Landgericht Stuttgart Urteil, 23. Dez. 2015 - 5 S 149/15

published on 23/12/2015 00:00
Landgericht Stuttgart Urteil, 23. Dez. 2015 - 5 S 149/15
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 10.03.2015, Az. 42 C 5272/14, unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Klägerin teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.079,70 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.11.2014 zu bezahlen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 7 % und die Beklagte 93 %. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 12 % und die Beklagte 88 %.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gebührenstreitwert zweiter Instanz: 1.192,32 EUR

Gründe

 
(gemäß §§ 540 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO)
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin hat in der Sache überwiegend Erfolg.
Der Klägerin steht ein Schadensersatzanspruch aus abgetretenem Recht in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe zu.
Die jeweiligen Geschädigten haben ihre Ansprüche wirksam an die Klägerin abgetreten.
Die Haftung der Beklagten für die Unfallfolgen hinsichtlich der drei Verkehrsunfälle in Höhe von 100 % steht zwischen den Parteien nicht im Streit. Im Streit steht lediglich die Höhe der zu ersetzenden Mietwagenkosten.
Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB kann der Geschädigte vom Schädiger als erforderlichen Herstellungsaufwand den Ersatz der Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs kann der Geschädigte grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen (BGH NJW 2008, 1519). Zur Beurteilung der Erforderlichkeit von Mietwagenkosten können nach § 287 ZPO Listen oder Tabellen herangezogen werden (BGH NJW-RR 2010, 1251).
Das Berufungsgericht ist nicht an die vom Amtsgericht gem. § 287 ZPO vorgenommene Schätzung gebunden. Das Berufungsgericht kann im Fall einer auf § 287 ZPO gründenden Entscheidung auch nach der Reform des Rechtsmittelrechts durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27.07.2001 den Prozessstoff auf der Grundlage der nach § 529 ZPO berücksichtigungsfähigen Tatsachen ohne Bindung an die Ermessensausübung des erstinstanzlichen Gerichts selbständig nach allen Richtungen von neuem prüfen und bewerten. Selbst wenn es die erstinstanzliche Entscheidung zwar für vertretbar hält, letztlich aber bei Berücksichtigung aller Gesichtspunkte nicht für sachlich überzeugend, darf es nach seinem Ermessen eine eigene Bewertung vornehmen (vgl. BGH NJW 2011, 1947 ff.)
Der Bundesgerichtshof hat wiederholt klargestellt, dass der Tatrichter in Ausübung des Ermessens gemäß § 287 ZPO den „Normaltarif“ grundsätzlich auf der Grundlage des Schwacke-Mietpreisspiegels im maßgebenden Postleitzahlengebiet ermitteln kann (vgl. BGH NJW-RR 2010, 1251).
Nach Auffassung der Kammer stellt der Schwacke-Mietpreisspiegel die richtige Schätzgrundlage dar. Zum einen ermöglicht die Schwacke-Liste eine genauere geographische Differenzierung durch die dreistelligen Postleitzahlenbereiche und kann somit den ortsüblichen Markt besser abbilden. Der Mietspiegel nach dem Fraunhofer-Institut hingegen hat lediglich zwei - teilweise auch nur einstellige - Postleitzahlengebiete. Zum anderen beschränkt sich die Schwacke-Liste - im Gegensatz zu dem Mietspiegel nach dem Fraunhofer-Institut - nicht hauptsächlich auf Internetportale mit verbindlicher Buchungsmöglichkeit.
10 
Die Klägerin hat im Übrigen nicht darzulegen und ggf. zu beweisen, dass den Geschädigten unter Berücksichtigung ihrer individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für sie bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in ihrer Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt zumindest auf Nachfrage kein wesentlich günstigerer Tarif zugänglich war. Denn dann würde die Frage der Erforderlichkeit im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB mit der Frage der Schadensminderungspflicht gem. § 254 Abs. 2 BGB vermengt. Die dafür maßgebenden Umstände haben nach allgemeinen Grundsätzen der Schädiger bzw. sein Haftpflichtversicherer darzulegen und ggf. zu beweisen. Es obliegt somit der Beklagten, konkrete Umstände aufzuzeigen, aus denen sich ergibt, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif ohne Weiteres zugänglich war (vgl. LG Stuttgart, MRW 2014, 66 f.).
11 
Dies ist auch dann nicht anders, wenn das Ersatzfahrzeug nicht unmittelbar nach dem Verkehrsunfall angemietet wird. Denn an der Höhe der Ortsüblichkeit ändert sich deshalb nichts.
12 
Das heißt, die Eignung der herangezogenen Listen oder Tabellen bedarf nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken (BGH NJW 2011, 1947; BGH NJW-RR 2011, 1109; OLG Stuttgart, Urteil vom 30.03.2012, 3 U 120/11). Es wäre daher Aufgabe der Beklagten gewesen, konkrete Mängel dieses Mietpreisspiegels aufzuzeigen und entsprechenden Sachvortrag dahingehend zu halten, dass ein vergleichbares Fahrzeug zu einem wesentlich günstigeren Preis von einem anderen, von ihr bezeichneten Mietwagenunternehmen hätte angemietet werden können (BGH NZV 2011, 333; OLG Stuttgart, aaO; vgl. LG Stuttgart, MRW 2014, 66 f.).
13 
