Landgericht Itzehoe Urteil, 10. Nov. 2011 - 7 O 97/11
Gericht
Tenor
1.) Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.000,00 € nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszins seit dem 12. September 2008 zu zahlen.
2.) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3.) Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Beklagte 6 % und der Kläger 94 %.
4.) Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Der Kläger macht Ansprüche aus Insolvenzanfechtung geltend.
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Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des xxx gemäß Eröffnungsbeschluss des Amtsgerichts xxx vom 1. September 2008.
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Der Beklagte hat wegen verschiedener Kaufpreisforderungen unter dem 1. November 2006 einen Vollstreckungsbescheid gegen den Gemeinschuldner erwirkt über eine Hauptforderung von 128.583,57 € nebst Zinsen und Kosten abzüglich einer Zahlung von 3.000,00 €. Wegen der Gesamtforderung von 149.548,54 € hat der Beklagte sodann mit dem Schuldner eine Teilzahlungsvereinbarung geschlossen, wonach der Schuldner monatliche Raten in Höhe von 1.000,00 € zahlen sollte unter Einschluss einer Besserungsklausel über die Ratenhöhe. Zu den Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Anlage K 2, Bl. 13 d. A..
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Die Parteien haben nach Erlass des Vollstreckungsbescheids über die Ratenhöhe verhandelt. In diesem Zusammenhang hat die vom Gemeinschuldner eingeschaltete Steuerberaterin mitgeteilt, dass Finanzierungsgespräche mit der xxx über ein Darlehen liefen und dass die Entscheidung noch ausstehe, es zeichne sich eine Verbesserung des betriebswirtschaftlichen Ergebnisses ab, so dass noch keine Aussage gemacht werden könne, wann und in welcher Höhe die Verbindlichkeiten abgelöst werden könnten. Der Mindestbetrag der monatlichen Zahlungen belaufe sich auf 1.500,00 €, würde aber je nach Liquiditätslage entsprechend aufgestockt. Zu den Einzelheiten wird verwiesen auf die Anlage B1 und auf die Anlage B 2, Bl. 36, 37 d. A..
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Der Gemeinschuldner hat ab 13. November 2006 bis zum April 2007 monatlich 1.000,00 € und ab April 2007 bis Juni 2008 monatlich 2.000,00 € jeweils fristgerecht an den Beklagten gezahlt, insgesamt 35.000,00 €.
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Mit Schreiben vom 8. April 2010 hat der klagende Insolvenzverwalter hinsichtlich der vorgenannten Zahlungen die Insolvenzanfechtung erklärt. Mit der Klage macht er Zahlung sämtlicher Raten geltend. Er ist der Auffassung, die Beträge seien, soweit es die Zahlung vom 5. Juni 2008 angehe, im Hinblick auf den unter dem 23. Juni 2008 gestellten Insolvenzantrag nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar. Die übrigen Zahlungen seien nach § 133 Abs. 1 i. V. m. § 129 Abs. 1 InsO anfechtbar. Jedenfalls seien die Zahlungen vom 11. April 2008 und 9. Mai 2008 ebenfalls nach § 129 Abs. 1 i. V. m. § 131 Abs. 1 Nr. 2 Nr. 3 InsO anfechtbar.
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Der Kläger behauptet hierzu, der Gemeinschuldner habe die Ratenzahlungen nur ausgeführt, um Zwangsvollstreckungsmaßnahmen des Beklagten aus dem erwirkten Vollstreckungsbescheid abzuwenden; ansonsten wäre es ihm nicht möglich gewesen, den laufenden Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten.
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Der Insolvenzschuldner habe mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt. Ihm sei bekannt gewesen, dass dadurch die ursprünglich zu tilgende Schuld kaum verringert worden sei. Durch die Teilzahlungen habe der Insolvenzschuldner lediglich 817,97 € getilgt. Unstreitig beläuft sich die Restforderung des Beklagten gegen den Gemeinschuldner zum Zeitpunkt des Insolvenzantrages auf 140.008,46 € einschließlich Zinsen und Kosten.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 35.000,00 € nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszins seit dem 1. September 2008, sowie weitere 1.099,00 € zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er bestreitet, dass Zahlungsunfähigkeit oder drohende Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners vorgelegen habe, jedenfalls habe er hiervon keine Kenntnis gehabt. Vielmehr hätten die Verhandlungen über die Ratenhöhe berücksichtigen sollen, dass noch weitere Verbindlichkeiten bestanden und die Möglichkeit gegeben werden sollte, diese auszugleichen.
