Landgericht Köln Beschluss, 14. Juni 2016 - 29 T 56/16
Gericht
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der weiteren Beteiligten wird die Kostenentscheidung im Urteil des Amtsgerichts Köln vom 07.03.2016, 202 C 153/15 abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten auferlegt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beklagten.
1
GRÜNDE
2I.
3Die Kläger haben die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 28.09.2015 zu TOP 3 ( Gesamt- und Wohngeldabrechnung 2013 sowie Entlastung des Verwaltungsbeirats und der Verwaltung) und zu TOP 7 ( Anbringung von Taubenspikes ) angefochten. Mit Urteil vom 07.03.2016 hat das Amtsgericht die vorgenannten Beschlüsse für unwirksam erklärt und die Kosten des Rechtsstreits der weiteren Beteiligten zu 90% und den Beklagten zu 10% auferlegt. Zur Begründung der Kostenentscheidung hat das Amtsgericht ausgeführt, der weiteren Beteiligten seien die Kosten des Verfahrens in Bezug auf die Anfechtung zu TOP 3 gemäß § 49 Abs. 2 WEG aufzuerlegen, da sie ein grobes Verschulden treffe. Da bereits eine frühere Abrechnung über denselben Abrechnungszeitraum aufgehoben worden sei, hätte Anlass zu besonderer Sorgfalt bestanden, um im Interesse der Parteien eine erneute Inanspruchnahme des Gerichts zu vermeiden. Die weitere Beteiligte hat gegen das ihr unter dem 10.03.2016 zugestellte Urteil mit am 22.03.2016 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde in Bezug auf die zu ihren Lasten getroffenen Kostenentscheidung eingelegt.
4II.
5Die sofortige Beschwerde der weiteren Beteiligten ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt worden. Die weitere Beteiligte vermag isoliert die Kostenentscheidung mit der sofortigen Beschwerde anzugreifen. Da der weiteren Beteiligten, ohne dass sie Partei des Verfahrens ist und insoweit am Verfahren beteiligt ist, Kosten auferlegt worden sind, gilt die Entscheidung ihr gegenüber als isolierte Kostenentscheidung, die sie selbständig anfechten kann ( vgl. Niedenführ, WEG, 9.Aufl., § 49 Rdnr. 35 m.w.N. ).
6Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Es kann vorliegend nicht davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzungen des § 49 Abs. 2 WEG erfüllt sind. Zwar ermöglicht § 49 Abs. 2 WEG dem Gericht die Möglichkeit im Rahmen einer Ermessensentscheidung etwaige den Wohnungseigentümern gegen den Verwalter zustehende materiell-rechtliche Schadensersatzansprüche bei der gerichtlichen Kostenentscheidung zu berücksichtigen. Die Haftung des Verwalters hinsichtlich der Kostentragungspflicht ist indes auf die Fälle begrenzt, in denen die Kosten durch ein grob fahrlässiges Verhalten des Verwalters veranlasst worden sind. Maßgeblich ist bei der Anwendung des § 49 Abs. 2 WEG, ob die Person, der nach § 49 Abs. 2 WEG die Kosten auferlegt werden sollen, als Verwalter funktionell tätig geworden ist und ob durch Pflichtverletzungen im funktionellen Zusammenhang mit der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums eine Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst worden ist. Hierfür genügt jedes Tun oder Unterlassen des Verwalters, das für einen späteren Rechtsstreit ursächlich ist. Erforderlich ist aber in jedem Fall eine Pflichtverletzung des Verwalters; es müssen Leistungs- oder Verhaltenspflichten verletzt werden, die der Verwalter im Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums schuldet. Dies kann, wie das Amtsgericht zutreffend festgestellt hat, der Fall sein bei einer erneuten Erstellung einer fehlerhaften Jahresabrechnung. Zwar schuldet der Verwalter nicht die Vorlage einer ordnungsgemäßen Jahresabrechnung, die im Falle einer Anfechtung der Beschlussfassung in jedem Fall Bestand hat. