Landgericht Köln Urteil, 18. Dez. 2014 - 29 S 75/14
Gericht
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 17.2.2014 – 202 C 136/13 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2(Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO, § 62 Abs. 2 WEG abgesehen.)
3Im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht Köln einen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte gem. § 280 BGB i.V.m. dem Verwaltervertrag verneint.
4Die Aktivlegitimation des Klägers ist gegeben. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers kommt jedoch im Hinblick auf die Erstellung und Vorlage beider Jahresabrechnungen 2010 durch die Beklagte nicht in Betracht.
5Nach § 28 Abs. 3 WEG ist der Verwalter nach Ablauf eines Wirtschaftsjahres verpflichtet eine Jahresabrechnung aufzustellen. Entgegen der Auffassung des Klägers schuldet der Verwalter nicht die Vorlage einer ordnungsgemäßen Jahresabrechnung, die Falle einer Anfechtung der Beschlussfassung in jedem Fall Bestand hat. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass Form und Inhalt einer ordnungsgemäßen Jahresabrechnung in Rechtsprechung und Literatur umstritten sind und somit der Begriff der fehlerhaften Jahresabrechnung nicht ohne Zweifel ist (vgl. Jennißen-Jennißen, WEG, § 26 Rn.65).
6Die erstmalige Erstellung und Vorlage einer Jahresabrechnung, die nicht den Maßstäben entspricht, die Rechtsprechung und Literatur an eine ordnungsgemäße Jahresabrechnung stellen, stellt daher grundsätzlich keine Pflichtverletzung des Verwalters dar; etwas anderes kann sich jedoch im Einzelfall ergeben, wenn die vorgelegte Jahresabrechnung derart unvollständig und fehlerhaft ist, dass von der Vorlage einer geordneten Darstellung der Einnahmen und Ausgaben nicht mehr gesprochen werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Von Seiten der Beklagten ist eine Jahresabrechnung vorgelegt worden, die eine geordnete Darstellung der Einnahmen und Ausgaben enthielt und nach Prüfung durch den Verwaltungsbeirat zur Beschlussfassung gestellt worden ist. Eine Pflichtverletzung der Beklagten kann daher in der Vorlage des ersten Entwurfs zur Jahresabrechnung 2010 nicht gesehen werden.
7Soweit ein neues Anfechtungsverfahren – 204 C 199/11 – AG Köln - durch die weitere Beschlussfassung vom 17.1.2012 über die überarbeitete Jahresabrechnung 2010 veranlasst worden ist, kann eine Pflichtverletzung seitens der Beklagten nicht ausgeschlossen werden, denn aufgrund der Darlegungen in dem Anfechtungsverfahren – 204 C 72/12 – AG Köln – musste die Beklagte die von ihr erstellte Jahresabrechnung 2010 einer kritischen Prüfung unterziehen und auf etwaige Fehler hin untersuchen.
8Ein Schadensersatzanspruch des Klägers ist jedoch ausgeschlossen, da ihm ein überwiegendes, den Schadensersatzanspruch ausschließendes Mitverschulden an der Schadensentstehung vorzuwerfen ist. Wenn hier von Seiten des Klägers im Wesentlichen das Fehlen der Kontenentwicklung gerügt wird, so hätte dieser Fehler dem Kläger in seiner Eigenschaft als Wohnungseigentümer und Mitglied des Beirates, der für die Prüfung der Jahresabrechnung zuständig ist, auffallen müssen, denn die Überprüfung der rechnerischen Schlüssigkeit der Jahresabrechnung ist Aufgabe des Verwaltungsbeirates (vgl. Jennißen-Hogenschurz, WEG, § 29 Rn.20). Die fehlende Kontenentwicklung macht die Schlüssigkeitsprüfung hingegen unmöglich, so dass dieser Fehler für den Kläger, als Beiratsmitglied, klar erkennbar gewesen ist. Insoweit kann sich der Kläger auch nicht darauf zurückziehen, dass es sich um einen Fehler handelt, der für einen juristisch und wirtschaftlich nicht vorgebildeten Wohnungseigentümer nicht erkennbar war. Es ist nämlich auf den Horizont eines kaufmännisch und insbesondere buchhalterisch vorgebildeten Eigentümers abzustellen (vgl. Jennißen-Jennißen, WEG, § 28 Rn.75b), so dass sich der einzelne Wohnungseigentümer nicht auf den Standpunkt stellen kann, dass er in jedem Fall blind darauf vertrauen kann, dass der Verwalter eine nach den Grundsätzen von Rechtsprechung und Literatur ordnungsgemäße Jahresabrechnung zur Beschlussfassung stellen wird.