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Zum weiteren Vorbringen wird Bezug genommen auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist lediglich begründet, soweit im Wege der Anfechtung die Herausgabe der Raten für Juni 2008 in Höhe von jeweils 2.000,00 € begehrt wird. Insoweit besteht ein Anspruch der Masse auf Rückgewähr wegen Anfechtbarkeit der Zahlung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 1. Altern. InsO.
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Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
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Voraussetzung für einen Anspruch nach §§ 130 bzw. 131 Abs. 1, 133 InsO ist, dass der Schuldner zahlungsunfähig ist oder eine solche Zahlungsunfähigkeit droht, der Gläubiger dies weiß und die Absicht des Schuldners kennt, die anderen Gläubiger zu benachteiligen. Daran fehlt es vorliegend. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die der Kläger selbst zitiert hat, ist bei der Frage, ob der Schuldner zahlungsunfähig ist, eine Forderung, die früher ernsthaft eingefordert war, nicht mehr zu berücksichtigen, wenn inzwischen ein Stillhalteabkommen, das keine Stundung im Rechtssinne enthalten muss - mit dem Gläubiger geschlossen wurde (BGH v. 20.12.2007, IX ZR 93/06, m. w. N.). Danach sind bei der Frage, ob Zahlungsunfähigkeit vorlag oder drohte Verbindlichkeiten des Beklagten nicht zu berücksichtigen. Unstreitig hat nämlich dieser mit dem Schuldner ein Stillhalteabkommen zunächst jedenfalls konkludent - später ausdrücklich - in Form einer Teilzahlungsvereinbarung geschlossen. Der Kläger hat trotz Bestreitens des Beklagten auch nicht dargetan und Beweis angetreten, dass weitere Schuldner zum Zeitpunkt der jeweiligen Zahlungen nicht bedient wurden, ohne dass mit ihnen ein Stillhalteabkommen geschlossen war. Vielmehr hat der Beklagte dargetan, dass Verhandlungen zur Verbesserung der Liquidität und zur Konsolidierung des Schuldners bis zum Abschluss des Teilzahlungsvertrages geführt wurden und über die Ratenhöhe verhandelt wurde, damit auch andere Verbindlichkeiten bedient werden konnten.
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Zudem ist Benachteiligungsabsicht des Gemeinschuldners nicht dargetan, jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte von einer solchen Kenntnis hatte. Allerdings ist zu vermuten, dass der Gläubiger die Absicht des Schuldners kennt, die Gläubiger zu benachteiligen, wenn er Ratenzahlung des Schuldners entgegen nimmt und weiß, dass der Schuldner noch weitere Gläubiger hat, die erfolglos zu vollstrecken versucht haben und die Raten auch nur unregelmäßig gezahlt werden (vgl. BGH, a. a. O.).
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Diese Voraussetzungen sind vorliegend jedoch nicht gegeben. Zum einen hat der Kläger nicht dargetan, dass dem Beklagten weitere Gläubiger bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen und dass diese erfolglos zu vollstrecken versucht haben, zudem hat der Gemeinschuldner sämtliche Raten pünktlich bedient und die Ratenhöhe im Zuge der Verhandlungen auf 2.000,00 € aufgestockt. Vielmehr konnte der Beklagte gerade aufgrund der Tatsache, dass sämtliche Raten ordnungsgemäß und pünktlich gezahlt wurden, darauf schließen, dass der Gemeinschuldner in der Lage war, auch seine anderen Verbindlichkeiten jedenfalls durch Teilzahlungen zu bedienen und sie jedenfalls zum Stillhalten zu veranlassen.
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Entgegen der Ansicht des Klägers lässt sich auch daraus, dass nach dem Vortrag des Klägers lediglich 0,6 % der Gesamtschuld getilgt wurde, ein solcher Schluss nicht ziehen.. Denn dies trifft schon in tatsächlicher Hinsicht nicht zu.
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Nach dem eigenen Vortrag des Klägers und dem unstreitigen Vortrag des Beklagten sind von der Gesamtforderung des Beklagten von rd. 149.000 € tatsächlich mehr als 9.000,00 € getilgt worden. Der Kläger verkennt insoweit, dass die Ratenzahlungen des Beklagten zunächst auf Kosten, Zinsen und Zinsrückstände zu verrechnen waren. Zum Zeitpunkt des Insolvenzantrages wäre die gesamte Schuld in weniger als 10 Jahren getilgt worden, eine für einen Ratenkredit nicht ungewöhnliche Zeit, ungeachtet der vereinbarten Besserungsklausel.
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Annotations
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,
- 1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, - 2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder - 3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.
(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.
(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.
(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,
- 1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, - 2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder - 3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.
(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.