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| Die Klage ist in den Haupt- und Hilfsanträgen jeweils nur zum Teil zulässig. Soweit sie zulässig ist, ist sie teilweise begründet. |
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| Der Klageantrag Ziff. 1 ist unbegründet. |
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| Es bestehen bereits Bedenken gegen die Zulässigkeit dieses Antrags. Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass sie zur Zahlung eines Gegenwertes nicht verpflichtet ist, obgleich sie bereits eine Abschlagszahlung in Höhe von EUR 10.000.000,00, nach eigenem Vorbringen unter Vorbehalt, geleistet hat. Die von der Klägerin geltend gemachte Rechtslage - nämlich das Fehlen jeglicher Verpflichtung zur Zahlung eines Gegenwerts - unterstellt, könnte die Klägerin eine Leistungsklage zur Rückforderung der Abschlagszahlung erheben. Insoweit erscheint ein Feststellungsinteresse der Klägerin nach § 256 Abs. 1 ZPO unter dem Gesichtspunkt des Vorrangs der Leistungsklage zweifelhaft. Dies kann hier aber dahinstehen, weil der Klageantrag unbegründet ist. Zwar setzt grundsätzlich eine Klageabweisung in der Sache voraus, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen festgestellt werden (Zöller/ Greger , ZPO, 27. A., 2009, Vor § 253 Rn 10; vgl. auch BGH NJW 2008, 1227). Etwas anderes gilt aber für die Prüfung des Feststellungsinteresses, wenn - wie hier - die Unbegründetheit der Klage feststeht (Zöller/ Greger , ZPO, 27. A., 2009, Vor § 253 Rn 10, § 265 Rn 7, m.w.N. zur Rechtsprechung des BGH). |
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| Die Klägerin stellt einen unbezifferten negativen Feststellungsantrag, mit dem sie ausweislich der Klagebegründung geltend macht, dass der Beklagten ein Anspruch auf Zahlung eines Gegenwerts mangels Anspruchsgrundlage schon dem Grunde nach, also gar nicht zustehe. Dies ist aber nicht der Fall. Der Beklagten steht auf Grund des Ausscheidens der Klägerin aus dem Beteiligtenverhältnis zur Beklagten mit Wirkung zum Ablauf des 31.12.2002 ein Anspruch auf Zahlung eines Gegenwerts zu, dessen Höhe und Fälligkeit hier offen bleiben kann. |
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| 1. Ob dieser Anspruch sich aus § 23 Abs. 2 VBLS ergeben kann, unterliegt allerdings Zweifeln. Bei der Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder handelt es sich um Allgemeine Versicherungsbedingungen (BGHZ 142, 103). Die Regelungen in § 23 Abs. 2 VBLS n.F. und a.F. könnten insbesondere wegen Verstoßes gegen AGB-rechtliche Vorschriften unwirksam sein. Dies dürfte gemäß Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB nach dem AGB-Gesetz in der bis zum 01.01.2002 geltenden Fassung (i.F.: AGBG) zu beurteilen sein. Wegen der Kündigung zum 31.12.2002 bestand nämlich zum 01.01.2003 kein Dauerschuldverhältnis zwischen den Parteien mehr, weswegen Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB nicht einschlägig sein dürfte. |
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| Sofern die Regelung in § 23 Abs. 2 VBLS einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nicht nach § 8 AGBG entzogen sein sollte, könnte sich ihre Unwirksamkeit möglicherweise aus der Generalklausel des § 9 Abs. 1 AGBG ergeben. |
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| a) Dies hat die 7. Zivilkammer des Landgerichts Mannheim (Urt. v. 19.06.2009 - 7 O 122/08 Kart.) in Bezug auf § 23 Abs. 2 VBLS in den Fassungen seit 01.01.1995 auf Grund der nachfolgenden Erwägungen angenommen: |
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| Die Regelung in § 23 Abs. 2 VBLS über die Zahlungen eines Gegenwerts nach Ausscheiden eines Beteiligten benachteilige den Beteiligten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und sei unwirksam nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Beim Ausscheiden eines Beteiligten würden die von der Beklagten übernommenen, versicherten Risiken einer durch die Gegenwertberechnung eigenständigen, vom Ausscheidenden aufzubringenden und auf dem Prinzip der Kapitaldeckung beruhenden Finanzierung unterstellt, ohne in irgend einer Weise die bisher im Umlagesystem vom Beteiligten geleisteten Zahlungen zu berücksichtigen. Dies sei auch nicht durch Zwänge zu erklären, die sich aus dem Umlagefinanzierungssystem der Beklagten ergeben. Zum einen sei es unangemessen benachteiligend, wenn bei der - auf einen Beteiligten bezogenen - Umstellung vom Umlageverfahren auf eine Kapitaldeckung nur die für die Beklagte negativen im System hinterlassenen Spuren der Beteiligung gelöscht und deren positive in keiner Weise berücksichtigt würden. Im übrigen habe die Beklagte mit der Regelung in § 23 Abs. 2 VBLS aus der Vielzahl der denkbaren Gestaltungsmöglichkeiten im Ergebnis diejenige ausgewählt, welche die ausscheidenden Beteiligten allein und finanziell am stärksten belaste. |
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| b) Andererseits mag zu bedenken sein, dass die Gegenwertzahlungspflicht im Ansatz nicht auf unsachlichen Erwägungen beruht und einem im Grunde berechtigten Interesse der Beklagten entspringt (vgl. auch LG Mannheim, 7. Zivilkammer, a.a.O.). Dass die Beklagte keine Kapitalrückstellungen für den Fall des gewillkürten Ausscheidens von Beteiligten bildet, ist nicht zu beanstanden, sondern Folge des auf Kontinuität angelegten Umlageverfahrens. Die Beteiligten kommen nur deswegen während ihrer Teilnahme am Umlageverfahren in den Genuss dessen Vorteils, nämlich dass jeweils nicht mehr an Finanzierung erbracht werden muss, als zur Ausgabendeckung im Deckungsabschnitt erforderlich ist. Würde man von der Beklagten zudem Vorsorge für den Fall des Ausscheidens von Beteiligten oder gar den theoretisch denkbaren Fall des Ausscheidens aller Beteiligten verlangen, würde dies im Ergebnis eine vollständige Kapitaldeckung aller Leistungspflichten erfordern und den Ansatz des Umlagesystems leerlaufen lassen. Unter diesem Aspekt könnte die Forderung eines Gegenwerts in einer Höhe, wie sie zur vollständigen Ausfinanzierung der dem Beklagten zuzuordnenden Leistungspflichten notwendig ist, für sich betrachtet jedenfalls unter Abwägung der gegenseitigen Interessen der Vertragspartner nicht unangemessen benachteiligend sein. |
