Landgericht Ansbach Beschluss, 03. Feb. 2017 - 1 T 19/17

published on 03/02/2017 00:00
Landgericht Ansbach Beschluss, 03. Feb. 2017 - 1 T 19/17
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Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Gläubigers wird der Beschluss des Amtsgerichts Ansbach vom 15.12.2016, Az. 710 M 5311/16, aufgehoben.

2. Auf die Erinnerung des Gläubigers vom 06.12.2016 wird der Gerichtsvollzieher angewiesen, dem Nachbesserungsverlangen des Gläubigers hinsichtlich der Feststellung, ob ein Mitverhältnis besteht und wer die Person des Vermieters ist, zu entsprechen.

3. Der Schuldner trägt die Kosten beider Rechtszüge.

4. Der Streitwert wird auf 62.355,10 Euro festgesetzt.

Gründe

A.

Am 04.08.2016 gab der Schuldner bei dem Gerichtsvollzieher unter den Aktenzeichen … - … die Vermögensauskunft gem. § 802 c ZPO ab.

Hinsichtlich Ziff. 10 „Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz, Sozialgesetzbuch II oder XII, sonstige Leistungen“ gab der Schuldner an:

  • „Arbeitslosengeld II und Kosten für die Unterkunft. Antrag auf Arbeitslosengeld II wird gestellt; Bescheid liegt noch nicht vor. […] Ich habe keinerlei Einkommen. Meinen Lebensunterhalt bestreite ich wie folgt: Derzeit habe ich kein Einkommen; bis ich ALG II erhalte, werde ich von meinen Eltern bzw. meiner Lebensgefährtin unterstützt.“

Unter Ziff. 17 „Ansprüche aus Pacht-, Miet- und Leasingverträgen“ gab der Schuldner an:

  • Nein.

  • „Wurde die Zahlung der Nebenkosten durch einen Dritten als Darlehen geleistet?“

  • Nein.

Der Beschwerdeführer beantragte durch Schreiben vom 13.10.2016 die Vermögensauskunft nachzubessern, da sich aus den Angaben des Schuldners zu Ziff. 10 und 17 Widersprüche ergeben würden.

Der Gerichtsvollzieher lehnte die Nachbesserung durch Schreiben vom 30.11.2016 ab.

Hiergegen legte der Beschwerdeführer Erinnerung mit Schriftsatz vom 06.12.2016 ein.

Das Amtsgericht wies die Erinnerung durch Beschluss vom 15.12.2016 zurück.

Gegen den Beschluss des Amtsgerichts erhob der Beschwerdeführer sofortige Beschwerde durch Schriftsatz vom 28.12.2016, bei Gericht eingegangen per Telefax am 29.12.2016. Er ist der Ansicht, dass das Vermögensverzeichnis unvollständig sei. Da künftige Rückforderungen aus einer Nebenkostenabrechnung oder Kautionsrückzahlung erstehen können, sei der Vermieter in der Selbstauskunft zu nennen.

B.

Die gem. § 793 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Die Erinnerung der Gläubigerin gem. § 766 II ZPO ist zulässig und begründet.

I.

Eine Vermögensauskunft ist nachzubessern, wenn der Schuldner ein äußerlich erkennbar unvollständiges, ungenaues oder widersprüchliches Verzeichnis vorgelegt hat (BGH, Beschluss vom 03.03.2016 - I ZB 74/15). Es muss aus dem Vermögensverzeichnis selbst ersichtlich sein, dass die Angaben unvollständig, ungenau oder widersprüchlich sind, oder der Gläubiger muss glaubhaft machen, dass der Schuldner im Vermögensverzeichnis versehentlich unvollständige oder unzutreffende Angaben gemacht hat (BGH, Beschluss vom 03.03.2016 - I ZB 74/15).

1. Hinsichtlich eines etwaigen Anspruchs auf Rückzahlung einer Mietkaution ist ein Nachbesserungsbegehren des Klägers nicht zulässig. Die Frage wurde durch den Beklagten in Ziff. 17 der Vermögensauskunft abschließend dahingehend beantwortet, dass ein entsprechender Anspruch nicht besteht. Eine Nachbesserung zur Beantwortung von Fragen über Vermögenspositionen, die schon zusammengefasst verneint sind ist unzulässig (BGH, Beschluss vom 28.04.2016 - I ZB 92/15).

