Die Parteien streiten um Nutzungsausfallentschädigung für den klägerischen Pkw infolge eines fehlerhaften Reparaturkostenvoranschlags.
Die Klägerin erwarb am 26.06.2012 von der Firma Autohaus C. E. GmbH den streitgegenständlichen BMW X3 xDrive30d mit der Fahrgestellnummer WBAPD91030WG33627 bei einem Kilometerstand von 25.156 Km zu einem Kaufpreis von 23.300,00 €. Insoweit und zu den weiteren Einzelheiten dieses Kaufes wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen.
Am 31.07.2013 erlitt die Klägerin am streitgegenständlichen Fahrzeug einen Schaden. Der ADAC Pannendienst verbrachte ihr Fahrzeug daraufhin zur Beklagten, wo sich der Pkw bis heute befindet. Der Annahmemeister der Beklagten taxierte die Kosten des bei der Fehlersuche vermeintlich festgestellten Motorschadens auf 18.969,10 € brutto. Am 2.08.2013 unterbreite die Beklagte der Klägerin einen entsprechenden Kostenvoranschlag (Anlage K 2). Die Klägerin erteilte in der Folge keinen Reparaturauftrag. Sie verklagte vielmehr zunächst die Verkäuferin des Fahrzeuges vor dem Landgericht Berlin und verlangte Rückabwicklung des Kaufvertrages wegen Sachmangels. Das Landgericht wies die Klage mit Urteil vom 24.01.2014 ab (LG Berlin - 15 O 468/13). Die Berufung der Klägerin blieb vor dem Kammergericht Berlin ebenfalls erfolglos (Anlage K 7). In Vorbereitung eines etwaigen Anwaltshaftungsprozesses gegen ihren vormaligen Rechtsanwalt ließ die Klägerin im hiesigen Hause durch ihren nunmehrigen Prozessbevollmächtigten ein selbständiges Beweisverfahren einleiten (LG München II - 13 OH 408/15). Hierbei kam der gerichtliche Sachverständige W. zu dem Ergebnis, dass ein Motorschaden nicht vorliege, sondern einzig an Anbauteil vom Motor, der Abgasturbolader, einen Schaden aufweise. Die Schadensbeseitigungskosten für diesen Schaden lägen nicht wie von der Beklagten beziffert bei 18.969,10 € brutto, sondern bei 2.531,92 € brutto.
Mit diesem Wissen verklagte die Klägerin die Autohaus C. E. GmbH erneut, diesmal auf Schadensersatz in Höhe der vom Gutachter festgestellten 2.531,92 €. Mit Urteil vom 24.05.2016 wies das Amtsgericht Spandau auch diese Klage der Klägerin ab (Anlage K 6).
Sodann erhob die Klägerin vor der 1. Zivilkammer des hiesigen Hauses Klage gegen die vorliegende Beklagte und begehrte Schadensersatz in Form von Wiederherstellungskosten (Zusammenbau des Fahrzeugs, Ausgleich von Standschäden) in Höhe von 22.143,55 €. Mit Urteil vom 27.09.2016 wies das Landgericht die Klage ab (Anlage B 1). Die hiergegen eingelegte Berufung wies das Oberlandesgericht München per Beschluss vom 31.05.2017 zurück (Anlage B 2). Die daraufhin seitens der Klägerin erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 21.03.2018 zurückgewiesen (Anlage B 3).
Mit ihrer nunmehrigen Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten Nutzungsersatz für den Zeitraum 18.08.2014 bis 21.09.2015. In diesem Zeitraum verfügte die Klägerin über ein weiteres Fahrzeug, welches sie sich kurz nach dem Schadensereignis am streitgegenständlichen Pkw anschaffte (Bl. 33 d.A.).
