Landgericht Bonn Urteil, 25. Juli 2014 - 10 O 486/13
Gericht
Tenor
1. Die Pfändung des Kontos Nr. $%$ ######## bei der Sparkasse L gemäß Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Königswinter, Az. 6a M 809/13, wird für unzulässig erklärt.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000 €.
1
Tatbestand
2Die Klägerin war bis Dezember 2013 Eigentümerin der Immobilie „L2str. ###-###“ in C, eines vermieteten Mehrfamilienhauses. Mit der Mietverwaltung war aufgrund eines Hausverwaltervertrages Herr G beauftragt.
3Herr G hält bei der Streithelferin das streitgegenständliche Konto, über das nur er und nicht die Klägerin verfügungsberechtigt ist. Das Konto trägt den Zusatz „wg. Hausverw. Dr. V GmbH & Co KG“.
4Der Hausverwaltervertrag zwischen der Klägerin und Herrn G bestimmt in § 2 unter anderem, dass Herr G als Hausverwalter insbesondere berechtigt und verpflichtet ist zur Zahlungseingangskontrolle von Mieten und Nebenkosten, zur Prüfung und Zahlung aller Ausgaben sowie zur Abwicklung des gesamten Zahlungsverkehrs. § 4 des Vertrages bestimmt unter anderem, dass die Gelder, die zur Hausverwaltung gehören, von dem sonstigen Vermögen des Herrn G getrennt zu halten sind und dass die Nettokaltmieten abzüglich eines Sicherheitsabschlages von 10% von diesem Konto auf ein anderes Konto der Klägerin zu überweisen sind. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf Anlage K1, Bl. # Bezug genommen.
5Die Beklagte erstritt gegen Herrn G einen Zahlungstitel und erwirkte aufgrund dessen einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, AG Königswinter Az. 6a M 806/13, über das streitgegenständliche Konto bei der Streithelferin. Am 19.12.2013 betrug das Guthaben entsprechend einer Erklärung des Herrn G 20984 €.
6Die Sparkasse L wies im Rahmen der Drittschuldnererklärung vom 5.12.2013 darauf hin, dass eine Vielzahl der von der Beklagten gepfändeten Konten treuhänderisch verwaltete Konten seien und bat um Mitteilung, ob die Pfändung in diese Konten aufgehoben werde.
7Die Klägerin beantragt,
8die Pfändung des Kontos Nr. $%$ ######## bei der Sparkasse L gemäß Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Königswinter, Az. 6a M 809/13, für unzulässig zu erklären.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Die Beklagte behauptet, dass zu dem streitgegenständlichen Konto nicht nur Forderungen der Klägerin gehörten sondern auch Forderungen des Herrn G.
12Sie ist der Ansicht, dass aufgrund einer solchen Vermischung ein Treuhandcharakter des Kontos entfalle. Ferner seien nur Auszahlungsansprüche des Herrn G gegenüber der Streithelferin verstrickt worden seien.
13Mit Beschluss vom 23.12.2013 hat das Gericht entschieden, dass die Pfändung des streitgegenständlichen Kontos ohne Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt wird, mit der Weisung an den Drittschuldner, die Sparkasse L, das Guthaben nicht auszuzahlen, bis über die Drittwiderspruchsklage entschieden ist.
14Mit Beschluss vom 04.03.2014 hat das Gericht die Gehörsrüge der Beklagten zurückgewiesen.
15Die Klägerin hat der Sparkasse L den Streit verkündet. Die Sparkasse L ist dem Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 14.03.2014 auf Seiten der Klägerin beigetreten.
16Mit Beschluss vom 10.06.2014 hat das Gericht Urkundenvorlegung durch die Streithelferin angeordnet. Die Streithelferin hat sich auf das von ihr zu wahrende Bankgeheimnis berufen.
17Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls Bezug genommen.
18Entscheidungsgründe
19I.
20Die zulässige Drittwiderspruchsklage ist begründet.
21Die Klägerin hat ein die Veräußerung hinderndes Recht i.S.d. § 771 ZPO an den von der Beklagten gepfändeten Konten.
22Das Gericht ist angesichts des zwischen der Klägerin und Herrn G geschlossenen Hausverwaltervertrags, des Kontozusatzes „wg. Hausverw. Dr. V GmbH & Co KG“ sowie der von der Streithelferin abgegebenen Drittschuldnererklärung der Überzeugung, dass die Klägerin an dem gepfändeten streitgegenständliche Konto treuhänderisch berechtigt ist.
23Eine treuhänderische Berechtigung an den Konten stellt ein die Veräußerung hinderndes Recht i.S.d. § 771 ZPO dar. Widerspruchsberechtigt ist in diesem Fall der Treugeber (Zöller-Herget, §771Rn 14). Die von der Beklagten geltend gemachten Erwägungen stehen diesem Treuhandcharakter nicht entgegen. Auch hat die Beklagte ein Entfallen der Treuhandeigenschaft nicht beweisen können.