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| Problematisch an der vorliegenden Regelung zur Gegenwertzahlung erscheint vor allem die Verweigerung jeglicher vorteilhafter Rechtsfolgen für den Ausscheidenden, insbesondere, dass der Ausscheidende in keiner Weise an vorhandenem Vermögen der Beklagten beteiligt wird. Nach dem übereinstimmenden Parteivorbringen dürfte davon auszugehen sein, dass selbst im umlagefinanzierten Versorgungskonto I ein nicht verbrauchter Kapitalstock auflaufen kann, der möglicherweise auch über den für den jeweiligen Deckungsabschnitt benötigten Betrag hinaus geht, vor allem - trotz des geringen Beitragssatzes - im „jungen“ Abrechnungsverband Ost mit relativ vielen Versicherten bei noch relativ wenigen Leistungsbeziehern. Zur Berücksichtigung solchen Vermögens der Beklagten enthält die Satzung überhaupt keine Regelung, was einer Ausgewogenheit des Vertragsgefüges insgesamt abträglich ist. |
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| Indessen wäre eine Berücksichtigung solchen Vermögens der Beklagten nicht zwingend im Rahmen der Gegenwertberechnung vorzunehmen. Stattdessen läge es vielmehr nahe, wegen der Herauslösung eines bestimmten Anteils der Versicherten aus dem Umlagesystem einen Anspruch des ausscheidenden Beteiligten auf Auszahlung eines entsprechenden Anteils an noch nicht verbrauchtem, zumindest aber an eventuellem überschüssigem Umlagevermögen vorzusehen. Das Fehlen einer Vertragsbestimmung zu derartigen Gegenansprüchen des ausscheidenden Beteiligten könnte aber bei der AGB-rechtlichen Prüfung der Gegenwertzahlungspflicht nach § 23 Abs. 2 VBLS unerheblich sein. Zwar ist anerkannt, dass bei der Frage nach der Angemessenheit einer Klausel auch der Inhalt anderer Klauseln mit zu berücksichtigen ist und so auch eine für sich genommen nicht zu beanstandende Klausel unwirksam sein kann, weil sie zusammen mit anderen Klauseln zu einer unangemessenen Benachteiligung führt (sog. „Summierungseffekt“, vgl. MüKo/ Kieninger , 5. A., 2007, § 307 BGB Rn 34 m.w.N.). Ob aber auch eine Lücke im Vertrag eine an sich nicht unangemessene Klausel unwirksam werden lassen kann, erscheint zweifelhaft. |
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| c) Im Ergebnis kann hier aber dahingestellt bleiben, ob § 23 Abs. 2 VBLS der Inhaltskontrolle unterliegt. Weiter kann offen bleiben, ob die Regelung des § 23 Abs. 2 VBLS in diesem Fall wegen Verstoßes gegen das AGBG unwirksam wäre. Unterstellte man dies, so kann sich nämlich die von der Klägerin verneinte Pflicht zur Zahlung eines Gegenwerts dennoch aus einer ergänzenden Vertragsauslegung ergeben. |
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| Zwar sind bei Allgemeinen Vertragsbedingungen die Gerichte in der Regel nicht aufgerufen, eine unwirksame Regelung durch eine nach ihren Grundsätzen wirksame zu ersetzen. Vielmehr bestimmt § 6 Abs. 2 AGBG, dass soweit eine Bestimmung unwirksam ist, sich der Inhalt des Vertrages nach den gesetzlichen Vorschriften richtet. Hält das Gesetz aber für den zu entscheidenden Fall keine Regelung bereit, so hat das Gericht die Lücke im Vertrag, die wegen der Unwirksamkeit einer Regelung entstanden ist, durch eine ergänzende Vertragsauslegung zu schließen. Das gilt auch für das Versicherungsrecht, insbesondere für die Satzung der Beklagten, wie der Bundesgerichtshof (Urt. v. 30.09.1998 - IV ZR 262/97 - NVersZ 1999, 88, 90) bereits entscheiden hat. So liegt auch der hier zu entscheidende Fall, in dem bei Unwirksamkeit von § 23 Abs. 2 VBLS nach § 9 AGBG eine ergänzende Vertragsauslegung zu einem Gegenwertzahlungsanspruch führen würde, wie noch auszuführen sein wird (3.). |
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| 2. Aus den bereits erörterten Gründen käme auch eine Unwirksamkeit der Regelung in § 23 Abs. 2 VBLS nach § 134 BGB i.V.m. Art. 82 EGV bzw. § 19 GWB in Betracht. Insoweit wäre zunächst Voraussetzung, dass die Beklagte ein Unternehmen im Sinne dieser Vorschriften mit marktbeherrschender Stellung darstellt. Dies kann aber ebenso dahingestellt bleiben wie die Frage, ob in der Verpflichtung der Beteiligten zur Gegenwertzahlung ein Missbrauch im Sinne des Kartellrechts liegt. |
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| Auch bei einer gedachten Nichtigkeit wegen eines Kartellrechtsverstoßes kann eine von § 23 Abs. 2 VBLS hinterlassene Vertragslücke nämlich im Wege ergänzender Vertragsauslegung geschlossen werden mit der Folge eines Anspruchs der Beklagten auf Zahlung eines Gegenwerts. |
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| 3. Eine bei unterstellter Unwirksamkeit der Regelung in § 23 Abs. 2 VBLS somit vorzunehmende ergänzende Vertragsauslegung ergibt, dass die Klägerin zumindest von einer Ausfinanzierung der auf ihre Beschäftigten entfallenden und während ihrer Mitgliedschaft bei der Beklagten entstandenen Leistungspflichten durch Zahlung von Deckungskapital an die Beklagte nicht vollständig befreit ist. |