Die Klägerin trägt vor, dass die Beklagte eine fehlerhafte Schadensdiagnose vollzogen habe. Dass die Klägerin bei einem derart überteuerten Kostenvoranschlag keinen Reparaturauftrag erteile, sei nicht verwunderlich. Die Klägerin habe wegen der laufenden Prozesse keine Wahl gehabt und habe deswegen das streitgegenständliche Fahrzeug bei der Beklagten stehen lassen müssen. Daher habe sie auch die entsprechenden Standkosten bezahlt. Die hier geltend gemachte Nutzungsentschädigung sei nur angefallen, weil die Beklagte als angesehene Fachwerkstatt für BMW oberflächlicherweise einen schweren Motorschaden festgestellt habe, was im selbständigen Beweisverfahren ausgeschlossen werden konnte.
Die Klägerin hätte auch nichts anderes tun können als das Fahrzeug stehen zu lassen. Jedenfalls sei sie nicht verpflichtet gewesen, sich jeden Tag um den Pkw zu kümmern. Auch der Erwerb eines Ersatzfahrzeugs sei nicht zu beanstanden.
Die Klägerin meint, dass sie von der Beklagten für den Zeitraum 18.08.2014 bis 21.09.2015 Nutzungsausfallentschädigung verlangen könne. Dies folge aus Schadensersatzgesichtspunkten, da die Beklagte die Ursache dafür gesetzt habe, dass die Klägerin das streitgegenständliche Fahrzeug nicht weiter nutzen konnte. Durch die Nennung einer falschen Schadensursache habe die Beklagte der Klägerin die Möglichkeit genommen, den tatsächlich weit geringeren Schaden am Abgasturbolader zu beheben.
Die Klägerin ist ferner der Auffassung, dass der Erwerb des Ersatzfahrzeugs der geltend gemachten Nutzungsausfallentschädigung nicht entgegenstehe. Der Zurechnungszusammenhang zwischen Fehldiagnose der Beklagten und Nutzungsausfallentschädigung sei evident. Daher könne die Klägerin grundsätzlich vom 18.08.2014 bis 21.09.2015, mithin also für 400 Tage Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 65,00 € pro Tag verlangen. Da dies 26.000,00 € ergäbe, und damit der Nutzungsausfall höher wäre als der Kaufpreis, sei eine normative Korrektur der Berechnung im Wege der kilometeranteiligen linearen Wertminderung vorzunehmen. Diese Berechnung führe zu einem Betrag von 4.195,37 €, der vom Kaufpreis in Abzug zu bringen sei. Hieraus folge als Nutzungsentschädigung ein Betrag in Höhe von 19.104,63 € (vgl. Bl. 11/12 d.A.).
Die Klägerin hat im Rahmen ihrer Klage vom 22.12.2017 zunächst einen Nutzungsausfallschaden für den Zeitraum 18.08.2014 bis 31.12.2014, mithin also 8.840,00 € geltend gemacht (Bl. 1/5 d.A.). Mit Klageerweiterung vom 19.01.2018 hat sie diesen Zeitraum bis 21.09.2015 verlängert und ihre Berechnung angepasst (Bl. 8/12 d.A.).
Die Klägerin beantragt vor diesem Hintergrund zuletzt,
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 8.840,00 sowie € 10.264,63, mithin also einen Gesamtbetrag von € 19.104,63 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 23.09.2017 zu bezahlen.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von € 1.171,67 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 23.09.2017 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
Klageabweisung.
Die Beklagte trägt vor, dass sich die Klägerin um ihren Pkw nicht gekümmert habe. Sie habe ihn schlicht in der Werkstatt der Beklagten stehen lassen. Dies obgleich die Beklagte die Klägerin unter Verweis auf die Standkosten mehrfach zur Abholung des Fahrzeugs aufgefordert habe. Die Klägerin sei hinsichtlich des Verbleibs ihres Pkw’s völlig desinteressiert gewesen. Sie sei erst zweieinhalb Jahre nach Abstellen des Pkw’s bei der Beklagten mit einer Schadensersatzklage gegen diese aktiv geworden. Ferner habe sich die Klägerin ein anderes Fahrzeug angeschafft, anstatt sich mit der Reparatur des streitgegenständlichen Pkw’s näher zu befassen.
