Landgericht Hamburg Urteil, 20. Apr. 2018 - 313 O 31/17

published on 20/04/2018 00:00
Landgericht Hamburg Urteil, 20. Apr. 2018 - 313 O 31/17
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Gericht

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Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ein mangelfreies fabrikneues typengleiches Ersatzfahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers mit identischer technischer Ausstattung wie das Fahrzeug VW Sharan Comfortline BlueMotion Technology 2,0 L TDI SCR 103 kW, FIN, Zug um Zug gegen Rückübereignung des mangelhaften Fahrzeugs VW Sharan Comfortline BlueMotion Technology 2,0 L TDI SCR 103 kW, FIN, nachzuliefern.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit Neulieferung und Rücknahme der im Tenor zu 1. genannten Fahrzeuge in Verzug befindet.

3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.706,94 EUR freizustellen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

6. Das Urteil ist bezüglich des Tenors zu 1., 3. und 5. vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 60.000 EUR.


Beschluss

Der Streitwert wird auf 41.600,00 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über das Bestehen eines Nacherfüllungsanspruchs in Bezug auf ein Fahrzeug, das von dem im September 2015 bekannt gewordenen VW-Abgasskandal um manipulierte Stickoxidwerte betroffen ist.

2

Die Beklagte ist eine unabhängige Kraftfahrzeughändlerin, die neben anderen Marken auch Fahrzeuge von Volkswagen vertreibt. Die Klägerin erwarb am 08.09.2014 einen VW Sharan Comfortline BlueMotion Technology 2,0 L TDI SCR 103 kW, FIN, zum Preis von 41.600,00 EUR bei der Beklagten, der am 23.01.2015 übergeben wurde. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 ausgestattet, dessen Software den Ausstoß von Stickoxiden im behördlichen Prüfverfahren verringert. Das Fahrzeug wurde als der Schadstoffklasse EURO-5 zugehörig verkauft.

3

Die verbaute Software erkennt, wann sich das Auto zur Ermittlung der Emissionswerte auf einem Prüfstand befindet. In diesem Fall findet eine Abgasrückführung statt, verbunden mit einem erneuten Einsatz der Gase beim nächsten Verbrennungsvorgang, sodass weniger Stickoxide ausgestoßen werden als bei normalem Fahrbetrieb im Straßenverkehr. Nur in diesem Testbetrieb überschreitet das Fahrzeug die nach der EURO-5-Norm zulässigen Stickoxidgrenzwerte nicht. Der Hersteller Volkswagen entwickelte ein Softwareupdate, das den Modus des Testbetriebs künftig auch im regulären Fahrbetrieb gewährleisten soll. Ein Plan zur kostenfreien Umrüstung aller betroffenen Volkswagen-Fahrzeuge wurde in Kooperation mit dem Kraftfahrtbundesamt ausgearbeitet. Eine Umrüstung des streitgegenständlichen Fahrzeugs fand bisher nicht statt. Eine Entziehung der Betriebserlaubnis seitens des Kraftfahrtbundesamtes erfolgte bislang nicht.

4

Mit Schreiben vom 18.11.2015 forderte die Klägerin die Beklagte erfolglos zur Ersatzlieferung bis zum 02.12.2015 auf.

5

Die Klägerin ist der Auffassung, der streitgegenständliche Wagen sei mangelhaft. Das Fahrzeug sei aktuell nicht zulassungsfähig. Das Modell sei im Verkaufsprospekt als besonders umweltfreundlich angepriesen worden, was ihre Kaufentscheidung beeinflusst habe.

6

Die Klägerin behauptet, eine folgenlose Nachbesserung des Mangels sei technisch nicht möglich. Das Softwareupdate könne zu bislang nicht erforschten langfristigen Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit und sonstigen Eigenschaften des Motors führen, insbesondere der Motorleistung und des Kraftstoffverbrauches. Zudem verbliebe in jedem Fall ein Makel und damit merkantiler Minderwert. Hilfsweise behauptet die Klägerin weitere Mängel des Wagens im Bereich der Lenkung, der Außenspiegel, der Abstandssensoren und der Lichtautomatik.

7

Die Klägerin meint, sie schulde als Verbraucherin keinen Nutzungsersatz.

8

Der Klägerin seien überdies vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.260,60 EUR entstanden. Die erhöhte Gebühr begründe sich auf einem überdurchschnittlich umfangreichen und rechtlich schwierig gelagerten Fall, der eine umfassende rechtsanwaltliche Auswertung zahlreicher Materialien, die permanente Beobachtung von Entwicklungen in Justiz, Politik aber auch dem Ausland sowie die Einarbeitung in komplizierte technische Fragestellungen erfordert habe.