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigten, dass Form und Inhalt einer ordnungsgemäßen Jahresabrechnung in Rechtsprechung und Literatur umstritten sind und somit der Begriff der fehlerhaften Jahresabrechnung nicht ohne Zweifel ist ( vgl. Jennißen-Jennißen, WEG, 4. Aufl., § 26 Rdnr. 65). Soweit jedoch auf Grund eine vorangegangenen Anfechtungsverfahrens, das wie vorliegend auch nicht nur formale Fehler der Beschlussfassung betraf, Anlass zu einer Überarbeitung der Jahresabrechnung gegeben hat, ist der Verwalter veranlasst, die von ihm erstellte Jahresabrechnung einer kritischen Prüfung zu unterziehen und auf etwaige Fehler zu untersuchen ( vgl. LG Köln, Urteil vom 18.12.2014, 29 S 75/14 ). Unterlässt er dieses, ist von einer Pflichtverletzung auszugehen. Davon muss im vorliegenden Fall ausgegangen werden, denn sowohl die Urteilsbegründung in dem Vorverfahren Amtsgericht Köln 204 C 123/14 als auch die Urteilsbegründung im vorliegenden Anfechtungsverfahren lassen nicht erkennen, dass die Verwalterin die von ihr neu erstellten Jahresabrechnung einer ausreichend kritischen Prüfung unterzogen hat. Insbesondere vermag nicht zu überzeugen, dass es einen erheblichen Aufwand für die Verwalterin dargestellt hat, von einer Bilanzierung auf eine Einnahmen- und Ausgabenrechnung umzustellen war. Ebenso wenig kommt es darauf an, dass im vorliegenden Verfahren auch neue Fehler gerügt worden sind, da auch dieses nicht die Annahme zulässt, dass die weitere Beteiligte die neu erstellte Jahresabrechnung einer kritischen Prüfung auf Fehler unterzogen hat.
7Indes kann nicht davon ausgegangen werden, dass der weiteren Beteiligten ein grobes Verschulden vorzuwerfen ist. Denn grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Verwalter die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt, wenn er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder beiseite geschoben hat und dasjenige unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss oder sich jedem aufgedrängt hätte. Davon kann vorliegend indes nicht ausgegangen werden, denn das WEG definiert den Begriff der ordnungsgemäßen Verwaltung nicht näher und für den Verwalter ist bei Konsultation des Organisationsrechts nicht offensichtlich, welche Selbstverständlichkeit hier von ihm verlangt wird ( vgl. Lehmann-Richter, ZWE 2016, 72 ff. -75- m.w.N.), auch ist, wie bereits ausgeführt, der Begriff der fehlerhaften Jahresabrechnung nicht ohne Zweifel. Die neu erstellte Jahresabrechnung ist insbesondere nicht identisch mit der, die Gegenstand des Verfahrens Amtsgerichts Köln 204 C 123/14 war. Angesichts der in dem streitgegenständlichen Urteil des Amtsgerichts vom 07.03.2016 aufgezeigten Fehler der Jahresabrechnung 2013 kann daher nicht schon von einer groben Fahrlässigkeit ausgegangen werden.
8Im Hinblick auf das Unterliegen der Beklagten im vorliegenden Verfahren waren demgemäß die gesamten Kosten des Rechtsstreits erster Instanz den Beklagten nach Kopfteilen gemäß § 91 Abs. 1 ZPO aufzuerlegen.
9Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Beklagten zu tragen, da sie unterlegen sind.
10Beschwerdewert: 90% der erstinstanzlichen Kosten des Verfahrens
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(1) Werden Rechtsverhältnisse, mit denen ein Rechtserfolg bezweckt wird, der den durch dieses Gesetz geschaffenen Rechtsformen entspricht, in solche Rechtsformen umgewandelt, so ist als Geschäftswert für die Berechnung der hierdurch veranlassten Gebühren der Gerichte und Notare im Fall des Wohnungseigentums ein Fünfundzwanzigstel des Einheitswerts des Grundstückes, im Falle des Dauerwohnrechtes ein Fünfundzwanzigstel des Wertes des Rechts anzunehmen.
(2) Durch Landesgesetz können Vorschriften zur Überleitung bestehender, auf Landesrecht beruhender Rechtsverhältnisse in die durch dieses Gesetz geschaffenen Rechtsformen getroffen werden.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.