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| Voraussetzung für eine ergänzende Vertragsauslegung ist, dass die Vereinbarung der Parteien eine Regelungslücke, also eine planwidrige Unvollständigkeit aufweist. Bei der ergänzenden Vertragsauslegung ist darauf abzustellen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben vereinbart hätten, wenn sie den von ihnen nicht geregelten Fall bedacht hätten (BGHZ 169, 215). Das Institut der ergänzenden Vertragsauslegung findet auch Anwendung, wenn eine Regelungslücke auf der Unwirksamkeit einer Vertragsbestimmung beruht (Palandt/ Ellenberger , 68. A., 2009, § 157 Rn 3 m.w.N.). Eine ergänzende Vertragsauslegung setzt grundsätzlich voraus, dass sich die mit dem Wegfall einer unwirksamen Klausel entstehende Lücke nicht durch dispositives Gesetzesrecht füllen lässt und dies zu einem Ergebnis führt, das den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trägt, sondern das Vertragsgefüge einseitig zugunsten einer Partei verschiebt (BGHZ 90, 69, 77 f.; 137, 153, 157; 179, 186). |
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| a) Eine gesetzliche Regelung für den Fall des Ausscheidens aus einem im Umlageverfahren ausgestalteten Zusatzversorgungssystem ist nicht vorhanden. Insbesondere finden auf den privatrechtlichen Gruppenversicherungsvertrag keine gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen wie §§ 738, 733, 735 BGB Anwendung. Eine dispositive gesetzliche Regelung im Gesetz über den Versicherungsvertrag in der Fassung bis zum 31.12.2007 (VVG a.F.), von der die Satzung der Klägerin mit einer an das Ausscheiden des Beteiligten geknüpften Finanzierungsregelung abweicht, existiert ebenfalls nicht. Der umlagefinanzierte Gruppenlebensversicherungsvertrag nach den Satzungsbestimmungen der Klägerin findet auch in den Vorschriften der §§ 159 ff. VVG a.F. kein Vorbild; im Gegenteil wird privatversicherungsrechtlich eine kapitalgedeckt finanzierte Lebensversicherung zugrunde gelegt (vgl. den das Kapitaldeckungsverfahren voraussetzenden § 174 VVG a.F.). Fehlen somit im Streitfall für eine Vertragsergänzung geeignete Vorschriften oder Rechtsgrundsätze, ist die Lücke durch ergänzende Vertragsauslegung zu füllen (so auch LG Mannheim, 7. Zivilkammer, a.a.O.). Die weitere Voraussetzung für eine solche ergänzende Vertragsauslegung, nämlich dass der Wegfall der Regelung in § 23 VBLS zu einer einseitigen und nicht mehr hinnehmbaren Verschiebung des Vertragsgefüges führen würde, ist vorliegend ebenfalls erfüllt. Nach dem unter Ziff. 1 gesagten steht nach Ansicht der Kammer fest, dass ein vollständiger Wegfall der Finanzierung durch den ausscheidenden Beteiligten die Beklagte vor unüberwindbare Finanzierungsschwierigkeiten stellt, während der Ausscheidende sich seiner mit der Beteiligung am Umlageverfahren begründeten solidarischen Finanzierungsverantwortung folgenlos entziehen würde. |
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| b) Somit ist zu fragen, ob nach dem hypothetischen Willen der Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben in Kenntnis einer Unwirksamkeit von § 23 Abs. 2 VBLS für den Fall des Ausscheidens eine Gegenwertzahlung durch den Beteiligten vereinbart worden wäre. Dies ist nach Ansicht der Kammer der Fall. |
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| Das umlagefinanzierte System der Beklagten ist auf dauerhafte Beteiligung angelegt. Ein Austreten einzelner Beteiligter ist systemfremd. Angesichts des Ziels der Alterssicherung der Arbeitnehmer streben die Beteiligten beim Eintritt regelmäßig keine kurzfristige Mitgliedschaft, sondern eine langfristige Bindung an (vgl. auch LG Mannheim, 7. Zivilkammer, a.a.O.). Die Klägerin hat wenige Jahre nach Begründung des Anspruchs auf Zusatzversorgung im Beitrittsgebiet und des Abrechnungsverbandes Ost ihre Beteiligung bei der Beklagten vereinbart. Hierbei war nur eine Umlage von 1,0 v.H. des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts zu leisten (§§ 29 Abs. 1, 76 Abs. 4 S. 2 VBLS a.F.), weil der Umfang der zu erfüllenden Leistungspflichten im Abrechnungsverband Ost gering war. Andererseits hat die Klägerin sich auf diesem Weg durch relativ geringe Prämien die Erfüllung ihrer tarifvertraglichen Pflicht zur Gewährung einer Zusatzversorgung für ihre Beschäftigten „erkauft“. Nach Auffassung der Kammer kann nicht ernsthaft bezweifelt werden, dass die Klägerin sich auf die Vereinbarung einer angemessenen Gegenwertzahlungspflicht für den Fall des Ausscheidens aus dem Umlagesystem eingelassen hätte. Auf der anderen Seite hätte die Beklagte auf eine solche Absicherung bestanden. Sie hätte andernfalls eine Versicherung im Umlageverfahren nicht redlich anbieten können. |
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| Die insoweit eröffnete ergänzende Vertragsauslegung findet ihre Grenze, wenn eine Regelungslücke in verschiedener Weise geschlossen werden kann und keine besonderen Anhaltspunkte dafür bestehen, für welche Alternative sich die Parteien entschieden hätten (vgl. BGHZ 54, 106, 115). Vorliegend kämen zwar grundsätzlich verschiedene theoretisch denkbare Alternativen zur Ausgestaltung der finanziellen Absicherung der Beklagten für den Fall des Ausscheidens eines Beteiligten in Betracht: So könnte der ausscheidende Beteiligte die ihm zuzurechnenden Rentenlasten ganz oder teilweise „mitnehmen“ und eventuell an einen Dritten weiterreichen und die Klägerin so ganz oder teilweise von den Verpflichtungen gegenüber den betroffenen Versicherten befreien. Eine Abwandlung dieses Modells könnte darin bestehen, nur die tatsächlichen Rentenlasten durch eine Gegenwertzahlung abzulösen und die Anwartschaften in der beschriebenen Weise zu übernehmen. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass der ausscheidende Beteiligte alle in der Zukunft anstehenden Rentenleistungen erstattet, die die Beklagte nach dem Ausscheiden an Rentenempfänger gezahlt hat. Auch hier müsste nicht der gesamte Barwert auf einmal gezahlt werden. Ferner ist auch die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, zwar einen Gegenwert zu bestimmen, damit einhergehend aber die gesamten bisherigen Prämienleistungen, soweit hierfür keine Versicherungsleistungen erbracht worden sind (vgl. § 63 Abs. 2 VBLS n.F. zur Erstattung rechtsgrundlos geleisteter Prämienzahlung), in Anrechnung zu bringen, quasi das bisherige versicherungsrechtliche Beteiligungsverhältnis rückabzuwickeln im Zusammenhang mit der Neufinanzierung der versicherten Risiken auf kapitalgedeckter Basis zum Gegenwert. Im Rahmen dieser „Rückabwicklungslösung mit Gegenwert“ ist schließlich denkbar, die hier bezeichnete Rückabwicklung zu pauschalieren; etwa dergestalt, die Prämienzahlungen pauschal zu berücksichtigen durch Nichteinbeziehen der Anwartschaften in die Gegenwertberechnung, vergleichbar der Gegenwertermittlung nach § 23 Abs. 2 VBLS in der Fassung von 1976 (vgl. hierzu im Einzelnen: LG Mannheim, 7. Zivilkammer, a.a.O.). |
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| Es liegen nach Auffassung der Kammer vorliegend dennoch hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass nach dem hypothetischen Willen der Parteien jedenfalls eine wie auch immer geartete Gegenwertzahlung vereinbart worden wäre. Die Klägerin wollte eine Versicherung zu Gunsten ihrer Beschäftigten abschließen. Zweck solcher Versicherungsverträge ist es typischerweise, die Leistungen dem Versicherer zu überlassen und das unmittelbare Finanzierungsrisiko gegen Prämienzahlung auf diesen abzuwälzen. Eine Mitnahme der Leistungspflichten bei Beendigung der Versicherung oder eine unwiderrufliche Verpflichtungserklärung, die Leistungen der Beklagten zu erstatten, hätten die Parteien daher wohl nicht vereinbart. Die Beendigung der Beteiligung stellt im Ergebnis nichts anderes dar, als die Umstellung einer umlagefinanzierten auf eine kapitalgedeckte Versicherung. Dementsprechend hätten die Parteien auch in Kenntnis der Unwirksamkeit von § 23 Abs. 2 VBLS eine Regelung getroffen, die dem Rechnung trägt, also sicherstellt, dass bei Ausscheiden eine Kapitaldeckung herbeigeführt wird und die Finanzierung der Versicherungsleistungen fortan durch die Beklagte zu gewährleisten ist. Die mit der Gegenwertzahlungspflicht verbundenen Härten für den Beteiligten, der dann in gewisser Weise eine „doppelte Finanzierung“ leisten muss, hätten diesen nicht grundsätzlich von der Zusage einer Gegenwertzahlung abgehalten, zumal der Eintritt des damit geregelten Falles ohnehin nicht nahe lag, vielmehr die Beteiligung auf Dauer angelegt war. |
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| Allerdings kann angenommen werden, dass der Beteiligte auf eine diese Härten abmildernde Regelung gedrängt hätte, auf welche die Beklagte sich auch hätte einlassen können. Zum einen geht die Kammer davon aus, dass nichts gegen eine Beteiligung des Ausscheidenden an nicht verbrauchtem und überschüssigem Kapital der Beklagten gesprochen hätte. Eine vollständige Rückabwicklung der geleisteten Umlagen würde wiederum der mit dem Beitritt zum Umlageverfahren zum Ausdruck gebrachten Bereitschaft zur solidarischen Finanzierung widersprechen, so dass hinreichende Anhaltspunkte gegen einen solchen hypothetischen Willen sprechen. Zum Anderen käme eine Stundung des Gegenwerts in Frage, wobei dieser in Raten gezahlt werden könnte. Zur Frage der Berücksichtigung von verfallbaren Anwartschaften hätten sich vernünftige Parteien auf eine Regelung geeinigt, die einer betriebswirtschaftlichen Bewertung entspricht. Es lieg auf der Hand, dass Ansätze für derartige Risikobewertungen in Fachkreisen vorhanden sein dürften. |
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| Dass damit im Einzelnen Spielräume zur konkreten Ausgestaltung der Gegenwertzahlungspflicht verbleiben, steht einer ergänzenden Vertragsauslegung nicht entgegen. Bei der Ergänzung des Vertragsinhalts ist darauf abzustellen, was redliche und verständige Parteien in Kenntnis der Regelungslücke nach dem Vertragszweck und bei sachgemäßer Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben vereinbart hätten (BGH NJW-RR 2008, 562 Tz. 15). Dabei ist sowohl an die Wertungen des Vertrages selbst als auch an objektive Maßstäbe anzuknüpfen (Palandt/Ellenberger, BGB, 68. A., 2009, § 157 Rn 7 m.w.N.). Die konkrete Ausgestaltung der Gegenwertzahlung wird sich auch vorliegend an Hand solcher Kriterien feststellen lassen. Sie muss im Streitfall aber nicht ermittelt werden, weil jedenfalls feststeht, dass die Klägerin nach der tatsächlich durchführbaren ergänzenden Vertragsauslegung zumindest nicht völlig von der Pflicht zur Zahlung eines Gegenwerts befreit sein wird. Insbesondere dass die Klägerin bei einer eventuellen Reduzierung des Gegenwertes um ihren „Anteil“ am Versorgungskonto I keine Zahlungen mehr zu leisten haben wird, ist nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen. |
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| Nach alledem ist der Klageantrag Ziff. 1 unbegründet, ohne dass es auf die Wirksamkeit von § 23 Abs. 2 VBLS ankommt. |
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| Der Antrag Ziff. 2 ist unzulässig. |