24Der Umstand, dass das Kontoguthaben von Dritten, nämlich den jeweiligen Mietern, auf das Konto eingezahlt wurde, schließt den Treuhandcharakter zugunsten der Klägerin nicht aus. In diesem Fall erstreckt sich das Treuhandverhältnis auch auf von dritter Seite eingegangene Zahlungen, sofern die ihnen zugrunde liegenden Forderungen nicht in der Person des Treuhänders, sondern unmittelbar in der Person des Treugebers entstanden sind (BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 – IX ZR 49/10 –, BGHZ 188, 317-326). Aus dem vorgelegten Hausverwaltervertrag ergibt sich, dass die Mietverträge im Namen der Klägerin abgeschlossen worden sind. Die von den Mietern auf dem Konto eingezahlten Mieten sind also unmittelbar in der Person der Treugeberin entstanden.
25Auch ist es unschädlich, dass das gepfändete Konto nicht ausdrücklich als Treuhandkonto geführt wurde, sondern nur den Zusatz „wg. Hausverw. Dr. V GmbH & Co KG“ trägt. Für das Widerspruchsrecht des Treugebers nach § 771 ZPO ist die Publizität des Treuhandkontos nicht zwingend erforderlich - die Rechtsordnung verlangt generell nicht, dass die Vermögensverhältnisse des Schuldners für seine Gläubiger ohne weiteres durchschaubar sein müssen. Wie gerade die Vorschrift des § 771 ZPO zeigt, muss der Gläubiger gewärtigen, dass Vermögensgegenstände, die dem äußeren Anschein nach dem Schuldner gehören, in Wahrheit nicht dem Vollstreckungszugriff unterliegen. (BGH, Urteil vom 01. Juli 1993 – IX ZR 251/92 –, juris, Rn. 7f., Zöller-Herget, §771 Rn 14)
26Weiter schließt der Umstand, dass Herr G als Treugeber aufgrund des Verwaltervertrags berechtigt war, im Rahmen der Verwaltung bestimmte Verfügungen über das Kontoguthaben vorzunehmen, nicht aus, dass es sich um ein Treuhandkonto gehandelt hat. Insoweit wurde das Kontoguthaben genutzt, um im Hinblick auf das verwaltete Mietobjekt entstehende Forderungen Dritter gegenüber der Klägerin oder des Treuhänders gegenüber der Klägerin zu tilgen. Dass sie das wirtschaftlich ihr zustehende Vermögen auf einem Treuhandkonto teilweise dazu nutzte, Gegenansprüche des Treuhänders zu befriedigen, beeinflusst nach der Rechtsprechung des BGH den Charakter der dort angesammelten Guthaben als Treugut nicht; denn eine solche Abwicklung ist durch die Treuhandabrede gedeckt (BGH, Urteil vom 08. Februar 1996 – IX ZR 151/95 –, juris). Gleiches gilt erst Recht, wenn der Treuhänder entsprechend der Treuhandabrede Verfügungen zugunsten von Gläubigern des Treugebers vornimmt.
27Die Beklagte hat schließlich nicht beweisen können, dass das Kontoguthaben vom Treuhänder zweckwidrig verwandt wurde, sodass die treuhänderische Bindung des Kontoguthabens hätte entfallen können. Nach der Rechtsprechung hat die Untreue des Treuhänders auch zur Folge, dass das Konto insgesamt nicht mehr dem Vermögen des Treugebers zugerechnet werden kann. Respektiert der Treuhänder die treuhänderische Bindung des Kontos nicht, kann dies auch von seinen Gläubigern nicht verlangt werden (BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 – IX ZR 49/10 –, BGHZ 188, 317-326 - juris).
28Zwar hat das Gericht mit Beschluss vom 10.06.2014 gegenüber der Streithelferin angeordnet, durch Übermittlung einer Zusammenstellung in die Geschäftsvorfälle auf dem streitgegenständlichen Konto Einsicht zu gewähren. Die Beklagte hat vorliegend angesichts ihrer Möglichkeiten hierzu wenig, aber nach der Auffassung des Gerichts dennoch hinreichend vorgetragen. Die Urkundenvorlegung war also nicht zum bloßen Zwecke der Informationsgewinnung angeordnet, sondern bei Vorliegen eines schlüssigen, auf konkrete Tatsachen bezogenen Vortrags der Partei. (BGH, Urteil vom 26. Juni 2007 – XI ZR 277/05 –, juris – Rn 18ff.)
