VV RVG zu erfüllen. An eine solche bloße Mitwirkung des Gerichts an einem Beschluss nach der genannten Vorschrift, ohne dass dieses die Veranlassung hierfür gegeben hätte, wäre zum Beispiel in den Fällen zu denken, in denen ein solches förmliches Verfahren nur durchgeführt wird, damit eine fiktive Terminsgebühr verdient werden kann. Aus Sicht des Senats dürfte mit Blick auf den das Kostenrecht allgemein beherrschenden Sparsamkeitsgrundsatz und das daraus folgende Gebot sparsamer Prozessführung (vgl. z. B. Beschluss des Senats vom 03.02.2015, Az.: L 15 SF 18/14 E, m. w. N.), auf den der Beschwerdeführer zu Recht hingewiesen hat, die Entstehung einer fiktiven Terminsgebühr dann ausgeschlossen sein.

Die erstattungsfähigen Kosten errechnen sich vorliegend im Einzelnen damit wie folgt:

Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG: 300,00 Euro

Einigungsgebühr, Nr. 1006 VV RVG: 300,00 Euro

Post- u. Telekompauschale, Nr. 7002 VV RVG: 20,00 Euro

Dokumentenpauschale, Nr. 7000 Nr. 1a VV RVG: -

Zwischensumme: 620,00 Euro

19% Mehrwertsteuer, Nr. 7008 VV RVG: 117,80 Euro

737,80 Euro.

Die angefochtenen Beschlüsse sind daher abzuändern.

Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).

(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.

(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.

(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.

(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landgerichts. Im Fall der Beratungshilfe entscheidet das nach § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes zuständige Gericht.

(2) Im Verfahren über die Erinnerung gilt § 33 Absatz 4 Satz 1, Absatz 7 und 8 und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung § 33 Absatz 3 bis 8 entsprechend. Das Verfahren über die Erinnerung und über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.