2. Die Vermögensauskunft ist jedoch insoweit ergänzungsbedürftig, als festzustellen ist, ob ein Mietverhältnis besteht und falls ja wer die Person des Vermieters ist.

a) Fragen nach Namen und Anschrift des Vermieters im Rahmen der Nachbesserung der Vermögensauskunft sind nicht grundsätzlich unzulässig (BGH, Beschluss vom 12.01.2012 - I ZB 2/11). Inhalt und Umfang der Pflicht zur Nachbesserung bestimmen sich nach dem Zweck der Vermögensauskunft, dem Gläubiger eine Grundlage für eine etwaige Vollstreckung zu geben und ihm Kenntnis von denjenigen Vermögensstücken zu verschaffen, die möglicherweise seinem Zugriff im Wege der Zwangsvollstreckung unterliegen (BGH, Beschluss vom 12.01.2012 - I ZB 2/11). Auch künftige Forderungen sind anzugeben, sofern der Rechtsgrund und der Drittschuldner der Forderung im Zeitpunkt der Pfändung hinreichend bestimmt sind (BGH, NJW-RR 2011, 851 a.E.). Selbst unpfändbare Vermögensgegenstände sind anzugeben, weil die Beurteilung der Pfändbarkeit nicht Sache des Schuldners ist; etwas anderes gilt nur, wenn die Unpfändbarkeit einer Forderung von vorneherein feststeht (BGH, NZM 2016, 768 Tz. 8). Es sind daher grundsätzlich auch Ansprüche hinsichtlich mietvertraglicher Betriebs- und Nebenkosten anzugeben (BGH, Beschluss vom 12.01.2012 - I ZB 2/11).

b) Es besteht auch die Möglichkeit, dass solche Ansprüche vorhanden sind oder entstehen können. Auf Ziff. 10 der Vermögensauskunft geht hervor, dass ein Antrag auf Wohngeldzahlung gestellt worden. Dies legt nahe, dass ein Mietvertrag besteht.

Die Vermögensauskunft ist daher dahingehend zu ergänzen, dass festzustellen ist, ob ein Mietverhältnis besteht und wenn ja wer die Person des Vermieters ist.

Soweit der Schuldner im Rahmen des Beschwerdeverfahrens die Person des Vermieters mitgeteilt hat, ändert dies nichts daran, dass eine Nachbesserung zu erfolgen hat. Die Auskunft ist nach dem Verfahren des § 802 f ZPO nach den Regeln des § 802 c ZPO abzugeben.

c) Das Nachbesserungsbegehren ist hier nicht deswegen unzulässig, weil die Unpfändbarkeit etwaiger Betriebskostenerstattungsansprüche von vorneherein feststeht, da der Schuldner Bezieher von Leistungen nach dem SGB II ist. Bisher wurden nämlich entsprechende Leistungen seitens des Schuldners erst beantragt, jedoch noch nicht gewährt.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO. Auch im Erinnerungsverfahren nach § 766 II ZPO können dem Schuldner die Kosten auferlegt werden, soweit er an dem Erinnerungsverfahren beteiligt wurde (BGH, NJW-RR 2009, 1384, 1385; Lackmann in Musielak/Voit, ZPO, 13. Auflage 2016m § 766 Rn. 31). Wäre der Schuldner nicht beteiligt worden, wären würden sich die Kosten nach § 788 ZPO richten (Lackmann in Musielak/Voit, ZPO, 13. Auflage 2016m § 766 Rn. 31).

Der Streitwert ergibt sich aus der zu vollstreckenden Forderung in Höhe von 62.355,10 Euro.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Die Entscheidung ist Rechtskräftig

Ansbach, 22.05.2017

… Richter

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Annotations

Gegen Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Die Kosten der Zwangsvollstreckung fallen, soweit sie notwendig waren (§ 91), dem Schuldner zur Last; sie sind zugleich mit dem zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruch beizutreiben. Als Kosten der Zwangsvollstreckung gelten auch die Kosten der Ausfertigung und der Zustellung des Urteils. Soweit mehrere Schuldner als Gesamtschuldner verurteilt worden sind, haften sie auch für die Kosten der Zwangsvollstreckung als Gesamtschuldner; § 100 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.

(2) Auf Antrag setzt das Vollstreckungsgericht, bei dem zum Zeitpunkt der Antragstellung eine Vollstreckungshandlung anhängig ist, und nach Beendigung der Zwangsvollstreckung das Gericht, in dessen Bezirk die letzte Vollstreckungshandlung erfolgt ist, die Kosten gemäß § 103 Abs. 2, den §§ 104, 107 fest. Im Falle einer Vollstreckung nach den Vorschriften der §§ 887, 888 und 890 entscheidet das Prozessgericht des ersten Rechtszuges.

(3) Die Kosten der Zwangsvollstreckung sind dem Schuldner zu erstatten, wenn das Urteil, aus dem die Zwangsvollstreckung erfolgt ist, aufgehoben wird.

(4) Die Kosten eines Verfahrens nach den §§ 765a, 811a, 811b, 829, 850k, 851a, 851b, 900 und 904 bis 907 kann das Gericht ganz oder teilweise dem Gläubiger auferlegen, wenn dies aus besonderen, in dem Verhalten des Gläubigers liegenden Gründen der Billigkeit entspricht.