Die Beklagte meint, dass sie selbst bei unterstellter Fehldiagnose nicht hafte. Es liege jedenfalls ein vertretbarer Irrtum vor. Dieser löse einen Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht aus. Denn bei Erteilung des Auftrags wäre während der Reparatur festgestellt worden, dass nur der Turbolader ausgetauscht werden müsse. Für die klägerische Forderung fehle es an einer Rechtsgrundlage bzw. an einem Zurechnungszusammenhang zwischen Pflichtverletzung und begehrtem Schadensersatz.
Die Beklagte ist überdies der Auffassung, dass ihre Ersatzpflicht wegen weit überwiegendem Mitverschulden der Klägerin ausgeschlossen sei. Diese habe durch ihr eigenes Verhalten den Kausalzusammenhang unterbrochen. Das vorliegende „Sich nicht kümmern“ der Klägerin trete im Hinblick auf den geltend gemachten Nutzungsausfallschaden derart stark in den Vordergrund, dass dieser Schaden der Beklagten als etwaige Erstverursacherin nicht mehr zugerechnet werden könne.
Durch Beschluss vom 28.02.2018 hat die Kammer den Rechtsstreit dem hier entscheidenden Einzelrichter übertragen (Bl. 16/18 d.A.). Das Gericht hat am 10.12.2018 mündlich verhandelt und dabei die Klägerin informatorisch angehört sowie mehrere rechtliche Hinweise erteilt. Insoweit und zum weiteren Inhalt und Ablauf der mündlichen Verhandlung wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen (Bl. 32/36 d.A.). Beweis hat das Gericht nicht erhoben.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des jeweiligen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Die in ihrer zuletzt gestellten Form zulässige Klage ist unbegründet und war daher abzuweisen.
I.
Die Klage ist insgesamt zulässig.
A)
Das angerufene Landgericht München II ist gemäß § 1 ZPO i.V.m. §§ 71 Abs. 1, 23 Nr. 1 GVG i.V.m. §§ 2 ff. ZPO sachlich und nach §§ 12, 17 ZPO örtlich zuständig. Die Beklagte hat ihren Sitz im Landgerichtsbezirk, sodass das hiesige Gericht bereits aufgrund des allgemeinen Gerichtsstandes der Beklagten zur Entscheidung berufen ist.
B)
Die im Laufe des Verfahrens vorgenommene Klageerweiturng ist nach § 264 Nr. 2 Alt. 1 ZPO zulässig.
Nach der genannten Norm ist der Erweiterung der Klage in der Hauptsache ohne weiteres zulässig. Damit kommt es auf die besonderen Voraussetzungen der Klageänderung gem. §§ 263, 267 ZPO nicht an. Die durch den Klägervertreter vorgenommene Erweiterung der Klage ist nach ganz herrschender Meinung eine jederzeit zulässige Klageänderung (vgl. MüKoZPO/Becker-Eberhard ZPO § 264, Rn. 11, 15; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, § 264, Rn. 1).
II.
Die Klagehäufung erfüllt auch die Voraussetzungen des § 260 ZPO. Für sämtliche klageweise geltend gemachten Ansprüche ist das hiesige Gericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig. Da schließlich auch kein Verbindungsverbot ersichtlich ist, ist die objektive Klagenhäufung insgesamt zulässig.
III.
Die Klage ist jedoch unbegründet und daher vollumfänglich abzuweisen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des in nachgelassener Frist vom Klägervertreter zu Gericht gereichten Schriftsatzes vom 11.02.2019, den das Gericht zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidung berücksichtigt hat. Ein Fall des § 156 ZPO lag hierin nicht begründet.