9

Die Klägerin beantragt,

10

1. die Beklagtenpartei zu verurteilen, der Klägerpartei ein mangelfreies fabrikneues typengleiches Ersatzfahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers mit identischer technischer Ausstattung wie das Fahrzeug VW Sharan Comfortline BlueMotion Technology 2,0 L TDI SCR 103 kW, FIN, Zug um Zug gegen Rückübereignung des mangelhaften Fahrzeugs VW Sharan Comfortline BlueMotion Technology 2,0 L TDI SCR 103 kW, FIN, nachzuliefern.

11

2. festzustellen, dass sich die Beklagtenpartei mit der Neulieferung und mit der Rücknahme der im Klageantrag Ziffer 1 genannten Fahrzeuge in Verzug befindet.

12

3. die Beklagtenpartei zu verurteilen, die Klagepartei von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.260,60 EUR freizustellen nebst Zahlung von Zinsen in Höhe von 5%-Punkten seit Rechtshängigkeit.

13

Die Beklagte beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Die Beklagte führt aus, der Klägerin habe statt der Klage ein einfacherer, schnellerer und günstiger Weg offen gestanden, da die Volkswagen AG eine kostenlose Überarbeitung des streitgegenständlichen Fahrzeuges anbiete.

16

Die Beklagte wendet ein, das Fahrzeug sei nicht mangelhaft, sondern technisch sicher und uneingeschränkt gebrauchstauglich. Die streitgegenständliche Software werde auch von anderen Automobilherstellern verwandt. Die Typengenehmigung sei nach wie vor wirksam und in Kraft, eine Aufhebung vom Kraftfahrtbundesamt drohe nicht. Eine unzulässige Abschalteinrichtung im Fahrzeug liege nicht vor, sondern eine zulässige innermotorische Maßnahme.

17

Es sei auch nie zu Beschaffenheitsvereinbarungen mit der Klägerin gekommen bezüglich eines bestimmten Schadstoffausstoßes. Weitere behauptete Mängel seien bereits behoben.

18

Für den Fall, dass - betreffend den erhöhten Schadstoffausstoß - ein Mangel vorliege, sei dieser unerheblich. Die Umrüstung sei in weniger als einer Stunde erledigt und würde der Beklagten Kosten von weniger als 100,00 EUR brutto pro Fahrzeug verursachen und damit weniger als 1% des Kaufpreises betragen. Es komme mangels Substanzeingriffs nicht zu einer Minderung des Wiederverkaufswertes des Wagens. Die Nachbesserung sei auch zumutbar, da das Auto die ganze Zeit weiter nutzbar sei.

19

Die Beklagte meint, eine Neulieferung sei unmöglich. Die Herstellung der Produktionsreihe des streitgegenständlichen Fahrzeugmodells sei im Jahr 2015 eingestellt worden. Das gleiche Modell der neuen EURO-6-Motor Serie unterfalle einer anderen Typengenehmigung und weise zahlreiche technische Weiterentwicklungen auf, die eine höhere Höchstgeschwindigkeit bei gleichzeitig niedrigerem durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch gewährleisten würden. Jedenfalls aber sei eine Neulieferung unverhältnismäßig im Verhältnis zu einer Nachbesserung. Die Lieferung des Nachfolgemodells verursache Kosten von mindestens 25.785,85 EUR.

20

Die Beklagte meint, der streitgegenständliche Wagen sei nie in verzugsbegründender Weise angeboten worden.

21

Die Höhe der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten sei unzutreffend, es habe sich um ein Masseverfahren gehandelt.

22

Die Klage wurde der Beklagten am 03.02.2017 zugestellt.

Entscheidungsgründe

I.

23

Die zulässige Klage ist weit überwiegend begründet.

24

1. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Neulieferung eines fabrikneuen typengleichen Ersatzfahrzeuges aus der aktuellen Produktionsreihe des Herstellers Volkswagen gemäß §§ 439 Abs. 1, 434 Abs. 1, 437 Nr. 1 BGB zu.