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| Zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage kann - abgesehen von der Echtheit einer Urkunde - nur das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses sein. Dazu können auch einzelne, aus einem Rechtsverhältnis sich ergebende Rechte und Pflichten gehören, nicht aber bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, reine Tatsachen oder etwa die Wirksamkeit von Willenserklärungen und sonstigen Rechtshandlungen oder die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens (BGH NJW 2008, 1303; Zöller/ Greger , ZPO, 27. A., 2009, § 256 Rn 3, 5). |
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| Der vorliegende Klageantrag hat kein Rechtsverhältnis zum Gegenstand. Die Klägerin begehrt vielmehr die Feststellung, ob die Schreiben der Beklagen, mit denen sie die Klägerin zur Zahlung eines bestimmten Gegenwerts auffordert, Rechtswirkungen für die Klägerin entfalten. Der Antrag zielt nicht auf die Feststellung konkreter Rechte oder Pflichten aus dem Rechtsverhältnis zwischen den Parteien ab, sondern auf die Wirkung einer Handlung der Beklagten, zudem ohne die mögliche Wirkung dieser Handlung zu nennen. Die Ermittlung, welche möglichen Wirkungen einer Handlung im geschäftlichen Verkehr zukommen, und die Feststellung des Eintritts oder Nichteintritts dieser Wirkungen kann nicht dem Gericht überlassen werden. |
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| Unzulässig ist auch eine isolierte Beurteilung der Fälligkeit einer erhobenen Forderung, sollte die Klägerin mit ihrem Antrag Ziff. 2 hierauf abzielen. Die Fälligkeit einer Forderung ist Voraussetzung dafür, dass die (geschuldete) Leistung verlangt werden kann. Nur letzteres, also der Leistungsanspruch, stellt ein Rechtsverhältnis dar, dessen Bestehen oder Nichtbestehen im Zeitpunkt einer gerichtlichen Entscheidung nach § 256 Abs. 1 ZPO festgestellt werden kann, wobei die Fälligkeit als Vorfrage zu klären ist. |
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| Der zulässige Klageantrag Ziff. 3 ist begründet. |
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| Eine Verpflichtung der Klägerin, die Kosten der Erstellung der Gutachten der BodeHewitt AG & Co. KG in Höhe von EUR 19.720,00 sowie weiterer EUR 292,74 an die Beklagte zu zahlen, besteht nicht. |
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| Zwar sieht § 23 Abs. 2 S. 1 VBLS (a.F. sowie n.F.) einen Aufwendungsersatzanspruch der Beklagten gegen den ausscheidenden Beteiligten bezüglich der Kosten für die Berechnung des Gegenwerts vor. Dies betrifft aber nur solche Aufwendungen, welche die Beklagte zur Berechnung des Gegenwerts den Umständen nach für erforderlich halten durfte (vgl. § 670 BGB). Dies war in Bezug auf die hier streitgegenständlichen Gutachterkosten nicht der Fall, weil die Gegenwertberechnung an schwerwiegenden Fehlern leidet, die dem Verantwortungsbereich der Beklagten entstammen. |
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| Zweifelhaft erscheint, ob jede Fehlerhaftigkeit der Berechnung des Gegenwerts der Kostenerstattungspflicht entgegensteht. Von der Beklagten zu vertretende Fehler dürften vielmehr Schadensersatzansprüche des Beteiligten zur Folge haben, mit denen sich dieser wegen weiterer Kosten zur Korrektur der Berechnung schadlos halten kann. Aufwendungen für einen bereits im Ansatz verfehlten und daher von vorneherein ungeeigneten Gutachterauftrag durch die Beklagte können aber nicht für erforderlich gehalten werden und sind daher nicht zu erstatten. So liegt der hier zu entscheidende Fall. |
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| Die Beklagte hat die Berechnung des Gegenwerts nach § 23 Abs. 2 VBLS n.F. vorgenommen und dabei auch ihre Leistungspflichten nach der Neufassung der Satzung zu Grunde gelegt. Die Neufassung der Satzung entfaltet aber keine Wirkung für die mit Ablauf des 31.12.2002 ausgeschiedene Klägerin. Dies wird im Teil 2 der Entscheidungsgründe zum Klageantrag Ziff. 4.1 ausgeführt. Die in Auftrag gegebene Gegenwertberechnung ist deshalb schon aus diesem Grunde unbrauchbar. |
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| Offen bleiben kann daher im Ergebnis, ob § 23 Abs. 2 S. 1 VBLS (insbesondere a.F.) als Anspruchsgrundlage für den Kostenerstattungsanspruch wirksam ist. |
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| Nachdem der Klageantrag 1 keinen Erfolg hatte, war über die Hilfsanträge Ziff. 4.1, 4.3, 4.4 und 4.5 zu entscheiden, nicht jedoch über den Hilfsantrag 4.2. |
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| A. Klageantrag Ziffer 4.1 |
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| Der zulässige Klageantrag Ziff. 4.1 ist begründet. |
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| Der negative Feststellungsantrag ist nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Er zielt auf die Feststellung des Nichtbestehens eines Zahlungsanspruches aus einer bestimmten vertraglichen Grundlage, nämlich § 23 Abs. 2 VBLSn.F. in Verbindung mit den übrigen Bestimmungen der Neufassung der Satzung, ab. Der Antrag korreliert mit dem Vorbringen der Klägerin, die Satzungsänderung entfalte für sie keine Wirkung. Die Formulierung des Klageantrags, wonach ein Anspruch auf Zahlung eines nach der Neufassung zu berechnenden Gegenwerts nicht bestehen soll, ist nicht etwa dahin auszulegen, dass abstrakte Rechtsfragen zur Berechnungsgrundlage geklärt werden sollen, sondern dahin, dass sich insgesamt aus der Neufassung der Satzung ein Anspruch auf Zahlung eines Gegenwerts nicht ergibt. Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse an der Feststellung des Nichtbestehens dieses Anspruches, dessen sich die Beklagte berühmt hat. |