A)
Der Klägerin steht aufgrund der fehlerhaften Auskunft der Beklagten nach §§ 241 Abs. 1, 280, 249 ff. BGB kein Schadensersatz in Form des begehrten Nutzungsausfallschadens zu.
1. Der Klägerin kann noch dahingehend Recht gegeben werden, dass die Beklagte vorliegend eine Pflichtverletzung i.S.d. § 280 Abs. 1 S. 1 HS. 1 BGB begangen hat.
a) Den Werkunternehmer trifft die leistungsbezogene Nebenpflicht, den Besteller insoweit aufzuklären und zu beraten, wie es sein Leistungsinteresse berührt. Diese Pflicht besteht nur hinsichtlich des in Auftrag gegebenen Werks und damit zusammenhängender Umstände (Palandt/Sprau, BGB, § 631, Rn. 17). Bei einem Reparaturauftrag hat er über die gegebenen Möglichkeiten zutreffend zu informieren. Der Auftraggeber kann erwarten, von einem Fachunternehmen zutreffend und umfassend über alle Möglichkeiten der Reparatur unterrichtet zu werden (vgl. BGH, NJW 2000, 2812).
Diese Grundsätze finden auch auf das vorliegende Rechtsverhältnis der Parteien Anwendung. Denn die Beklagte war unstreitig damit beauftragt, die Ursache für den am 31.07.2013 erlittenen Motorschaden zu erforschen und einen entsprechenden Kostenvoranschlag zu unterbreiten. Die Reparaturwerkstatt muss den Auftraggeber aber möglichst verlässlich über die Reparaturkosten informieren (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, § 311, Rn. 47 m.w.N.)
b) Hieran fehlt es vorliegend. Mit dem als Anlage K 2 vorgelegten Kostenvoranschlag hat die Beklagte für die von ihr diagnostizierten Schäden Reparaturkosten in Höhe von 18.969,10 € ermittelt.
Demgegenüber hat der gerichtliche Sachverständige im selbständigen Beweisverfahren zum Az.: 13 OH 408/15 durch das überzeugende und vollends nachvollziehbare Gutachten vom 9.09.2015 festgestellt, dass ein Motorschaden nicht vorliegt. Der Sachverständige erkennt, anders als die Beklagte, lediglich einen Schaden am Abgasturbolader und beziffert die entsprechenden Reparaturkosten auf 2.531,92 €. Das Gutachten ist klar und nachvollziehbar aufgebaut. Der Gang der Untersuchung ist klar verständlich. Widersprüche sind nicht ersichtlich. An der Fachkompetenz des Sachverständigen bestehen für das Gericht keine Zweifel.
Damit liegt zwischen dem vom Sachverständigen festgestellten Reparaturbetrag und dem Kostenvoranschlag der Beklagten eine beträchtliche Differenz in Höhe von 16.437,18 €.
In Anwendung der oben aufgezeigten Rechtsgrundsätze liegt hierin eine Pflichtverletzung seitens der Beklagten begründet. Denn die Klägerin darf sich grundsätzlich auf die Angaben der Beklagten in deren Eigenschaft als anerkannte Fachwerksatt verlassen. Folglich kann sie damit rechnen, dass die Beklagte die richtige Schadensursache erkennt und die erforderlichen Reparaturkosten korrekt angibt. All dies hat die Beklagte vorliegend nicht getan, womit insgesamt eine Pflichtverletzung i.S.d. § 280 Abs. 1 S. 1 HS. 1 BGB zu bejahen ist.
2. Ferner hat die Beklagte auch schuldhaft gehandelt.
Insoweit greift bereits die Vermutungsregelung des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Die Beklagte ist dieser gesetzlichen Vermutung nicht ausreichend entgegengetreten. Die bloße Behauptung eines „vertretbaren Irrtums“ lässt die Vermutung jedenfalls nicht entfallen, zumal die Beklagte für diese, von der Klägern bestrittene Behauptung, schon keinen Beweis angeboten hat.