9Hier kommt hinzu, dass dem Kläger und den übrigen Wohnungseigentümer die neue Beschlussfassung am 17.1.2012 im Wissen um die Anfechtung der ersten Beschlussfassung über die Jahresabrechnung 2010 getroffen haben, so dass ihnen die Fehler der ersten Abrechnung bekannt waren und sie daher besonders sorgfältig hätten prüfen müssen, ob die Jahresabrechnung ordnungsgemäß erstellt worden ist. Der Kläger räumt in seinem Schriftsatz vom 6.11.2014 selber ein, dass die zweite Jahresabrechnung 2010 im Wesentlichen die gleichen Fehler aufwies wie der erste Entwurf und es sich bei dem Fehlen des Kontenverlauf/Kontenabstimmung um elementare Fehler der Jahresabrechnung handelt.
10Weiter ist zu berücksichtigen, dass allein die Erstellung und Vorlage einer nicht ordnungsgemäßen Jahresabrechnung nicht zu dem hier geltend gemachten Schaden des Klägers führen kann. Erst die Beschlussfassung durch die Wohnungseigentümer eröffnet die Möglichkeit des Führens eines Anfechtungsverfahrens mit den Folgen der Kostentragung durch die unterlegenen Wohnungseigentümer. Die Wohnungseigentümer müssen daher in eigener Verantwortung dafür Sorge tragen, dass nur Beschlüsse gefasst werden, die den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen. Dies gilt erst recht, wenn bereits ein Anfechtungsverfahren in Bezug auf das gleiche Abrechnungsjahr anhängig ist und daher nicht auszuschließen ist, dass es erneut zu einem Anfechtungsverfahren kommen kann. Auf die Darlegungen der Verwalterin in der Eigentümerversammlung, wo es im Protokoll heißt, dass die Abrechnung „verständlicher gestaltet“ worden ist, durfte der Kläger sich jedenfalls nicht verlassen. Daraus ergab sich nicht, dass die Beklagte die in dem ersten Anfechtungsverfahren monierten Mängel abgestellt hatte.
11Bei der Frage des Mitverschuldens geht es daher nicht um die fehlenden Überwachung oder fehlerhafte Auswahl des Verwalters sondern um die Wahrnehmung der eigenen Sorgfaltspflichten der Wohnungseigentümer bei Beschlussfassungen. Das Wohnungseigentumsgesetz gibt den Wohnungseigentümern nicht nur das Recht auf gemeinschaftliche Verwaltung, es gestaltet die Verwaltung auch als Pflicht. Aus dem unter den Wohnungseigentümern bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnis erwächst die Pflicht des einzelnen Wohnungseigentümers an der ordnungsgemäßen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums mitzuwirken (vgl. Timme-Elzer, WEG, § 21 Rn. 49). Nach § 21 Abs. 4 WEG schulden die Wohnungseigentümer untereinander daher auch eine der ordnungsgemäßen Verwaltung entsprechende Beschlussfassung (vgl. Timme-Elzer, WEG, § 21 Rn.126), so dass sie im Rahmen dessen auch dafür Sorge tragen müssen, dass nur Beschlüsse gefasst werden, die den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen.
12Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
13Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
14Die Revision wird nicht zugelassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichtes. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung.