25

a) Das durch die Beklagte gelieferte Fahrzeug hatte bei Gefahrübergang einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs.1 BGB. Der von der Klägerin erworbene Neuwagen entsprach nicht dem Leistungsversprechen des zwischen den Parteien geschlossenen Kfz-Kaufvertrages. Das Fahrzeug war bei Gefahrübergang mangelhaft jedenfalls gemäß § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und S. 3 BGB. Nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB ist der Kaufgegenstand nicht frei von Sachmängeln, wenn er sich nicht für die gewöhnliche Anwendung eignet oder nicht eine Beschaffenheit aufweist, welche bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Mangelhaft ist der Wagen im Echtbetrieb, weil sich der Hersteller eines unzulässigen Abschaltmechanismus für die Messung der Stickoxid-Werte unter Prüfbedingungen bedient hat. Der Käufer eines Fahrzeugs kann im Rahmen der üblichen und zu erwartenden Beschaffenheit eines Neuwagenkaufs in jedem Fall davon ausgehen, dass die rechtlichen Voraussetzungen für eine Zulassungsfähigkeit seines Fahrzeugs auf rechtmäßigem Wege eingehalten werden, ohne die Verwendung einer manipulierenden Software, die im Rahmen eines Prüflaufstandes einen Modus aktiviert, der nicht dem üblichen Betriebsmodus entspricht und in dem der Stickoxidausstoß reduziert wird (hierzu wie zum Folgenden LG Hamburg, Urteil vom 07.03.2018 - 329 O 105/17; LG Neuruppin, Urteil vom 24. Mai 2017 - 1 O 170/16 - unter Verweis unter anderem auf LG Regensburg, Urteil vom 04.01.2017, 7 O 967/16; LG Münster, Urteil vom 14.03.2016, 11 O 341/15; LG Oldenburg, Urteil vom 01.09.2016, 16 O 790/16 LG Aachen, Urteil vom 18.05.2016, 9 O 269/16). Dass im Fahrzeug der Klägerin wie in allen mit dem entsprechenden Aggregat EA189 ausgestatteten Fahrzeugen eine solche manipulierende Software installiert wurde, ist unstreitig. Dass diese auch unzulässig ist, steht zur Überzeugung des Gerichts ausweislich der zur Akte gereichten Dokumente des Kraftfahrt-Bundesamtes fest, das den Hersteller verpflichtet hat, diese unzulässige Abschalteinrichtung unter Einhaltung der entsprechenden Einzelrechtsakte der Richtlinie 2007/46/EG zu entfernen. Dieser Mangel lag als produktionsbedingter auch bei Gefahrübergang, also bei Übergabe des Fahrzeugs an die Klägerin, vor (§§ 434 Abs. 1 S. 1, 446 BGB).

26

b) Ferner liegt auch ein Rechtsmangel vor.

27

Nach § 435 S.1 BGB ist eine Sache frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf die Sache keine oder nur die im Kaufvertrag übernommenen Rechte gegen den Käufer geltend machen können. Auch auf öffentlichem Recht beruhende Eingriffsbefugnisse, Beschränkungen und Bindungen, die die Nutzung der Kaufsache beeinträchtigen, können einen Rechtsmangel begründen (BGH U.v. 18.01.2017, VIII ZR 234/15). So liegen die Dinge hier.

28

Es droht der Klägerin ein Entzug der Betriebserlaubnis, wenn sie das durch die Volkswagen AG bereit gestellte Softwareupdate nicht durchführen lässt. Demnach ist das Fahrzeug im derzeitigen Zustand also nicht vorschriftsgemäß. Ein Käufer darf indes üblicherweise erwarten, dass er ein Fahrzeug erwirbt, dessen Betriebserlaubnis nicht gefährdet ist oder nur mit Auflagen aufrechterhalten wird (OLG München Beschl. v. 23.3.2017, Az.: 3 U 4316/16, Rn. 12 zit. nach Beck Online LG Offenburg, VuR 269, 270). Die Ansicht der Beklagten, bei der verbauten Software handele es sich nicht um eine Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 3 Nr. 10 VO (EG) Nr. 715/2007, ist unzutreffend. Nach dieser Norm liegt eine Abschalteinrichtung unter anderem dann vor, wenn es sich um ein Konstruktionsteil handelt, das bestimmte Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu deaktivieren. Dadurch wird dessen Wirksamkeit bei Vorliegen solcher Bedingungen verringert, die bei normalem Fahrzeugbetrieb zu erwarten sind (LG München II, Urt. v. 15.11.2016, Az.: 12 O 1482/16, Rn. 48 zit. nach Beck Online). Ein solches Teil stellt die verbaute Software dar. Sie ermittelt Parameter zum Erkennen des normalen Fahrbetriebes im Straßenverkehr und beeinflusst hierfür die Abgasregelung, so dass weniger Abgase zurück in den Ansaugbereich des Motors zur Wiederverbrennung gelangen. Hierdurch wird die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems beeinträchtigt. Unabhängig von der Durchführung des Softwareupdates verbleibt der eingangs dargelegte Sachmangel (dazu sogleich).