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| Der Antrag ist begründet, da der Beklagten kein Zahlungsanspruch aus § 23 Abs. 2 VBLS n.F. i.V.m. den übrigen Bestimmungen der Satzung zusteht. |
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| Dahinstehen kann auch hier, ob die Neufassung des § 23 Abs. 2 VBLS bereits wegen Verstoßes gegen AGB-Recht oder sonstiges Recht unwirksam ist. Die am 03.01.2003 im Bundesanzeiger veröffentlichte Satzungsänderung kann nämlich für die mit Ablauf des 31.12.2002 aus dem Beteiligungsverhältnis ausgeschiedene Klägerin ohnehin keinerlei Wirkungen entfalten. |
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| Das Recht zur einseitigen Satzungsänderung durch die Beklagte, also zur einseitigen Änderung der zwischen den Parteien mit der Beteiligungsvereinbarung einbezogenen allgemeinen Versicherungsbedingungen, sieht § 14 VBLS vor. So bestimmt auch die Beteiligungsvereinbarung vom 28.07./18.08.1999, dass sich die Rechte und Pflichten der Beklagten nach der Satzung „in ihrer jeweiligen Fassung“ richten. Eine Ermächtigung zur rückwirkenden Änderung der Satzung ist aber nicht gegeben (1.). Zumindest ein Recht zur Änderung der Vertragsbedingungen mit einem Beteiligten nach dessen Ausscheiden wird von § 14 VBLS nicht begründet (2.). |
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| 1. Zunächst ist bereits davon auszugehen, dass § 14 VBLS in Bezug auf die Pflichten der Beteiligten keine auf einen Zeitpunkt vor Veröffentlichung der Änderung zurückwirkende Satzungsänderung erlaubt. |
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| a) Die vorliegende Satzungsänderung ist am 03.01.2003 wirksam geworden. Sie beansprucht somit gemäß § 86 VBLS n.F. Wirkung für einen Zeitraum vor Eintritt ihrer äußeren Wirksamkeit und könnte nur bei einer zeitlichen Rückwirkung als Rechtsgrundlage für eine Gegenwertzahlungspflicht der Klägerin wegen eines Ausscheidens zum 31.12.2002 herangezogen werden. |
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| Die äußere Wirksamkeit einer Satzungsänderung nach § 14 VBLS tritt erst mit der Veröffentlichung im Bundesanzeiger ein. Dies ist der Regelung in § 14 VBLS a.F. durch Auslegung eindeutig zu entnehmen. Die systematische Trennung der Absätze 1 und 2 dieser Klausel spiegelt nicht eine Unterscheidung zwischen konstitutiven und deklaratorischen Handlungen wieder, sondern unterscheidet die Voraussetzungen des Zustandekommens der Satzungsänderung (Abs. 1) und die weiteren Voraussetzungen zur Herstellung von Außenwirkung gegenüber den Beteiligten (Abs. 2). Der erste Halbsatz des § 14 Abs. 2 VBLS a.F. fordert in Bezug auf letztere zwingend die Veröffentlichung im Bundesanzeiger. Der zweite Halbsatz dieser Bestimmung greift die Veröffentlichung lediglich erneut auf und richtet damit zusätzlich den Zeitpunkt des Inkrafttretens grundsätzlich an dieser aus. Vor der Veröffentlichung erlangt die Satzungsänderung indessen keine Wirksamkeit gegenüber den Beteiligten als Vertragspartner der Beklagten. Dies entspricht dem allgemeinen Grundsatz, dass gegenüber einem anderen abzugebende Willenserklärungen erst mit ihrem Zugang wirksam werden (vgl. § 130 BGB, der vorliegend jedenfalls entsprechend anzuwenden ist). Bei der Satzungsänderung handelt es sich um eine Willenserklärung der Beklagten, mit der eine Vertragsänderung einseitig gestaltend herbeigeführt wird. Sie bedarf des Zugangs beim Vertragspartner. Insoweit trifft § 14 Abs. 2 VBLS a.F. eine besondere Regelung, welche die allgemein geltenden Anforderungen an den Zugang von Willenserklärungen gemäß der dispositiven (vgl. Palandt/ Ellenberger , BGB, 68. A., 2009, § 130 Rn 19) Regelung in § 130 BGB einerseits lockert und andererseits verschärft: Für das Wirksamwerden der Satzungsänderung genügt die Veröffentlichung im Bundesanzeiger. Nur diese Form der Bekanntgabe kann anderseits die Wirksamkeit herbeiführen. Ein solches formales Verfahren ist aus Gründen der Rechtssicherheit auch zweckmäßig und mit der Regelung in § 14 VBLS erkennbar gewollt. |
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| Daher ist unerheblich, inwieweit die Beteiligten den Informationsblättern und dem Inhalt der Internetseite der Beklagten bereits vor der Veröffentlichung im Bundesanzeiger die geplante, beschlossene und genehmigte Satzungsänderung entnehmen konnten. Dass es hierauf nicht entscheidend ankommt und die Beteiligten sich nicht mit solchen Informationen begnügen mussten, zeigt gerade auch das Informationsblatt VBLInfo 6/2002 (Anlage B 5), dort S. 2 oben. Hier teilt die Beklagte zur beschlossenen Satzungsänderung mit: „[…] sie bedarf noch der Genehmigung […] und der Veröffentlichung im Bundesanzeiger. Danach werden wir sie Ihnen in gedruckter Form zur Verfügung stellen.“ |
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| b) Eine Befugnis zur rückwirkenden Satzungsänderung in Bezug auf die Pflichten der Beteiligten ist § 14 VBLS a.F. nicht zu entnehmen. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Satzungsänderung ist in § 14 Abs. 2 VBLS a.F. zwar variabel ausgestaltet. Nur soweit in der jeweiligen Satzungsänderung nichts Anderes bestimmt ist, legt § 14 Abs. 2 VBLS hierfür den Beginn des auf die Veröffentlichung folgenden Monats fest. Durch Auslegung ist jedoch nicht zu ermitteln, dass damit auch ein auf den Zeitpunkt vor Wirksamwerden der Satzungsänderung rückwirkendes Inkrafttreten zugelassen wird. |
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| aa) Für eine derart weite Auslegung gibt § 14 VBLS a.F. bereits keinen Anhaltspunkt. Es fehlt sowohl an einer ausdrücklichen Ermächtigung zur rückwirkenden Satzungsänderung als auch an Anhaltspunkten dafür, wie weit eine solche Rückwirkung reichen dürfte. |