3. Gleichwohl steht der Klägerin der geltend gemachten Nutzungsausfallschaden für den Zeitraum vom 18.08.2014 bis 21.09.2015 nicht zu. Es fehlt ihr einerseits bereits am erforderlichen Nutzungswillen (a) und andererseits trifft sie ein haftungsausschließendes Mitverschulden (b).
a) Der Klägerin steht der begehrte Nutzungsausfallschaden mangels Nutzungswillens nicht zu.
aa) Ob die infolge des zum Schadensersatz verpflichtenden Ereignisses entfallene Möglichkeit des Geschädigten, eine Sache plangemäß verwenden bzw. nutzen zu können, als Vermögensschaden zu bewerten ist, gehörte zu den am heftigsten umstrittenen Problemen des Schadensersatzrechts (MüKoBGB/Oetker, BGB, § 249, Rn. 60). Insoweit standen sich im Wesentlichen zwei Thesen gegenüber:
Nach der sogenannten Frustrationsthese besitzen entgangene Nutzungen insoweit einen Vermögenswert, als durch das schädigende Ereignis Aufwendungen des Geschädigten für Erwerb und Erhaltung des Gegenstandes fehlgeschlagen sind, also nicht amortisiert werden konnten. Dies ermögliche eine sachgerechte Grenzziehung zwischen Vermögens- und Nichtvermögensschäden. Gegen eine umfassende Umsetzung dieses Ansatzes spricht allerdings, dass er zu einer Überwälzung des allgemeinen Lebensrisikos des Geschädigten auf den Schädiger führt, was dem deutschen Schadensersatzrecht grundsätzlich unbekannt ist. Der konkrete Schaden würde stark vom jeweiligen Lebenswandel des Geschädigten abhängen. Überdies verstößt der Frustrierungsgedanke gegen die Differenzhypothese, da die frustrierten Aufwendungen auch ohne schädigendes Ereignis entstanden wären (vgl. zu allem Griegoleit/Riehm, Schuldrecht IV, Deliktsrecht und Schadensrecht, 2011, Rn. 868 f. m.w.N.).
Die demgegenüber vertretene Kommerzialisierungsthese stellt darauf ab, ob der Nutzungswert der jeweiligen Sache durch entsprechendes Angebot am Markt kommerzialisiert ist. Doch auch dieser Ansatz würde die in §§ 251 Abs. 1, 253 Abs. 1 BGB festgelegten Grenzen des Schadensersatzrechts sprengen. In einer modernen Marktwirtschaft ist nämlich die Nutzung eines jeden Gegenstands und fast jede Form menschlichen Wohlbefindens käuflich und damit kommerzialisiert (vgl. Griegoleit/Riehm, Schuldrecht IV, Deliktsrecht und Schadensrecht, 2011, Rn. 870 f. m.w.N.).
Der Bundesgerichtshof ist mit Grundsatzbeschluss des Großen Senats für Zivilsachen vom 9.07.1986 weder der Frustrations- noch der Kommerzialisierungsthese gefolgt. Gleichwohl erkennt auch der BGH unter bestimmten Voraussetzungen einen Nutzungsausfallschaden an (vgl. exemplarisch BGHZ 98, 212 = NJW 1987, 50). Dieser setzt laut höchstrichterlicher Rechtsprechung zunächst einen Gegenstand des täglichen Gebrauchs mit zentraler Bedeutung für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung voraus. Dies ist bei selbst genutzten Kraftfahrzeugen seit langem anerkannt (Griegoleit/Riehm, Schuldrecht IV, Deliktsrecht und Schadensrecht, 2011, Rn. 872; MüKoBGB/Oetker, BGB, § 249, Rn. 62; Palandt/Grüneberg, BGB, § 249, Rn. 40). Ferner bedarf es eines unmittelbaren Eingriffs in diesen Nutzungsgegenstand (Griegoleit/Riehm, Schuldrecht IV, Deliktsrecht und Schadensrecht, 2011, Rn. 873). Auch dies kann vorliegend bejaht werden, da die Klägerin ihren PKW aufgrund der fehlerhaften Schadensdiagnose und des überhöhten Kostenvoranschlags der Beklagten nicht nutzen konnte. Schließlich setzt der BGH aber auch die Fühlbarkeit der Beeinträchtigung voraus (Griegoleit/Riehm, Schuldrecht IV, Deliktsrecht und Schadensrecht, 2011, Rn. 874). Dies verlangt zum einen die hypothetische Nutzungsmöglichkeit und zum anderen den Nutzungswillen des Geschädigten (BGH NJW 1966, 1260).