29

2.) Die Klägerin kann im vorliegenden Fall gemäß §§ 439 Abs. 1, 437 Nr. 1 BGB nach ihrer Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung eines mangelfreien PKW verlangen. Im Streitfall hat sich die Klägerin für die Nachlieferung entschieden, so dass sie Anspruch auf Lieferung eines fabrikneuen typengleichen PKW VW Sharan hat.

30

a) Die Beklagte kann nicht mit dem Einwand durchdringen, dass ihr die Nachlieferung gemäß § 275 Abs. 1 BGB unmöglich sei. Ursprünglich bestand eine Gattungsschuld. Eine Ersatzlieferung ist erst dann als unmöglich anzusehen, wenn die gesamte Gattung untergegangen oder mangelbehaftet ist (MüKoBGB/Ernst, 7. Aufl. 2016, BGB § 275 Rn. 35). Vorliegend ist davon auszugehen, dass alle Fahrzeuge aus der Modellreihe des streitgegenständlichen Fahrzeugs mit dem Dieselmotor Typ EA 189 bestückt und damit mangelbehaftet sind. Dem Ersatzlieferungsbegehren der Klägerin ist aber durch Überlassung eines typengleichen, anders motorisierten Fahrzeugs der aktuellen Baureihe nachzukommen. Die Auffassung der Beklagten, bei den Modellen der aktuellen Produktionsreihe handele es sich um eine andere Gattung, geht fehl. Eine Gattung ist die durch gemeinschaftliche Merkmale wie Sorte, Type oder sonstige Qualifikation zusammengefasste Sachgruppe. Die Bestimmung der Gattung und ihres Umfanges obliegt den Parteien. Ergeben sich wie vorliegend keine besonderen Anhaltspunkte, entscheidet die Verkehrsauffassung (Jauernig/Berger, 16. Aufl. 2015, BGB § 243 Rn. 3 Palandt/Grüneberg, 77. Aufl. 2018, § 243 Rn. 2). Im Ergebnis gehört die aktuelle Baureihe noch derselben Gattung an wie das Fahrzeug der Klägerin.

31

Die Motoren des Typs EA 288 der neuen Sharan-Baureihe erfüllen anstelle der EURO-5-Norm die Voraussetzungen der EURO-6-Norm. Ferner weisen sie eine um 7 kW höhere Motorisierung auf, bei gleichzeitig um bis zu 15% geringerem Kraftstoffverbrauch, womit auch die Einordnung in eine höhere Effizienzklasse einhergeht. Darüber hinaus verfügen die Modelle der neuen Serie über ein leicht verändertes Design, weiterentwickelte Sicherheitseinrichtungen, wie eine Müdigkeitserkennung oder eine sogenannte Multikollisionsbremse, sowie über Neuerungen im Multimedia- und Infotainmentbereich. Diese optischen und technischen Veränderungen sind weder jede für sich, noch nach gebotener Gesamtschau so erheblich, dass von der Angehörigkeit zu einer neuen Gattung ausgehen ist. Dies wird unter anderem deutlich durch den nur kurzen Zeitraum von zwei Monaten zwischen Produktionsende der Baureihe des streitgegenständlichen PKW im Mai 2015 und Beginn der Herstellung der neuen Serie im Juli 2015. Es handelt sich um nur marginale Verbesserungen, wie etwa die geringfügige Steigerung der Motorisierung, die dem Käufer eines PKW nicht von Bedeutung und damit zumeist auch gar nicht bekannt ist. Das Modell ist nach wie vor dasselbe. Auch die technische Fortentwicklung begründet keine besonderen Eigenschaften, die der Wagen zuvor nicht auch schon aufgewiesen hat. Die technischen Weiterentwicklungen stellen keine bedeutsamen Abweichungen dar. Vielmehr sind sie Teil einer Anpassung, die jedes Fahrzeug im Laufe der Jahre im Rahmen der sog. Modellpflege erfährt, um geänderten Bedürfnissen der Nutzer etwa im Bereich Umweltverträglichkeit oder Komfort gerecht zu werden, ohne dadurch die Zugehörigkeit zu einer neuen Gattung zu begründen. Der Käufer hat sich an stetige leichte Designmodifikationen bei Autos gewöhnt, ohne dass dies eine bemerkenswerte Veränderung der Gattungszugehörigkeit für ihn bedeuten würde. Auch die Fortentwicklung der elektronischen Ausstattung des Wagens stellt lediglich eine unerhebliche Erweiterung des Fahrkomforts dar, nicht aber eine Veränderung des Wagentyps selbst.