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| Ein Bedürfnis der Beklagten, rückwirkende Satzungsänderungen vorzunehmen, ist offenbar. Der Geschäftszweck bzw. soziale Zweck der Beklagten besteht vor allem darin, eine dem Tarifrecht des öffentlichen Dienstes genügende Zusatzversorgung anzubieten. Für sie ist es daher von erheblicher Bedeutung, auf (ggf. sogar rückwirkende) Änderungen des Tarifrechts reagieren zu können. Dies ist im Hinblick auf die Leistungsansprüche der Versicherten grundsätzlich auch im Interesse der Beteiligten, die ansonsten jeweils durch Individualvereinbarungen ihre Beteiligungsbedingungen anpassen müssten, um ihren Beschäftigten die geschuldete Versorgung zu garantieren. Diese Umstände rechtfertigen aber noch nicht eine Auslegung des § 14 VBLS a.F., die der Beklagten ohne Anhaltspunkte in der Regelung selbst eine einseitige Rechtsmacht zur rückwirkenden Änderung der satzungsmäßigen Pflichten der Beteiligten gibt. Vielmehr kann ein derart weitreichender Wille des Beitretenden nur angenommen werden, wenn er ausdrücklich erklärt oder den vereinbarten Bedingungen konkrete Anhaltspunkte hierfür zu entnehmen sind. |
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| bb) Selbst wenn man zu einem eindeutigen Auslegungsergebnis, wonach eine rückwirkende Änderungsmöglichkeit von § 14 VBLSnicht geschaffen wird, nicht gelange wollte, so wäre eine solche Auslegung vorliegend zumindest nach der Unklarheitenregel des § 5 AGBG zu Lasten der Beklagten zu unterstellen. Dabei kann dahinstehen, ob die Anwendung von § 5 AGBG die Klausel des § 14 VBLS schon deshalb unwirksam macht, weil § 14 VBLS umgekehrt eine AGB-rechtlich bedenkliche Reichweite der Änderungsbefugnis - unter Einschluss einer beliebeigen Rückwirkungsermächtigung - zu entnehmen sein könnte. |
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| § 5 AGBG kommt zur Anwendung, wenn die objektive Auslegung zu dem Ergebnis geführt hat, dass die Klausel nach dem Wortlaut unter Berücksichtigung ihres nach verständiger Würdigung zu ermittelnden Sinnes und Zwecks objektiv mehrdeutig ist und die Mehrdeutigkeit nicht beseitigt werden kann. Es müssen nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden erhebliche Zweifel und mindestens zwei unterschiedliche Auslegungen vertretbar bleiben (BGHZ 112, 65, 68). In diesem Sinn kann nach Auffassung der Kammer zumindest das oben gewonnene Auslegungsergebnis, dass § 14 VBLS a.F. keine rückwirkende Satzungsänderung ermöglichen soll, nicht ausgeschlossen werden. Diese jedenfalls verbleibenden Zweifel gehen somit zu Lasten der Beklagten, mit der Folge, dass eine rückwirkende Satzungsänderung nicht möglich ist. |
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| cc) Es kommt demnach vorliegend nicht mehr darauf an, ob einer Rückwirkung im Streitfall entgegenstünde, dass die Klägerin sich möglicherweise nicht rechtzeitig auf die Satzungsänderung einstellen konnte. |
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| 2. Selbst wenn man dennoch in § 14 VBLS eine wirksame Ermächtigung der Beklagten zur rückwirkenden Satzungsänderung sehen wollte, könnte sich keine Gegenwertzahlungspflicht der Klägerin nach § 23 Abs. 2 VBLS n.F. i.V.m. den weiteren Bestimmungen der Neufassung, insbesondere zum Leistungsrecht, ergeben. Denn jedenfalls ein Recht zur Änderung der Vertragsbedingungen mit einem Beteiligten nach dessen Ausscheiden wird von § 14 VBLS nicht begründet. |
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| § 22 VBLS gibt dem Beteiligten das Recht, durch Kündigung aus der Beteiligung auszuscheiden (§ 23 Abs. 1 VBLS). Damit endet das während der Beteiligung bestehende Versicherungsvertragsverhältnis als Dauerschuldverhältnis zur Beklagten. Es wandelt sich in ein auf einmalige Leistungen gerichtetes Schuldverhältnis, in dem die mit der Beendigung der Beteiligung eingetretenen oder verbliebenen Pflichten abzuwickeln sind. Insbesondere bei der Gegenwertzahlung handelt es sich um eine erst mit Beendigung des Dauerschuldverhältnisses entstehende Abwicklungspflicht. |
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| Eine Änderungsklausel in einem Dauerschuldverhältnis kann sinnvoller Weise nur so verstanden werden, dass sie die Anpassung der wiederkehrenden Pflichten an geänderte Verhältnisse oder Bedürfnisse im bestehenden Dauerschuldverhältnis ermöglichen soll. Der Vertragspartner eines diese Klausel verwendenden Versicherers muss nach Treu und Glauben nicht davon ausgehen, dass der Versicherer sich damit die Änderung von vertraglichen, auf einmalige Leistungen gerichteten Rechten und Pflichten noch nach Beendigung des Dauerschuldverhältnisses vorbehalten will. Hierfür spricht auch § 14 Abs. 3 lit. b VBLS a.F., wonach Satzungsänderungen in dort aufgezählten Fällen auch Wirksamkeit für bestehende Beteiligungen haben (Hervorhebung durch das Gericht). Sollte ein anderes Verständnis der Regelung in § 14 VBLS überhaupt ernsthaft in Betracht kommen, so wäre es vorliegend zumindest nach § 5 AGBG nicht zu Grunde zu legen. |
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| Da im Streitfall die Änderung erst mit der Veröffentlichung im Bundesanzeiger Wirksamkeit erlangt hat (s.o.), kann sie nach alledem die bereits zuvor ausgeschiedene Klägerin selbst im Fall der Rückwirkung nicht mehr erfassen. |
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| 3. Nicht entscheidungserheblich ist nach allem, ob der Änderungsvorbehalts in § 14 VBLS (a.F.) überhaupt wirksam ist (vgl. dazu BGH IV ZR 30/07 - Urt. v. 14.05.2008, Tz. 15, allerdings in Bezug auf das Verhältnis der Beklagten zum Arbeitnehmer). |