Nicht ausreichend sind pauschale Angriffe gegen die Schwacke-Liste. Es fehlt dabei am konkreten Fallbezug.
14 
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich folgende Berechnung:
15 
1. Verkehrunfall vom 09.11.2012 in Karlsruhe Waldstadt:
16 
Der Geschädigte durfte als Ersatz für die Anmietung des Mietwagens am 17.01.2011 und 26.04.2011 unter Zugrundelegung des Schwacke-Mietpreisspiegels 2011 und unter Annahme der Mietwagenklasse 6 einen Betrag in Höhe von 1.518,91 EUR (1 Wochenpauschale, 2 x Dreitagespauschale und 1 Tagespauschale) beanspruchen, wie auch die zusätzlichen Kosten der Vollkasko (CDW) in Höhe von 365,68 EUR (14 x 26,12 EUR), sowie Kosten für einen Zusatzfahrer in Höhe von 192,78 EUR (14 x 13,77 EUR), sowie Zustell- und Abholkosten in Höhe von 102,96 EUR (2 x 25,74 EUR), sowie Winterreifen in Höhe von 170,66 EUR (14 x 12,19 EUR) mithin insgesamt 2.413,99 EUR. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Beklagte bereits 845,00 EUR bezahlt hat, sind noch weitere 1.559,99 EUR zur Zahlung offen. Eine Tiefergruppierung des geschädigten Fahrzeugs wegen seines Alters und seiner Laufleistung kommt entgegen der Ansicht der Berufung nicht in Betracht. Der Geschädigte kann verlangen, so gestellt zu werden, wie er ohne den Verkehrsunfall stünde. In diesem Fall hätte er ein Fahrzeug der Gruppe 7 benutzen können.
17 
2. Verkehrsunfall vom 31.01.2013 in Stuttgart-Feuerbach
18 
Die Geschädigte durfte als Ersatz für die Anmietung des Mietwagens am 31.01.2013 unter Zugrundelegung des Schwacke-Mietpreisspiegels 2013 und unter Annahme der Mietwagenklasse 5 einen Betrag in Höhe von 412,44 EUR (Dreitagespauschale und Tagespauschale) beanspruchen, wobei ein Abzug in Höhe von 10 % Eigenersparnis, mithin in Höhe von 41,24 EUR, vorzunehmen ist, da auch das geschädigte Fahrzeug der Mietwagenklasse 5 zuzuordnen ist. Auch wenn die Geschädigte auf ein Automatikfahrzeug angewiesen war und wenn die Geschädigte ein Automatikfahrzeug der geschädigten Klasse angemietet hat, hat sie die Abnutzung des eigenen Fahrzeugs erspart. Beanspruchen kann sie weiterhin zusätzlichen Kosten der Vollkasko (CDW) in Höhe von 81,36 EUR (4 x 20,34 EUR), sowie Zustell- und Abholkosten in Höhe von 53,36 EUR (2 x 26,68 EUR), sowie Winterreifen in Höhe von 46,72 EUR (4 x 11,68 EUR) mithin insgesamt 552,64 EUR. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Beklagte bereits 229,98 EUR bezahlt hat, sind noch weitere 322,66 EUR zur Zahlung offen.
19 
3. Verkehrsunfall vom 15.02.2013
20 
Die Geschädigte durfte als Ersatz für die Anmietung des Mietwagens am 15.02.2013 unter Zugrundelegung des Schwacke-Mietpreisspiegels 2013 und unter Annahme der Mietwagenklasse 2 einen Betrag in Höhe von 279,96 EUR (Dreitagespauschale) beanspruchen, wie auch die zusätzlichen Kosten der Vollkasko (CDW) in Höhe von 55,77 EUR (3 x 18,59 EUR), sowie Kosten für Zustell- und Abholkosten in Höhe von 53,36 EUR (2 x 26,68 EUR), mithin insgesamt 389,09 EUR. Nachdem die Klägerin lediglich 328,05 EUR in Rechnung gestellt hat, besteht kein höherer Anspruch. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Beklagte bereits 140,00 EUR bezahlt hat, sind noch weitere 188,05 EUR zur Zahlung offen.
21 
Im Fall 1 und 3 hat sich die Klägerin im Wege der Vorteilsausgleichung ausnahmsweise keinen 10 %-igen Abzug für ersparte Aufwendungen für das eigene Fahrzeug des Geschädigten anrechnen zu lassen, weil sie als Vorteilsausgleich bereits eine Mietwagenklasse in der Abrechnung zurückgegangen ist (vgl. LG Stuttgart, MRW 2014, 66 f.).
22 
Auch die Kosten für die Haftungsbeschränkung sind zu ersetzen. Der durch den Unfall Geschädigte ist während der Anmietzeit eines Ersatzfahrzeugs grundsätzlich einem erhöhten wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt und hat regelmäßig ein schutzwürdiges Interesse an einer entsprechenden Haftungsbeschränkung (vgl. BGH NJW 2005, 1041; 2006, 360; vgl. LG Stuttgart, MRW 2014, 66 f).
23 
In den Schwacke-Mietpreisspiegeln 2011 und 2013 sind die Kosten der Haftungsbeschränkung noch nicht enthalten.
24 
Zwar lässt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unter Umständen einen Aufschlag auf den Normaltarif zu, um etwaigen Mehrleistungen und Risiken bei der Vermietung an Unfallgeschädigte Rechnung zu tragen. Dazu wäre aber ein substantiierter Sachvortrag der Klägerin zu unfallbedingten Mehrkosten erforderlich (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 11.08.2011, 1 U 27/11). Dies ist hier nicht der Fall. Die Klägerin hat lediglich pauschal und nicht fallbezogen vorgetragen.
25 
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zinsen gemäß §§ 286, 288 Abs. 2 BGB ab Rechtshängigkeit.
26 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO gibt es nicht.
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger
1 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 30/03/2012 00:00

Tenor I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 15.06.2011 - 8 O 434/10 - abgeändert und wie folgt gefasst: 1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Ziff. 1  987,09 E
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.