32

b) Die gewählte Nacherfüllung durch Neulieferung eines Fahrzeuges ist im Verhältnis zur Nachbesserung nicht unverhältnismäßig, § 439 Abs. 3 BGB. Denn auf das Aufspielen des von VW bereitgestellten Softwareupdates im Wege der Nachbesserung kann die Klägerin nicht verwiesen werden, da auf diese nicht ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden kann (§ 439 Abs. 3 Satz 2, letzter Halbsatz BGB) und die gebotene Interessenabwägung im Rahmen des § 439 Abs. 3 BGB daher zugunsten der Klägerin ausfällt.

33

Nach § 439 Abs. 3 BGB kann der Verkäufer die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist, wobei insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen ist, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden kann. Selbst unter der Annahme zugunsten der Beklagten, die Kosten der Entwicklung des Softwareupdates seien - etwa als „sowieso“ aufgrund der Anforderungen des Kraftfahrt-Bundesamtes und der die Nachbesserung wünschenden Kunden anfallende Kosten - bei der Bemessung der Kosten, die für die Nachbesserung anfallen, nicht zu berücksichtigen und es stünden daher Nachbesserungskosten in Höhe von etwa 100 € den vielfachen Kosten für die Neulieferung eines Fahrzeugs gegenüber, fällt die Interessenabwägung zugunsten der Klägerin aus. Zunächst ist der Mangel von erheblicher Bedeutung. Selbst unter der Annahme, dass eine Verwendungseinschränkung des Fahrzeugs derzeit nicht besteht und die Mangelbeseitigung lediglich 100 € kosten würde, ist der Mangel erheblich. Denn im Rahmen dieser indiziellen Bedeutung müsste neben den Kosten für die Entwicklung auch der erhebliche für die Entwicklung und Zulassung des Softwareupdates erforderliche zeitliche Aufwand von mehr als einem Jahr berücksichtigt werden, der schon für sich eine Unerheblichkeit ausschließt (so auch LG Hamburg, Urteil vom 16.11.2016 - 301 O 96/16 und LG Hamburg, Urteil vom 07.03.2018 - 329 O 105/17). Zu berücksichtigen ist darüber hinaus maßgeblich, dass derzeit unklar ist, ob das Softwareupdate auch auf lange Dauer technisch keine Nachteile mit sich bringt. Allein die Behauptung, das Kraftfahrtbundesamt habe nach sachkundiger Überprüfung keine Bedenken gehabt, besagt dazu nichts. Denn zum Einen kann sachlich nur geprüft worden sein, ob technisch nach kurzer Zeit noch keine Auswirkungen zu bemerken sind. Zum Anderen ist bei dieser unklaren Sachlage weiterhin offen, ob die vom Kraftfahrtbundesamt angeordnete Nachbesserung im kaufrechtlichen Verhältnis als ausreichend angesehen werden kann. All dies sind letztlich Umstände, die die gewählte Art der Nachbesserung, nämlich die Neulieferung, nicht als unverhältnismäßig erscheinen lassen. Schon der Umstand, dass eine Mangelbeseitigungsmaßnahme von der zuständigen Behörde geprüft und gefordert wird, zeigt, dass es sich nicht um einen unerheblichen Mangel handeln kann (so auch LG Aachen, Urteil vom 18.05.2016, 9 O 269/16).