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| B. Klageantrag Ziffer 4.2 |
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| Der Klageantrag Ziff. 4.2 war nicht zur Entscheidung gestellt. Er steht bei der gebotenen Auslegung unter der Bedingung des mangelnden Erfolgs des Klageantrags Ziff. 4.1. Zwar hat die Klägerin in der Klageschrift erklärt, die Hilfsanträge kumulativ für den Fall des nicht vollständigen Obsiegens mit dem Hauptantrag Ziff. 1 stellen zu wollen. Die Klägerin hat jedoch ihren Hilfsantrag Ziff. 4.1 in der mündlichen Verhandlung vom 21.04.2009 umgestellt. Nach dessen jetziger Fassung umfasst dieser bereits die mit dem Antrag Ziffer 4.2 nochmals angesprochenen Wertstellungszinsen nach § 23 Abs. 2 S. 8 VBLS n.F.. Diese sind ein Teil des Gegenwerts selbst. Diese Antragshäufung kann nur dahin verstanden, dass über den - einen Teil des Gegenwerts nach § 23 Abs. 2 VBLS n.F. betreffenden - Antrag 4.2 nur entschieden werden soll, wenn der die Gegenwertzahlungspflicht nach § 23 Abs. 2 VBLS n.F. insgesamt betreffende Antrag Ziff. 4.1 keinen Erfolg hat. Diese Bedingung ist nicht eingetreten. |
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| C. Klageanträge Ziff. 4.3 und 4.4 |
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| Die Klageanträge Ziff. 4.3 sowie 4.4 sind zulässig und begründet. |
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| Die Klägerin ist nicht verpflichtet, seit dem 30.06.2006 bzw. seit den 01.10.2007 die von der Beklagten mit den Schreiben vom 30.05.2006 bzw. vom 04.09.2007 erhobenen Gegenwertforderungen zu verzinsen. |
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| 1. § 23 Abs. 4 VBLS n.F. kommt als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht, da die Neufassung der Satzung im Verhältnis zur Klägerin keine Anwendung findet. |
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| 2. Ob § 23 Abs. 4 S. 2 VBLS a.F. eine wirksame Anspruchsgrundlage darstellt, kann offen bleiben. Die Voraussetzungen für einen Zinsanspruch nach dieser Bestimmung liegen nicht vor. Nach dieser Regelung kann die Anstalt die Gegenwertforderung unter Berechnung von Zinsen stunden. Eine solche Stundung durch die Beklagte ist nicht ersichtlich. Vielmehr verweigert die Klägerin schlicht die Zahlung. |
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| 3. Die Beklagte hat auch keinen Anspruch auf Zahlung von gesetzlichen Verzugszinsen nach §§ 288, 284 BGB in der bis zum 01.01.2002 geltenden Fassung. Die Beklagte ist nämlich mit der Gegenwertzahlung nicht in Verzug. |
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| a) Verzug tritt schon nach § 23 Abs. 4 S. 1 VBLS a.F. nicht vor Ablauf eines Monats nach Zugang der Mitteilung über die Höhe des Gegenwerts ein. Eine taugliche Mitteilung der Höhe des Gegenwerts liegt aber bislang wegen der rechtsfehlerhaften Berechnung durch die Beklagte nicht vor. |
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| b) Der fehlende Verzugseintritt ergibt sich im Übrigen auch aus allgemeinen Regeln. Verzug tritt nämlich nicht ein, wenn der Schuldner die tatsächlich geschuldete Forderung nicht allein ausrechnen kann, etwa weil sie von ihm unbekannten internen Daten des Gläubigers abhängt (BGH NJW 2006, 3271). Dabei mag hier dahingestellt sein, ob die Klägerin einen Gegenwert nach § 23 Abs. 2 VBLS a.F. oder einer nach ergänzender Vertragsauslegung geltenden Regelung selbst (unter Hinzuziehung von Versicherungsmathematikern) hätte berechnen können, ohne den technischen Geschäftsplan der Beklagten zu kennen. Sie konnte nämlich davon ausgehen, dass weder eine Verpflichtung hierzu bestand noch die Beklagte eine eigene Berechnung durch die Klägerin akzeptieren würde. Insoweit durfte die Klägerin sich auf die Regelung in § 23 Abs. 2 S. 1 VBLS verlassen, wonach der Gegenwert von der Beklagten zu berechnen ist. |
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| D. Klageantrag Ziffer 4.5 |
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| Der hier mit Ziff. 4.5 bezeichnete Klageantrag ist nicht zulässig. |
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| Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass bei der Berechnung eines von der Klägerin an die Beklagte zu zahlenden Gegenwerts nur diejenigen Ansprüche und Anwartschaften der zum 31.12.2002 in einem zusatzversorgungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin stehenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einzubeziehen sind, die im Zeitraum zwischen dem 01.07.1999 und dem 31.12.2002 auf Grund einer in diesem Zeitraum bestehenden zusatzversorgungspflichtigen Beschäftigung der Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer der Klägerin entstanden sind. Damit wird nicht auf das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abgezielt, so dass es an den Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 256 Abs. 1 ZPO mangelt. |
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| Welche Ansprüche und Anwartschaften bei der Berechnung eines von der Beklagten zu zahlenden Gegenwertes einzubeziehen sind, ist eine abstrakte Rechtsfrage im Rahmen der Berechnung der einheitlichen Gegenwertforderung. Bloße Grundlagen für die Berechnung eines einheitlichen Anspruchs sind kein Rechtsverhältnis i.S. von § 256 Abs. 1 ZPO (BGHZ 22, 43, 47). Hinzu kommt vorliegend, dass die Klägerin die konkreten Sachverhalte nicht nennt, die sie bei der Berechnung einbezogen bzw. nicht einbezogen sehen möchte. |
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| Teil 3: Nebenentscheidungen |
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