29Die Streithelferin hat sich aber zulässigerweise auf das ihr gem. §142 Abs. 2 S. 1 HS 2 iVm. §383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zustehende Zeugnisverweigerungsrecht berufen, nämlich auf das von ihr zu wahrende Bankgeheimnis. Zwar hat Herr G – anders als von der Streithelferin vorgetragen - die Streithelferin in der Anlage K 6 zum Schriftsatz der Klägerin vom 26.2.2014 vom Bankgeheimnis entbunden und dazu ermächtigt, Unterlagen über das streitgegenständliche Konto herauszugeben. Ausweislich des Wortlauts dieser Erklärung ist aber nicht klar, ob diese Entbindung nur zugunsten der Klägerin gelten soll. Jedenfalls aber entfaltet diese Entbindungserklärung keine Wirkung gegenüber den Geschäftspartnern des Herrn G bzw. der Klägerin also gegenüber anderen Personen, die Überweisungen auf das streitgegenständliche Konto veranlasst haben.
30Eine entsprechende Anordnung gem. §142 ZPO gegenüber der Klägerin selbst kam entgegen der Auffassung der Beklagten schon deswegen in Betracht, weil diese nicht wie von §142 ZPO vorausgesetzt im Besitz relevanter Unterlagen ist.
31II. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 709 S. 1 ZPO.
32Der Streitwert wird auf 20.984,00 EUR festgesetzt.
33Rechtsbehelfsbelehrung:
34Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
35a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
36b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
37Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
38Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu begründen.
39Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
40Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
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(1) Behauptet ein Dritter, dass ihm an dem Gegenstand der Zwangsvollstreckung ein die Veräußerung hinderndes Recht zustehe, so ist der Widerspruch gegen die Zwangsvollstreckung im Wege der Klage bei dem Gericht geltend zu machen, in dessen Bezirk die Zwangsvollstreckung erfolgt.
(2) Wird die Klage gegen den Gläubiger und den Schuldner gerichtet, so sind diese als Streitgenossen anzusehen.
(3) Auf die Einstellung der Zwangsvollstreckung und die Aufhebung der bereits getroffenen Vollstreckungsmaßregeln sind die Vorschriften der §§ 769, 770 entsprechend anzuwenden. Die Aufhebung einer Vollstreckungsmaßregel ist auch ohne Sicherheitsleistung zulässig.
(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt:
- 1.
der Verlobte einer Partei; - 2.
der Ehegatte einer Partei, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht; - 2a.
der Lebenspartner einer Partei, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht; - 3.
diejenigen, die mit einer Partei in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert sind oder waren; - 4.
Geistliche in Ansehung desjenigen, was ihnen bei der Ausübung der Seelsorge anvertraut ist; - 5.
Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von periodischen Druckwerken oder Rundfunksendungen berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben, über die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmanns von Beiträgen und Unterlagen sowie über die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen, soweit es sich um Beiträge, Unterlagen und Mitteilungen für den redaktionellen Teil handelt; - 6.
Personen, denen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes Tatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch ihre Natur oder durch gesetzliche Vorschrift geboten ist, in Betreff der Tatsachen, auf welche die Verpflichtung zur Verschwiegenheit sich bezieht.
(2) Die unter Nummern 1 bis 3 bezeichneten Personen sind vor der Vernehmung über ihr Recht zur Verweigerung des Zeugnisses zu belehren.
(3) Die Vernehmung der unter Nummern 4 bis 6 bezeichneten Personen ist, auch wenn das Zeugnis nicht verweigert wird, auf Tatsachen nicht zu richten, in Ansehung welcher erhellt, dass ohne Verletzung der Verpflichtung zur Verschwiegenheit ein Zeugnis nicht abgelegt werden kann.
(1) Das Gericht kann anordnen, dass eine Partei oder ein Dritter die in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, auf die sich eine Partei bezogen hat, vorlegt. Das Gericht kann hierfür eine Frist setzen sowie anordnen, dass die vorgelegten Unterlagen während einer von ihm zu bestimmenden Zeit auf der Geschäftsstelle verbleiben.
(2) Dritte sind zur Vorlegung nicht verpflichtet, soweit ihnen diese nicht zumutbar ist oder sie zur Zeugnisverweigerung gemäß den §§ 383 bis 385 berechtigt sind. Die §§ 386 bis 390 gelten entsprechend.
(3) Das Gericht kann anordnen, dass von in fremder Sprache abgefassten Urkunden eine Übersetzung beigebracht wird, die ein Übersetzer angefertigt hat, der für Sprachübertragungen der betreffenden Art in einem Land nach den landesrechtlichen Vorschriften ermächtigt oder öffentlich bestellt wurde oder einem solchen Übersetzer jeweils gleichgestellt ist. Eine solche Übersetzung gilt als richtig und vollständig, wenn dies von dem Übersetzer bescheinigt wird. Die Bescheinigung soll auf die Übersetzung gesetzt werden, Ort und Tag der Übersetzung sowie die Stellung des Übersetzers angeben und von ihm unterschrieben werden. Der Beweis der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Übersetzung ist zulässig. Die Anordnung nach Satz 1 kann nicht gegenüber dem Dritten ergehen.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.