34

Die Nachbesserung durch das Softwareupdate ist für die Klägerin unzumutbar. Es besteht der plausible Verdacht, dass das angebotene Softwareupdate keine ausreichende Nachbesserung ist. Die von Klägerseite zitierten technischen Bedenken sind nachvollziehbar: Wenn die Softwarenachbesserung nunmehr dazu führt, dass der Motor nur noch im Prüfstandmodus betrieben wird, das heißt, eine permanente Abgasrückführung erfolgt, so dürfte relativ klar sein, dass damit ein deutlich gesteigerter Verschleiß der betroffenen Motorteile einhergeht. Schon diese Befürchtung, die auch in der Öffentlichkeit umfangreich und kontrovers diskutiert wird, führt nach Ansicht des Gerichts zu einem deutlichen und auf unabsehbare Zeit verbleibenden Minderwert des Fahrzeuges, der auch durch eine sachverständige Überprüfung, die eigentlich nur durch Langzeittests erfolgen kann, nicht ausgeräumt werden kann (LG Hamburg, Urteil vom 07.03.2018 - 329 O 105/17). Auch folgt hier eine Unzumutbarkeit der Nachbesserung aus der nachhaltigen Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beklagten (zu den Grundsätzen: BGH v. 20.03.2010 VIII ZR 182/08). Der Käufer eines derart mangelbehafteten Fahrzeugs muss befürchten, dass die Nachbesserung durch ein einfaches Softwareupdate keinesfalls ausreichend sein kann, um die Mängel zu beheben, denn es wäre dann ja nicht nachvollziehbar, warum der Hersteller dieses einfache mit geringen Kosten verbundene Update nicht von vorneherein eingebracht hat. Im Rahmen der Frage der Unzumutbarkeit der Nachbesserung durch das Softwareupdate ist das Verhalten der Herstellerin auch der Beklagten zuzurechnen, weil nur die Möglichkeit besteht, dieses Softwareupdate von der Herstellerin zu erhalten (vgl. dazu: LG Köln, Urt. V. 18.05.2017- 2 O 422/16; LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016, 2 O 83/16; LG Aachen, Urteil vom 18.05.2016, 9 O 269/16), denn unstreitig ist ein Softwareupdate nur unter Mitwirkung der Volkswagen AG möglich.

35

Die Beklagte kann hierbei auch nicht darauf verweisen, das Kraftfahrtbundesamt habe durch Akzeptieren der Nachbesserung durch das Softwareupdate und aufgrund öffentlich-rechtlichen Bescheids wirksam diese Art der Nachbesserung verfügt. Denn dabei handelt es sich lediglich um öffentlich-rechtliche Vorschriften, die letztlich kleine Auswirkungen auf den zivilrechtlichen Vertrag der Parteien haben, unabhängig davon, ob die öffentlich-rechtliche Entscheidung verwaltungsgerichtlich und auch vor dem EuGH Bestand haben wird. Dies zeigt, dass die Nachbesserung durch ein technisch in der sachkundigen Öffentlichkeit angezweifeltes Softwareupdate für den Verbraucher unzumutbar ist. Entweder der Kunde vertraut auf den Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes mit dem Risiko, dass aufgrund Langzeittests das Softwareupdate eben doch nicht eine ausreichende Nachbesserung erbringt oder der Kunde verweigert das Softwareupdate wegen der bestehenden Bedenken mit dem Risiko der Stilllegung des Fahrzeugs.

36

f) Die Klägerin schuldet der Beklagten keinen Wertersatz für die Nutzung des Fahrzeugs.

37

Gemäß § 474 Abs. 5 S. 1 BGB a.F. ist bei einem Verbrauchsgüterkauf kein Wertersatz für Nutzungen des Verbrauchers herauszugeben (im Zeitpunkt des Kaufs geltende Gesetzesänderung in Folge der Entscheidung des EuGH NJW 2008, 1433). Eine Abweichung von dieser gesetzlichen und europarechtlichen Regelung ist nicht deshalb angezeigt, weil die Klägerin das zurückzugebende Fahrzeug ohne jegliche mängelbedingte Einschränkung hat nutzen können, denn im Rahmen des Verbraucherrechtsschutzes ist gerade uneingeschränkt für alle Fälle geregelt, dass Nutzungen nicht herauszugeben sind.

38

2.) Die Beklagte befindet sich jedenfalls seit dem 02.12.2015 in Schuldner- und Annahmeverzug. Mit Schreiben vom 18.11.2015 hat die Klägerin die Beklagte zur Nacherfüllung in Form der Ersatzlieferung aufgefordert und angeboten, ihr mangelbehaftetes Fahrzeug zur Verfügung zu stellen. Mit Schreiben vom 02.12.2015 hat die Beklagte das Austauschverlangen der Klägerin ausdrücklich zurückgewiesen. Ein tatsächliches Anbieten des streitgegenständlichen PKW nach § 293 BGB seitens der Klägerin bedurfte es gemäß § 295 Satz 1 BGB nicht. Die von der Klägerin begehrte Leistung ist fällig, durchsetzbar und der Beklagten möglich, § 286 Abs. 1 BGB.