bb) Zwar kann vorliegend die Nutzungsmöglichkeit der Klägerin bejaht werden, da sie in der fraglichen Zeit unproblematisch zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet war. Ein Ersatzanspruch wegen fehlender hypothetischer Nutzungsmöglichkeit ist insbesondere ausgeschlossen, wenn der Eigentümer den Gegenstand wegen unfallbedingter Verletzungen nicht nutzen konnte oder dies infolge Führerscheinentzugs nicht durfte (siehe MüKoBGB/Oetker, BGB, § 249, Rn. 70). All dies liegt hier nicht vor.
Allerdings mangelt es der Klägerin am notwendigen Nutzungswillen. Die Klägerin hat im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung angegeben, dass sie im streitgegenständlichen Zeitraum über ein anderes Fahrzeug verfügt habe. Sie habe sich kurz nach dem Schadensereignis einen gebrauchten Mini angeschafft (vgl. Bl. 33 d.A.). Damit fehlt es nach ganz herrschender Auffassung allerdings am erforderlichen Nutzungswillen der Klägerin (siehe bspw. MüKoBGB/Oetker, BGB, § 249, Rn. 70 m.w.N.; Palandt/Grüneberg, BGB, § 249, Rn. 42). Denn in dem Augenblick, in dem sie ein Ersatzfahrzeug anschafft, fehlt es notwendigerweise an der oben beschriebenen Fühlbarkeit der Beeinträchtigung. Die Klägerin kann sich durch den angeschafften Gebrauchtwagen genauso bewegen wie mit dem streitgegenständlichen Pkw. Insbesondere in dem hier geltend gemachten Zeitraum ab 18.08.2014, mithin also über ein Jahr nach Schadensereignis, ist die Klägerin laut ihren eigenen Angaben mithin nicht mehr nur nicht fühlbar, sondern überhaupt nicht beeinträchtigt.
Dies wird überdies an der Tatsache offenbar, dass sich die Klägerin sogleich gegen eine Reparatur des streitgegenständlichen Pkw’s entschieden hat. Statt diesen wieder in Stand zu setzen, hat sie sich für den Erwerb eines Ersatzfahrzeuges entschieden. Der fehlende Nutzungswille wird weiter daran deutlich, dass die Klägerin nach Mitteilung des vermeintlichen Motorschadens von der Verkäuferin des streitgegenständlichen Pkw’s sogleich klageweise Rückabwicklung des Kaufvertrages geltend gemacht hat. Damit zeigt die Klägerin in einer ganz unzweifelhaften Weise, dass sie am streitgegenständlichen Fahrzeug und dessen Nutzbarkeit keinerlei Interesse mehr hegt. Dies deckt sich auch damit, dass die Klägerin das Fahrzeug jahrelang bei der Beklagten hat stehen lassen. Statt sich um die zeitnahe Reparatur desselben zu kümmern, hat sie sich dafür entschieden, zunächst zwei Prozesse gegen die Verkäuferin des Fahrzeugs, ein selbständiges Beweisverfahren gegen ihren Prozessbevollmächtigten sowie zwei weitere Prozesse gegen die hiesige Beklagte anzustrengen. In all dieser Zeit stand das streitgegenständliche Fahrzeug ungenutzt bei der Beklagten. Ein Interesse der Klägerin an der Nutzung dieses Fahrzeugs vermag das Gericht vor diesem Hintergrund nicht zu erkennen.
cc) Auch der geltend gemachte Zeitraum der begehrten Nutzungsentschädigung erschließt sich dem Gericht nicht.