15Die Kammer weicht mit ihrer Entscheidung nicht von der Entscheidung des BayObLG - Beschluss vom 17.6.2003 – 2 Z BR 110/02 – ab, da diese Entscheidung einen anderen Sachverhalt betraf, nämlich die Auferlegung von Verfahrenskosten auf den Verwalter. Diese Entscheidung erging zudem nach altem Recht und ist durch die Einfügung der Vorschrift des § 49 Abs. 2 WEG obsolet geworden. Die Ausführungen des BayObLG zur Frage der Erkennbarkeit von Fehlern bei der Jahresabrechnung beziehen sich auf die Frage, ob durch den Entlastungsbeschluss konkurrierende Ansprüche ausgeschlossen werden.
16Die Ausführungen in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz 3.12.2014 gaben keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
17Streitwert: 1.356,10 €
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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Die Wohnungseigentümer beschließen über die Vorschüsse zur Kostentragung und zu den nach § 19 Absatz 2 Nummer 4 oder durch Beschluss vorgesehenen Rücklagen. Zu diesem Zweck hat der Verwalter jeweils für ein Kalenderjahr einen Wirtschaftsplan aufzustellen, der darüber hinaus die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben enthält.
(2) Nach Ablauf des Kalenderjahres beschließen die Wohnungseigentümer über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse. Zu diesem Zweck hat der Verwalter eine Abrechnung über den Wirtschaftsplan (Jahresabrechnung) aufzustellen, die darüber hinaus die Einnahmen und Ausgaben enthält.
(3) Die Wohnungseigentümer können beschließen, wann Forderungen fällig werden und wie sie zu erfüllen sind.
(4) Der Verwalter hat nach Ablauf eines Kalenderjahres einen Vermögensbericht zu erstellen, der den Stand der in Absatz 1 Satz 1 bezeichneten Rücklagen und eine Aufstellung des wesentlichen Gemeinschaftsvermögens enthält. Der Vermögensbericht ist jedem Wohnungseigentümer zur Verfügung zu stellen.
(1) Die Kosten einer baulichen Veränderung, die einem Wohnungseigentümer gestattet oder die auf sein Verlangen nach § 20 Absatz 2 durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchgeführt wurde, hat dieser Wohnungseigentümer zu tragen. Nur ihm gebühren die Nutzungen.
(2) Vorbehaltlich des Absatzes 1 haben alle Wohnungseigentümer die Kosten einer baulichen Veränderung nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen,
- 1.
die mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen wurde, es sei denn, die bauliche Veränderung ist mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, oder - 2.
deren Kosten sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren.
(3) Die Kosten anderer als der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten baulichen Veränderungen haben die Wohnungseigentümer, die sie beschlossen haben, nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Ihnen gebühren die Nutzungen entsprechend § 16 Absatz 1.
(4) Ein Wohnungseigentümer, der nicht berechtigt ist, Nutzungen zu ziehen, kann verlangen, dass ihm dies nach billigem Ermessen gegen angemessenen Ausgleich gestattet wird. Für seine Beteiligung an den Nutzungen und Kosten gilt Absatz 3 entsprechend.
(5) Die Wohnungseigentümer können eine abweichende Verteilung der Kosten und Nutzungen beschließen. Durch einen solchen Beschluss dürfen einem Wohnungseigentümer, der nach den vorstehenden Absätzen Kosten nicht zu tragen hat, keine Kosten auferlegt werden.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Werden Rechtsverhältnisse, mit denen ein Rechtserfolg bezweckt wird, der den durch dieses Gesetz geschaffenen Rechtsformen entspricht, in solche Rechtsformen umgewandelt, so ist als Geschäftswert für die Berechnung der hierdurch veranlassten Gebühren der Gerichte und Notare im Fall des Wohnungseigentums ein Fünfundzwanzigstel des Einheitswerts des Grundstückes, im Falle des Dauerwohnrechtes ein Fünfundzwanzigstel des Wertes des Rechts anzunehmen.
(2) Durch Landesgesetz können Vorschriften zur Überleitung bestehender, auf Landesrecht beruhender Rechtsverhältnisse in die durch dieses Gesetz geschaffenen Rechtsformen getroffen werden.