39

3.) Die Klägerin hat einen Anspruch auf Freistellung von ihren vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten lediglich in Höhe von 1.706,94 EUR als Mangelfolgeschaden nach §§ 280 Abs. 1, 249 Abs. 1, 437 Nr. 3 BGB. Von dieser Vorschrift werden solche Vermögenseinbußen erfasst, die durch den Mangel der Kaufsache an sonstigen Rechtsgütern des Käufers entstanden sind und die auch durch eine erfolgreiche Nacherfüllung nicht mehr beseitigt werden können. Einer Nachfristsetzung bedarf es insoweit nicht (MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, BGB § 437 Rn. 32). Ein rechtlich und tatsächlich einfach gelagerter Fall, bei dem der Käufer wegen § 254 BGB gehalten ist, die Geltendmachung seiner Rechte zunächst selbst vorzunehmen (vgl. BGH NJW 1985, 2243, 2245), liegt nicht vor. In Anbetracht der Komplexität des VW-Abgasskandals war rechtsanwaltlicher Beistand für die Klägerin erforderlich und zweckmäßig. Ersatzfähig in der Höhe sind dabei die Rechtsanwaltsgebühren, die nach der gesetzlichen Berechnung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz für die zur Rechtsverfolgung erforderliche Tätigkeit angefallen sind. Dies sind dem Grunde nach eine Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG, die Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG sowie auf beide Positionen Umsatzsteuer i.H.v. 19 % gemäß Nr. 7008 VV RVG.

40

Die vom Rechtsanwalt begehrte 2,5-fache Geschäftsgebühr ist gemäß § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG nicht verbindlich, weil sie unbillig ist. Gemäß der gesetzlichen Beschreibung zu Nr. 2300 VV RVG kann eine den Faktor 1,3 übersteigende Geschäftsgebühr nur dann verlangt werden, wenn es sich um eine umfangreiche oder schwierige Tätigkeit handelt. Beides ist vorliegend nicht der Fall. Letztlich handelt es sich um die Verfolgung eines gewöhnlichen kaufvertraglichen Anspruchs. Weder der Umstand, dass der auch diesem Einzelfall zu Grunde liegende Grundsachverhalt große mediale Beachtung findet, noch die Tatsache, dass aufgrund der bei vielen verschiedenen Gerichten in Masse anhängig gemachten Verfahren teils divergierende erstinstanzliche Entscheidungen getroffen wurden, begründet eine Schwierigkeit im Hinblick auf den hier zu entscheidenden Fall. Der dem Rechtsstreit zugrundeliegende Sachverhalt ist keineswegs umfangreich, wenn dies auch insbesondere die Schriftsätze der Beklagten sein mögen. Die tatsächlichen Gegebenheiten sind überschaubar.

41

4.) Ein Zinsanspruch aus §§ 291, 288 BGB steht der Klägerin nicht zu. Es fehlt am Vorliegen einer Geldschuld. Ansprüche, die dem Gläubiger lediglich mittelbar dazu verhelfen, Geld zu vereinnahmen, sind keine Geldschulden (OLG Stuttgart, NJW-RR 2011, 239; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, § 288 Rn. 6; MüKoBGB/Ernst, 7. Aufl. 2016, § 288 Rn. 13).

II.

42

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung ergibt sich aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.

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Annotations

(1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.

(2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.

(3) Hat der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht, bevor der Mangel offenbar wurde, ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen.

(4) Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich in diesem Fall auf die andere Art der Nacherfüllung; das Recht des Verkäufers, auch diese unter den Voraussetzungen des Satzes 1 zu verweigern, bleibt unberührt.

(5) Der Käufer hat dem Verkäufer die Sache zum Zweck der Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen.

(6) Liefert der Verkäufer zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache, so kann er vom Käufer Rückgewähr der mangelhaften Sache nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 verlangen. Der Verkäufer hat die ersetzte Sache auf seine Kosten zurückzunehmen.

(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht.

(2) Die Sache entspricht den subjektiven Anforderungen, wenn sie

1.
die vereinbarte Beschaffenheit hat,
2.
sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet und
3.
mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen, einschließlich Montage- und Installationsanleitungen, übergeben wird.
Zu der Beschaffenheit nach Satz 1 Nummer 1 gehören Art, Menge, Qualität, Funktionalität, Kompatibilität, Interoperabilität und sonstige Merkmale der Sache, für die die Parteien Anforderungen vereinbart haben.