Die Klägerin mag eine Nutzungsentschädigung für den Zeitraum zwischen Schadensereignis und Anschaffung des Ersatzfahrzeuges verlangen können. Wieso sie allerdings erst über ein Jahr nach Schadensereignis und sodann für 400 Tage Nutzungsausfallentschädigung erhalten soll, erschließt sich dem Gericht nicht. Die gegenteilige Auffassung der Klägerin ist nicht überzeugend und widerspricht den allgemeinen Grundsätzen des deutschen Deliktsrechtes, insbesondere dem Bereicherungsverbot.
Das Gericht verkennt nicht, dass die Klägerin aufgrund der fehlerhaften Schadensdiagnose der Beklagten sich in einer gewissen Pattsituation befunden hat. Gleichwohl kann sie deswegen den begehrten Nutzungsausfall nicht verlangen. Dies insbesondere nicht für den Zeitraum 18.08.2014 bis 21.09.2015. Wie gezeigt, könnte die Klägerin allenfalls für den Zeitraum bis zur Ersatzbeschaffung des anderweitigen Pkw’s oder einer gedachten adäquaten Reparaturdauer Nutzungsausfallentschädigung fordern. Im Übrigen mögen ihr Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Auskunft bzw. mangelhaften Kostenvoranschlags zustehen. Diese hat die Klägerin ja bereits auch geltend gemacht, auch wenn diese Verfahren aus anderen Gründen nicht von Erfolg gekrönt waren. Dies berechtigt sie nun aber nicht im Wege des Nutzungsausfallschadens einen quasi gleichlautenden Schadensbetrag von der Beklagten einzufordern. Denn die Nutzungsausfallentschädigung hat eine völlig andere Schutzrichtung und wird ausweislich der oben dargelegten höchstrichterlichen Rechtsprechung restriktiv gehandhabt.
b) Im Übrigen trifft die Klägerin nach § 254 Abs. 2 S. 1 BGB ein haftungsausschließendes Mitverschulden. Entgegen der Ansicht des Klägervertreters folgt dies auch aus der klägerseits vorgelegten Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 26.06.2014 - 1 U 132/13 (vgl. Anlage K 8).
aa) Zur Untermauerung ihrer rechtlichen Argumentation beruft sich die Klägerin auf die oben zitierte Entscheidung des OLG Oldenburg. Dabei verkennt sie, dass sich der vorliegende Sachverhalt vom vom OLG Oldenburg entschiedenen Fall unterscheidet. So kann diese Entscheidung sogar dahingehend bemüht werden, um der Klägerin vorliegend ein 100%iges Mitverschulden anzulasten, welches die Beklagte auch bei angenommener Haftung dem Grunde nach vollends befreien würde.
Die Klägerin übersieht, dass auch das Oberlandesgericht Oldenburg einen Teil der geltend gemachten Nutzungsausfallentschädigung unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens abgelehnt hat. Denn wie in diesem Teilbereich des genannten Urteils hat auch die Klägerin vorliegend gegen ihre Obliegenheit verstoßen, den Schaden so gering wie möglich zu halten. Dies ist aber unmittelbarer Ausfluss des § 254 BGB. So führt auch das genannte OLG aus, dass der Regelung des § 254 Abs. 2 S. 1 BGB der Gedanke zu Grunde liege, dass der Geschädigte im Rahmen des von einem vernünftigen und sorgfältigen Menschen zu Erwartenden dazu beitragen soll, dass der Schaden nicht unnötig groß wird. Hierfür verlangt das OLG Oldenburg, dass der Geschädigte im Anschluss an eine angemessene Nachfrist das selbstständige Beweisverfahren zügig einleitet. Unter Berücksichtigung einer angemessenen Überlegungsfrist und einer nochmaligen Besprechung mit ihren Bevollmächtigten erachtet das klägerseits zitierte OLG Oldenburg einen Zeitraum von einer Woche bis zu 10 Tagen für zumutbar und unter Schadensminderungsgründen auch geboten (vgl, zu allem OLG Oldenburg, Urt. v. 26.06.2014 - 1 U 132/13, Punkt II. 2. cc)).
bb) Unter Anwendung dieser klägerseits bemühten Grundsätze des zitierten Urteils des OLG Oldenburg liegt im hiesigen Fall für den gesamten begehrten Zeitraum ein haftungsausschließendes Mitverschulden i.S.d. § 254 Abs. 2 S. 1 BGB seitens der Klägerin vor.
Ausweislich des Tatbestands des vorgelegten Urteils des Landgerichts Berlin im Rückabwicklungsverfahren gegen die Verkäuferin des streitgegenständlichen Fahrzeugs, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 13.08.2013 die Reparatur des Motorschadens gefordert und am 21.08.2013 den Rücktritt erklärt (vgl. Anl. zu Bl. 8/12 d.A.). Zugunsten der Klägerin geht das Gericht daher davon aus, dass die Nachfrist bis 20.08.2013 gesetzt wurde. Mit OLG Oldenburg steht der Klägerin sodann eine Überlegungszeit von maximal 10 Tagen zu, womit der 30.08.2013 erreicht worden wäre. Sodann schießt sich das seitens der Klägerin berechtigterweise angestrengte selbständige Beweisverfahren im hiesigen Hause an. Dies dauerte vorliegend vom 21.01. bis 21.09.2015, mithin also 9 Monate. Addiert man nun diese 9 Monate auf den 30.08.2013, so ergibt sich mit OLG Oldenburg eine berechtigte Nutzungsausfalldauer bis maximal 30.05.2014.
Vorliegend stützt die Klägerin ihren Nutzungsausfallschaden allerdings auf den Zeitraum 18.08.2014 bis 21.09.2015. Unabhängig davon, dass sich dem Gericht schon nicht erschließt, weshalb die Klägerin gerade auf den 18.08.2014 abstellt, liegt hierin auch mit dem OLG Oldenburg ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vor. Die Klägerin darf durch ihr prozessuales Verhalten den Schaden nämlich nicht unnötig groß werden lassen. Dies liegt allein in der Sphäre der Klägerin, womit sie im Ergebnis ein haftungsausschließendes Mitverschulden trifft. Denn statt das selbständige Beweisverfahren zur Ermittlung der Schadensursache nach Kündigung des Kaufvertrages im August 2013 anzustrengen, hat sie zunächst einen erfolglosen Prozess vor Berliner Gerichten geführt. Das selbständige Beweisverfahren leitete sie unter Missachtung ihrer Schadensminderungspflicht erst am 21.01.2015, mithin also fast eineinhalb Jahre nach ausgesprochener Kündigung ein.
Bei dieser Sachlage steht ihr der vorliegend geltend gemachte Nutzungsausfallschaden nicht zu. Das Gericht hatte ausweislich des § 308 Abs. 1 S. 1 ZPO auch nur über diesen zu entscheiden. Damit war die Klage in Gänze abzuweisen.
B)
Da schon aus Rechtsgründen eine Haftung der Beklagten dem Grunde nach ausscheidet, muss auf die geltend gemachte Schadenshöhe nicht mehr eingegangen werden.
Mangels Begründetheit der Hauptanträge, stehen der Klägerin schließlich auch die geltend gemachten Zinsen und außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht zu. Als Nebenforderung teilen sie das Schicksal der Hauptforderung (vgl. exemplarisch LG Köln, Urt. v. 26.03.2015 - 30 O 156/14, openJur 2015, 20454).
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, S. 2 ZPO.
Verkündet am 01.03.2019