(3) Soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde, entspricht die Sache den objektiven Anforderungen, wenn sie

1.
sich für die gewöhnliche Verwendung eignet,
2.
eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann unter Berücksichtigung
a)
der Art der Sache und
b)
der öffentlichen Äußerungen, die von dem Verkäufer oder einem anderen Glied der Vertragskette oder in deren Auftrag, insbesondere in der Werbung oder auf dem Etikett, abgegeben wurden,
3.
der Beschaffenheit einer Probe oder eines Musters entspricht, die oder das der Verkäufer dem Käufer vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellt hat, und
4.
mit dem Zubehör einschließlich der Verpackung, der Montage- oder Installationsanleitung sowie anderen Anleitungen übergeben wird, deren Erhalt der Käufer erwarten kann.
Zu der üblichen Beschaffenheit nach Satz 1 Nummer 2 gehören Menge, Qualität und sonstige Merkmale der Sache, einschließlich ihrer Haltbarkeit, Funktionalität, Kompatibilität und Sicherheit. Der Verkäufer ist durch die in Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b genannten öffentlichen Äußerungen nicht gebunden, wenn er sie nicht kannte und auch nicht kennen konnte, wenn die Äußerung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in derselben oder in gleichwertiger Weise berichtigt war oder wenn die Äußerung die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte.

(4) Soweit eine Montage durchzuführen ist, entspricht die Sache den Montageanforderungen, wenn die Montage

1.
sachgemäß durchgeführt worden ist oder
2.
zwar unsachgemäß durchgeführt worden ist, dies jedoch weder auf einer unsachgemäßen Montage durch den Verkäufer noch auf einem Mangel in der vom Verkäufer übergebenen Anleitung beruht.

(5) Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache als die vertraglich geschuldete Sache liefert.

Die Sache ist frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf die Sache keine oder nur die im Kaufvertrag übernommenen Rechte gegen den Käufer geltend machen können. Einem Rechtsmangel steht es gleich, wenn im Grundbuch ein Recht eingetragen ist, das nicht besteht.

(1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.

(2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.

(3) Hat der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht, bevor der Mangel offenbar wurde, ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen.

(4) Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich in diesem Fall auf die andere Art der Nacherfüllung; das Recht des Verkäufers, auch diese unter den Voraussetzungen des Satzes 1 zu verweigern, bleibt unberührt.

(5) Der Käufer hat dem Verkäufer die Sache zum Zweck der Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen.

(6) Liefert der Verkäufer zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache, so kann er vom Käufer Rückgewähr der mangelhaften Sache nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 verlangen. Der Verkäufer hat die ersetzte Sache auf seine Kosten zurückzunehmen.

*

(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.

(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.

(1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.

(2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.

(3) Hat der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht, bevor der Mangel offenbar wurde, ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen.

(4) Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich in diesem Fall auf die andere Art der Nacherfüllung; das Recht des Verkäufers, auch diese unter den Voraussetzungen des Satzes 1 zu verweigern, bleibt unberührt.

(5) Der Käufer hat dem Verkäufer die Sache zum Zweck der Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen.

(6) Liefert der Verkäufer zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache, so kann er vom Käufer Rückgewähr der mangelhaften Sache nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 verlangen. Der Verkäufer hat die ersetzte Sache auf seine Kosten zurückzunehmen.

(1) Verbrauchsgüterkäufe sind Verträge, durch die ein Verbraucher von einem Unternehmer eine Ware (§ 241a Absatz 1) kauft. Um einen Verbrauchsgüterkauf handelt es sich auch bei einem Vertrag, der neben dem Verkauf einer Ware die Erbringung einer Dienstleistung durch den Unternehmer zum Gegenstand hat.

(2) Für den Verbrauchsgüterkauf gelten ergänzend die folgenden Vorschriften dieses Untertitels. Für gebrauchte Waren, die in einer öffentlich zugänglichen Versteigerung (§ 312g Absatz 2 Nummer 10) verkauft werden, gilt dies nicht, wenn dem Verbraucher klare und umfassende Informationen darüber, dass die Vorschriften dieses Untertitels nicht gelten, leicht verfügbar gemacht wurden.

Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.

Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat. Dem Angebot der Leistung steht die Aufforderung an den Gläubiger gleich, die erforderliche Handlung vorzunehmen.

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(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.